Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 17.10.2024 – 4 NBs 708 Js 102917/24
Titel:

Fahren ohne Fahrerlaubnis, Rechtsfolgenausspruch, Gesamtfreiheitsstrafe, Freiheitsstrafen, Kurze Freiheitsstrafe, Berufungshauptverhandlung, Amtliche Kennzeichen, Strafzumessung, Fahrerlaubnisklassen, Ohne Fahrerlaubnis, Neuerteilung der Fahrerlaubnis, Neue Fahrerlaubnis, Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, Fahrerlaubnisbehörde, Entziehung der Fahrerlaubnis, Unerlässlichkeit, Strafbefehl, Fahreignungsregister, Bewährungszeit, Überforderungssituation

Schlagworte:
Berufung, Freiheitsstrafe, Fahrerlaubnis, Bewährungsversagen, Verkehrsstraftat, Strafzumessung, Sozialprognose
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 07.04.2025 – 203 StRR 59/25
Fundstelle:
BeckRS 2024, 48716

Tenor

Die Berufung der Angeklagten … gegen das Urteil des Amtsgerichts – Strafrichter – Nürnberg vom 18.06.2024, Az.: …, wird als unbegründet verworfen.
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft ... gegen das vorbezeichnete Urteil wird dasselbe im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass die Verwaltungsbehörde der Angeklagten vor Ablauf einer Frist von 1 Jahr keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf.
Im Übrigen wird die Berufung der Staatsanwaltschaft ... als unbegründet verworfen.
Die Angeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahren und ihre eigenen Auslagen zu tragen.
Angewendete Vorschriften: § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG; §§ 69, 69 a StGB.

Entscheidungsgründe

I. Verfahren
1. Prozessgeschichte
1
Das Amtsgericht – Strafrichter – Nürnberg hat die Angeklagte mit in ihrer Anwesenheit verkündetem Urteil vom 18.06.2024 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.
2
Gegen dieses Urteil haben die Angeklagte mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 19.06.2024, eingegangen beim Amtsgericht Nürnberg laut Prüfvermerk am selben Tage, sowie die Staatsanwaltschaft ... mit Schreiben vom 19.06.2024, eingegangen beim Amtsgericht Nürnberg per Fax ebenfalls am selben Tage, letztere beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch, Berufung eingelegt. Die Angeklagte hat die ihrerseits eingelegte Berufung im Berufungshauptverhandlungstermin mit Zustimmung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
2. Zulässigkeit und Begründetheit der Berufungen
3
Die Berufungen sowohl der Angeklagten als auch der Staatsanwaltschaft ... waren statthaft, ferner form- und fristgerecht eingelegt und erwiesen sich mithin als zulässig, §§ 312, 314 StPO.
4
Auch die erfolgten Beschränkungen der jeweiligen Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch waren zulässig, § 318 Satz 1 StPO.
5
Die vom Erstgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen den Schuldspruch und lassen den Schuldumfang sowie den Unrechtsgehalt der Tat der Angeklagten in solch ausreichendem Maße kennen, dass das Berufungsgericht den angefochtenen Teil des Urteils selbstständig nachzuprüfen vermochte.
6
Durch die wirksamen Beschränkungen der Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch sind daher der Schuldspruch des Amtsgerichts Nürnberg sowie die ihn tragenden tatsächlichen Feststellungen in Rechtskraft erwachsen und unterlagen nicht mit der Prüfung durch die Strafkammer, § 327 StPO.
7
Es war daher von folgendem Sachverhalt auszugehen:
„Die Angeklagte fuhr am 29.01.2024 gegen 7:26 Uhr mit dem Pkw Hyundai, amtliches Kennzeichen …, auf der ... , obwohl sie die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. Dies wusste die Angeklagte. Durch die Tat hat sich die Angeklagte als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.“
8
In der Sache selbst war der Berufung der Angeklagten kein Erfolg verbeschieden, während auf die Berufung der Staatsanwaltschaft ... hin eine einjährige isolierte Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis zu verhängen war.
II. Feststellungen
1. Person der Angeklagten
a) Persönliche und wirtschaftlichen Verhältnisse
9
Die zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung … Jahre alte Angeklagte ist verheiratet und Mutter zweier Kinder im Alter von … und … Jahren. Während der …-jährige Sohn mittlerweile ein Internat am … besucht und 14-tägig an den Wochenenden nach Hause zurückkehrt, wohnt die … Jahre alte Tochter nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt wieder im Elternhaus und avisiert eine Ausbildung zur Flugbegleiterin. Die Angeklagte ist als … selbstständig tätig und beschäftigt in Ihrem Unternehmen … Mitarbeiter auf Minijobbasis. Daneben ist die Angeklagte Inhaberin der Firma …. Ferner „managt“ die Angeklagte die Firma …, die vormals von der mittlerweile … Jahre alten Mutter der Angeklagten, die zwischenzeitlich jedoch gesundheitlich notleidend ist, geleitet wurde. Ihr Einkommen beziffert die Angeklagte mit rund … € monatlich. Der Ehemann der Angeklagten betreibt eine Gebäudereinigungsfirma – … – und soll sich in Privatinsolvenz befinden.
10
Die Angeklagte hat im Zeitraum vom 14.05.2024 bis 08.10.2024 bei … – … – eine verkehrspsychologische Beratung/Therapie im Einzelverfahren für straf-/verkehrsrechtlich wiederholt auffällige Verkehrsteilnehmerinnen in Anspruch genommen und bisher bei dem Diplom-Psychologen … 9 Stunden à 60 Minuten absolviert. Dort sei ihr anempfohlen worden, zwecks Verhaltensstabilisierung die Dienste eines niedergelassenen Diplom-Psychologen in Anspruch zu nehmen.
b) Strafrechtliches Vorleben
11
Die Angeklagte ist bereits wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
1. ….2015 AG Fürth – … -
Rechtskräftig seit ….2015
Datum der (letzten) Tat: ….2015
Fahrlässige Körperverletzung
20. Tagessätze zu je 30 €
12
Dem vorbezeichneten Strafbefehl des Amtsgerichts Fürth liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
„Sie fuhren am ….2015 gegen 20:40 Uhr mit dem Pkw Fiat Ulysse, Kennzeichen … in den Kreisverkehr auf dem ... von der ... kommend ein. Vor Ihnen fuhr … mit seinem Fahrrad ebenfalls in den Kreisverkehr ein. Infolge Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt überholten Sie den vor ihnen fahrenden Fahrradfahrer … ohne ausreichenden Sicherheitsabstand. Es kam zur Kollision.
Dies hatte für sie vorhersehbar und vermeidbar zur Folge, dass (der Geschädigte) eine Kopfplatzwunde, ein Hämatom und eine Schädelprellung erlitt. … war bis ….2015 arbeitsunfähig.
Die Staatsanwaltschaft hält wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.“
2. ….2016 AG Fürth, … -
Rechtskräftig seit ….2017
Untreue den 7 Fällen.
Datum der (letzten) Tat: ….2014
1 Jahr Freiheitsstrafe
3 Jahre Bewährungszeit
Straferlass mit Wirkung vom ….2020
13
Der vorbezeichneten Strafbefehl des Amtsgerichts Fürth lautete wie folgt:
„Im Zeitraum April 2012 bis Mitte 2014 führten Sie aufgrund einer Erkrankung Ihrer Mutter, die formell Inhaber der Firma … ist, die Geschäfte der … verwaltung faktisch in alleiniger Verantwortung. Hierdurch hatten sie unbeschränkten Zugriff auf die Konten aller …, die durch die Firma … verwaltet wurden. Aufgrund Ihrer Tätigkeit kam Ihnen auch die Verpflichtung zu, die Gelder der … in deren Interesse zu verwalten und nicht zweckwidrig zu verwenden. Diese Pflicht verletzten Sie, wie Ihnen auch bewusst war, indem Sie Gelder von Konten der … auf Ihr privates Konto überwiesen und für sich verwendeten, um eigene Schulden zu begleichen.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Überweisungen:

Nr.“

Datum

Betrag

WEG-Konto

Empfänger

1.

….2013

10.000 €

… Konto: …, U1. AG

Finanzamt ...

2.

….2013

3.000 €

… Konto: …, U1. AG

Privatkonto-Nr.:

…, U2. AG

3.

….2014

2.000 €

… Konto: …, U1. AG

Privatkonto-Nr.:

…, U2. AG

4.

….2013

2.000 €

… Konto: …, U1. AG

Privatkonto-Nr.:

…, U2. AG

5.

….2014

13.127,08 €

… Konto: …, U1. AG

Privatkonto-Nr.:

…, U2. AG

6.

….2014

2.000 €

… Konto: …, U1. AG

Privatkonto-Nr.:

…, U2. AG

7.

….2014

1.500 €

… Konto: …, U1. AG

Privatkonto-Nr.:

…, U2. AG

Insgesamt entstand hierdurch ein Schaden von 34.627,08 €. Eine Wiedergutmachung des Schadens erfolgt im Zeitraum März 2015 bis August 2016.“
3. ….2021 AG Hersbruck – …
Rechtskräftig seit ….2021
Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
Datum der (letzten) Tat: ….2021
*30 Tagessätze zu je 40 €
Dem vorbezeichneten Strafbefehl des Amtsgerichts Hersbruck liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
„Sie fuhren am ….2021 gegen 9:23 Uhr mit dem Pkw Mini, amtliches Kennzeichen …, auf der N2. Straße in H. , obwohl Sie die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatten.
Dies wussten Sie.“
4. ….2022 AG Fürth – …
Rechtskräftig seit ….2022
Untreue in 3 Fällen
Datum der (letzten) Tat: ….2019
80 Tagessätze zu je 100 €
14
Im vorbezeichneten Urteil des Amtsgerichts Fürth wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
„Seit geraumer Zeit führt die Angeklagte faktisch die Geschäfte der Firma …. Formelle Inhaberin der Firma ist ihre Mutter.
Hierdurch hatte die Angeklagte unbeschränkten Zugriff auf die Konten aller …, die durch die Firma … verwaltet wurden, insbesondere auf die Konten der … des Objektes … in …. Aufgrund dessen kam ihr auch die Verpflichtung zu, die Gelder der … in deren Interesse zu verwalten und nicht zweckwidrig zu verwenden.
Jedenfalls seit Januar 2019 bestand ein vertragliches Verhältnis zwischen … und der Firma …, deren Inhaberin die Angeklagte ist. Vertragsgegenstand war die Erbringung von Hausmeisterdiensten für das Objekt … zu einer monatlichen Pauschale in Höhe von 571,20 €. Die Zahlungen erfolgten stets zu Beginn eines jeden Monats per Dauerauftrag. Am
a) 31.03.2019,
b) 31.05.2019 und
c) 27.06.2019
überwies die Angeklagte – wie sie wusste, ohne vertragliche Veranlassung – abermals jeweils einen Betrag in Höhe von 571,20 € an die Firma ….“
5. ….2024 AG Fürth – …
Rechtskräftig seit ….2014
Fahren ohne Fahrerlaubnis in 7 Fällen.
Datum der (letzten) Tat: ….2023
*11 Monate Freiheitsstrafe
Sperre für die Fahrerlaubnis bis ….2024
Bewährungszeit 3 Jahre
15
Dem vorbezeichneten Urteil des Amtsgerichts Fürth lag folgender Sachverhalt zugrunde:
„Die Angeklagte fuhr mit fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen, obwohl sie die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. Diese wurde der Angeklagten durch Bescheid des Landratsamtes ... vom ….2017, rechtskräftig seit dem ….2018, entzogen. Dies wusste die Angeklagte auch.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fahrten:
1. Am 15.08.2022 gegen 16:56 Uhr in Altenberg auf der R. Straße an der Ecke zur öffentlichen Straße „Am Heinberg“, 9... O. mit dem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen ….
2. Am 01.02.2023 gegen 14:50 Uhr in Altenberg auf der K. Straße in Höhe der Hausnummer 4 in 9... O. mit dem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen ….
3. Am 19.05.2023 gegen 19:15 Uhr in Altenberg auf der K. Straße in Höhe der Hausnummer 4 9. O. mit dem Pkw Mini, amtliches Kennzeichen, ….
4. Am 27.07.2023 gegen 20:59 Uhr auf der K. Straße auf Höhe der Hausnummer 4 in 9... O. mit dem Pkw Hyundai, amtliches Kennzeichen ….
5. Am 25.08.2023 gegen 18:25 Uhr auf der K. Straße auf Höhe der Hausnummer 4 in 9... O. mit dem Pkw Hyundai, amtliches Kennzeichen ….
6. Am 13.09.2023 gegen 18:15 Uhr in Altenberg auf der R. Straße in Höhe der Hausnummer 33 in 9... O. mit dem Pkw Hyundai, amtliches Kennzeichen ….
7. Am 07.11.2023 gegen 12:20 Uhr auf der F. Straße 9. N1. mit dem Pkw Mini, amtliches Kennzeichen ….
Durch die Taten hat sich die Angeklagte als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.“
16
Zur Strafzumessung stellte das Amtsgericht wie folgt fest:
„1. Bei der Bemessung der Strafe war vom Strafrahmen des § 21 Satz 1 Nr. 1 StVG auszugehen, der für die beiden Einzeltaten jeweils einen Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vorsieht.
Es ergaben sich vorliegend keine Anhaltspunkte für eine Strafrahmenverschiebung.
2. Innerhalb dieses Strafrahmens war zugunsten Angeklagten ihr abgelegtes Geständnis zu berücksichtigen.
Zulasten der Angeklagten mussten sich aber ihre – auch einschlägige – Vorverurteilungen, die Häufigkeit der Tatbegehung und die Beharrlichkeit, mit der die Angeklagte immer wieder Fahrten – auch aus belanglosen Gründen wie einkaufen – durchführte, auswirken.
3. Unter Abwägung aller Umstände erschienenen dem Gericht als Einzelstrafen jeweils Freiheitsstrafen von 3 Monaten tat- und schuldangemessen.
Unter Beachtung von § 47 Satz 1 StGB konnten diese Freiheitsstrafen nicht in Geldstrafen umgewandelt werden. Die Angeklagte hat sich erneut wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig gemacht und dadurch gezeigt, dass sie durch eine Geldstrafe nicht mehr ausreichend beeindruckt werden kann. Auch das Geständnis der Angeklagten ist nicht geeignet, zu einer anderen Einschätzung zu gelangen, zumal sie bei der Tat betroffen wurde. Das Gericht erachtet die Verhängung einer Freiheitsstrafe dafür für unerlässlich. Jede andere Reaktion auf das von der Angeklagten begangene Unrecht, auch die Verhängung einer deutlich erhöhten Geldstrafe, würde die erforderliche Spezialprävention nicht gewährleisten.
4. Aus den verhängten Einzelstrafen war unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 3 Monaten gemäß §§ 53 Abs. 1, 54 StGB, eine Gesamtstrafe zu bilden, die die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen dürfte. Dabei waren alle oben bei der Bemessung der Einzelstrafen angeführten für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände nochmals heranzuziehen und gegeneinander abzuwägen. Im Ergebnis erschien dem Gericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten tat- und schuldangemessen.
5. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten konnte vorliegend zur Bewährung ausgesetzt werden, da das Gericht eine positive Sozialprognose bei der Angeklagten feststellen konnte, § 56 Abs. 1 StGB. Es besteht die Erwartung, dass die Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig ohne Einwirkung des Strafvollzugs nicht mehr straffällig werden wird. Diese prognostische Zukunftsbeurteilung ist auf der Grundlage einer Gesamtbewertung von Tat und Täterpersönlichkeit getroffen worden, unter Berücksichtigung aller oben im Einzelnen geschilderten Umstände, die für und gegen die Angeklagte ins Gewicht fallen und auf die verwiesen wird. Auch gebietet vorliegend die Verteidigung der Rechtsordnung nicht den Vollzug der Gesamtfreiheitsstrafe, § 56 Abs. 3 StGB. Abs.7. Gemäß § 69 Abs. 1 S. 3 StGB war eine isolierte Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis anzuordnen, da die Angeklagte keine Fahrerlaubnis hat.
Die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 StGB liegen vor. Die Angeklagte hat sich durch das Fahren ohne Fahrerlaubnis als charakterlich unzuverlässig und damit ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.
Die Dauer der Sperrfrist war nach der Dauer der voraussichtlichen charakterlichen Unzuverlässigkeit Angeklagten zu bemessen. Zu ihren Gunsten sprach dabei, dass die Taten folgenlos blieben. Zu ihren Lasten musste sich aber die Tatsache ausdrücken, dass sie immer wieder innerhalb kurzer Zeit ohne Fahrerlaubnis gefahren ist. Unter Abwägung aller Umstände erschien dem Gericht daher eine Sperrfrist von 7 Monaten notwendig, aber auch ausreichend, um die erforderliche charakterliche Nachreifung bei der Angeklagten zu bewirken.“
17
Mit Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom ….2024 wurde die Bewährungszeit für die Angeklagte auf drei Jahre festgesetzt.
18
Ferner wurde die Angeklagte angewiesen, jeden Wohnsitzwechsel dem zuständigen Gericht unter Angabe des Aktenzeichens unverzüglich mitzuteilen und einen Geldbetrag von 8.000 € zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung – … – bis zum 30.06.2024 zu zahlen.
19
Angaben der Angeklagten zufolge wurde die Geldauflage beglichen.
c) Straßenverkehrsrechtliche Vorahndungen
20
Die Auskunft aus dem Fahreignungsregister weist für die Angeklagte insgesamt vier Eintragungen auf.
21
Während die Eintragungen 3 und 4 des Fahreignungsregisters mit den straßenverkehrsrechtlichen Vorbelastungen der Ziffern 3 und 5 des Bundeszentralregisterauszugs vom 15.10.2024 korrelieren, betreffen die Eintragungen 1 und 2 jeweils Bescheide der Fahrerlaubnisbehörde des Landkreises Fürth in … vom ….2017 und ….2018, letzterer rechtskräftig seit ….2018, die zum einen die sofort vollziehbare Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2 a Abs. 2, § 3 oder § 4 Abs. 5 StVG aufgrund mangelnder Eignung (erreichen von 8 oder mehr Punkten im Fahreignungsbewertungssystem) bzw. die unanfechtbare Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2 a Abs. 2, § 3 oder 4 oder § 4 Abs. 5 StVG aufgrund mangelnder Eignung – die Fahrerlaubnisklasse 3 betreffend – zum Gegenstand haben.
2. Zur Sache
22
Die Angeklagte war zum Tatzeitpunkt auf dem Weg zur … Schule, … um ihren Sohn rechtzeitig zum Unterricht zu bringen. Ausgangspunkt der Fahrt war der Wohnort der Angeklagten. Im Bereich der R. Straße – H. D. Straße – geriet die Angeklagte zum Tatzeitpunkt um 7:26 Uhr in eine Geschwindigkeitskontrolle der VPI Nürnberg anlässlich einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts von 12 km/h – gemessene Geschwindigkeit von 65 km/h – Toleranzabzug von 3 km/h bei einer zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h, wobei die Angeklagte samt Tatfahrzeug auf einem Frontfoto als Fahrerin des Fahrzeuges – gut erkennbar – abgelichtet wurde.
III.
23
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten beruhen auf deren eigenen glaubhaften Angaben sowie der im allseitigen Einverständnis verlesenen Bestätigung des Diplom-Psychologen … der … GbR mit Sitz in … vom ….2024.
24
Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Vorbelastungen sowie verkehrsrechtlichen Vorahnungen der Angeklagten fußen auf dem im Rahmen der Berufungshauptverhandlung verlesenen Auszügen aus dem Bundeszentral- und Fahreignungsregister vom 15.10.2024 bzw. 07.10.2024, nebst verlesen Strafbefehlen der Amtsgerichte Fürth und Hersbruck vom ….2015, Aktenzeichen: ….2016, Aktenzeichen: … und ….2021, Aktenzeichen: … sowie den verlesenen Urteilen des Amtsgerichts Fürth vom ….2022, Aktenzeichen: … und ….2024, Aktenzeichen: … nebst dazugehörigem Bewährungsbeschluss vom selben Tage (jeweils persönliche Verhältnisse sowie Sachverhalt und bei BZR Nr. 5 Strafzumessung), welche allesamt mit der Einschränkung, dass die Angeklagte gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Fürth vom ….2015 (BZR Nr. 1) ursprünglich beabsichtigt hätte, Einspruch einzulegen, jedoch die diesbezügliche Frist versäumt hätte, als richtig bestätigt wurden.
25
Die ergänzenden Feststellungen zur Sache beruhen auf den glaubhaften Angaben der Angeklagten, welche sich geständig zeigte. Die Angeklagte führte unter anderem aus, ihr Sohn habe damals die … Schule in … hinter dem Bahnhof besucht. Am Morgen des ….2024 habe man verschlafen. Man sei erst kurz nach 07:00 Uhr am Morgen aufgewacht und der Sohn der Angeklagten hätte um 08:00 Uhr in der Schule sein müssen. Es sei eine Mathematik/Schulaufgabe angestanden. Ferner habe es zum damaligen Zeitpunkt Probleme mit dem Jugendamt gegeben, welches den Sohn als „Schulverweigerer“ im Blick gehabt hätte. Infolgedessen habe sich ihr Sohn zur damaligen Zeit jeweils freitags einen Stempel im Schulsekretariat „abholen“ müssen. Diesen habe er allerdings nur dann bekommen, wenn es in den vorangegangenen Wochentagen nicht zu Fehlzeiten gekommen sei. Mit der S-Bahn wäre ihr Sohn zu spät in die Schule gekommen. An ein Taxi habe sie zwar gedacht, jedoch die Taxizentrale nicht angerufen, weil sie davon ausgegangen sei, dass dies zu lange dauern würde. Der Ehemann der Angeklagten, der im Besitz einer Fahrerlaubnis sei, sei am Tatmorgen bereits weg gewesen. Die Angeklagte habe keinen anderen Ausweg mehr gesehen und emotional gehandelt. Um 7:50 Uhr sei sie zusammen mit ihrem Sohn in der … Schule angekommen.
26
Die Mutter der Angeklagten betreibe seit 1985 die Firma … als Einzelfirma. Da sie mit ihren 69 Jahren jedoch gesundheitlich notleidend sei, führe die Angeklagte auch die Geschäfte der … verwaltung ihrer Mutter. Auf entsprechende Nachfrage bestätigte die Angeklagte, dass sowohl das Tatfahrzeug, wie auch vier weitere Fahrzeuge auf die Angeklagte bzw. ihre Firma zugelassen seien und ihr nach wie vor zur Verfügung stünden.
27
Die mit dem Diplom-Psychologen … geführten Gespräche, hätten ihr gut getan. Ihr sei insoweit anempfohlen worden, bei einem niedergelassenen Psychologen, der „breiter aufgestellt“ sei, gegebenenfalls unter anderem das dominante Mutter-Tochter-Verhältnis aufzuarbeiten.
28
Die im allseitigen Einverständnis gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO verlesene Bestätigung des Dipl.-Psych. … vom 08.10.2024 zur Vorlage beim Landgericht Nürnberg-Fürth lautete wie folgt:
„Hiermit bestätige ich Frau …, geboren …, im Zeitraum vom 14.05.2024 bis 18.10.2024 eine verkehrspsychologische Beratung/Therapie im Einzelverfahren für straf-/verkehrsrechtliche wiederholt auffällige Verkehrsteilnehmerin bei mir in Anspruch genommen zu haben.
Diese Beratung/Therapie hatte einen Umfang von bisher 9 Stunden á 60 Minuten und kann im Wesentlichen bereits als mit Erfolg abgeschlossen bewertet werden; weitere Termine werden bedarfsmäßig vereinbart.
Die im Rahmen dieser verkehrspsychologischen Dienstleistung bekannt gewordenen fragestellungsrelevanten Informationen umfassen insbesondere das wiederholte Delikt des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, zuletzt am 29.01.2024 kurz nach einem Urteil des Amtsgerichts Fürth vom ….2024 (schriftliche Erstellung am ….2024) wegen eben dieser Delikte im Zeitraum vom 15.08.2022 bis 07.11.2023 (Gesamtfreiheitsstrafe 11 Monate auf 3 Jahre Bewährung).
Unter Berücksichtigung der aktenkundigen Deliktlage, welche zuletzt von einem überaus schnellen Bewährungsbruch gekennzeichnet ist, könnte im Falle von Frau … vordergründig betrachtet auf eine grundsätzlich verantwortungslose Persönlichkeitsstruktur geschlossen werden, was sich bei differenzierter Betrachtung jedoch nicht bestätigen lässt.
Zweifelsfrei ist die Häufung bzw. die Ausprägung der von Frau … begangenen (Verkehrs-) Delikte auch aus psychologischer Sicht als Ausdruck einer erheblichen und dringend korrekturbedürftigen Verhaltensabweichung zu interpretieren.
Die im Dialog mit Frau … erhaltenen Informationen erlauben jedoch eine Sichtweise auf das Zustandekommen dieser Deliktlage, welche diese sicher nicht entschuldbar, jedoch psychologisch nachvollziehbar macht.
Im Interesse meiner Klientin möchte ich auch ausdrücklich darauf verweisen, dass die Kontaktaufnahme von Frau … im Hinblick auf ein anstehendes Gerichtsverfahren erfolgte, sie aber durchaus auch authentisch vermitteln konnte/kann, dass ihr auch prinzipiell an einem verbesserten Selbstverständnis und einer darauf basierenden stabilen Verhaltensänderung gelegen war/ist.
Frau … hatte ihr wiederholt ausgeprägtes Fehlverhalten, sicher auch vor dem Hintergrund einer drohenden Haftstrafe, bereits vor Inanspruchnahme meiner Beratung kritisch bewertet und auch ihre frühere diesem Fehlverhalten zugrunde liegende Fehleinstellung grundsätzlich überdacht und geändert. Dementsprechend konnte Frau … glaubhaft vermitteln, nach dem letzten aktenkundigen Delikt vom 29.01.2024 kein Kraftfahrzeug mehr ohne Fahrerlaubnis geführt zu haben.
Der Schwerpunkt der gemeinsamen Arbeit mit Frau … lag in einer tiefen Aufarbeitung der persönlichen Hintergründe für das frühere Fehlverhalten als auch der Entwicklung tragfähiger Verhaltensstrategien zur Vermeidung rückfälligen Verhaltens, wovon Frau … meines Erachtens auch sehr gut profitieren konnte.
Die Ergebnisse dieser gemeinsamen Arbeit hinsichtlich psychosozialen Hintergrund und daraus resultierender Persönlichkeitsstruktur von Frau … soll hier nur insofern dargestellt werden, als dies im Zusammenhang mit der Beurteilung des Verhaltens von Frau … relevant erscheint:
Frau … wurde am … als Einzelkind geboren, die Eltern trennten sich bereits im Jahr 1980, der Vater verstarb am 01.12.2005. Die Persönlichkeitsentwicklung von Frau … war geprägt sowohl von früher Selbstverantwortung als auch von gefühlt ausgeprägter moralischer Verpflichtung gegenüber der alleinerziehenden Mutter.
Frau … ist seit ca. 20 Jahren verheiratet und hat mit ihrem Ehemann zwei gemeinsame Kinder (Tochter … im Alter von … Jahren; Sohn … im Alter von … Jahren).
Beruflich ist Frau … ausgebildete … und betreibt selbstständig eine … firma, die vor allem Aufträge der Hausverwaltung der ebenfalls selbstständigen Mutter erfüllt.
Ein Bruch im bis dahin im Wesentlichen komplikationslosen Lebensvollzug von Frau … ergab sich im Jahr 2011, als die Firma ihres Ehemannes in finanzielle Schwierigkeiten geriet, welche letztlich im Jahr 2017 in ein Insolvenzverfahren mündeten.
In der Folge der damit zusammenhängenden Geschehnisse geriet Frau … in eine chronische Überforderungssituation, welche sie auch durch widerrechtliche Verhaltensweisen zu kompensieren versuchte.
Im Zusammenhang mit dem letzten aktenkundigen Delikt des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis am ….2024 sah sich Frau … trotz des erst kurz zuvor erfolgten Urteils des Amtsgerichts Fürth subjektiv in einer Drucksituation, in der sie sich wieder nicht anders, zu helfen wusste, als erneut ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug zu führen.
Aus psychologischer Sicht ist dieses Delikt somit das Ergebnis eines verfestigten, weil therapeutisch bis dahin noch nicht bearbeiteten Fehlverhaltensmusters (geradezu kindliche Konzentration in als kritisch erlebten Situationen auf kurzfristige Lösungen).
Es konnte mit Frau … aufgearbeitet werden, dass das frühere fortgesetzte von Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen anderer geprägte Fehlverhalten zusammengefasst paradoxerweise in einer biografisch bedingten Vernachlässigung eigener Bedürfnisse begründet war, was sich in einer damit verbundenen falschen Prioritätensetzung (Erfüllung geschäftlicher und privater Verpflichtungen gewissermaßen um jeden Preis, konkret auch unter Bereitschaft zu strafbarem Verhalten) zeigte und damit – in Verbindung auch mit einem nicht vorhandenen bzw. ausgeblendeten Gefahrenbewusstsein insbesondere im Hinblick auf die möglichen Folgen einer Verkehrsteilnahme ohne Fahrerlaubnis für andere Verkehrsteilnehmer – zu einer fortgesetzten egozentrisch-, eigenmaßstäblichen Umsetzung vollkommen überhöhter Autonomie-Bedürfnisse (im Sinne einer ausgeprägten Tendenz, „alles mit sich selbst auszumachen“) führte.
Frau … ist nunmehr in der Lage, ihr eigenes nicht reflektiertes Fehlverhalten als Resultat ihrer teilweise völlig falsch verstandenen Auffassung von verantwortungsbewusstem Verhalten bzw. auch ihrer in der Vergangenheit unzureichenden Konflikt- und Problemlösefähigkeit zu verstehen.
Frau … kann darüber hinaus das von ihr in der Vergangenheit für andere Menschen ausgehende Gefährdungspotenzial selbstkritisch reflektieren und hat die von persönlichen Einstellungen und Befindlichkeiten völlig unabhängige Sinnhaftigkeit/Notwendigkeit der Einhaltung geltender rechtlicher Vorschriften (an)erkannt.
Trotz eines unmittelbaren Bewährungsbruchs wie im Falle von Frau … vorliegend ist im Interesse meiner Klientin gleichwohl festzuhalten, dass eine Haftstrafe ohne Bewährung mit Sicherheit zu einer bedeutsamen Instabilisierung sowohl ihrer psychisch-sozialen Situation als auch der ihrer Familie führen würde, was die Verhältnismäßigkeit einer Haftstrafe zumindest diskutabel erscheinen lässt.
Wesentlich vielversprechend im Hinblick auf die Frage, ob Frau … künftig auch ohne Einwirkung eines Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird, erscheint m.E. die nun zweifelsfrei ausgeprägte intrinsische Veränderungsmotivation von Frau …, die damit verbundene Bereitschaft zur Inanspruchnahme psychotherapeutischer Maßnahmen und die hieraus zu gewinnende Verhaltensstabilisierung.
In der Gesamtschau dieser Aspekte erscheint aus psychologischer Sicht daher eine positive Verhaltensprognose möglich und eine – trotz der zweifelsfrei erheblichen Vorbelastung – nochmalige Bewährungsstrafe wünschenswert bzw. sinnvoll.“
29
Der für … tätige Dipl.-Psychologe … ist der Kammer bereits aus anderen Verfahren in der Vergangenheit als verkehrspsychologischer Berater – vornehmlich, wenn es um die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis eines Delinquenten geht – bekannt. Die Kammer geht nicht davon aus, dass die seitens des Verkehrspsychologen geschilderten multiplen Problemlagen und das daraus resultierende „verfestigte Fehlverhaltensmuster“ auf Seiten der Angeklagten durch neun Beratungsgespräche á 60 Minuten Dauer abschließend aufgearbeitet werden konnten, zumal die Angeklagte offenbar nicht die notwendigen Konsequenzen hieraus gezogen hat, an ihrer chronischen Überforderungssituation maßgebliche Veränderungen vorzunehmen: Zwar ist das Schulproblem ihres … Jahre alten Sohnes vordergründig durch die Verlegung desselben in ein Internat gelöst, allerdings ist mittlerweile die … Jahre alte Tochter, die derzeit offenbar in einer beruflichen Orientierungsphase ist, nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt in den elterlichen Haushalt zurückgekehrt. Neben ihrer Tätigkeit als … mit zehn Mitarbeitern betreibt die Angeklagte nach wie vor die Firma …. Darüber hinaus leitet sie in Personalunion faktisch die Geschicke der Firma …, um die sich die 69 Jahre alte Mutter der Angeklagten aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr kümmern kann. Der Diplom-Psychologe … sieht offenbar selbst weiteren Handlungsbedarf, indem er die Inanspruchnahme weiterer psychotherapeutischen Maßnahmen zwecks Verhaltensstabilisierung empfiehlt.
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Im Rahmen der Berufungshauptverhandlung hat die Kammer darüber hinaus das anlässlich der Geschwindigkeitsmessung vom 29.01.2024, 07:26 Uhr erstellte Lichtbild – Frontfoto, welches die Angeklagte und deren Fahrzeug samt amtlichen Kennzeichen zeigen, – in Augenschein genommen sowie die diesbezüglichen Messdaten verlesen.
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Das seitens der Kammer in Augenschein genommene Lichtbild, Blatt 12 der Akte, zeigt die Angeklagte unter anderem am Steuer des Pkw Hyundai mit dem amtlichen Kennzeichen … auf der linken der in der Messörtlichkeit befindlichen beiden Fahrspuren der ..., in stadteinwärtiger Richtung. Darüber hinaus ist erkennbar, dass sich auf dem Beifahrersitz des Fahrzeugs eine weitere Person befindet, deren Gesicht jedoch durch die A-Säule größtenteils verdeckt ist. Bezüglich der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die vorbezeichneten Lichtbilder verwiesen.
IV. Strafzumessung
1. Strafrahmen
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Maßgeblich war der Strafrahmen des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, der die Verhängung von Geldstrafe ab 5 Tagessätzen bis Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vorsieht.
33
Anhaltspunkte für eine irgendwie geartete Strafrahmenverschiebung waren nicht ersichtlich.
2. Strafzumessung im engeren Sinne
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Zugunsten der Angeklagten wog, dass sie durch die Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch Einsicht gezeigt hat und in der Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ein Geständnis zu sehen ist, welches die Angeklagte als solches auch explizit in der Berufungshauptverhandlung abgelegt hat. Darüber hinaus musste zugunsten der Angeklagten Berücksichtigung finden, dass sie aufgrund der Schulprobleme ihres Sohnes zum Tatzeitpunkt emotional stark angespannt war und aus ihrer Sicht ein dringender Anlass bestand, ihren Sohn in die Schule zu fahren. Ferner konnte nicht außen vor bleiben, dass die Angeklagte aufgrund ihrer Fähigkeiten grundsätzlich in der Lage ist, ein Fahrzeug im Straßenverkehr zu führen.
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Andererseits war der Angeklagten anzulasten, dass sie bereits in der Vergangenheit wiederholt strafrechtlich – nicht nur im Bereich der Straßenverkehrsdelikte – in Erscheinung getreten ist und neben Geldstrafen wiederholt zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden musste. Bereits am ….2021 wurde die Angeklagte mit Strafbefehl des Amtsgerichts Hersbruck wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 € verurteilt. Zuletzt erfolgte eine Verurteilung seitens des Amtsgerichts Fürth vom … 2024, rechtskräftig seit ….2024, wegen Vergehen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sieben Fällen zu einer 11-monatigen Gesamtfreiheitsstrafe – gebildet aus Einzelstrafen von jeweils 3 Monaten –, deren Vollstreckung für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daneben wurde eine Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bis 16.08.2024 verhängt. Die zutage getretene Rückfallgeschwindigkeit nahm sich mithin als immens aus. Der Hinweis, dass es sich um ein einschlägiges Bewährungsversagen handelt, erübrigt sich.
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Im Rahmen einer Zusammenschau und Abwägung dieser Strafzumessungskriterien erschien der Kammer die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe von 4 Monaten für tat- und schuldangemessen und gerade noch ausreichend. Die Verhängung dieser kurzzeitigen Freiheitsstrafe war nach Ansicht der Kammer zur Einwirkung auf die Angeklagte unerlässlich, § 47 Satz 1 StGB. Die Kammer hat bei der Verhängung dieser kurzen Freiheitsstrafe bedacht, dass diese nur im Ausnahmefall zu verhängen ist. Die vorliegenden besonderen Umständen in der Persönlichkeit der Angeklagten machten jedoch die Verhängung unerlässlich, weil nach dem Dafürhalten der Kammer die Angeklagte durch die Verhängung – auch einer hohen – Geldstrafe nicht in einem solchen Maße zu beeindrucken ist, dass ihr das Unrecht der Tat derart vor Augen geführt wird, dass sie sich voraussichtlich nicht mehr strafbar machen wird. Die Kammer hat hierbei insbesondere folgende Kriterien für das Vorliegen der besonderen Umstände der Persönlichkeit der Angeklagten herangezogen:
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Die Angeklagte ist mehrfach und bereits auch einschlägig verurteilt. Aufgrund Fahrens ohne Fahrerlaubnis am Morgen des 14.07.2021 mit dem Pkw Mini, amtliches Kennzeichen, …, der der Angeklagten – eigenen Angaben zufolge – nach wie vor zur Verfügung stehen soll, auf der ... in H. wurde die Angeklagte mit Strafbefehl des Amtsgerichts Hersbruck vom ….2021 zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40,00 € verurteilt, nachdem eine vorangegangene Bewährungszeit von drei Jahren aufgrund einer Vorverurteilung des Amtsgerichts Fürth im Zusammenhang mit Vermögensdelikten im Rahmen der Tätigkeit für die Firma der Mutter zu einer einjährigen Gesamtfreiheitsstrafe mit Ablauf des 12.01.2020 geendet hatte. Im Anschluss erfolgte eine weitere Verurteilung seitens des Amtsgerichts Fürth vom ….2022 abermals im Zusammenhang mit der faktischen Geschäftsführung der Angeklagten für die Firma … zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 100 €. Zwölf Tage nach Rechtskraft der letzten Verurteilung seitens des Amtsgerichts Fürth vom ….2024 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sieben Fällen zu einer 11-monatigen Bewährungsstrafe setzte sich die Angeklagte schließlich wieder erneut hinter das Steuer eines ihrer zahlreich zur Verfügung stehenden Fahrzeuge. Die insoweit gegen die Angeklagte verhängten Strafen vermochten sie nicht von der Begehung einer neuerlichen und im Hinblick auf die letztmalige Verurteilung auch gleichgelagerte Tat abzuhalten.
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Bei der Strafzumessung behielt die Kammer zudem im Blick, dass die 46 Jahre alte Angeklagte als Mutter zweier Kinder im Alter von … und … Jahren deutlich haftempfindlicher ist, als jüngere Gefangene ohne Kinder. Außerdem behielt die Kammer Blick, dass der Angeklagten aufgrund der hier getroffenen Entscheidung auch den Widerruf der 11-monatigen Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Fürth vom ….2024 zu gewärtigen haben wird, was das Gesamtstrafübel ganz erheblich erhöhen würde. Schließlich hat die Kammer auch gesehen, dass sich die Angeklagte bisher noch nie in Haft befand.
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Die Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafe konnte bei der Angeklagten … nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Bei ihr war nicht zu erwarten, dass sie sich die Verurteilung als solche so zur Warnung dienen lassen wird, dass sie künftig auch ohne Ahndung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird; § 56 Abs. 1 StGB. Die Kammer hat hierbei insgesamt berücksichtigt, dass Erwartung im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB nicht die sichere Gewähr für eine zukünftige straffreie Führung bedeutet, sondern dass es genügt, dass die Wahrscheinlichkeit insgesamt künftigen straffreien Verhaltens größer ist als diejenige, neuer Straftaten. Das Vorleben der Angeklagten, ihr strafrechtlicher Werdegang, die Tatumstände und ihre aktuelle persönliche Lebenssituation konnten bei der gebotenen Gesamtbewertung keine günstige Sozialprognose mehr rechtfertigen. Gegen die Erwartung künftigen straffreien Lebens der Angeklagten sprach zunächst, dass bei ihr trotz entsprechender Vorverurteilungen, darunter insbesondere die letzte einschlägige Bewährungsstrafe, keine Warnfunktion dahingehend entfaltet wurde, dass sie nicht mehr straffällig wurde. Das Vorleben der Angeklagten ist geprägt durch nicht unerhebliche Delinquenz, hohe Rückfallgeschwindigkeit in Anbetracht der Verurteilung durch das Amtsgericht Fürth vom ….2024 und das damit verbundene einschlägige Bewährungsversagen. Wie bereits ausgeführt, stand die Angeklagte zum Tatzeitpunkt unter laufender einschlägiger Bewährung aus der vorbezeichneten Verurteilung durch das Amtsgericht Fürth vom ….2024. Bei einer – wie hier – vorbestraften Täterin, die die Tat während laufender Bewährung begeht, bestehen erhöhte Anforderungen an die Begründungstiefe der Prognoseentscheidung. Denn bereits der zweiten Bewährung soll absoluter Ausnahmecharakter zukommen. Dies gilt insbesondere bei zeitnahem Bewährungsversagen wie vorliegend, denn die Angeklagte hat die hier in Rede stehende Fahrt 20 Tage nachdem sie sich im Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht Fürth am ….2024 hatte verantworten müssen, begangen. Bei solch zeitnahem Bewährungsversagen gilt der Ausnahmecharakter einer weiteren Bewährung umso mehr, da Straftaten während der Bewährungszeit belegen, dass die frühere Prognose falsch war, sodass das Bewährungsversagen eine negative Kriminalprognose impliziert. Insoweit fordert die obergerichtliche Rechtsprechung außergewöhnliche Umstände, die es erwarten lassen, dass sich die Angeklagte trotz Bewährungsversagens in Zukunft straffrei führen wird. Bei diesen außergewöhnlichen Umständen muss es sich um solche handeln, die zeitlich der Tatbegehung nachfolgen.
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Solche Umstände liegen indes nach dem Dafürhalten der Kammer nicht vor. Wie bereits ausgeführt, besucht der … Jahre alte Sohn der Angeklagten ein Internat … und kehrt nur 14-tägig ins Elternhaus zurück. Aufgrund seines Alters wird der Sohn dennoch auf elterliche bzw. schwesterliche Fahrdienste angewiesen sein, sodass ähnliche Überforderungssituationen nicht ausgeschlossen erscheinen, zumal die Angeklagte in beruflicher Hinsicht nach wie vor stark angespannt, gar überfordert erscheint.
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Die Inanspruchnahme der Dienste des Diplom-Psychologen … nach Ladung zum erstinstanzlichen Hauptverhandlungstermin am 18.06.2024 führte offenbar nicht zu einer maßgeblichen Veränderung der Lebensumstände auf Seiten der Angeklagten im Vergleich zum Tatzeitpunkt. Die Kammer hat den Eindruck, dass sich die Angeklagte nach wie vor in einer Überforderungssituation nicht nur in beruflicher Hinsicht befindet. Die Angeklagte reagierte auch im Berufungsverhandlungstermin stark emotional und vermittelte der Kammer keineswegs den Eindruck, sich in Zukunft in von ihr als kritisch erlebten Situationen normgemäß verhalten zu können, zumal die Angeklagte in der Vergangenheit nicht nur im Verkehrsdeliktsbereich in Erscheinung trat.
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Die schlechte Sozial- und Kriminalprognose, welche die Kammer unter diesen Umständen für die Angeklagten sah, konnte auch nicht durch ihre Unterstellung unter die Aufsicht und Leitung der Bewährungshilfe beseitigt werden. Dem seitens der Kammer im Rahmen der Berufungshauptverhandlung gewonnenen Eindruck zufolge handelt es sich bei der Angeklagten um eine derart eigenständige Persönlichkeit, dass ein maßgeblicher Einfluss der Bewährungshilfe auf die …-Jährige nicht zu erwarten wäre. Gleiches galt für weitere, gegenüber einer Vollstreckung mildere Maßnahmen, wie Auflagen oder sonstige Weisungen, zumal die Angeklagte eine ihr seitens des Amtsgerichts Fürth gewährte Chance bereits ungenutzt verstreichen ließ.
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Die Kammer verkannte dabei nicht, dass die negative Bewährungsentscheidung für die Angeklagte und ihre Familie mit großer Wahrscheinlichkeit erhebliche wirtschaftliche und insbesondere soziale Konsequenzen haben wird. Die sind jedoch die zwangsläufig mit den strafrechtlichen Folgen der wiederholten Delinquenz der Angeklagten einhergehende Begleiterscheinungen, die für sie schon zur Tatzeit voraussehbar waren, sie dennoch nicht von erneuter Straffälligkeit abzuhalten vermochten und die sie selbst zu vertreten hat. Günstige prognostische Folgerungen ließen sich hieraus für die Angeklagte nicht herleiten.
V. Maßregel der Besserung und Sicherung
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Gemäß § 69 a Abs. 1 S. 3 StGB war eine isolierte Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis anzuordnen, da die Angeklagte keine Fahrerlaubnis hat.
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Die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 StGB liegen vor. Die Angeklagte hat sich durch das mit immenser Rückfallgeschwindigkeit begangene neuerliche Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis als charakterlich unzuverlässig und damit ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Dabei behielt die Kammer im Blick, dass es sich vorliegend gerade nicht um einen Regelfall des § 69 Abs. 2 StGB handelte.
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Gem. § 69 a Abs. 3 StGB beließ es die Kammer jedoch bei der Verhängung des Mindestmaßes der Sperre von einem Jahr, um die erforderliche charakterliche Nachreifung bei der Angeklagten zu bewirken.
VI.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.