Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 04.03.2024 – 2 UF 12/23
Titel:

Feststellungsantrag zum Bestehen einer Ehe im Verbund – Rücknahme eines Scheidungsantrages

Normenketten:
FamFG § 113 Abs. 1, § 121 Nr. 3, § 126 Abs. 1, § 137
ZPO § 256, § 269 Abs. 1
Leitsätze:
1. Gegen einen Zwischenfeststellungsbeschluss über die Wirksamkeit einer Eheschließung im Verbundverfahren ist die Beschwerde gem. §§ 58ff. FamFG das statthafte Rechtsmittel. (Rn. 19 – 20)
2. Für eine solche Zwischenfeststellung im Verbundverfahren fehlt es an der Vorgreiflichkeit gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 256 Abs. 2 ZPO. (Rn. 23 – 25)
3. Ein Feststellungsantrag gem. § 121 Nr. 3 FamFG kann nicht im Verbund geltend gemacht werden, da § 137 FamFG nur auf die Scheidung Anwendung findet. (Rn. 27)
4. Mehrere Ehesachen können im Verbund nur miteinander verhandelt und entschieden werden, wenn es sich um dieselbe Ehe handelt. (Rn. 32)
5. Die persönliche Anhörung der Ehegatten zur Scheidung stellt noch kein mündliches Verhandeln zur Hauptsache dar und begründet daher nicht das Einwilligungserfordernis der Gegenseite zur Rücknahme des Scheidungsantrages. (Rn. 30)
Schlagworte:
Feststellungsantrag zum Bestehen einer Ehe im Verbund, Rücknahme eines Scheidungsantrages, Eheschließung, Wirksamkeit, Bestehen der Ehe, Feststellungsantrag, Zwischenfeststellung, Verbundverfahren, Scheidungsantrag, Rücknahme, Einwilligung der Gegenseite, Anhörung, mündliches Verhandeln
Vorinstanz:
AG Obernburg, Beschluss vom 22.12.2022 – 2 F 219/17
Fundstellen:
FamRZ 2024, 1136
BeckRS 2024, 4698
LSK 2024, 4698
NJOZ 2024, 580

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Obernburg a. Main vom 22.12.2022, Az. 2 F 219/17, aufgehoben und der Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin vom 16.11.2022 als unzulässig verworfen.
2. Der Zwischenfeststellungsantrag des Antragstellers vom 13.01.2023 wird als unzulässig verworfen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin aufgehoben.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.969,00 €.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ein in einem Ehescheidungsverfahren ergangener Beschluss, der einem Zwischenfeststellungsantrag über die Frage der wirksamen Eheschließung der Beteiligten zu einem bestimmten Zeitpunkt stattgegeben hat.
2
Das zugrunde liegende Verfahren beim Amtsgericht Obernburg am Main ist auf Antrag des Antragstellers vom 05.04.2017 eingeleitet worden, gerichtet auf den Ausspruch, dass die am …2003 vor dem Standesbeamten in Z., Albanien, geschlossene Ehe der Beteiligten geschieden werde. Dem ihr am 18.05.2017 zugestellten Antrag ist die Antragsgegnerin zunächst nicht entgegengetreten. Vielmehr hat sie mit Schriftsatz vom 23.11.2017 Stufenantrag in der Folgesache Güterrecht eingereicht mit dem Ziel, die nach ihrer Auffassung bestehende Gütergemeinschaft nach albanischem Recht auseinanderzusetzen. Die Stichtage für die begehrte Auskunft stimmen mit dem Vortrag im Scheidungsantrag vom 05.04.2017 überein.
3
Mit Schriftsatz vom 06.09.2018 hat sie jedoch geltend gemacht, die Eheschließung der Beteiligten in Z. sei bereits am (Tag X)1991 erfolgt, was sie bisher nicht habe nachweisen können. Hierzu legte die Antragsgegnerin eine Heiratsurkunde vom …2018 in albanischer und mehrsprachiger Fassung vor, wonach die Eheschließung der Beteiligten am (Tag X)…01.1991 erfolgt sei. Die Originale hinsichtlich der widerstreitenden Heiratsdaten wurden mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 08.11.2018 eingereicht (vgl. Anlage zu Bl. 60 d. A.). Mit Schriftsatz vom 06.09.2018 legte die Antragsgegnerin weitere Urkunden vom 14.05.1998, 27.06.1991, 02.12.1996 und 27.02.2003 vor, die sich auch auf das gemeinsame Kind K. N. der Beteiligten, geboren am …06.1991, beziehen, die Antragsgegnerin mit dem Nachnamen „N.“ statt ihrem Geburtsnamen „G.“ bezeichnen und für die beiden Beteiligten den Familienstand verheiratet (“marutar“) wiedergeben.
4
Im Termin vom 31.01.2019 (vgl. Sitzungsniederschrift, Bl. 94 ff d. A.) hat der Antragsteller eingeräumt, dass die Urkunde über die Eheschließung vom …2003 „ihnen jemand gegen Geld gemacht“ habe, um die Antragsgegnerin nach Deutschland holen zu können. Vom …05.1998 bis …03.2003 sei er mit der A. verheiratet gewesen (vgl. Scheidungsverfahren 2 F 626/02 des Amtsgerichts Obernburg am Main, zum vorliegenden Verfahren beigezogen). Die Rücknahme seines Scheidungsantrags vom 05.04.2017 hat der Antragsteller zu Protokoll erklärt. Allerdings hat die Antragsgegnerin der Antragsrücknahme nicht zugestimmt und ihrerseits zu Protokoll beantragt, die am (Tag X) …01.1991 vor dem Standesbeamten in Z., Albanien, geschlossene Ehe der Beteiligten zu scheiden.
5
Ermittlungen des Amtsgerichts über die deutsche Botschaft in Tirana haben die von der Antragsgegnerin geltend gemachte Eheschließung der Beteiligten am (Tag X) …01.1991 bestätigt (vgl. Bl. 145 ff d. A.).
6
Der Antragsteller behauptet jedoch, keine Unterschrift für eine Eheschließung mit der Antragsgegnerin geleistet zu haben (vgl. etwa Schriftsatz vom 11.03.2020). Wie mit Schriftsatz vom 27.09.2021 angekündigt, legte der Antragsteller im Termin vom 07.10.2021 eine beglaubigte Abschrift aus dem handschriftlich geführten Heiratsregister für die streitige Eheschließung der Beteiligten am (Tag X) …01.1991 vor mit der Behauptung, dass die dortige Unterschrift zur Eheschließung nicht von ihm stamme und er auch nicht am (Tag X) …01.1991 in Z. auf dem Standesamt gewesen sei.
7
Das vom Amtsgericht eingeholte Schriftgutachten des Sachverständigen S. vom 03.05.2022 hat ergeben, dass die fragliche Unterschrift wahrscheinlich vom Antragsteller stamme (vgl. Sonderheft Gutachten).
8
Im Termin vom 17.11.2022 (vgl. Sitzungsniederschrift Bl. 269 ff d. A.) hat die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf ihren Zwischenfeststellungsantrag im Schriftsatz vom 16.11.2022 beantragt festzustellen, dass die Beteiligten am (Tag X) …01.1991 die Ehe wirksam vor dem Standesbeamten in Z. unter der Nr. … geschlossen haben.
9
Der Antragsteller hat Antragsabweisung beantragt.
10
Mit Zwischenfeststellungsbeschluss vom 22.12.2022 hat das Amtsgericht dem Antrag entsprochen und in Ziffer 1 festgestellt, dass die Beteiligten am (Tag X) …01.1991 vor der Standesamtsbehörde in Z. in Albanien die Ehe geschlossen haben. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass es das notwendige Feststellungsinteresse für einen Zwischenfeststellungsbeschluss für gegeben erachte. Zwar müsse mit dem Endbeschluss im Scheidungsverfahren ohnehin über die Frage einer wirksamen Eheschließung entschieden werden. Allerdings sei wegen der Folgesache Güterrecht, in welcher albanisches Recht zur Anwendung kommen werde, dessen Wirkungen gutachterlich zu klären sein werden, ein Bedürfnis vorhanden, vorab verbindlich festzustellen, ob überhaupt von einer wirksamen Eheschließung der Beteiligten auszugehen sei. Der Zwischenfeststellungsantrag sei auch begründet. Denn das Gericht sei aufgrund des eingeholten graphologischen Gutachtens und des widersprüchlichen Prozessverhaltens des Antragstellers auch ohne Einvernahme der wechselseitig angebotenen Zeugen davon überzeugt, dass die Beteiligten am (Tag X) …01.1991 die Ehe geschlossen haben. Ergänzend wird auf den Beschluss Bezug genommen sowie auf den Akteninhalt des erstinstanzlichen Verfahrens.
11
2. Gegen den ihm am 02.01.2024 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit Anwaltsschriftsatz vom 13.01.2023, eingegangen beim Amtsgericht Obernburg am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt.
12
Er beantragt, festzustellen, dass die Beteiligten am (Tag X) …01.1991 nicht die Ehe vor der Standesamtsbehörde Z. in Albanien geschlossen haben.
13
Er führt insbesondere aus, es habe keine Veranlassung gegeben, einen Zwischenfeststellungsbeschluss zu erlassen. Zwar sei zutreffend, dass das Scheidungsverfahren noch nicht abschlussreif sei. Jedoch hätte die Folgesache Güterrecht abgetrennt werden können. Ein entsprechender Antrag wäre verfahrensökonomisch gewesen. Ein Feststellungsinteresse könne aus der fehlenden Abschlussreife des Scheidungsverfahrens nicht hergeleitet werden. Im Übrigen wiederholt und vertieft er seinen erstinstanzlichen Vortrag, dass nichts dafür spreche, dass die Beteiligten am (Tag X) …01.1991 in Z. die Ehe geschlossen hätten.
14
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 16.01.2023 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
15
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 03.03.2023, die Beschwerde und den Feststellungsantrag, dass die Ehe am (Tag X) …01.1991 nicht geschlossen worden sei, kostenpflichtig zurückzuweisen.
16
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Ein Feststellungsinteresse ergebe sich nach § 257 ZPO bereits nach dem Wortlaut bei Zweifeln über die Echtheit einer Urkunde. Hier sei die Echtheit der Eheurkunde streitig. Ferner könne der Gegenstand der Feststellung auch außerhalb des Verfahrens in der Hauptsache von Bedeutung sein. So sei die Frage der Ehelichkeit oder Nichtehelichkeit der Abstammung des gemeinsamen Kindes klärungsbedürftig. Zudem spreche die Verfahrensdauer in Anbetracht des Auslandsbezugs bei Güterrecht und Versorgungsausgleich für eine Vorabentscheidung über die Frage der Wirksamkeit der Eheschließung. Einer Abtrennung von Folgesachen werde die Antragsgegnerin nicht zustimmen.
17
Auf das weitere Beschwerdevorbringen der Beteiligten, insbesondere zu dem vom Antragsteller in Albanien angestrengten verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Ungültigkeit der Eheurkunde vom (Tag X) …01.1991, wird verwiesen.
II.
18
Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zulässig und hat teilweise Erfolg. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da es sich vorliegend um reine Rechtsfragen handelt, die nicht von einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts durch Vernehmung der erstinstanzlich angebotenen Zeugen oder einer Anhörung der Beteiligten abhängen. Auf die beabsichtigte Vorgehensweise hat der Senat mit Verfügung vom 25.01.2024 hingewiesen.
19
1. Das in Übereinstimmung mit der Rechtsbehelfsbelehrungdes angegriffenen Beschlusses vom 22.12.2022 als „sofortige Beschwerde“ bezeichnete Rechtsmittel des Antragstellers ist als Beschwerde nach §§ 58 ff FamFG auszulegen, da es sich dabei um das statthafte Rechtsmittel gegen eine Endentscheidung in einer Ehesache handelt.
20
Eine solche liegt mit dem Zwischenfeststellungsbeschluss vom 22.12.2022 vor, da die beantragte Feststellung mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 16.11.2022 eine Erweiterung ihres Scheidungsantrags vom 31.01.2019 und damit einen selbständigen Verfahrensgegenstand darstellt. Der Zwischenfeststellungsantrag über die Wirksamkeit der Eheschließung der Beteiligten am (Tag X) …01.1991 stellt selbst eine Ehesache im Sinne des § 121 Nr. 3 FamFG dar.
21
Über den Zwischenfeststellungsantrag als eigenen Verfahrensgegenstand hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 22.12.2022 abschließend entschieden, so dass es eine Endentscheidung im Sinne der §§ 113 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 1, 58 Abs. 1 FamFG getroffen hat. Damit ist die Beschwerde nach §§ 58 ff FamFG statthaftes Rechtsmittel.
22
Deren Zulässigkeitsvoraussetzungen hat der Antragsgegner mit Einreichung seiner Beschwerdeschrift vom 13.01.2023 beim Amtsgericht Obernburg am 13.01.2023 gewahrt. Insbesondere die Monatsfrist zur Beschwerdeeinlegung aus § 63 Abs. 1 FamFG ist ausgehend von der Zustellung an ihn am 02.01.2023 eingehalten worden. Mit der Beschwerdeschrift hat der Antragsteller seine Beschwerde sogleich begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (vgl. § 117 Abs. 1 S. 1 FamFG).
23
2. Die Beschwerde ist teilweise erfolgreich. Soweit sie sich gegen die mit dem angegriffenen Beschluss getroffene Feststellung wendet, hat sie Erfolg. Denn dem Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin vom 16.11.2022 fehlt die erforderliche Vorgreiflichkeit mit über den Verfahrensgegenstand hinausgehender Bedeutung gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 256 Abs. 2 ZPO, so dass der angegriffene Beschluss aufzuheben und der Antrag als unzulässig zu verwerfen ist. Aus dem gleichen Grund ist jedoch auch der mit der Beschwerdeschrift erhobene gegenläufige Zwischenfeststellungswiderantrag des Antragstellers als unzulässig zu verwerfen.
24
Die Zulässigkeit eines Zwischenfeststellungsantrags – sei es als Erweiterung des eigenen Scheidungsantrags der Antragsgegnerin vom 31.01.2019 oder als Widerantrag des Antragstellers, der seinen eigenen Scheidungsantrag zurückgenommen hat – setzt voraus, dass die Frage der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Eheschließung der Beteiligten am (Tag X) …01.1991 durch die künftige Entscheidung über den Scheidungsantrag der Antragsgegnerin nicht erschöpfend geklärt wird. Ihm muss eine über den Verfahrensgegenstand der Hauptsache hinausgehende Bedeutung zukommen (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 35. Aufl., § 256 ZPO Rn 40). Diese ergibt sich etwa für einen Zwischenfeststellungswiderantrag hinsichtlich der Nichtigkeit eines Ehevertrags in einem Verbundverfahren mit Folgesachen Güterrecht und Versorgungsausgleich im Hinblick auf mögliche Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt, welche durch den Vertrag ebenfalls ausgeschlossen worden waren (vgl. BGH, 20.03.2019, XII ZB 310/18, FamRZ 2019, 953, Juris Rn 18).
25
Vorliegend ist eine solche, über den Verfahrensgegenstand des Scheidungsantrags der Antragsgegnerin vom 31.01.2019 hinausgehende Bedeutung jedoch nicht gegeben. Vielmehr wird bei der Entscheidung über den Scheidungsantrag die Wirksamkeit der Eheschließung am (Tag X) …01.1991 als Vorfrage zu prüfen sein, da die beantragte Scheidung nur bei wirksamer Eheschließung ergehen kann. Auch im Hinblick auf die Abstammung des gemeinsamen Kindes, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht (vgl. Schriftsatz vom 03.03.2023), ergibt sich keine über den Verfahrensgegenstand hinausgehende Wirkung. Die Feststellung (vgl. § 121 Nr. 3 FamFG) würde nur zwischen den Ehegatten bzw. vermeintlichen Ehegatten wirken (vgl. OLG München, 18.12.2012 – 4 UF 652/12; Lugani in MünchKomm/FamFG, 3. Aufl., § 121 FamFG Rn 11). Im Übrigen sind Kinder hier im Verbundverfahren nicht beteiligt.
26
Allein das nachvollziehbare Interesse, die Frage der Eheschließung am (Tag X) …01.1991 verbindlich zu klären, bevor etwa in der Folgesache Güterrecht ein kostenpflichtiges Rechtsgutachten zum albanischen Güterrecht eingeholt und/oder Auskünfte von einem ausländischen Versorgungsträger angefragt werden, kann das Erfordernis einer über den Verfahrensgegenstand des Scheidungsantrags hinausgehenden Bedeutung des Feststellungsantrags nicht ersetzen.
27
Auch ist zu sehen, dass zwar § 126 Abs. 1 FamFG eine Verbindung mehrerer Ehesachen miteinander zulässt. § 121 Nr. 3 FamFG ist aber dem Verbundverfahren, welches vorliegend anhängig gemacht wurde, nicht zugänglich (vgl. § 137 Abs. 1 FamFG; BGH, B. v. 12.10.1988 – IVb ZB 73/86, FamRZ 1989, 153, Rn 12; B. v. 31.03.1982 – IVb ZB 742/81, FamRZ 1982, 586; OLG Frankfurt, FamRZ 2019, 1530, jeweils zum Eheaufhebungsverfahren). Auf andere Ehesachen als Scheidungssachen ist § 137 FamFG nicht anwendbar (Helms in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Auflage 2023, § 137 FamFG Rn. 8). Folglich kann auch kein Feststellungsantrag zum Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe iSd § 121 Nr. 3 FamFG im Scheidungsverbund zulässig erhoben werden.
28
Aufgrund des Vorstehenden bedarf es im vorliegenden Verbundverfahren keiner Unterrichtung der zuständigen Verwaltungsbehörde gem. § 129 Abs. 2 S. 3 FamFG.
29
3. Für das weitere Verfahren werden folgende Hinweise erteilt:
30
a) In formeller Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Antragsteller seinen Scheidungsantrag vom 05.04.2017 durch Erklärung zum Sitzungsprotokoll vom 31.01.2019 wirksam gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 269 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO zurückgenommen hat. Ein „Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache“ im Sinne des § 269 Abs. 1 ZPO kann der Sitzungsniederschrift bis zur Protokollierung der Antragsrücknahme des Antragstellers nicht entnommen werden. Vor der Antragsrücknahme haben ausweislich des Protokolls eine Schriftsatzübergabe, die Prüfung der Personalausweise der Beteiligten und die Anhörung des Antragstellers zur Ehesache stattgefunden. Ein Verhandeln des Antragsgegners zur Hauptsache setzt dessen Antragstellung oder eine sonstige Einlassung zur Hauptsache voraus (vgl. BGH, 23.06.2004, XII ZB 212/01, FamRZ 2004, 1364, Juris Rn 10). Keines von beiden lässt sich seitens der hiesigen Antragsgegnerin der Sitzungsniederschrift vom 31.01.2019 vor der Antragsrücknahme des Antragstellers entnehmen. Die erste Erklärung der Antragstellerseite zur Hauptsache erfolgte in Gestalt der Antragsrücknahme durch die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers. Die abweichende Einschätzung des Amtsgerichts in der Verfügung vom 11.02.2019 (Bl. 99 d. A.) überzeugt nicht.
31
Damit umfasst das Scheidungsverfahren lediglich noch den Scheidungsantrag der Antragsgegnerin vom 31.01.2019, rechtshängig geworden durch Erklärung zu Protokoll vom gleichen Tag (vgl. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 261 Abs. 2 ZPO).
32
Bei fortbestehender Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags des Antragstellers vom 05.04.2017 hätte der Scheidungsantrag der Antragsgegnerin vom 31.01.2019 aus dem Verfahren abgetrennt werden müssen, da eine Verbindung von Ehesachen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 126 Abs. 1 FamFG nur zulässig ist, wenn sie dieselbe Ehe betreffen. Dies ist aufgrund des geltend gemachten abweichenden Eheschließungsdatums der beiden Anträge jedoch nicht der Fall. Es handelt sich aufgrund der unterschiedlichen Ehezeiten (vgl. auch § 3 Abs. 1 VersAusglG) nicht um dieselbe Ehe.
33
Der Ehescheidungsantrag der Antragsgegnerin hat somit als versorgungsausgleichsrechtliche Ehezeit den Zeitraum 01.01.1991 bis 31.12.2018 zur Folge. Die zuletzt eingeholten Ehezeitauskünfte berücksichtigen nur den Ehezeitbeginn 01.01.1991, nicht das Ehezeitende 31.12.2018, so dass neue Auskünfte einzuholen sein werden.
34
Auch der Stufenantrag der Antragsgegnerin im Güterrecht stellt hinsichtlich der Stichtage auf den zurückgenommenen Scheidungsantrag des Antragstellers vom 05.04.2017 ab und ist daher zu aktualisieren.
35
b) In materieller Hinsicht teilt der Senat jedoch die im angegriffenen Beschluss vom 22.12.2022 dargelegte Überzeugung des Amtsgerichts zur Wirksamkeit der Eheschließung der Beteiligten am (Tag X) …01.1991.
III.
36
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 92 Abs. 1 ZPO. Das Rechtsmittel des Antragstellers hat teilweisen Erfolg, so dass Kostenaufhebung die angemessene Kostenfolge darstellt. Mangels spezieller Kostentragungsvorschrift für Ehesachen des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe gemäß § 121 Nr. 3 FamFG, um die es sich hinsichtlich der Zwischenfeststellungsanträge der Beteiligten handelte, ist auf die allgemeinen Vorschriften zurückzugreifen.
37
Die Festsetzung des Verfahrenswerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 39 Abs. 1, 43 FamGKG. Mangels Anhaltspunkten für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten bei Geltendmachung der Feststellungsanträge vom 16.11.2022 bzw. 13.01.2023 kann auf die vorläufige Festsetzung des Amtsgerichts vom 14.01.2019 hinsichtlich des Werts der Ehesache zurückgegriffen werden, welche mit 7.696 € erfolgt ist (vgl. Bl. 88 ff d. A.). Da es sich bei den Anträgen der Beteiligten vom 16.11.2022 und 13.01.2023 um denselben Gegenstand handelt, ist keine Verdopplung des Werts vorzunehmen, auch wenn der Antragsteller mit seinem Antrag vom 13.01.2023 den Verfahrensgegenstand gegenüber der ersten Instanz erweitert hat (vgl. § 39 Abs. 1 S. 1 und 3, 40 Abs. 2 S. 2 FamGKG).
38
Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 70 Abs. 2 FamFG).