Titel:
Vorläufiger Rechtschutz, sofort vollziehbare Beseitigungsverfügung, Rundbogenhalle, Gartenhütte, Bauzäune, Anhänger, Anhörung, Keine landwirtschaftliche Hofstelle vorhanden, Überwiegende Pachtflächen, keine Antragsbegründung
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BayBO Art. 76 Satz 1
BayVwVfG § 28
BayVwVfG Art. 46
Schlagworte:
Vorläufiger Rechtschutz, sofort vollziehbare Beseitigungsverfügung, Rundbogenhalle, Gartenhütte, Bauzäune, Anhänger, Anhörung, Keine landwirtschaftliche Hofstelle vorhanden, Überwiegende Pachtflächen, keine Antragsbegründung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 4554
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Beseitigungsanordnung des Antragsgegners.
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Der Antragsteller teilte dem Landratsamt zunächst per E-Mail vom 28. Juli 2023 mit, dass er auf dem Grundstück FlNr. …/2 Gem. … … (im Folgenden: Vorhabengrundstück) ein 100 qm großes, genehmigungsfreies Rundbogenzelt errichten wolle. Er sei privilegierter Landwirt. Mit Formular vom 2. August 2023 machte der Antragsteller weitere Angaben zu seinem Bauvorhaben. Die Zelthalle werde Ausmaße von 12 m Tiefe, 9,15 m Breite und 4,50 m Höhe aufweisen. Es sollten dort Heu und Stroh untergebracht werden. Das Vorhabengrundstück, das 3580 qm misst, steht im Eigentum eines Dritten und wird überwiegend als Ackerland genutzt. Nach den Feststellungen einer Baukontrolle am 17. August 2023 war das Zelt zu diesem Zeitpunkt bereits errichtet.
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Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten E. (im Folgenden: AELF) nahm gegenüber dem Landratsamt mit Schreiben vom 15. September 2023 Stellung. Der Antragsteller bewirtschafte 13,5 ha landwirtschaftliche Fläche. Ihm zufolge seien die Flächen mit einer Vertragsdauer von über 12 Jahren gepachtet; 0,38 ha befänden sich im Eigenbesitz. In Zukunft wolle der Antragsteller 15 Mutterkühe halten, und die Zelthalle solle als Lagermöglichkeit für Stroh und Heu dienen. Der Antragsteller habe im Bildungsprogramm Landwirt teilgenommen. Er habe 25 Jahre Erfahrung in der Landwirtschaft und sei früher bereits Tierhalter gewesen. Das Vorhaben sei als Wiedereinstieg zu bewerten. Es sei auch ein mobiler Unterstall mit 8 m auf 4 m geplant. Eine Privilegierung liege nicht vor, weil es sich nicht um einen Betrieb i.S.d. § 201 BauGB handele. Der Antragsteller sei nicht im Besitz von Eigentumsflächen; eine Hofstelle sei nicht vorhanden.
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Das Landratsamt hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 26. September 2023 zum Erlass einer Beseitigungsanordnung sowie zum Erlass eines Bußgelds an und räumte eine Äußerungsfrist von zwei Wochen ein. Im Bescheidsbetreff war das Vorhaben als „landwirtschaftliches Gebäude – Heu und Stroh“ unter Bezeichnung des Vorhabengrundstücks genannt. Auf die Stellungnahme des AELF und der fehlenden Privilegierung wurde Bezug genommen.
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Im Akt befindliche Fotos einer Baukontrolle vom 5. Oktober 2023 lassen erkennen, dass auf dem Vorhabengrundstück neben dem Rundbogenzelt auch ein Bauzaun, eine Holzhütte und ein Lastwagenanhänger vorhanden sind.
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Der Antragsteller, dem die Stellungnahme des AELF zugeleitet worden war, äußerte per E-Mail vom 13. Oktober 2023 gegenüber dem Landratsamt, dass er Einspruch gegen die Ablehnung der Genehmigung des Zeltes einlege. Eine angekündigte Begründung erfolgte nicht.
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Mit Bescheid vom 20. November 2023, dem Antragsteller per Postzustellungsurkunde am 21. November 2023 zugegangen, ordnete der Antragsgegner bezüglich des Grundstücks FlNr. …/2 Gem. … … die Beseitigung der Rundbogenhalle (Bescheidsnr. 1), der Gartenhütte (Nr. 2), der Bauzäune (Nr. 3) und des Lastkraftwagen-Anhängers (Nr. 4), jeweils bis zum 31. Januar 2024 an. Für den Fall der Nichtbefolgung wurden Zwangsgelder (Nrn. 5 bis 8) angedroht, und zwar bezüglich der Anordnung Nr. 1 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR, bezüglich Nr. 2 von 500 EUR, bezüglich Nr. 3 von 250 EUR und bezüglich Nr. 4 von 500 EUR. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 bis 4 wurde angeordnet (Nr. 9) und Kostenentscheidungen getroffen (Nrn. 10 und 11). Die in Rede stehenden Anlagen seien formell und materiell illegal. Eine Verfahrensfreiheit scheide u.a. wegen der Lage im Außenbereich aus. Ein landwirtschaftlicher Betrieb liege nicht vor, eine Privilegierung sei nicht anzunehmen. Der Antragsteller habe Eigentum lediglich an 0,38 qm Fläche. Auch wenn grundsätzlich Pachtflächen zur Betriebsfläche hinzuzurechnen seien, könne ein Betrieb jedoch nicht ausschließlich auf Pachtland betrieben werden. Mit der extrem geringen Eigenfläche sei eine Nachhaltigkeit des Betriebs schon nicht gegeben. Die Anlagen seien ohnehin auf Pachtgrund errichtet worden. Es fehle auch völlig die räumlich-funktionale Zuordnung des Vorhabens zu einem landwirtschaftlichen Betrieb, weil der Antragsteller aktuell nicht über eine eigene Hofstelle verfüge. Ein Vorhaben sei nicht deswegen privilegiert, nur weil der Bauherr Landwirt sei. Der Flächennutzungsplan mit der Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“ sei als öffentlicher Belang berührt; die Bauten beeinträchtigten die natürliche Eigenart der Landschaft. Das Bauvorhaben sei auch in einer aus naturschutzrechtlicher Sicht besonders schützenswerten Lage im Landschaftsschutzgebiet …-tal errichtet worden. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Bauvorschriften, auch unter Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Lage, überwiege das Interesse des Antragstellers am bestehenden Zustand. Von den Anlagen ginge eine negative Vorbildwirkung und eine Bezugsfallwirkung aus. Für vergleichbare bauliche Anlagen sei auch ein bauaufsichtliches Verfahren eingeleitet worden. Die Anordnung einschließlich der Fristsetzung sei verhältnismäßig. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei geboten gewesen, weil ein dringendes öffentliches Interesse daran bestehe, eine geordnete bauliche Entwicklung zu gewährleisten. Ein Klageverfahren könne sich Jahre hinziehen und Nachahmer zu ähnlichem Handeln inspirieren. Gerade angesichts des naturschutzrechtlich schützenswerten Bereichs würde ein falsches Signal ausgesendet. Es handele sich außerdem um einfache Anlagen, die problemlos und ohne großen Aufwand, vor allem ohne Substanzverlust, ab- und ggf. wiederaufgebaut werden könnten. So würden keine unumkehrbaren Verhältnisse geschaffen.
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Der Antragsteller, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, hat am … Dezember 2023 Klage (M 1 K 23.6146) gegen den vorgenannten Bescheid erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Zugleich wird beantragt,
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Die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels wird wiederhergestellt.
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Eine Begründung erfolgte trotz zweifacher Aufforderung nicht.
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Der Antragsgegner legt die Akten vor und äußert sich zur Sache nicht.
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Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Behördenakte Bezug genommen.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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Der Eilantrag ist zulässig. Soweit er sich gegen die für sofort vollziehbar erklärten Beseitigungsverfügungen in den Nummern 1 bis 4 des Bescheids vom 20. November 2023 richtet, ist er als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Die Klage hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohungen wird der Antrag im wohlverstandenen Interesse der Antragspartei als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung verstanden, die kraft Gesetzes entfallen ist, § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, Art. 21a Satz 1 VwZVG.
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Der Eilantrag ist unbegründet, weil das Vollzugsinteresse des Antragsgegners das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt.
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Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen bzw. wiederherstellen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob diejenigen Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen. Zudem bedarf es für den Sofortvollzug eines öffentlichen Interesses oder überwiegenden Interesses eines Beteiligten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO).
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Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht Überwiegendes dafür, dass die streitgegenständliche Beseitigungsanordnung rechtmäßig ist, der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt und dementsprechend die Hauptsache voraussichtlich erfolglos ist (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die besonderen Voraussetzungen für den Sofortvollzug sind ebenfalls gegeben; ein über das Erlassinteresse der Beseitigungsanordnung hinausgehendes besonderes Vollzugsinteresse ist zu bejahen.
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1. Die Anordnung des Sofortvollzugs ist in formaler Hinsicht ausreichend begründet (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Es reicht hierbei jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen. Auf die inhaltliche Richtigkeit der Begründung kommt es nicht an (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 55). Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde schriftlich begründet (vgl. S. 8 des Bescheids) und das überwiegende öffentliche Interesse daran, dass die Beseitigung zeitnah erforderlich ist, mit der Notwendigkeit, einen Anreiz für Dritte abzuwehren, dargelegt. Die Begründung geht auf den Einzelfall ein und begnügt sich gerade nicht mit nur formelhaften Ausführungen.
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2. Die Beseitigungsanordnung erweist sich nach summarischer Prüfung in formeller und materieller Hinsicht als rechtmäßig.
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Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.
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a) Formelle Bedenken gegen die Baueinstellungsverfügung bestehen nicht und wurden nicht vorgetragen, insbesondere dürfte kein beachtlicher Anhörungsfehler vorliegen.
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aa) Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Hier hat das Landratsamt mit Schreiben vom 26. September 2023 Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben und auf Nachfrage des Antragstellers die in Bezug genommene Stellungnahme des AELF nachgesendet. Zwar bezieht sich das Schreiben des Landratsamts ausweislich des Betreffs nur auf die Zeltbogenhalle und nicht auch auf die übrigen im Bescheid genannten drei weiteren Anlagen, derentwegen nicht ausdrücklich auch noch angehört worden ist. Gleichwohl dürfte der Antragsteller zu den im Sinne von Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG für die Entscheidung erheblichen Tatsachen angehört worden sein. Denn der Antragsteller wurde in dem genannten Schreiben die Möglichkeit gegeben, zu der Frage der landwirtschaftlichen Privilegierung Stellung zu nehmen. Dies stellt den in der Bescheidsbegründung ausgeführten, zentralen Gesichtspunkt für die Beseitigungsanordnung sämtlicher Anlagen, die vom Bescheid erfasst sind, dar.
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bb) Abgesehen davon wäre ein etwaiger Anhörungsmangel aber auch unbeachtlich.
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Eine Heilung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens dürfte zwar (bisher) nicht eingetreten sein. Nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach Art. 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; nach Absatz 2 können Handlungen nach Absatz 1 bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Eine Heilung tritt aber nur ein, soweit die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren erfüllen diese Anforderungen grundsätzlich nicht.
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Ein etwaiger Anhörungsfehler wäre jedoch nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach Art. 44 BayVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Es spricht vorliegend viel dafür, dass der Antragsgegner auch nach einer gesonderten Anhörung des Antragstellers bezüglich der übrigen Anlagen die streitgegenständliche Beseitigungsverfügung ausgesprochen hätte. Nach den gegebenen Umständen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller auf gesonderte Anhörung bezüglich der übrigen Anlagen reagiert hätte. Denn nicht einmal bezüglich des Rundbogenzelts und der im Anhörungsschreiben vom 26. September 2023 bereits aufgeworfenen Frage der Privilegierung hat der Antragsteller die mit E-Mail vom 13. Oktober 2023 angekündigte Stellungnahme abgegeben; schließlich ist eine Stellungnahme soweit ersichtlich bis heute nicht eingegangen. Angesichts des Umstands, dass das Rundbogenzelt die wohl bedeutendste bauliche Maßnahme des Anlagenensembles darstellt, ist erst recht nicht damit zu rechnen, dass der Antragsteller auf eine weitere Anhörung bezüglich der kleineren Anlagen reagiert hätte.
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b) Der Bescheid dürfte auch materiell rechtmäßig sein. Die Voraussetzungen für das bauaufsichtliche Einschreiten sind erfüllt. Die beanstandeten Anlagen, namentlich das Rundbogenzelt (vgl. sogleich unter aa)), die Gartenhütte (bb)), die Bauzäune (cc) und der LKW-Anhänger (dd)) verstoßen gegen Vorschriften des öffentlichen Rechts.
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aa) Das Rundbogenzelt verstößt gegen formelles und materielles Recht.
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(1) Eine Baugenehmigung für das Rundbogenzelt besteht nicht, obwohl diese erforderlich wäre. Insbesondere ist seine Errichtung nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO verfahrensfrei. Nach dieser Vorschrift besteht eine Verfahrensfreiheit für die Errichtung von freistehenden Gebäude ohne Feuerungsanlagen, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung im Sinn der § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 201 BauGB dienen, nur eingeschossig und nicht unterkellert sind, höchstens 100 m² Brutto-Grundfläche und höchstens 140 m² überdachte Fläche haben und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind.
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Die Rundbogenhalle überschreitet die zulässige Grundfläche von 100 m². Nach den Angaben des Antragstellers ist von Ausmaßen von 9,15 m Breite und 12 m Tiefe ohne Vordach auszugehen, wonach sich eine Grundfläche von 109,8 m² errechnet.
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(2) Das Zelt ist auch mit dem materiellen Baurecht nicht vereinbar, weil es planungsrechtlich unzulässig ist.
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Das Vorhaben, das im Außenbereich gelegen ist, ist nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert. Als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist es unzulässig.
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(a) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt.
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Ein Betrieb in diesem Sinne erfordert nach ständiger Rechtsprechung ein nachhaltiges, ernsthaftes, auf Dauer angelegtes und lebensfähiges Unternehmen mit einer gewissen Organisation. Das Wesen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs besteht darin, dass die drei Produktionsfaktoren Betriebsmittel, menschliche Arbeit und Bodennutzung zu einer organisatorischen Einheit zusammengefasst sind, und dass sie plangemäß von einem Betriebsleiter eingesetzt werden; hierzu ist eine spezifische betriebliche Organisation zu verlangen, wozu eine auf diese Merkmale bezogene Betriebsbeschreibung („Betriebskonzept“) dient (Ernst/Zinkahn Bielenberg/Krautzberger/Söfker, BauGB, 151. EL August 2023, § 35 Rn. 29a m.w.N.). Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Maßgebend ist stets, dass der zu schonende Außenbereich grundsätzlich nur einer ernsthaften, in seiner Beständigkeit auf Dauer angelegten landwirtschaftlichen Betätigung „geopfert“ werden darf. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebs sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Es handelt sich um Hilfstatsachen, die im Rahmen einer Gesamtschau zu bewerten sind (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 11. 10. 2012 – 4 C 9/11 – juris). Dabei haben der mehr oder minder dauernd gesicherte Zugriff auf die nutzbare Fläche, die in landwirtschaftlicher Weise Gegenstand der unmittelbaren Bodenertragsnutzung sein soll, und die Wirtschaftlichkeit (Rentabilität) der Betätigung nicht ausschließliche, jedoch indizielle Bedeutung für die Beurteilung der Ernsthaftigkeit und der Beständigkeit des Vorhabens (vgl. BayVGH, B.v. 6.8.2018 – 22 CS 18.1097 – juris). Bei Tätigkeiten als Nebenerwerbslandwirt kommt es für die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB besonders darauf an, dass die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Tätigkeit hinreichend gewährleistet ist. Verschiedenen Merkmalen ist eine indizielle Bedeutung beizumessen. Hierzu zählt neben der (objektiven) Möglichkeit der Gewinnerzielung der mehr oder minder dauernd gesicherte Zugriff auf die nutzbare Fläche, die in landwirtschaftlicher Weise Gegenstand der unmittelbaren Bodenertragsnutzung sein soll. Die vorausgesetzte planmäßige und eigenverantwortliche Bewirtschaftung darf dabei nicht dadurch in Frage gestellt sein, dass dem Landwirt keine für seine Ertragserzielung benötigte Fläche dauernd zur Verfügung steht. Diese Voraussetzung wird in aller Regel eine eigentumsrechtliche oder eine anderweitige sachenrechtliche Zuordnung bedingen. Das schließt zwar nicht aus, dass ein Landwirt eine benötigte Fläche hinzupachtet. Je umfangreicher eine derartige Hinzupacht indes ist, um so unsicherer wird, ob angesichts der spezifischen Schwäche des Pachtlandes aufgrund einer nur schuldrechtlichen und von den Vertragsparteien jederzeit aufhebbaren Zuordnung die erforderliche Nachhaltigkeit noch gewährleistet ist. In aller Regel genügt eine landwirtschaftliche Betätigung, die ausschließlich oder weit überwiegend auf fremdem Grund und Boden zu verwirklichen ist, nicht den Voraussetzungen für eine Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Die Pacht vermag zur Privilegierung beizutragen, kann aber regelmäßig nicht alleinige Grundlage eines landwirtschaftlichen Betriebes i.S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sein (zum Vorstehenden: BVerwG, B.v. 3.2.1989 – 4 B 14.89 – juris Rn. 4).
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Nach der fachlichen Beurteilung des AELF liegt ein solcher Betrieb nicht vor. Dem ist die Antragspartei weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren substanziell entgegengetreten. Auch die Kammer geht nach Aktenlage von einer fehlenden Privilegierung aus. Es spricht Überwiegendes dafür, das Vorliegen eines Betriebs zu verneinen. Nach den gegebenen Umständen dürften die Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit, die für einen Betrieb erforderlich sind, nicht gegeben sein. Nach der gegebenen Flächengröße von ca. 15 ha ist von einer Landwirtschaft im Nebenerwerb auszugehen, für den es nach den o.g. Grundsätzen regelmäßig nicht ausreicht, dass die bewirtschafteten Flächen fast ausschließlich in fremdem Eigentum stehen. Unabhängig von der aus den Akten nicht zu beantwortende Frage, inwieweit die Pachtflächen schuldrechtlich gesichert sind (Pachtdauer), spricht gegen das Vorliegen eines Betriebs außerdem, dass der Antragsteller auch nicht über eine Hofstelle verfügt.
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Auch bezogen auf die landwirtschaftliche Betätigung, der das Vorhaben dienen soll, steht die Betriebs(teil) eigenschaft in Zweifel. Nach den Angaben des Antragstellers gegenüber dem AELF soll das Rundbogenzelt der Rinderhaltung dienen. Dabei handelt es sich um die Neugründung eines Betriebsteils, den der Antragsteller nach Angaben des AELF in der Vergangenheit bereits innehatte, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt lediglich Ackerflächen bewirtschaftet. Angaben zum Betriebsstruktur und zum Betriebsablauf fehlen. Es ist nicht nachvollziehbar, mit welchen Betriebsmitteln der Antragsteller die Rinderhaltung betreiben möchte, ohne über eine Hofstelle zu verfügen. Denn die Tierhaltung dürfte neben Lagerflächen für Gerätschaften auch Unterstellmöglichkeiten (Stall) für die Tiere im Winter einschließlich Vorrichtungen für Gülle erfordern.
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Als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist das Rundbogenzelt unzulässig, weil öffentlich Belange nach § 35 Abs. 3 beeinträchtigt werden. Es wird insoweit von Begründung abgesehen und auf die zutreffende Bescheidsbegründung verwiesen, der das Gericht folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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bb) Das als Gartenhütte bezeichnete Gebäude (Nr. 2) ist angesichts seiner Lage im Außenbereich nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO verfahrensfrei. Es ist auch nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO verfahrensfrei. Zwar dürfte die Bruttogrundfläche von 100 m² unterschritten sein. Jedoch liegt die Voraussetzung eines landwirtschaftlichen Betriebs nicht vor, und die Gartenhütte ist aus den oben unter 2. b) aa) (2) ausgeführten Gründen auch materiell illegal.
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cc) Die Bauzäune sind angesichts ihrer Lage im Außenbereich nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a BayBO verfahrensfrei. Eine Verfahrensfreiheit ergibt sich auch nicht aus Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO verfahrensfrei. Nach dieser Vorschrift sind offene, sockellose Einfriedungen im Außenbereich zulässig, soweit sie der Hoffläche eines landwirtschaftlichen Betriebs, der Weidewirtschaft einschließlich der Haltung geeigneter Schalenwildarten für Zwecke der Landwirtschaft, dem Erwerbsgartenbau oder dem Schutz von Forstkulturen und Wildgehegen zu Jagdzwecken oder dem Schutz landwirtschaftlicher Kulturen vor Schalenwild sowie der berufsmäßigen Binnenfischerei dienen. Die Nähe zu der Hoffläche eines landwirtschaftlichen Betriebs ist nicht gegeben. Auch dienen die Bauzäune nicht der Weidewirtschaft. Zwar ist insoweit streitig, ob der Begriff der Weidewirtschaft einen Betrieb voraussetzt, was die wohl herrschende Meinung entgegen dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung wohl bejaht (vgl. hierzu Weinmann in BeckOK, BauordnungsR Bayern, 27. Ed. 1.10.2023, BayBO, Art. 57 Rn. 125). Ein Bauzaun ist angesichts seiner Ausführung jedoch weder objektiv dazu gedacht noch geeignet, der Weidewirtschaft zu dienen, insbesondere Tiere zu schützen. Im Übrigen ist den Fotos der Baukontrolle zu entnehmen, dass die Bauzäune Teile der Rundbogenhalle sowie einige auf dem Grundstück abgestellte Gerätschaften und Baumaterialien einzäunt. Ein der Weidewirtschaft dienliche Funktion ist damit schon nicht erkennbar. Es besteht – auch aufgrund des Lastwagenanhängers, dazu unter (4) – eher der Eindruck eines gewerblichen Lagerplatzes.
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Die Bauzäune sind aus denselben Gründen wie oben unter 2. b) aa) (2) ausgeführt auch materiell illegal.
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(4) Der Lastkraftwagenanhänger ist als eine Anlage gemäß Art. 76 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO zu beurteilen. Es handelt sich um den Unterfall einer baulichen Anlage nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BayBO. Danach gelten als bauliche Anlagen solche Anlagen, die nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Eine Anlage ist insbesondere auch dann mit dem Erdboden verbunden, wenn sie wegen ihres natürlichen Gewichts unverrückbar auf dem Boden haftet und kraft ihrer eigenen Schwere im unzerlegten Zustand ohne Inanspruchnahme technischer Hilfsmittel nicht fortbewegt werden kann; auch aufgestellte Fahrzeuge zählen daher zu baulichen Anlagen. Die Dauer der Verbindung ist dabei nicht entscheidend. Auch Anlagen, die nur vorübergehend aufgestellt werden, fallen unter den Begriff der baulichen Anlage, soweit sie überwiegend ortsfest genutzt werden. Entscheidend für den Eintritt einer Verfestigung des Aufstellungsverhältnisses ist, ob ein Wagen nach seiner Beschaffenheit, nach der Art und dem Standort seiner Aufstellung und nach den zu seiner Benutzung geschaffenen Einrichtungen einem unbefangenen Beobachter den Eindruck vermittelt, dass er dem Wagen an dieser Stelle nicht gewissermaßen nur zufällig begegnet, sondern der Wagen als Ersatz für ein Gebäude dient (zum Ganzen: BayVGH, B.v. 8.7.2014 – 2 ZB 13.617 – juris Rn. 3). Der auf dem Vorhabengrundstück abgestellte Lkw-Anhänger erfüllt nach summarischer Prüfung die genannten Eigenschaften. Zwar ist aufgrund der Momentaufnahme bei der Baukontrolle am 5. Oktober 2023 nicht ersichtlich, in welchem Zeitraum der Anhänger auf dem Grundstück steht; der Antragsteller hat sich hierzu nicht geäußert. Es ist nach Aktenlage und den daraus erkennbaren konkreten Umständen jedoch davon auszugehen, dass der Anhänger überwiegend ortsfest verwendet werden soll. Hierfür spricht zum einen, dass der Anhänger auf dem Grundstück ohne Zugmaschine steht, also aus sich heraus nicht bewegt werden kann. Ferner spricht seine Lage auf dem Grundstück dafür, wonach der Anhänger als Teil der weiteren baulichen Anlagen erscheint. Er ist nämlich von der Straße abgewandt und direkt hinter (westlich) der Rundbogenhalle mit ca. 1-2 m Abstand hierzu aufgestellt. Unmittelbar nördlich des Anhängers schließt sich das Holzgebäude an; nach Süden in wenigen Metern Entfernung wird der Anhänger auch vom Bauzaun umschlossen. Hieraus entsteht gerade nicht der Eindruck, dass man dem Anhänger nur zufällig begegnet, sondern dass dieser ortsfest einem Gebäude vergleichbar genutzt werden soll.
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Das Aufstellen des Anhängers ist nicht nach dem Katalog des Art. 57 BayBO verfahrensfrei. Der Anhänger ist aus denselben Gründen wie oben unter 2. b) aa) (2) ausgeführt auch materiell illegal.
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cc) Der Bescheid ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Es sind auch insoweit keine Einwände erhoben worden. Insbesondere erscheinen die Anordnungen verhältnismäßig; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Erfüllungsfrist von mehr als zwei Monaten begegnet keinen Bedenken, ebenso wenig die Festsetzung der Zwangsgelder, die für jede Anordnung separat erfolgte.
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3. Die Behörde hat in nicht zu beanstandender Weise den sofortigen Vollzug der Beseitigungsverfügungen angeordnet.
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Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist für die Anordnung des Sofortvollzugs ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich. Die Vollziehung des Verwaltungsakts muss wegen öffentlicher oder überwiegender privater Interessen besonders dringlich sein und keinen Aufschub bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dulden. Eine baurechtliche Beseitigungsanordnung ist in aller Regel eine schwerwiegende Maßnahme, deren Vollzug dem Betroffenen hohe Kosten verursacht und nur mehr schwer rückgängig zu machende Zustände schafft. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung verstärkt, weil dadurch die Entscheidung in der Hauptsache im Kern vorweggenommen. Erforderlich ist deshalb ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Falle der Baubeseitigung grundsätzlich nicht mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist und regelmäßig im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO grundsätzlich zu verneinen sein wird. Bei Beseitigungsanordnungen ist deshalb regelmäßig ein strenger Maßstab anzulegen. Selbst die offensichtliche Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung genügt in der Regel nicht, um deren sofortige Vollziehung zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – BayVBl 2019, 391 – juris Rn. 25).
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Vorliegend ist ein besonderes öffentliches Interesse für den Sofortvollzug anzuerkennen. Denn von dem Grundsatz, dass der Sofortvollzug einer Beseitigungsanordnung die Hauptsache in unangemessener Weise vorwegnimmt, hat die Rechtsprechung Ausnahmen zugelassen und Fallgruppen gebildet (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 152. EL Oktober 2023, Art. 76 Rn. 343). Ein besonderes öffentliches Interesse für die sofortige Beseitigung wird bei einfachen Anlagen (wie z.B. Feldstadel, Werbeanlagen etc.), die problemlos und ohne großen Aufwand, vor allem ohne Substanzverlust, ab- und ggf. später, sollte sich die Beseitigungsanordnung als rechtswidrig erweisen, wiederaufgebaut werden können, zu bejahen sein, weil durch die Beseitigung keine endgültigen, nicht wieder umkehrbaren Verhältnisse geschaffen werden. Damit läuft auch der effektive Rechtsschutz nicht leer.
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Gemessen an diesen Maßstäben ist hier aus den im Bescheid genannten Gründen vom Vorliegen eines besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses auszugehen. Die in Rede stehenden Anlagen sind ersichtlich ohne Substanzverlust zu beseitigen. Bei dem Rundbogenzelt und den Bauzäunen ergibt sich das angesichts der Modularbauweise aus der Natur der Sache; desgleichen beim LKW-Anhänger. Auch das Holzgebäude ist vom optischen Eindruck ein aus Holzteilen zusammengestecktes Gartenhaus, das ohne größeren Aufwand auseinandergebaut werden kann. In der Gesamtschau überwiegen die im Bescheid angeführten Gründe, auch die Befürchtungen von Nachahmern, damit das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
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4. Die Kostenfolge zulasten des Antragstellers folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Für das Hauptsacheverfahren ist für jeder der vier Anordnungen der Auffangstreitwert von 5.000 EUR, gesamt 20.000 EUR, anzunehmen, der mit Blick auf den vorläufigen Charakter dieses Verfahrens halbiert wird (vgl. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).