Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 11.03.2024 – 2 UF 37/24 e
Titel:

Keine Beteiligtenstellung des Ergänzungspflegers in Verfahren der elterlichen Sorge

Normenketten:
FamFG § 7 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 59 Abs. 1, § 162 Abs. 2
SGB VIII § 55
BGB § 1666
Leitsätze:
1. Durch die Anordnung der Ergänzungspflegschaft wird das Jugendamt ebenso wie durch deren Ablehnung nicht in eigenen Rechten betroffen. Das Jugendamt ist daher in diesen Verfahren kein Beteiligter iSv § 7 Abs. 2 FamFG. (Rn. 3 – 5)
2. Eine förmliche Beteiligung eines mit der Führung der Ergänzungspflegschaft (oder Vormundschaft) gem. § 55 SGB VIII Beauftragten in eigener Person – also unabhängig vom bestellten Ergänzungspfleger (oder Vormund) – in einem Kindschaftsverfahren der elterlichen Sorge kommt nicht in Betracht. (Rn. 7)
1. Ein Ergänzungspfleger, der in einem Verfahren der elterlichen Sorge vom Gericht beauftragt wurde, ist in dem Beschwerdeverfahren, mit dem die Eltern jeweils den Teilentzug ihrer Rechte anfechten, kein Beteiligter iSv § 7 Abs. 2 FamFG, weil er nicht in eigenen Rechten verletzt ist. (Rn. 3 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. In einem Kindschaftsverfahren der elterlichen Sorge kommt eine förmliche Beteiligung eines mit der Führung der Ergänzungspflegschaft (oder Vormundschaft) gem. § 55 SGB VIII Beauftragten in eigener Person – also unabhängig vom bestellten Ergänzungspfleger (oder Vormund) – nicht in Betracht. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(keine) Beteiligtenstellung des Ergänzungspflegers in Verfahren der elterlichen Sorge gem. § 1666 BGB, Teilentzug elterlicher Sorge, Kindschaftsverfahren, Beteiligtenstellung, Ergänzungspflegschaft
Vorinstanz:
AG Obernburg, Beschluss vom 16.01.2024 – 1 F 487/23
Fundstellen:
RPfleger 2024, 330
FamRZ 2024, 1049
BeckRS 2024, 4763
NJW-RR 2024, 814
LSK 2024, 4763

Tenor

Der Antrag des Ergänzungspflegers auf Hinzuziehung als Beteiligter wird zurückgewiesen.

Gründe

1
Mit Beschluss vom 16.01.2024, berichtigt durch Beschluss vom 17.01.2024, hat das Familiengericht der Kindsmutter und dem Kindsvater Teilbereiche der elterlichen Sorge entzogen, Ergänzungspflegschaft angeordnet und das Landratsamt … – Amt für Jugend und Familie – zum Ergänzungspfleger unter Übertragung der entzogenen Teilbereiche der elterlichen Sorge bestimmt. Sowohl Kindsmutter als auch Kindsvater wenden sich mit jeweils eingelegter Beschwerde gegen den Teilentzug ihrer Rechte.
2
Mit Schreiben vom 8.03.2024 begehrt die mit der Führung der Ergänzungspflegschaft beauftragte Mitarbeiterin des Jugendamtes beim Landratsamt … die Beiziehung als Verfahrensbeteiligte und zwar in eigener Person und „unabhängig vom Jugendamt“.
3
Der Antrag auf Hinzuziehung als Beteiligter ist gem. § 7 Abs. 5 S. 1 FamFG zurückzuweisen, da der Ergänzungspfleger in dem hier anhängigen Verfahren kein Beteiligter iSv § 7 Abs. 2 FamFG ist.
4
Nachdem ein Fall des § 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ersichtlich nicht vorliegt, da das Jugendamt … insoweit nicht in seiner Funktion als Jugendamt tätig wird, in der es nach § 162 Abs. 2 FamFG zu beteiligen wäre, sondern als Ergänzungspfleger und damit in der Funktion als gesetzlicher Vertreter des Betroffenen im Umfang seiner Bestellung, kommt es für seine Beteiligtenstellung darauf an, ob sein Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG).
5
Dafür wird an den materiellen Beteiligtenbegriff angeknüpft, sodass die Voraussetzungen inhaltlich den Voraussetzungen für die Beschwerdeberechtigung in § 59 Abs. 1 FamFG entsprechen. Es müsste der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Ergänzungspfleger zustehendes Recht eingreifen, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist. Denn durch die Anordnung der Ergänzungspflegschaft wird das Jugendamt ebenso wie durch deren Ablehnung nicht in eigenen Rechten betroffen. Aus der Anordnung der Ergänzungspflegschaft ergeben sich für das Jugendamt für sich genommen noch keine Rechtswirkungen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – XII ZB 293/11 –, juris; Beschluss vom 28. September 2016 – XII ZB 251/16 –, juris).
6
Ungeachtet dessen ist weiterhin das Jugendamt … als gesetzlicher Vertreter des Betroffenen zu führen (nunmehr unter dem mitgeteilten Aktenzeichen …), da die den Antrag zeichnende Mitarbeiterin lediglich aufgrund einer behördeninternen Zuweisung (§ 55 Abs. 2 SGB VIII) die Aufgaben des Pflegers ausübt, das Jugendamt aber selbst Vormund/Ergänzungspfleger und gesetzlicher Vertreter bleibt (Schulte-Bunert in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 1774 BGB, Rn. 6).
7
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund des Vorstehenden eine förmliche Beteiligung eines mit der Führung der Ergänzungspflegschaft (oder Vormundschaft) gem. § 55 SGB VIII Beauftragten in eigener Person – also unabhängig vom bestellten Ergänzungspfleger (oder Vormund) – in einem Kindschaftsverfahren der elterlichen Sorge von vornherein nicht in Betracht kommt.
8
Hiervon zu trennen ist schließlich der Umstand, dass der Ergänzungspfleger (oder Vormund) seine Aufgaben als gesetzlicher Vertreter des Kindes in Abgrenzung zu den (allg.) Aufgaben des Jugendamtes im Verfahren wahrzunehmen hat.
9
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. §§ 7 Abs. 5 S. 2 FamFG, 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO sind nicht ersichtlich. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.