Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 19.01.2024 – 14 S 881/23 WEG
Titel:

Wohnungseigentümergemeinschaft, Einzelner Wohnungseigentümer, Anderer Wohnungseigentümer, Wohnungseigentümerbeschluß, Übrige Wohnungseigentümer, Unbilligkeit, Bauliche Veränderung, Ordnungsmäßige Verwaltung, Beschlußfassung, Gestattungsbeschluss, Darlegungs- und Beweislast, Eigentümerversammlung, Abwehranspruch, Beschlussanfechtungsklage, Treuwidrigkeit, Benachteiligung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Informationsgrundlagen, Erheblichkeitsschwelle, Angefochtener Beschluss

Schlagworte:
Beschlussanfechtung, unbillige Benachteiligung, bauliche Veränderung, Geräuschemissionen, ordnungsmäßige Verwaltung, Informationsgrundlage, Sonderopfer
Vorinstanz:
AG Nürnberg, Urteil vom 13.01.2023 – 244 C 3212/22 WEG
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 47343

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 13.01.2023, Az. 244 C 3212/22 WEG, aufgehoben und der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 7 (Antrag: 101) der Eigentümerversammlung vom 22.06.2022 der Wohnungseigentümergemeinschaft... Flr.Nr.: 727 (u. anteilig 728/2 … 717/2) Gemarkung ..., für ungültig erklärt.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren sowie für das Berufungsverfahren auf 9.502,21 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

A.
1
Die zulässige Berufung der Kläger ist begründet.
I.
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Mit Endurteil vom 13.01.2023, Az. 244 C 3212/22 WEG, wies das Amtsgericht Nürnberg die Beschlussanfechtungsklage gegen den zu TOP 7 in der Eigentümerversammlung vom 22.06.2022 gefassten Beschluss als unbegründet ab.
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Auf dessen tatsächliche Feststellungen wird umfassend Bezug genommen; ergänzend ist folgender unstreitiger Vortrag zugrunde zu legen: Die genehmigte Klimaanlage kann sowohl nach dem Beschlusstext als auch nach dem in Bezug genommenen Angebot im Volllastbetrieb Geräuschemissionen in einer Lautstärke von 51 db verursachen und darf diesen Wert nur nicht überschreiten. Der Wert von 51 db wird in 1,5 m Entfernung von der Schallquelle, also der Klimaanlage, gemessen und nimmt bei Verdoppelung des Abstands um 6 db ab. Die Distanz zwischen der Klimaanlage und dem darüberliegenden Balkon der Kläger beträgt maximal 4 m. Die Kläger behaupten zur Distanz, dass diese 3 bis 4 m betrage.
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Das Urteil wurde den Klägern am 20.01.2023 zugestellt. Mit ihrer Berufung vom 14.02.2023, eingegangen beim Landgericht Nürnberg-Fürth am selben Tag, wenden sich die Kläger gegen diese Klageabweisung. Die Berufung wurde innerhalb der verlängerten Frist zur Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 04.04.2023, eingegangen beim Landgericht Nürnberg-Fürth am selben Tag, begründet.
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1. Zur Klageabweisung betreffend den zu TOP 7 gefassten Beschluss, mit dem einem Wohnungseigentümer die Installation einer Klimasplitanlage gestattet wurde, führte das Amtsgericht aus, dass der Beschluss weder nichtig sei noch ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche.
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Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer ergebe sich aus § 20 Abs. 1 WEG. § 20 Abs. 4 WEG stehe diesem Gestattungsbeschluss nicht entgegen. Durch die Montage der Klimaanlage an der Außenseite des Gebäudes finde keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage statt. Es liege auch keine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers vor. Es komme allenfalls eine optische Beeinträchtigung in Betracht. Die Kläger könnten die Klimaanlage nur sehen, wenn sie auf ihrem Balkon stehend nach unten schauten, was jedoch nicht die übliche Nutzung eines Balkons sei. Beeinträchtigungen durch den Betrieb der Klimaanlage hingen von der Intensität und dem Umfang der Nutzung ab. Diese stünden jedoch noch nicht fest. Die Befürchtung möglicher Beeinträchtigungen sei jedoch nicht ausreichend, um eine unbillige Benachteiligung anzunehmen. Die Kläger seien auf Unterlassungs- und Störungsabwehransprüche zu verweisen.
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Mangels Beeinträchtigung des Sondernutzungsrechts der Kläger stünden auch die Regelungen in § 3 der Teilungserklärung nicht entgegen. Nach § 3 b der Teilungserklärung habe die Mehrheit der Wohnungseigentümer die bestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Klägern und dem weiteren Wohnungseigentümer entscheiden können.
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2. Mit der Berufungsbegründung tragen die Kläger unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen ergänzend und vertiefend zur von ihnen angenommenen unbilligen Benachteiligung im Sinne des § 20 Abs. 4 WEG vor, dass im Beschluss die konkret zulässige Nutzung nicht näher geregelt worden sei und eine Verlagerung der Prüfung einer Beeinträchtigung in einen Unterlassungsrechtsstreit nicht dem Sinn und Zweck des § 20 Abs. 4 WEG entspreche. Ein Schalldruckpegel von 51 db in Volllast sei in dem Beschluss bereits genehmigt worden, weshalb auch die angebotene sachverständige Überprüfung möglich gewesen wäre. Unter Verweis auf zwei Entscheidungen des AG Hamburg (24.09.2021, 980 C 46/19) und LG Frankfurt a.M. (20.04.2021, 2-13 S 133/20) meinen die Kläger, dass die Benachteiligung bereits bei der Prüfung des Gestattungsbeschlusses zu prüfen sei. Die Nutzung, die das Amtsgericht nicht in die Prüfung einbezogen habe, führe per se zu Beeinträchtigungen.
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Die Klimaanlage könnte auch an einer weniger störenden Stelle angebaut werden. Die Wohnungseigentümer hätten vor der Beschlussfassung auch keine Vorüberlegungen zu späteren Beeinträchtigungen, einem anderen Montageort und zur Lärmentwicklung angestellt. Es fehle auch an einer ausreichenden Vorbefassung. Der Beschluss sei zudem zu unbestimmt. Wann und wie oft der Betrieb in Volllast zulässig sei, sei nicht geregelt worden.
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Die Kläger und Berufungskläger beantragen,
1. Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg, Az. 244 C 3212/22 WEG, verkündet am 13.01.2023, wird aufgehoben.
2. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 7 (Antrag: 101) der Eigentümerversammlung vom 22.06.2022 der Wohnungseigentümergemeinschaft ... Flr.Nr.: 727 (u. Anteilig 728/2 … 717/2)) Gemarkung ... mit dem Wortlaut:
(…, siehe Bl. 101 Rs.)
wird für ungültig erklärt.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass der in der Eigentümerversammlung vom 22.06.2022 der Wohnungseigentümergemeinschaft ..., Flr.Nr.: 727 (u. Anteilig 728/2 … 717/2)) ... gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 7 nichtig ist.
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Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt
Zurückweisung der Berufung.
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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Mit der Berufungserwiderung trägt die Beklagte unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen ergänzend und vertiefend zur unbilligen Benachteiligung der Kläger nach § 20 Abs. 4 WEG vor, dass das Amtsgericht zu Recht angenommen habe, dass Installation und Betrieb der Klimaanlage nicht zu einer unbilligen Benachteiligung der Kläger führe. Bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung müsste das Sonderopfer feststehen, befürchtete Beeinträchtigungen reichten nicht aus. Eine vorbeugende Unterlassung könne nicht ausgesprochen werden. Die Kläger behaupteten ein Überschreiten der Grenzwerte der TA Lärm und TA Luft nicht substantiiert. Wegen des sich mit zunehmendem Abstand zur Quelle verringernden Schalldruckpegels könne der Wert von 51 db bei der Beurteilung nicht herangezogen werden. Die von den Klägern angeführten Gerichtsentscheidungen seien nicht einschlägig, da die Entscheidung des AG Hamburg die frühere Rechtslage und diejenige des LG Frankfurt a.M. eine Beschlussersetzungsklage zum Gegenstand hätten. Emissionen seien nicht per se geeignet, eine unbillige Benachteiligung zu begründen. Zu konkreten Beeinträchtigungen im Einzelfall fehle es an substantiiertem Vortrag. Eine Vorbefassung der Wohnungseigentümer sei erfolgt; die Kläger würden das Gebot der Vorbefassung missverstehen. Dass der Beschluss nicht ausreichend bestimmt sei, sei ein Einwand, der erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen worden und damit präkludiert sei.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
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Die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte, nach §§ 517, 519, 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Kläger ist zulässig.
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Die Berufung ist auch begründet, da der angefochtene Beschluss, mit dem eine bauliche Veränderung gestattet wurde, ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, da die Informationsgrundlage der Wohnungseigentümer angesichts konkret absehbarer Beeinträchtigungen, die naheliegend zu einer unbilligen Benachteiligung im Sinne des § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG führen könnten, nicht ausreichend war.
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Ob die Kläger gegenüber anderen Wohnungseigentümern im Sinne des § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG tatsächlich unbillig benachteiligt sind und der Beschluss deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, liegt nicht fern, kann aber im Ergebnis offenbleiben.
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1. Der angefochtene Beschluss ist an § 20 Abs. 4 WEG sowie an den allgemeinen Anforderungen, die der Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung an Beschlüsse stellt, zu messen. Die Wohnungseigentümer haben einen die bauliche Veränderung gestattenden Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG gefasst.
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2. Die Kammer ist der Auffassung, dass der konkrete Beschluss nicht ausreichend vorbereitet war, weil bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung konkrete erhebliche Beeinträchtigungen durch Schallemissionen prüfbar waren, diese jedoch nicht näher ermittelt und erörtert wurden. Dass eine unbillige Benachteiligung im Sinne des § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG naheliegt, war greifbar, weshalb diese Informationen auch hätten eingeholt werden können und müssen.
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a) Nach Auffassung der Kammer liegt hier ein die bauliche Veränderung abschließend genehmigender Gestattungsbeschluss vor.
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Im Idealfall sollte jede Beschlussfassung den Umfang der „Gestattung“ möglichst genau bestimmen, d.h. im Wege objektiver Auslegung des Beschlussinhalts muss die bauliche Veränderung als neue „Sollzustandsbestimmung“ des Gemeinschaftseigentums hinreichend klar umschrieben sein. Das geschieht bei einer konkreten Gestattung vor Bauausführung am besten durch Bezugnahme auf Skizzen/Baupläne oder auch ein entsprechend aussagekräftiges Angebot oder Leistungsverzeichnis, die dann als Anlage zum Beschluss natürlich auch in die Beschlusssammlung gehören und so für die Zukunft eindeutig und klar den Sollzustand der Anlage bestimmen. Allerdings muss die Bauausführung im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht konkret geplant sein, so dass auch im Vorfeld rein „vorsorglich“ gestattet werden kann (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 124).
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Ein solcher Gestattungsbeschluss liegt vor, da die Wohnungseigentümer auf der Grundlage eines konkreten Angebots unter Angabe des Installationsortes dem Wohnungseigentümer gestattet haben, die Klimaanlage zu installieren.
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b) Der angefochtene Beschluss berücksichtigt jedoch als Gestattungsbeschluss nicht, dass die genehmigte bauliche Veränderung auf Grundlage des Angebotes die Kläger gegenüber anderen Wohnungseigentümern naheliegend im Sinne des § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG unbillig benachteiligen könnte. Die von den Wohnungseigentümern und insbesondere von dem Wohnungseigentümer, dem die bauliche Veränderung als einzigem zugute kommen würde, geschaffene Informationsgrundlage für eine ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Entscheidung war unzureichend.
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Zwar teilt die Kammer die Auffassung des Amtsgerichts uneingeschränkt dahin, dass eine grundlegende Umgestaltung nach § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG nicht im Raum stand und steht. Eine unbillige Benachteiligung nach § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG steht aber bereits auf Grundlage des vorgelegten Angebots greifbar im Raum, weshalb vor einer gestattenden Beschlussfassung weitere Informationen einzuholen gewesen wären, insbesondere dazu, in welcher Lautstärke Schallemissionen auf dem Balkon der Kläger wahrnehmbar sein werden und wie oft die Anlage in Volllast laufen wird.
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aa) Bei einem Gestattungsbeschluss sind die Bestimmtheitsanforderungen zu wahren und neben der Beachtung des § 20 Abs. 4 WEG die allgemeinen Grenzen der ordnungsmäßigen Verwaltung und jeder Beschlussfassung zu beachten (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 153, 130).
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Allgemein entsprechen Wohnungseigentümerbeschlüsse nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer über eine hinreichende Informationsgrundlage für die Beschlussfassung verfügen. Welche Informationen bei einer Beschlussfassung daher vorliegen müssen, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Grundsätzlich müssen die Wohnungseigentümer sich vor der Beschlussfassung ein Bild machen können, zu welcher Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums eine bauliche Veränderung führen wird. Dies gilt nicht nur, um einschätzen zu können, ob es sich um eine privilegierte Maßnahme i.S.v. § 20 Abs. 2 S. 1 WEG handelt, ob von der baulichen Veränderung Beeinträchtigungen i.S.v. § 20 Abs. 3 WEG ausgehen, oder ob die absolute Grenze eines solchen Beschlusses nach § 20 Abs. 4 WEG erreicht sein könnte. Denn bei einer Beschlussfassung nach § 20 Abs. 1 WEG steht den Wohnungseigentümern grundsätzlich ein weites Ermessen zu, ob sie für eine bauliche Veränderung stimmen oder nicht. Es ist eine Entscheidung der Wohnungseigentümer, ob und inwieweit das gemeinschaftliche Eigentum ihrer Anlage baulich verändert wird oder nicht. Dieses Ermessen wird nur durch § 20 Abs. 2 S. 1 WEG hinsichtlich des „ob“ einer privilegierten Maßnahme und durch die absoluten Grenzen in § 20 Abs. 4 WEG begrenzt. Um dieses Ermessen entsprechend dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung ausüben zu können, bedarf es einer hinreichenden Entscheidungsgrundlage im jeweiligen Einzelfall (BeckOGK, Stand 01.12.2023, § 20 WEG Rn. 130).
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Eine „Gestattung“ wird eine Klärung der tatsächlichen Grundlagen für die hier von den Wohnungseigentümern zu treffende Ermessensentscheidung erfordern. Den Wohnungseigentümern müssen also stets die wesentlichen Informationen zu Voraussetzungen und Folgen einer Maßnahme und damit die wesentlichen Tatsachengrundlagen für ihre Entscheidung über „Ob“ und „Wie“ einer „Gestattung“ ausreichend früh vor der Eigentümerversammlung (idealerweise schon mit der Ladung) in verständlicher Form aufbereitet werden; sonst führt allein dies – ebenso wie die fehlende Auseinandersetzung damit – zur Anfechtbarkeit. Der Gedanke ist – wie auch § 243 Abs. 4 AktG zeigt – ein allgemeiner verbandsrechtlicher Rechtsgrundsatz (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 131 und § 18 Rn. 67T).
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bb) Die Kammer ist der Auffassung, dass die Kläger im Sinne des § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG unbillig benachteiligt sein könnten. Es stehen keine bloßen vagen Befürchtungen im Raum, sondern schon wegen der im Volllastbetrieb zu erwartenden Lärmemissionen konkrete Beeinträchtigungen, die vor der Beschlussfassung näher zu beleuchten gewesen wären. Nach den soeben dargestellten Maßgaben war die Informationsgrundlage nicht ausreichend, weshalb der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht.
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(1) Im Ansatz richtig nimmt das Amtsgericht an, dass die bloße Befürchtung möglicher Beeinträchtigungen nicht ausreichend ist, um eine unbillige Benachteiligung anzunehmen, und dass es Konstellationen gibt, in denen Wohnungseigentümer auf spätere Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche verwiesen werden können.
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Eine solche Konstellation liegt jedoch hinsichtlich bereits konkret bekannter Lärmemissionen bei der gestatteten Klimaanlage nach Auffassung der Kammer nicht vor.
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(a) Probleme, die (nur) aus Art und Weise der „Durchführung“ und/oder gar des späteren Betriebs neuer Bauteile resultieren, können Abwehransprüche nach § 14 WEG bzw. § 1004 BGB begründen. Bestehen gegen eine Beschlussfassung über die Anbringung von Photovoltaikpanels abstrakt etwa keine Bedenken, führt jedoch die konkrete Anbringung zu Spiegelungen/Lichtbündelungen in der Form, dass der ehemalige Beiratsvorsitzende in seinem Wohnzimmer Marienerscheinungen zu haben glaubt, ist das keine Frage (jedenfalls nur) des § 20 Abs. 4 WEG – mit der Folge, dass mit der Bestandskraft (§ 45) des Baubeschlusses grundsätzlich keine Abwehr gegen diese Störungen mehr möglich wäre –, sondern es besteht selbst nach Bestandskraft des „Baubeschlusses“ natürlich (auch) ein Abwehranspruch (nur) gegen die störende Lichtimmission über § 14 bzw. § 1004 BGB. Sieht man das so, stellen sich auch keine – sonst unumgänglichen – Fragen der Wiedereinsetzung (§ 45) mit Blick auf beim Baubeschluss u.U. noch nicht erkennbare „Kollateralschäden“ der an sich geschuldeten Maßnahme und/oder der Frage nach einem Anspruch auf abändernden Zweitbeschluss (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 374)
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Gerade mit einer baulichen Veränderung untrennbar verbundene Folgen (Verschattungen, Zugangserschwerungen, Emissionen) sollen und können aber durchaus zur Anwendung des § 20 Abs. 4 WEG führen, und zwar bereits bei Fassung des Gestattungsbeschlusses (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 373). Wird eine bauliche Maßnahme gestattet und kommt es später zu Störungen durch den Betrieb, ist der Widerruf der „Gestattung“ regelmäßig nicht ohne weiteres ordnungsgemäß, zumal statt Rückbau auch Unterlassung besonders lästiger Emissionen verlangt werden kann. Das gilt insbesondere, wenn man sich das vorbehalten hat; dann kann auch kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 142) .
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(b) Dötsch beleuchtet im Kommentar zum WEG von Bärmann gerade die Problematik bei Klimaanlagen ausführlich. Dunkel ist, ob die Gemeinschaft auch eine möglicherweise später störende Maßnahme wie den Einbau eines Klimageräts mehr oder weniger pauschal gestatten und sich dann nur vorbehalten darf, später etwaige Störungen aus dem Betrieb durch nachträgliche Gebrauchsregelungen etc. zu regeln und/oder man sich dazu Ansprüche aus § 14 WEG vorbehält, weil etwa zum Zeitpunkt der Beschlussfassung die konkreten Auswirkungen auf die umliegenden Wohnungen „naturgemäß“ nicht bekannt seien und wegen der Vielzahl von Faktoren die für die Fragen der Lärmübertragung und Bildung eines Wärmestaus relevant seien, nicht prognostiziert werden könnten. Damit würde man die Emissionsfragen bewusst „ausklammern“ und erst mal ins Blaue hinein bauen lassen; ob das ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, kann man in Frage stellen. Denn hätte man – wie aus Bestimmtheitsgründen eigentlich geboten – genau geregelt, was wie gestattet und wo welche Anlage wie verbaut wird, hätte man die Frage, ob damit nicht störende Emissionen etc. verbunden sind, schon jetzt – natürlich nur mit sachverständiger Hilfe – klären können und müssen, was man nun in ein Folgeverfahren verlagert. Dort wird es aber natürlich einfacher, weil die Anlage dann läuft und man u.U. in einem Ortstermin durch Augenschein („Ohrenschein“) etwa auch eine besondere „Lästigkeit“ von Emissionen leicht feststellen kann, was dann für einen Abwehranspruch gegen die Emission genügen würde, aber keinen Rückbauanspruch begründet. Bedacht werden muss auch, dass man die Darlegungs- und Beweislast dann in der Regel auf den Gestörten verlagern wird, während zumindest im Rahmen des § 20 Abs. 3 sonst der Verlangende die fehlende Beeinträchtigung beweisen muss (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 135). Geht es allerdings um eine Beschlussmängelklage gegen einen Beschluss i.S.d. § 20 Abs. 1 WEG, muss der klagende Wohnungseigentümer alle tatbestandlichen Voraussetzungen des § 20 Abs. 4 WEG als die Anfechtungsklage tragende Schranke darlegen und beweisen (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 380). (c)
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Die Kammer ist der Auffassung, dass die von Dötsch aufgeworfene Frage dahin zu beantworten ist, dass bereits vor Fassung eines Gestattungsbeschlusses über eine Split-Klimaanlage mit Außeneinheit Fragen der Geräuschemissionen im Sinne des gemäß der TA Lärm messbaren Schalldrucks zu klären sind. Zu Recht nimmt Dötsch an, dass nach Festlegung des Installationsortes sachverständig beraten ermittelt werden kann, welche derartigen Emissionen in welcher Lautstärke in der Umgebung entstehen werden, ob diese „störend“ sind und ob diese z.B. geltende Grenzwerte überschreiten.
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Ein Verweis auf spätere Abwehransprüche über § 14 WEG bzw. § 1004 BGB liegt in einer solchen Konstellation nämlich weder im Interesse der beeinträchtigten Wohnungseigentümer noch im Interesse derjenigen Wohnungseigentümer, die eine bauliche Veränderung gestattet bekommen, diese sodann ausführen und letztlich auf eine Beseitigungs- oder Unterlassungsklage nach § 1004 BGB hin wieder – mit zusätzlichen Kosten – rückbauen oder umgestalten müssen. Vielmehr liegt es im allseitigen Interesse, bereits bekannte und prüfbare Auswirkungen vor der Beschlussfassung prüfen zu lassen und in die Entscheidung einzubeziehen.
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Denn aus dem Angebot und den darin enthaltenen Dezibel-Angaben zum Schalldruck bei Volllastbetrieb war zumindest zu entnehmen, dass 51 db erreicht werden können. In welcher Lautstärke Geräuschemissionen im Volllastbetrieb auf dem Balkon der Kläger ankommen, hätte von den Wohnungseigentümern – ggf. mit sachverständiger Hilfe oder wenigstens durch Befragung des Angebotserstellers – ermittelt werden können, weil die Entfernung zwischen dem Installationsort und dem Balkon einfach hätte gemessen werden können.
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Die Kammer hat bei der Entscheidung auch berücksichtigt, dass die Darlegungs- und Beweislast in der hiesigen Konstellation einer Beschlussanfechtungsklage gegen den Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG hinsichtlich § 20 Abs. 4 WEG bei den Klägern liegt. Anders als bei einer Beschlussersetzungsklage über § 20 Abs. 3 WEG ergibt sich in der hiesigen Konstellation keine Beweislastverlagerung zugunsten der Kläger; vielmehr haben die Kläger ohnehin die volle Darlegungs- und Beweislast.
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Schließlich ist es so, dass die Wohnungseigentümer im angefochtenen Beschluss gerade keinen Vorbehalt dahin aufgenommen haben, dass später etwaige Störungen aus dem Betrieb geregelt werden bzw. Ansprüche aus § 14 WEG vorbehalten bleiben. Im Gegenteil haben die Wohnungseigentümer – ohne jede Einschränkung – beschlossen: „Die Anlage darf eine Geräuschentwicklung von 51 Dezibel in Volllast nicht überschreiten.“ Damit haben sie gerade ohne jede Einschränkung einen durchgehenden Betrieb in Volllast genehmigt und damit auch eine dauerhafte Schallemission von 51 db, ohne die Auswirkungen prüfen zu lassen.
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(2) Die Kammer ist der Auffassung, dass die Kläger als Sondereigentümer der Wohnung, deren Balkon sich unstreitig jedenfalls maximal 4 m entfernt von dem genehmigten Außengerät der Splitklimaanlage befindet, durch die bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG in der konkret genehmigten Form konkret und naheliegend unbillig benachteiligt werden können. Die Kläger haben zu der baulichen Veränderung kein Einverständnis erklärt.
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(a) Voraussetzung einer „unbilligen Benachteiligung“ ist, dass dem betroffenen Wohnungseigentümer „Nachteile“ zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten „Vorteilen“ einem verständigen Wohnungseigentümer nicht abverlangt werden dürfen. Dabei muss – wie auch bisher – richtigerweise die bauliche Veränderung zu einer „treuwidrigen Ungleichbehandlung“ (= „Sonderopfer“) führen, indem Nachteile einem oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden als den übrigen Wohnungseigentümern. Da man den Begriff unverändert fortschreiben wollte, geht es entgegen teilweise vertretener Einschätzung nicht nur um eine allgemeine Abwägung der Vor- und Nachteile und eine „Erheblichkeitsschwelle“, sondern es werden – wie schon bisher – nur treuwidrige „Sonderopfer“ einzelner Wohnungseigentümer ausgesteuert. Nachteile, die alle Wohnungseigentümer gleichförmig treffen, können daher allenfalls über die Fallgruppe der „grundlegenden Umgestaltung“ erfasst werden, nicht aber (ggf. auch) hier. Bei der Frage der Unbilligkeit sind im Lichte des Art. 3 Abs. 3 GG insbesondere auch die Belange behinderter Wohnungseigentümer zu berücksichtigen. Gesichert ist zudem, dass der Begriff erheblich enger auszulegen ist als derjenige der Benachteiligung in § 20 Abs. 3 WEG (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 370).
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Die praktische Anwendung dieser Prämissen ist dann schwieriger, wenn es um Gestattungen/Maßnahmen im Individualinteresse geht und den anderen Wohnungseigentümern keine „Vorteile“ zukommen; jede Abwägung würde hier schnell zu Ende sein. „Unbilligkeit“ meint daher hier mehr als eine „Unangemessenheit“ und es muss stets – auch wenn das nicht klar im Gesetz zum Ausdruck kommt – eine Erheblichkeitsschwelle mit einer verschärften Verhältnismäßigkeitskontrolle überschritten sein. „Unerhebliche“ Nachteile („Sonderopfer“) bleiben daher auch dann irrelevant, wenn der Betroffene selbst keinerlei „Vorteile“ in die Abwägung einzustellen hat. Es geht auch ausdrücklich bei § 20 Abs. 4 nicht um eine generelle Kosten-NutzenAnalyse. Bei der Bildung der Vergleichsgruppen ist eine wertende „durchschnittliche (= typisierende) Betrachtung aller Wohnungseigentümer“ als objektiver Vergleichsmaßstab erforderlich (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 371 f.).
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Gerade mit einer baulichen Veränderung untrennbar verbundene Folgen (Verschattungen, Zugangserschwerungen, Emissionen) sollen und können durchaus zur Anwendung des § 20 Abs. 4 WEG führen, wie z.B. eine unzumutbare Lärmbelastung (nur) in einer Einheit durch ein Klimagerät (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 373, 379). Bei der Frage nach einer „Unbilligkeit“ wird man unter Umständen vorsichtig mitbeschlossene „Kompensationsversuche“ in die Bewertung einzustellen haben (etwa Lärmschutzfenster), ggf. auch sogar einen sonstigen finanziellen „Ausgleich“, wobei man jedenfalls damit zurückhaltend verfahren sollte, weil vermögende Bauwillige sich nicht etwa „freikaufen“ können dürfen gegen den Willen der Beeinträchtigten (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 376).
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(b) Nach diesen Maßstäben lag und liegt eine unbillige Benachteiligung der Kläger derart nahe, dass die Wohnungseigentümer sich weitere Informationen zur Lärmbelastung hätten beschaffen müssen.
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(aa) Von der baulichen Veränderung sind nicht alle Wohnungseigentümer in der Wohnanlage gleichermaßen betroffen, sondern neben dem Wohnungseigentümer, dem die Klimaanlage genehmigt wurde, nur die Kläger.
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Denn das konkrete Gebäude besteht nur aus den zwei übereinanderliegenden Wohnungen der Kläger im 1. Obergeschoss und des Eigentümers der Wohnung im Erdgeschoss, dem die Klimaanlage genehmigt wurde.
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Diese besondere Konstellation führt nach der Gesetzeslage zu der aus Sicht der Kammer wenig befriedigenden Rechtslage, dass der die Gestattung erstrebende Wohnungseigentümer mit Unterstützung derjenigen Wohnungseigentümer, die von der baulichen Veränderung überhaupt nicht betroffen sind, durch Überstimmen der Kläger in Form eines Mehrheitsbeschlusses die Kläger in die für sie sowohl hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast als auch der materiellen Anforderungen für eine Verhinderung der baulichen Veränderung ungünstigere Situation des § 20 Abs. 4 WEG bringen können. Hätten die nicht betroffenen Wohnungseigentümer keinen Mehrheitsbeschluss gefasst, müsste der die Gestattung erstrebende Wohnungseigentümer seinen Anspruch mit voller Darlegungs- und Beweislast nach § 20 Abs. 3 WEG geltend machen. Letztlich kommt es auf diese Problematik hier nicht an, weil die Kammer nicht nur eine Beeinträchtigung, wie sie § 20 Abs. 3 WEG beschreibt, für naheliegend hält, sondern auch eine unbillige Benachteiligung im Sinne von § 20 Abs. 4 WEG.
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(bb) Die ausschließliche Beeinträchtigung der Kläger im Vergleich zu allen anderen Wohnungseigentümern lässt eine treuwidrige Ungleichbehandlung und damit ein unverhältnismäßiges Sonderopfer als naheliegend erscheinen. Damit lag und liegt eine unbillige Benachteiligung im Sinne des § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG nahe.
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Der einzige Eigentümer, der einen Nutzen aus der gestatteten Klimaanlage zieht, ist der Wohnungseigentümer der Erdgeschosswohnung. Dieser Umstand alleine führt jedoch nicht zu einer unbilligen Benachteiligung, da es darum geht, ob das Sonderopfer auch eine Erheblichkeitsschwelle mit einer verschärften Verhältnismäßigkeitskontrolle überschreitet, oder ob nur unerhebliche Nachteile vorliegen.
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Nach Auffassung der Kammer liegen hier aber erhebliche Nachteile nahe, die unverhältnismäßig und damit unbillig sein können.
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Bisher war eine vergleichbare Geräuscheinwirkung auf den Balkon der Kläger nicht zu erwarten. Kompensationsversuche finanzieller oder sonstiger Art sind im Beschluss nicht vorgesehen, weshalb solche auch nicht zu berücksichtigen sind.
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Als wichtiger Aspekt ist insoweit zu berücksichtigen, dass dem Betrieb keinerlei Grenzen hinsichtlich des Volllastbetriebes gesetzt werden sollten und wurden, weshalb im Umkehrschluss die Genehmigung dahin zu verstehen ist, dass ein Betrieb bei Volllast rund um die Uhr zulässig ist.
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Unstreitig ist zwischen den Parteien jedenfalls, dass die Anlage bei Volllast in einer Entfernung von 1,5 m einen Schalldruckpegel von 51 db verursachen kann. Unstreitig ist weiter, dass bei jeder Verdoppelung der Entfernung dieser Pegel um 6 db abnimmt und dass zwischen dem Außenteil der Klimaanlage und dem Balkon der Kläger eine Entfernung von maximal 4 m liegt. Das bedeutet, dass bei einer Entfernung von 3 m zum Außenteil der Klimaanlage 45 db anzunehmen wären und bei einer Entfernung von 6 m noch 39 db. Bei weiteren 2,5 m Entfernung bzw. 4 m Entfernung zum Außenteil würden daher immer noch Werte von über 40 db erreicht werden. Angesichts der Regelung im Beschluss wären diese Werte auch nachts durchgehend gestattet. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die TA Lärm in reinen Wohngebieten nachts einen Richtwert von 35 db und in allgemeinen Wohngebieten nachts einen Richtwert von 40 db vorsieht, die jeweils überschritten würden. Bei einem Mischgebiet läge der Richtwert bei 45 db. Die Wohnungseigentümer hätten daher zu diesem Aspekt nähere Informationen einholen müssen.
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Ein wesentlicher Aspekt ist schließlich, dass die Beklagte in der Klageerwiderung zwar – von den Klägern bestritten – vorgetragen hat, dass eine Montage an von den Klägern alternativ vorgeschlagenen Stellen technisch schon gar nicht durchführbar sei. Dieser Vortrag erfolgte allerdings unter der ausdrücklichen Prämisse (S. 6 der Klageerwiderung, Bl. 37), dass das Klimagerät der Kühlung des Wohn- und Esszimmers der Erdgeschosswohnung dienen solle. Diese Entscheidung des Wohnungseigentümers der Erdgeschosswohnung ist jedoch nicht zwingend so hinzunehmen. Wenn die Kläger sich mit alternativen Montageorten einverstanden erklären und der Wohnungseigentümer, der die Gestattung der Klimaanlage erstrebt, mit einem solchen alternativen Montageort zufrieden ist, dann ist in der Erklärung der Kläger ein Einverständnis im Sinne des § 20 Abs. 3 WEG bzw. auch des § 20 Abs. 4 WEG zu sehen.
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Aufgrund der angeführten Umstände ist die Kammer der Auffassung, dass es auch für die Wohnungseigentümer klar erkennbar war, dass aufgrund der durch die bauliche Veränderung neu geschaffenen Emissionen eine unbillige Benachteiligung der Kläger im Vergleich zu den meisten anderen Wohnungseigentümern nahelag und insbesondere die Geräuschemissionen sachverständig hätten beurteilt werden müssen bzw. alternative Montageorte in Erwägung zu ziehen gewesen wären. Eine solche Informationsgrundlage haben sich die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung jedoch nicht beschafft, da nicht einmal der Angebotsersteller zur Versammlung geladen war, geschweige denn ein Sachverständiger die Geräuschemissionen erläutert hat. Letztlich wäre es jedenfalls Aufgabe des die Gestattung erstrebenden Wohnungseigentümers gewesen, diese Informationen beizubringen; dies gilt umso mehr, da – wie dargestellt – abgesehen von den Klägern kein anderer Wohnungseigentümer von der baulichen Veränderung betroffen war.
B.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
55
Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit war in der Hauptsache gemäß § 708 Nr. 10 Sätze 1 und 2 ZPO zu treffen, hinsichtlich der Kosten nach § 709 S. 1 und 2 ZPO.
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Der Streitwert ergibt sich aus § 49 GKG und konnte von der Kammer nach § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG abweichend festgesetzt werden. Das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer richtet sich nach dem Interesse an der Genehmigung der Maßnahme, wobei gegenläufige Interessen auf Kläger- und Beklagtenseite zu addieren sind (Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 49 GKG Rn. 49). Das Interesse an der Genehmigung der Maßnahme richtet sich entsprechend der Rechtsprechung zu Erhaltungsmaßnahmen nach den Gesamtkosten der Maßnahme, die hier laut Angebot auf 4.502,21 EUR festgesetzt werden können. Das immaterielle Interesse der Kläger an der Abwehr der Beeinträchtigungen schätzt die Kammer auf 5.000,00 EUR, weshalb die Beschränkung auf das 7,5-fache Interesse der Kläger nicht greift. Der Gesamtstreitwert für beide Instanzen beträgt daher 9.502,21 EUR.
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Die Revision war nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da die Maßstäbe hinsichtlich einer unbilligen Benachteiligung im Sinne des § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG noch nicht geklärt sind, etwa dahin, ob die Vermeidbarkeit der Benachteiligung dabei zu berücksichtigen ist, und dahin, ob die bisherigen Maßstäbe zu § 22 Abs. 2 S. 1 WEG aF vollumfänglich auf die neue Regelung übertragbar sind. Weiter erscheint das Verhältnis von Beschlussanfechtungsklage und Beseitigungs- bzw. Unterlassungsklage nicht ausreichend geklärt.