Inhalt

VG München, Urteil v. 02.12.2024 – M 8 K 22.1775
Titel:

nachträgliche Klageerweiterung und –häufung (objektiv), Feststellungsklage, Fälligstellung eines Zwangsgelds sowie erneute Zwangsgeldandrohung bei bestandskräftiger Grundverfügung, Nichtigkeit der Grundverfügung, Sittenwidrigkeit der Grundverfügung, teilweise Nichtigkeit der Grundverfügung wegen Unbestimmtheit, Nichtigkeitsfeststellungsklage, Erlass eines Nachgangsbescheids durch Beklagte, Anfechtungsklage, Fortsetzungsfeststellungsklage, Androhung eines Zwangsgelds

Normenketten:
VwGO § 91
VwGO § 43 Abs. 1 Alt. 1
VwGO § 43 Abs. 1 Alt. 2
VwGO § 42 Abs. 1 Alt. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayVwVfG Art. 44 Abs. 1
BayVwVfG Art. 44 Abs. 2 Nr. 6
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
VwZVG Art. 19 Abs. 1 Nr. 1
VwZVG Art. 29
VwZVG Art. 31
VwZVG Art. 36
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
Schlagworte:
nachträgliche Klageerweiterung und –häufung (objektiv), Feststellungsklage, Fälligstellung eines Zwangsgelds sowie erneute Zwangsgeldandrohung bei bestandskräftiger Grundverfügung, Nichtigkeit der Grundverfügung, Sittenwidrigkeit der Grundverfügung, teilweise Nichtigkeit der Grundverfügung wegen Unbestimmtheit, Nichtigkeitsfeststellungsklage, Erlass eines Nachgangsbescheids durch Beklagte, Anfechtungsklage, Fortsetzungsfeststellungsklage, Androhung eines Zwangsgelds
Fundstelle:
BeckRS 2024, 46266

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass entgegen der Feststellung in Ziffer I. des Schreibens der Beklagten vom 22. Februar 2022 (Az: …) das Zwangsgeld in Höhe von EUR 500,00 wegen Nichterfüllung der Ziffer 1. c) des Bescheids der Beklagten vom 13. April 2021 ( …) nicht fällig geworden ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Anordnung in Ziffer 1. Buchst. c) des Bescheids der Beklagten vom 13. April 2021 ( …) nichtig ist.
III. Der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2024 (6024-3.2-2018-23258-22) wird in Ziffer 1. c. c.a. und c.b. aufgehoben.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V. Die Klägerin hat ¾, die Beklagte ¼ der Kosten des Verfahrens zu tragen.
VI. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks B …straße 24, FlNr. 363/96 der Gemarkung …, auf dem sich ein Wohnzwecken dienendes Gebäude befindet. Dieses ist Teil der Reihenhausgruppe B …straße 24, 26, 28 und 30, welche in der Denkmalliste als Baudenkmal ( …) mit folgender Beschreibung eingetragen ist:
2
„Reihenhausgruppe, historisierende zweigeschossige Bauten mit Segmentkern und Giebeln, von … …, 1905“.
3
Das Grundstück liegt zudem innerhalb des Ensembles „… …“ ( …).
4
Auf Bauantrag der Klägerin vom 8. August 2018 hin erteilte die Beklagte dieser mit Bescheid vom 19. Oktober 2018 eine Baugenehmigung für die Neuerrichtung der Dachkonstruktion und den Ausbau der Dachgeschosse mit Errichtung einer Gaube sowie die Nutzungsänderung im Kellergeschoss von Keller zu Wohnen nach Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 18. September 2018 und vom 20. September 2018, u.a. betreffend die gartenseitige Balkontüre im Erdgeschoss („Bestandstüre wird erhalten“) und den Umfang des Küchenwanddurchbruchs, ebenfalls im Erdgeschoss. Neben einer Befreiung wegen Überschreitens der rückwärtigen Baugrenze und mehreren Abweichungen enthält der Bescheid umfängliche Auflagen und Hinweise zum Denkmalschutz.
5
Ausweislich der in den Behördenakten befindlichen Baubeginnsanzeige wurde am 6. Dezember 2018 mit den Baumaßnahmen begonnen.
6
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2020 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Unteren Denkmalschutzbehörde nach den Auflagen 1a) bis j) des Baugenehmigungsbescheids vom 19. Oktober 2018 vor Fertigung im Einzelnen näher aufgeführter Bauteile jeweils eine Werk- und Detailplanung zur Abnahme vorzulegen sei. Dies sei bislang nicht geschehen.
7
Am 26. Oktober 2020 und 9. November 2020 führte die Beklagte Außendienstkontrollen am Anwesen der Klägerin durch. Mit Schreiben vom 11. Januar 2021 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass 15 Maßnahmen festgestellt worden seien, die weder der Baugenehmigung entsprächen noch denkmalfachlich hinnehmbar seien, forderte sie zu verschiedenen, im Einzelnen näher bezeichneten Rückbauten bzw. Nachbauten auf und hörte sie zum Erlass einer kostenpflichtigen Verfügung an. Die Klägerin nahm gegenüber der Beklagten mit E-Mail vom 8. Februar 2021 hierzu Stellung.
8
Unter dem 13. April 2021 erließ die Beklagte gegenüber der Klägerin folgende Verfügung, die der Antragstellerin gegen Postzustellungsurkunde am 16. April 2021 zugestellt wurde:
9
1. Folgende Maßnahmen sind unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Monaten nach Unanfechtbarkeit dieser Verfügung auszuführen:
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a) Ein originalgetreuer Nachbau der ungenehmigt entfernten historischen Balkontür zur Gartenseite ist herzustellen und einzubauen. Für den Nachbau und Einbau ist die Werk- und Detailplanung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde abzustimmen.
11
b) An dem Aluminiumfensterelement des Badezimmers im Obergeschoss ist außenseitig ein Stahlgeländer in Brüstungshöhe des nebenan befindlichen Fensterelementes anzubringen. Vor Anbringung ist die Werk- und Detailplanung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde abzustimmen.
12
c) Die Haustüre ist in einem dunkleren Farbton in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde herzustellen.
13
d) Der Wanddurchbruch zwischen Küche und Wohnraum ist entsprechend dem Handeintrag im genehmigten Bauplan Nr. … zurückzubauen.
14
2. Für den Fall, dass die in Ziffer 1 aufgeführten Maßnahmen nicht fristgerecht ausgeführt werden, werden folgende Zwangsgelder angedroht:
15
Hinsichtlich lit. a): 1.500,- €
16
Hinsichtlich lit. b) 1.000,- €
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Hinsichtlich lit. c) 500,- €
18
Hinsichtlich lit. d) 1.200,- €
19
Klage gegen diesen Bescheid wurde von der Klägerin nicht erhoben.
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Im Hinblick auf einen Ortstermin mit der Klägerin, der Beklagten und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege im Juli 2021 wurde die Frist für die Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen von der Beklagten bis zum 25. Oktober 2021 verlängert.
21
Mit E-Mail vom 7. November 2021 wandte sich die Klägerin erneut an die Beklagte und bat um nochmalige Prüfung der Relevanz der angeordneten Maßnahmen und Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung. Hierzu nahm die Beklagte mit Schreiben vom 13. Januar 2022 Stellung und teilte der Klägerin mit, die Forderungen seien erforderlich und zumutbar. Aus der E-Mail der Klägerin sei zu schließen, dass diese eine einvernehmliche Lösung im Verzicht auf alle Nachbesserungen und Rückbauten sehe. Dieser Auffassung könne nicht gefolgt, sondern es müsse weiter auf die Durchsetzung der Forderungen bestanden werden.
22
Mit Schreiben/Bescheid vom 22. Februar 2022 stellte die Beklagte unter Ziffer I. Zwangsgelder in Höhe von insgesamt EUR 4.200,00 fällig, da die Klägerin den in der Verfügung vom 13. April 2021 enthaltenen Verpflichtungen nicht fristgerecht nachgekommen sei. Unter Ziffer II.1. drohte die Beklagte der Klägerin für den Fall, dass der Verfügung vom 13. April 2021 nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des Bescheids Folge geleistet werde, erneut Zwangsgelder an, und zwar hinsichtlich der Ziffer 1 lit. a) der Verfügung vom 13. April 2021 in Höhe von EUR 3.000,00, hinsichtlich Ziffer 1 lit. b) der Verfügung vom 13. April 2021 in Höhe von EUR 2.000,00, hinsichtlich Ziffer 1 lit. c) der Verfügung vom 13. April 2021 in Höhe von EUR 1.000,00 und hinsichtlich Ziffer 1 lit. d) der Verfügung vom 13. April 2021 in Höhe von EUR 2.400,00.
23
Zur Begründung der in Ziffer II.1. enthaltenen Neuandrohung von Zwangsgeldern wurde ausgeführt, diese sei erforderlich, um die Klägerin zur Erfüllung der ihr auferlegten Verpflichtungen anzuhalten. Rechtsgrundlage seien Art. 36 und 37 VwZVG. Das angedrohte Zwangsgeld könne so lange und so oft angewendet werden, bis die aufgegebenen Verpflichtungen erfüllt seien (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG). Die Höhe des Zwangsgeldes entspreche der wirtschaftlichen Bedeutung der geforderten Maßnahmen und berücksichtige außerdem das Interesse der Klägerin am Fortbestand des derzeitigen Zustandes. Unter Berücksichtigung des erforderlichen Aufwandes könne ihr die Erfüllung der Verpflichtungen innerhalb der festgesetzten Frist billigerweise zugemutet werden (Art. 36 Abs. 1 VwZVG).
24
Mit Schriftsatz vom 23. März 2022, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhob die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage „gegen den Zwangsgeldfälligkeitsmitteilungs- und Zwangsgeldneuandrohung-Bescheid vom 22. Februar 2022“. Der Klageschrift beigefügt war unter anderem die Kopie eines Umschlags einer Postzustellungsurkunde, die das Aktenzeichen … trägt, und auf dem als Zustelldatum der 1. März 2022 vermerkt ist. Sie beantragte zunächst:
25
I. Es wird festgestellt, dass das nach Ziff. I des Bescheids der Beklagten vom 22.02.2022, Az.: … fällig gestellte Zwangsgeld nicht zur Zahlung fällig geworden ist.
26
II. Das nach Ziffer II. des Bescheids der Beklagten vom 22.02.2022, Az.: … erneut angedrohte Zwangsgeld wird aufgehoben.
27
Mit Schriftsatz vom 7. April 2022 wurde ferner beantragt, der Beklagten gem. § 123 VwGO vorläufig aufzugeben, „die Zwangsvollstreckung aus dem mit Bescheid vom 22. Februar 2022 (…) in Ziffer 1 fällig gestellten Zwangsgeld über EURO 4.200,00 nicht zu betreiben“ und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2022 anzuordnen, soweit dort in Ziffer 2 weitere Zwangsgelder angedroht wurden (M 8 SE 22.2074). Auf die Antragsbegründung wird Bezug genommen.
28
Mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Beschluss vom 22. März 2024 ordnete die Kammer im Verfahren M 8 SE 22.2074 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer II.1. des Bescheids der Beklagten vom 22. Februar 2022 an, da diese unter Berücksichtigung des Prüfungsmaßstabs aus Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG gegen das Erfordernis einer angemessenen Fristsetzung nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG verstieß. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.
29
Unter dem 15. November 2024 erließt die Beklagte folgenden „Nachgangsbescheid“:
30
„1. Im Nachgang des Bescheids vom 13.04.2021 wird im Zuge des Beschlusses vom 22.03.2024 (M 8 SE 22.2074) die Nr. 2 des Bescheids vom 13.04.2021 wie folgt klarstellend geregelt.
a. 31
aa. Für den Fall, dass die Werk- und Detailplanung für den Nachbau und Einbau der ungenehmigt entfernten historischen Balkontür der Unteren Denkmalschutzbehörde nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung dieses Bescheids zur Abstimmung vorgelegt wird, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000,- € angedroht.
31
a. b. Für den Fall, dass der originalgetreue Nachbau der ungenehmigt entfernten historischen Balkontür zur Gartenseite nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 4 Monaten nach Zustimmung der Unteren Denkmalschutzbehörde zur Werk- und Detailplanung hergestellt und eingebaut wird, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 5.500,- € angedroht.
b. 33
b. a. Für den Fall, dass die Werk- und Detailplanung für das im Obergeschoss außenseitige Stahlgeländer in Brüstungshöhe des nebenan befindlichen Fensterelementes der Unteren Denkmalschutzbehörde nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung dieses Bescheides, zur Abstimmung vorgelegt wird, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000,- € angedroht.
32
b. b. Für den Fall; dass an dem Aluminiumfensterelement des Badezimmers im Obergeschoss außenseitig ein Stahlgeländer in Brüstungshöhe des nebenan befindlichen Fensterelementes nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 4 Monaten nach Zustimmung der Unteren Denkmalschutzbehörde zur Werk- und Detailplanung angebracht wird, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 5.500,- € angedroht.
c. 35
c. a. Für den Fall, dass die Werk- und Detailplanung für den neuen Farbton NCS S. 7005-G80Y, NCS S. 7005-Y20R oder RAL 8011 Nussbraun für die Haustüre der Unteren Denkmalschutzbehörde nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung dieses Bescheides zur Abstimmung vorgelegt wird, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 750,- € angedroht.
33
c. b. Für den Fall, dass die Haustüre nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 4 Monaten nach Zustimmung der Unteren Denkmalschutzbehörde zur Werk- und Detailplanung in dem abgestimmten Farbton hergestellt wird, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 1.500,- € angedroht.
d. 37
Für den Fall, dass der Wanddurchbruch zwischen Küche und Wohnraum entsprechend dem Handeintrag im genehmigten Bauplan Nr* … nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 4 Monaten nach Zustellung dieses Bescheides, zurückgebaut wird, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 6.000,- € angedroht.
34
2. Für diesen Bescheid werden keine Kosten erhoben.
35
Der Bescheid vom 22.02.2022 ist mit diesem Bescheid überholt.
36
Begründung:
(…).“
37
Daraufhin ließ die Klägerin die Klage durch ihren Prozessbevollmächtigen mit Schriftsatz vom 25. November 2024 die Klage erweitern und beantragt zuletzt,
38
I. Es wird festgestellt, dass das nach Ziff. I des Bescheids der Beklagten vom 22.02.2022, Az.: … fällig gestellte Zwangsgeld nicht zur Zahlung fällig geworden ist. Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 22.02.2022, Az. …, rechtswidrig gewesen ist.
39
II. Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 22.02.2022 Az. … wird aufgehoben.
40
III. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 13.04.2021, Az.: …, in seiner durch den Nachgangsbescheid der Beklagten vom 15.11.2024, Az.: …, inhaltlich geänderten Form sowie der Nachgangsbescheid der Beklagten vom 15.11.2024, Az.: …, nichtig sind.
41
Hilfsweise:
42
Der Bescheid der Beklagten vom 13.04.2021, Az.: …, in seiner durch den Nachgangsbescheid der Beklagten vom 15.11.2024, Az.: 6024-3.2.2018-23258-22, geänderten Form sowie der Nachgangsbescheid der Beklagten vom 15.11.2024, Az.: …, werden aufgehoben.
43
Zur Begründung wurde – zusammengefasst – im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Das in Ziffer I. des Bescheids vom 22. Februar 2022 fällig gestellte Zwangsgeld sei nicht fällig geworden, das in Ziffer II. angedrohte Zwangsgeld sei aufzuheben. Es liege schon kein wirksamer Grundverwaltungsakt vor. Der Bescheid vom 13. April 2021 sei unbestimmt, nicht vollzugsfähig und widerspreche in allen Punkten den zuvor einvernehmlich zwischen den Parteien getroffenen Absprachen. Vor Baubeginn habe auf Wunsch der Klägerin am 8. Dezember 2017 eine erste gemeinsame Begehung des Anwesens durch die Klägerin, deren Architekten und dem damaligen Vertreter der Unteren Denkmalschutzbehörde der Beklagten stattgefunden. Insoweit werde auf das Protokoll des Architekten der Klägerin vom 12. Dezember 2017 über den Vororttermin am 8. Dezember 2017 Bezug genommen. Die Beklagte habe dem Protokoll nicht widersprochen und es damit inhaltlich akzeptiert (§ 151 Bürgerliches Gesetzbuch analog). Die abgestimmten Sachverhalte seien denkmalfachlich nachvollziehbar und praxisorientiert gewesen. Mit dem Wechsel der Sachbearbeitung bei der Beklagten seien Anforderungen gestellt worden, die willkürlich seien. Die Handeinträge in den Bauvorlagen seien im Baugenehmigungsverfahren vom Entwurfsverfasser der Klägerin vorgenommen worden, da ansonsten eine Nichtgenehmigung gedroht hätte. Der Grundlagenbescheid sei auch wegen eklatant willkürlichen Abweichens von der bisherigen Verwaltungspraxis grob gleichheitswidrig und nichtig. Darüber hinaus werde durch die formelhafte Wiederholung der Ausführungen der Unteren Denkmalschutzbehörde im Bescheid vom 13. April 2021 deutlich, dass die Beklagte willkürlich von einer Ermessensausübung abgesehen habe. Zudem liege in der Nichtberücksichtigung der gesetzgeberischen Wertungen des § 2 EEG 2023 ein eklatanter Mangel, der den angefochtenen Nichtverwaltungsakten auf die Stirn geschrieben sei. Damit seien auch die Fälligkeitsmitteilung und Neuandrohung des Zwangsgeldes rechtswidrig und unwirksam. Auch der streitgegenständliche Folgebescheid vom 22. Februar 2022 sei unbestimmt und widerspreche den einvernehmlichen Absprachen. Außerdem sei weder bei der Fälligkeitsmitteilung noch bei der Zwangsgeldneuandrohung Ermessen ausgeübt worden. Es gebe keinen Grund zur Befürchtung, dass die Klägerin sich rechtswidrig verhalte. Sie sei auf Informationssuche zur Überprüfung der Rückbauanordnung gemäß Grundlagenbescheid vom 13. April 2021 und habe sich „der Beklagten – mit Bestandskraft – anvertraut“. Angesichts der regen Kommunikation zwischen Klägerin und Beklagter stelle das Beschränken auf die Zwangsgeldautomatik keinen Ermessensgebrauch dar. Darüber hinaus seien die Fristsetzungen zu kurz bemessen und es handele sich bei den Zwangsgeldandrohungen nicht um das „mildeste Mittel“. Die Androhungen in ihren Höhen bei gleichzeitiger Unbestimmtheit der Verfügungen stünden im Übrigen in keinem Verhältnis zum Zweck.
44
Die nachträglich gestellten Klageanträge (Ziffer III.) seien der weiteren Verfahrensentwicklung mit Erlass des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 geschuldet. Mit diesem werde der wesentliche Inhalt des (Nicht-)Verwaltungsakts vom 13. April 2021 i.S.v. §§ 48, 49 VwVfG modifiziert. Dabei vermenge die Beklagte Tatbestands- und Rechtsfolgenseite miteinander und verbinde Grundverwaltungsakt und Zwangsgeldandrohung. Zudem führe sie im Grundverwaltungsakt neue und abweichende Regelungen ein, etwa den neuen Farbton für die Haustüre. Die Beklagte habe einerseits eine neue Regelung treffen, andererseits aber klarstellen wollen. Dies mache die streitgegenständlichen Verwaltungsakte perplex mit der Folge der Unwirksamkeit sämtlicher Regelungen. Soweit ausgeführt werde, dass der Bescheid vom 22. Februar 2022 mit dem Nachgangsbescheid überholt sei, stelle sich die Frage, was gelte, wenn nur der Bescheid vom 22. Februar 2022, nicht aber der abgeänderte vom 13. April 2021 überholt sei. Zurück bleibe eine kunstvolle, aber perplexe Aneinanderreihung eines Regelungswirrwarrs, das weder bestimmt noch frei von Widersprüchen sei. Abgesehen davon sei der Verwaltungsakt vom 13. April 2021 in Form des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 ersichtlich rechtswidrig. Die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung und die von dieser geschaffenen Vertrauenstatbestände seien nicht beachtet worden. Die die willkürlich erhöhte Zwangsgeldandrohung sei nicht nachvollziehbar. Weder seien die Belange des § 2 EEG in irgendeiner Weise gewürdigt worden noch sei eine gerechte Abwägung erfolgt. Bei dem vorliegenden Dauerverwaltungsakt sei der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich, in welchem § 2 EEG 2023 – es seien energiefreundliche Sanierungsmaßnahmen, z.B. die Rollladenkästen, gegenständlich – zu berücksichtigen sei.
45
Die Beklagte stimmte in der mündlichen Verhandlung der Klageänderung in Form der Klageerweiterung zu und beantragt,
46
Klageabweisung.
47
Die Grundverfügung sei bereits bestandskräftig. Hinsichtlich der angedrohten Zwangsgelder sei mit dem Nachgangsbescheid eine klarstellende Regelung erfolgt, mit der die aus der Eilentscheidung der Kammer beanstandeten Punkte aufgegriffen und insbesondere auf die Ausführungen in der Begründung der Entscheidung zur Fristsetzung reagiert worden sei. Das laufende Verfahren hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheids vom 22. Februar 2022 könne sich aus Sicht der Beklagten daher möglicherweise erledigen. Auf die Begründung des Nachgangsbescheids und den Inhalt der vorgelegten Behördenakten werden im Übrigen verwiesen.
48
Das Gericht hat am 2. Dezember 2024 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Hinblick auf die Klageanträge klargestellt hat, dass sich der Antrag in Ziffer I. Satz 2 auf die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 22. Februar 2022 beziehe und als Fortsetzungsfeststellungsantrag zu verstehen sei für den Fall, dass der Bescheid vom 22. Februar 2022 durch den Bescheid vom 15. November 2024 aufgehoben worden sei. Der Klageantrag in Ziffer II. Satz 1 beziehe sich ebenfalls auf die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 22. Februar 2022.
49
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Verfahrens M 8 SE 22.2074, das Protokoll zur mündlichen Verhandlung sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.
50
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. November 2024 nachträglich eine Nichtigkeitsfeststellungsklage (§ 43 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO) und hilfsweise eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 13. April 2021 in der Fassung des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 sowie den Nachgangsbescheid vom 15. November 2024 erheben ließ, hat die Beklagte in die nach den Grundsätzen des § 91 Abs. 1 VwGO zu behandelnde Klageerweiterung (vgl. Decker in: BeckOK VwGO, Stand 1.10.2024, § 91 Rn. 5; Wöckel in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, § 91 Rn. 4), die zugleich eine nachträgliche objektive Klagehäufung (§ 44 VwGO) darstellt, eingewilligt (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2024, S. 2).
51
Streitgegenstand dieses Klageverfahrens sind mithin der Feststellungsantrag, dass Zwangsgelder in Höhe von 4.200,00 EUR aus der Zwangsgeldandrohung vom 13. April 2021 nicht fällig geworden sind, der Antrag auf Aufhebung der im Bescheid vom 22. Februar 2022 (dort Ziffer II.) enthaltenen Neuandrohung von Zwangsgeldern, hilfsweise auf Feststellung, dass diese rechtswidrig gewesen ist, sowie schließlich der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Grundverwaltungsaktes der Beklagten vom 13. April 2021 und des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024, hilfsweise deren Aufhebung.
B.
52
Die Klagen haben mit den verfolgten Anträgen nur im tenorierten Umfang Erfolg.
53
I. Die Klage auf Feststellung, dass das „nach Ziff. I. des Bescheids der Beklagten vom 22.02.2022, (…) fällig gestellte Zwangsgeld nicht zur Zahlung fällig geworden ist“, ist zulässig, hat aber nur zum Teil Erfolg.
54
1. Die als Feststellungsklage statthafte Klage (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 46; BayVGH, B.v. 17.2.2023 – 12 ZB 22.2541 – juris Rn. 16; B.v. 28.10.2021 – 12 BV 20.1153 – juris Rn. 38; B.v. 27.9.2010 – 1 CS 10.1389 – juris Rn. 17) ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis bzw. Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO nicht deswegen entfallen, weil die Beklagte im Nachgangsbescheid vom 15. November 2024 ausgeführt hat, dass mit dessen Erlass „der Bescheid vom 22.02.2022 (…) überholt“ sei.
55
Die Kammer legt diese Aussage angesichts der Verwendung des Wortes „Bescheid“ durch die rechtskundige Beklagte dahingehend aus, dass sie sich lediglich die Zwangsgeld(neu) androhung vom 22. Februar 2022 (dort Ziffer II.) bezieht und sich – auch mangels gegenteiliger Aussagen im Nachgangsbescheid – nicht zur Mitteilung über die Zwangsgeldfälligkeit (Schreiben vom 22. Februar 2022, Ziffer I.) verhält, die – weil das Zwangsgeld mit Bedingungseintritt entsteht und fällig wird, es hierzu also keiner weiteren Maßnahme der Behörde bedarf (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG) – keinen Verwaltungsakt, also keinen „Bescheid“ darstellt, sondern lediglich eine Information der Behörde über den nach deren Auffassung erfolgten Bedingungseintritt.
56
2. Die Feststellungsklage ist (lediglich) im tenorierten Umfang begründet. Die mit Ziffer 2. der Grundverfügung vom 13. April 2021 angedrohten und mit Schreiben vom 22. Februar 2022 für fällig erklärten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 4.200,00 EUR sind (nur) in einer Höhe von 500,00 EUR (Nichterfüllung der Ziffer 1. Buchst. c) der Grundverfügung vom 13. April 2021) nicht fällig geworden. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich der übrigen 3.700,00 EUR, ist Fälligkeit eingetreten.
57
Fällig im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG wird ein angedrohtes Zwangsgeld, wenn während der Erfüllungsfrist im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG alle Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen und bei Ablauf der Erfüllungsfrist die durch die Grundverfügung auferlegte Pflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt ist (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 VwZVG; vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – juris Rn. 14 f.; B.v. 24.2.2005 – 1 ZB 04.276 – juris Rn. 42; VG München, U.v. 19.9.2022 – M 8 K 21.2670 – juris Rn. 30).
58
2.1. Die Vollstreckungsvorsausetzungen sind vorliegend nur teilweise erfüllt.
59
Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung ist u.a., dass ein wirksamer Grundverwaltungsakt mit vollstreckungsfähigem Inhalt vorliegt (Art. 18 Abs. 1, Art. 19 VwZVG).
60
Der Grundverwaltungsakt vom 13. April 2021 leidet jedoch hinsichtlich der in Ziffer 1. Buchst. c) enthaltenen Anordnung (Herstellung der Haustüre in einem dunkleren Farbton in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde) an einem zur Nichtigkeit führenden Fehler (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG), der auch durch Erlass des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 nicht mehr geheilt werden konnte (siehe nachstehend 2.1.1.). Hingegen ergeben sich weder aus dem Vortrag der Klagepartei noch aus den vorgelegten Behördenakten durchgreifende Anhaltspunkte für die Nichtigkeit des Grundverwaltungsakts vom 13. April 2021 auch hinsichtlich der in Ziffern 1 Buchst. a), b) und d) angeordneten Maßnahmen (siehe nachfolgend 2.1.2.).
61
2.1.1. Die Anordnung in Ziffer 1. Buchst. c) der Grundverfügung vom 13. April 2021, wonach die Haustüre „in einem dunkleren Farbton in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde herzustellen“ ist, ist inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Der Bestimmtheitsmangel führt vorliegend nicht nur zur Rechtswidrigkeit, sondern zur Nichtigkeit der in Ziffer 1. Buchst. c) des Bescheids vom 13. April 2021 ausgesprochenen Verpflichtung.
62
Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies erfordert zum einen, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für den Adressaten eindeutig erkennbar ist, sodass er sein Verhalten danach ausrichten kann (BVerwG, U.v. 26.10.2017 – 8 C 14.16 – ZfWG 2018, 139, juris Rn. 12 m.w.N.); der behördliche Wille darf keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich sein. Zum anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können (NdsOVG, B.v. 17.3.2023 – 14 ME 20/23 – BeckRS 2023, 7270 Rn. 7). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck (BVerwG, B.v. 13. 10. 2010 – 7 B 50.10 – juris Rn. 8 m.w.N.; NdsOVG, B.v. 4.6.2019 – 8 ME 39/19 – NVwZ-RR 2020, 38, juris Rn. 34 m.w.N.). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist (VGH BW, U.v. 9.11.2020 – 3 S 2590/18 – VBlBW 2021, 326, juris Rn. 35). Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist im Zweifel durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – BVerwGE 147, 81, juris Rn. 27). Hinreichende Bestimmtheit liegt dann vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2003 – 6 C 20.02 – BVerwGE 119, 282, juris Rn. 17). Will oder muss die Behörde dem Betroffenen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Freiheit überlassen, selbst auszuwählen, mit welchem Mittel das mit dem Verwaltungsakt verfolgte Ziel erreicht werden soll, kann oder muss sie sich auf die Angabe des Ziels beschränken (VGH BW, U.v. 10.1.2013 – 8 S 2919/11 – NVwZ-RR 2013, 451, juris Rn. 23). Das gilt gerade auch bei Verpflichtungen, welche in die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Verfügungsbefugnis über das Grundeigentum eingreifen. Insoweit kann es demzufolge geboten sein, die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anordnung zur Durchsetzung baurechtlicher Vorschriften gering zu halten (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 41.87 – BVerwGE 84, 335, juris Rn. 30).
63
In Anwendung dieser Maßstäbe stellt sich die in Ziffer 1. Buchst. c) der Grundverfügung vom 13. April 2021 als unbestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG dar. Der im objektiven Erklärungswert der Anordnung zum Ausdruck kommende behördliche Wille ist insoweit unterschiedlicher subjektiver Bewertung zugänglich. Der in der Grundverfügung enthaltenen Formulierung „in einem dunkleren Farbton“ kann – auch unter Zuhilfenahme der Bescheidsgründe, die sich hierzu nicht weiter verhalten, – nicht ansatzweise entnommen werden, welcher Farbton in welchem Dunkelgrad diese Voraussetzungen erfüllen soll. Der Zusatz „in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde“ vermag an diesem Befund nichts zu ändern, weil nicht nur unklar ist, was unter „Abstimmung“ zu verstehen sein soll, sondern auch offen ist, wie bei fehlender Übereinstimmung zu verfahren ist.
64
Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hat zwar regelmäßig (lediglich) die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts zur Folge. Die Nichtigkeit des Verwaltungsakts bewirkt ein Mangel nur dann, wenn er besonders schwerwiegend ist und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG).
65
Besonders schwerwiegend i.S.d. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG sind nur solche Rechtsfehler, die deshalb mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar sein können, weil sie tragenden Verfassungsprinzipien oder den der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen widersprechen (zu § 44 Abs. 1 VwVfG: BVerwG, U.v. 22.2.1985 – 8 C 107/83 – NJW 1985, 2658, juris Ls 1, Rn. 22). Hierfür genügt ein bloßer Verstoß auch gegen Rechtsnormen von herausragender Bedeutung wie die Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht gem. Art. 20 Abs. 3 GG nicht (BVerwG, U.v. 21.10.1983 – 8 C 174/81 – DVBl 1984, 192, juris Rn. 17 m.w.N.); vielmehr muss der Fehler schlechthin unerträglich für die Rechtsordnung sein und die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem solchem Maß verletzen, dass der Verwaltungsakt keine Geltung beanspruchen kann (vgl. NdsOVG, U.v. 13.9.2012 – 7 LB 84/11 – NVwZ-RR 2013, 129, juris Rn. 29 m.w.N.; OVG LSA, B.v. 5.10.2016 – 2 M 44/16 – NVwZ-RR 2017, 402, juris Rn. 10; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, 10. Auflage 2023, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 44 Rn. 104 m.w.N.). Offenkundigkeit bedeutet, dass die schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne Weiteres ersichtlich ist, sie sich also geradezu aufdrängen muss, oder dass ihm die Fehlerhaftigkeit gewissermaßen auf die Stirn geschrieben ist (BayVGH, U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – BayVBl. 2013, 84, juris Rn. 44; vgl. ferner: Goldhammer in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 5. EL Juli 2024, § 44 VwVfG Rn. 64 ff.).
66
Gemessen daran ist ein besonders schwerwiegender, offenkundiger Mangel im vorliegenden Fall zu bejahen. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts stets als besondere Ausnahme von dem Grundsatz anzusehen, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt und vom Bürger nur auf dem Rechtsweg beseitigt werden kann und selbst ein Verwaltungsakt, der einer gesetzlichen Grundlage entbehrt oder gegen eine wichtige Rechtsbestimmung verstößt, nicht allein schon aus diesem Grund nichtig ist. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots hat nur bei völliger Unbestimmtheit oder Unverständlichkeit eines Verwaltungsakts dessen Nichtigkeit zur Folge, also dann, wenn der Betroffene dem Bescheid schlechthin nicht mehr entnehmen kann, was von ihm gefordert wird (BayVGH, U.v. 27.3.2012 – 8 B 12.112 – BayVBl 2013, 342, juris Rn. 34 m.w.N.).
67
Diese Voraussetzungen sind im hier vorliegenden Fall erfüllt, da die Anordnung nicht nur offenlässt, mit welchem Farbton und welchem Dunkelgrad sie erfüllt werden kann, sondern auch unklar bleibt, wie die Abstimmung mit der Behörde zu erfolgen hat und welche Konsequenzen ein Dissens haben soll. Damit ist für die Klägerin bzw. den verständigen Leser nicht ansatzweise ersichtlich, was im vorliegenden Fall geschuldet wird, um sich anordnungskonform zu verhalten und eine Vollstreckung zu vermeiden.
68
Mit Erlass des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 ist auch keine „Heilung“ des Bestimmtheitsmangels eingetreten, da eine solche einen wirksamen Verwaltungsakt voraussetzt. Sie ist ausgeschlossen, wenn – wie vorliegend die Anordnung in Ziffer 1. Buchst. c) der Grundverfügung vom 13. April 2021 – nichtig ist (BayVGH, B.v. 22.4.2008 – 19 ZB 08.489 – NVwZ-RR 2009, 268, juris Rn. 31; OVG NW, B.v. 17.2.1994 – 10 B 350/94 – NVwZ 1995, 308; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2023, § 37 Rn. 42; Schröder in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 5. EL Juli 2024, § 37 VwVfG Rn. 46).
69
2.1.2. Hinsichtlich der übrigen, in Ziffern 1 Buchst. a), b) und d) der Grundverfügung vom 13. April 2021 enthaltenen Anordnungen lassen sich Gründe für eine Nichtigkeit hingegen nicht ausmachen.
70
2.1.2.1. Insofern liegt zunächst keine Unbestimmtheit – erst recht keine zur Nichtigkeit führende – im vorgenannten Sinne vor.
71
In der Klagebegründung wird geltend gemacht, der Grundlagenbescheid vom 13. April 2021 sei insoweit aus verschiedenen Gründen äußerst ungenau – so bleibe unbeschrieben, was die historische Balkontür sei, die genaue Bezeichnung der Stelle für das Anbringen eines Stahlgeländers an einem Aluminumfensterelement im Obergeschoss sei interpretationsfähig, da es schließlich vier Fassaden gebe, darüber hinaus solle der Wanddurchbruch zwischen Küche und Wohnraum entsprechend einem schwer lesbaren Handeintrag im Bauplan Nr* … zurückgebaut werden, obwohl mit der Sachbearbeiterin noch im März 2022 eine Alternativlösung diskutiert worden sei. Dieser Vortrag führt allerdings unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten rechtlichen Anforderungen nicht zur Annahme eines Bestimmtheitsmangels. Denn bereits aus dem der Anordnung vom 13. April 2021 vorgelagerten Schriftverkehr, insbesondere der vorherigen Anhörung der Klägerin, wird deutlich, dass für diese angesichts der Vorgeschichte klar und unzweideutig erkennbar war, was von ihr gefordert wird. Dies zeigen insbesondere ihre Stellungnahme vom 8. Februar 2021 im Rahmen des Anhörungsverfahrens (vgl. Behördenakte …, Bl. 44 ff.) sowie ihre E-Mail an die Beklagte vom 7. November 2021 (enthalten im Denkmalakt … Bl. 119 ff.), in welchem sie auf die von der Beklagten angesprochenen Punkte eingeht und zu erkennen gibt, dass ihr bekannt ist, welche Balkontür und welches Aluminiumfenster an dem – im Übrigen lediglich zwei Gebäudeaußenwände aufweisenden – Reihenmittelhaus Gegenstand des Verfahrens ist. Soweit der Klägerbevollmächtigte auf den schwer lesbaren Handeintrag des Entwurfsverfassers der Klägerin in den Bauzeichnungen zur Baugenehmigung vom 19. Oktober 2018 verweist, ist anzumerken, dass es sich dabei um den eigenen Antrag der Klägerin auf der Grundlage der Handeintragungen ihres Entwurfsverfassers handelt. Dass dieser die Eintragungen nur zur Vermeidung der Ablehnung des Bauantrags vorgenommen haben will, ist für die Frage der Bestimmtheit der Grundverfügung ebenso irrelevant wie der Umstand, dass Klägerin sich darüber hinaus noch in Gesprächen mit der Beklagten über Alternativlösungen befunden haben will.
72
2.1.2.2. Ein besonders schwerwiegender, offenkundiger – und damit zur Nichtigkeit führender – Fehler i.S.d. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG liegt mit Blick auf die Ziffern 1 Buchst. a), b) und d) der Grundverfügung vom 13. April 2021 auch nicht aus anderen Gründen vor.
73
Soweit die Klagepartei die von ihr geltend gemachte Nichtigkeit – zusammengefasst – aus Widersprüchen zu vorherigen Absprachen mit der Beklagten ableiten möchte, dringt sie damit – unbeschadet des Umstands, dass es sich bei ihren Einwendungen um solche handeln dürfte, die die Frage der Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Verwaltungsaktes, nicht aber dessen Nichtigkeit betreffen (dazu noch nachstehend), nicht durch.
74
Dass die von der Klägerin vorgenommenen Änderungen am Denkmal, die Gegenstand der Anordnungen vom 13. April 2021 sind, von einer Baugenehmigung oder denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis gedeckt wären, trägt sie selbst nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Etwaige mündliche Erklärungen der zuständigen Behörde entfalteten keine Verbindlichkeit (vgl. Wortlaut des Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG: „schriftlichen Form“); für das Vorliegen einer Zusicherung im Sinne des Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG gibt es keine Anhaltspunkte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Protokoll des von der Klägerin beauftragen Entwurfsverfassers vom 12. Dezember 2017 über den gemeinsamen Ortstermin mit einem Vertreter der Unteren Denkmalschutzbehörde der Beklagten am 8. Dezember 2017. Weder genügt eine schriftliche Bestätigung des Adressaten einer – etwaigen – mündlichen Zusicherung (Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 38 Rn. 55) noch ein Schweigen auf entsprechende Anfragen (Stelkens, a.a.O. § 38 Rn. 22; Schröder in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 5. EL Juli 2024, § 38 VwVfG Rn. 15; BVerwG, B.v. 22.3.1995 – 1 WB 81/94 – BVerwGE 103,219, juris Rn. 12).
75
Auch aus dem übrigen Vorbringen in den vorgelegten Klagebegründungen lassen sich keine Gründe für die Nichtigkeit der in Ziffer 1. Buchst. a), b) und d) enthaltenen Anordnungen vom 13. April 2021 ableiten. Dies gilt insbesondere auch für den Vortrag, die getroffenen Einzelmaßnahmen seien fachlich nicht nachvollziehbar, willkürlich, gleichheitswidrig, entbehrten jeder Logik, beruhten auf „atmosphärischen Spannungen“, seien ermessensfehlerhaft und die Erfüllungsfrist zu kurz bemessen. Vor dem oben bereits dargestellten Hintergrund, dass die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts stets als besondere Ausnahme von dem Grundsatz anzusehen, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt und vom Bürger nur auf dem Rechtsweg beseitigt werden kann (vgl. dazu: BayVGH, U.v. 12.12.2000 – 8 B 99.3111 – BayVBl. 2001, 468, juris Rn. 45), wird deutlich, dass ein solcher Fall hier nicht gegeben ist. Es liegt insoweit weder ein besonders schwerwiegender, noch ein offenkundiger Fehler i.S.d. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG vor. In der Sache zielen die klägerseits umfangreich erhobenen Einwände im Wesentlichen vielmehr darauf ab, über den Prüfungsumfang im Vollstreckungsverfahren hinaus die Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Grundverwaltungsakts vom 13. April 2021 überprüfen zu lassen, die jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist. Die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheids ist – anders als seine Wirksamkeit – keine Voraussetzung für seine Vollstreckung (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2008 – 7 C 5/08 – BayVBl 2009, 184, juris Rn. 12 m.w.N.; BayVGH, B.v. 29.7.2002 – 20 ZB 02.1265 – juris Rn. 12) und daher im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen nicht relevant. Denn nach Art. 38 Abs. 3 VwZVG sind förmliche Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde bei der Anwendung eines Zwangsmittels, zu welcher die Fälligstellung eines Zwangsgelds gehört (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 3, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG; vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2023 – 12 ZB 22.2541 – juris Rn. 17; B.v. 28.10.2021 – 12 BV 20.1153 – juris Rn. 39; B.v. 24.1.2011 – 2 ZB 10.2365 – juris Rn. 3), (nur) insoweit zulässig, als geltend gemacht werden kann, dass diese Maßnahmen eine selbständige Rechtsverletzung darstellen. Damit sind Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der der Fälligstellung zugrundeliegenden Grundverwaltungsakte – hier der Verpflichtung der Klägerin zur Durchführung verschiedener Maßnahmen und der Androhung entsprechender Zwangsgelder mit Bescheid vom 13. April 2021 – ausgeschlossen (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2008 – 7 C 5.08 – NVwZ 2009, 122, juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 7.11.2017 – 20 ZB 16.991 – juris Rn. 17; B.v. 4.7.2012 – 22 ZB 12.204 – juris Rn. 12 ff. m.w.N.).
76
Gleiches gilt im Übrigen für den klägerischen Vortrag, es liege ein Verstoß gegen § 2 EEG 2023 vor. Hinzu kommt, dass – unbeschadet des Umstands, dass die Norm in ihrer vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin zitierten Fassung erst nach Erlass der Grundverfügung in Kraft getreten ist – insoweit schon nicht nachvollziehbar ist, inwieweit die Vorschrift, die ausweislich der in § 3 Nr. 1 EEG 2023 enthaltenen Legaldefinition nur für die dort genannten Anlagen (= jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas, wobei im Fall von Solaranlagen jedes Modul eine eigenständige Anlage ist; als Anlage gelten auch Einrichtungen, die zwischengespeicherte Energie, die ausschließlich aus erneuerbaren Energien oder Grubengas stammt, aufnehmen und in elektrische Energie umwandeln) gilt, vorliegend hinsichtlich der Haus- und Balkontüre und des Küchendurchbruchs von Bedeutung sein sollte.
77
2.1.2.3. Ferner ist auch kein absoluter Nichtigkeitsgrund aus dem abschließenden (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2023, § 44 Rn. 129) Positivkatalog des Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG gegeben. Insbesondere verstößt der Grundverwaltungsakt vom 13. April 2021 nicht gegen die guten Sitten (Art. 44 Abs. 2 Nr. 6 BayVwVfG).
78
Unter Rekurs auf den Rechtsgedanken des § 138 BGB und in Orientierung an den sozialethischen Wertvorstellungen, die in der Rechtsgemeinschaft als maßgebliche Ordnungsvoraussetzungen anerkannt sind (vgl. BVerwG, B.v. 30.1.1990 – 1 C 26/87 – BVerwGE 84, 314, juris Rn. 17), verstößt ein Verwaltungsakt dann gegen die guten Sitten i.S. von Art. 44 Abs. 2 Nr. 6 BayVwVfG, wenn er – insbesondere unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Grundwerte – gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 25. Auflage 2024, § 44 Rn. 48 m.w.N.; BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 – juris Rn. 34) bzw. wenn durch ihn eine erhebliche Abweichung von der herrschenden Moral bewirkt wird (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2023, § 44, Rn. 152, 154). Weder ordnet aber die Grundverfügung vom 13. April 2021 in diesem Sinne etwas Sittenwidriges an noch erlaubt sie etwas, was wegen seiner Sittenwidrigkeit nicht erlaubnisfähig wäre (vgl. BVerwG, B.v. 30.1.1990 – 1 C 26/87 – BVerwGE 84, 314, juris Rn. 14).
79
Darüber hinaus kann auch nicht von „reiner Willkür“ (vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 25. Auflage 2024, § 44 Rn. 50) ausgegangen werden. Hierunter fallen insbesondere Verwaltungsakte, für die kein denkbarer sachlicher Grund spricht oder die in grober Außerachtlassung elementarer Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens erlassen wurden (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 50). An die Einstufung einer Maßnahme als rein willkürlich sind hohe Anforderungen zu stellen, die im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt sind. In der Begründung der Verfügung vom 13. April 2021 werden sachliche denkmalfachliche Gründe für die Anordnung der Einzelmaßnahmen genannt. Der Bescheid wurde auf der Grundlage von Bewertungen der Unteren Denkmalschutzbehörde erstellt, die in internen Stellungnahmen festgehalten sind (etwa vom 24. März 2021 zum Schreiben der Klägerin im Rahmen der Anhörung). Auch insoweit ist nicht erkennbar, dass die Anordnung von sachfremden oder willkürlichen Argumenten getragen wäre. Allein die unterschiedliche Beurteilung der Denkmalgerechtigkeit von Maßnahmen ist nicht als willkürlich oder schikanös anzusehen.
80
2.2. Die Zwangsgeldandrohung vom 13. April 2021 als Leistungsbescheid ist nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG hinsichtlich der Ziffern 1. Buchst a), b) und c) der Grundverfügung auch vollstreckbar, da die Klägerin diese nicht angefochten hat und sie bestandskräftig geworden ist. Die nach Eintritt der Fälligkeit vorgenommene Änderung durch Erlass des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 vermag rückwirkend nichts an der Fälligkeit der im Bescheid vom 13. April 2021 angedrohten Zwangsgelder zu ändern (vgl. VG München, U.v. 16.10.2017 – M 8 K 16.5207 – juris Rn. 52, 59).
81
2.3. Auch die übrigen Voraussetzungen für das Fälligwerden der mit Bescheid vom 13. April 2021 angedrohten Zwangsgelder in Höhe von 3.700,00 EUR liegen vor. Insbesondere hat die Klägerin – was sie selbst auch nicht bestreitet – die in Ziffern 1 a), b) und d) des Grundverwaltungsakts enthaltenen Anordnungen nicht fristgerecht, d.h. bis zum Ablauf der von der Beklagten bis 25. Oktober 2021 (Behördenakte …, Bl. 81) nochmals verlängerten (Art. 31 Abs. 7 Satz 1 BayVwVfG) Frist erfüllt. Auf ein Verschulden kommt es nicht an (BVerwG, U.v. 16.12.2004 – 1 C 30/03 – NVwZ 2005, 819; BayVGH, B.v. 3.4.2020 – 15 ZB 19.1023 – juris Rn. 20; VG München, U.v. 22.6.2020 – M 8 K 18.3811 – n.v., Urteilsumdruck Rn. 25). Zwar hatte sich die Klägerin mit E-Mail vom 7. November 2021, mithin nach Ablauf der verlängerten Frist, nochmals an die Beklagte gewandt und sinngemäß um nochmalige Überprüfung der vier angeordneten Maßnahmen gebeten. Eine (weitere) Fristverlängerung wurde nach Aktenlage insoweit jedoch weder beantragt noch ausgesprochen. Darüber hinaus hat die Beklagte die Klägerin sodann mit Schreiben vom 13. Januar 2022 in Kenntnis gesetzt, dass weiterhin auf Durchsetzung der Forderungen bestanden würde. Auch die Einlassungen der Klägerin noch mit der Beklagten in telefonischem Kontakt gestanden zu haben (vgl. E-Mail vom 6. April 2022 an den Klägerbevollmächtigten, vorgelegt als Anlage K10), führen nicht zu einer anderen Einschätzung. Weder wurde in diesem Zusammenhang nach Aktenlage eine nochmalige Fristverlängerung gewährt, noch kann die Klägerin aus dem Umstand, nach ihrer Darstellung mit der Beklagten im Austausch gewesen zu sein, einen Anspruch auf Gewährung eines weiteren Vollstreckungsaufschubs herleiten.
82
2.4. Nicht durchdringen kann die Klägerin schließlich mit dem Einwand, die Beklagte habe ihr Anwendungsermessen in Bezug auf die Fälligstellung nicht ausgeübt.
83
Zwar bestimmt Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG, dass die Vollstreckungsbehörde das angedrohte Zwangsmittel anwenden kann, wenn die Verpflichtung nicht innerhalb der in der Androhung bestimmten Frist erfüllt wird. Das Zwangsgeld wird jedoch gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 1 VwZVG nach den Vorschriften des Zweiten Abschnittes des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes beigetrieben. Bei einem Zwangsgeld besteht die Anwendung daher darin, dass es nach Art. 23 ff. VwZVG beigetrieben wird (vgl. Linhart, Handbuch für die Verwaltungspraxis, 56. AL, Stand: Juni 2023 § 18 <Vollstreckung nach VwZVG> Rn. 196; vgl. Nr. 25.3 der Vollzugshinweise a.F. zu Art. 37 VwZVG). Die Fälligkeitsmitteilung, die, wie erörtert, unmittelbar aus Art. 31 Abs. 3 Satz 3 BayVwZVG folgt und kein Verwaltungsakt ist, ist noch nicht Teil der Beitreibung (BayVGH, B.v. 17.4.2023 – 10 ZB 22.1666 – juris Rn. 11).
84
II. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. November 2024 nachträglich eine Nichtigkeitsfeststellungsklage (§ 43 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO), hilfsweise eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 13. April 2021 in der Fassung des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 sowie den Nachgangsbescheid vom 15. November 2024 erheben ließ, ist die Klage im Hauptantrag zulässig, aber nur zum Teil, nämlich hinsichtlich Ziffer 1. Buchst. c) der Grundverfügung vom 13. April 2021, begründet (siehe nachstehend 1.). Die hilfsweise erhobene Anfechtungsklage ist zum Teil unzulässig (siehe nachfolgend 2.), nämlich soweit Aufhebung Ziffer 1. Buchs. a), b) und d) des Grundverwaltungsaktes vom 13. April 2021 i.d.F. des Nachgangsbescheids beantragt wurde. Soweit die Klage im Hilfsantrag zulässig ist, ist sie (nur) zum Teil – hinsichtlich Ziffer 1. Buchst. c. c.a. und c.b. – begründet (siehe nachfolgend 3.).
85
1. Die im Hauptantrag erhobene Nichtigkeitsfeststellungsklage hat (lediglich) hinsichtlich der Anordnung in Ziffer 1. Buchst. c) des Grundverwaltungsaktes vom 13. April 2021 Erfolg, weil diese, wie vorstehend ausgeführt, an einem zur Nichtigkeit führenden, nicht heilbaren Mangel an Bestimmtheit leidet. Im Übrigen liegen keine Gründe für eine Nichtigkeit vor. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umseitigen Ausführungen unter B.I.2.1.1. und B.I.2.1.2. der Urteilsgründe Bezug genommen.
86
2. Die hilfsweise erhobene Anfechtungsklage ist bereits unzulässig, soweit damit die Aufhebung der Ziffer 1. Buchst. a), b) und d) der Grundverfügung vom 13. April 2021 begehrt wird.
87
Insoweit ist der Bescheid vom 13. April 2021 bestandskräftig geworden. Auch der Erlass des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 durchbricht diese Bestandskraft nicht, da sich dessen Regelungsgehalt in Ziffer 1 Buchst. a), b) und d) nicht auf die in Ziffer 1. des Grundverwaltungsakts vom 13. April 2021 angeordneten Maßnahmen bezieht, sondern lediglich auf die in Ziffer 2. enthaltenen Zwangsgeldandrohungen. Dies ergibt sich bereits aus dem Einleitungssatz in Tenorziffer 1. des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 [„(…) wird die Nr. 2 des Bescheides vom 13.04.2021 wie folgt klarstellend geregelt: (…)“]. Angesichts dieses eindeutigen Wortlauts kann der Klagepartei nicht in ihrer Annahme gefolgt werden, in Ziffer 1. des Nachgangsbescheids sei nunmehr eine nochmalige, erneute Grundverfügung mit kombinierter Zwangsgeldandrohung enthalten. Vielmehr ist durch die Angabe, dass sich der Nachgangsbescheid lediglich auf Ziffer 2. des Grundverwaltungsaktes bezieht, deutlich, dass hiermit lediglich die Zwangsgeldandrohungen nochmals neu aufgesetzt werden sollten und die dortige Angabe, was die Klägerin im Einzelnen zu tun hat, nur wiederholend zum Zwecke der besseren Lesbarkeit wiedergegeben wird. Für diese Auslegung spricht auch die Verwendung der in der Bescheidstechnik üblicherweise für Zwangsgeldandrohungen verwendeten Wortwahl („Für den Fall, dass (…) nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist (…) nach Zustellung, (…), wird ein Zwangsgeld i.H.v. (…) angedroht“).
88
3. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nur teilweise, nämlich hinsichtlich der Ziffer 1. Buchst. c. c.a. und c.b. des Nachgangsbescheids begründet (siehe nachfolgend 3.1.). Im Übrigen ist sie unbegründet, weil der Bescheid vom 15. November 2024 insoweit rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (siehe nachstehend 3.2.).
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3.1. Die Regelungen in Ziffer 1. Buchst. c. des Nachgangsbescheids sind – anders als Ziffer 1. Buchst. a., b. und d. – nicht nur als isolierte neue Zwangsgeldandrohung zu sehen, sondern als neue Grundverfügung im Sinne des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO anzusehen.
90
Die im Bescheid vom 13. April 2021 in Ziffer 1. Buchst. c) enthaltene Verpflichtung ist infolge Unbestimmheit nichtig und der Bestimmtheitsmangel auch im Wege der Nachbesserung nicht heilbar (siehe oben, Ziffer B.I.2.1.1.). Trotz der Bezugnahme auf die Ziffer 2. des Grundverwaltungsakts im Nachgangsbescheid kann die Regelung in Ziffer 1. Buchst. c. des Nachgangsbescheids zum einen wegen der aufgrund der Nichtigkeit fehlenden Ausgangsregelung, zum anderen wegen des unverkennbaren Regelungsgehalts nicht als bloße Zwangsgeldandrohung angesehen werden. Es handelt sich um eine neue Regelung, da darin erstmals nähere Farbvorgaben enthalten sind und eine Festlegung auf bestimmte Farbtöne mit Nennung der NCS oder RAL Nummer erfolgt. Ziffer 1. Buchst. c. ist daher ein neuer Grundverwaltungsakt. Dieser ist jedoch allein schon deswegen rechtswidrig, weil die Beklagte in ihrem Bescheid vom 15. November 2024 insoweit kein Ermessen in ausgeübt hat. Es fehlen jegliche Erwägungen, in denen die Anordnung der konkreten Farbgestaltung mit den Interessen der Klägerin abgewogen werden. Die im Ausgangsbescheid vom 13. April 2021 genannten Gründe können nicht auf die mit dem Nachgangsbescheid getroffene Bestimmung des Farbtons übertragen werden.
91
3.2. Im Übrigen ist die Anfechtungsklage unbegründet. Die – formell rechtmäßigen – Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 1. a., b. und d. des Nachgangsbescheids sind auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG.
92
Nach Art. 29 Abs. 1 VwZVG können Verwaltungsakte, mit denen die Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gefordert wird, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. Zu den Zwangsmitteln gehört dabei gem. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 VwZVG das Zwangsgeld. Zwangsmittel können gem. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist dabei erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist, Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG. Dies ist hier der Fall, da die Klägerin ihren Verpflichtungen aus dem Bescheid vom 13. April 2021 nicht erfüllt hat.
93
Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor.
94
3.2.1. Die gegenüber der Klägerin ergangene Grundverfügung vom 13. April 2021 wurde bestandskräftig (und damit unanfechtbar i.S.v. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG). Die Verfügung ist – mit Ausnahme der Ziffer 1. Buchst c) des Bescheids vom 13. April 2021 – wirksam (s.o.).
95
3.2.2. Eine selbständige Rechtsverletzung durch die Zwangsgeldandrohung vom 15. November 2024 ist vorliegend nicht ersichtlich.
96
Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG kann – soweit, wie hier, die Androhung des Zwangsmittels nicht mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt verbunden und dieser unanfechtbar geworden ist – die Androhung der Zwangsmittel nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird.
97
3.2.2.1. Insbesondere erachtet die Kammer die nunmehr enthaltenen Erfüllungsfristen nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG für angemessen.
98
Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist bei der Androhung von Zwangsmitteln für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann.
99
Eine angemessene und zumutbare Fristbestimmung hat einerseits dem öffentlichen Interesse an der Dringlichkeit der Erfüllung der jeweiligen Pflicht und andererseits dem Umfang der jeweiligen Verpflichtung und den (tatsächlichen und rechtlichen) Möglichkeiten ihrer Erfüllung Rechnung zu tragen; zwingende Voraussetzung der Zumutbarkeit ist daher jedenfalls, dass die zu vollstreckende Pflicht nach der allgemeinen Lebenserfahrung überhaupt innerhalb der gesetzten Frist von dem/den Adressaten erfüllt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 18.1.2023 – 8 CS 22.2580 – juris Rn. 29; B.v. 1.4.2016 – 15 CS 15.2451 – juris Rn. 26; vgl. auch Thum in Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand: August 2024, Art. 36 VwZVG Erl. 4).
100
Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles sind die mit Bescheid vom 15. November 2024 nunmehr eingeräumten Fristen zur Vornahme der in Ziffer 1. a), b) und d) des Grundverwaltungsaktes vom 13. April 2021 enthaltenen Handlungspflichten nach summarischer Prüfung angemessen, zumal sie, soweit erforderlich, auch ein abgestuftes Vorgehen für die zeitlich vorgeschaltete Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde vorsehen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Klägerin die angeordneten Maßnahmen nicht alleine ausführen kann, sondern hierfür eine Werk- und Detailplanung erstellen lassen [Ziffern 1a) und b) des Bescheids vom 13. April 2021] und externe Fachkräfte mit der Durchführung der Maßnahmen beauftragen muss. Die vorgesehenen Fristen sind nach allgemeiner Lebenserfahrung als angemessen anzusehen, um den betreffenden Verpflichtungen aus der Grundverfügung nachzukommen.
101
3.2.2.2. Die im Bescheid vom 15. November 2024 angedrohten Zwangsgelder sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Diese ist nicht ermessensfehlerhaft (vgl. dazu: Zeiser in: Wernsmann, Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz, 1. Auflage 2020, Art. 31 Rn. 5), insbesondere steht sie nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Zweck.
102
Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR. Reicht das gesetzliche Höchstmaß nicht aus, so kann es überschritten werden (Art. 31 Abs. 2 Satz 3 VwZVG). Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen, wobei nach Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen ist. Eine besondere Begründung für die geschätzte Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich (vgl. BayVGH, 16.9.2010 – 1 CS 10.1803 – juris Rn. 23).
103
Dieses berücksichtigend, sind die im Nachgangsbescheid unter Ziffer 1. Buchst. a. a.a., a.b., b. ba., bb. und d. angedrohten Zwangsgelder in Höhe von 1.000,00 EUR, 5.500,00 EUR und 6.000,00 EUR nicht zu beanstanden. Der Vortrag in der Klagebegründung, das Interesse der Klägerin an der Vornahme der Handlung sei hier gleich null, verkennt, dass vorliegend das Interesse am Unterbleiben der Handlung (vgl. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG) zu bewerten ist. Das Zwangsgeld soll, um den nötigen Nachdruck zu erzielen, so bemessen sein, dass der Pflichtige aus der Nichterfüllung der Anordnung keinen wirtschaftlichen Vorteil ziehen kann (Zeiser in: Wernsmann, Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz, 1. Auflage 2020, Art. 31 Rn. 9). Hierbei steht der Behörde innerhalb des gesetzlichen Rahmens ein weiter Entscheidungsspielraum zu, bei dem die Umstände des Einzelfalles und die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen zu berücksichtigen sind (BayVGH, U.v. 16.09.2010 – 1 CS 10.1803 – juris Rn. 23). Unter Berücksichtigung dieses weiten Entscheidungsspielraums sind die angedrohten Zwangsgelder nicht unangemessen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Zwangsgeldandrohung nicht per se eine Geldzahlungspflicht begründet. Ob die Zwangsgeldandrohung in eine Zahlungsverpflichtung umschlägt, hängt allein vom selbstbestimmten Verhalten des Adressaten ab.
104
3.2.2.3. Soweit die Klagepartei eine Nichtberücksichtigung des § 2 EEG 2023 rügt, erschließt sich nicht, welche Bedeutung der Vorschrift bei den in Rede stehenden Maßnahmen zukommen soll. Insoweit wird auf die Ausführungen unter B.I.2.1.2.2 Bezug genommen.
105
III. Soweit die Klägerin in Ziffer II. ihres Klageantrags die Aufhebung des Bescheids vom 22. Februar 2022 beantragt, ist die Klage, da für die Sachurteilsvoraussetzungen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich ist (BVerwG, U.v. 2.11.2017 – 7 C 25/15 – juris Rn. 17; U.v. 27.3.1998 – 4 C 14.96 – juris Rn. 20; Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, § 42 Rn. 79), durch den Erlass des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 zwischenzeitlich unzulässig geworden. Es fehlt entweder an der Statthaftigkeit oder jedenfalls am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
106
Zwar stellt die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO) grundsätzlich die richtige Klageart gegen eine Zwangsgeldandrohung, wie sie Bescheid vom 22. Februar 2022, dort Ziffer II., enthalten war, dar (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 VwZVG; Wernsmann in: Wernsmann, Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz, 1. Auflage 2020, Art. 38 Rn. 8). Die Anfechtungsklage setzt allerdings einen wirksamen und den Kläger belastenden Verwaltungsakt (Art. 35 BayVwVfG) voraus.
107
Wirksam wird ein Verwaltungsakt [der nicht nichtig ist (Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG)] im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegenüber demjenigen, für den erst bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist (Art. 43 Abs. 1 BayVwVfG). Er bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (Art. 43 Abs. 2 BayVwVG). Dieser Fall ist eingetreten, da die Beklagte den Verwaltungsakt vom 22. Februar 2022 (dort Ziffer II.) in ihrem Nachgangsbescheid vom 15. November 2024 zurückgenommen hat. Dort wird – im Anschluss an Tenorziffer 2. (Kostengrundentscheidung) und vor der Begründung des Nachgangsbescheids – ausgeführt, dass der Bescheid vom 22. Februar 2022 mit diesem Bescheid überholt sei.
108
Das Gericht legt diesen Satz dahingehend aus, dass die Beklagte damit eine Regelung bezüglich der streitig gewordenen Rechtslage treffen wollte. Zwar hat die Beklagte im vorliegenden Fall das Wort „Rücknahme“ weder gebraucht noch den Vorgang bzw. den rechtlichen Rahmen näher umschrieben. Allerdings kann eine Erklärung der Rücknahme auch konkludent erfolgen, etwa durch den Erlass eines das Rechtsverhältnis ändernden neuen Bescheides (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.1982 – 8 C 122/81 – BVerwGE 66, 61, juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 5.11.2013 – 19 B 09.1559 – RdL 2014, 339, juris Rn. 19; vgl. auch Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2023, § 48 Rn. 244, sowie Stelkens, a.a.O., § 35 Rn. 78).
109
Mit der Formulierung, dass der Bescheid vom 22. Februar 2022 mit dem Nachgangsbescheid vom 15. November 2024 „überholt“ sei, macht die Beklagte für die Klägerin verbindlich nach außen deutlich, dass sie der Zwangsgeldneuandrohung vom 22. Februar 2022 keine rechtliche Bedeutung mehr beimessen will. Ihr Wille ist erkennbar darauf gerichtet, diese aufzuheben (vgl. dazu: Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 48 Rn. 246). Dies belegt auch eine Zusammenschau mit weiteren Ausführungen im Nachgangsbescheid, namentlich dessen Tenorziffer 1. und dessen Begründung. Hieraus ergibt sich deutlich, dass die Beklagte mit Erlass des „Nachgangsbescheids auf den Beschluss der Kammer vom 22. März 2024 im Verfahren M 8 SE 22.2074, in welchem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer II.1. des Bescheids vom 22. Februar 2022 enthaltene Zwangsgeldandrohung angeordnet wurde, reagieren und den dort konstatierten Mangel der ausreichenden Fristsetzung bereinigen wollte. Damit ist der Satz, dass der Bescheid vom 22. Februar 2022 mit dem Nachgangsbescheid „überholt“ sei – auch ohne explizite Nennung des Worts „Rücknahme“ und der einschlägigen Vorschriften als Rücknahme eines im Nachhinein als rechtswidrig erkannten belastenden Verwaltungsakts nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG auszulegen. Dass der Ausspruch keine eigene Tenorziffer erhalten hat, mag zwar bescheidstechnisch als unkonventionell zu betrachten sein, ändert aber nichts am materiell-rechtlichen Gehalt der Aussage.
110
Damit ist der Bescheid vom 22. Februar 2022 – dort Ziffer II. – in dem für die Beurteilung der Sachurteilsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr wirksam. Die mit ihm für die Klägerin ursprünglich verbundene Beschwer ist entfallen. Daher ist die gegen ihn erhobene Anfechtungsklage nicht mehr statthaft im Sinne von § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO. Zudem kann die Anfechtungsklage der Klägerin keine (weiteren) rechtlichen oder tatsächlichen Vorteile mehr bringen, so dass auch das für alle verwaltungsgerichtlichen Verfahrensarten erforderliche Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist.
111
IV. Soweit die Klägerin im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung vom 22. Februar 2022 begehrt, ist die Klage unzulässig, da es ihr am erforderlichen besonderen Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit fehlt.
112
Hierfür genügt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedes nach Lage des Falles anzunehmende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (vgl. BVerwG, B.v. 24.10.2006 – 6 B 61.06 – NVwZ 2007, 227, juris Rn. 3 m.w.N.), wofür sich im Wesentlichen drei Hauptfallgruppen herausgebildet haben, bei deren Vorliegen regelmäßig ein berechtigtes Feststellungsinteresse zu bejahen ist: Die Fälle der Wiederholungsgefahr, die Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsanspruchs sowie Fälle des Rehabilitationsinteresses (vgl. Schübel-Pfister in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 113 Rn. 111).
113
Die Klägerin hat ein schutzwürdiges Fortsetzungsfeststellungsinteresse weder dargelegt noch ist ein solches aus den bekannten Umständen ableitbar.
114
Zwar ist ein solches berechtigtes Feststellungsinteresse namentlich dann anzunehmen, wenn nach Lage der Dinge die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass die Behörde unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen einen gleichartigen Verwaltungsakt erlassen wird (sog. „Wiederholungsgefahr“, vgl. BVerwG, B.v. 16.10.1989 – 7 B 108/89 – NVwZ 1990, 360, juris Rn. 5). Das gilt indes dann nicht, wenn sich die Wiederholungsgefahr – wie hier mit Erlass des Nachgangsbescheids vom 15. November 2024 und der darin von der Beklagten überarbeiteten Zwangsgeldandrohung – bereits realisiert hat und der befürchtete weitere Bescheid bereits erlassen worden ist (OVG LSA, U.v. 24.11.2010 – 3 L 91/10 – juris Ls 1, Rn. 23; vgl. dazu: Decker in: BeckOK VwGO, Stand 1.10.2024, § 113 Rn. 87.2). Damit ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes für die Klägerin nutzlos, weil der Erlass des von ihr befürchteten neuen Verwaltungsaktes – hier einer neuen Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 15. November 2024 – nicht (mehr) abgewendet werden kann. Es bedarf der Feststellung auch nicht, weil sie den nunmehr erlassenen Verwaltungsakt anfechten kann und auch angefochten hat, um ihre Rechte wahrzunehmen (vgl. dazu: OVG LSA, U.v. 24.11.2010 a.a.O. Rn. 23).
C.
115
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
116
Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Kosten bei einem teilweisen Obsiegen und teilweise Unterliegen der Beteiligten entweder gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Maßgeblich für die Frage, ob überhaupt und in welchem Umfang ein Teilobsiegen vorliegt, ist der Vergleich des Sachantrags des Klägers/Rechtsmittelführers oder Beigeladenen mit dem Ausspruch des Gerichts zur Hauptsache (Zimmermann-Kreher in: BeckOK VwGO, Stand 1.7.2024, § 155 Rn. 1).
117
Unter Berücksichtigung der Anteile des Prozesserfolgs am Verfahren insgesamt ist es verhältnismäßig, der Klägerin ¾ und der Beklagten ¼ der Kosten aufzuerlegen.
118
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).