Titel:
Wohnungseigentümergemeinschaft, Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, Wohnungseigentümerversammlung, Beschlüsse, Versäumnisurteil, Einzelabrechnung, Eigentümerversammlung, Beschlußfassung, Einzelwirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Verwaltervertrag, Wirtschaftsplan, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Anfechtungsklage, Abrechnungsspitzen, Rechtsschutzbedürfnis, Hausverwaltung, Vorschuss, Gemeinschaftseigentum, Entlastungsbeschluß
Schlagworte:
Wohnungseigentümerversammlung, Anfechtungsklage, Beschlussanfechtung, Verwalterbestellung, Jahresabrechnung, Bestimmtheitsgrundsatz, Kostenentscheidung
Vorinstanz:
AG Bamberg, Urteil vom 07.12.2023 – 105 C 685/22 WEG
Fundstelle:
BeckRS 2024, 45696
Tenor
1. Auf den Einspruch des Klägers zu 1) wird das Versäumnisurteil des Landgerichts Bamberg vom 07.07.2023, Az, 41 S 1/23 WEG, dahingehend aufgehoben, dass unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Bayreuth vom 07.12.2023, Aktenzeichen 105 O 685/22 WEG, der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft …, gefasst auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.06.2022 zu dem Tagesordnungspunkt „TOP 8 Beschluss über Einbau einer Revisionsklappe, Kosten ca. 761,00 €“ für ungültig erklärt wird.
Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil des Landgerichts Bamberg vom 07.07.2023 aufrechterhalten.
2. Der Kläger zu 1) hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Bayreuth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
Wegen der Feststellungen zur Tatsachengrundlage wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 07.12.2022 (Bl. – 72 d. A. 105 C 685/22 WEG) Bezug genommen.
2
Ergänzend wird festgestellt, dass der Kläger zu 1) bis zum Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft nach seiner verstorbenen Ehefrau, der Klägerin zu 2), kein Eigentümer der streitgegenständlichen Wohnung in der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft war (Bl. 179 – 184 d. A.).
3
In der Eigentümerversammlung vom 13.06.2023 (Bl. 194 – 195 d. A.) wurde nunmehr unter TOP 6 mehrheitlich beschlossen, dass das Treppenhaus inklusive des Handlaufs mit einem Kostenaufwand von ca. 8.000,00 € gestrichen und dies aus der Rücklage finanziert werde. Dieser Beschluss wurde nicht angefochten.
4
Durch Endurteil vom 07.12.2022 wies das Amtsgericht Bayreuth die Anfechtungsklage der beiden Kläger gegen die in der Eigentümerversammlung der Beklagten (Wohnungseigentümergemeinschaft …) vom 14.06.2022 gefassten Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten TOP 2, TOP 3, TOP 5, TOP 6, TOP 8, TOP 9, TOP 11, TOP 16 und TOP 17 ab. Das Amtsgericht Bayreuth begründete die Klageabweisung hinsichtlich der unter TOP 2 und TOP 3 gefassten Beschlüsse damit, dass die Kläger nicht unter Beweis gestellt hatten, dass nicht über Abrechnungsspitzen, sondern über das Rechenwerk Beschluss gefasst wurde. Trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweises, wurde keine Abrechnungen vorgelegt, sodass das Gericht weder die pauschale Behauptung, dass lediglich über das Rechenwerk abgestimmt worden sei, noch die von den Klägern vorgetragenen „Fehlerhaftigkeit“ der Heizkostenabrechnung überprüfen konnte. Zu TOP 5 führte das Amtsgericht aus, dass mangels nachgewiesener Fehlerhaftigkeit der Abrechnung und des Wirtschaftsplans die Entlastung der Verwaltung nicht zu beanstanden sei. Die Klage sei auch hinsichtlich TOP 6 unbegründet, da mit der Beschlussfassung für die Verlängerung des Verwaltervertrages zumindest konkludent auch die Verlängerung der Verwalterbestellung erfolgt sei. Aufgrund der Fortführung des Verwalteramtes durch den amtierenden Verwalter, sei es nicht erforderlich gewesen, Vergleichsangebote einzuholen. § 26a Abs. 1 WEG, der einen Anspruch auf einen zertifizierten Verwalter beinhalte, sei erst ab dem 01.12.2023 und damit auf die Wahl vom 14.06.2022 nicht anwendbar. Weiter führte das Gericht aus, dass die Anfechtung von TOP 8 ebenfalls unbegründet sei, da die Gemeinschaft gem. § 19 WEG die Beschlusskompetenz hinsichtlich Instandsetzungsmaßnahmen hat und der Beschluss inhaltlich klar genug gefasst sei. Aufgrund des niedrigen Betrages seien keine Vergleichsangebote einzuholen gewesen. Bei TOP 9 handelte es sich nach Ansicht des Amtsgerichts Bayreuth um einen Grundlagenbeschluss bezüglich des „ob“ der Treppenhaussanierung, der ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, da erst anschließend über das „wie“ der Maßnahme Beschluss zu fassen sei. Die Anfechtungsklage hinsichtlich TOP 11 sei deshalb unbegründet, da durch den Beschluss die Erneuerung der Sat-Anlage abgelehnt wurde und damit die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt waren. Auch hinsichtlich der Beschlüsse unter TOP 16 und TOP 17 sei die Klage erfolglos, da es im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung im Ermessen der Gemeinschaft liege, ihr Selbstorganisationsrecht auszuüben und die Laufzeiten der Anlagen zur Versorgung mit Wärme und Warmwasser zu regeln.
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Hiergegen wendeten sich zunächst beide Kläger in der Berufung vom 04.01.2023, die ihr erstinstanzliches Vorbringen in der Berufungsbegründung vom 06.03.2023 (Bl. 91 – 95 d. A.) wiederholen und vertiefen. Die Kläger sind der Meinung, dass unter TOP 2 und 3 keine ordnungsgemäße Beschlussfassung, erfolgte, da über das Rechenwerk abgestimmt wurde und nicht über Salden, wie es § 28 WEG nach der WEG-Reform vorsehen würde. Zudem sei das Rechenwerk „Jahresabrechnung“ falsch, da die „Heizlosten extern“ falsch berechnet wurden und der tatsächliche Zählerstand höher gewesen sei (141.534 kWh; Anlage K3, K4, K5). In Bezug auf TOP 5 wird seitens der Kläger vorgetragen, dass dem Verwalter keine Entlastung erteilt werden konnte, weil bereits die Beschlüsse unter TOP 2 und 3 unwirksam seien und keine Vorauszahlungen wirksam beschlossen wurden. Hinsichtlich des unter TOP 6 gefassten Beschlusses sind die Kläger der Meinung, dass die isolierte Beschlussfassung über die Verlängerung des Verwaltervertrages unwirksam sei, wenn nicht zugleich auch die Amtszeit des Verwalters verlängert werde. Außerdem seien keine Alternativangebote eingeholt worden und der amtierende Verwalter sei nicht zertifiziert. Hinsichtlich TOP 8 wird vorgetragen, dass der Beschluss zu unbestimmt sei, da aus diesem nicht hervorgehe, wo und welche Art von Revisionsklappe eingebaut werden soll. Auch der unter TOP 9 gefasste Beschluss entspreche nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit von Beschlussfassungen, da daraus gerade nicht hervorgehe, welche Flächen im Treppenhaus gestrichen werden sollen. Hinsichtlich TOP 11 stellten die Kläger klar, dass nicht der ablehnende Beschluss angegriffen worden sei, sondern der im Nachgang gefasste Beschluss („Die Hausverwaltung erkundigt sich was zu tun wäre, damit das Fernsehen in allen Wohnungen funktioniert. Es wird ein Termin mit der Firma …, Herrn … und der Hausverwaltung stattfinden. Die Eigentümergemeinschaft gibt einen Betrag hierfür bis 1.500,00 € frei.“). Die Kläger gehen davon aus, dass es sich um eine Beschlussfassung handele, die nicht den Anforderungen an einen Beschluss entspreche. Die unter TOP 16 und TOP 17 gefassten Beschlüsse entsprächen nicht der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bestehenden angespannten Energieversorgungslage, wonach Energie eingespart werden müsse. Dahinter müssten die individuellen Komfortbedürfnisse der Wohnungseigentümer zurücktreten. Hierbei seien auch die rechtlichen Wertungen des § 21 WEG heranzuziehen.
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Mit gerichtlicher Verfügung vom 13.06.2023 wurde Termin zur Berufungshauptverhandlung bestimmt auf den 07.07.2023. Aufgrund des Nichterscheinens des Klägervertreters erging am 07.07.2023 nachfolgendes Versäumnisurteil:
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 07.12.2022, Az. 105 C 685/22 WEG, wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben nach Kopfteilen die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 07.12.2022, Az. 105 C 685/22 WEG ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 28.778,60 € festgesetzt.
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Das Versäumnisurteil des Landgerichts Bamberg wurde den Klägern am 19.07.2023 zugestellt. Hiergegen legten beide Kläger mit Schriftsatz vom 19.07.2023 (Bl. 149 – 150 d. A.) Einspruch ein. Mit gerichtlicher Verfügung vom 21.07.2023 wurde Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil und zur Verhandlung über die Hauptsache bestimmt auf den 08.09.2023 (Bl. 151 – 152 d. A.) und mit gerichtlicher Verfügung vom 21.09.2023 (Bl. 160 d. A.) verlegt auf den 03.11.2023.
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Mit Schriftsatz vom 27.10.2023 (Bl. 169 d. A.) teilten die Klägervertreter mit, dass die Klägerin zu 2) am 09.10.2023 (Bl. 170 d. A.) verstorben ist.
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Daraufhin wurde mit Beschluss vom 31.10.2023 auf Antrag der Beklagten das Verfahren ausgesetzt und der Termin vom 03.11.2023 aufgehoben (Bl. 172 – 173 d. A.). Mit Schriftsatz vom 28.11.2023 teilten die Klägervertreter mit (Bl. 178 – 184 d. A.), dass der Kläger zu 1) als alleiniger Erbe der Klägerin zu 2) das Verfahren weiter führen wolle.
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Am 19.01.2024 fand die Berufungshauptverhandlung statt.
11
Der Kläger zu 2) beantragt,
das Versäumnisurteil vom 10.07.2023 aufzuheben und unter Abänderung des am 07.12.2022 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Bayreuth, Aktenzeichen 105 C 685/22 WEG, die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft …, gefasst auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.06.2022 zu den Tagesordnungspunkten
- TOP 2 Beschluss über Gesamt- und Einzelabrechnung 2021,
- TOP 3 Beschluss über Gesamt- und Einzelwirtschaftsplan 2022,
- TOP 5 Beschluss über die Entlastung der Hausverwaltung,
- TOP 6 Beschluss über die Verlängerung der Verwalterbestellung
- TOP 8 Beschluss über Einbau einer Revisionsklappe,
- TOP 9 Beschluss über Treppenhausanstrich inkl. Geländer und Finanzierung der Maßnahme,
- TOP 11 Beschluss über Änderung der Sat-Anlage,
- TOP 16 Beschluss über Verlängerung der Heizungsfunktion um eine Stunde und
- TOP 17 Beschluss über die Verlängerung der Warmwasserzirkulation um eine Stunde
für ungültig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
den Einspruch kostenpflichtig zurückzuweisen und das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.
14
Zudem rügt sie die Aktivlegitimation des Klägers zu 1). Die Beklagten tragen vor, dass der Kläger zu 1) erst durch seine Erbenstellung nach der verstorbenen Klägerin zu 2) Wohnungseigentümer und damit klagebefugt und aktivlegitimiert gewesen sei. Sie ist daher der Auffassung, dass die Anfechtungsklage des Klägers zu 1) und die Berufungseinlegung des Klägers zu 1) unzulässig und unbegründet gewesen war und dies bei der Kostenregelung berücksichtigt werden müsse. Ergänzend zum erstinstanzlichen Vortrag ist die Beklagte der Meinung, dass der Beschluss unter TOP 2 aufgrund der Angabe des Berechnungszeitraums bestimmt genug gefasst sei und das Dokument, auf welches in dem Beschluss Bezug genommen worden sei, klar identifizierbar sei. Der unter TOP 3 gefasste Beschluss über den Wirtschaftsplan sei nach Rechtsprechung des BGH vom 25.10.2023 (V ZB 9/23) so auszulegen, dass die Wohnungseigentümer über die Höhe der zu leistenden Vorschüsse abgestimmt hätten.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2024 (Bl. 198 – 200 d. A.) Bezug genommen.
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Aufgrund des zulässigen Einspruchs war das Versäumnisurteil des Landgerichts Bamberg vom 07.07.2023 jedoch nur hinsichtlich des unter TOP 8 gefassten Beschlusses aufzuheben und das erstinstanzliche Urteil dahingehend abzuändern, dass „TOP 8 Beschluss über Einbau einer Revisionsklappe“ für ungültig erklärt wird.
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Hinsichtlich der weiteren angefochtenen Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung vom 14.06.2022 erfolgte die Klageabweisung durch das Amtsgericht Bayreuth zu Recht.
1) Zulässigkeit des Einspruchs
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Der Einspruch vom 19.07.2023 gegen das Versäumnisurteil wurde durch die Klägerin zu 2), die mittlerweile verstorben ist und durch den Kläger zu 1) beerbt wurde, form- und fristgerecht eingelegt, §§ 338, 339, 340 ZPO.
2) Zulässigkeit der Berufung
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Da das Urteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 07.12.2022 den Klägern am 07.12.2022 zugestellt wurde, lief die einmonatige Frist zur Einlegung der Berufung bis zum 07.01.2023, §§ 517, 222 ZPO, §§ 187, 188 BGB.
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Die Berufung der Kläger vom 04.01.2023 (Bl. 79-80 d. A.) ging fristgerecht am 04.01.2023 am Landgericht Bamberg ein (Bl. zu 79 d. A.).
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Auch die Berufungsbegründungsfrist gem. § 520 Abs. 2 S. 1, S. 3 ZPO von zwei Monaten ab Zustellung des Urteils wurde durch die Berufungskläger gewahrt. Das ursprüngliche Fristende vom 07.02.2023 wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 07.02.2023 bis zum 07.03.2023 gem. § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO verlängert (Bl. 86 d. A.).
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Es bestand zunächst Unklarheit darüber, ob am 07.03.2023 – und damit innerhalb der gewährten Fristverlängerung zur Berufungsbegründung – die Berufungsbegründung der beiden Berufungskläger als Schriftsatz oder nur ein Prüfvermerk (Signatur ohne Dokumenteninhalt) per bea am Landgericht Bamberg eingegangen ist (Bl. 88a, 88b d. A.).
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Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle konnte zum damaligen Zeitpunkt lediglich den Eingang eines Prüfvermerks, jedoch nicht den Eingang eines entsprechenden Schriftsatzes feststellen (Bl. 88, 88a d. A.). Deshalb versandte diese am 09.03.2023 ein Schreiben an die Prozessbevollmächtigten der Kläger (Bl. 88a, 88b d. A.) und bat um Aufklärung.
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Eine Durchsicht der per bea am 07.03.2023 eingegangenen Schriftsätze und Dokumente durch die Kammer ergab, dass am 07.03.2023 nicht nur ein Prüfvermerk, sondern auch der Schriftsatz zur Berufungsbegründung eingegangen ist (Bl. 116 d. A.).
25
Eine Überprüfung durch die IT-Stelle der Bayerischen J. (Ticket-Nummer INC000002616689; Bl. 115 d. A.) ergab, dass am 07.03.2023 eine vollständige Übermittlung aller Anhänge stattfand.
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Die Kammer kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass die Berufungsbegründung der Berufungskläger am 07.03.2023 rechtzeitig innerhalb der gewährten Begründungsfrist eingegangen ist und eine Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr erforderlich ist.
3) Begründetheit der Berufung
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Die Berufung der Kläger hat nur hinsichtlich des unter TOP 8 (“Beschluss über Einbau einer Revisionsklappe, Kosten ca. 761,00 €“) gefassten Beschlusses Erfolg.
28
Der Beschluss unter TOP 8 ist deshalb für ungültig zu erklären und das Versäumnisurteil vom 07.07.2023 dahingehend aufzuheben.
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Im Übrigen wurde die Klage durch das Amtsgericht Bayreuth zu Recht abgewiesen, sodass an der Zurückweisung der Berufung im Übrigen festzuhalten ist.
a) Zulässigkeit der Klage
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Die Anfechtungsklage vom 11.07.2022 (Bl. 1 – 3 d. A.) wurde durch die Klägerin zu 2), die mittlerweile verstorben ist und durch den Kläger zu 1) beerbt wurde, innerhalb der Frist von § 45 WEG am Amtsgericht Bayreuth eingereicht und alsbald im Sinne von § 167 ZPO am 02.09.2022 (Bl. Zu 35 d. A.) zugestellt.
31
Der Kläger zu 1) war zunächst, entgegen seines erstinstanzlichen Vortrags, nicht Eigentümer (Schriftsatz vom 31.03.2023, Bl. 114 d. A.) und war damit gem. § 44 Abs. 1 WEG nicht klagebefugt.
b) Aktivlegitimation des Klägers zu 1)
32
Der Kläger zu 1) war bis zum Versterben seiner Ehefrau K. …, der Klägerin zu 2), am 09.10.2023 mangels Eigentümerstellung nicht aktivlegitimiert.
33
Erst aufgrund seiner Erbenstellung wurde er Eigentümer der Wohnung der Klägerin zu 2) und damit Wohnungseigentümer im Sinne des WEG.
34
Die Anfechtungsklage war ursprünglich bezüglich des Klägers zu 1) mangels Aktivlegitimation unbegründet.
c) „TOP 2: Beschluss über Gesamt- und Einzelabrechnung 2021“:
35
Der unter TOP 2 gefasste Beschluss ist gültig und auch nicht nichtig.
36
Soweit die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2024 eine andere rechtliche Auffassung vertrat, wird an dieser nicht mehr festgehalten.
aa) Abstimmung über das Rechenwerk auslegungsfähig
37
Die Abstimmung der Wohnungseigentümer ist dahingehend auszulegen, dass sie über die Abrechnungsspitze (Nachschüsse), wie sie aus der Einzelabrechnung hervorgeht, Beschluss fassen wollten.
38
Zwar ist dem Kläger zu 1) dahingehend Recht zu geben, dass § 28 WEG grundsätzlich vorsieht, nach Ablauf des Kalenderjahres auf der Grundlage der Jahresabrechnung (Einzelabrechnung) über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der zuvor beschlossenen Vorschüsse zu beschließen und Gegenstand des Beschlusses jeweils nur die Abrechnungsspitze aus den Einzelabrechnungen und nicht das Rechenwerk ist (vgl. Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 218).
39
Abgestimmt wurde unter TOP 2 über die durch die Hausverwaltung vorgelegte Gesamt- und Einzelabrechnung im Zeitraum 01.01.2021 bis 31.12.2021, also das Abrechnungsjahr 2021.
„Die von der Hausverwaltung erstellte und vorgelegte Gesamt- und Einzelabrechnung vom 01.01.2021 bis zum 31.12.2021 wird mit 746,12/1.000stle Ja-Stimmen und 84,48/1.000stel Neinstimmen und 85,48/1.000stel Stimmenthaltungen angenommen.“
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Demnach stimmten die Wohnungseigentümer über das Rechenwerk (Einzel- und Gesamtabrechnung) für den Abrechnungszeitraum 2021 ab.
41
Jedoch hat der BGH mit Beschluss vom 25.10.2023 (Az. V ZB 9/23) entschieden, dass ein nach dem 30.11.2020 gefasster Beschluss, durch den „der Wirtschaftsplan genehmigt wird“, nächstliegend dahingehend auszulegen ist, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festlegen wollten (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2023 – V ZB 9/23 (LG Köln),NZM 2024, 42).
„[…] a) Allerdings wird in Teilen der Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten, ein Beschluss, in dem die Wohnungseigentümer nach dem 30.11.2020 über den Wirtschaftsplan beschließen, sei mangels Beschlusskompetenz (teil-)nichtig. Nach der Neufassung des § 28 I 1 WEG sei nur noch über die Vorschüsse zu beschließen, nicht mehr über den Wirtschaftsplan. Ein solcher Beschluss könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er sich trotz des Wortlauts (nur) auf die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den Rücklagen beschränke (vgl. LG Frankfurt a. M. ZWE 2022, 286 = BeckRS 2022, 10153 Rn. 8, im Ergebnis aber offen gelassen; MüKoBGB/Skauradszun, 9. Aufl., WEG § 28 Rn. 5; BeckOK BGB/Hügel, 1.8.2023, WEG § 28 Rn. 2; im Ausgangspunkt auch Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, 2021, Kap. 10 Rn. 31 mit Hinweis auf die Möglichkeit einer Umdeutung; vgl. für Beschlussfassungen über die Jahresabrechnung auch LG Frankfurt a. M. NZM 2023, 425 Rn. 15 ff.; LG Köln ZMR 2023, 396 Rn. 23 = BeckRS 2022, 49737; AG Hamburg-St. Georg ZWE 2022, 333 = BeckRS 2022, 6444 Rn. 17 f.; BeckOGK WEG/G. Herrmann, 1.6.2023, WEG § 28 Rn. 230).
14b) Richtig ist demgegenüber die Gegenauffassung. Ein nach dem 30.11.2020 gefasster Beschluss, durch den „der Wirtschaftsplan genehmigt wird“, ist nächstliegend dahingehend auszulegen, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festlegen wollen (vgl. LG Berlin [55. ZK] GE 2022, 1011 = ZMR 2022, 988 Rn. 5 = BeckRS 2022, 24278; Bärmann, WEG/Becker, 15. Aufl., WEG § 28 Rn. 58; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, 2020, Rn. 790; für einen Beschluss über die Jahresabrechnung auch AG Berlin-Schöneberg ZWE 2022, 416 Rn. 12 = BeckRS 2022, 8266). Beschlüsse sind objektiv und „aus sich heraus“ auszulegen (Senat NZM 2021, 935 = NJW 2022, 326 Rn. 9). Dabei kommt es maßgebend darauf an, wie der Beschluss nach seinem Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen Betrachter nächstliegend zu verstehen ist (vgl. Senat BGHZ 202, 346 = NZM 2015, 88 = NJW 2015, 549 Rn. 8 mwN). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen wollen (Senat NZM 2015, 544 = NJW-RR 2015, 847 Rn. 28 = NJW 2015, 2960 Ls.). Dies spricht nächstliegend dafür, dass die Wohnungseigentümer nach Inkrafttreten des § 28 I 1 WEG entsprechend dieser Vorschrift nur über die Höhe der Vorschüsse beschließen möchten, auch wenn nach dem Wortlaut (zugleich) der Wirtschaftsplan genehmigt werden soll. (Objektive) Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Wohnungseigentümer wollten mit ihrer Beschlussfassung weitere als die gesetzlich vorgesehenen Regelungen treffen, liegen bei einem Beschluss mit dem oben genannten Inhalt nicht vor (so auch LG Berlin ZMR 2022, 988 Rn. 5 = BeckRS 2022, 24278).
15c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze enthält der Beschluss lediglich die Festsetzung der Vorschüsse für das Wirtschaftsjahr 2022, wie es der Regelung des § 28 I 1 WEG entspricht. […]“ (Hervorhebungen durch die Kammer)
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Diesen Grundsätzen, die der BGH zur Auslegung des Beschlusses „aus sich heraus“ unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Wohnungseigentümer im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen wollten, entwickelt hat, schließt sich die Kammer im vollen Umfang an.
43
Zwar bezog sich der Beschluss des BGH vom 25.10.2023 auf Beschlüsse über den Wirtschaftsplan, jedoch ist diese Rechtsprechung auch auf Beschlüsse über die Abrechnungsspitzen (Nachschüsse) anzuwenden, da die Beschlussfassung in diesem Fall parallel dazu verläuft.
44
Der BGH hat in einem Verfahren zur Streitwertfestsetzung (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2023 – V ZR 152/22, NJW 2023, 2111) festgehalten, dass zwar richtig sei, dass sich der Beschlussgegenstand mit Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes am 1.12.2020 geändert hat. Während nach bisherigem Recht die Jahresabrechnung genehmigt wurde, solle die Jahresabrechnung nach neuem Recht nur der Vorbereitung des Beschlusses über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse dienen (BT‐Drs. 19/18791, 77). Dies ändere aber nichts daran, dass auch unter der Geltung des neuen Rechts das Interesse der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung darin besteht, die tatsächlich angefallenen Kosten vollständig auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen und es ihnen deshalb nur vordergründig um die Abrechnungsspitze gehe. Zudem stelle die Abrechnungsspitze, über die abzustimmen sei, lediglich das Rechenergebnis aus den einzelnen Abrechnungspositionen dar, sodass die Jahresabrechnung inzident geprüft werden, um die Richtigkeit der beschlossenen Zahlungsverpflichtungen beurteilen zu können.
bb) Keine Unbestimmtheit durch Bezugnahme auf Dokumente
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Der Beschluss, der auf die Einzel- und Gesamtabrechnung Bezug nimmt, verstößt auch nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.
46
Der Rechtsprechung und überwiegenden Literatur nach muss der Beschluss den auf jeden Wohnungseigentümer entfallenden Betrag der Abrechnungsspitze nicht zwingend selbst benennen (vgl. Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 222).
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Es genügt die Bezugnahme auf ein konkretes Rechenwerk (Einzelabrechnungen) unter Angabe des Abrechnungsjahres, das bei der Einberufung der Versammlung als Anlage zur Tagesordnung an die Wohnungseigentümer versandt bzw. in der Versammlung den Wohnungseigentümern vorgelegt wurde (vgl. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.02.2021, 2-13 S 127/19, ZWE 2021, 375; LG Dortmund ZWE 2017, 455; Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 222).
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Die Rechtsprechung und die hM lässt es allerdings ausreichen, das Jahr der Einzeljahresabrechnung, dem diese gelten soll, zu nennen, jedenfalls wenn es keine Änderungen gab (vgl. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.02.2021, 2-13 S 127/19, ZWE 2021, 375; LG Dortmund ZWE 2017, 455; Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 222; LG Frankfurt a. M. NZM 2019, 65 Rn. 11; LG Stuttgart ZMR 2018, 451; LG Dortmund ZWE 2017, 455 Rn. 28 – wenn die Abrechnung mit der Ladung übersendet worden ist; s. a. KG ZMR 2008, 67; BayObLG WE 1994, 153 (154)).
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Im vorliegenden Fall wird auf die Gesamt- und Einzelabrechnung vom 01.01.2021 bis zum 31.12.2021 verwiesen, sodass auf eine identifizierbare und konkrete Abrechnung Bezug genommen wird.
cc) inhaltliche Prüfung des Rechenwerks
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Die Kammer kann nicht überprüfen, ob das Rechenwerk eine Abrechnungsspitze ausweist und ob diese konkret berechnet wurde.
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Es wurde erstinstanzlich trotz entsprechenden Hinweises durch das Gericht keine Gesamt- und keine Einzelabrechnung vorgelegt, lediglich eine Heiz- und Wasserkostenabrechnung „delta-t“ (Bl. 35, 36 d. A.).
52
Die Kläger tragen in der Berufungsbegründung vor (Bl. 92 d. A.), dass bereits mit der Klagebegründung das Protokoll der Eigentümerversammlung vorgelegt worden sei und sich der Umstand, ob ein Beschluss gefasst worden ist und welchen Inhalt dieser hat, allein aus dem Protokoll (§ 24 Abs. 6 WEG) und aus der Beschlusssammlung ergebe. Deshalb sei für die Kläger nicht ersichtlich, aus welchem Grund eine Abrechnung für den Inhalt eines Beschlusses erforderlich sein soll.
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Die Gesamt- und Einzelabrechnung wurde weder, wie von den Klägern behauptet mit Schriftsatz vom 19.10.2022 vorgelegt, noch mit der Berufungsbegründung.
d) „TOP 3: Beschluss über Gesamt- und Einzelwirtschaftsplan 2022“
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Der unter TOP 3 gefasste Beschluss ist gültig und auch nicht nichtig.
55
Soweit die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2024 eine andere rechtliche Auffassung vertrat, wird an dieser nicht mehr festgehalten.
56
Die Abstimmung der Wohnungseigentümer unter TOP 3 ist dahingehend auszulegen, dass sie über die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) Beschluss fassen wollten.
57
Zwar ist dem Kläger zu 1) dahingehend Recht zu geben, dass § 28 WEG grundsätzlich vorsieht, dass über die Vorschusspflicht und nicht das Rechenwerk abgestimmt wird. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer über die Vorschüsse zur Kostentragung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und zu von ihnen bestimmten Rücklagen. Gegenstand des Beschlusses ist nicht das Zahlenwerk, sondern sind allein die Vorschüsse (BR-Drs. 168/20, 85). Das zugrundeliegende Zahlenwerk, aus dem die Vorschüsse errechnet werden, dient nur der Beschlussvorbereitung (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 28 Rn. 61).
58
Abgestimmt wurde unter TOP 3 über die durch die Hausverwaltung vorgelegten Wirtschaftsplan.
„Der vom Verwalter erstellte und vorgelegte Gesamt- und Einzelabrechnung vom 01.01.2022 bis zum 31.12.2022 mit Gültigkeit bis ein neuer Wirtschaftsplan erstellt wurd, wird mit 661,64/1.000stle Ja-Stimmen, 84,48/1.000stel Stimmenthaltungen und 169,96/1.000stel Nein-Stimmen mehrheitlich angenommen.“
59
Demnach stimmten die Wohnungseigentümer über das Rechenwerk ab.
60
Jedoch hat der BGH mit Beschluss vom 25.10.2023 (Az. V ZB 9/23) entschieden, dass ein nach dem 30.11.2020 gefasster Beschluss, durch den „der Wirtschaftsplan genehmigt wird“, nächstliegend dahingehend auszulegen ist, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festlegen wollten (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2023 – V ZB 9/23 (LG Köln), NZM 2024, 42).
61
Diesen Grundsätzen, die der BGH zur Auslegung des Beschlusses „aus sich heraus“ unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Wohnungseigentümer im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen wollten, entwickelt hat, schließt sich die Kammer im vollen Umfang an.
62
Dem Beschluss des BGH vom 25.10.2023 liegt auch diesbezüglich auch der gleiche Sachverhalt zugrunde, da es auch um einen Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplanes ging (s.o.).
bb) Keine Unbestimmtheit durch Bezugnahme auf Dokumente
63
Der Beschluss, der auf den Einzel- und Gesamtwirtschaftsplan 2022 Bezug nimmt, verstößt auch nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.
64
Es genügt, dass der Inhalt des Beschlusses auf die Einzelwirtschaftspläne Bezug nimmt, in denen der als Vorschuss zu zahlende Betrag für jeden Wohnungseigentümer bestimmt ist (vgl. Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 59).
e) „TOP 5: Beschluss über die Entlastung der Hausverwaltung“
65
Aufgrund des Umstandes, dass der unter TOP 2 gefasste Beschluss gültig ist, konnte durch die Wohnungseigentümer auch ein gültiger Beschluss zur Entlastung der Verwaltung gefasst werden.
66
Der unter TOP 5 gefasste Entlastungsbeschluss widerspricht nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung gem. § 18 Abs. 2 WEG.
67
Ein Entlastungsbeschluss widerspricht nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung und ist deshalb anfechtbar, wenn die Jahresabrechnung nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, weil sie zur Anfechtung oder Ergänzung berechtigende Fehler enthält (vgl. Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 295; BayObLG WE 1994, 184 (185); WE 1995, 32; NJW-RR 2002, 1095; NJW-RR 2004, 1090; OLG Zweibrücken ZMR 2005, 909 f.; BayObLG 2006, 22; OLG München ZMR 2005, 69).
68
Sind vom Verwalter vorbereitete Beschlüsse angefochten worden, entspricht ein Entlastungsbeschluss für den Zeitraum der Beschlussfassung in der Regel nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn das Anfechtungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist (vgl. LG Frankfurt a. M., Urt. v. 20.02.2020 – 2-13 S 94/19, ZWE 2020, 430; Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 295).
69
Zwar wurde der unter TOP 2 gefasste Beschluss zur Jahresabrechnung für den Entlastungszeitraum 01.01.2021 – 31.12.2021, der durch die Hausverwaltung vorbereitet wurde, angefochten.
70
Dieser Beschluss ist jedoch nach Ansicht der Kammer nicht zu beanstanden (s.o.), sodass sie Anfechtungsklage diesbezüglich nicht erfolgreich und das Anfechtungsverfahren abgeschlossen ist.
f) „TOP 6: Beschluss über Verlängerung des Verwaltervertrages mit der Hausverwaltung … vom 01.01.2023 bis zum 31.12.2025 zum Preis von 19,00 € zzgl. Derzeit 19% MwSt. 3,61 € = gesamt 22,61 € für die gesamte Laufzeit monatlich“ gültig
71
Der unter TOP 6 gefasste Beschluss ist gültig.
72
Die klägerischen Einwände, dass eine isolierte Beschlussfassung über die Verlängerung des Verwaltervertrages unwirksam sei, wenn nicht zugleich auch die Amtszeit des Verwalters verlängert werde, dass keine Alternativangebote eingeholt worden seien und der amtierende Verwalter nicht zertifiziert sei, greifen nicht durch.
73
Der Beschluss über die Fortsetzung des Verwaltervertrages ist nach herrschender Meinung gem. §§ 133, 157 BGB regelmäßig zugleich als Wiederbestellungsbeschluss auszulegen (vgl. BeckOK WEG/Elzer, 52. Ed. 3.4.2023, WEG § 26 Rn. 138; OLG Schleswig ZWE 2007, 51 (54); Jennißen/Schmidt WEG-Verwalter A. Rn. 113; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 143, 144).
74
Die beschlossene „Fortsetzung des Verwaltervertrages” ist nach Wortlaut und Sinn für den unbefangenen Betrachter als nächstliegend dahin auszulegen, dass davon nicht nur die Verlängerung des Vertrages, sondern als konstitutiver Bestandteil auch die Neubestellung des Verwalters (vgl. BGH NJW 2002, 3240, 3242; Weitnauer/Lüke a.a.O. § 26 Rn. 10) umfasst ist (vgl. Bay-ObLG WuM 1997, 396). Es ist nämlich davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer alle Voraussetzungen erfüllen wollten, um eine wirksame Neuwahl sicherzustellen (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20. 1. 2006 – 2 W 24/05, ZWE 2007, 51).
bb) Keine Alternativangebote nötig
75
Für die Ordnungsmäßigkeit eines Wiederbestellungsbeschlusses ist es zudem nicht erforderlich, vor der Beschlussfassung Angebote anderer Personen einzuholen (vgl. BGH NJW 2015, 1378 Rn. 11; NZM 2011, 515 Rn. 13; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 139-141).
76
Bei einer Wiederwahl des Verwalters bedarf es grundsätzlich nicht der Unterbreitung von Alternativangeboten (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20. 1. 2006 – 2 W 24/05, ZWE 2007, 51; HansOLG Hamburg ZMR 2001, 997, 998; Weitnauer/Lüke a.a.O. § 26 Rn. 9).
77
Nur in Ausnahmefällen kann das Einholen von Alternativangeboten geboten sein, wenn sich der Sachverhalt verändert hat (vgl. BGH NZM 2011, 515 Rn. 13; LG Frankfurt a. M. ZWE 2018, 327 Rn. 6; LG Itzehoe ZMR 2018, 259 (261)).
78
Solche Ausnahmefälle liegen beispielsweise vor (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 141), wenn der Amtsinhaber seine Pflichten „nicht mehr so effizient“ wahrnimmt, sich das Verhältnis zwischen dem bislang Bestellten und den Wohnungseigentümern „aus anderen Gründen verschlechtert“ hat (vgl. BGH NZM 2011, 515 Rn. 13; LG Hamburg ZWE 2017, 183 (184)), der Verwaltervertrag geändert werden soll (vgl. LG Itzehoe ZMR 2018, 259 (261), der bislang Bestellte seine Rechtsform geändert hat (vgl. LG Frankfurt a. M. ZWE 2018, 327 Rn. 7) oder Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom bislang Bestellten angebotenen Leistungen von anderen Personen spürbar günstiger angeboten werden (vgl. BGH NZM 2011, 515 Rn. 13; LG Hamburg ZWE 2017, 183 (184)).
79
Im vorliegenden Fall ist jedoch keine dieser Ausnahmefälle einschlägig. Seitens der Kläger erfolgte auch kein dahingehender Sachvortrag.
cc) Keine Zertifizierung zwingend erforderlich
80
Die Vorschrift des § 26a Abs. 1 WEG über die Zertifizierung des Verwalters findet gemäß § 48 Abs. 4 S. 1 WEG erst ab dem 01.12.2023 Anwendung (vgl. BeckOGK/Skauradszun, 1.6.2023, WEG § 19 Rn. 114).
81
Damit galt § 26a WEG zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 14.06.2022 noch nicht.
82
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Gesamtheit der Wohnungseigentümer grundsätzlich die Kompetenz und in Verbindung mit § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG den Anspruch hat, über die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zu beschließen. Dieser Anspruch muss aber nicht geltend gemacht werden.
83
Es bleibt den Wohnungseigentümern also unbenommen, den Anspruch nicht zu nutzen und mit einem Verwalter ohne Zertifizierung, der aber das Vertrauen der Wohnungseigentümer genießt, weiterhin zusammenzuarbeiten (vgl. BT-Drs. 19/22634, 44; BeckOGK/Skauradszun, 1.6.2023, WEG § 19 Rn. 112).
g) „TOP 8: Beschluss über Einbau einer Revisionsklappe, Kosten ca. 761,00 €“
84
Der unter TOP 8 gefasste Beschluss ist aufgrund seiner Unbestimmtheit für ungültig zu erklären.
85
Ein Beschluss muss grundsätzlich inhaltlich klar und bestimmt, jedenfalls aber, gegebenenfalls. nach Auslegung, bestimmbar sein.
86
Andernfalls ist er anfechtbar und unter Umständen auch nichtig (vgl. BayObLG WE 1995, 245; WuM 1999, 179; OLG Düsseldorf ZMR 2004, 282 [284]). Der Beschluss selbst ist objektiv und normativ auszulegen; was die Beteiligten erörtert oder gewollt haben, kann zur Auslegung nicht herangezogen werden, wenn es in der Niederschrift keinen Niederschlag gefunden hat. Maßgebend ist vielmehr die nächstliegende Bedeutung für einen unbefangenen Betrachter.
87
Wie jeder Beschluss, muss auch ein Erhaltungsbeschluss im Sinne von § 19 WEG für seine Ordnungsmäßigkeit „bestimmt“ gefasst sein (vgl. LG Rostock BeckRS 2017, 146316 Rn. 3; LG Hamburg ZWE 2011, 286 (288); BeckOK WEG/Elzer, 52. Ed. 3.4.2023, WEG § 19 Rn. 105). Dazu muss er, unter anderem erkennen lassen, was genau an welchem Bauteil gemacht werden soll, welche Kosten prognostisch entstehen, wie die Kosten aufgebracht und verteilt werden sollen sowie wer und wann die Erhaltungsmaßnahme aufgrund welches Angebots durchgeführt werden soll (vgl. BeckOK WEG/Elzer, 52. Ed. 3.4.2023, WEG § 19 Rn. 105).
88
Der streitgegenständliche Beschluss zu TOP 8 ist gemessen an diesen Grundsätzen, denen sich die Kammer anschließt, zu unbestimmt.
89
Der Beschluss enthält keine Angabe dazu, wo und wie die Revisionsklappe in der streitgegenständlichen Wohnanlage eingesetzt werden soll. Es geht auch nicht hervor, welche Art von „Revisonsklappe“ an welchem Bauteil überhaupt eingebaut werden soll. Auch Art und Umfang der Baumaßnahmen werden nicht einmal in groben Zügen erwähnt. Zudem enthält der Beschluss keine Regelung zur Kostentragung und zum ungefähren zeitlichen Rahmen der Baumaßnahmen.
h) „TOP 9: a) Beschluss über Treppenhausanstrich inkl. Geländer und Kosten ca. 8.000,00 €“
90
Da in der neuen Eigentümerversammlung vom 13.06.2023 (Bl. 194 – 195 d. A.) nunmehr unter TOP 6 mehrheitlich beschlossen, dass das Treppenhaus inklusive des Handlaufs mit einem Kostenaufwand von ca. 8.000,00 € gestrichen und dies aus der Rücklage finanziert werde, liegt ein „überholender Beschluss“ vor.
91
Der in der Eigentümerversammlung vom 13.06.2023 gefasste Beschluss wurde nicht angefochten.
92
Damit hat die Wohnungseigentümergemeinschaft einen neuen Beschluss über den vorzunehmenden Treppenhausanstrich gefasste, der mangels Anfechtung wirksam geworden ist.
93
Es besteht für den Kläger zu 1) kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, die Ungültigkeit eines obsolet gewordenen Beschlusses zu überprüfen (§ 253 ZPO).
94
Das Rechtsschutzbedürfnis kann auch dann fehlen, wenn eine Klage objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (vgl. BGH NJW-RR 2021, 230 Rn. 27; 2016, 445 Rn. 12; NJW 2013, 2906 Rn. 8; BeckOK ZPO/Bacher, 51. Ed. 1.12.2023, ZPO § 253 Rn. 28-31).
i) „TOP 11: a) Beschluss über Änderung der Sat-Anlage, Kosten ca. 6.300,00 €“
95
Auch bezüglich dieses Beschlusses besteht kein Rechtsschutzbedürfnis seitens des Klägers zu 1).
96
Unter TOP 11 wurde ein ablehnender Beschluss gefasst. Im Anschluss daran wurde im Protokoll der Eigentümerversammlung folgender Passus aufgenommen, über den jedoch keine Abstimmung erfolgte:
„Die Hausverwaltung erkundigt sich was zu tun wäre, damit das Fernsehen in allen Wohnungen funktioniert. Es wird ein Termin mit der Firma …, Herrn … und der Hausverwaltung stattfinden. Die Eigentümergemeinschaft gibt einen Betrag hierfür bis 1.500,00 € frei.“
97
Der Kläger trägt selbst vor, dass er nicht den ablehnenden Beschluss angreifen möchte und sein Begehr auch nicht auf die Erneuerung der Sat-Anlage ausgerichtet ist. Er sehe in dem Passus, der in das Protokoll aufgenommen wurde, eine Art „Scheinbeschluss“.
98
Aus Sicht der Kammer ist jedoch aus dem Versammlungsprotokoll klar und eindeutig ersichtlich, dass kein Beschluss über den oben genannten Passus gefasst wurde.
99
Aus der Systematik des Protokolls ergibt sich, dass zunächst das Beschlussthema aufgeführt und im Anschluss daran die Ja-/Neinstimmen sowie die Enthaltungen aufgelistet werden.
100
Nach dem Protokoll wurde die unter TOP 11 gefasste Erneuerung der Sat-Anlage abgelehnt.
101
Dann wurde der oben genannte Passus in das Protokoll aufgenommen, ohne dass darüber abgestimmt wurde.
j) „TOP 16: Beschluss über Verlängerung der Heizungsfunktion um 1 Stunde; Die derzeitige Laufzeit der Heizung (6- 24 Uhr) soll um eine Stunde verlängert werden auf die Laufzeit 5 – 24 Uhr bzw. 6 – 1 Uhr“ und „TOP 17: Beschluss über Verlängerung der Warmwasserzirkulation um eine Stunde; Die derzeitige Laufzeit (4.20 – 22.30 Uhr) soll um eine Stunde verlängert werden auf die Laufzeit 4- 23 Uhr“
102
Aus Sicht der Kammer entsprechen beide Beschlüsse dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung und sind damit gültig.
103
Gem. Sinne von § 19 Abs. 1 Fall 1 WEG haben die Wohnungseigentümer die Kompetenz, über eine ordnungsmäßige Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums zu beschließen. Die Wohnungseigentümer bilden dabei allerdings nicht, wie im alten Recht, ihren eigenen Willen, sondern formal den der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (vgl. BeckOK WEG/Elzer, 52. Ed. 3.4.2023, WEG § 19 Rn. 11; BR-Drs. 168/20, 63).
bb) Tatbestandsvoraussetzungen für einen Benutzungsbeschluss
104
Die Laufzeiten für Heizung und Warmwasser sind als Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums einzustufen.
105
Entgegen des Vortrags des Klägers zu 1) entspricht eine Verlängerung der Laufzeiten von Warmwasser und Heizung ordnungsgemäßer Verwaltung.
106
Es ist nicht richtig, dass die Wertungen des § 21 WEG heranzuziehen und damit eine 2/3 Mehrheit erforderlich sei.
107
Bei der Beschlussfassung nach § 19 Abs. 1 Fall 1 WEG entscheidet nach § 25 Abs. 1 WEG die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (vgl. BeckOK WEG/Elzer, 55. Ed. 1.1.2024, WEG § 19 Rn. 19).
108
§ 21 WEG regelt die Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen, was auf den vorliegenden Beschluss nicht zutrifft.
109
Auch der weitere Einwand des Klägers zu 1), dass bei dieser angespannten Energieversorgungslage Energie eingespart werden müssen („Wenn allerdings jeder, auch jeder Wohnungseigentümer zu jeder Zeit seine individuellen Komfortbedürfnisse durchsetzt, werden die übergeordneten Ziele sicher nicht erreicht werden.“; Bl. 95 d. A.) und das Kostenrisiko nicht abschätzbar (Bl. 20 d. A.) sei, greifen nicht durch.
110
Zwar kann nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer darauf achtet, dass die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums einer ordnungsmäßigen Benutzung entspricht (vgl. BeckOK WEG/Elzer, 52. Ed. 3.4.2023, WEG § 18 Rn. 116).
111
Jedoch obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ein originäres Ermessen verfügt (vgl. BeckOGK/Skauradszun, 1.6.2023, WEG § 18 Rn. 44). Sie darf also durch ihre Organe selbst einschätzen, was sie als ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung bewertet (vgl. Dötsch/Schultzky/Zschieschack WEG-Recht 2021 Kap. 5 Rn. 10; Lieder/Meyer ZWE 2023, 9 (15)).
112
Aus Sicht der Kammer wurde das Ermessen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht fehlerhaft ausgeübt. Die Laufzeit von Warmwasser und Heizung wurde lediglich um eine Stunde verlängert. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass in der Wohnanlage schulpflichtige Kinder und Mieter wohnen, die im Schichtdienst oder zu frühen Arbeitszeiten arbeiten müssen, und deshalb vor 06:00 Uhr morgens Warmwasser zur täglichen Körperhygiene benötigen. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit ist bei einer nur geringfügigen Verlängerung der Laufzeit nicht verletzt.
113
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 analog und § 97 Abs. 1 ZPO.
114
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger zu 1) nur hinsichtlich der Anfechtung des unter TOP 8 gefassten Beschlusses obsiegt und die Berufung ansonsten keinen Erfolg hat, sind dem Kläger zu 1) gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO analog in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
115
Gem. § 49 S. 1 GKG beträgt das Interesse der Wohnungseigentümer an der Entscheidung über den unter TOP 8 gefassten Beschluss 761,00 €, sodass der Kläger gerechnet auf den Gesamtstreitwert mit 97% an den Kosten zu beteiligen wäre (Obsiegen: 761,00 € / 28.778,60 € = 0,03 und entspricht 3%).
116
Für die Kosten der Revisionsklappe hätte der Kläger zu 1) nach seinem Miteigentumsanteil von 84,48/1.000stel einen Betrag in Höhe von 64,29 € zu tragen, sodass der 7,5-fache Wert des Interesses des Klägers gem. § 49 S. 2 GKG in Höhe von 482,18 € (7= 5 x (84,48/1.000 x 761,00 €)) maßgebend ist.
117
Gemessen am Gesamtstreitwert obsiegt der Kläger damit lediglich in Höhe von 2% (= 482,18 € / 28.778,60 €).
118
Zunächst verlangt § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eine geringfügige Zuvielforderung, wobei sich hierbei eine mathematische Regel, ab wann die Grenze der Geringfügigkeit überschritten ist, nicht aufstellen lässt (vgl. BeckOK ZPO/Jaspersen, 51. Ed. 1.12.2023, ZPO § 92 Rn. 32; MüKoZPO/Schulz Rn. 19; aA BAG BeckRS 2012, 67196; Musielak/Lackmann, 12. Aufl. 2015, Rn. 6a: jeweils Grenzwert von 10%; diskutiert wird auch ein Grenzwert von 5% in Anlehnung an die Opfergrenze gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB; OLG Celle BeckRS 2019, 15655).
119
§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gilt jedoch analog auch für den spiegelverkehrten Fall, dass der Beklagte nur in einem geringfügigen Umfang verurteilt wird (vgl. BeckOK ZPO/Jaspersen, 51. Ed. 1.12.2023, ZPO § 92 Rn. 34; unter anderem AG Viersen BeckRS 2020, 38565 Rn. 47).
120
Die Beklagte wird im vorliegenden Fall gemessen am Gesamtstreitwert und der Anzahl der angegriffenen Beschlüsse lediglich in einem geringen Umfang verurteilt und hätte rechnerisch lediglich 2% der Kosten zu tragen. Damit wurde sowohl die von der Rechtsprechung vertretenen Grenzen von 10% als auch von 5% noch unterschritten.
121
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
122
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
123
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf der nicht angegriffenen Festsetzung 1. Instanz.