Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 14.03.2024 – 102 VA 226/23
Titel:

Rechtsweg für die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer polizeilichen Datenübermittlung

Normenketten:
vwGO § 40 Abs. 1 S. 2, § 43 Abs. 1, § 52 Nr. 5
GVG § 17a Abs. 2 S. 1, § 152
EGGVG § 12 Abs. 1, § 22, § 23 Abs. 1 S. 1
PAG Art. 56 Abs. 1 Nr. 2, Art. 94, Art. 99
StPO § 127, § 163, § 164, § 477, § 480 Abs. 1 S. 4
GG Art. 33 Abs. 5
BeamtStG § 33 Abs. 1 S. 3
Leitsätze:
Für eine Streitigkeit über die Rechtmäßigkeit einer polizeilichen Datenübermittlung ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, wenn keine abweichende gesetzliche Sonderzuweisung greift. (Rn. 12 und 15)
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet, wenn die konkret in Rede stehende Amtshandlung in Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen worden ist, die der Behörde als ihre spezifische Aufgabe auf einem in § 23 EGGVG aufgeführten Rechtsgebiet zugewiesen ist (BGHZ 105, 395 = BeckRS 1988, 1591). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
polizeiliche Datenübermittlung, Feststellung, Rechtswidrigkeit, Verwaltungsrechtsweg, Sonderzuweisung, Justizverwaltungsakt, Strafrechtspflege, Disziplinarverfahren
Fundstellen:
NJOZ 2024, 444
LSK 2024, 4638
BeckRS 2024, 4638

Tenor

I. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht eröffnet.
II. Die Sache wird gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Mit ihrem an das Bayerische Oberste Landesgericht gerichteten Schreiben vom 25. Juli 2023 begehrt die Antragstellerin unter Bezugnahme auf § 22 Abs. 1 EGGVG, hilfsweise §§ 23 ff. EGGVG die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer polizeilichen Datenübermittlung.
2
Sie bezieht sich auf ein dem Antrag beigefügtes Schreiben der Kriminalpolizeiinspektion … – Kommissariat Operativer Staatsschutz – an die Stadt YYY – Personalamt – vom …, mit dem das Kommissariat unter der Überschrift „Reichsbürgerbewegung in ...“ über polizeiliche Erkenntnisse betreffend ZZZ, den ehemaligen … der Stadtverwaltung YYY, informierte. Über den Vorgang sei sie, die Antragstellerin, von ZZZ informiert worden, der seinerseits von Existenz und Inhalt des Schreibens aufgrund einer Einsicht in die Akte eines ihn betreffenden Verfahrens bei dem Verwaltungsgericht … Kenntnis erlangt habe.
3
Die Kriminalpolizeiinspektion führte in dem Schreiben aus, als Verfasser zweier Schreiben vom … und … an das Finanzamt …, die Auslöser einer Reichsbürgerverdachtsmeldung des Finanzamts gewesen seien, habe der ehemalige … der Stadtverwaltung YYY identifiziert werden können. Des Weiteren wurde darüber informiert, dass gegen ZZZ wegen bestimmter Äußerungen im Schreiben vom … ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen versuchter Nötigung eingeleitet worden sei.
4
Sowohl der Reichsbürgerüberprüfungsvorgang als auch das angelegte Ermittlungsverfahren seien für die weiteren Ermittlungen an die KPI YYY (zurück) gesandt worden. Geschildert wurden außerdem die Äußerungen und das Verhalten des ZZZ gegenüber den Kriminalbeamten der KPI YYY, die ihn wegen der Ermittlungsvorgänge im März … aufgesucht hätten. Darüber hinaus wurde über die schriftliche Einlassung des ZZZ im Verfahren wegen versuchter Nötigung berichtet. Das Schreiben schließt mit der Bitte an die Stadt YYY, in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob ZZZ durch sein festgestelltes Verhalten disziplinarrechtliche Vorschriften missachtet habe.
5
Auf Seite 3 des Schreibens vom … heißt es in Bezug auf die Antragstellerin:
„Die an derselben Wohnanschrift gemeldete … [die Antragstellerin] war laut polizeilicher Erkenntnisse …“
6
Die Antragstellerin beanstandet mit ihrer durch weitere Schreiben vom 6., 13. und 17. September, 1. und 25. Oktober sowie 10. November 2023 ergänzten Eingabe, dass mit der Meldung vom … die oben im Zitat wiedergegebenen Daten zu ihrer Person an ihren früheren Arbeitgeber – die Stadt YYY – übermittelt worden sind. Sie ist der Ansicht, die Datenübermittlung verletze sie in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, verstoße gegen die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung sowie des Bayerischen Datenschutzgesetzes, entbehre einer Rechtsgrundlage und sei geeignet, ihr Ansehen bei der Stadt YYY nachteilig zu beeinflussen. Sie beanstandet, dass die Übermittlung eigenmächtig – an der Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls dem Gericht vorbei – erfolgte, und meint, dies stelle eine heimliche Gewährung von nicht beantragter Akteneinsicht dar. Aus diesen Gründen sei die Übermittlung rechtswidrig erfolgt und verletze sie in ihren Rechten. Entgegen der Mitteilung des Polizeipräsidiums …, das auf ihre Frage nach der Rechtsgrundlage mit Schreiben vom … 2023 auf Art. 56 Abs. 1 Nr. 2 PAG verwiesen habe, stelle diese Norm keine geeignete Rechtsgrundlage dar. Die Übermittlung von Daten und polizeilichen Erkenntnissen über einen Dritten habe nicht der Gefahrenabwehr durch die empfangende Stelle gedient. Mangels Aktualität der berichteten Vorgänge kämen Aspekte der Gefahrenabwehr nicht in Betracht. Zudem entbehre die Einbeziehung ihrer personenbezogenen Daten in die Mitteilung, die als eigenständiger Vorgang einer Rechtsgrundlage bedürfe, jeglichen Zusammenhangs mit einer Gefahrenabwehr.
7
Darüber hinaus beanstandet die Antragstellerin die Art und Weise der Datenübermittlung. Die Übersendung eines einfachen Briefs an die Leitung des Personalamts der Stadt schütze nicht hinreichend vor unbefugter Einsicht. Schließlich rügt sie, dass die übermittelten Daten teilweise (…) nicht zuträfen.
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Sie beantragt daher sinngemäß,
die Rechtswidrigkeit der Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten gemäß Schreiben der Kriminalpolizeiinspektion … – Kommissariat Operativer Staatsschutz – an die Stadt YYY – Personalamt – vom … festzustellen.
9
Das Verfahren ist zunächst unter dem Aktenzeichen 203 VAs 314/23 geführt worden, nachdem die Antragstellerin ihre Eingabe an die Adresse der in strafrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Senate des Bayerischen Obersten Landesgerichts (in M.) gerichtet hatte. Mit Verfügung vom 18. September 2023 ist das Verfahren an die Zivilsenate zur Übernahme weitergeleitet worden mit der Begründung, das Antragsbegehren betreffe weder eine Angelegenheit der Strafrechtspflege noch eine des Vollzugs. Die gerichtsinterne Zuständigkeit für die Prüfung, ob für das Rechtsschutzbegehren der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei, liege daher bei den Zivilsenaten. Am 25. Oktober 2023 ist das Verfahren von dem im Turnus zuständigen Zivilsenat übernommen worden. Mit Verfügung vom selben Tag sind die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen worden, dass Bedenken bezüglich des beschrittenen Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten bestünden und eine Verweisung an das zuständige Verwaltungsgericht beabsichtigt sei; die beanstandete Datenübermittlung sei weder von einer Justizbehörde veranlasst worden noch betreffe sie eines der in § 23 Abs. 1 Satz 1 GVG genannten Rechtsgebiete.
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Der Antragsgegner hat sich für die Verweisung ausgesprochen, die Antragstellerin dagegen. Sie ist der Ansicht, die Polizeibehörde sei bei der Datenübermittlung nicht präventiv tätig gewesen; vielmehr sei der angebliche Rechtsgrund nachträglich konstruiert worden. Es liege ein Akt einer Justizbehörde vor, was sich aus dem Inhalt des Schreibens vom … ergebe. Die Polizei sei funktional als Ermittlungsbehörde im Bereich der Strafrechtspflege tätig geworden. Deshalb sei der Verweisungsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen und festzustellen, dass der über § 22 EGGVG vermittelte Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG eröffnet sei. Die Antragstellerin ist deshalb auch der Meinung, dass die Zivilsenate des Bayerischen Obersten Landesgerichts für die Entscheidung nicht zuständig seien.
II.
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Für das Antragsbegehren ist der Verwaltungsrechtsweg und nicht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Der Antrag vom 25. Juli 2023 betrifft eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S. d. § 40 Abs. 1 VwGO, die nicht durch Gesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. Nach Anhörung der Beteiligten ist die Sache daher von Amts wegen gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen.
12
1. Das vorliegende Feststellungsbegehren, mit dem die Antragstellerin die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer von einer Polizeibehörde vorgenommenen Datenübermittlung begehrt, ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art i. S. d. § 40 Abs. 1 VwGO.
13
Bei der Datenübermittlung handelte die Polizeibehörde in Wahrnehmung amtlicher Pflichten und Befugnisse. Sie wurde also aufgrund öffentlichen Rechts tätig, das diese Pflichten und Befugnisse bestimmt und begrenzt und nach dem sich auch bemisst, ob die Behörde den Rahmen ihrer Befugnisse überschritten und deshalb rechtswidrig gehandelt und die Rechte der Antragstellerin verletzt hat. Gemäß ihrem Überprüfungsantrag beanstandet die Antragstellerin diese Maßnahme als rechtswidrig und sieht sich dadurch in ihren Rechten verletzt.
14
Dass es sich in der vorliegenden Sache um eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, bedarf keiner näheren Darlegung.
15
Gemäß § 40 Abs. 1 VwGO ist für Streitigkeiten dieser Art der Verwaltungsrechtsweg gegeben, soweit nicht durch Bundesgesetz oder – im Fall einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit auf dem Gebiet des Landesrechts – durch Landesgesetz eine Zuweisung an ein anderes Gericht erfolgt ist.
16
2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Streitsache nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht, namentlich den ordentlichen Gerichten, zugewiesen (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO). Die Voraussetzungen der §§ 22, 23 EGGVG sind nicht erfüllt. Insbesondere betrifft die Streitigkeit keine Maßnahme einer Justizbehörde auf dem Gebiet der Strafrechtspflege. Mithin kommen auch Rechtsbehelfe nach der Strafprozessordnung vorliegend nicht in Betracht. Andere ausdrückliche bundesgesetzliche Zuweisungsvorschriften bestehen.
17
a) Eine Rechtswegzuweisung zu den ordentlichen Gerichten ist nicht über § 22 EGGVG gegeben.
18
§ 22 EGGVG ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Die Norm vermittelt daher keinen Rechtsschutz durch die ordentlichen Gerichte zur Überprüfung der angegriffenen Datenübermittlung im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG.
19
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 EGGVG „sind für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Übermittlung die §§ 23 bis 30 nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuwenden“, wenn „die Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten nicht in den Vorschriften enthalten [ist], die das Verfahren der übermittelnden Stelle regeln“.
20
Diese Vorschrift ist für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig. Sie steht im Zweiten Abschnitt des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG). Der Geltungsbereich dieses Zweiten Abschnitts wird durch § 12 Abs. 1 Satz 1 EGGVG vorgegeben. Dort hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die §§ 12 bis 22 EGGVG („[d]ie Vorschriften dieses Abschnitts“) ausschließlich für die von Amts wegen vorgenommene verfahrensübergreifende Übermittlung personenbezogener Daten durch die ordentlichen Gerichte und die Staatsanwaltschaften an öffentliche Stellen des Bundes oder eines Landes gelten.
21
Datenübermittlungen durch die Polizei sind nach der zentralen Einleitungsnorm zum Zweiten Abschnitt des EGGVG nicht vom Regelungsbereich der §§ 12 ff. EGGVG umfasst (vgl. auch Ebner in BeckOK GVG, 22. Edition Stand: 15. Februar 2024, EGGVG § 12 Rn. 1 f.).
22
Die von der Antragstellerin beanstandete Datenübermittlung wurde weder von einem Zivil- oder Strafgericht (vgl. §§ 12, 13 GVG) noch von einer Staatsanwaltschaft vorgenommen, sondern von der Polizei, die dabei auch nicht im Auftrag einer Staatsanwaltschaft gehandelt hat. Dementsprechend trägt die Antragstellerin selbst vor, dass eine sogenannte „MiStra“ nicht vorliege, wie aus den Akten von Verwaltungsgericht … und Staatsanwaltschaft YYY hervorgehe. Ausweislich einer Akteneinsicht habe die Staatsanwaltschaft YYY zu keiner Zeit Veranlassung für eine Mitteilung an die Stadt YYY gesehen. Die damit in Widerspruch stehende rechtliche Würdigung der Antragstellerin in den Schreiben vom 17. September und 10. November 2023, wonach an der strafprozessualen Natur des Einschreitens kein vernünftiger Zweifel bestehen könne, wenn die Polizei „- wie hier – auch auf Weisung der Staatsanwaltschaft gehandelt“ habe, entbehrt jeglicher Tatsachenbasis.
23
Demzufolge handelt es sich bei der polizeilichen Datenübermittlung vom … nicht um eine Mitteilung i. S. d. § 12 Abs. 1 EGGVG, sodass für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit nicht über § 22 EGGVG das Verfahren nach §§ 23 bis 30 EGGVG eröffnet ist.
24
b) Das Überprüfungsbegehren betrifft keinen Justizverwaltungsakt i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG.
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aa) Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG entscheiden auf Antrag die ordentlichen Gerichte über die Rechtmäßigkeit von Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts einschließlich des Handelsrechts, des Zivilprozesses, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege getroffen werden.
26
Dieser besonderen Rechtswegregelung an die ordentliche Gerichtsbarkeit liegt die Annahme zugrunde, dass auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts, des Zivilprozesses, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege den ordentlichen Gerichten die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsmaßnahmen von der Sache her näher steht als den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit und sie über die zur Nachprüfung justizmäßiger Verwaltungsakte erforderlichen zivil- und strafrechtlichen Erkenntnisse und Erfahrungen verfügen.
27
Die nur für die aufgeführten Sachgebiete geltende Generalklausel soll deshalb die gerichtliche Kontrolle gewisser Maßnahmen aus der sonst gemäß § 40 Abs. 1 VwGO gegebenen Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte herausnehmen und bewirken, dass über die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen die Gerichte der sachnäheren Gerichtsbarkeit entscheiden. Außerdem soll die Regelung ein „Durcheinander und Gegeneinander“ der Rechtsprechung in verschiedenen Gerichtsverfahren verhindern (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017, 2 ARs 188/15, StraFo 2017, 462 [464 f., juris Rn. 21]; BVerwG, Urt. v. 3. Dezember 1974, I C 11.73, BVerwGE 47, 255 [260, juris Rn. 17]; Pabst in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, § 23 EGGVG Rn. 8).
28
Dementsprechend ist der nicht legaldefinierte Begriff der Justizbehörde im funktionellen Sinn zu verstehen. Danach ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, wenn die konkret in Rede stehende Amtshandlung in Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen worden ist, die der Behörde als ihre spezifische Aufgabe auf einem in § 23 EGGVG aufgeführten Rechtsgebiet zugewiesen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 1988, IVa ARZ [VZ] 5/88, BGHZ 105, 395 [399, juris Rn. 23]; BVerwG, Urt. v. 27. April 1984, 1 C 10.84, BVerwGE 69, 192 [195, juris Rn. 15]; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 23 EGGVG Rn. 14).
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bb) Mithin kommt es allein darauf an, ob die Datenübermittlung gemäß Schreiben vom … eine Maßnahme auf dem Gebiet der Strafrechtspflege – ein anderes Gebiet aus der abschließenden Aufzählung in § 23 Abs. 1 EGGVG kommt vorliegend nicht in Betracht – darstellt und ob dementsprechend die Polizeibehörde als Justizbehörde eine Maßnahme auf dem Gebiet der Strafrechtspflege getroffen hat.
30
Das ist nicht der Fall.
31
Die Mitteilung gemäß Schreiben vom … erfolgte auf eigene Initiative der Polizeibehörde, der nach dem Schreiben vom … ein erstes Schreiben der Polizeibehörde vom … und eine Fax-Antwort der Stadt YYY vom selben Tag vorausgegangen waren. Die Kriminalpolizeiinspektion … handelte dabei nicht als Strafverfolgungsbehörde im Ermittlungsverfahren gegen ZZZ. Sie hatte zwar ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Nötigung angelegt und war insoweit als Strafverfolgungsbehörde im funktionellen Sinn tätig geworden. Das Verfahren war jedoch zur Durchführung der strafrechtlichen Ermittlungen an die Kriminalpolizeiinspektion YYY und von dort an die Staatsanwaltschaft YYY abgegeben worden. Soweit Beamte der KPI YYY „als im Strafverfahren von der KPI (…) beauftragt“ (so das Schreiben der Antragstellerin vom 17. September 2023) Ermittlungen wegen des Verdachts der versuchten Nötigung durchgeführt haben, handelt es sich um Maßnahmen der Strafverfolgung. Darum geht es aber vorliegend nicht. Bei der Informationsübermittlung an den vormaligen Dienstherrn des Ruhestandsbeamten ZZZ gemäß Schreiben vom … wurde die Kriminalpolizeiinspektion … – Kommissariat Operativer Staatsschutz – weder als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft nach § 152 GVG noch auf ein Ersuchen der Staatsanwaltschaft tätig. Die Mitteilung der Kriminalpolizeiinspektion … wurde – wie bereits unter 2. a) ausgeführt – in keiner Weise von den dem Verdacht einer Straftat der versuchten Nötigung nachgehenden Ermittlungsbehörden veranlasst.
32
Das Schreiben vom … diente auch nicht der Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Polizeibehörde in der Mitteilung unter anderem darüber berichtete, dass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen versuchter Nötigung angelegt worden sei. Allein der Inhalt der Mitteilung macht diese selbst nicht zu einer Maßnahme auf dem Gebiet der Strafrechtspflege. Auch die zeitliche Parallelität von strafrechtlichen Ermittlungen einerseits und Informationsschreiben an das Personalreferat der Stadt andererseits bewirkt keine funktionale Verklammerung der beiden Vorgänge. Nichts anderes gilt deswegen, weil die unterschiedlichen Maßnahmen (Einleitung und Durchführung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, Durchführung von Ermittlungen wegen des Reichsbürgerverdachts, Information an den früheren Dienstherrn gemäß Schreiben vom …) allesamt auf denselben Auslöser zurückzuführen sind, nämlich auf die oben genannten Schreiben des ZZZ an das Finanzamt …, und diese Ausgangsschreiben zum Gegenstand mehrerer Verfahren, darunter eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen versuchter Nötigung, geworden sind. Die wegen desselben Anlasses ergriffenen polizeilichen Maßnahmen sind je nach ihrer Funktion zu qualifizieren. Lediglich bei einer doppelfunktionalen polizeilichen Tätigkeit kommt ein Abstellen auf den Schwerpunkt der Tätigkeit in Betracht (Mayer in Kissel/Mayer, GVG, § 23 EGGVG Rn. 18). Die gemeinsame Wurzel der verschiedenen Maßnahmen der Kriminalpolizeiinspektion … führt aber weder dazu, dass alle Maßnahmen einheitlich auf der Basis eines „Gesamtbildes“ zu qualifizieren wären, noch dazu, dass die Maßnahmen zumindest als doppelfunktional anzusehen wären, wenn – wie hier – jedenfalls auch Maßnahmen zur Strafverfolgung eingeleitet wurden.
33
Bei dem Schreiben vom …, um dessen Rechtmäßigkeit es der Antragstellerin vorliegend geht, kann keine Rede von einer Strafverfolgungsmaßnahme oder auch nur einer doppelfunktionalen Maßnahme sein. Zwar sind auch Polizeibeamte, die keine Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sind, aber selbständig in Verfolgung strafbarer Handlungen tätig werden (etwa nach §§ 127, 163, 164 StPO), als Justizbehörde im funktionellen Sinn anzusehen (BVerwGE 47, 255 [261 f., juris Rn. 19]; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, EGGVG § 23 Rn. 18 m. w. N.; Mayer in Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Aufl. 2023, § 23 EGGVG R. 16 f. m. w. N.). Die Informationsübermittlung gemäß Schreiben des Kommissariats vom … erfolgte aber gerade nicht in Verfolgung strafbarer Handlungen. Das Schreiben war vielmehr dazu bestimmt, dem Empfänger Kenntnisse über Umstände von möglicherweise disziplinarrechtlicher Relevanz zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, eine Entscheidung über die Einleitung disziplinarrechtlicher Maßnahmen gegen den Ruhestandsbeamten ZZZ zu treffen. Dies geht aus dem Inhalt des Schreibens eindeutig hervor. Darin wurde der Ruhestandsbeamte als eine der „Reichsbürgerbewegung“ zugehörige Person gemeldet. Die dieser Einordnung zugrundeliegenden polizeilichen Erkenntnisse wurden übermittelt. Bereits aus der Formulierung des Betreffs wird deutlich, in welcher Funktion und Aufgabenwahrnehmung die Polizeibehörde tätig wurde. Danach ging es um eine Meldung über die Beziehung des Ruhestandsbeamten zur „Reichsbürgerbewegung in ...“. Anlass und Zielrichtung des Schreibens gehen sodann klar aus dem Schlusssatz hervor. Die Übermittlung erfolgte an den vormaligen Dienstherrn des Ruhestandsbeamten zur Prüfung in eigener Zuständigkeit, ob disziplinarrechtliche Maßnahmen in die Wege zu leiten seien.
34
Bei objektiver Würdigung stellt das Schreiben mithin keine Maßnahme der Strafrechtspflege dar. Maßnahmen der Strafrechtspflege i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG sind nur Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen, die zur Verfolgung von strafbaren Handlungen getroffen werden (BVerwGE 69, 192 [197, juris Rn. 18]). Das hier in Rede stehende Schreiben dient aber nicht der Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten, sondern etwaigen disziplinarrechtlichen Konsequenzen wegen einer möglichen Verletzung der Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst (Art. 33 Abs. 5 GG, § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG).
35
Disziplinarverfahren sind keine Strafverfahren. Strafrecht und Disziplinarrecht dienen unterschiedlichen Zielen. Während das Strafrecht durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt ist, ist Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Integrität des Berufsbeamtentums und in die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Januar 2024, 2 B 34.23, juris Rn. 13; Beschluss vom 26. April 2023, 2 B 41.22, juris Rn. 15; Urt. v. 15. Dezember 2021, 2 C 9.21, BVerwGE 174, 273 Rn. 65; Beschluss vom 20. Dezember 2018, 2 B 33.18, juris Rn. 6). Bestehen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Treuepflicht und damit für ein Dienstvergehen, hat der zuständige Dienstherr oder die mit der Disziplinarbefugnis ausgestattete Behörde die Pflicht, ein Disziplinarverfahren gemäß den maßgeblichen Bestimmungen des Bundesdisziplinargesetzes oder des entsprechenden Landesdisziplinargesetzes einzuleiten. Bei Streitigkeiten über Disziplinarmaßnahmen handelt es sich um beamtenrechtliche Streitigkeiten. Die Aufgaben der Disziplinargerichtsbarkeit nach dem Bayerischen Disziplinargesetz nehmen die Verwaltungsgerichte und der Verwaltungsgerichtshof wahr (Art. 42 Abs. 1 DG).
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Ausgehend von dieser Unterscheidung hat die Polizeibehörde mit der Datenübermittlung keine Aufgabe der Strafrechtspflege wahrgenommen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin mit Schreiben vom 1. Oktober 2023 geäußerten Ansicht, die Maßnahme gemäß Schreiben vom … vermittele nicht den „Hintergrund einer Disziplinarangelegenheit“, sondern enthalte „eher die Eigenschaft einer 'Vergeltung' – analog dem Strafrecht“. Maßgeblich ist nicht, ob die Maßnahme vom Betroffenen ZZZ oder von der Antragstellerin als Vergeltung oder Sanktion empfunden wird, sondern die objektive Einordnung der Handlung nach dem Inhalt des Schreibens. Dieser lässt eine Qualifikation als Ermittlungstätigkeit nicht zu.
37
Diese Qualifikation wird entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Schreiben vom … auf Seite 4 Mitte über weitere Erkenntnisse aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren berichtet wird. Soweit dort dargestellt wird, dass mit Verfügung vom … die KPI YYY durch die Staatsanwaltschaft YYY gebeten worden sei, ZZZ zu seiner Äußerungsbereitschaft zu befragen, und weiter über den Inhalt des 4-seitigen Antwortschreibens des ZZZ an die KPI YYY berichtet wird, dienen diese Darlegungen dem Zweck, Tatsachen für die der Dienstbehörde obliegende Entscheidung über die Einleitung disziplinarrechtlicher Maßnahmen zu übermitteln. Nichts anderes gilt in Bezug auf die Schilderung des Geschehens vom März …, als die Kriminalbeamten der KPI YYY ZZZ wegen beider Ermittlungsvorgänge, also wegen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und wegen des Reichsbürgerüberprüfungsvorgangs, aufgesucht hatten, und ebenso für den übrigen Inhalt der Mitteilung vom … . Erfolglos macht die Antragstellerin des Weiteren geltend, dass das Schreiben vom … den konkreten Auftrag der Staatsanwaltschaft YYY an die KPI YYY enthalte, in Verfolgung der Strafsache gegen ZZZ wegen versuchter Nötigung tätig zu werden. Da zwar Informationen aus einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bekanntgegeben wurden, aber dies nicht an Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte für Zwecke der Strafverfolgung erfolgte, kommt der Tatbestand einer Datenübermittlung von Amts wegen nach § 477 StPO nicht in Betracht. Der Umstand, dass die weitergegebenen Informationen teilweise aus einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stammen, macht die Weitergabe selbst nicht zu einer Maßnahme der Strafrechtspflege. Denn maßgeblich ist nicht, ob sich der mitgeteilte Vorgang im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen ereignete und aktenmäßig im Rahmen der Strafverfolgung festgehalten wurde; vielmehr ist allein maßgeblich, ob die Übermittlung ihrerseits eine Maßnahme auf dem Gebiet der Strafrechtspflege darstellt, mithin der Strafrechtspflege dient (vgl. BVerwGE 69, 192 [196 f., juris Rn. 18]).
38
Die Polizeibehörde hat bei ihrer eigenständigen Entscheidung über die Information des (früheren) Dienstherrn über Erkenntnisse aus u. a. einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gerade keine strafrechtliche Ermittlungstätigkeit ausgeführt und somit keine Aufgaben auf dem Gebiet der Strafrechtspflege wahrgenommen. Eine andere Qualifikation erfährt die Maßnahme auch nicht (nachträglich) deshalb, weil die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren Kopien aus der Ermittlungsakte vorlegt, in diesem Zusammenhang zu Verfahrensmängeln des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens (u. a. fehlende Belehrung nach § 136 StPO) vorträgt und daraus eine Unverwertbarkeit bestimmter Teile der Akte des Ermittlungsverfahrens herleitet.
39
c) Der Antragstellerin ist auch nicht in der Ansicht zu folgen, die Maßnahme stelle eine „vorweggenommene“ Akteneinsicht in ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren dar.
40
Weder hatte der Empfänger, die Stadt YYY, Einsicht in die Akten des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder Auskunft aus diesen Akten verlangt noch beruht die Datenübermittlung auf einer Entscheidung der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts. Die aktenführenden Justizbehörden (Staatsanwaltschaft, der/die Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts; vgl. Gieg in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, § 480 Rn. 2) hatten die Informationsweitergabe nicht veranlasst. Auch eine Ermächtigung der Polizeibehörde seitens der Staatsanwaltschaft zur Erteilung von Auskunft an die Stadt YYY lag gerade nicht vor. Die eigeninitiativ von der Polizeibehörde vorgenommene Übermittlung von Informationen aus (unter anderem) dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren an den für zuständig gehaltenen früheren Dienstherrn des Ruhestandsbeamten wegen eines im Raum stehenden Dienstvergehens unterfällt damit nicht § 474 Abs. 2, § 480 StPO. Weil die Polizei vorliegend nicht aufgrund einer ihr von der Staatsanwaltschaft übertragenen Befugnis zur Gewährung von Einsicht oder Erteilung von Auskunft Gebrauch gemacht hat (dazu: Gieg in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, § 480 Rn. 2 m. w. N.), steht zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Rechtsbehelf des § 480 Abs. 1 Satz 4 StPO somit nicht offen.
41
3. Des Weiteren liegt keine (öffentlich-rechtliche) Streitigkeit auf dem Gebiet des Landesrechts vor, die durch Landesgesetz einem anderen Gericht als den Verwaltungsgerichten zugewiesen wäre, § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Denn die streitgegenständliche Maßnahme betrifft keine nach Bayerischem Polizeirecht unter richterlichem Vorbehalt stehende polizeiliche Tätigkeit, für die das Bayerische Polizeiaufgabengesetz eine Überprüfung durch die ordentliche Gerichtsbarkeit eröffnet.
42
Die Streitigkeit hat keinen Bezug zu den unter Richtervorbehalt stehenden polizeilichen Maßnahmen der Datenverarbeitung aus dem Katalog des Art. 94 PAG. Demzufolge liegt keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit auf dem Gebiet des (bayerischen) Landesrechts vor und scheidet eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach Maßgabe des § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. V. m. Art. 99 PAG, die im Rechtsbeschwerdezug zum Bayerischen Obersten Landesgericht führen kann, aus (vgl. auch Löffelmann in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 23. Edition Stand: 1. Oktober 2023, PAG Art. 94 Rn. 3).
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4. Als geeignete Rechtsgrundlage dürften lediglich die Vorschriften des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes in Betracht kommen.
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Die Initiativübermittlung von Daten an öffentliche Stellen im Inland regelt Art. 56 Abs. 1 Nr. 2 PAG, wie im Schreiben des Polizeipräsidiums … vom … 2023 angegeben.
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Für die Rechtswegfrage kommt es allerdings nicht darauf an, ob die Mitteilung, die Maßnahme habe der Gefahrenabwehr durch die empfangende Stelle gedient und beruhe auf Art. 56 Abs. 1 Nr. 2 PAG, in der Sache zutrifft und ob die genannte Vorschrift die von der Antragstellerin beanstandete Maßnahme trägt. Insoweit geht es um die Frage, ob für die Übermittlung eine Ermächtigungsgrundlage besteht und diese die Preisgabe von Informationen über die Antragstellerin erlaubt, mithin um die Begründetheit des Feststellungsbegehrens. Ob die im Schreiben des Polizeipräsidiums … vom … 2023 bezeichnete Rechtsgrundlage, Art. 56 Abs. 1 Nr. 2 PAG, im vorliegenden Fall eine geeignete Basis für die Datenübermittlung ist, ist keine Frage des Rechtswegs, sondern gegebenenfalls der Begründetheit des Feststellungsbegehrens.
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Über die Begründetheit ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO im Verwaltungsrechtsweg zu entscheiden, weil – wie oben ausgeführt – diese öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht durch Spezialgesetz den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist, § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Satz 2 VwGO. Demzufolge kommt es im derzeitigen Verfahrensstadium nicht auf die Ausführungen der Antragstellerin an, mit denen sie eine Präventivtätigkeit der Polizei in Abrede stellt, etwa weil schon bei chronologischer Betrachtung der Ereignisse nicht von einer Prävention die Rede sein könne, die Begrifflichkeit aus ihrer Sicht missbraucht worden sein und es sich nach ihrer Bewertung um eine nachträgliche Konstruktion handeln dürfte.
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5. Verneint das angerufene Gericht im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG, dass ein Justizverwaltungsakt vorliegt, hat es die Sache nach § 17a Abs. 2 GVG an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2003, IV AR [VZ] 1/03, NJW 2003, 2989 [2990, juris Rn. 10]; OLG Celle, Beschluss vom 16. April 2012, 2 VAs 2/12, NStZ-RR 2012, 254 [juris Rn. 7]; Schreiber in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2022, EGGVG § 23 Rn. 14; Mayer in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, EGGVG § 28 Rn. 26). Nichts anderes gilt, wenn – wie vorliegend – das angerufene Gericht den Anwendungsbereich des § 22 EGGVG und deshalb einen über diese Vorschrift vermittelten Rechtsbehelf des § 23 EGGVG verneint und ein anderer Rechtsweg mangels sonstiger bundes- oder landesgesetzlicher Regelung gleichfalls nicht eröffnet ist.
48
Der vorliegende Antrag stellt sich als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO dar, mit der die Antragstellerin die Feststellung begehrt, dass die Übermittlung ihrer Daten durch die Kriminalpolizeiinspektion … an die Stadt YYY mit Schreiben vom … rechtswidrig gewesen ist (vgl. VG Augsburg, Urt. v. 8. Februar 2022, Au 1 K 20.1668, juris Rn. 37, 41 ff.). Das für eine Klage dieser Art örtlich zuständige Verwaltungsgericht bestimmt sich nach § 52 Nr. 5 VwGO und richtet sich nach dem Dienstsitz der Polizeibehörde, deren Maßnahme einer Überprüfung auf Rechtmäßigkeit unterzogen werden soll (vgl. Schenk in Schoch/Schneider, VwGO, 44. EL Werkstand: März 2023, § 52 Rn. 44, 46,17; Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 52 Rn. 37). Örtlich zuständig für die Klage ist danach das Verwaltungsgericht Regensburg.
III.
49
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem Verwaltungsgericht vorbehalten, § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG.
50
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG nicht vorliegen.