Titel:
Kostengrundentscheidung, Untätigkeitsklage, Außergerichtliche Kosten, Widerspruchsverfahren, Kostenentscheidung, Absendevermerk, Erstattung außergerichtlicher Kosten, Abhilfeentscheidung, Klageerhebung, Veranlassungsprinzip, Zugangsfiktion, Verwaltungsakt, Bisheriger Sach- und Streitstand, Zureichender Grund, Kostenrechtliche, Billiges Ermessen, Einlegung, Notwendige Kosten, Pflegegrad, Vorverfahren
Schlagworte:
Untätigkeitsklage, Kostengrundentscheidung, Zugangsnachweis, Veranlassungsprinzip, Erfolgsprinzip, Erledigungserklärung, außergerichtliche Kosten
Fundstelle:
BeckRS 2024, 45428
Tenor
Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Gründe
1
Streitig war die Untätigkeit der Beklagten, nach der Vornahme einer Abhilfeentscheidung eine Kostengrundentscheidung zu treffen.
2
Der Klägerbevollmächtigte erhob am 21.05.2024 Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.05.2024, mit dem die Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem Pflegegrad 1 gewährte. Mit Bescheid vom 12.07.2024 half die Beklagte dem Widerspruch ab und gewährte dem Kläger Leistungen nach dem Pflegegrad 2 ab dem 13.03.2024; eine Entscheidung über die Erstattung von Kosten im Vorverfahren erfolgte nicht. Am 31.07.2024 reichte der Klägerbevollmächtigte bei der Beklagten seine Kostenrechnung ein und stellte nochmals Antrag auf Kostenentscheidung. Mit Schreiben vom 07.08.2024 teilte die Beklagte dem Klägerbevollmächtigten mit, dass sie ihm die Kosten entsprechend seiner Kostennote vom 31.07.2024 erstatten würde. Die Zahlung werde zeitnah angewiesen.
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Der Klägerbevollmächtigte hat am 28.08.2024 Untätigkeitsklage erhoben. Mit Schriftsatz vom 18.09.2024 hat er den Rechtsstreit für erledigt erklärt und beantragt, die Beklagte zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu verpflichten. Er hat ausgeführt, dass ihm die Kostengrundentscheidung der Beklagten vom 07.08.2024 nicht vorliege. Die Klage habe er für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte nach Klageerhebung die notwendigen Kosten erstattet habe.
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Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die positive Kostengrundentscheidung vom 07.08.2024 als einfacher Brief am 07.08.2024 zur Post gegeben worden sei.
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Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG entscheidet das Gericht, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird, auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfange die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Die Kostenentscheidung trifft das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen (insoweit ist der Rechtsgedanke der §§ 91 a ZPO, 161 Abs. 2 VwGO heranzuziehen). Dabei sind in der Regel der mutmaßliche Ausgang des Verfahrens (Erfolgsprinzip) sowie sonstige kostenrechtlich erhebliche Umstände des Verfahrens (z.B. das Veranlassungsprinzip) zu beachten.
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Die gem. § 88 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 SGG erhobene Untätigkeitsklage war zulässig, insbesondere nach Ablauf der Sperrfrist erhoben. Zur Überzeugung des Gerichts ist vorliegend bezüglich der Vornahme der Kostengrundentscheidung die Vorschrift des § 88 Abs. 2 SGG einschlägig. Die Kostengrundentscheidung ist von der Sachentscheidung abhängig; da über letztere im Widerspruchsverfahren binnen einer Frist von drei Monaten zu entscheiden ist, muss diese Frist auch für die (von Amts wegen zu treffende) Kostengrundentscheidung gelten (ebenso Specht/Bleckat, NZS 2023, 853, 855; Feddern in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl. (Stand: 07.04.2025), § 63 Rn. 86.1; Mutschler in: Rolfs/Körner/Krasney/Mutschler, Kasseler Kommentar (Stand: 15.02.2025), § 63 SGB X Rn. 70; a.A. SG Darmstadt, Beschluss vom 13.08.2024, Az. S 8 KR 400/23, Rn. 6).
7
Der Klägerbevollmächtigte macht geltend, dass er das Schreiben vom 07.08.2024, mit dem die Beklagte ihm die Kostengrundentscheidung mitgeteilt hat, nicht erhalten hat. Mangels Absendevermerk ist diesbezüglich keine Zugangsfiktion gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X eingetreten. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 37 Abs. 2 Satz 3 SGB X), dies ist vorliegend der Beklagten nicht gelungen.
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Folglich war die dreimonatige Sperrfrist, die ab dem Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs (21.05.2024) zu laufen begann (vgl. SG Darmstadt, ebenda, Rn. 6), zum Zeitpunkt der Einlegung der Untätigkeitsklage am 28.08.2024 abgelaufen.
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Die Untätigkeitsklage war auch begründet. Ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung bzw. für die nicht innerhalb der Frist bekannt gegebene Entscheidung liegt nicht vor.
10
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind deshalb zu erstatten.
11
Dieser Beschluss ist gem. § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG nicht anfechtbar.