Titel:
Eingruppierung einer einer Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst nach AVR Caritas
Normenketten:
AVR Caritas Anl. 32, Anl. 33
MAVO München und Freising § 33 Abs. 3, Abs. 4, § 35
SGB XI § 7a
Leitsätze:
Zur Eingruppierung einer Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst nach Anlage 32 oder nach Anlage 33 zu den AVR C.. (Rn. 49 – 133)
1. Bei der Feststellung der zutreffenden Eingruppierung anhand der Tätigkeitsmerkmale (hier: der Anlage 32 oder Anlage 33 zu den AVR Caritas) ist in zeitlicher Hinsicht auf die anfallenden Arbeitsvorgänge abzustellen. Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis maßgebend. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann je nach den Umständen des Einzelfalls die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer Beschäftigten bei der Bewertung zwecks Vermeidung einer "Atomisierung" der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. (Rn. 114) (redaktioneller Leitsatz)
2. Liegt die Tätigkeit einer "Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst" überwiegend im Bereich der Beratung und Koordinierung, ist sie funktionsbezogen dem Sozial- und Erziehungsdienst iSd Anlage 33 zu den AVR Caritas und nicht dem Bereich der Pflege iSd Anlage 32 zu den AVR Caritas zuzuordnen. Weist die Mitarbeiterin hierbei eine langjährige Tätigkeit im Pflegedienst und eine Qualifizierung zur Pflegeberaterin auf, stellt die "Nützlichkeit" dieser Qualifizierung keine unabdingbare Voraussetzung für die von ihr auszuübende Tätigkeit dar und ist für ihre Eingruppierung nicht ausschlaggebend. Nicht entscheidend ist auch, ob die Mitarbeiterin Pflegeberatung iSd § 7a SGB XI durchführt. (Rn. 132 und 133) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eingruppierung, Mitarbeitervertretung, Zustimmungsverweigerung, AVR Caritas, Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst, Sozial- und Erziehungsdienst
Fundstelle:
BeckRS 2024, 45439
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die notwendigen Auslagen der Beklagten, auch für die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten darüber, ob sich die zutreffende Eingruppierung einer Mitarbeiterin nach der Anlage 32 oder nach der Anlage 33 zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C.verbandes (AVR C.) richtet.
2
Der klagende C.-Verband ist Träger zahlreicher Einrichtungen der C. im Bereich der Erzdiözese München und Freising, darunter der Einrichtung A.
3
Die Beklagte ist die für die Einrichtung A. gewählte Mitarbeitervertretung (MAV). Beim Kläger finden die Mitarbeitervertretungsordnung für die Erzdiözese M. und F. (MAVO MuFS) sowie die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C.verbandes (AVR C.) Anwendung.
4
In der Einrichtung A. besteht ein Fachdienst Leben im Alter, welcher unter anderem eine Fachstelle für pflegende Angehörige und den ambulanten Hospizdienst umfasst.
5
Der Kläger schrieb im Jahr 2023 eine Stelle „Koordinator für den Ambulanten Hospizdienst (m/w/d)“ aus (vgl. Anlagenkonvolut K 1 zur Klage vom 02.07.2024), unter anderem mit folgenden Informationen zur Stelle:
Stellenumfang: Teilzeit (20 Stunden)
Eingruppierung: C. AVR Anlage 32, Gruppe P08 bis P08 […]
Arbeitsort: Einrichtung A., […]
8
Auf die ausgeschriebene Stelle bewarb sich am 02.07.2023 Frau B. als externe Bewerberin. Sie verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung als Kinderkrankenschwester und über eine Qualifizierung zur Pflegeberaterin (vgl. zum Lebenslauf, zu anderen Bewerbungsunterlagen und zu Qualifizierungen: Anlagenkonvolut K 4 und Anlage K 5 zur Klage).
9
Der Kläger hatte zunächst eine Stellenbeschreibung mit der Funktionsbezeichnung „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ und Angaben zu verschiedenen Arbeitsvorgängen erstellt (vgl. Anlagenkonvolut K 1 zur Klage). Später erstellte er eine Stellenbeschreibung mit der Funktionsbezeichnung „verantwortliche Hospizfachkraft“ mit Angaben zur tariflichen Bewertung der Tätigkeiten (vgl. ebenfalls Anlagenkonvolut K 1 zur Klage).
10
Der Kläger entschied sich, die Bewerberin B. zum 01.10.2023 als „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ einzustellen. Er bat die beklagte MAV um Zustimmung zur Einstellung und zur Eingruppierung von Frau B. in Entgeltgruppe P 8 Stufe 6 (des Anhangs D) der Anlage 32 zu den AVR C.. Die Beklagte stimmte am 18.09.2023 der Einstellung zu, nicht jedoch der vorgesehenen Eingruppierung. Der Kläger lud die Beklagte zum sog. Einigungsgespräch, welches am 15.03.2024 stattfand. Nach diesem Gespräch führte die MAV-Vorsitzende in einer E-Mail an den Dienstgeber unter anderem Folgendes aus (vgl. Anlage K 3 zur Klage):
Unsere MAV war direkt im Anschluss zur außerordentlichen Sitzung geladen und hat einstimmig beschlossen bei unserer ursprünglichen Einschätzung vom 09.08.2023 zu bleiben. Wir haben am 18.09.2023 dann zwar der Einstellung, nicht aber der Eingruppierung zugestimmt.
Wir konnten auch nach der Stellenbeschreibung vom 26.01.2024 die Tätigkeiten nicht der Pflege zuordnen.
Wir sehen in der Tätigkeit von Frau B. […] eine beratende Tätigkeit und Ehrenamts Koordination. Deshalb ist sie unserer Meinung nach nicht in der Anlage 32 – AVR, sondern in der Anlage 33 AVR einzugruppieren. …“
12
Mit seiner Klage vom 02.07.2024 begehrt der Kläger nunmehr die gerichtliche Klärung der Eingruppierung der Mitarbeiterin B.
13
Der Kläger vertritt den Standpunkt, mangels Mitteilung ausreichender Zustimmungsverweigerungsgründe gemäß § 35 Abs. 2 MAVO durch die beklagte MAV sei die Mitarbeiterin B. seit 04.10.2023 in die Entgeltgruppe P 8 der Anlage 32 AVR C. zu den AVR C. eingruppiert. Die Beklagte habe die Zustimmung mit der Begründung verweigert, dass die Mitarbeiterin nur „beratend“ tätig sei und die Ehrenämter „koordiniere“. Dies genüge den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Widerspruch gemäß § 35 Abs. 2 MAVO nicht. Es fehle an der Mitteilung konkreter Tatsachen, weshalb ein Verweigerungsgrund gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 1 MAVO einschlägig sein könnte. Die Behauptung, dass die Mitarbeiterin nur „beratend“ oder „koordinierend“ tätig sein solle, schließe die Vergütung gemäß Entgeltgruppe P 8 nicht aus.
14
Hilfsweise sei die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung der Mitarbeiterin B.in die Entgeltgruppe P 8 (des Anhangs D) der Anlage 32 zu den AVR C. zu ersetzen. Die Mitarbeiterin Frau B. sei ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin, habe eine Weiterbildung zur Pflegeberaterin nach § 7a SGB XI gemacht und übe diese Tätigkeit im palliativ-pflegerischen Bereich für den Kläger aus. Da sie eine mindestens dreijährige Berufsausbildung absolviert habe und in diesem Bereich auch seit vielen Jahren tätig sei, sei sie zunächst in Entgeltgruppe P 7 eingruppiert. Da sich ihre Tätigkeit aufgrund besonderer Schwierigkeit (im Sinne der Anmerkung Nr. 4 zu den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen P 4 bis P 9 und 9b bis 12) erheblich aus der Entgeltgruppe P 7 heraushebe, sei sie im Ergebnis in Entgeltgruppe P 8 eingruppiert. Die Mitarbeiterin B. habe als Pflegeberaterin die für die Entgeltgruppe P 8 erforderliche Ausbildung und übe diese Tätigkeit auch zu über 50 Prozent beim Kläger aus. Weshalb die Beklagte meine, dass die Tätigkeiten als Pflegeberaterin nicht von der Entgeltgruppe P 8 umfasst seien, erschließe sich nicht. Die Arbeit am Palliativklienten umfasse naturgemäß viele Beratungsleistungen, für die Frau B. eine lange Ausbildung absolviert habe. Die Entgeltgruppe P 8 enthalte keinen Hinweis darauf, dass die von Frau B. erworbenen Spezialkenntnisse nicht anzuerkennen seien.
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Die Tätigkeit der Mitarbeiterin B. könne anschaulich als „Teamleitung“ bezeichnet werden. Sie erbringe auch tatsächlich selbst beratende Pflegeleistungen am Patienten, so dass sie nicht lediglich koordinative Aufgaben wahrnehme. Ihre gesamte Tätigkeit als Pflegeberaterin sei ein einheitlicher Arbeitsvorgang und erfülle die Voraussetzungen der Entgeltgruppe P 8. Inwieweit der Kläger die Leistungen der Pflegeberatung gemäß § 7a SGB XI gegenüber den Pflegekassen abrechne, sei für die Eingruppierung der Mitarbeiterin unerheblich.
I. festzustellen, dass die Mitarbeiterin B. seit 04.10.2023 in ihrer Tätigkeit als „Koordinator für den Ambulanten Hospizdienst“ in die Entgeltgruppe P 8 der Anlage 32 AVR C. eingruppiert ist;
die von der Beklagten verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin B. seit 04.10.2023 in ihrer Tätigkeit als „Koordinator für den Ambulanten Hospizdienst“ in die Entgeltgruppe P 8 der Anlage 32 AVR C. zu ersetzen.
17
Die Beklagte beantragt,
18
Die Beklagte vertritt den Standpunkt, sie habe die Zustimmung zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 8 des Anhangs D der Anlage 32 zu den AVR C. zu Recht verweigert. Die Tätigkeit der Mitarbeiterin B. sei nicht in der Pflege, sondern im Beratungsdienst anzusiedeln, so dass ihre Eingruppierung sich nach Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C. richte.
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Die Zustimmung der Beklagten gelte im vorliegenden Fall nicht als erteilt. Sie habe ihre Zustimmungsverweigerung fristgerecht und ausreichend begründet. Die Mitarbeitervertretung müsse nur den Rechtsfehler bezeichnen, den sie dem Dienstgeber vorwerfe, und müsse sich hingegen nicht auf einzelne rechtliche Argumente festlegen lassen. Das Zustimmungsverfahren sei nicht als Rechtsstreit konzipiert. Die Beklagte habe die Zustimmung am 09.08.2023 verweigert, da laut vorgelegter Stellenbeschreibung keine Pflegetätigkeit vorliege und eine Eingruppierung aus Sicht der Beklagten in Anlage 33 richtig sei. Nach mehreren Gesprächen mit der Personalabteilung des Klägers und der zuständigen Fachdienstleitung habe die Beklagte am 18.09.2023 der Einstellung, nicht aber der Eingruppierung von Frau B. zugestimmt. Auch nach Vorlage der neuen Stellenbeschreibung habe die Beklagte am 26.01.2024 die Zustimmung zur Eingruppierung in Vergütungsgruppe P 8 der Anlage 32 AVR verweigert, weil die Tätigkeit der Mitarbeiterin B. nicht unter die Anlage 32 falle und somit ein Zustimmungsverweigerungsgrund laut § 35 Abs. 2 Nr. 1 MAVO vorliege. Vielmehr wäre die Mitarbeiterin richtigerweise in Anlage 33, Entgeltgruppe S 8b, einzugruppieren. Nach dem Einigungsgespräch am 15.03.2024 habe die Beklagte ausgeführt, sie habe auch nach der Stellenbeschreibung vom 26.01.2024 die Tätigkeiten nicht der Pflege zuordnen können. Sie sehe in der Tätigkeit von Frau B. eine beratende Tätigkeit und Ehrenamtskoordination. Deshalb sei sie nach Meinung der Beklagten nicht in der Anlage 32 AVR, sondern in der Anlage 33 AVR einzugruppieren. Damit habe die Beklagte den Rechtsfehler des Klägers, den sie ihm vorhalte, genau bezeichnet.
20
Die Beklagte verweigere die Zustimmung auch zu Recht. Die Anlage 32 zu den AVR C. regele den Pflegedienst in sonstigen Einrichtungen. Damit die Tätigkeit eines Mitarbeiters in den Anwendungsbereich der Anlage 32 falle, müsse es sich um eine pflegerische Tätigkeit im Sinn der dort aufgeführten Tätigkeitsmerkmale handeln. Eine pflegerische Tätigkeit sei gegeben, wenn zumindest zur Hälfte der Zeit Tätigkeiten (Arbeitsvorgänge) im Bereich von Grund-, Behandlungs- und Intensivpflege auszuüben seien. Davon zu unterscheiden seien Tätigkeiten, die lediglich der Begleitung dienten.
21
Hier sei davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Mitarbeiterin B. als Koordinatorin im ambulanten Hospizdienst einen einheitlichen Arbeitsvorgang darstelle. Das einheitliche Arbeitsziel sei dabei die Koordinierung der Abläufe und der organisatorischen Gestaltung sowie die Qualitätssicherung der ehrenamtlichen Arbeit im ambulanten Hospizdienst.
22
Die Voraussetzungen für die Fallgruppe 2 der Entgeltgruppe P 8 des Anhangs D der Anlage 32 zu den AVR C. lägen schon mangels Ausbildung zum Praxisanleiter nicht vor. Die Tätigkeit der Mitarbeiterin B. erfülle jedoch auch nicht die Fallgruppe 1 der Entgeltgruppe P 8 des Anhangs D der Anlage 32 zu den AVR. Es liege gerade keine entsprechende Tätigkeit einer Pflegerin vor. Die entsprechende Tätigkeit sei die Ausübung der berufstypischen Aufgaben, für die die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Ausbildung vermittelt würden. Die entsprechende Tätigkeit in der Krankenpflege umfasse die Erhebung des Pflegebedarfs sowie die Planung, Organisation und Durchführung der Pflege. Die Tätigkeit der Mitarbeiterin B. als Koordinatorin im ambulanten Hospizdienst sei von den Tätigkeiten der Mitarbeiter des Pflegedienstes und der ehrenamtlichen Mitarbeiter im ambulanten Hospizdienst abzugrenzen. Die Mitarbeiter des Pflegedienstes führten die tatsächliche Pflege am Patienten durch. Für die Durchführung dieser Pflege sei gesetzlich ein Pflegevertrag mit einem Kostenvoranschlag vorgeschrieben. Anhand dessen würden die erbrachten Pflegeleistungen dann mit den Pflegekassen abgerechnet. Die Planung der notwendigen Pflegeleistungen übernehme dabei der jeweilige Pflegedienst. Zu den typischen Pflegeleistungen gehörten unter anderem die Körperpflege, das An- und Auskleiden, die Lagerung, das Anreichen von Essen und Trinken, die Inkontinenzversorgung und die Wundversorgung. Diese würden allein vom zuständigen Pflegedienst geplant, organisiert und durchgeführt. Auch die Pflegeberatung gemäß § 7a SGB XI übernehme ausschließlich der Pflegedienst.
23
Bei der Pflegeberatung könne zwischen Pflegeberatung am Bett und den Hauskrankenpflegekursen unterschieden werden. Bei der Pflegeberatung am Bett gebe eine Pflegerin den Angehörigen eine Anleitung für den Umgang mit den zu pflegenden Angehörigen. Beispielsweise zeige sie vor Ort Handgriffe für die Lagerung der zu Pflegenden oder Hilfen bei der Anreichung von Essen. Pflegende Angehörige im Rahmen von privatorganisierter Pflege erhielten von der Pflegekasse finanzierte Hauskrankenpflegekurse, um so ebenfalls im Umgang mit ihren Angehörigen geschult zu werden. Dort werde beispielsweise gelernt, wie ein Bett bezogen werden könne, während sich der Angehörige darin befinde, oder wie Inkontinenzeinlagen gewechselt werden könnten.
24
Die Pflegeberatung werde mit den Pflegekassen abgerechnet. Nur ein Pflegedienst, der ein Institutionskennzeichen erhalten habe, sei berechtigt mit den Pflegekassen abzurechnen. Der ambulante Hospizdienst sei dazu nicht berechtigt und dürfe somit auch keine Pflegeberatung anbieten. Ausdrücklich werde darauf hingewiesen, dass die Koordinatorin im ambulanten Hospizdienst selbst keine Pflegeleistungen durchführe. Sie führe auch keine Pflegeberatung durch. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter im ambulanten Hospizdienst gingen für ein bis drei Stunden wöchentlich in die betroffenen Haushalte oder Pflegeheime. Zu ihren Aufgaben gehöre das Schaffen von Entlastung für die Angehörigen und das Führen von Gesprächen mit Angehörigen des Patienten. Auch ihnen sei die Durchführung von Pflegeleistungen untersagt.
25
Die Koordinatorin im ambulanten Hospizdienst leite den Prozess für die ehrenamtliche Tätigkeit in den Familien ein und betreue die ehrenamtlichen Hospizhelfer bei deren Tätigkeit in den Familien. Bei ihr liefen die Fäden zusammen, wenn es darum gehe, von den Ehrenamtlichen rückgemeldete Erkenntnisse an andere Stellen weiterzugeben. Auch die Planung, Organisation und Durchführung von Supervisionen und Fallbesprechungen für ehrenamtliche Hospizhelfer falle unter die Aufgaben der Koordinatorin. Sie sei darüber hinaus auch dafür zuständig, neue ehrenamtliche Mitarbeiter zu gewinnen und bei diesen für die notwendige Qualifizierung zu sorgen. Sie fungiere als erste Ansprechpartnerin für die im ambulanten Hospizdienst eingesetzten Ehrenamtlichen.
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Ein weiteres Indiz, dass eine der einer Pflegerin entsprechende Tätigkeit nicht vorliege, ergebe sich bereits aus der Stellenbeschreibung. Auch eine Mitarbeiterin mit dem Studium der Sozialen Arbeit könne als Koordinatorin im ambulanten Hospizdienst tätig werden. Eine dreijährige Pflegeausbildung sei damit gerade nicht zwingend erforderlich für diese Tätigkeit.
27
Mitarbeiter im sozial begleitenden Aufgabenfeld – wie die Mitarbeiterin B. – fielen in den Geltungsbereich der Anlage 33 zu den AVR C.. Keine Voraussetzung sei hingegen, dass die Einrichtung selbst eine Einrichtung des Sozial- und Erziehungsdienstes sei.
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Die Mitarbeiterin B. übe zu 100% ihrer Gesamtarbeitszeit Tätigkeiten aus, die mindestens die Voraussetzungen der Entgeltgruppe S 8b Fallgruppe 2 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. erfüllten. Sozialarbeiter und Sozialpädagogen begleiteten ihre Klienten im Alltag, intervenierten in Krisensituationen und motivierten zur Eigeninitiative. Sie unterstützten die Betroffenen dabei, Strategien für ein selbstbestimmtes Leben zu entwickeln, indem sie den Bedarf an Unterstützung feststellten und die entsprechenden Hilfen vermittelten. Zudem übernähmen sie pädagogische, konzeptionelle, planende, organisatorische und koordinierende Aufgaben. Alle Tätigkeiten der Mitarbeiterin B. ließen sich daher der Tätigkeit einer Sozialarbeiterin oder Sozialpädagogin zuordnen. Nur angemerkt sei, dass die Stelle der Koordinatorin im ambulanten Hospizdienst mit gleicher Tätigkeit zuvor von einer Sozialpädagogin besetzt und von dem Kläger in Entgeltgruppe S. 12 Fallgruppe 1 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR eingruppiert gewesen sei.
29
Die Beauftragung und die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im vorliegenden Verfahren sei gemäß § 12 Abs. 2 KAGO in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO zur Wahrung der Rechte der Beklagten notwendig. Die Beklagte sei als Mitarbeitervertretung lediglich ehrenamtlich tätig und im Verfahren vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht als juristischer Laie eher unerfahren. Darüber hinaus handele es sich bei der vorliegenden Streitigkeit um eine schwierige rechtliche Materie bzw. um die Klärung von grundsätzlichen Rechtsproblemen, die einer gründlichen Aufarbeitung durch einen Rechtsanwalt bedürften. Weiter sei auch die Klagepartei im streitgegenständlichen Verfahren anwaltlich vertreten.
30
Wegen der Einzelheiten des hier nur knapp dargestellten Sach- und Streitstandes und der Rechtsausführungen der Parteien wird entsprechend § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 27 KAGO Bezug genommen auf die Schriftsätze des Klägers vom 02.07.2024 und vom 08.10.2024, auf den Schriftsatz der Beklagten vom 22.08.2024, auf sämtliche eingereichten Unterlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 16.10.2024.
31
Im Termin am 16.10.2024 hat der Klägervertreter erklärt, gegen die Übernahme der Anwaltskosten der Beklagten bestünden seitens des Klägers keine Bedenken (vgl. Seite 2 des Sitzungsprotokolls vom 16.10.2024).
Entscheidungsgründe
32
Die Klage hat weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
33
1. Die sachliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus § 2 Abs. 2 der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO). Das vorliegende Verfahren betrifft eine Rechtsstreitigkeit aus der Mitarbeitervertretungsordnung für die Erzdiözese München und Freising (MAVO MuFS). Der Kläger stellt bei dem Hauptantrag I. darauf ab, dass die Zustimmung der Beklagten zu einer Eingruppierung nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO MuFS als erteilt gelte bzw. begehrt mit dem Hilfsantrag II. die Ersetzung der von der Beklagten verweigerten Zustimmung zu einer Eingruppierung nach § 33 Abs. 4 in Verbindung mit § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO MuFS.
34
Das Kirchliche Arbeitsgericht (KAG) für die Bayerischen (Erz-)Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO örtlich zuständig, weil die Beklagte ihren Sitz in dessen Dienstbezirk hat.
35
2. Der Hauptantrag I. auf Feststellung, dass die Mitarbeiterin B. seit 04.10.2023 in ihrer Tätigkeit als „Koordinatorin für den Ambulanten Hospizdienst“ in die Entgeltgruppe P 8 (des Anhangs D) der Anlage 32 AVR C. eingruppiert ist, hat keinen Erfolg.
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2.1. Der Feststellungsantrag I. ist zulässig.
37
Das Interesse des Klägers an einer alsbaldigen Feststellung im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO (in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG und § 27 KAGO) ergibt sich mit Rücksicht auf § 33 Abs. 3 und 4 MAVO MuFS.
38
Die Parteien haben am 15.03.2024 ein sog. Einigungsgespräch (= Verhandlung im Sinne von § 33 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 MAVO MuFS) über die Eingruppierung der Mitarbeiterin B. geführt. Es oblag der Mitarbeitervertretung, innerhalb von drei Tagen nach Abschluss des Einigungsgesprächs zu erklären, ob sie die Zustimmung erteilt oder verweigert (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO MuFS). Hätte sie sich innerhalb dieser Frist nicht (oder nicht hinreichend substantiiert) geäußert, gölte die Zustimmung nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO MuFS als erteilt. Dann bedürfte es keines Zustimmungsersetzungsverfahrens beim Kirchlichen Arbeitsgericht (hier: Hilfsantrag II.), weil ein solches vom Dienstgeber nur einzuleiten ist, wenn die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung form- und fristgerecht verweigert (vgl. § 33 Abs. 4 in Verbindung mit §§ 33 Abs. 3, 35 Abs. 2 MAVO MuFS).
39
2.2. Der Feststellungsantrag I. wird allerdings als unbegründet abgewiesen.
40
Die Zustimmung der beklagten Mitarbeitervertretung zur Eingruppierung bzw. Einstufung der Mitarbeiterin B. seit 04.10.2023 in ihrer Tätigkeit als „Koordinatorin für den Ambulanten Hospizdienst“ in die Entgeltgruppe P 8 (des Anhangs D) der Anlage 32 AVR C. zu den AVR C. gilt nicht nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO MuFS als erteilt.
41
Die Beklagte stützt sich nach den Angaben in der E-Mail der MAV-Vorsitzenden vom 15.03. 2024 (vgl. Anlage K 3 zur Klage vom 02.07.2024), also innerhalb der dem sog. Einigungsgespräch vom 15.03.2024 folgenden Frist von drei Tagen (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO MuFS), auf einen Verweigerungsgrund, der unter § 35 Abs. 2 Nr. 2 MAVO MuFS eingeordnet werden kann, nämlich darauf, dass die Mitarbeiterin B. nicht nach der Anlage 32, sondern nach der Anlage 33 zu den AVR C. eingruppiert sei. Erläutert wird dies damit, dass die MAV auch nach der Stellenbeschreibung vom 26.01.2024 die Tätigkeiten der Mitarbeiterin B. nicht der Pflege zuordnen könne und in der Tätigkeit eine beratende Tätigkeit und Ehrenamtskoordination sehe.
42
Dieses Vorbringen der Beklagten ist für eine Zustimmungsverweigerung hinreichend substantiiert, denn es lässt unter dem Gesichtspunkt des § 35 Abs. 2 MAVO MuFS deutlich erkennen, worauf die Zustimmungsverweigerung gestützt wird. Die Anforderungen hierfür sind nicht so hoch anzusetzen, wie in einem gerichtlichen Verfahren über die Eingruppierung oder über die Zustimmungsersetzung, denn das Mitbestimmungsverfahren ist nicht als Rechtsstreit konzipiert (vgl. zu § 99 BetrVG Bundesarbeitsgericht 28. April 1998 – 1 ABR 50/97 –).
43
Die Zustimmung der Beklagten zu der vom Kläger vorgesehenen Eingruppierung der Mitarbeiterin B. gilt somit nicht bereits nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO MuFS als erteilt.
44
3. Der Hilfsantrag II. fällt zur Entscheidung an, nachdem der Hauptantrag I. abgewiesen wird. Dieser Hilfsantrag auf Ersetzung der von der Beklagten verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin B. seit 04.10.2023 in ihrer Tätigkeit als „Koordinatorin für den Ambulanten Hospizdienst“ in die Entgeltgruppe P 8 (des Anhangs D) der Anlage 32 AVR C. zu den AVR C. hat ebenfalls keinen Erfolg.
45
3.1. Der Hilfsantrag II. ist zulässig.
46
Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für seinen Zustimmungsersetzungsantrag ergibt sich ohne weiteres aus § 33 Abs. 4 MAVO MuFS.
47
3.2. Der Hilfsantrag II. ist allerdings unbegründet.
48
Die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin B. in Entgeltgruppe P 8 (des Anhangs D) der Anlage 32 zu den AVR C. ist nicht zu ersetzen. Die Beklagte hat die vom Kläger erbetene Zustimmung im Ergebnis zu Recht verweigert.
49
3.2.1. Die Eingruppierung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin ist dessen oder deren Einordnung in ein vorgegebenes Entgeltschema. Es handelt sich dabei um einen Akt der Rechtsanwendung durch den Dienstgeber. Hieran ist die Mitarbeitervertretung zu beteiligen, um sicherzustellen, dass die Anwendung allgemeiner und interpretationsbedürftiger Vergütungsmerkmale im Einzelfall zutreffend erfolgt (vgl. KAG Rottenburg-Stuttgart 22. Juni 2012 – AS 07/12 –; Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 4. Februar 2019 – 2 MV 18/18 –; Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 11. März 2024 – 1 MV 12/23 –; Thiel/Fuhrmann/Jüngst, Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, 8. Auflage 2019, § 35, Rn. 5 f.). Die in § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO vorausgesetzte Pflicht des Dienstgebers zur Eingruppierung und die Beteiligung der Mitarbeitervertretung dienen der Transparenz und der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit (vgl. Eichstätter Kommentar – Schmitz, 1. Aufl. 2014, § 35 MAVO, Rn. 4).
50
3.2.1.1. Die für die Eingruppierung maßgeblichen Grundsätze sind im Abschnitt I der Anlage 1 zu den AVR C. (im Bereich der Regionalkommission Bayern) wie folgt geregelt:
51
(a) Die Eingruppierung des Mitarbeiters richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlagen 2, 2d, 2e, 21a, 30, 31, 32 und 33. Der Mitarbeiter erhält Vergütung nach der Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe, in die er eingruppiert ist.
52
(b) Der Mitarbeiter ist in die Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
53
Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z.B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.
54
Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Satz 2 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.
55
Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Satz 2 bis 4 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses.
56
Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Mitarbeiters bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.
57
(c) Tätigkeitskombinationen, die in den Anlagen 2, 2d, 2e, 21a, 30, 31, 32 und 33 genannt sind, gelten als ein Tätigkeitsmerkmal, mit der Maßgabe, dass in diesen Fällen nicht nach Absatz b Sätze 2 und 3 zu prüfen ist, welche der kombinierten Tätigkeiten überwiegt.
58
(d) Die Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe des Mitarbeiters ist im Dienstvertrag anzugeben.
59
3.2.1.2. Die Eingruppierung ist keine konstitutive Maßnahme, sondern ein Akt der Rechtsanwendung. Wie sich aus Abschnitt I Abs. a der Anlage 1 zu den AVR ergibt, „ist“ der Mitarbeiter nach den einschlägigen Tätigkeitsmerkmalen eingruppiert (sog. Eingruppierungsautomatik oder Tarifautomatik). Er „wird“ also nicht durch eine konstitutive Entscheidung des Dienstgebers eingruppiert, übrigens auch nicht durch die in Abschnitt I Abs. d vorgesehene Angabe der Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe im Dienstvertrag (vgl. Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 24. Juli 2024 – 2 MV 5/24 – sowie für den Bereich des öffentlichen Dienstes Bundesarbeitsgericht 21. August 2013 – 4 AZR 656/11 –). Vielmehr beurteilt der Dienstgeber bei der Eingruppierung die Rechtslage. Dementsprechend handelt es sich bei dem Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO MuFS um ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle (vgl. Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 4. Februar 2019 – 2 MV 18/18 –; Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 11. März 2024 – 1 MV 12/23 – sowie zu § 99 BetrVG Bundesarbeitsgericht 30. Oktober 2003 – 8 ABR 47/02 –).
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3.2.2. Zwischen den Parteien ist streitig, ob für die Beurteilung der Eingruppierung der Mitarbeiterin B., die als „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ für die Einrichtung A. eingestellt worden ist, die Anlage 32 zu den AVR C. (Besondere Regelungen für Mitarbeiter im Pflegedienst in sonstigen Einrichtungen) oder die Anlage 33 zu den AVR C. (Besondere Regelungen für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst) maßgeblich ist.
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(3.2.2.1. Die §§ 1 und 11 der Anlage 32 zu den AVR C. lauten wie folgt:
(1) Diese Anlage gilt für Mitarbeiter im Pflegedienst, die in
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a) Heil-, Pflege- und Entbindungseinrichtungen,
64
b) medizinischen Instituten von Heil- und Pflegeeinrichtungen,
65
c) sonstigen Einrichtungen und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen, wenn die Behandlung durch nicht in den Einrichtungen selbst beschäftigte Ärztinnen oder Ärzte stattfindet,
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(d) Einrichtungen und Heimen, die der Förderung der Gesundheit, der Erziehung, der Fürsorge oder Betreuung von Kindern und Jugendlichen, der Fürsorge und Betreuung von obdachlosen, alten, gebrechlichen, erwerbsbeschränkten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen dienen, auch wenn diese Einrichtungen nicht der ärztlichen Behandlung der betreuten Personen dienen, oder in
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e) ambulanten Pflegediensten oder teilstationäre Pflegeeinrichtungen beschäftigt sind, soweit die Einrichtungen nicht vom Geltungsbereich der Anlage 31 erfasst werden.
68
Anmerkung zu Absatz 1:
Lehrkräfte an Altenpflegeschulen und ähnlichen der Ausbildung dienenden Einrichtungen nach Absatz 1 fallen unter die Anlage 32 zu den AVR, soweit diese nicht unter die Anlage 31 bzw. unter die Anlage 21a zu den AVR fallen.
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(2) Soweit für diese Mitarbeiter nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, finden die Vorschriften des Allgemeinen Teils und der Anlagen der AVR Anwendung. Abschnitte Ia, V, VII und XIV der Anlage 1, Anlagen 1b, 6 und 6a sowie § 4 und § 6 bis § 9 der Anlage 14 zu den AVR finden keine Anwendung. Anlage 5 gilt nicht mit Ausnahme von § 1 Abs. 7, Abs. 9 und Abs. 10, §§ 5 bis 5g, § 6, § 7 Abs. 7, § 9 Abs. 6 und § 10.
71
Die Eingruppierung der Mitarbeiter im Sinne des § 1 Absatz 1 Buchstaben a bis d richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des Anhang D dieser Anlage, die Eingruppierung der Mitarbeiter im Sinne des § 1 Absatz 1 Buchstabe e richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des Anhang E dieser Anlage.
72
Anhang D (Entgeltgruppen für Mitarbeiter im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchstaben a bis d) der Anlage 32 zu den AVR C. enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
73
„I. Mitarbeiter in der Pflege
75
1. Die Bezeichnung „Pflegehelfer“ umfasst auch Gesundheits- und Krankenpflegehelfer sowie Altenpflegehelfer. Die Bezeichnung „Pfleger“ umfasst Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger sowie Altenpfleger in allen Fachrichtungen bzw. Spezialisierungen.
76
2. Gesundheits- und Krankenpfleger, die die Tätigkeiten von Gesundheits- und Kinderkrankenpflegern oder von Altenpflegern ausüben, sind als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger bzw. als Altenpfleger eingruppiert.
77
3. Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, die die Tätigkeiten von Gesundheits- und Krankenpfleger oder von Altenpfleger ausüben, sind als Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. als Altenpfleger eingruppiert.
78
4. Altenpfleger, die die Tätigkeiten von Gesundheits- und Krankenpfleger ausüben, sind als Gesundheits- und Krankenpfleger eingruppiert.
- Gesundheits- und Krankenpflegehelfer umfassen auch Krankenpflegehelfer,
- Gesundheits- und Krankenpfleger umfassen auch Krankenschwestern und Krankenpfleger,
- Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger umfassen auch Kinderkrankenschwestern und Kinderkrankenpfleger.
80
a) Entgeltgruppen zu Anhang B
Pflegehelfer mit entsprechender Tätigkeit.
(Hierzu Anmerkungen Nrn. 1 bis 3)
Pflegehelfer mit mindestens einjähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit (Hierzu Anmerkungen Nrn. 1 bis 3).
Pfleger mit mindestens dreijähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit.
(Hierzu Anmerkungen Nrn. 1 bis 3 und 7)
85
1 Mitarbeiter der Entgeltgruppe P 7, deren Tätigkeit sich aufgrund besonderer Schwierigkeit erheblich aus der Entgeltgruppe P 7 heraushebt.
(Hierzu Anmerkungen Nrn. 1 bis 5)
86
2 Praxisanleiter in der Pflege mit berufspädagogischer Zusatzqualifikation nach bundesrechtlicher Regelung und entsprechender Tätigkeit.
(Hierzu Anmerkungen Nrn. 1 bis 3)
88
1 Mitarbeiter der Entgeltgruppe P 7 mit abgeschlossener Fachweiterbildung und entsprechender Tätigkeit.
(Hierzu Anmerkungen Nrn. 1 bis 3 und 6)
89
2 Mitarbeiter der Entgeltgruppe P 7 mit erfolgreich abgeschlossener Fachweiterbildung zur Hygienefachkraft und entsprechender Tätigkeit.
90
Anmerkung Nr. 4 zu den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen P 4 bis P 9 und 9b bis 12 des Anhangs D der Anlage 32 zu den AVR C. lautet wie folgt:
91
4. Tätigkeiten, die sich aufgrund besonderer Schwierigkeit erheblich aus der Entgeltgruppe P 7 herausheben, sind solche, die besondere, durch eine Weiterbildung erworbene Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordern. Die schwierige Tätigkeit muss überwiegend ausgeübt werden. Die Weiterbildung muss einen Gesamtumfang von mindestens 220 Stunden (Theorie und Praxis) haben.
92
3.2.2.2. Die §§ 1 und 11 der Anlage 33 zu den AVR C. lauten auszugsweise wie folgt:
94
(1) Diese Anlage gilt für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst.
95
(2) Soweit für diese Mitarbeiter nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, finden die Vorschriften des Allgemeinen Teils und der Anlagen der AVR Anwendung. Abschnitte Ia, Ic, IIIA, V, VII und XIV der Anlage 1, Anlagen 1b, 2d, 3, 6 und 6a sowie § 4 und § 6 bis § 9 der Anlage 14 zu den AVR finden keine Anwendung. Anlage 5 gilt nicht mit Ausnahme von § 1 Abs. 7, Abs. 9 und Abs. 10, §§ 5 bis 5g, § 6, § 7 Abs. 7, § 9 Abs. 6 und § 10.
97
§ 11 Eingruppierung und Entgelt der Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst
98
(1) Die Eingruppierung der Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des Anhang B dieser Anlage.
99
(2), (2a), (3), (4), (5) […]
100
3.2.3. Nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Gerichts (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 KAGO) ist die Zustimmungsverweigerung der Beklagten begründet.
101
3.2.3.1. Bei der Eingruppierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedarf die „Entscheidung“ (= Beurteilung) des Dienstgebers nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO MuFS der Zustimmung der Mitarbeitervertretung. Die Mitarbeitervertretung kann die Zustimmung nach § 35 Abs. 2 MAVO MuFS nur verweigern, wenn
102
1. die Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Rechtsverordnung, kircheneigene Ordnungen, eine Dienstvereinbarung oder sonstiges geltendes Recht verstößt,
103
2. der durch bestimmte Tatsachen begründete Verdacht besteht, dass durch die Maßnahme die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter ohne sachliche Gründe bevorzugt oder benachteiligt werden soll.
104
Bei der Prüfung, ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 35 Abs. 2 MAVO MuFS vorliegt, kommt es nur auf die Berechtigung der rechtzeitig und formgerecht vorgebrachten Gründe an, nicht etwa darauf, ob die Mitarbeitervertretung die Zustimmung – vielleicht aus anderen Gründen – hätte zu Recht verweigern können.
105
Die über eine beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme des Dienstgebers informierte Mitarbeitervertretung hat nämlich folgende Optionen: Sie kann einer vom Dienstgeber vorgesehenen personellen Einzelmaßnahme zustimmen oder die Zustimmung ausdrücklich verweigern oder die Wochenfrist des § 33 Abs. 2 Satz 2 MAVO verstreichen lassen. Ob sie sich gegen eine personelle Einzelmaßnahme wenden will, hängt allein von der Entschließung der Mitarbeitervertretung ab. Dasselbe gilt auch für die Gründe, die sie für ihre Verweigerung anführen will. Es gibt keine materiell richtige oder unrichtige Entscheidung der Mitarbeitervertretung, es gibt nur eine begründete oder unbegründete Zustimmungsverweigerung (vgl. Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 16. Mai 2022 – 2 MV 23/21 –; Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 19. Oktober 2022 – 2 MV 5/22 –; Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 24. Juli 2024 – 2 MV 5/24 –; zum weltlichen Recht der Arbeitnehmervertretungen vgl. etwa Bundesarbeitsgericht 3. Juli 1984 – 1 ABR 74/82 –; Bundesarbeitsgericht 17. November 2010 – 7 ABR 120/09 – sowie Arbeitsgericht Passau 27. Februar 2019 – 5 BV 14/18 –).
106
Es steht der Mitarbeitervertretung also frei, ob sie sich gegen eine vom Dienstgeber vorgesehene Eingruppierung wenden will oder nicht. Im Falle der Zustimmungsverweigerung bestimmt die Mitarbeitervertretung das „Prüfprogramm“ des Kirchlichen Arbeitsgerichts dahingehend, ob aus den im Zustimmungsverfahren – hier: in der E-Mail der Beklagten vom 15.03.2024 (vgl. Anlage K 3 zur Klage vom 02.07.2024) – angeführten Gründen die Zustimmungsverweigerung gerechtfertigt ist oder nicht.
107
In den „unstreitigen“ Fällen, in denen der Dienstgeber und die Mitarbeitervertretung eine Eingruppierung übereinstimmend richtig oder übereinstimmend falsch beurteilen, kommt es zu keinem Zustimmungsersetzungsverfahren beim Kirchlichen Arbeitsgericht.
108
3.2.3.2. Die Beklagte hat in ihrer E-Mail vom 15.03.2024 (vgl. Anlage K 3 zur Klage) die Zustimmung zu der vom Kläger vorgesehenen Eingruppierung der Mitarbeiterin B.in Entgeltgruppe P 8 (des Anhangs D) der Anlage 32 zu den AVR C. nicht in pauschaler Art und Weise und nicht mit einer bloßen Wiederholung des Gesetzeswortlauts verweigert, sondern hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, auf welchen Erwägungen ihre Zustimmungsverweigerung beruht. Diese Erwägungen hat sie im Wesentlichen in ihr Vorbringen im vorliegenden Rechtsstreit übernommen.
109
Die Argumentation der Beklagten ist dem Verweigerungsgrund nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO MuFS zuzuordnen, soweit sie geltend macht, die Eingruppierung der Mitarbeiterin B. richte sich nicht nach Anlage 32, sondern nach Anlage 33 zu den AVR C.. Gerügt wird damit ein Verstoß gegen eine kircheneigene Ordnung.
110
3.2.3.3. Die Zustimmungsverweigerung der Beklagten ist begründet. Die vom Kläger vorgesehene Eingruppierung der Mitarbeiterin B. in ihrer Tätigkeit als „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ in Entgeltgruppe P 8 (des Anhangs D) der Anlage 32 zu den AVR C. verstößt unter dem Gesichtspunkt des § 35 Abs. 1 Nr. 1MAVO MuFS gegen Abschnitt I der Anlage 1 zu den AVR C. (im Bereich der Regionalkommission Bayern) sowie gegen § 11 der Anlage 32 und § 11 Abs. 1 der Anlage 33 zu den AVR C..
111
3.2.3.3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass es für die Eingruppierung der Mitarbeiterin B. und auch für die Entscheidung des Kirchlichen Arbeitsgerichts über die Ersetzung der von der Beklagten verweigerten Zustimmung keine Rolle spielt, welches Entgelt vermeintlich vergleichbare Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhalten oder erhalten haben.
112
Dienstgeber und Mitarbeitervertretung haben die Eingruppierung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in jedem Einzelfall zu beurteilen bzw. mitzubeurteilen. Für die zutreffende Eingruppierung kommt es auf die gesamte von dem betreffenden Mitarbeiter oder der betreffenden Mitarbeiterin nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit an, nicht auf die anderer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und deren Beurteilung in anderweitigen Fällen. Eine – möglicherweise unzutreffende – Beurteilung der Eingruppierung in der Vergangenheit durch Dienstgeber und/oder Mitarbeitervertretung oder ein Absehen der Mitarbeitervertretung von der Zustimmungsverweigerung in früheren, vermeintlich vergleichbaren Fällen haben daher nicht zur Folge, dass es der Mitarbeitervertretung verwehrt wäre, in einem neuen Fall die Zustimmung zu der vom Dienstgeber für zutreffend erachteten Eingruppierung zu verweigern.
113
3.2.3.3.2. Für die Beurteilung der zutreffenden Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 32 oder der Anlage 33 zu den AVR C. sind – ebenso wie bei der Eingruppierung nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes – Arbeitsvorgänge zu bilden. Dies ergibt sich aus Abschnitt I Abs. b der Anlage 1 zu den AVR C.. Danach ist der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin in die Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm oder ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe erfüllen.
114
Bei der Feststellung der zutreffenden Eingruppierung anhand der Tätigkeitsmerkmale (hier: der Anlage 32 oder der Anlage 33 zu den AVR C.) ist also in zeitlicher Hinsicht auf die anfallenden Arbeitsvorgänge abzustellen. Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis maßgebend. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann je nach den Umständen des Einzelfalls die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer Beschäftigten bei der Bewertung zwecks Vermeidung einer „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind (vgl. Bundesarbeitsgericht 10. Dezember 2014 – 4 AZR 773/12 –; Bundesarbeitsgericht 28. Februar 2018 – 4 AZR 816/16 – mit weiteren Nachweisen).
115
Die Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht. Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (vgl. Bundesarbeitsgericht 18. März 2015 – 4 AZR 59/13 –; Bundesarbeitsgericht 28. Februar 2018 – 4 AZR 816/16 – mit weiteren Nachweisen).
116
Qualifizierungsmerkmale (z.B. das Erfordernis selbstständiger Leistungen) liegen dann vor, wenn Arbeitsvorgänge, die den im jeweiligen Tätigkeitsmerkmal geforderten Anteil an der Gesamtarbeitszeit ausmachen, überhaupt in rechtserheblichem Ausmaß die Anforderungen dieser Qualifizierungsmerkmale erfüllen. Das Bundesarbeitsgericht begründet dies damit, dass die Tarifvertragsparteien seit dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) 1975 den Arbeitsvorgang zur grundlegenden und universalen Bezugsgröße für die Eingruppierung gemacht haben (vgl. Bundesarbeitsgericht 19. März 1986 – 4 AZR 642/84 –; Bundesarbeitsgericht 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 –; Bundesarbeitsgericht 18. Mai 1994 – 4 AZR 461/93 – mit weiteren Nachweisen). Diese Rechtsprechung kann etwa zu dem Ergebnis führen, dass z.B. ein zu 100% selbstständige Leistungen erfordernder Arbeitsvorgang, der 49% der Arbeitszeit ausmacht, nicht für die Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe ausreicht, wohl aber ein 50% der Arbeitszeit in Anspruch nehmender Arbeitsvorgang, der nur zu weniger als der Hälfte z.B. selbständige Leistungen erfordert. Ein derartiges Ergebnis ist die Folge des Umstands, dass sich die maßgeblichen qualifizierenden Merkmale eben nicht auf die Arbeitszeit, sondern auf den Arbeitsvorgang beziehen (vgl. Bundesarbeitsgericht 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 – zu § 22 BAT 1975).
117
3.2.3.3.3. In der vom Kläger vorgelegten Stellenbeschreibung mit der Funktionsbezeichnung „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ (vgl. Anlage K 1 zur Klage) sind folgende fünf „Arbeitsvorgänge“ ausgewiesen:
1. „Patientenbezogene Aufgaben“ mit einem angeblichen Anteil an der gesamten Arbeitszeit von 45%
2. „Aufgaben gegenüber Hospizhelfer/innen“ mit einem angeblichen Anteil an der gesamten Arbeitszeit von 20%
3. „Aufgaben gegenüber der Fachdienstleitung des Ambulanten Hospizdienstes“ mit einem angeblichen Anteil an der gesamten Arbeitszeit von 15%
4. „Dokumentation“ mit einem angeblichen Anteil an der gesamten Arbeitszeit von 10%
5. „Verwendungsnachweise und Anträge an den Kostenträger vorbereiten und stellen“ mit einem angeblichen Anteil an der gesamten Arbeitszeit von 5%
118
In der weiteren vom Kläger vorgelegten Stellenbeschreibung mit der Funktionsbezeichnung „verantwortliche Hospizfachkraft“ (vgl. Anlage K 1 zur Klage) werden die Tätigkeiten Nr. 1 bis Nr. 4 jeweils mit Entgeltgruppe P 8 Nr. 1 der Anlage 32 zu den AVR C. und die Tätigkeit Nr. 5 mit Vergütungsgruppe 8b Ziffer 48c der Anlage 2 zu den AVR C. bewertet.
119
Im vorliegenden Rechtsstreit sind hingegen beide Parteien davon ausgegangen, dass die Tätigkeit der Mitarbeiterin B. als Koordinatorin im ambulanten Hospizdienst einen einheitlichen Arbeitsvorgang darstellt. Das einheitliche Arbeitsziel ist dabei nach Ansicht der Beklagten die Koordinierung der Abläufe und der organisatorischen Gestaltung sowie die Qualitätssicherung der ehrenamtlichen Arbeit im ambulanten Hospizdienst. Nach Darstellung des Klägers arbeitet die Mitarbeiterin B. zu über 50% als „Pflegeberaterin“. Ihre Tätigkeit entspreche der einer Teamleitung in der Pflege und sei ein einheitlicher Arbeitsvorgang, der die Entgeltgruppe P 8 (des Anhangs D) der Anlage 32 zu den AVR C. erfülle.
120
3.2.3.3.4. Bei der gesamten von der Mitarbeiterin B. auszuübenden Tätigkeit als „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ mag es sich um einen einheitlichen Arbeitsvorgang (mit Zusammenhangstätigkeiten) handeln. Doch ist die Mitarbeiterin B. bei der gebotenen funktionsbezogenen Betrachtungsweise jedenfalls nicht nach dem Anhang D der Anlage 32 zu den AVR C., sondern nach dem Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C. einzugruppieren.
121
3.2.3.3.4.1. Die Anlage 31 zu den AVR C. enthält nach ihrer Bezeichnung „Besondere Regelungen für Mitarbeiter im Pflegedienst in Krankenhäusern“. Sie ist hier nicht einschlägig, da es sich bei der Einrichtung A., in dem die Mitarbeiterin B. tätig ist, nicht um ein Krankenhaus handelt.
122
Die Anlage 32 zu den AVR C. enthält nach ihrer Bezeichnung „Besondere Regelungen für Mitarbeiter im Pflegedienst in sonstigen Einrichtungen“. Gemäß § 1 der Anlage 32 zu den AVR C. gilt diese Anlage für Mitarbeiter im Pflegedienst, die in den in Buchst. a) bis e) aufgeführten Einrichtungen beschäftigt sind, soweit die Einrichtungen nicht vom Geltungsbereich der Anlage 31 (Besondere Regelungen für Mitarbeiter im Pflegedienst in Krankenhäusern) erfasst werden.
123
Die Anlage 33 zu den AVR C. enthält nach ihrer Bezeichnung „Besondere Regelungen für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst“. Gemäß § 1 Abs. 1 der Anlage 33 zu den AVR C. gilt diese Anlage für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst.
124
Anders als bei den Anlagen 31 und 32 zu den AVR C. werden in der Bezeichnung der Anlage 33 zu den AVR C. keine Einrichtungen benannt. Und auch in der Überschrift des Anhangs B der Anlage 33 heißt es lediglich: Entgeltgruppen für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst. Die in der Anlage 33 aufgeführten Entgeltgruppen setzen auch nicht durchgängig die Tätigkeit in bestimmten Einrichtungen voraus. Lediglich bei einzelnen Tätigkeitsmerkmalen werden diese angesprochen, etwa bei Entgeltgruppe S 8a Fallgruppe 5 („… in einer Werkstatt für behinderte Menschen“) oder bei Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 („“… von Kindertagesstätten“). Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass der Sozial- und Erziehungsdienst im Rahmen der Eingruppierung funktionsbezogen und nicht einrichtungsbezogen zu verstehen ist (vgl. Kirchliches Arbeitsgericht für die Diözesen Limburg, Mainz, Speyer und Trier 9. Februar 2012 – M 20/11 Tr –).
125
Somit kommt es für die Eingruppierung der Mitarbeiterin B. letztlich darauf an, ob sie nach der gesamten von ihr auszuübenden Tätigkeit als „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ bzw. als „verantwortliche Hospizfachkraft“ im Fachdienst Leben im Alter funktionsbezogen als Mitarbeiterin in der Pflege im Sinne des Anhangs D der Anlage 32 zu den AVR C. oder als Mitarbeiterin im Sozial- und Erziehungsdienst im Sinne des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. anzusehen ist.
126
3.2.3.3.4.2. Nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Kirchlichen Arbeitsgerichts (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 KAGO) ist die Mitarbeiterin B. als Mitarbeiterin im Sozial- und Erziehungsdienst nach Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C. und eben nicht nach Anhang D der Anlage 32 zu den AVR C. einzugruppieren.
127
Die Stellenausschreibung „Koordinator für den Ambulanten Hospizdienst (m/w/d)“ (vgl. Anlage K 1 zur Klage) sieht in ihrem Anforderungsprofil unter anderem vor, dass die Bewerber oder Bewerberinnen ein Studium der sozialen Arbeit oder eine Ausbildung zum/zur Gesundheits- und Krankenpfleger-/in oder Altenpfleger-/in erfolgreich abgeschlossen haben und mindestens drei Jahre Berufserfahrung oder eine vergleichbare Qualifikation mitbringen.
128
Die Mitarbeiterin B. erfüllt diese Anforderung, weil sie eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester erfolgreich abgeschlossen hat (vgl. Anlagenkonvolut K 4 zur Klage). Hinzu kommt, dass sie viele Jahre im Pflegedienst tätig war, sich zur zertifizierten Pflegeberaterin weitergebildet hat und über eine Zusatzqualifikation zur anerkannten Pflegeberaterin verfügt (vgl. Anlagenkonvolut K 4 sowie Anlage K 5 zur Klage).
129
Ausweislich des Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung kommen für die Stelle allerdings auch Bewerber oder Bewerberinnen in Betracht, die ein Studium der sozialen Arbeit abgeschlossen haben. Daraus ergibt sich, dass die Mitarbeiterin B., welche die Stelle als „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ bzw. als „verantwortliche Hospizfachkraft“ einnimmt, bei der gebotenen funktionsbezogenen Betrachtungsweise jedenfalls nicht zwingend als Mitarbeiterin in der Pflege nach Anhang D der Anlage 32 zu den AVR C. einzugruppieren ist.
130
Vielmehr ergibt sich aus dem beiderseitigen Parteivorbringen, dass die Mitarbeiterin B. weder unmittelbar noch überwiegend Pflegeleistungen an zu pflegenden Personen erbringt, sondern überwiegend mit beratenden und koordinierenden Aufgaben beschäftigt ist. Nach den Angaben in der Stellenbeschreibung „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ machen die sog. patientenbezogenen Aufgaben, zu denen auch die Erstbesuche bei Patienten gehören, einen Anteil von 45% der gesamten Arbeitszeit aus. Diese Erstbesuche dienen jedoch nicht der Erbringung von pflegerischen Leistungen am Patienten, sondern der Klärung von weiterem Unterstützungsbedarf und der Pflegeberatung mit praktischen Beispielen über die Organisation der Pflege zu Hause, der Auswahl des geeigneten Hospizhelfers etc. Auch bei den in der Stellenbeschreibung „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ weiter aufgeführten Aufgaben gegenüber Hospizhelfern und -helferinnen, Aufgaben gegenüber der Fachdienstleitung, Aufgaben der Dokumentation und Aufgaben gegenüber den Kostenträgern handelt es sich um Aufgaben, welche durch Beratung, Koordination und Organisation geprägt sind.
131
Die Mitarbeiterin B. ist demnach mit Aufgaben betraut, die bei der gebotenen funktionsbezogenen Betrachtungsweise einer Tätigkeit im Sozial- und Erziehungsdienst und nicht einer Mitarbeit in der Pflege entsprechen. Diese beratenden und koordinierenden Aufgaben könnten auch von Mitarbeitern erfüllt werden, die ein Studium der sozialen Arbeit abgeschlossen haben und mindestens drei Jahre Berufserfahrung oder eine vergleichbare Qualifikation mitbringen. Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen bzw. Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen leisten Erziehungs- und Beratungsarbeit, z. B. in der Rehabilitation oder in der Jugend- und Familienhilfe. Als Bezugspersonen begleiten sie betroffene Menschen im Alltag, intervenieren in Krisensituationen und motivieren zu Eigeninitiative. Sie unterstützen die Betroffenen dabei, Strategien für ein selbstbestimmtes Leben zu entwickeln, beraten z. B. Suchtkranke, Schuldner, Asylsuchende und Migranten. Sie ermitteln gegebenenfalls den Bedarf an materieller, persönlicher und finanzieller Unterstützung und vermitteln die entsprechenden Hilfen. Zudem nehmen sie Konzeptions-, Planungs-, Organisations-, Leitungs- und Koordinierungsaufgaben wahr (vgl. Arbeitsgericht Rostock, Urteil vom 26.07.2018 – 1 Ca 458/18 –).
132
Gewiss kommt es der zur Kinderkrankenschwester ausgebildeten Mitarbeiterin B. zugute, dass sie langjährig im Pflegedienst tätig war und eine Qualifizierung zur Pflegeberaterin aufweist. Diese „Nützlichkeit“ stellt jedoch keine unabdingbare Voraussetzung für die von ihr auszuübende Tätigkeit dar und ist für ihre Eingruppierung nicht ausschlaggebend. Dementsprechend kommt es hier auch nicht entscheidend darauf an, ob die Mitarbeiterin B. Pflegeberatung im Sinne des § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) durchführt, zumal die Beratung und Betreuung durch Pflegeberater und Pflegeberaterinnen auch durch qualifizierte Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen erbracht werden kann (vgl. § 7a Abs. 3 Satz 2 SGB XI).
133
Die überwiegende im Bereich der Beratung und Koordinierung liegende Tätigkeit der Mitarbeiterin B. ist damit funktionsbezogen dem Sozial- und Erziehungsdienst im Sinne der Anlage 33 zu den AVR C. und nicht dem Bereich der Pflege im Sinne der Anlage 32 AVR C. zuzuordnen. Für die Eingruppierung der Mitarbeiterin B. als „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ ist also jedenfalls nicht die Anlage 32 zu den AVR C. maßgebend.
134
3.2.3.4. Die von der Beklagten verweigerte Zustimmung zu der vom Kläger für zutreffend erachteten Eingruppierung der Mitarbeiterin B. erweist sich als begründet
135
Die Beklagte hat bei ihrer Zustimmungsverweigerung darauf abgestellt, dass die Mitarbeiterin B. als „Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst“ nicht nach Anlage 32, sondern nach Anlage 33 zu den AVR C. einzugruppieren ist. Dementsprechend ist das „Prüfprogramm“ des Kirchlichen Arbeitsgerichts auf die Frage nach der einschlägigen Anlage zu den AVR C. beschränkt.
136
Nach den Ausführungen im Abschnitt 3.2.3.3.4. ist die Mitarbeiterin B. jedenfalls nicht nach Maßgabe der Anlage 32 zu den AVR C. einzugruppieren. Die vom Kläger begehrte Ersetzung der von der Beklagten verweigerten Zustimmung zu einer Eingruppierung in Entgeltgruppe P 8 (des Anhangs D) der Anlage 32 zu den AVR C. kann daher nicht erfolgen.
137
Folglich hat die Beklagte ihre Zustimmung zu der vom Kläger für zutreffend erachteten Einstufung zu Recht verweigert, so dass der Klage auf Ersetzung der Zustimmung durch das Kirchliche Arbeitsgericht nicht stattzugeben ist.
138
In welche Entgeltgruppe die Mitarbeiterin B. nach Maßgabe des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. eingruppiert ist, kann offen bleiben, da es hierauf für die Entscheidung des Kirchlichen Arbeitsgerichts über die vom Kläger begehrte Zustimmungsersetzung nicht ankommt.
139
3.2.4. Es obliegt dem Kläger, das angesichts der (begründeten) Zustimmungsverweigerung der Beklagten noch nicht beendete Mitbestimmungsverfahren zur Eingruppierung der Mitarbeiterin B. weiterzuführen und die Beklagte gegebenenfalls um Zustimmung zur Eingruppierung in eine Entgeltgruppe des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. zu ersuchen. Nach Auffassung der Beklagten erfüllt die gesamte von der Mitarbeiterin B. auszuübende Tätigkeit mindestens die Voraussetzungen der Entgeltgruppe S 8b (Fallgruppe 2), gegebenenfalls die Voraussetzungen der Entgeltgruppe S. 12 (Fallgruppe 1).
140
4. Gerichtsgebühren werden nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KAGO nicht erhoben.
141
Der Kostenausspruch, wonach der Kläger die notwendigen Auslagen der Beklagten, auch für die Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten, zu tragen hat, beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO MuFS.
142
Danach trägt der Dienstgeber die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden und für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Kosten einschließlich der Reisekosten im Rahmen der für den Dienstgeber bestehenden Bestimmungen. Zu den erforderlichen Kosten gehören auch die Kosten der Beauftragung eines Bevollmächtigten in Verfahren vor den kirchlichen Gerichten für Arbeitssachen, soweit die Bevollmächtigung zur Wahrung der Rechte des Bevollmächtigenden notwendig ist.
143
Die Notwendigkeit einer fachkundigen Beratung und Vertretung ist im vorliegenden Fall angesichts der in der Regel komplexen Rechtsmaterie der Eingruppierung zu bejahen. Im Termin am 16.10.2024 hat der Klägervertreter ohnehin erklärt, gegen die Übernahme der Anwaltskosten der Beklagten bestünden seitens des Klägers keine Bedenken.
144
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
145
Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 47 Abs. 2 Buchst. a) KAGO. Sie betrifft eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Beurteilung der Abgrenzung zwischen der Anlage 32 und der Anlage 33 zu den AVR C. im Rahmen der Eingruppierung einer bestimmten Mitarbeiterin.
146
Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Urteil von einer Entscheidung des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs oder eines anderen Kirchlichen Arbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (vgl. § 47 Abs. 2 Buchst. b) KAGO). Insbesondere besteht keine Divergenz zu dem Urteil des Kirchlichen Arbeitsgerichts für die Diözesen Limburg, Mainz, Speyer und Trier vom 9. Februar 2012 – M 20/11 Tr -.