Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 10.09.2024 – W 4 K 23.499
Titel:

behördliche Leistungsklage, fehlende Klagebefugnis, keine öffentlich-rechtliche Grundlage zur Erhebung von Gebühren für die Benutzung einer bundeseigenen Hafenanlage nach Aufhebung des Tarifs für das Hafengeld in den bundeseigenen Häfen an den Bundeswasserstraßen im Binnenbereich, Gefahr der Umgehung bei Rückgriff auf privatrechtliche Vorschriften

Normenketten:
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1
VwGO analog § 42 Abs. 2
Schlagworte:
behördliche Leistungsklage, fehlende Klagebefugnis, keine öffentlich-rechtliche Grundlage zur Erhebung von Gebühren für die Benutzung einer bundeseigenen Hafenanlage nach Aufhebung des Tarifs für das Hafengeld in den bundeseigenen Häfen an den Bundeswasserstraßen im Binnenbereich, Gefahr der Umgehung bei Rückgriff auf privatrechtliche Vorschriften
Fundstelle:
BeckRS 2024, 49185

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vorher in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Tatbestand

1
Die Klägerin verlangt von den Beklagten eine Entschädigungszahlung für die Nutzung einer in ihrem Eigentum stehenden Schutzhafenanlage.
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1. Die Klägerin unterhält auf dem sich in ihrem Eigentum befindlichen Grundstück Fl.Nr. …2 der Gemarkung E. … a. M. … (B. straße M. …; Flusskilometer …4) den Schutzhafen E. …, dessen Errichtung mit Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts O. … vom … … 1966 zugelassen wurde.
3
Auf einem Teil der von der klägerischen Hafenanlage umfassten Wasserfläche liegen Schiffe, die teilweise der Beklagten zu 1), einem im Bereich des Tief- und Wasserbaus tätigen Unternehmen, und teilweise der Beklagten zu 2), einem Unternehmen für die An- und Vermietung von Schiffen, zuzuordnen sind.
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Bis zum Ende des Jahres 2018 wurde die Nutzung dieser Wasserteilfläche als Anlegestelle mit Schiffsliegeplatz über das Hafengeld abgerechnet. Mit Bekanntmachung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Abschaffung der Schifffahrtsabgaben vom 21. Dezember 2018 (VkBl 2019 S. 97) wurde der Tarif für das Hafengeld in den bundeseigenen Häfen an den Bundeswasserstraßen im Binnenbereich mit Wirkung zum 1. Januar 2019 aufgehoben.
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Unter dem 6. Mai 2019 bot das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt A. … der Beklagten zu 1) den Abschluss eines befristeten Vertrags zur Nutzung der Wasserfläche von Flusskilometer …2 bis …6 (Teilfläche von 3500 m²) als Anlegestelle mit Schiffsliegeplatz gegen die Zahlung eines Nutzungsentgelts in Höhe von 9.188,00 EUR für die Zeit vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2019 an. Die Beklagte zu 1) trat dem Angebot unter Hinweis auf §§ 5 und 6 WaStrG (Befahren der B. straße mit Wasserfahrzeugen und Gemeingebrauch) entgegen und lehnte das Vertragsangebot ab.
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Mit Hinweis darauf, dass das dauerhafte Anlegen von Schiffen im Schutzhafen außerhalb dessen Zweckbestimmung liege, forderte die Klägerin die Beklagte zu 1) anschließend erfolglos zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung i.H.v. 765,67 EUR seit dem 1. Januar 2019 bis zur Räumung des Hafengrundstücks auf.
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2. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 11. Oktober 2019 ließ die Klägerin sodann Klage vor dem Landgericht A. … gegen die Beklagte zu 1) erheben, die mit Schriftsatz vom 13. Januar 2020 auf die Beklagte zu 2) erweitert wurde.
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Nachdem der Rechtsstreit mit Beschluss des Oberlandesgerichts B. … vom … … 2020 (Az.: ...) an das Verwaltungsgericht Würzburg verwiesen wurde, beantragt die Klägerin im vorliegenden Verfahren zuletzt:
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1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin bis zur Räumung des Schutzhafens der Klägerin in E. …, Grundstück Fl.Nr. …2 der Gemarkung E. …, jeweils zum Monatsletzten ab November 2019 eine monatliche Nutzungsentschädigung von 765,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sowie für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 31. Oktober 2019 eine entgangene Nutzungsentschädigung in Höhe von 7.656,70 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
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2. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin bis zur Räumung des Schutzhafens der Klägerin in E. …, Grundstück Fl.Nr. …2 der Gemarkung E. …, jeweils zum Monatsletzten ab Februar 2020 eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 765,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Klagebegründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin, die vorliegend nicht als Behörde, sondern als private Eigentümerin handele, stehe der geltend gemachte Anspruch auf Grundlage der §§ 990, 987 BGB zu. Die betreffende Fläche stehe im Eigentum der Klägerin. Die Nutzung der Hafenanlage durch die Beklagten sei angesichts des in § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Wasserstraßen-Betriebsanlagenverordnung (WaStrBAV) normierten Verbots der Benutzung von Schutzhäfen außerhalb ihrer Zweckbestimmung sowie des Umstands, dass das dauerhafte Anlegen von Schifffahrzeugen in einem Schutzhafen, der anderen Schiffen in Notfällen zur Verfügung stehen müsse, nicht vom Gemeingebrauch gedeckt. Den Beklagten stehe daher kein Recht zum Besitz an den Hafenteilflächen zu. Die Befugnis, Schifffahrzeuge dauerhaft im Schutzhafen anzulegen, würde nach Wegfall der Hafengebühren einen Nutzungsvertrag voraussetzen, an dem es hier fehle. Daher habe die Beklagte zu 1) für die Zeit ab dem 1. Januar 2019, die Beklagte zu 2) für die Zeit ab 1. Februar 2020 eine monatliche Nutzungsentschädigung i.H.v. 765,67 EUR zu zahlen. Die Höhe orientiere sich an der anhand der an der Entgeltabrechnung (...) nach der Nutzungsentgelte Verwaltungsvorschrift der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (VV-WSV) 2604, Version 2018.1 ermittelten, üblichen monatlichen Vergütung von 765,67 EUR.
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3. Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Nutzung des Schutzhafens als Teil einer B. straße nach §§ 5 ff. WaStrG jedermann gestattet sei. Für den geltend gemachten Anspruch existiere weder eine öffentlich-rechtliche noch eine zivilrechtliche Rechtsgrundlage. Eine Flucht ins Privatrecht sei vor dem Hintergrund des Vorliegens einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit nicht möglich. Da der geltend gemachte Anspruch jeder öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage entbehre, bliebe die Klage ohne Erfolg. Insbesondere sei zu beachten, dass die Abschaffung des Hafengelds nicht durch Erhebung von Nutzungsentschädigungsklagen unterlaufen werden dürfe.
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4. Auch die Beklagte zu 2) beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Hafen E. … sei nicht als Schutzhafen gewidmet worden. Das Anlegen der Schifffahrzeuge in dem Hafen sei daher vom uneingeschränkten Gemeingebrauch umfasst. Darüber hinaus seien Überschreitungen des Gemeingebrauchs mit Ordnungsverfügungen zu ahnden, wogegen dann mit Rechtsbehelfen vorgegangen werden könne. Dieses gesetzliche Rechtsmittelsystem dürfe die Verwaltung nicht mit der Erhebung einer Leistungsklage unterlaufen.
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6. Mit Beschluss vom 7. Juli 2022 ist auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens zur Erzielung einer gütlichen Einigung zwischenzeitlich angeordnet worden. Die Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten sind allerdings ohne Erfolg geblieben.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte im hiesigen Verfahren und in den Verfahren W 4 K 23.497 und W 4 K 23.498, auf die beigezogene Behördenakte sowie auf das Protokoll über den Erörterungstermin am 18. Juni 2024 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten im Erörterungstermin am 18. Juni 2024 hierzu übereinstimmend ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
19
Die vorliegende Klage ist auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung für die Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. 6904/2 der Gemarkung E. … (Schutzhafen E. …) gerichtet.
20
Die Klage, für die der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht Würzburg gegeben ist (1.), bleibt ohne Erfolg. Sie ist bereits wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig (2.).
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1. Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht Würzburg ist vorliegend gegeben.
22
Ungeachtet der jedenfalls bestehenden Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Oberlandesgerichts B. … vom … … 2020 (Az.: ...) (vgl. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG) geht die erkennende Kammer im Einklang mit der im vorgenannten Beschluss dargestellten Rechtsauffassung davon aus, dass es sich auch bei dem im hiesigen Verfahren geltend gemachten Anspruch um eine den Verwaltungsrechtsweg eröffnende öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt, § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Ob eine Rechtsstreitigkeit öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist, richtet sich nach der wahren Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Nicht entscheidend ist hingegen, ob sich die Klägerin auf eine zivilrechtliche oder auf eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (vgl. BGH, B.v. 29.4.2008 – VIII ZB 61/07 – BGHZ 176, 222-234 = juris Rn. 8 m.w.N.). Auch wenn ein Anspruch mit bürgerlich-rechtlichen Gesichtspunkten begründet wird, kann es sich um einen Anspruch aus öffentlich-rechtlichen Beziehungen handeln, für den der Zivilrechtsweg verschlossen ist. Deshalb ist entscheidend darauf abzustellen, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2022 – 8 C 21.1411 – juris Rn. 15).
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Zwischen dem im hiesigen Verfahren geltend gemachten Nutzungsentschädigungsanspruch und der Frage über den Umfang der Befugnis zum Gebrauch der bundeseigenen Schutzhafenanlage, die allein anhand der öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bundeswasserstraßengesetzes (WaStrG) zu klären ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 10.9.2024 – W 4 K 23.497) besteht ein enger Sachzusammenhang. Denn die Klägerin stützt den begehrten Zahlungsanspruch auf Beeinträchtigungen ihres Grundstückseigentums, die sie mit der zweckwidrigen Nutzung des Schutzhafens durch die Beklagten begründet (vgl. S. 8 der Klageschrift v. 11.10.2019). Angesichts dieses spezifischen, in das öffentliche Recht hineinreichenden Zusammenhangs sowie des öffentlich-rechtlichen Charakters der Gebührenerhebung auch im Bereich der Bundeswasserstraßen, die bei der Prüfung über das Bestehen des hier geltend gemachten Anspruchs zu berücksichtigen ist, ist auch der mit der vorliegenden Klage verfolgte Nutzungsentschädigungsanspruch als öffentlich-rechtliche Streitigkeit zu bewerten. Der Auffassung der Klägerseite, die den Verweisungsbeschluss des Oberlandesgerichts B. … im Erörterungstermin kritisierte, ist daher nicht zu folgen.
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2. Die auf Nutzungsentschädigung gerichtete Klage ist bereits unzulässig.
26
Der Klägerin fehlt die Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO analog.
27
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass die Klagebefugnis auch für die vorliegende – hier auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung gerichtete – Leistungsklage Zulässigkeitsvoraussetzung ist und § 42 Abs. 2 VwGO analoge Anwendung findet (vgl. BVerwG, U.v. 5.4.2016 – 1 C 3/15 – juris Rn. 16; U.v. 5. 9.2013 – 7 C 21.12 – juris 18 m. w. N). Die Klage ist demnach nur dann zulässig, wenn die Klägerin geltend machen kann, dass ihr möglicherweise ein Anspruch auf die von ihr geforderten Entschädigungszahlungen gegenüber den Beklagten zusteht. Zur Geltendmachung ist es in tatsächlicher Hinsicht erforderlich, aber auch ausreichend, dass klägerseitig Tatsachen vorgetragen werden, die das Bestehen des begehrten Anspruchs zumindest denkbar und möglich erscheinen lassen (vgl. zur Darlegungslast: Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 42 Rn. 111 ff.; Wysk in ders., VwGO, 3. Aufl. 2020, § 42 Rn. 125). Daran fehlt es im Falle der allgemeinen Leistungsklage, wenn der von der Klägerin behauptete Anspruch offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihr zustehen kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.10.2016 – 2 A 2/14 – juris Rn. 16; U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 11 ZB 21.1777 – juris Rn. 14).
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Hiervon ausgehend fehlt es vorliegend an der Klagebefugnis. Die Klägerin hat offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise einen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung der begehrten Nutzungsentschädigung für die Vergangenheit und Zukunft.
29
Eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage, die den begehrten Zahlungsanspruch zu tragen vermag, besteht nach der Aufhebung des Tarifs für das Hafengeld in den bundeseigenen Häfen an den Bundeswasserstraßen im Binnenbereich seit dem 1. Januar 2019 nicht mehr (2.1.). Auf die in der Klagebegründung ins Feld geführten privatrechtlichen Vorschriften (§§ 987 ff. BGB) kann sich die Klägerin wegen bestehender Umgehungsgefahr vorliegend nicht berufen (2.2.).
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2.1. Dass es eine öffentlich-rechtliche (Anspruchs-)grundlage gibt, die der Klägerin möglicherweise eine Rechtsposition vermittelt, aufgrund derer sie von den Beklagten die Entschädigung für die Nutzung der bundeseigenen Schutzhafenanlage E. … verlangen könnte, ist weder vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.
31
Denn mit der Aufhebung des Tarifs für das Hafengeld in den bundeseigenen Häfen an den Bundeswasserstraßen im Binnenbereich mit Wirkung zum 1. Januar 2019 durch Bekanntmachung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Abschaffung der Schifffahrtsabgaben vom 21. Dezember 2018 (VkBl 2019 S. 97) ist die Grundlage für die Erhebung des Hafengeldes als öffentlich-rechtliche Gebühr entfallen. Hiervon geht erkennbar auch die Klägerin aus. Aus ihrem Vortrag sowie aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen ergibt sich, dass die Inanspruchnahme von Wasserteilflächen im Schutzhafen E. … als Liegeflächen für die Wasserfahrzeuge der Beklagten bis zum 1. Januar 2019 über das Hafengeld abgerechnet wurde (vgl. hierzu S. ... der Klageschrift v. …2019). Dessen Abschaffung war die Triebfeder der (gerichtlichen) Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten, nachdem der Abschluss eines befristeten Nutzungsvertrags beklagtenseits abgelehnt worden war.
32
Auch andere (öffentlich-rechtliche) Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass das Gesetz zur Aktualisierung der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 18. Juli 2016 (vgl. BGBl. I S. 1666) neben der Änderung des Bundesgebührengesetzes die Aufhebung weiterer Gebührenregelungen vorsah. Mit Ablauf des 30. September 2021 wurden damit auch § 47 WaStrG, der eine verpflichtende Gebührenerhebung für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen normierte und damit für den vorliegenden Fall auch vor seiner Aufhebung nicht einschlägig war, sowie die Wasserstraßengesetz-Kostenverordnung (WaStrG-KostV) aufgehoben. Deutlich wird aus diesen Vorgängen, dass die Abschaffung von Gebühren im Bereich der Binnenschifffahrt zum Zwecke der Steigerung der Attraktivität der Bundeswasserstraßen als Verkehrswege ein aktuelles Begehren des Gesetzgebers darstellt.
33
Öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen für den begehrten Zahlungsanspruch bestehen daher eindeutig nicht.
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2.2. Auch kann sich die Klägerin bei wertender Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles nicht auf die ins Feld geführten privatrechtlichen Vorschriften berufen.
35
Der Rückgriff auf privatrechtliche Vorschriften zur Begründung des gegen die Beklagten gerichteten Nutzungsentschädigungsanspruchs ist mit der Aufhebung des Hafengeldtarifs (s.o.) nicht in Einklang zu bringen.
36
Wie oben bereits ausgeführt, ist durch die Aufhebung des Tarifs für das Hafengeld in den bundeseigenen Häfen an den Bundeswasserstraßen im Binnenbereich die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gebühren für die Inanspruchnahme der streitgegenständlichen Hafenanlage entfallen.
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Könnte sich die Klägerin nun allerdings auf eine Eigentumsbeeinträchtigung berufen, welche sie mit einer widmungswidrigen Nutzung des Schutzhafens begründet, der sie im Vorfeld auch nicht durch den Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts begegnet ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 10.9.2024 – W 4 K 23.497), und so die Zahlung einer Nutzungsentschädigung einfordern, so bliebe die Inanspruchnahme der streitgegenständlichen Hafenanlage auch nach der Abschaffung der öffentlich-rechtlichen Grundlagen für die Erhebung von Gebühren weiterhin kostenpflichtig. Der Rückgriff auf privatrechtliche Vorschriften birgt daher die Gefahr, dass die Klägerin wesentliche öffentlich-rechtliche Bindungen und Voraussetzungen umgehen kann.
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Diese Unzulässigkeit einer solchen Umgehungsmöglichkeit erkennt die Klägerin sogar selbst, indem sie die Festsetzung von Entgelten und Gebühren für nicht durch schriftliche Nutzungsverträge überlassene Liegeflächen in bundeseigenen Häfen vom Gegenstand der Verwaltungsvorschrift der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes „Nutzungsentgelte VV-WSV 2604 Version 2024.1“ herausnimmt (vgl. hier S. 12).
39
Die Heranziehung privatrechtlicher Vorschriften zur Begründung des mit der vorliegenden Klage verfolgten Zahlungsbegehrens gegenüber den Beklagten ist aus vorstehenden Gründen als widersprüchliches Verhalten zu werten („venire contra factum proprium“). Um die Gefahr der Umgehung der unter 2.1. dargestellten Maßnahmen zur Gebührenreduzierung im Bereich der Binnenschifffahrt durch den Rückgriff auf privatrechtliche Vorschriften auszuschließen, kann sich die Klägerin daher im vorliegenden Fall nicht auf §§ 990, 987 BGB berufen.
40
Die pauschalen und nicht weiter substantiierten Hinweise der Klägerseite sowohl auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom … … 1967 (Az.: ...) als auch auf die Ausführung Frieseckes im Kommentar zum Bundeswasserstraßengesetz, dass sich der Bund gegen Beeinträchtigungen des Eigentums mit der Eigentumsfreiheitsklage nach § 1004 BGB zur Wehr setzen könne (vgl. Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 7. Aufl. 2019, Einleitung Rn. 23), lassen die unter 2.1. beschriebenen Reformen und wesentlichen Änderung des Gebührenrechts insbesondere im Bereich der Binnenschifffahrt und die hiermit einhergehenden Besonderheiten des vorliegenden Falles unberücksichtigt und gehen daher offensichtlich an der Sache vorbei. Im Übrigen stammt die vorzitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1967 und damit aus einer Zeit vor dem Inkrafttreten des Bundeswasserstraßengesetzes am 10. April 1968 (vgl. BGBl. 1968 II 173 Nr. 16).
41
Es fehlt damit eindeutig an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage für die begehrte Nutzungsentschädigung.
42
Die Klage war daher abzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 154 Abs. 1 VwGO.
44
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.