Inhalt

LG Regensburg, Endurteil v. 25.09.2024 – 63 O 1381/23
Titel:

Anspruch auf Anerkennung des Ergebnisses einer vereinbarten Teilungsvermessung

Normenkette:
BGB § 158 Abs. 1, § 271, § 433
Leitsatz:
Haben sich die Vertragsteile gegenseitig verpflichtet, nach Vorliegen des amtlichen Veränderungsnachweises das Ergebnis der Vermessung in einer Nachtragsurkunde anzuerkennen und dann die Auflassung zu erklären und entgegenzunehmen, wird damit der Anspruch auf Auflassungserklärung von der Vornahme der Vermessung als Bedingung abhängig gemacht. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kaufvertrag, Grundstück, Veränderungsnachweis, Fälligkeit, Bedingung, Vermessung, Kaufpreis, Teilungsvermessung, Anerkennung
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Endurteil vom 29.04.2025 – 3 U 2107/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 46857

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Widerklage wird abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 84 % und der Beklagte 16 %.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, die Teilvermessung vom … bezüglich einer Grundstücksteilfläche anzuerkennen, die Auflassungserklärung der Klägerin bezüglich dieses herausgemessenen Grundstücks entgegenzunehmen und Erklärungen bezüglich notwendiger Grunddienstbarkeiten abzugeben und entgegenzunehmen.
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Die Klägerin und der Beklagte sind Geschwister.
3
Mit notarieller Urkunde vom … URNr. … des Notars … wurde der Klägerin von ihren Eltern … und … im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge eine erst noch zu vermessende Teilfäche von 1.000 qm aus dem Grundstück Flst Nr. der Gemarkung Auburg überlassen (Urkunde vom … , URNr. …, Anlage K 1).
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In dem Überlassungsvertrag (K 1), dort im Lageplan Bl. 14 wurde die Lage des noch zu vermessenden Grundstücks eingezeichnet.
5
Zur Sicherung des Anspruches auf Übertragung der Teilfläche wurde im Grundbuch eine entsprechende Auflassungsvormerkung eingetragen.
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In Punkt XVI. des notariellen Vertrages ( K 1) wurde die Einräumung eines Geh-, Fahrt-, und Leitungsrechtes vereinbart.
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Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks Flst Nr. … der Gemarkung Auburg. Mit notarieller Urkunde ebenfalls vom … , URNr. … , hat der Beklagte von den Eltern … und … unter anderem das bezeichnete Grundstück Flst. Nr. der Gemarkung Auburg überlassen bekommen (Urkunde v. …, URNr. …, K 4). Darin trat der Beklagte gemäß Punkt VI. 2. (Belastungsübernahme) in alle Rechte und Pflichten aus der Urkunde vom … URNr. … in vollem Umfang ein und genehmigte die darin vom Übergeber (dh den Eltern) abgegebenen Erklärungen. Die Auflassungsvormerkungen wurden zur weiteren dinglichen Haftung übernommen.
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Am … erfolgte die Vermessung einer Teilfläche von 1.000 qm. Hinsichtlich der konkreten Vermessung wird auf den Fortführungsnachweis … des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Regensburg (Anlage K 7) Bezug genommen. Das herausgemessene Grundstück mit 1.000 qm ist im Fortführungsnachweis mit Fl.Nr. … bezeichnet. Das Messergebnis wurde dem Beklagten zur Verfügung gestellt.
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Die Klägerseite ist der Auffassung, dass der Beklagte aufgrund der notariellen Verträge verpflichtet sei, die beantragten Erklärungen abzugeben. Es sei kein Grund ersichtlich, der der Messanerkennung entgegenstünde. Der Beklagte sei verpflichtet, nach Vorliegen des amtlichen Veränderungsnachweises das Ergebnis der Vermessung in einer Nachtragsurkunde anzuerkennen, ferner die Auflassung zu erklären und entgegenzunehmen. Ebenso schulde der Beklagte die Erklärung bezüglich der Eintragung des vereinbarten Geh-, Fahrt- und Leitungsrechts auf der Restfläche des Grundstücks Flst Nr. … gemäß dem notariellen Vertrag.
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Die Ansprüche seien nicht verjährt, weil sie erst mit Durchführung der Vermessung fällig geworden seien.
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Die Klagepartei beantragt:
1. Der Beklagte ist verpflichtet, das Ergebnis der Teilungsvermessung einer der Klägerin mit notarieller Urkunde vom …, URNr. … überlassenen Grundstücksfläche von 1.000 qm aus dem Grundstück Flst Nr. … der Gemarkung Auburg vom … in einer Nachtragsurkunde anzuerkennen.
2. Der Beklagte ist verpflichtet, der Auflassung des unter Ziffer 1 herausgemessenen Teilgrundstücks im Ausmaß von 1.000 qm aus dem Grundstück Flst. Nr … der Gemarkung Auburg zuzustimmen.
3. Der Beklagte ist verpflichtet, der Eintragung des mit notarieller Urkunde vom …, URNr. … unter XV. vereinbarte Geh-, Fahrt- und Leitungsrecht auf der nach der Teilungsvermessung in seinem Eigentum verbleibenden Restfläche zuzustimmen.
4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.375, 88 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozent seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
13
Der Beklagte beantragt widerklagend:
Die Klägerin wird verurteilt, die Löschung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch des Amtsgerichts Regensburg, Blatt … zu bewilligen, die zu ihren Gunsten mit notarieller Urkunde vom … des Notars …, Urk-Nr. …, bewilligt und auf Grund dieser Bewilligung betreffend das Grundstück vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Regensburg für Auburg Blatt …, Gemarkung Auburg, FlSt.Nr. … in Abt. II des Grundbuches des Amtsgerichts Regensburg, Blatt … eingetragen wurde.
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Die Klägerseite beantragt
Abweisung der Widerklage.
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Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
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Zudem ist der Beklagte der Auffassung, dass ihm durch die geltend gemachte Vermessung tatsächlich gravierende Nachteile in der Bewirtschaftung entstehen würden. Dem Beklagten bliebe bei der geltend gemachten Lage keine Möglichkeit mehr, mit seinen notwendigen landwirtschaftlichen Maschinen zu rangieren. Er müsse deswegen sogar die Hofstelle verlegen, die so nicht mehr nutzbar sei, da aufgrund der geringen Fläche durch die Übertragung der Flst.Nr. … auf die Geschwister kein Platz zum Rangieren sei und auch hinten zur Flst.Nr. … könnte der Beklagte nach Lageplan K 7 nicht mehr ausweichen, auch um den dortigen Grundbesitz zu bewirtschaften.
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Die geltend gemachte Vermessung sei auch nicht wie in den Lageplänen der Überlassungsverträge durchgeführt worden. Hier sei jeweils ein Weg eingezeichnet worden, der jedoch auf dem Fortführungsnachweis insbesondere zwischen dem Flst. Nr. … und … nicht zu erkennen sei. Zudem sei der Beklagte nicht über die Vermessung informiert worden.
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Vielmehr habe der Beklagte einen Anspruch gegen die Klägerin auf Löschung der Vormerkung, weil ihm die Einrede der Verjährung zustehe, durch welche die Geltendmachung des durch die Vormerkung des gesicherten Anspruches dauernd ausgeschlossen werde.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2024 sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
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Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
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Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Anerkennung des Ergebnisses der Teilungsvermessung vom 03.05.2022 bzw. entsprechende Zustimmung zur Auflassung und Zustimmung zur Eintragung des vereinbarten Geh-, Fahrt- und Leitungsrechts aus dem notariellen Grundstücksüberlassungsvertrages URNr. … des Notars … vom … gemäß dieser Vermessung.
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1. Grundsätzlich ergeben sich die geltend gemachten Ansprüche auf Anerkennung des Ergebnisses einer Teilungsvermessung sowie Zustimmung zur Auflassung, soweit sie den Vereinbarungen im notariellen Vertrag entsprechen, zweifelsfrei aus Punkt III des Wortlauts der vorgelegten notariellen Urkunde, URNr. … vom … (K 1).
23
In der Urkunde URNr. … hat der Beklagte die Auflassungsvormerkungen übernommen und ist in die Rechte und Pflichten der bezeichneten durch Vormerkung gesicherten Ansprüche eingetreten.
24
Eine entsprechende Auflassungsvormerkung ist im Grundbuch des Amtsgerichts Regensburg für Auburg Blatt …, Gemarkung Auburg, des Amtsgerichts Regensburg, Blatt … eingetragen.
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2. Der Anspruch ist grundsätzlich durchsetzbar. Dem Beklagten steht nicht das Recht zu, die Leistung gemäß § 214 BGB aufgrund einer eingetretenen Verjährung zu verweigern.
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a) Die maßgebliche Verjährungsfrist beginnt gemäß § 198 BGB a.F. in Verbindung mit Art. 229 § 6 Abs. 1 und 2 EGBGB mit der Entstehung des Anspruchs. Ein Anspruch entsteht, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs im Sinne des § 271 BGB (Ellenberger, in: Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, § 199 BGB Rn. 3 mwN).
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Ein Anspruch wird gem. § 271 BGB in der Regel sofort fällig, sofern nicht vertraglich ein anderer Fälligkeitszeitpunkt vereinbart wird. Dieser ist entscheidend für den Beginn der Verjährungsfrist.
28
Bereits aus dem Wortlaut des Vertrages ergibt sich im vorliegenden Fall, dass der Auflassungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss am … fällig werden sollte.
29
Die Auflassung wurde in dem Vertrag URNr. … (K1) nicht erklärt. Bereits nach dem Wortlaut Ziff. 3 des Vertrages haben sich die Vertragsteile gegenseitig verpflichtet, nach Vorliegen des amtlichen Veränderungsnachweises das Ergebnis der Vermessung in einer Nachtragsurkunde anzuerkennen und dann die Auflassung zu erklären und entgegenzunehmen. Damit wurde der Anspruch auf Auflassungserklärung von der Vornahme der Vermessung als Bedingung abhängig gemacht. Aufschiebend bedingte Ansprüche entstehen nach Ansicht des BGH erst mit Eintritt der Bedingung (BGH, Urteil vom 22.01.1987, VII ZR 88/85 beckonline; vgl. auch LG München I, Urteil vom 13.07.2021, 3 O 3482/21 beckonline; Ellenberger, in: Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 83 Aufl. 2024, § 199 RdNr. 3 BGB).
30
Der Wortlaut des Vertrages ist eindeutig, weshalb nicht von einer Fälligkeit vor Vermessung ausgegangen werden kann. Somit wurde vertraglich etwas anderes als die sofortige Fälligkeit i.S.d. § 271 Abs. 1 BGB vereinbart. Die Bedingung tritt ein mit Vorliegen des amtlichen Veränderungsnachweises, soweit die Vermessung auch nach der Lage den im notariellen Vertrag getroffenen Vereinbarungen entspricht.
31
Es wurde im Vertrag keine Frist festgelegt, bis wann die Vermessung durchgeführt werden soll. Soweit der Beklagte einwendet, dass man bei dieser Auslegung die Verjährung unbegrenzt hinauszögern könne, indem man die Vermessung nicht durchführe, greift dieses Argument nicht. Die Vermessung sollte ab dem Zeitpunkt des notariellen Vertragsschlusses jederzeit von den Parteien durchgeführt werden können. Damit ist keine Gefahr des Unterlaufens der Verjährungsvorschriften gegeben.
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Die 30-jährige Verjährungsfrist gemäß § 198 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 und 2 EGBGB war damit zweifelsfrei bei Klageerhebung mit Schriftsatz vom 22.07.2023, eingegangen bei Gericht am 01.08.2023 noch nicht abgelaufen.
33
Demgemäß bestehen grundsätzlich die Ansprüche auf Zustimmung, eine Teilungsvermessung, die den Vorgaben im notariellen Vertrag entspricht, anzuerkennen, der entsprechenden Auflassung eines mit 1000 qm herausgemessenen Teilgrundstücks und des entsprechenden Geh-, Fahrt- und Leitungsrechts zuzustimmen.
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3. Der konkrete Anspruch, wie er mit der Klage geltend gemacht wurde, besteht jedoch nicht, weil die im Veränderungsnachweis bzw. Fortführungsnachweis festgehaltene Vermessung vom … nicht der Vermessung entspricht, wie sie nach den Vorgaben des notariellen Vertrages vorzunehmen ist.
35
In dem Lageplan auf Bl. 14 der notariellen Urkunde vom … URNr. … des Notars … wurde zwischen dem Grundstück mit der Fl.Nr. … und der nunmehr laut Teilungsvermessung vom … so bezeichneten Grundstücksfläche … (die in dem Lageplan des notariellen Vertrages nur mit einem „+“ versehen ist) ein Weg von 4 m Breite eingezeichnet. Die Wegebreite ergibt sich in Verbindung mit XVI. (nicht XV. wie im Klageantrag zu 3 offensichtlich versehentlich bezeichnet) dort 3. Absatz des notariellen Vertrages. Dieser Weg wurde von den Parteien des notariellen Vertrages auch als Zufahrtsweg zu den dahinterliegenden Grundstücken der Brüder … und …, also des Beklagten und dem … vorgesehen. Dieser Weg wurde bei der Vermessung jedoch nicht berücksichtigt, weil das neu herausvermessene Grundstück mit der Fl.Nr. direkt an das Grundstück mit der Fl.Nr. … angrenzt. Demgemäß entspricht die Teilungsvermessung vom … nicht den Vorgaben im notariellen Vertrag und eine Zustimmung zur Anerkennung dieser konkreten Teilungsvermessung und der entsprechenden Auflassung gegenüber dem Beklagten besteht nicht.
36
Die Klage war aus diesen Gründen vollumfänglich abzuweisen. Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
II.
37
Die Widerklage war abzuweisen.
38
Die Zuständigkeit des Landgerichts auch für die Widerklage ist gegeben. Die Widerklage ist das „Spiegelbild“ der Klage, soweit es um die Frage geht, ob der Anspruch grundsätzlich besteht.
39
Ein Anspruch auf Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung durch die Klägerin gem.
40
§ 886 BGB besteht nicht. Der grundsätzliche Anspruch der Klägerseite auf Zustimmung zu einer Teilungsvermessung und entsprechenden Auflassung besteht weiterhin, sofern die Vermessung den Vorgaben im notariellen Vertrag entspricht. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen unter Punkt 1 zur Klage vollumfänglich Bezug genommen.
III.
41
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
42
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.