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OLG München, Beschluss v. 19.09.2024 – 16 WF 687/24 e
Titel:

Pflegervergütung nach Anpassungsfortbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin

Normenkette:
VBVG § 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Zur Frage der Vergütung einer Ergänzungspflegerin nach § 3 Abs. 1 VBVG und Eingruppierung nach Nr. 1 oder Nr. 2. (Rn. 7 – 13)
2. Eine fachschulische Ausbildung an einer pädagogischen Fachschule für Erzieherinnen in der ehemaligen DDR und anschließende Anpassungsfortbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin, stellt keine mit einer Hochschulausbildung vergleichbare Ausbildung iSd § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VBVG dar. (Rn. 8 – 9)
Schlagworte:
Erzieherin, Ergänzungspflegerin, pädagogische Fachschule in der ehemaligen DDR, Vergütungsfestsetzung, Ergänzungspfleger, Pfleger, DDR, Erzieher, Hochschulstudium, Fachschule, Anpassungsfortbildung
Vorinstanz:
AG München, Beschluss vom 10.05.2024 – 552 F 7054/22 RE
Fundstellen:
BeckRS 2024, 47991
FDRVG 2025, 947991

Tenor

1. Die Beschwerde der Ergänzungspflegerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 10.05.2024, Az.552 F 7054/22 RE, wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert wird auf 3.991,99 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit ihren Festsetzungsanträgen beantragte die Beschwerdeführerin erstinstanzlich die Festsetzung ihrer Vergütung aus der Staatskasse als Ergänzungspflegerin.
2
Statt der beantragten Vergütung von 15.097,19 € hat das Amtsgericht München durch Beschluss am 10.05.2024, zugestellt am 28.05.2024, 11.105,20 € festgesetzt. Es ist dabei gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VBVG von einem Stundensatz von 29,50 € ausgegangen.
3
Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vom 10.06.2024, eingegangen am selben Tag. Sie begehrt die Festsetzung des Stundensatzes auf 39 € gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VBVG. Ihre Ausbildung sei mit einer abgeschlossenen Ausbildung einer Hochschule vergleichbar. Sie habe ein pädagogisches Fachschulstudium in der damaligen DDR in L. von 1988-1991 an der pädagogischen Fachschule für Erzieherinnen absolviert. Entgegen der Ansicht der Bezirksrevisorin sei dies mit einem Fachhochschulstudium vergleichbar. Nach der Wiedervereinigung wurden die Abschlüsse von Fachschulen als Diplom anerkannt, was einem Abschluss an einer heutigen Fachhochschule entsprechen würde.
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Ein entsprechender Nachweis wurde trotz Fristnachlass bis 13.09.2024 nicht eingereicht.
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Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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1. Die zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet.
7
a) Eine dem Hochschulabschluss gleichstehende Ausbildung ergibt sich schon nicht aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin, soweit Sie auf den Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 14.06.1991 Bezug nimmt (https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1991/ 1991_06_14-Erzieherberufe-ehem-DDR.pdf).
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Dieser regelt in Ziffer 1, dass Bewerberinnen, die nach den Rechtsvorschriften der ehemaligen DDR eine „Ausbildung in Erziehungsberufen“ (Hervorhebung durch den Senat) abgeschlossen haben, eine Anerkennung als staatlich anerkannte Erzieherin erhalten können. Dies setzt gemäß Ziffer 3. voraus, dass an einer Anpassungsfortbildung teilgenommen wird. Letzteres hat die Beschwerdeführerin ausweislich der Urkunde der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig, vom 07.12.2010, nachgewiesen.
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Danach ergibt sich, dass es sich vorliegend um eine Ausbildung nebst Weiterqualifizierung gehandelt hat. Eine mit dem Hochschulstudium vergleichbare Ausbildung liegt daher nicht vor.
10
b) Dabei besteht keine Ungleichbehandlung zu aktuellen und westdeutschen Abschlüssen. Die Tätigkeit einer Vormündin oder Ergänzungspflegerin, die über eine fachschulische Ausbildung zur Erzieherin verfügt, wird nach Nummer 1 vergütet (BeckOGK/Bohnert, 1.7.2024, VBVG § 3 Rn. 17). Dem werden die Ausbildungsgänge der DDR gleichgestellt (BeckOGK/Bohnert, 1.7.2024, VBVG § 3 Rn. 18).
11
Nach Nummer 2 können insbesondere Studiengänge, die zum Erwerb einer staatlichen Anerkennung nach dem Sozialberufe-Anerkennungsgesetz führen, vergütet werden. Dies sind nach Art. 1 und 2 BaySozKiPädG in der Regel die Bachelorstudiengänge (BeckOGK/Bohnert, 1.7.2024, VBVG § 3 Rn. 25).
12
c) Die ständige Rechtsprechung des BGH steht hierzu nicht im Widerspruch, sondern ergänzt das bereits gefundene Ergebnis. Danach genügen weder eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilpädagogin an der Rheinischen Fachschule für Heilpädagogik (BGH NJW-RR 2014, 391) noch eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilpädagogin an einer hessischen Fachschule für Heilpädagogik (BGH FamRZ 2020, 448), jeweils nach vorangegangener Berufsausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin.
13
Nachdem der BGH also die Doppelausbildung Erzieherin und anschließend Heilpädagogin nicht für eine Vergütung nach Nummer 2 ausreichen lässt, kann aufgrund der hier vorgelegten Nachweise erst recht nicht von einer entsprechenden Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium ausgegangen werden.
14
Nachdem auch binnen nachgelassener Frist keine anderen Nachweise oder Informationen eingegangen sind, war die Beschwerde zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin ist nach Nr. 1 zu vergüten.
15
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
16
Die Festsetzung des Verfahrenswertes folgt aus § § 40, 35 FamGKG. Dieser folgt aus der Differenz zwischen der beantragten und der gewährten Vergütung.
17
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 70 FamFG. Denn vorliegend handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die keine über den Fall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung hat. Der Senat weicht in seiner Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ab.