Titel:
Erfolglose Asylklage (Folgeantrag Somalia)
Normenketten:
AsylG § 26, § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
Leitsätze:
1. Bei einer faktisch aufgehobenen Ehe ist Famlienasyl nach § 26 AsylG ausgeschlossen (Anschluss an VG Hannover BeckRS 2023, 32784). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Maßgeblich für die Anwendung von § 26 AsylG ist die erste Einreise des antragstellenden Angehörigen eines Stammberechtigten. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia stellt sich auch unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnismittel weiterhin nicht so dar, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde und ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG anzunehmen wäre (Anschluss an OVG Berlin-Brandenburg BeckRS 2023, 38998). (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asyl (Somalia), Folgeantrag, nachträgl. Erstellung und Vorlage einer Eheurkunde aus dem Herkunftsland, nachdem der nachträglich ins Bundesgebiet eingereisten Ehefrau mit Kindern, Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde, Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs i.S.d. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG auch in der Fallkonstellation der Einreise vor Anerkennung des Stammberechtigten, Familienasyl, faktisch aufgehobene Ehe, zeitlicher Zusammenhang zum Antrag des Stammberechtigten, Abschiebungsverbot, allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia
Fundstelle:
BeckRS 2024, 4559
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger, nach eigenen Angaben somalischer Staatsangehöriger vom Clan der Eyle, reiste nach seinen Angaben im Dezember 2015 erstmals in das Bundesgebiet ein. Nach Aktenlage hatte er zuvor bereits Asylanträge in Italien und Schweden gestellt.
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Ende Juni 2016 stellte der Kläger einen ersten Asylantrag (Az. …) in Deutschland, zu dem er im November 2016 angehört wurde. Der Kläger trug damals im Wesentlichen vor, als Angehöriger eines Minderheitenclans in seinem Heimatdorf diskriminiert worden zu sein. Als ihm untersagt worden sei, sein Kino zu betreiben, habe er das Land verlassen.
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Nach Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde, dass der Kläger seit dem 6. Juni 2017 unbekannt verzogen sei, stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) das Asylerstverfahren mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Juni 2017 ein, weil der Asylantrag als zurückgenommen gelte (Ziff.1). Zugleich wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziff. 2). Dem Kläger wurde die Abschiebung zuvorderst nach Somalia angedroht (Ziff. 3).
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Ausweislich der in den Behördenakten vorhandenen Eurodac-Daten stellte der Kläger am 21. Juni 2019 einen weiteren Asylantrag in Frankreich.
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Am 30. September 2019 reiste Frau A., die Ehefrau des Klägers, mit zwei minderjährigen Kindern in das Bundesgebiet ein und beantragte am 14. Oktober 2019 für sich und die Kinder Asyl. Im Rahmen ihrer Anhörung im Juni 2021 gab Frau A. an, ihr Ehemann sei seit dem Jahr 2010 verschollen; da ihre Töchter keinen Vater gehabt hätten, hätten sie von Onkeln väterlicherseits zwangsverheiratet werden sollen. Mit Bescheid des Bundesamts vom 18. Juni 2021 wurde Frau A. und den Kindern jeweils Flüchtlingsschutz gewährt.
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Am 9. November 2021 stellte der Kläger in Deutschland einen weiteren Asylantrag. Im Rahmen seiner Anhörungen am 13. Dezember 2021 gab er an, er sei im Dezember 2015 schon einmal in Deutschland gewesen, damals aber in einer ländlichen Gegend untergebracht worden und vereinsamt sei. Alle seine Freunde seien weggezogen, daher sei er nach Frankreich gegangen. Nachdem er in Frankreich nichts erhalten habe, sei er wieder nach Deutschland zurückgekommen. Zur Begründung seines Folgeantrags trug der Kläger vor, dass seine Frau und zwei seiner fünf Kinder in Deutschland leben würden. Sie hätten 12 Jahre nichts voneinander gehört und er habe erfahren, dass sie hier leben würden. Er habe vor ca. 2 bis 3 Monaten von den Behörden in Mogadischu eine Heiratsurkunde ausstellen lassen, die er vorher nicht gehabt habe. Dies sei über einen Bruder der Ehefrau organisiert worden. Zu seinen Verfolgungsgründen trug der Kläger nunmehr im Wesentlichen vor, in Somalia als Viehhirte gearbeitet zu haben. Irgendwann habe er einen kleinen Laden aufgemacht, aber als die Ältesten dann Geld von ihm verlangt hätten, habe er den Laden wieder geschlossen. Das Problem, weshalb er geflohen sei, bestehe noch immer. Zudem habe er nach der langen Zeit keinen Bezug mehr zu Somalia. Hierzu legte der Kläger eine in Mogadischu ausgestellte Heiratsurkunde, datierend auf den 27. September 2021, vor.
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Nachdem die französischen Behörden im Dezember 2021 einer Wiederaufnahme des Klägers zugestimmt hatten, erließ das Bundesamt im Februar 2022 zunächst einen Dublin-Bescheid, welcher mit Bescheid vom 8. September 2023 wegen Ablaufs der Überstellungsfrist wieder aufgehoben wurde.
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Mit weiterem Bescheid vom 8. September 2023 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab. Gleichzeitig wurde eine Abänderung des Bescheids vom 27. Juni 2017 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG abgelehnt. Der Bescheid wurde dem Kläger am 13. September 2023 zugestellt.
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Der Kläger hat am 26. September 2023 Klage gegen den Bescheid erhoben. Er beantragt,
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1. den Bescheid vom 8. September 2023 aufzuheben,
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2. hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen.
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Zur Begründung der Klage wurde mit Schriftsatz der Bevollmächtigten des Klägers vom 11. Dezember 2023 im Wesentlichen vorgetragen, dass aufgrund des von dem Kläger vorgebrachten Verfolgungsschicksals die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG bzw. des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG vorliegen würden. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass der Familie die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei. Auch die Voraussetzungen für die die Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lägen vor. Der Kläger habe keine Ausbildung durchlaufen und sei Analphabet, weshalb nicht sichergestellt sei, dass er bei einer Rückkehr in sein Heimatland seinen Lebensunterhalt sicherstellen könne. Ferner habe er dann auch seine Frau und seine Kinder finanziell zu unterstützen. Die derzeitigen Rahmenbedingungen in Somalia seien so belastend, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen sei.
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Einen zugleich mit der Klageerhebung gestellten Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, lehnte das Gericht mit Beschluss vom 8. Dezember 2023 ab (Az. M 1 1 E 23.32018). Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 8. Dezember 2023 Bezug genommen.
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Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 18. Januar 2024 mit, dass der Kläger mit seiner Frau und Kindern unter einer neuen Anschrift zusammenlebe. Die Umverteilung sei genehmigt worden. Ferner wurde die Kopie einer Vaterschaftsanerkennung vom 9. Mai 2023 für ein am ... März 2023 geborenes gemeinsames Kind des Klägers und Frau A. sowie der Auszug eines Bescheids vom 2. Oktober 2023 vorgelegt, wonach diesem Kind die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei.
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Die Beklagte beantragt,
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Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 14. Februar 2024 ausgeführt, dass insbesondere die Voraussetzungen für die Gewährung von Familienschutz nicht vorlägen. Dem im März 2023 geborenen Kind sei die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 26 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 AsylG aufgrund der Stammberechtigung der Mutter zuerkannt worden. Eine weitere Ableitung vom Kind auf den Kläger sei daher nicht möglich. Zum anderen sei eine Ableitung des Schutzes von nachgeborenen Kindern ausgeschlossen. Im Übrigen wurde auf die Ausführungen des streitgegenständlichen Bescheids und den ablehnenden Eilbeschluss vom 8. Dezember 2023 Bezug genommen. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots lägen ebenfalls nicht vor. In der Anhörung zum Folgeantrag habe der Kläger hierzu nichts vorgetragen. Außerdem seien die im Eilbeschluss vom 8. Dezember 2023 ausgeführten Zweifel durch den Vortrag der Klägerseite nicht ausgeräumt worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten in diesem Verfahren und im zugehörigen Eilverfahren (M 11 E 23.32018), einschließlich der beigezogenen Behördenakten der Frau A., Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage bleibt ohne Erfolg.
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Die Klage ist zulässig. Nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes zum 6. August 2016 ist die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens bei Folgeanträgen wie dem vorliegenden mit der Anfechtungsklage anzugreifen (BVerwG, U. v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 14 ff). Hinsichtlich der hilfsweise beantragten nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ist dagegen die Verpflichtungsklage statthaft (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 20).
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Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 8. September 2023 erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Der unter dem 9. November 2021 gestellte Asylantrag des Klägers ist unzulässig (§ 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71 AsylG). Stellt ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag, so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 2 VwVfG erfüllt sind (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Die Drei-Monats-Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für asylrechtliche Folgeanträge indes nicht mehr anzuwenden (vgl. EuGH, U.v. 9.9.2021 – C-18/20 – juris Rn. 55).
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Daran gemessen hat die Beklagte den Antrag zu Recht als unzulässigen Folgeantrag abgelehnt. Auf die Ausführungen des angegriffenen Bescheids, denen das Gericht folgt, wird vollumfänglich Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
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1.1 Der Umstand, dass die Ehefrau des Klägers mit zwei mutmaßlich gemeinsamen Kindern, welche sich zum Zeitpunkt der Erstasylverfahrens noch im Heimatdorf des Klägers aufhielten (vgl. Anhörungsniederschrift vom 29.11.2016, S. 4), im Jahr 2019 ebenfalls nach Europa reisten und im Juni 2021 den Flüchtlingsstatus erhalten haben, ist für das Bestehen eines eigenen Schutzanspruchs des Klägers irrelevant und kann insofern keine für den Kläger günstigere Entscheidung bewirken.
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1.2 Soweit das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zugunsten des Klägers die Möglichkeit eines abgeleiteten Schutzanspruchs aus § 26 AsylG geprüft hat, hat es zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses völlig unklar war, wann und unter welchen Umständen sich das Paar wiedergefunden hat. Frau A. hatte bei ihrer Anhörung im Juni 2021 angegeben, dass ihr Ehemann seit 2010 verschollen sei. Bei den Angaben des Klägers zum Verbleib von Frau A. handelt es sich ausweislich des Anhörungsprotokolls vom 13. Dezember 2021 offenbar nur um Informationen „vom Hörensagen“. Selbst bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Rahmen des Eilverfahrens hat der Kläger insoweit nicht ansatzweise dargetan, dass zwischenzeitlich eine Kontaktaufnahme mit Frau A. erfolgt ist, geschweige denn, dass ein Familienverband im Bundesgebiet besteht. Erstmals nach Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde mit Schriftsatz vom 18. Januar 2024 die zu diesem Zeitpunkt bereits 10 Monate zurückliegende Geburt des Kindes S. und ein Zusammenleben im Familienverband vorgetragen.
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Zwar geht das Gericht in der Gesamtschau der Angaben des Klägers und der Frau A. nunmehr davon aus, dass die Familie ursprünglich bereits im Herkunftsland bestand und im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt auch ein familiäres Zusammenleben erfolgt. Dies nützt dem Kläger jedoch in Hinblick auf abgeleiteten Schutz nach Art. 26 AsylG bereits deshalb nichts, weil die Ehe über Jahre hinweg faktisch aufgehoben war und das familiäre Zusammenleben erst im Bundesgebiet zu einem dem Gericht nicht näher bekannten Zeitpunkt wiederaufgenommen wurde (zum Ausschluss von Familienasyl bei faktischer Aufhebung der Ehe vgl. etwa VG Hannover, U.v. 6.11.2023 – 13 A 1092/21 – juris). Eine solche faktische Aufhebung der Ehe ist aufgrund der zumindest insoweit glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung anzunehmen, wo dieser letztlich einräumte, den Kontakt zu seiner damals noch im Heimatdorf lebenden Ehefrau abgebrochen zu haben, weil diese seine Rückkehr gefordert und mit Scheidung gedroht habe. Zwar konnte oder wollte der Kläger insoweit keine näheren Angaben zur Dauer des Kontaktabbruchs machen. Unter Zugrundelegung seiner Angaben ist jedoch von einem beachtlichen Zeitraum von mehreren Jahren – wohl 2017 bis August/ September 2021 – auszugehen, sodass die Ehe und Familie sowohl zum Zeitpunkt der Einreise und Antragstellung der Stammberechtigten wie auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag der Stammberechtigten nicht bestand. Eine Anwendung des § 26 AsylG zugunsten des Klägers scheidet vor diesem Hintergrund aus.
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Ungeachtet dessen liegen die Voraussetzungen einer von Frau A. oder den Kindern abgeleiteten Zuerkennung von Flüchtlingsschutz gem. § 26 Abs. 1 Satz 1 AsylG bzw. § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylG auch deshalb nicht vor, weil die Beantragung von Familienasyl durch den Kläger ohne erkennbaren Zusammenhang zum Asylverfahren der Stammberechtigten erfolgte.
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Die Beantragung von Familienasyl ist aufgrund des Zwecks der Regelungen über das Familienasyl generell nur in einem zeitlich begrenzten Rahmen zulässig. Für die Fallkonstellation der Einreise eines Antragstellers nach Anerkennung des Stammberechtigten wird dies in § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bzw. § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AsylG durch das Erfordernis der „unverzüglichen“ Antragstellung nach der Einreise klargestellt, wobei in der Regel ein Zeitraum von zwei Wochen als maßgeblich erachtet wird (ständ. Rspr., vgl. etwa BVerwG, U.v. 13.5.1997 – 9 C 35/96 – juris Rn. 10; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Okt. 2023, § 26 AsylG, Rn. 77). Auch in der – hier einschlägigen (s. a. nachfolgend Rn. 30) – ersten Variante der Einreise vor Anerkennung des Stammberechtigten erfordert der Zweck der Regelungen über das Familienasyl nach wohl herrschender Meinung einen gewissen zeitlichen Zusammenhang mit dem Asylverfahren des Stammberechtigten (vgl. etwa: Hailbronner, a.a.O., Rn. 79 ff.; Günther/Nuckelt in BeckOK, Ausländerrecht, Stand 1.7.2023, § 26 AsylG, Rn. 11 jew. m.w.N.; a.A.: Münch in NK-AuslR, 3. Aufl. 2023, AsylG, § 26, Rn. 25). Die Zulassung eines zeitlich unbeschränkten Anspruchs auf Geltendmachung von Familienasyl im Falle der Einreise vor Anerkennung des Stammberechtigten widerspräche ersichtlich dem Zweck des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bzw. § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AsylG, einen Zusammenhang mit dem Asylverfahren des Stammberechtigten klar- und sicherzustellen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 29.9.2022 – OVG 4 B 18/21 – juris Rn. 41). Dies gilt gerade auch in Fällen von Sekundärmigration, wo Familienangehörige in verschiedenen Mitgliedstaaten unabhängig voneinander verschiedene und – wie im Fall des Klägers – ggf. auch mehrere Asylverfahren betreiben. Den Regelungen zum Familienasyl kommt dabei neben Zwecken der schnelleren Integration und Verfahrensvereinfachung insbesondere auch eine Ordnungsfunktion zu (vgl. zu § 26 Abs. 2 AsylVfG: BVerwG, U.v. 13.5.1997 – 9 C 35/96 – juris).
30
Der Umstand, dass der Kläger das Bundesgebiet nach seiner ersten Einreise wieder verlassen hat, führt dabei nicht dazu, dass nunmehr auf seine letzte, erst nach Anerkennung der Stammberechtigten erfolgte Einreise abzustellen wäre. Denn andernfalls läge es in der Hand des Ausländers, durch wiederholte Aus- und Einreisen den Anwendungsbereich des § 26 AsylG zu steuern bzw. zu seinen Gunsten „neu zu eröffnen“ (zur Maßgeblichkeit der ersten Einreise des antragstellenden Angehörigen eines Stammberechtigten i.R.d. § 26 Abs. 2 AsylVfG s.a.: VG Augsburg, U.v. 14.3.2000 – Au 3 K 99.30714 – juris Rn. 22 f). Auf eine „Unverzüglichkeit“ der Antragstellung in Zusammenhang mit der letzten Einreise des Klägers kommt es damit nicht an.
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Auch wenn in der Fallkonstellation der Einreise eines Antragstellers vor Anerkennung des Stammberechtigten über das Erfordernis zumindest eines gewissen zeitlichen Zusammenhangs zum Asylverfahren des Stammberechtigten wohl weitgehend Einigkeit besteht, wird die Frage, auf welchen Anknüpfungspunkt insoweit abzustellen ist, in Literatur und Rechtsprechung – soweit ersichtlich – bislang uneinheitlich beantwortet. In Anlehnung an die frühere Fassung der Vorschrift, mit deren Umformulierung insoweit keine substantielle inhaltliche Änderung einhergehen sollte (vgl. BT-Drs. 17/13063, S. 21 a.E.), spricht einiges dafür, auf den Zeitpunkt der Antragstellung des Stammberechtigen abzustellen (so auch Hailbronner, a.a.O., Rn. 80 f.). Für den Zeitpunkt der Einreise des Stammberechtigten sprechen sich Günther/Nuckelt (a.a.O., Rn. 11) aus, wobei der Zeitpunkt der Einreise und Antragstellung des Stammberechtigten regelmäßig nicht weit auseinanderfallen dürften. Vereinzelt wird demgegenüber aber auch auf den Zeitpunkt der Anerkennung des Stammberechtigten abgestellt (vgl. VG Göttingen, U.v. 2.6.2021 – 1 A 41/18 – juris Rn. 33), welcher das Ende des Asylverfahrens des Stammberechtigten markiert und damit den spätest möglichen Anknüpfungspunkt darstellt sowie in Hinblick auf taktisch motiviertes Asylvorbringen der Beteiligten zumindest gewisse Risiken bergen mag. Eine Entscheidung kann hier letztlich dahinstehen, da der erforderliche Zusammenhang selbst bei Abstellen auf den Zeitpunkt der Schutzzuerkennung des Stammberechtigten nicht mehr gegeben ist.
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Vorliegend reiste der Kläger nach Aktenlage erstmals am 2. Dezember 2015 in das Bundesgebiet ein. Nachdem er sich wohl spätestens Anfang Juni 2017 ins europäische Ausland begeben hatte, brach er nach eigenen Angaben über mehrere Jahre hinweg bis etwa August/ September 2021 den Kontakt zu seiner Frau samt Kindern ab. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger in der Folge auch nicht mitbekommen, dass seine Ehefrau mit den Kindern bereits Ende September 2019 ins Bundesgebiet einreiste und hier um Schutz ersuchte. Erst nachdem der Kläger über „Facebook-Freunde“ von der Schutzzuerkennung seiner Frau und Kinder erfuhr, organisierte er im August/ September 2021 die nachträglich ausgestellte Heiratsurkunde und reiste erneut ins Bundesgebiet ein, um am 9. November 2021 Familienflüchtlingsschutz zu beantragen. Ein hinreichender Zusammenhang des klägerischen Antrags auf Familienasyl zum Asylverfahren der Stammberechtigten ist damit nicht ersichtlich. Selbst wenn der Zeitpunkt der Schutzzuerkennung der Stammberechtigten (Mitte Juni 2021) für maßgeblich erachtet wird, verging bis zur Antragstellung des Klägers im November 2021 ein Zeitraum von knapp 5 Monaten. Der Umstand, dass der Kläger zunächst eine Heiratsurkunde im Herkunftsland beschaffte, ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände dabei nicht geeignet, den mehrmonatigen Zeitraum bis zur Antragstellung zu rechtfertigen – zumal sich die Art und Weise der Urkundenbeschaffung aufgrund der insgesamt vagen und in sich widersprüchlichen Angaben des Klägers für das Gericht kaum nachvollziehen lässt. Erst Recht fehlt es an dem erforderlichen Zusammenhang, wenn – wofür einiges spricht -auf den Zeitpunkt der Einreise oder Antragstellung der Stammberechtigten abgestellt wird, da seitdem über 2 Jahre bis zum Antrag des Klägers vergangen sind.
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1.3 Soweit der Kläger nach Ladung zur mündlichen Verhandlung noch eine Vaterschaftsanerkennung für das im März 2023 im Bundesgebiet geborene Kind S. vorgelegt hat, hat die Beklagte unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend ausgeführt, dass bei nachgeborenen Kindern eine Ableitung von Flüchtlingsschutz ausscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2023 – 1 C 7.22 – juris). Darüber hinaus wäre auch eine „Ketten-Ableitung“ nicht möglich (vgl. BVerwG, B.v. 21.12.20021 – 1 B 35.21 – juris), da dem Kind S. nur ein von der Mutter abgeleiteter Flüchtlingsschutz gewährt wurde.
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1.4 Eine geänderte Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ergibt sich schließlich nicht aus der Situation des Klägers als Rückkehrer nach einem längeren Auslandsaufenthalt im Westen. Insbesondere gibt es weiterhin keine verifizierten Berichte, wonach Al Shabaab Rückkehrer aus dem Westen systematisch angreifen würde (vgl. etwa: BayVGH, 10.7.2018 – 20 B 17.31595 – juris Rn. 29; VGH Hessen, U.v. 1.8.2019 – 4 A 2334/18.A – juris Rn. 49; OVG Niedersachsen, U.v. 5.12.2017 – 4 LB 50/16 – juris Rn. 51; VG Minden, U.v. 4.11.2020 – 1 K 2163/18.A – juris Rn. 142 ff.).
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1.5 Sonstige Gründe dafür, dass sich die der Erstentscheidung zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nachträglich zugunsten des Klägers geändert hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Gegenteil lassen die in der Anhörung wie auch der mündlichen Verhandlung zu Tage tretenden Unstimmigkeiten der Angaben des Klägers im Rahmen des Folgeantragsverfahrens gegenüber seinen Angaben im Rahmen des Erstverfahrens erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der vorgetragenen Fluchtgeschichte aufkommen (s.a. nachfolgend).
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1.6 Ebenso sind die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens wegen der Vorlage neuer Beweismittel gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG nicht gegeben. Es muss sich insoweit um neue Beweismittel für „alte Tatsachen“ zu den bereits im Erstverfahren entscheidungsrelevanten Sachverhalten handeln. Dies trifft weder auf die im Rahmen des Folgeantragsverfahrens vorgelegte Heiratsurkunde noch auf die Urkunde über die Vaterschaftsanerkennung zu.
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2. Der Kläger hat im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt zudem keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG.
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Auch die begehrte Feststellung zum Vorliegen der Voraussetzungen der Abschiebungsverbote nach § 31 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG kann im Rahmen eines Folgeantrags nur nach den Maßgaben des § 51 VwVfG zum Wiederaufgreifen des Verfahrens erfolgen. Denn es existiert auch insoweit ein ablehnender und bestandskräftiger Bescheid des Bundesamts aus dem Jahre 2017, welcher zunächst einer erneuten inhaltlichen Befassung entgegensteht. Erst wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und 2 VwVfG erfüllt sind, hat die Behörde das Verfahren wiederaufzugreifen und eine neue Entscheidung in der Sache zu treffen. Liegen dagegen die Voraussetzungen nicht vor, hat das Bundesamt nach § 51 Abs. 5 VwVfG i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob die bestandskräftige frühere Entscheidung zurückgenommen oder widerrufen wird. Insoweit besteht ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung (BVerwG, B.v. 21.3.2000 – 9 C 41.99 – juris Rn. 9; B.v. 15.1.2001 – 9 B 475/00 – juris Rn. 5).
39
Die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia stellt sich auch unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnismittel weiterhin nicht so dar, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde und ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG anzunehmen wäre. Entscheidend bleibt vielmehr eine Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls einschließlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen (vgl. ausführlich VG München, U.v. 24.8.2023 – M 11 K 19.32943 – n.v.; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 30.11.2023 – OVG 4 B 8/22 – juris; VG Würzburg, U.v. 23.3. 2023 – W 4 K 22.30192; SächsOVG, U.v. 12.10.2022 – 5 A 78/19.A; VGH BaWü, U.v. 17.7.2019 – A 9 S 1566/18; U.v. 16.12.2021 – A 13 S 3196/19; BayVGH, U.v. 12.7.2018 – 20 B 17.31292 – jew. juris).
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Angesichts der völligen Unglaubhaftigkeit der klägerischen Angaben ist im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt letztlich bereits keine Gefahrenprognose möglich, was zu Lasten des Klägers geht (vgl. zum „non liquet“ auch: BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 33/18 – juris). Der Vortrag des Klägers weist derart viele Unstimmigkeiten und unauflösbare Widersprüche auf, dass das Gericht nicht davon überzeugt ist, dass der Kläger zu seinen Fluchtgründen sowie zu seinen familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen die Wahrheit sagt.
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Die Angaben des Klägers im Rahmen des Erstverfahrens, wonach er sein Dorf vorrangig deshalb verlassen habe, weil ihm der (Weiter-)Betrieb seines Kinos von der Al Shabaab verboten worden sei, lassen sich nicht in Einklang bringen, mit seinen Angaben im Rahmen des Folgeantrags, wonach er als Viehhirte gearbeitet und das Land deshalb verlassen habe, weil er für die Eröffnung eines Ladens von den Ältesten zu Geldzahlungen aufgefordert worden sei. Die erst auf Vorhalt im Rahmen der Anhörung vom 13. Dezember 2021 erfolgte und in der mündlichen Verhandlung wiederholte Einlassung des Klägers, wonach der Laden auch ein Kino umfasst habe, ist erkennbar vorgeschoben und daher nicht geeignet, um die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben auszuräumen. Selbst wenn der Kläger – bei Wahrunterstellung seines letzten Vortrags – parallel zum Kino auch einen Laden betrieben haben sollte, erklärt dies nicht, warum er diesen Laden im Rahmen des Erstverfahrens mit keinem Wort erwähnte – während umgekehrt dem Kinobetrieb im Rahmen der Begründung des Folgeantrags keine fluchtauslösende Bedeutung (mehr) zukam. Letztlich wurde damit der fluchtauslösende Sachverhalt von dem Kläger komplett ausgetauscht.
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Dessen ungeachtet versuchte der Kläger noch in der mündlichen Verhandlung über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie im Heimatland zu täuschen. Aspekte wie die Finanzierung der Ausreise oder der Aufenthalt und die wirtschaftliche Situation von Verwandten sind für die Frage der Reintegration im Heimatland jedoch bedeutsam, sodass falsche Angaben hierzu nicht nur Nebenaspekte betreffen. Während die Ausreise des Klägers im Wesentlichen durch einen in den USA lebenden „Freund“ und weitere Reisen innerhalb Europas durch
„Freunde aus Europa“ finanziert worden sein sollen (vgl. Anhörungsprotokoll vom 29.11.2016, S. 3), behauptete der Kläger in der mündlichen Verhandlung, keinerlei Angaben zur Finanzierung der Ausreise seiner Ehefrau aus Somalia machen zu können, weil diese die Ausreise allein organisiert habe. Abgesehen davon, dass das Gericht dem Kläger nicht abnimmt, dass sich die Eheleute nicht zumindest im Nachgang über die Ausreise der Frau ausgetauscht hätten, weisen die Angaben beider Ehegatten zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Familienverbands in der Gesamtschau erhebliche Unstimmigkeiten auf. So gab der Kläger bei seiner Anhörung am 29. November 2016 an, dass die Familie zusammen mit seiner Mutter zur Miete gewohnt habe. Zusammen mit den Einnahmen seiner Mutter aus einem Obst- und Gemüseverkauf seien sie auf insgesamt ca. 200,- USD im Monat gekommen, von denen 100,- USD als Miete gezahlt worden seien. Von den restlichen 100,- USD habe die damals achtköpfige Familie gelebt. Frau A. gab bei ihrer Anhörung am 14. Oktober 2019 demgegenüber an, die Ausreise per Flugzeug in die Türkei habe für sie und die beiden Kinder rd. 16.500,- USD gekostet, was sie durch Verkauf eines ihr gehörenden, großen und mit zwei Häusern bebauten Grundstücks (Verkaufserlös 20.000,- USD) finanziert habe; dabei sollte es sich nach den Angaben von Frau A. um das Grundstück handeln, auf dem sie mit ihren Kindern und der Mutter des Klägers bis zur Ausreise gelebt habe. Angesichts dieser völlig widersprüchlichen Angaben beider Eheleute ist eine belastbare Einschätzung der den Kläger bzw. – unter dem Aspekt der gemeinsamen Rückkehrprognose (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45/18 – juris) – die Familie erwartenden Lebensverhältnisse in Heimatland letztlich nicht möglich, zumal der Kläger auch im Übrigen nur vage Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen seiner Angehörigen wie auch der Angehörigen seiner Ehefrau machte.
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Das Gericht verkennt dabei nicht, dass sich die derzeitige humanitäre Lage in Somalia insbesondere aufgrund der langanhaltenden Dürre für weite Teile der Bevölkerung weiterhin als äußerst prekär darstellt und die Kindersterblichkeit hoch ist. Aufgrund der widersprüchlichen Angaben des Klägers und nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung ist das Gericht jedoch nicht davon überzeugt, dass die Familie – auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse des im März 2023 im Bundesgebiet geborenen Kleinkindes – nicht imstande wäre, im Heimatland ein Leben zumindest am Rande des Existenzminimums zu führen. Der Kläger hat dabei in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sowohl er als auch seine Ehefrau weiterhin regelmäßigen Kontakt zu den Angehörigen pflegen. Auch die nachträgliche Beschaffung der Heiratsurkunde war auf diesem Wege möglich, wobei der Kläger zu den Umständen der Beschaffung widersprüchliche Angaben machte und sich auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung schließlich mit Nichtwissen herauszureden suchte. Nach der Gesamtschau der Aktenlage und dem Eindruck der mündlichen Verhandlung ist anzunehmen, dass beide Eheleute über einen jedenfalls tragfähigen und möglicherweise sogar vermögenden Familienverband in und außerhalb Somalias verfügen (zur Unterstützung durch im Ausland lebende Angehörige vgl. auch: BayVGH, U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 sowie B.v. 19.2.2020 – 23 B 17.31791 – jew. juris). Ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme, besteht darüber hinaus noch ein tragfähiges Netzwerk clanbedingter oder freundschaftlicher Verbindungen (insbes. „Freund“ des in den USA; weitere „Freunde“ in Europa, bei denen sich der Kläger noch vor seiner erneuten Rückkehr ins Bundesgebiet aufgehalten haben will). Zumindest in der ersten Zeit nach der Rückkehr könnte die Familie schließlich auf Übergangshilfen zurückgreifen (vgl. zur Berücksichtigung von Rückkehrhilfen grundlegend: BVerwG, U.v. 21.4.2022 – 1 C 10/21 – juris; ausführlich zur Situation von Rückkehrern nach Somalia: SächsOVG, U.v. 12.10.2022 – 5 A 78/19.A – juris Rn. 54 f.).
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Ebenso liegen die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor, da es im Hinblick auf die den Kläger bzw. die Familie in Somalia erwartenden Lebensbedingungen aus den eben dargestellten Gründen an der erforderlichen verfassungswidrigen Schutzlücke fehlt (vgl. BayVGH, U.v. 17.7.2018 – 20 B 17.31659 – juris Rn. 41).
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Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.