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AG München, Endurteil v. 07.11.2024 – 223 C 17811/24
Titel:

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Elektronisches Dokument, Reisepreisminderung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Streitwert, Elektronischer Rechtsverkehr, Pauschalreisevertrag, Honoraransprüche, Minderungsquoten, Wert des Beschwerdegegenstandes, Kostenentscheidung, Anderweitige Erledigung, Teilweise Klagerücknahme, Geschäftsgebühr, Prozeßbevollmächtigter, Minderungsansprüche, Anspruch auf Schadensersatz, Nächtliche Lärmbelästigung, Sitzungsniederschrift, Qualifizierte elektronische Signatur

Schlagworte:
Reisemangel, Reisepreisminderung, Lärmbelästigung, Zimmerwechsel, Schadensersatzanspruch, Kostenentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 48106

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 184,77 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.09.2023 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 159,94 € freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 90 % und die Beklagte 10 % zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner kann die Vollstreckung des Gläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
6. Der Streitwert wird bis zum 01.09.2024 auf 1.711,96 € und ab dem 02.09.2024 auf 1.211,96 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien verbindet ein Pauschalreisevertrag über eine Reise nach Kreta vom 12.8.2023 bis zum 26.8.2023. Vertragsbestandteil war u.a. ein Aufenthalt von 14 Übernachtungen im Hotel … vgl. hierzu die Anlage K 1. Der Reisepreis betrug insgesamt 5.326 €, hieraus ergibt sich ein Tagesreisepreis in Höhe von 380,43 €.
2
Der Kläger verfolgt mit der Klage den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises aufgrund Minderung sowie Schadensersatz wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit.
3
Am 16.08.2023 ist der Kläger mit seiner Familie in ein anderes Zimmer umgezogen.
4
Die Klagepartei trägt vor, dass in dem ihm zunächst zugewiesene Zimmer ein Nagetierebefall geherrscht habe. Die nachtaktiven Tiere hätten während der Nacht Zeit lautstark an der Wand genagt und gekratzt, sodass der Schlaf des Klägers und seiner Familie während der Nacht erheblich gestört bis unmöglich gewesen sei.
5
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe eine Reisepreisminderung für die ersten 3 Tage in Höhe von 50 %, also jeweils 190,22 €, zu; sowie für den 4. Tag eine aufgrund des Umzugs erhöhte Reisepreisminderung in Höhe von 285,32 €. Weiterhin macht er Entschädigung wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit für die ersten 4 Tage der Reise in Höhe von weiteren 855,98 € geltend.
6
Mit Schriftsatz vom 02.09.2024 nahm der Kläger die Klage in Höhe von 500 € zurück, nachdem festgestellt worden ist, dass die Beklagte im Januar 2024, also nach Klageerhebung, bereits einen Betrag von 500 € an den Kläger gezahlt hat.
7
Der Kläger beantragt zuletzt:
Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 1.211,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2023 zu bezahlen.
8
Die Beklagte wird verurteilt den Kläger von Honoraransprüche seines Prozessbevollmächtigten für die vorgerichtliche Tätigkeit in Höhe von 280,60 € freizustellen.
9
Die Beklagtenseite beantragt:
Klageabweisung.
10
Die Beklagtenseite trägt vor, ein Nagetierbefall sei nicht bestätigt worden. Ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Urlaubszeit komme mangels erheblicher Beeinträchtigung der Reise nicht in Betracht.
11
Zur Ergänzung wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die sonstigen Aktenbestandteile, insbesondere die Sitzungsniederschrift vom 01.10.2024

Entscheidungsgründe

A.
12
Die zulässige Klage ist in der Hauptsache teilweise begründet.
13
Dem Kläger steht aus dem streitgegenständlichen Pauschalreisevertrag ein Minderungsanspruch in Höhe von weiteren 184 € zu, §§ 651 a, 651 i, 651 m BGB. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
14
I. Der Kläger reiste ausweislich der Anlage K1 am Abend des 12.08.2024 im streitgegenständlichen Hotel an. Bereits am 13.08.2024 erfolgte, wie sich aus der Anlage K3 ergibt, eine Mängelanzeige des Klägers bei der Beklagten aufgrund Lärms.
15
Das Gericht hat vorliegend aufgrund der detaillierten Schilderung der Klagepartei keine Zweifel daran, dass sich die Lärmbelästigung durch die Geräusche der Nagetiere, wie von der Klagepartei geschildert, zugetragen haben.
16
Zudem ergibt sich aus den Lichtbildern der Anlage K2, dass das nach dem Zimmerwechsel bezogene Zimmer deutlich kleiner war, als das ursprünglich dem Kläger zugewiesene Zimmer. Bei objektiver Betrachtung wählt kein verständiger Reisender ein deutlich kleineres Zimmer, wenn nicht ein Mangel des größeren Zimmers vorliegt.
17
Aufgrund dieser nächtlichen Lärmbelästigung kommt das Gericht vorliegend zu einer Reisepreisminderung von 45 % für die ersten 4 Reisetage, was einen Betrag von insgesamt 684 € entspricht.
18
Für den Umzugstag gewährt das Gericht keine höhere Reisepreisminderung, da gerichtsbekannt ein Zimmerwechsel im Normalfall ohne großen Aufwand für die Reisenden durch das Hotelpersonal erfolgt. Anderweitiges ist durch die Klagepartei hier auch nicht vorgetragen worden.
19
II. Einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit nach § 651 n Abs. 2 BGB sieht das Gericht vorliegend nicht.
20
Zum einen liegt die hier zugesprochene Minderungsquote noch unter der Minderungsquote von 50 %, die in der Rechtsprechung üblicherweise für das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs nach § 651 n Abs. 2 BGB verlangt wird.
21
Zum Anderen ist auch zu sehen, dass mit Ausnahme der Lärmbelästigung sämtliche gebuchten Leistungen mangelfrei waren, so dass auch während der ersten 4 Tage zumindest tagsüber keine Beeinträchtigung der Reise vorlag.
22
III. Abzüglich der vorgerichtlichen Zahlung der Beklagtenseite in Höhe von 500 €, verbleibt damit eine weitere berechtigte Klageforderung in Höhe von 184 €. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
B.
23
Zinsen kann der Kläger seit dem 07.12.2023 ersetzt verlangen, §§ 280, 286, 288 BGB.
24
An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann der Kläger geltend machen eine 1,3 Geschäftsgebühr aus dem insgesamt berechtigten Schadensersatzforderung plus Pauschale plus Mehrwertsteuer, dies sind vorliegend 159,94 €.
25
Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war vorliegend erforderlich und angemessen, nachdem die Beklagte auf die E-Mail des Klägers vom 16.08.2023 und 25.08.2023 bis November 2023 nicht reagiert hat.
C.
26
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.
D.
27
Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung ohne die Nebenforderungen und reduzierte sich durch die teilweise Klagerücknahme der Klagepartei um den entsprechenden Betrag.