Inhalt

LG Landshut, Urteil v. 19.06.2024 – 7 KLs 206 Js 18819/20 (2)
Titel:

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Ratenzahlungsvereinbarung, Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, Vollstreckungsauftrag, Abberufung des Geschäftsführers, Gesellschafterwechsel, Verteidigung der Rechtsordnung, Gewerbeuntersagung, Vollstreckungsankündigung, Einlassung des Angeklagten, Faktischer Geschäftsführer, Wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen, Steuerberatungsgesellschaft, Vollstreckungsbescheid, Gaststättenerlaubnis, Inländische Betriebsstätte, Trunkenheit im Verkehr, festgestellter Sachverhalt, Strafzumessungserwägungen, Trunkenheitsfahrt

Normenketten:
InsO § 15a Abs. 1 S. 1
InsO § 15a Abs. 4 Nr. 1
StGB § 156
StGB § 263 Abs. 1
StGB § 263 Abs. 3 S. 1
StGB § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1
StGB § 264 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 264 Abs. 2 S. 1
StGB § 14 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 25 Abs. 2
StGB § 53
StGB § 55
StGB § 56 Abs. 1
StGB § 56 Abs. 2
StGB § 56 Abs. 3
StGB § 73
StGB § 73c
Schlagworte:
Insolvenzverschleppung, Subventionsbetrug, Corona-Soforthilfe, Geschäftsführerhaftung, Zahlungsunfähigkeit, Vermögensverzeichnis, Strafzumessung, Mittäterschaft, Beweiswürdigung, Einziehung von Wertersatz, Freispruch
Fundstelle:
BeckRS 2024, 45103

Tenor

1. Der Angeklagte M1. A1. … ist schuldig der vorsätzlichen falschen Versicherung an Eides statt in Tatmehrheit mit 2 Fällen des Betruges in Tatmehrheit mit Subventionsbetrug.
Er wird deshalb wegen der Fälle des Betruges vom 18.03.2020 und vom 31.03.2020 sowie wegen der vorsätzlichen falschen Versicherung an Eides statt sowie wegen des Subventionsbetruges vom 16.07.2020 unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafen gemäß Urteil des Landgerichts Landshut vom 14.12.2021, Az. 2 Ns 406 Js 24858/20, und gemäß Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 15.12.2020, Az.: 03 Ls 206 Js 6618/18, in die jeweiligen Einzelstrafen und unter Einbeziehung dieser Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren 7 Monaten verurteilt.
Darüber hinaus ist der Angeklagte M1. A1. G… schuldig der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung.
Er wird deshalb zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt.
Im Übrigen wird der Angeklagte M1. A1. G… freigesprochen.
2. Die Angeklagte E1. P… ist schuldig der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit 2 Fällen des Betruges in Tatmehrheit mit 3 Fällen des Subventionsbetruges.
Die Angeklagte E1. P… wird deshalb wegen der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung sowie wegen der Fälle des Betruges vom 18.03.2020 und vom 31.03.2020 sowie wegen der Fälle des Subventionsbetruges vom 16.07.2020, vom 11.12.2020 und vom 29.12.2020 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt.
Im Übrigen wird die Angeklagte E1. P… freigesprochen.
3. Gegen die Angeklagte E1. P… wird die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 30.000 € angeordnet.
4. Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen, soweit sie verurteilt wurden. Soweit die Angeklagten freigesprochen wurden, fallen die Verfahrenskosten und ihre notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.

Entscheidungsgründe

Dem Urteil ist keine Verständigung gemäß § 257c StPO vorausgegangen.
A. Vorspann und Verfahrensgang
1
Das Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft L. richtete sich zunächst neben den hiesigen Angeklagten auch gegen den im April 2023 verstorbenen Vater des Angeklagten – A. G… – sowie gegen die Steuerberaterin Z…. Das Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten G…, dessen Vater und gegen die Angeklagte P… wurde aufgrund von Geldwäsche Verdachtsmeldungen der Sparkasse … im Zusammenhang mit staatlichen Mitteln während der Corona Pandemie eingeleitet.
2
Dem Vater des Angeklagten wurde vorgeworfen, gemeinsam mit dem Angeklagten G… Gelder von dem Firmenkonto der … UG abgeführt und für die Begleichung bzw. Verringerung privater Verbindlichkeiten verwendet zu haben. Von der Verfolgung wurde mit Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft L. vom 20.06.2022, Az.: 206 Js 18819/20, nach § 154 Abs. 1 StPO aufgrund der bereits im Verfahren des Amtsgerichts Landshuts vom 15.12.2020 gegen den Vater des Angeklagten ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten, abgesehen. Der Verurteilung lagen eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung und Bankrott in drei Fällen zu Grunde.
3
Hinsichtlich des Angeklagten G… wurde von der Verfolgung bezüglich etwaiger Untreuehandlungen zu Lasten der … UG aufgrund der Verwendung von Firmengeldern zur Begleichung bzw. Tilgung privater Verbindlichkeiten im Zeitraum von 04/2020 bis 05/2021 sowie Subventionsbetrug am 01.04.2020 durch Beantragung von Corona Hilfen in Höhe von 9.000 € für die tatsächlich nicht mehr betriebene Firma … GbR (hinzuverbundenes Verfahren 206 Js 18823/20) durch die Staatsanwaltschaft L. ebenfalls gemäß § 154 Abs. 1 StPO mit Verfügung vom 20.06.2022, abgesehen.
4
Die Staatsanwaltschaft L. erhob mit Anklageschrift vom 20.06.2022 gegen die Angeklagten G…, P… und Z Anklage bei dem Amtsgericht Landshut – Schöffengericht für Wirtschaftsstrafsachen.
5
Der Steuerberaterin Z… wurde im Rahmen der Anklageschrift vom 20.06.2022 vorgeworfen, dass sie auf Anweisung der Angeklagten G… und P… in drei Fällen Anträge auf Gewährung von Subventionen für die … UG im Zusammenhang mit der Corona Pandemie bei der IHK M… gestellt und darin bewusst wahrheitswidrig Angaben gemacht habe. Mithin wurde sie der Beihilfe zum Subventionsbetrug in drei Fällen beschuldigt.
6
Gegen die Steuerberaterin Z… wurde das Verfahren im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2023, Az.: 03 Ls 206 Js 18819/20, durch das ursprünglich mit dem Verfahren befasste Amtsgericht Landshut – Schöffengericht – nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.
7
Mit Beschluss vom 25.04.2023 wurde das Verfahren durch das Amtsgericht Landshut – Schöffengericht – gemäß § 270 Abs. 1 StPO an die Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht Landshut verwiesen.
8
Im Rahmen der Hauptverhandlung vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Landshut wurde mit Beschluss vom 19.06.2024 das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Taten II. 4 (Antrag vom 27.10.2020) und II. 7 (Antrag vom 15.04.2021) nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
9
Mit Urteil vom 19.06.2024 verurteilte die Kammer den Angeklagten G… unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafen gemäß Urteil des Landgerichts Landshut vom 14.12.2021, Az. 2 Ns 406 Js 24858/20, und gemäß Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 15.12.2020, Az.: 03 Ls 206 Js 6618/18, in die jeweiligen Einzelstrafen und unter Einbeziehung dieser Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 7 Monaten. Darüber hinaus wurde er zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt. Die Angeklagte P… wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem wurde die Einziehung von Wertersatz gegen die Angeklagte P… in Höhe von insgesamt 30.000 € angeordnet. Das Verfahren betreffend die Angeklagte P… ist rechtskräftig.
B. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse
I. Angeklagter G…
1. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse
10
Der 51 Jahre alte Angeklagte ist deutscher Staatsbürger. Er wurde am … in D… geboren. Der Angeklagte ist ledig und war auch nie verheiratet. Er hat aus zwei früheren Beziehungen eine …jährige Tochter sowie einen …-jährigen Sohn. Zu seinem Sohn J… hat der Angeklagte keinen Kontakt. Sein Sohn J… kommt mit der Lebensweise des Angeklagten nicht zurecht. Der Sohn macht eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker.
11
Mit seiner Tochter S… pflegt der Angeklagte regelmäßig Kontakt. Diese besucht ihn auch in B…. Kontakt zu den beiden Kindsmüttern besteht keiner mehr. Für seine Tochter bezahlt der Angeklagte seit einiger Zeit monatlich einen Unterhalt in Höhe von 324 €. Hinsichtlich seines bereits volljährigen Sohnes hat der Angeklagte monatlich Unterhaltsrückstände in Höhe von 324 € abzubezahlen.
12
Der Angeklagte wuchs als Einzelkind in der Familie in geordneten bürgerlichen Verhältnissen auf. Seine im Jahr 2002 verstorbene Mutter war Büroangestellte. Der Vater des Angeklagten arbeitete zunächst in einem angestellten Beschäftigungsverhältnis bei … und nach dem Tod der Mutter wechselte sein Vater in das Gaststättengewerbe. Der Vater verstarb im April 2023.
2. Beruflicher Werdegang
Der berufliche Werdegang konnte durch die Kammer wie folgt nachgezeichnet werden:
13
Der Angeklagte wurde regelgerecht eingeschult. Nach dem Besuch der Grundschule erfolgte der Übertritt an das Gymnasium. Dort erwarb er das Abitur. Einen Beruf erlernte der Angeklagte nicht. Er arbeitete nach dem Schulabschluss immer als Selbstständiger. Zunächst machte sich der Angeklagte zusammen mit einem Geschäftspartner mit einem Selbstbedienungssolarium selbstständig. Anschließend eröffnete der Angeklagte zusammen mit einem anderen Geschäftspartner nach mehreren Jahren Rechtsstreit bis 1997/1998 eine Indoor Karthalle mit einer Größe von 3000 qm in A…. In der Folge betrieb der Angeklagte ein Tabledance Lokal in S… , welches nach neun Monaten wieder aufgegeben wurde. Anschließend übte der Angeklagte zusammen mit seinem Vater einen Autohandel aus. Ferner war er im Heizölhandel und als Betreiber einer Tankstelle in M… tätig. Nach dem Jahr 2006 war der Angeklagte nur noch Gastronom.
14
Im Jahr 2003 eröffnete der Angeklagte zusammen mit einem Freund eine Lokalität unter dem Namen B …, welches von der Brauerei … gepachtet wurde. Anschließend übernahm der Angeklagte im Jahr 2006 die Diskothek „R …“ in … . 2012 erwarb er das Betriebsgelände. Die Diskothek wurde von verschiedenen Betreibergesellschaften betrieben, die alle in die Insolvenz geraten sind.
15
Der Angeklagte ist Freigänger in der Haft in B …. Er verlässt die Anstalt um 7 Uhr und kehrt bis spätestens 20:30 Uhr zurück. Er darf insgesamt 15 Stunden außerhalb der Haftanstalt verbringen. Derzeit ist der Angeklagte im Hofbräuhaus B … als Lagerist beschäftigt. Zuvor arbeitete er im selben Betrieb am Empfang. Er erzielt ein Einkommen in Höhe von 2500 € brutto. Hiervon muss er neben dem Unterhalt für seine beiden Kinder von insgesamt 648 € einen Betrag von 110 € für seinen Haftraum, 400 € Warmmiete für seine Wohnung in B. und 55 € für rückständige Gerichtskosten bezahlen. Die Gerichtskosten sind im Februar 2025 abbezahlt. Derzeit wird über eine Privatinsolvenz nachgedacht. Über etwaiges Vermögen verfügt der Angeklagte nicht.
16
Im Rahmen der Haft absolvierte der Angeklagte ein Straftäterseminar, ein Verkehrsstraftäterseminar und war ein Jahr bei einer Psychologin. Nach der Haft möchte der Angeklagte in B … bleiben. Aus dem Gastronomiegewerbe zog sich der Angeklagte zurück und möchte insoweit auch nicht mehr tätig werden.
3. Gesundheitliche Situation
17
Der Angeklagte konsumierte keine Drogen. Während der Corona Pandemie trank er übermäßig Alkohol. Er ist gesund. Er hat im Laufe seines Lebens weder ernste Erkrankungen gehabt noch folgenschwere Unfälle erlitten, insbesondere keine unter Beteiligung des Kopfes, durch welche die strafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB berührt sein könnte.
4. Strafrechtliche Erkenntnisse
18
Hinsichtlich des Angeklagten liegen folgende strafrechtliche Erkenntnisse vor:
1. 31.08.1998 AG LANDAU A. D. ISAR (D2403) -3 DS 6 JS 14757/97 -
Rechtskräftig seit 08.09.1998
Tatbezeichnung: Inverkehrbringen von Falschgeld in 3 Fällen
Datum der (letzten) Tat: 04.06.1997
Angewendete Vorschriften: STGB § 147 ABS. 1, § 53
200 Tagessätze zu je 80,00 DM Geldstrafe.
2. 18.09.2007 AG Landau a. d. Isar (D2403) -3 Cs 32 Js 2055/06 -
Rechtskräftig seit 05.10.2007
Tatbezeichnung: Betrug in Mittäterschaft in 13 Fällen in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Mittäterschaft in 3 Fällen, jeweils in Tateinheit mit 1 Fall des Vorenthalten und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 22 Fällen, dabei in einem Fall in 2 tateinheitlichen Fällen begangen und für jeden Fall in Tateinheit stehend mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 15 Fällen, in jedem Fall in Tateinheit stehend mit einem Fall des Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt stehend zu einem Fall in 7 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 7 tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt stehend zu einem Fall in 4 tateinheitlichen Fällen, in Tateinheit stehend zu 4 Fällen des Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt stehend zu einem Fall in 5 tateinheitlichen Fällen, in Tateinheit stehend zu 5 Fällen des Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 4 Fällen, in jedem Fall in Tateinheit stehend zu einem Fall des Vorenthalten und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 2 Fällen, jeweils in Tateinheit mit stehend mit 1 Fall des Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
Datum der (letzten) Tat: 31.03.2006
Angewendete Vorschriften: StGB § 263 Abs. 1, § 53, § 52, § 266 a Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 266 a Abs. 1, Nr. 2, § 266 a Abs. 2 Nr. 2, § 25 Abs. 2
320 Tagessätze zu je 20,00 EUR Geldstrafe. Gewerbezusammenhang
3. 18.09.2007 AG Landshut (D2404) -02 Cs 52 Js 27700/06 -
Rechtskräftig seit 18.09.2007
Tatbezeichnung: Vorsätzliche verspätete Insolvenzantragstellung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht in 2 Fällen in Tatmehrheit mit falscher Versicherung an Eides statt in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 5 Fällen
Datum der (letzten) Tat: 26.10.2006
Angewendete Vorschriften: StGB § 53, § 283 b Abs. 1 Nr. 3 a, Nr. 3 b, Abs. 6, § 283 Abs. 6, § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 52, § 156, § 266 a Abs. 1, GmbHG § 64 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Nr. 2 160 Tagessätze zu je 20,00 EUR Geldstrafe.
Gewerbezusammenhang.
19
Dem Strafbefehl des Amtsgerichts Landshut vom 18.09.2007 mit dem Aktenzeichen 02 Cs 52 Js 27700/06 lag folgender Sachverhalt zugrunde:
„Sie waren Geschäftsführer der Firma G… GmbH mit Sitz in … M … , eingetragen in das Handelsregister B des Amtsgerichts Landshut unter der Nummer …. Mit Antrag vom 09.05.2006, eingegangen beim Amtsgericht Landshut am 10.05.2006, beantragten Sie wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Gesellschaft beim zuständigen Amtsgericht – lnsolvenzgericht – … Dort wurde unter dem Aktenzeichen 1 IN …/06 durch Beschluss vom … 2006 die Eröffnung mangels Masse abgewiesen.
1.
Die Gesellschaft war spätestens ab Oktober 2005 zahlungsunfähig. Bereits ab Januar 2005 erfolgten vom Hauptgeschäftskonto Nr. … bei der VR-Bank … verstärkt Lastschriftrückgaben. Das Kontokorrentkonto war im Zeitraum von Januar 2005 bis April 2006 fast durchgehend bis zum Kreditlimit von 60.000,00 belastet. Auch die weiteren Konten bei der Raiffeisenbank M … und der Sparkasse … waren bereits im 1. Quartal 2005 ständig im Soll, wobei auch dort Lastschriftrückgaben vorkamen. Ab November 2005 kam es letztendlich zu Zwangsvollstreckungsaufträgen, wobei bereits am 12.11.2005 das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eingeleitet wurde. Die GmbH erzielte zu keinem Zeitpunkt positive Ergebnisse. In Kenntnis dieser Umstände unterließen Sie es beim zuständigen Amtsgericht – Insolvenzgericht – L … bis einschließlich 09.05.2006 einen Eigeninsolvenzantrag zu stellen.
2.
Wie Sie wussten, wäre die Gesellschaft verpflichtet gewesen für jedes Geschäftsjahr innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf desselben (hier des Kalenderjahres) einen Jahresabschluss zu erstellen, aus dem sich das Vermögen und die Schulden sowie der Gewinn und Verlust des laufenden Jahres ergeben hätten. Sie unterließen es, Bilanzen für die Geschäftsjahre 2003 und 2004 rechtzeitig zum 30.06.2004 bzw. zum 30.06.2005 erstellen zu lassen. Die Bilanz für das Jahr 2003 ließen Sie erst zum 09.02.2005 und die Bilanz für das Jahr 2004 zum 10.08.2005 erstellen. Hierbei wurden insbesondere Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Volksbank-Raiffeisenbank D … (Darlehen Nr. …) in Höhe von insgesamt 228.393,94 nicht bilanziert, so dass die Übersicht über den Vermögensstand wesentlich erschwert wurde.
3.
Im Zeitraum von Januar 2003 bis April 2006 wurden seitens der GmbH aus deren Mittel für betriebsfremde Zahlungen, Zins- und Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 81.585,68 für Privatdarlehen Ihrerseits gezahlt. Die Zins- und Tilgungsraten wurden in der Buchhaltung auch als Forderungen der Gesellschaft gegenüber Ihnen als Gesellschafter eingebucht. Ein Ausgleich der Forderungen durch Sie durch Bezahlung mit Privatmitteln erfolgte jedoch nicht. Obwohl Sie wussten, dass die GmbH gegen Sie Forderungen in Höhe von insgesamt 81.555,68 hatte, verschwiegen Sie in Ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 07.06.2006, eingegangen beim Amtsgericht – lnsolvenzgericht – L … am 14. Juni 2006, abgegeben für die Firma G… GmbH, diese Forderungen bewusst der Wahrheit zuwider.“
4. 01.07.2009 AG Landshut (D2404) -03 Cs 54 Js 26565/08 -
Rechtskräftig seit 18.07.2009
Tatbezeichnung: Vorsätzliche Insolvenzverschleppung
Datum der (letzten) Tat: 00.01.2008
Angewendete Vorschriften: GmbHG § 64 Abs. 1 a.F., § 84 Abs. 1 Nr. 2
150 Tagessätze zu je 25,00 EUR Geldstrafe.
Gewerbezusammenhang.
20
Dem Strafbefehl des Amtsgerichts Landshut vom 01.07.2009 mit dem Aktenzeichen 03 Cs 54 Js 26565/08 lag folgender Sachverhalt zugrunde:
„Sie waren gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten K … alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Firma … GmbH mit Sitz in … eingetragen beim Amtsgericht L … unter HRB 7038. Geschäftszweck der Gesellschaft war der Betrieb von Diskotheken und Gaststätten jeglicher Art und Durchführung aller Aufgaben, die diesem Unternehmensgegenstand dienlich sind. Wie Sie wussten, waren Sie als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Gesellschaft bis 28.04.2008, verpflichtet bei Eintreten der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft unverzüglich, spätestens nach Ablauf von 3 Wochen beim zuständigen Amtsgericht – lnsolvenzgericht – L… Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren zu stellen. Wie Sie spätestens seit Januar 2008 wussten, war die Gesellschaft seit spätestens 31.12.2007 überschuldet. Zu diesem Zeitpunkt wies die Bilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 46.000,00 aus. Rangrücktritte in dieser Höhe lagen nicht vor. Des Weiteren war Ihnen bekannt, dass die GmbH auch im Laufe des Jahres 2008 fortlaufend Verluste machte. Dennoch stellten Sie bis zu Ihrem Ausscheiden als Geschäftsführer am 28.04.2008 keinen Insolvenzantrag.“
5. 10.02.2011 AG Landau a. d. Isar (D2403) -1 Cs 18 Js 1422/11 -
Rechtskräftig seit 01.03.2011
Tatbezeichnung: Fahrlässiges Gestatten des Gebrauchs eines nicht versicherten Fahrzeugs
Datum der (letzten) Tat: 17.04.2010
Angewendete Vorschriften: PflVG § 1, § 6 Abs. 1, Abs. 2
25 Tagessätze zu je 25,00 EUR Geldstrafe.
6. 05.03.2013 AG Landau a. d. Isar (D2403) -5 Cs 33 Js 3108/13 -
Rechtskräftig seit 22.08.2013
Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung
Datum der (letzten) Tat: 23.09.2012
Angewendete Vorschriften: StGB § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1
100 Tagessätze zu je 110,00 EUR Geldstrafe.
Gewerbezusammenhang.
7. 16.02.2017 AG Landau a. d. Isar (D2403) -6 Ds 306 Js 44919/16 -
Rechtskräftig seit 17.05.2017
Tatbezeichnung: Körperverletzung
Datum der (letzten) Tat: 04.12.2016
Angewendete Vorschriften: StGB § 223 Abs. 1, § 230, § 56
4. Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahr(e) .
8. 09.11.2017 AG Landau a. d. Isar (D2403) -6 Ds 306 Js 19940/17 -
Rechtskräftig seit 18.06.2018
Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung
Datum der (letzten) Tat: 07.05.2017
Angewendete Vorschriften: StGB § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1
200 Tagessätze zu je 30,00 EUR Geldstrafe.
9. 22.02.2018 AG Landshut (D2404) -30 Ds 206 Js 16470/16
Rechtskräftig seit 22.02.2018
Tatbezeichnung: Vorsätzliche Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit vorsätzlichen Bankrott in 4 Fällen und mit Betrug in 16 tatmehrheitlichen Fällen, einmal davon in 3 tateinheitlichen Fällen
Datum der (letzten) Tat: 10.03.2016
Angewendete Vorschriften: StGB § 53, § 52, § 263 Abs. 1, § 283 Abs. 1 Nr. 5, § 283 Abs. 1 Nr. 7 b, § 283 Abs. 6, § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 56, § 55, InsO § 15 a Abs. 1, § 15 a Abs. 4
1 Jahr(e) 6 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahr(e) .
Gewerbezusammenhang.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 16.02.2017+6 Ds 306 Js 44919/16+D2403+AG Landau a. d. Isar.
Bewährungszeit verlängert bis 21.02.2022.
Strafaussetzung widerrufen.
21
Dem Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 22.02.2018 im Aktenzeichen 30 Ds 206 Js 16470/16 lag folgender Sachverhalt zugrunde:
„Der Angeklagte A1. J1. G… war seit dem 16.11.2009 eingetragener einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der … UG, mit Sitz in der … M …, eingetragen im Handelsregister des AG L … unter der Nr. HRB 7998. Geschäftsgegenstand der UG war der Handel mit Automobilen aller Art und der Betrieb von Diskotheken und Gastronomiebetrieben. Im Rahmen des Geschäftsbetriebs wurde die Diskothek …, … … betrieben.
Obwohl der Angeklagte A1. J1. G… formeller Geschäftsführer der Firma G… … war, führte der Angeklagte M1. A1. G… tatsächlich die Geschäfte der Firma G… … UG. Er hielt den Kontakt zu den Kunden, tätigte Bestellungen, erledigte das Zahlungsmanagement, trat gegenüber der Bank als Firmenvertreter auf und hielt den Kontakt zum Steuerberater. Der Angeklagte A1. J1. G… war dabei auch in die Geschäftsführung mit eingebunden, wobei aber die wesentlichen Entscheidungen letztlich der Angeklagte M1. A1. G… traf.
I. Insolvenzverschleppung
Die G… … UG war spätestens seit 28.02.2013 aufgrund eines nach Außen in Erscheinung getretenen Mangels an Zahlungsmitteln nicht mehr in der Lage, ihre fälligen Verbindlichkeiten im Wesentlichen zu erfüllen, mithin zahlungsunfähig. Dies haben die Angeklagten in Kenntnis der nachstehenden Umstände erkannt oder zumindest billigend in Kauf genommen.
Eine stichtagsbezogene Liquiditätsanalyse betreffend den Zeitraum Januar 2013 bis November 2015 ergab seit dem Stichtag 31.01.2013 eine durchgehende Unterdeckung bei der Firma G… … UG von mehr als 10 %. Diese Unterdeckung konnte in der Folgezeit auch nicht mehr beseitigt werden.
Darüber hinaus kam es bereits seit Juli 2010 zu Rückständen bei der Begleichung der Steuerforderungen des Finanzamtes D … . Es ergingen eine Vielzahl von Vollstreckungshandlungen. Ab April 2012 kam es dann zu Lastschriftrückgaben auf dem Firmenkonto Nr. … bei der Raiffeisenbank … eG. Am 07.01.2013 und 24.01.2013 kam es zu Kontopfändungen durch das Finanzamt D …. Ab Mai 2012 konnten die Rechnungen des Hauptgläubigers K … GbR nicht mehr vollständig beglichen werden.
Als eingetragener und faktischer Geschäftsführer der G… UG waren die Angeschuldigten verpflichtet, bei deren Zahlungsunfähigkeit unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Wochen, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft zu stellen. In Kenntnis dieser Verpflichtung und der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft stellten sie den Antrag erst am 15.02.2016 (Eingang beim Amtsgericht L …).
II. Bankrott Bilanzen
Für die vorgenannte Gesellschaft waren die Angeschuldigten gemäß §§ 264 Abs. 1, 242 ff. HGB verpflichtet, innerhalb der ersten drei bzw. sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres jeweils zum 11.11. die Bilanz über das Vermögen der Gesellschaft zu erstellen. Dieser ihnen bekannten Verpflichtung kamen die Angeklagten für die Jahre 2012 und 2013 erst verspätet und für das Jahr 2014 überhaupt nicht nach.
Die Bilanz der G… UG zum 11.11.2012 wurde erst am 18.12.2014 erstellt. Die Bilanz der G… UG zum 11.11.2013 wurde erst am 14.10.2015 erstellt. Die Bilanz der G… UG zum 11.11.2014 wurde nicht erstellt.
Den Angeklagten war dabei bewusst, dass spätestens zum 28.02.2013 die Zahlungsunfähigkeit der G… UG eingetreten war und die Zahlungsunfähigkeit bereits seit Anfang Januar 2013 drohte.
Mit Beschluss des AG L … vom …, wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G… UG eröffnet.
III. Bankrott Buchführung
Für die vorgenannte Gesellschaft waren die Angeklagten überdies – wie sie wussten – verpflichtet, Handelsbücher, die einen klaren Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens gewähren, zu führen. Gleichwohl wurde, wie sie ebenfalls wussten, jedenfalls seit dem 01.01.2014 keine ordnungsgemäße Buchhaltung geführt. Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen wurden nicht mehr vollständig verbucht. Die Krise des Unternehmens war den Angeklagten dabei bekannt.
Mit Beschluss des AG L … vom …, wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G… UG eröffnet.
IV. Betrug
Die Angeklagten wussten spätestens seit Ende Februar 2013, dass die G… UG nicht mehr in der Lage war, ihre fälligen Verbindlichkeiten noch im Wesentlichen zu begleichen. Bereits spätestens seit Anfang Januar 2013 war ihnen bewusst, dass sich die G… UG erheblich in der Unterdeckung befand und die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft drohte. Gleichwohl schlossen sie bzw. die von ihnen entsprechend beauftragten Mitarbeiter Verträge mit anderen Unternehmen, in denen sich die Vertragspartner zur Erbringung von Leistungen gegenüber der Firma G… UG auf Rechnung verpflichteten. Hierbei wirkten die Angeschuldigten bewusst und gewollt zusammen und folgten einem zuvor geschlossenen gemeinsamen Tatplan, den Geschäftsbetrieb der G… UG trotz der drohenden bzw. eingetretenen Krise fortzusetzen. Sie bewirkten, was ihnen bewusst war, dass die Mitarbeiter, die die drohende und eingetretene Zahlungsunfähigkeit und Insolvenzreife der G… UG nicht kannten, weiterhin nach Außen so auftraten, als sei die Firma G… UG ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen und in der Lage, die eingegangenen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht zu begleichen. Durch die vorbehaltlose Bestellung der erworbenen Waren und sonstigen Dienstleistungen erweckten die Angeklagten bzw. ihre Mitarbeiter bei den Vertragspartnern den Eindruck, dass es sich bei der Firma G… UG um ein unter kaufmännischen Gesichtspunkten gesundes Unternehmen handelte, was es allerdings nicht war. Die Gläubiger wussten nicht, dass ihren Leistungen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur relativ wertlose Kaufpreis oder Werklohnforderungen gegenüberstanden, bei deren Kenntnis sie auf Vorkasse oder Barzahlung bei Lieferung bestanden oder aber die Verträge gar nicht abgeschlossen und die Lieferungen nicht ausgeführt hätten. Die Gläubiger wussten im 'Ergebnis nicht, dass sie durch ihre Vorleistungen einen finanziellen Schaden erlitten. Diesen Vermögensschaden nahmen die Angeklagten bei den nachfolgend geschilderten Rechtsgeschäften jeweils zumindest billigend in Kauf.
10.12.11.2020 AG Landau a. d. lsar (02403) -6 Os 406 Js 24858/20 -
Rechtskraftig seit 14.12.2021
Tatbezeichnung: Gefahrliche Korperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschadigung in Tateinheit mit Bedrohung in Tateinheit mit Beleidigung in Tatmehrheit mit fahrlassiger Trunkenheit im Verkehr
Datum der (letzten) Tat: 18.07.2020
Angewendete Vorschriften: StGB § 224 Abs. 1 Nr. 2, § 223 Abs. 1, § 52, § 303 Abs. 1, § 303 c, § 241 Abs. 1, § 185, § 194, § 316 Abs. 1, § 316 Abs. 2, § 53, § 55, § 69, § 69 a
3 Jahr(e) Freiheitsstrafe.
Sperre fOr die Fahrerlaubnis bis 13.03.2022.
Gewerbezusammenhang.
Maßnahme nach: Tatigkeitsverbote gem. § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG, § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 AktG.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 15.12.2020+03 Ls 206 Js
6618/18+D2404+AG Landshut.
Dem Urteil des Amtsgerichts Landau an der lsar unter dem Aktenzeichen 6 Ds 406 Js 24858/20 vom 12.11.2020 lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Sachverhalt aus dem Verfahren 6 Ds 406 Js 24858/20:
„Am ….01.2020 gegen 17:35 Uhr kam es auf der Staatsstraße 2112, Abschnitt 80 -Km 3.900, Gemeindegebiet … R … aufgrund einer vorausgegangenen Nötigung im Straßenverkehr durch den anderweitig Verfolgten A. G… -Vater des Angeklagten – zu einem Verkehrsunfall mit anschließendem Streitgespräch. Im weiteren Verlauf traf sodann der Angeklagte an der vorgenannten Unfallstelle ein, nachdem ihn sein Vater verständigt hatte. Nachdem der Angeklagte sein Fahrzeug der Marke Mercedes, amtliches Kennzeichen … , verlassen hatte, kam der Angeklagte auf den Geschädigten T. K … zu und schlug diesem unvermittelt mit der linken Hand mit einem nicht näher bekannten 20 -30 Zentimeter langen Gegenstand aus Metall auf die rechte Gesichtshälfte. Wie von dem Angeklagten zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen, erlitt der Geschädigte hierdurch eine Prellmarke über dem rechten Jochbein sowie eine Schwellung. Er hatte zwei Tage lang Schmerzen. Dem Angeklagten war weiterhin bewusst, dass der Schlag mit dem vorgenannten Gegenstand in das Gesicht einer anderen Person im konkreten Fall geeignet war, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Anschließend bedrohte der Angeklagte den Geschädigten … mit den Worten ”Steig in dein Auto sonst schlage ich dich tot“. Der Angeklagte nahm hier zumindest billigend in Kauf, dass der Geschädigte diese Drohung auch ernst nahm. Sodann schlug der Angeklagte mit dem Gegenstand noch gegen die Fahrerscheibe des Fahrzeugs des Geschädigten. Wie von dem Angeklagten ebenfalls billigend in Kauf genommen, erlitt die Fensterscheibe hierdurch einen Kratzer. Die Behebung des Schadens wird einen geschätzten Aufwand von 350,-- bis 400,-- Euro erfordern. Auch beleidigte der Angeklagte währenddessen die Geschädigte N. H …, welche Beifahrerin des Geschädigten K … war und diesem zu Hilfe kommen wollte, mit den Worten ”Schlampe“ sowie ”Hure“, um auf diese Weise seine Missachtung auszudrücken. Strafantrag wurde form- und fristgerecht gestellt. Die Staatsanwaltschaft hält wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen geboten.“
Sachverhalt aus dem Verfahren 6 Ds 406 Js 25414/20:
„Der Angeklagte fuhr am 18.07.2020 gegen 02:10 Uhr mit dem Pkw der Marke BMW, amtliches Kennzeichen … , auf der Staatsstraße 2327, Abschnitt 130 – km 1.500, Gemeindegebiet … D …, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Der Angeklagte hatte Wein, Wodka Bull und Ouzo getrunken. Bei geringem Verkehrsaufkommen fuhr er bis zur polizeilichen Kontrolle ca. 3 bis 5 km. Der Angeklagte fuhr mehrmals über die Mittellinie, was die Verkehrskontrolle bedingte. Eine bei dem Angeklagten am 18.07.2020 um 02:48 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,68 %o. Seine Fahruntüchtigkeit hätte der Angeklagte bei kritischer Selbstprüfung erkennen können und müssen.“
22
Dem Urteil des Amtsgerichts Landau an der Isar unter dem Aktenzeichen 6 Ds 406 Js 24858/20 vom 12.11.2020 lag folgende rechtliche Würdigung zu Grunde:
„Der Angeklagte war der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tateinheit mit Bedrohung in Tateinheit mit Beleidigung in Tatmehrheit mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gem. § 241 Abs. 1, 224 Abs. I Nr. 2, 223 Abs. 1, 303 Abs. 1, 303 c, 185, 194, 316 Abs. I und 2, 52, 53 StGB schuldig zu sprechen.“
23
Dem Urteil des Amtsgerichts Landau an der Isar unter dem Aktenzeichen 6 Ds 406 Js 24858/20 vom 12.11.2020 lag folgende Strafzumessung zu Grunde:
„§ 316 Abs. 2 StGB sieht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor. Hinsichtlich der tateinheitlich begangenen Straftaten ist der Strafrahmen des § 224 StGB maßgebend, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren normiert. Ein minder schwerer Fall liegt nicht vor. Der Angeklagte ist vielfach vorbetraft, er näherte sich dem Opfer mit einem Gegenstand und verwandte diesen zur Tat, war weder in einem Ausnahmezustand, noch hat er die Folgen der Tat irgendwie abgeschwächt. Auch sonstige Tatsachen, die die Annahme eines minder schweren Falls rechtfertigen würden, sind nicht erkennbar. Für den Angeklagten sprach sein Geständnis hinsichtlich der Trunkenheitsfahrt, wenn auch anzumerken ist, dass er ja im Zuge einer Verkehrskontrolle entdeckt worden war. Insofern war die Fahrtstrecke gering und die Tat wurde zur Nachtzeit bei wenig Verkehrsaufkommen begangen. In Bezug auf den Vorfall mit den Zeugen K … und H … konnte sein Teilgeständnis dahingehend gesehen werden, dass er tatsächlich am Tatort war. Diese bisher im Verfahren nicht bekannte Einlassung, führte dazu, dass z.B. die Beweiserhebung hinsichtlich der Anmietung des Fahrzeugs entbehrlich war. Gegen den Angeklagten sprach, dass er bei der Trunkenheitsfahrt erheblich alkoholisiert war. Die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit war deutlich überschritten. Auch zeigte der ärztliche Untersuchungsbericht, dass der Angeklagte alkoholgewöhnt ist. Sehr deutlich gegen den Angeklagten musste in Bezug auf die Trunkenheitsfahrt gewertet werden, dass dieser bei 5 verschiedenen Gelegenheiten massive Ordnungswidrigkeiten begangen hatte. Das Fahreignungsregister zeigte auch auf, dass der Angeklagte von seiner unbesonnenen Fahrweise auch nicht abließ, obwohl gegen ihn bereits mehrfach Fahrverbote ausgesprochen werden mussten. Zudem wurde berücksichtigt, dass der Angeklagte nach der Trunkenheitsfahrt am 06.08.2020 ohne Fahrerlaubnis gefahren war, auch wenn dieses Verfahren gem. § 154 Abs. 2 StPO aktuell eingestellt ist. Gegen den Angeklagten sprachen zudem seine zahlreichen Vorstrafen. Bereits dreimal musste der Angeklagte allein wegen Körperverletzung massiv bestraft werden. Auch die Verhängung von Bewährungsstrafen vermochte es nicht zu verhindern, dass der Angeklagte keine weiteren einschlägigen Handlungen mehr vornimmt. Der Angeklagte hat auch durch eine Handlung insgesamt 4 verschiedene Strafgesetze verletzt. Ohne wirklichen Anlass hat er den Zeugen K … verletzt, bedroht und sein Auto beschädigt. Zudem hat er dessen Freundin bedroht, die nur schlichtend eingreifen wollte. Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände war daher für die Tathandlung vom 10.01.2020 eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten tat- und schuldangemessen. Wegen der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen war eine geringere Strafe für eine erneute Körperverletzung in Form der gefährlichen Körperverletzung keinesfalls unter dieser Höhe denkbar, wenn man bedenkt wie der Angeklagte gegen unbescholtene Unfallbeteiligte vorgegangen ist. Die Trunkenheitsfahrt war mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten zu ahnden. Dabei musste v.a. das bisherige Verhalten im Straßenverkehr berücksichtigt werden und die enorm hohe Blutalkoholkonzentration. Auch unter Berücksichtigung der Wertung des § 47 StGB konnte eine Geldstrafe nicht mehr als ausreichend angesehen werden. Der Angeklagte hat vielfach gezeigt, dass er sich durch Geldstrafen nicht beeindrucken lässt. Unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände war eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 7 Monaten zu verhängen.“
Strafaussetzung zur Bewährung
„Die Strafe konnte nicht gem. § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Eine günstige Sozialprognose ist nicht erkennbar. Der Angeklagte hat vielfach einschlägige Straftaten begangen. Wegen einer Körperverletzung stand er auch unter offener Bewährung, da diese Strafe in die letzte Verurteilung einbezogen worden war. Nach Verhängung der einbezogenen Freiheitsstrafe wurde erneut eine Geldstrafe wegen Körperverletzung verhängt. Dies führte nur deswegen nicht zur Verlängerung der Bewährung, da eine Einbeziehung der Strafe erfolgte. Der Angeklagte zeigt fortwährend, dass er die körperliche Unversehrtheit anderer nicht achtet. Vielmehr hat er sein Verhalten nicht unter Kontrolle. Gegen sein aufbrausendes Wesen hat er sich bisher auch nicht behandeln lassen. Vielmehr sieht er in keinem Fall ein, etwas falsch gemacht zu haben. Das Gericht sieht keine auch nur ansatzweise tragfähigen Anhaltspunkte, die erwarten lassen würden, dass der Angeklagte keine weiteren Straftaten mehr begehen würde, wenn eine weitere Strafaussetzung zur Bewährung erfolgen würde. Vielmehr musste der Angeklagte damit rechnen, dass sein Verhalten vom 10.01.20 ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen würde. Dennoch setzte er sich betrunken ans Steuer und fuhr danach auch nochmal ohne Fahrerlaubnis. Seit Jahren zeigt der Angeklagte, dass er nicht bereit ist, die Gesetze zu achten. Gerichtsbekannt ist eine weitere Anklage vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Landshut anhängig. Der Angeklagte ist hoch verschuldet, geht keiner geregelten Arbeit nach und zahlt seinen Kindern keinen Unterhalt. Zudem sind keine besonderen Gründe i.S.v. § 56 Abs. 2 StPO ersichtlich, die eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung möglich machen würden. Ergänzend gebietet auch die Verteidigung der Rechtsordnung, dass die Strafe vollstreckt werden muss. Unbefangene Vertreter der Bevölkerung würden es nicht verstehen, dass eine massive Körperverletzung nebst weiteren Straftaten nach vorangegangenen rechtskräftig abgeurteilten Körperverletzungen nebst offener Bewährung erneut die Aussetzung der Strafe zur Bewährung zur Folge hätte. Schon allein aus diesem Grund ist die Vollstreckung der Freiheitsstrafe nunmehr unzweifelhaft angezeigt.“
Fahrerlaubnis:
„Der Angeklagte hat sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Die Trunkenheitsfahrt stellt einen Regelfall des Entzugs dar, § 69, 69a StGB. Für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis war eine Sperre von noch 14 Monaten anzuordnen. Dabei wurde die bereits erfolgte vorläufige Sicherstellung des Führerscheins berücksichtigt. Aufgrund der bereits durch mehrere Fahrverbote geahndeten vorhergehenden Straßenverkehrsverstößen und der erheblichen Blutalkoholkonzentration ist für das Gericht nicht zu erwarten, dass eine geringere Sperrfrist ausreichen würde, zumal der Angeklagte auch bis zur Hauptverhandlung keine Schritte hinsichtlich der Bekämpfung seines A!koholproblems unternommen hat.“
24
Gegen das Urteil des Amtsgerichts Landau an der Isar legte sowohl die Staatsanwaltschaft am 16.11.2020, als auch der Angeklagte durch seinen Verteidiger am 13.11.2020 Berufung ein. Die Berufungen wurden auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Der Berufungsentscheidung des Landgerichts Landshut vom 14.12.2021, Aktenzeichen 2 Ns 406 Js 24858/20, lag folgender Sachverhalt zugrunde:
„Das Amtsgericht – Strafrichter – Landau a. d. Isar verurteilte den Angeklagten am 12.11.2020 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tateinheit mit Bedrohung in Tateinheit mit Beleidigung in Tatmehrheit mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 7 Monaten. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufung der Staatsanwaltschaft war auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Der Angeklagte hat im Hauptverhandlungstermin vom 14.12.2021 sein Rechtsmittel ebenfalls wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Beschränkung war wirksam, da das Urteil des Amtsgerichts Landau a.d. Isar vom 12.11.2020 für die Beurteilung der Schuld- und Straffrage ausreichende Feststellungen enthält.
Die tatsächlichen Feststellungen aus dem Urteil vom 12.11.2020 und deren rechtliche Würdigung sind daher für die Berufungskammer bindend geworden. Damit steht die strafrechtliche Erkenntnis hinsichtlich des festgestellten Sachverhaltes aus dem genannten Urteil fest.“
25
Der Strafzumessung des Landgerichts Landshut lagen folgende Erwägungen zu Grunde:
„Für die Taten vom 10.01.2020 war die Strafe gem. § 52 Abs. 2 StGB aus dem Strafrahmen der gefährlichen Körperverletzung gem. § 244 StGB zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht.
Ein minder schwerer Fall lag nicht vor. Die Annahme eines minder schweren Falles scheiterte hier schon daran, dass der Angeklagte vielfach vorbestraft ist. Zudem handelte es sich nicht um eine Spontantat, sondern der Angeklagte hatte schon in der Annäherung auf den Unfallort den Plan, die Zeugen handgreiflich zur Rede zu stellen. Auch unter Berücksichtigung des durch die Berufungsbeschränkung anzunehmenden Geständnisses konnte angesichts des überfallartigen Charakters des Geschehens ein minder schwerer Fall nicht angenommen werden.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass sich die körperlichen Folgen für den Geschädigten T. K… nicht besonders gravierend darstellten. Es wurde auch berücksichtigt, dass der Angeklagte hinsichtlich der Sachbeschädigung und auch der Körperverletzung mit dem Geschädigten T. K… im Zivilverfahren einen Vergleich abgeschlossen und die Vergleichssumme von 600,00 € auch bereits bezahlt hat.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände war im Strafrahmen des § 224 StGB für diese Tat eine Freiheitsstrafe von
1 Jahr und 6 Monaten
tat- und schuldangemessen.
Die Strafe für die Trunkenheit im Verkehr vom 18.07.2020 war somit dem Strafrahmen des § 316 StGB zu entnehmen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr vorsieht.
Für diese Tat war zu Gunsten des Angeklagten zu werten, dass die Fahrtstrecke gering war und zur Nachtzeit nur wenig Verkehrsaufkommen herrschte. Gegen den Angeklagten sprach der Grad seiner Alkoholisierung. Hier kamen ebenfalls die zahlreichen Vorahndungen des Angeklagten zur Gewichtung.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände war hier eine Freiheitsstrafe von
3 Monaten
tat- und schuldangemessen.
Diese konnte angesichts der strafrechtlichen Vorahndungen des Angeklagten auch unter Geltung des § 47 StGB nicht mehr in eine Geldstrafe umgewandelt werden. Die Vorahndungen zeigen, dass auf den Angeklagten nunmehr mit einem Freiheitsentzug eingewirkt werden muss.
Aus diesen Strafen sowie aus den Einzelstrafen aus dem einzubeziehenden Urteil des Amtsgerichts – Schöffengericht – … Landshut vom 15.12.2020 war unter erneuter Abwägung der jeweiligen Strafzumessungsgründe eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden.
Das Gericht hat hier insbesondere die zahlreichen teilweise einschlägigen Vorahndungen des Angeklagten in den Blick genommen. Zu seinen Gunsten sprachen die Geständnisse, die er in der Berufungshauptverhandlung durch die Berufungsbeschränkung abgegeben hat.
Unter Abwägung dieser Umstände hielt das Gericht hier eine Gesamtfreiheitsstrafe von
3 Jahren
für tat- und schuldangemessen.
Der Angeklagte hat sich auch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Die Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB stellt nach § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB einen der Regelfälle des § 69, 69 a StGB dar. Im Hinblick auf die seit der Entscheidung des Amtsgerichts vergangene Zeit war hier die Mindestsperre von noch 3 Monaten anzuordnen gem. § 69a Abs. IV S.2 StGB.“
26
Die Gesamtfreiheitsstrafe ist noch nicht vollständig vollstreckt.
11.15.12.2020 AG Landshut (D2404) -03 Ls 206 Js 6618/18 -
Rechtskräftig seit 19.04.2021
Tatbezeichnung: Vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit vorsätzlichen Bankrotts in 3 Fällen
Datum der (letzten) Tat: 19.03.2020
Angewendete Vorschriften: StGB § 53, § 283 Abs. 1 Nr. 5, § 283 Abs. 1 Nr. 7 b, § 283 Abs. 6, § 14 Abs. 1 Nr. 1, InsO § 15 a Abs. 1, § 15 a Abs. 4
2 Jahr(e) 1 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Gewerbezusammenhang.
Maßnahme nach: Tätigkeitsverbote gem. § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG, § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 AktG.
27
Der Verurteilung durch das Amtsgericht Landshut vom 15.12.2020, Aktenzeichen 3 Ls 206 Js 6618/18, lag folgender Sachverhalt zugrunde:
„Der Angeklagte A1. J1. G… war vom ….02.2015 bis ….07.2019 eingetragener einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Disco … UG, mit Sitz in der …, … S …, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts L … unter der Nr …. Der Angeklagte A2. M … Ch … ist seit 14.03.2018 eingetragener einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Disco P… UG. Geschäftsgegenstand der UG ist der Betrieb von Diskotheken und Gastronomiebetrieben. Im Rahmen des Geschäftsbetriebs wurde die Diskothek „R …“, … , … S … betrieben.
Obwohl die Angeklagten A1. J1. G… und A. M. Ch … formelle Geschäftsführer der Firma Disco P… UG waren, führte der Angeklagte M1. A1. G tatsächlich die Geschäfte der Disco P… UG. Er tätigte gegenüber des Edeka Großmarktes, … , … E … für die UG die Bestellungen und war für den Edeka Großmarkt der Ansprechpartner. Zudem war der Angeklagte verfügungsbefugt hinsichtlich des einzigen Kontos bei der Sparkasse … . Auch gegenüber der für die Disco P… UG beauftragten Steuerberaterin Frau L … war der Angeklagte M1. A1. G… einziger Ansprechpartner.
A. Insolvenzverschleppung
Die vorgenannte Gesellschaft war spätestens seit 22.11.2017 aufgrund eines nach außen in Erscheinung getretenen Mangels an Zahlungsmittel zahlungsunfähig. Dies war den Angeklagten aufgrund nachfolgender Umstände auch bekannt:
Seit 02.03.2017 gingen bei dem zuständigen Hauptgerichtsvollzieher Peter J …, L… am AG Landau a.d. Isar zahlreiche Vollstreckungsaufträge gegen die Disco P… UG ein. Die Vollstreckungsaufträge des Jahres 2017 konnten noch durch Ratenzahlungsvereinbarung beglichen werden. Allerdings dauerte die Ratenzahlung teilweise bis Ende des Jahres 2018 an. Hinsichtlich der Vollstreckungsaufträge aus dem Jahr 2018 wurde ebenfalls eine Ratenzahlung vereinbart. Allerdings konnte die UG letztlich im Juli 2019 die Ratenzahlungen nicht mehr leisten. Am 08.07.2019 wurde unter der Geschäftsnummer … eine Vermögensauskunft erstellt, aus der hervorgeht, dass die Disco P… UG am … 2019 ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat und über keine pfändbaren Vermögensbestandteile verfügt.
Bei der Firma E …, … E … kaufte die Disco P… UG, vertreten durch den Angeklagten M1. G…, am … 2017 in Höhe von 5.410,56 EUR, am 23.10.2017 in Höhe von 983,09 EUR, am 25.10.2017 in Höhe von 252,98 EUR, am 02.11.2017 in Höhe von 989,60 EUR und in Höhe von 356,82 EUR ein. Der offene Gesamtbetrag von 7.487,39 EUR wurde nicht bezahlt und mehrfach angemahnt. Erst nach Anzeigeerstattung wurde am 30.01.2018 ein Teilbetrag in Höhe von 2.500,00 EUR bezahlt. Eine vereinbarte Rest- Ratenzahlung wurde nicht eingehalten.
Auch gegenüber der GEMA Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte konnten die Nutzungsrechte für 08/17, 09/17 und 10/17 in Höhe von jeweils 1.183,10 EUR nicht mehr bezahlt werden.
Auf dem Geschäftskonto Nr. … der UG bei der Sparkasse … E …, das erst am 21.04.2017 eröffnet wurde, war zum Monatsende nie ein höherer Betrag als 217,90 EUR verfügbar. Im Dezember 2017, Juli 2018, August 2018, April und Mai 2019 sowie von Juli 2019 bis September 2019 kam es zu Kontoüberziehungen. Die vorhandenen Monatsendsalden reichten zu keinem Zeitpunkt aus, die Beträge der Vollstreckungsaufträge zu begleichen.
Gegenüber dem zuständigen Finanzamt D … D … sind Rückstände in Höhe von insgesamt 65.018,91 EUR aufgelaufen. Bereits zum 10.09.2018 bestanden fällige Steuerschulden in Höhe von 16.780,00 EUR, die zum Jahresende auf 46.345,36 EUR anstiegen. Aufgrund fälliger Steuerschulden in Höhe von 60.858,41 EUR versuchte das Finanzamt D … am 01.04.2019 und auch am 07.08.2019 das Konto der Disco P… UG zu pfänden, was jedoch ohne Erfolg blieb.
Die Einstellung des Geschäftsbetriebs erfolgte gemäß Vermögensauskunft vom 08.07.2019 zum 31.05.2019. Am 23.07.2019 wurde wegen unzureichender Rentabilität und wirtschaftlicher Schwierigkeiten das Gewerbe abgemeldet.
Als eingetragener und faktischer Geschäftsführer der Disco P… UG waren die Angeklagten verpflichtet, bei deren Zahlungsunfähigkeit unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Wochen, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft zu stellen. In Kenntnis dieser Verpflichtung und der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft unterließen es die beiden Angeklagten G… bis heute, einen Insolvenzantrag zu stellen; dem vorgeschobenen formellen Geschäftsführer Ch …, der insoweit keine Erkenntnismöglichkeiten hatte und sich solche auch pflichtwidrig nicht verschaffte, war die wirtschaftliche Krise des Unternehmens pflicht- und sorgfaltswidrig nicht bekannt, weshalb er auch pflicht- und sorgfaltswidrig keinen Insolvenzantrag stellte. Die Deutsche Rentenversicherung, Knappschaft Bahn See hat mit Schreiben vom … 2019, eingegangen am … 2019 beim Amtsgericht L … – Insolvenzgericht – einen Insolvenzantrag gestellt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Disco P… UG wurde mit Beschluss des Amtsgerichts L … vom … 2020, Az …/19 mangels Masse abgewiesen.
B. Bankrott
1. Fehlende ordnungsgemäße Buchführung
Der Angeklagte A1. J1. G… war vom 02.02.2015 bis 15.07.2019 und der Angeklagte A2. M2. Ch … ist seit 14.03.2018 eingetragener einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Disco P… UG. Der Angeklagte M1. A1. G ist faktischer Geschäftsführer der Disco P… UG.
Die Angeklagten waren als Geschäftsführer der Firma Disco P… UG, wie sie wussten gemäß § 14 GmbHG und §§ 238 ff. HGB verpflichtet, Bücher zu führen und Abschlüsse zu erstellen. Diese Bücher müssen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprechen. Demnach muss der Kaufmann in den Büchern die Lage des Vermögens ersichtlich machen. Aktiva und Passiva müssen darin vollständig wiedergegeben sein. Die Buchungen müssen vollständig, richtig, geordnet und zeitgerecht erfolgen, um kurzfristig eine Bilanz aufzustellen und damit den unverzichtbaren Überblick über die Relation von Vermögen und Verbindlichkeiten zu gewinnen. Diese Bücher sind gemäß § 257 HGB ordnungsgemäß aufzubewahren.
Die Angeklagten führten in den Jahren 2016 bis 2018 keine Bücher. Eine Buchhaltung für die Jahre 2016, 2017 und 2018 existiert nicht. Es wurden lediglich Belege zu Geschäftsvorfällen in Ordnern aufbewahrt.
Darüber hinaus gab es einen unterschiedlichen Kassensaldo zum 31.12.2016 und 01.01.2017. Der Kassensaldo laut vorläufigen Jahresabschlusses zum 31.12.2016 beträgt 18.102,26 EUR. Der Kassensaldo laut Kassenbuch beträgt zum 01.01.2017 3.259,49 EUR. Somit ist der Grundsatz der Bilanzidentität nicht gegeben.
Ab dem Jahr 2018 fehlt ein Kassenbericht bzw. ist dieser unvollständig. Für das Jahr 2018 liegen lediglich 5 Seiten Kassenbericht vor, jedoch ohne Datum.
Den Angeklagten G… war dabei die im November 2017 eingetretene Zahlungsunfähigkeit bekannt; dem Angeklagten A2. M2. Ch … blieb diese pflicht- und sorgfaltswidrig verborgen, weshalb er auch pflicht- und sorgfaltswidrig es unterließ, für eine ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen.
Die Disco P… UG hat zum 31.05.2019 ihre Zahlungen eingestellt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Disco P… UG wurde mit Beschluss des Amtsgerichts L … vom … 2020, Az.: IN …/19 mangels Masse abgewiesen.
2. Nichterstellung Bilanz
Der Angeklagte A1. J1. G… war vom 02.02.2015 bis 15.07.2019 und der Angeklagte A2. M2. Ch … ist seit 14.03.2018 eingetragener einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Disco P… UG. Der Angeklagte M1. A1. G… ist faktischer Geschäftsführer der Disco … UG.
Wie die Angeklagten wussten, ist zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres jeweils zum 31.12., eine Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung zu erstellen. Dieser Jahresabschluss muss klar und übersichtlich sein. Er ist innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen (§ 243 HGB), und zwar innerhalb von 3 Monaten nach dem Schluss des Geschäftsjahres – bei einer sogenannten „kleinen GmbH“ kann dieser innerhalb der ersten 6 Monate des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufgestellt werden, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht (§§ 243, 264 Abs. 1 HGB).
Die Jahresabschlüsse zum 31.12.2017 und zum 31.12.2018 wurden nicht erstellt.
Den beiden Angeklagten G… war dabei die im November 2017 eingetretene Zahlungsunfähigkeit bekannt; dem Angeklagten Ch … war sie pflicht- und sorgfaltswidrig unbekannt, zudem kümmerte er sich pflicht- und sorgfaltswidrig nicht um die Einstellung von Jahresabschlüssen.
Die Disco P… UG hat zum 31.05.2019 ihre Zahlungen eingestellt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Disco P… UG wurde mit Beschluss des Amtsgerichts L … vom ….2020, Az.: IN …/19 mangels Masse abgewiesen.“
28
Der Verurteilung durch das Amtsgericht Landshut vom 15.12.2020 unter dem Aktenzeichen 3 Ls 206 Js 6618/18 lag hinsichtlich des Angeklagten G… folgende Strafzumessung zugrunde:
„Bei der Strafzumessung im engeren Sinne war zunächst zu Gunsten des Angeklagten M1. G… sein vollumfängliches Geständnis zu werten. Im Übrigen hielt sich der wirtschaftliche Schaden der abgeurteilten Insolvenzverschleppung durchaus im Rahmen, nach Bekundungen des Zeugen M … hat dieser in seinem Insolvenzgutachten bei fehlenden Aktiva Schulden der Gesellschaft von mindestens rund 36.500,00 EUR feststellen können, was bei derartigen Insolvenzen als eher unterdurchschnittlich anzusehen ist. Allerdings musste noch zum einen der außerordentlich lange Zeitraum der Insolvenzverschleppung von knapp 2 1/2 Jahren sich zu Lasten des Angeklagten auswirken, zum anderen war sogar für eine Zeit von rund 4 Jahren eine ordnungsgemäße Buchführung für die verfahrensgegenständliche Gesellschaft nicht zu erkennen, auch die unterlassene Bilanzierung für die Jahre 2016 (im Rahmen der Hauptverhandlung gemäß § 154 II StPO sachbehandelt) mit 2018 umfasst einen langen Zeitraum. Am deutlichsten zu Lasten des Angeklagten M1. G… hatten sich jedoch seine zahlreichen Vorstrafen, hinsichtlich Bundeszentralregisterauszug Nr. 2, 3 und 4 sowie 9 einschlägiger Natur, und der Umstand auszuwirken, dass er die Taten unter doppelter und zudem zuletzt einschlägiger offener Bewährung aus den Urteilen des AG Landau a.d. Isar und des AG Landshut vom 16.02.2017 und vom 22.02.2018 beging.
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten M1. A1. G… sprechenden Umstände kam gegen ihn nurmehr die Verhängung von Freiheitsstrafen in Betracht, Geldstrafe kann bei ihm den Strafzweck insbesondere hinsichtlich einschlägiger Straftaten nicht mehr erfüllen. Tat- und schuldangemessen, erforderlich aber auch ausreichend erschien insoweit die Verhängung von Einzelfreiheitsstrafen von 1 Jahr und 6 Monaten für die Insolvenzverschleppung, 1 Jahr für den Bankrott hinsichtlich unterlassener Buchführung und je 10 Monaten für die beiden unterlassenen Bilanzierungen.
Diese Einzelstrafen waren unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände auf eine tat- und schuldangemessene Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 1 Monat zurückzuführen.“
29
Gegen das Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 15.12.2020 legten sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung ein. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2021 nahmen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück.
30
Die Gesamtfreiheitsstrafe ist noch nicht vollständig vollstreckt.
5. Haftdaten
31
Der Angeklagte G… verbüßt derzeit zum einem eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren aufgrund der Verurteilung des Amtsgerichts Landau an der Isar, Aktenzeichen 6 Ds 406 Js 24858/20 (BZR Ziffer 10), sowie zum anderen eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten aufgrund der Verurteilung des Amtsgerichts Landshut, Aktenzeichen 30 Ds 206 Js 16470/16 (BZR Ziffer 9), in der Justizvollzugsanstalt in B … in … B …, im offenen Vollzug. Seit 20.08.2023 wird die Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten vollstreckt, nachdem der Angeklagte mit Ablauf des 19.08.2023 zweidrittel der Freiheitsstrafe von 3 Jahren aus dem Verfahren unter dem Aktenzeichen 6 Ds 406 Js 24858/20 verbüßt hat. Gemeinsamer Reststrafenprüfungstermin war der 18.05.2024. Nachdem der Angeklagte sein Einverständnis zur Reststrafenaussetzung nicht erteilt hat, ist eine Prüfung nicht erfolgt.
II. Angeklagte P
1. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse
32
Die 32 Jahre alte Angeklagte ist deutsche Staatsangehörige. Sie wurde am … in ( …) geboren. Sie hat insgesamt vier Geschwister. Je zwei der Geschwister sind jünger und je zwei der Geschwister sind älter als die Angeklagte. Die im Jahr 1959 geborene Mutter leidet an schwerem Asthma und hat Pflegestufe 2. Dies bekam sie bereits im Alter von 20 Jahren. Die alleinerziehende Mutter verbrachte viel Zeit in Krankenhäusern. Zum Vater bestand noch nie Kontakt. Lediglich als sie 11 Jahre alt war, hat die Angeklagte ihren Vater einmal gesehen.
33
Aufgrund des Asthmas und der damit verbunden häufigen Arbeitsplatzwechsel der Mutter erfolgten in der Vergangenheit mehrere Umzüge. Ein soziales Umfeld bestand nicht. Die Angeklagte hat eine Hand voll Freunde. Ihr älterer Bruder zog aus, als die Angeklagte 13 Jahre alt war. Sie kümmerte sich um die zwei kleineren Geschwister. Die große Schwester lebt in I … . Die zwei jüngeren Geschwister leben im Raum R ….
34
Derzeit ist die Angeklagte auf Wohnungssuche. Der Mietvertrag ist bereits im März 2024 ausgelaufen. Das Gebäude, in dem die Angeklagte derzeit noch lebt, soll abgerissen werden. Die Mutter lebte seit 2018 in der Wohnung der Angeklagten. Infolge des Schimmelbefalls der Wohnung der Angeklagten und der damit verbundenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Mutter, zog diese vor kurzem auf einen Campingplatz und lebt dort. Seit vier Monaten befindet sich die Angeklagte in einer Beziehung.
2. Beruflicher Werdegang
35
Der berufliche Werdegang konnte durch die Kammer wie folgt nachgezeichnet werden:
36
Die Angeklagte besuchte die Grundschule und wurde regulär eingeschult. Anschließend besuchte sie die Mittelschule und schloss diese mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss ab. Später machte sie noch die mittlere Reife.
37
Nach Verlassen der Schule schloss die Angeklagte eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau erfolgreich ab. Im Rahmen ihrer Ausbildung im Jahr 2014 als Versicherungskauffrau verdiente sie im dritten Lehrjahr 545 €. Sie hätte als Selbstständige im Außendienst übernommen werden können, was die Angeklagte ablehnte. In der Folge war sie in verschiedenen befristeten Arbeitsverhältnissen und Leiharbeitnehmerverhältnissen beschäftigt. So nahm sie Tätigkeiten als Haushaltshilfe und Bandarbeiterin auf. Im Rahmen dieser Tätigkeiten schwankte ihr Einkommen im Bereich zwischen 1200 € und 1700 € netto. Letztlich arbeitete sie in der Diskothek B … an der Bar. Dort verdiente sie Mindestlohn. Dann war sie seit Juli 2019 Geschäftsführerin der B … UG. Seit zwei Monaten ist die Angeklagte bei der Firma … Insektenschutz in L … tätig und erzielt hierbei ein Einkommen von monatlich 1.749 € netto.
38
Die wirtschaftlichen Verhältnisse beschrieb die Angeklagte insgesamt als mit Höhen und Tiefen. Die Schulden belaufen sich derzeit auf circa 20.000 €. Diese setzen sich insbesondere aus offenen Verbindlichkeiten der B … UG zusammen, die sie noch abzuzahlen hat. Weitere Verbindlichkeiten kommen ständig dazu. Sie vereinbarte in diesem Zusammenhang sowohl mit dem Finanzamt D … als auch mit dem Finanzamt D … eine Ratenzahlung von monatlich jeweils 50 €. Zudem mietet sie sich derzeit von einer Werkstatt einen alten VW für 120 € monatlich.
3. Gesundheitliche Situation
39
Die Angeklagte konsumierte keine Drogen oder übermäßig Alkohol. Seit dem Jahr 2016 leidet die Angeklagte an Rückenproblemen, die sich zunächst unbehandelt über ein Jahr hinzogen. Sie erlitt Nervenschädigungen und hatte Schmerzen. Am ….05.2017 musste die Angeklagte wegen der Rückenleiden operiert werden. Etwaige Medikamente nimmt die Angeklagte nicht ein. Am ….12.2019 unterzog sich die Angeklagte wegen der Rückenprobleme einer zweiten Operation. Dabei war sie bis ….12.2019 im Krankenhaus in E …. Im Zeitraum vom ….01.2020 bis ….02.2020 befand sie sich auf Reha. Im … 2022 hatte die Angeklagte einen Verkehrsunfall. Dieser führte zu keinen ernsten Verletzungen. Aufgrund der Situation mit der kranken Mutter, ihrer Rückenleiden und des laufenden Strafverfahrens leidet sie an Schlafstörungen und ist psychisch belastet.
40
Ansonsten erlitt die Angeklagte im Laufe ihres Lebens weder ernste Erkrankungen noch folgenschwere Unfälle, insbesondere keine unter Beteiligung des Kopfes, durch welche die strafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB berührt sein könnte.
4. Strafrechtliche Erkenntnisse
41
Hinsichtlich der Angeklagten P… liegen folgende strafrechtliche Erkenntnisse vor:
1. 10.10.2022 AG Deggendorf (D2201) -2 Cs 6 Js 8154/22 -
Rechtskräftig seit 27.10.2022
Tatbezeichnung: Fahrlässige Körperverletzung
Datum der (letzten) Tat: 25.07.2022
Angewendete Vorschriften: StGB § 229, § 230 30
Tagessätze zu je 40,00 EUR Geldstrafe
42
Die Geldstrafe ist vollständig vollstreckt.
C. Sachverhalt
43
Nach dem Ergebnis der mehrtägigen Hauptverhandlung hat die Kammer folgenden Sachverhalt festgestellt:
I. Betreibergesellschaft B … UG
1. Gründungsgeschichte und Firmenverhältnisse der B … UG
44
Mit notariellem Kaufvertrag vom ….2012 unter gleichzeitiger Auflassung verkaufte Monica Elisabeth Theresia Brigitte Gräfin A … neben weiteren Flächen den Grundbesitz des Flurstücks … /3 in der … in S … an den Angeklagten G… sowie an dessen mittlerweile verstorbenen Vater A. J. G… zum Miteigentum je zur Hälfte zu einem Kaufpreis von insgesamt 350.000 €. Auf diesem Grundstück wurde die Diskothek R … betrieben. Zuvor war der Vertragsgegenstand an den Angeklagten G… verpachtet. Der Vater des Angeklagten gewährte dem Angeklagten G… im Rahmen des notariellen Kaufvertrages auf dessen Lebensdauer an dem in seinem Eigentum stehenden hälftigen Miteigentumsanteil einen Quoten-Nießbrauch.
45
Der Kaufpreis war zum 01.03.2012 fällig. Zu diesem Zeitpunkt vereinbarte man auch die Besitzübergabe. Gleichzeitig gewährte Monica Gräfin von A … dem Vater des Angeklagten sowie dem Angeklagten G… zur Finanzierung des Kaufpreises ein Darlehen mit einer Laufzeit von 7 Jahren und 11 Monaten in Höhe von 350.000 €. Das Darlehen war mit 4,85 % pro Jahr zu verzinsen. Die monatliche Annuität betrug 4.500 €. Zur Absicherung des Darlehens wurde in das Grundbuch eine Grundschuld in Höhe von 384.000 € eingetragen, sowie ein abstraktes Schuldanerkenntnis und ein vertragliches Rückübertragungsrecht vertraglich vereinbart. Dieser Darlehnsvertrag war wesentlicher Bestandteil des notariellen Kaufvertrages.
46
Nach dem notariellen Vertrag war der Verkäufer berechtigt vom Käufer die Rückübertragung des Grundstücks zu verlangen, wenn der Käufer mit mehr als 3 Monatsraten aus dem Darlehensvertrag in Zahlungsverzug gerät.
47
Zwischenzeitlich kam es zur Rückübertragung des Vertragsgegenstandes aus dem am … 2012 geschlossenen notariellen Kaufvertrag, da der Angeklagte G… die monatlichen Annuitäten von 4500 € aus dem Darlehensvertrag nicht mehr bedienen konnte. Die Verbuchung der Darlehensgewährung erfolgte bei der Brauerei G… A … unter den Debitorenkonten … und …. Hierbei belief sich der offene Saldo zum 31.12.2019 bereits auf 267.916,46 € und zum 31.12.2020 auf 279.261,27 €. Im Zeitraum vom ….07.2019 bis ….12.2020 wurde durch den Angeklagten G… und dessen Vater keine einzige Rate bezahlt.
48
Gleichzeitig schlossen die gräfliche Brauerei A … GmbH mit dem Angeklagten G… und dessen Vater mit Datum vom ….2012 einen Bierlieferungs- und Leistungsvertrag ab. Dieser sah unter anderem neben einer Getränkebezugs- und Lieferpflicht vor, dass die Brauerei dem Angeklagten G… und dessen Vater für den Erwerb der Inventargegenstände ein rückzahlbares Darlehn in Höhe von 45.000 € mit einer Laufzeit von acht Jahren gewährte. Das Darlehn war mit 4,85 % pro Jahr zu verzinsen. Die monatliche Annuität betrug 566,00 €. Die erste Rate war am 01.03.2012 fällig.
49
Die Verbuchung dieser Darlehensraten erfolgte bei der Brauerei G… A … unter den Debitorenkonten … und …. Zum 31.12.2019 bestand insoweit ein offener Saldo in Höhe von 38.294,16 € und zum 31.12.2020 von 28.922,29 €.
50
Der zu der Diskothek R … gehörende Parkplatz wurde von den Eigentümern des Parkplatzes durch die Brauerei gepachtet. Der ursprüngliche Pachtvertrag lief zum 30.09.2012 aus. Zwischen der Brauerei und den Eigentümern des Parkplatzes wurde beginnend am 01.10.2012 ein Nachfolgevertrag mit einer Laufzeit von 10 Jahren geschlossen. In diesen Vertrag traten der Angeklagte G… und dessen Vater am 08.10.2012 vollumfänglich ein und übernahmen die Verpflichtungen zur Pachtzahlung.
51
Mit Gesellschaftsvertrag vom 19.07.2019 gründete der Angeklagte G… die B … UG mit Sitz in der …, … S … (haftungsbeschränkt) mit einem Stammkapital von 200,00 €. Das Stammkapital wurde durch die Angeklagte P… geleistet. Alleiniger Gesellschafter bei der Gründung war der Angeklagte G…. Als alleinige Geschäftsführerin wurde die Angeklagte P… bestellt. Mit Datum vom 01.08.2019 wurde die B … UG in das Handelsregister L …, HRB …, eingetragen.
52
Der Angeklagte G… vermietete dabei das auf dem Grundstück in der … in … S … gelegene Gebäude zunächst mittels schriftlichen Mietvertrages vom 23.07.2019 an die B … UG zu einem monatlichen Bruttomietzins in Höhe von 1.500 €. Das Mietverhältnis begann am 01.08.2019. Mit am 27.01.2020 datierten Mietvertrag vermietete der Angeklagte G… das Mietobjekt nebst Parkplatz an die B … UG zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von 2.214 €. Das Mietverhältnis begann am 01.01.2020. Anschließend vermietete der Angeklagte G… mit auf den 01.01.2020 datierten Mietvertrag das auf dem Grundstück befindliche Gebäude an die B … UG zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von 6.600 €. Das Mietsverhältnis sollte zum 01.03.2020 beginnen.
53
Am 27.01.2020 trat der Angeklagte G… sämtliche Geschäftsanteile an die Angeklagte P… ab und verkaufte diese an die Angeklagte P… mit Wirkung zum 01.01.2020. Ein etwaiges Entgelt erhielt der Angeklagte G… hierfür nicht. Aufgrund des Ausscheidens des Angeklagten G… als Gesellschafter, vereinbarte man zuletzt, wie bereits ausgeführt, zwischen ihm als Vermieter des Gebäudes und der B … einen monatlichen Mietzins von insgesamt 6.600 € netto. Diese Vereinbarung hatte den Zweck, dass der Angeklagte seine privaten Verbindlichkeiten bedienen konnte. Diese 6.600 € setzen sich aus 600 € für den Parkplatz, 4.500 € für die Tilgung des privaten Darlehns, 500 € für die Rückzahlung des Inventars und 1.000 € für die Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt zusammen.
54
Diese formale Abtretung der Geschäftsanteile an die Angeklagte P… hatte den Zweck, dass der B … UG mit der Angeklagten P… aufgrund ihrer noch bestehenden Zuverlässigkeit im gewerberechtlichen Sinne als alleinige Gesellschafterin eine gaststättenrechtliche Erlaubnis erteilt werden konnte. Der Angeklagte wollte den Betrieb der Diskothek um jeden Preis aufrechterhalten, da er sich aufgrund der bereits aufgezeigten enormen privaten Verbindlichkeiten in einer Zwangslage sah.
2. Steuerliche Erfassung sowie Vertretung durch Steuerberater
55
Die B … UG war unter der Steuernummer … beim Finanzamt D … erfasst. Als Geschäftsjahr der B … UG galt das jeweilige Kalenderjahr. Für die Finanzbuchhaltung war die Steuerberatungsgesellschaft Z… & M … zuständig. Das Mandatsverhältnis wurde Ende 2019 begründet.
56
Zuvor war die Steuerberaterin Sch …, vormals H …, im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses bei der B … Treuhand Steuerberatungsgesellschaft in D … tätig und war sowohl für die Lohn- als auch später auf Wunsch des Angeklagten G… für die Finanzbuchhaltung der Disco-P… UG tätig. Diese war die vorherige Betreibergesellschaft der Diskothek R …. Aufgrund von Unstimmigkeiten von Eintragungen im Kassenbuch und nicht nachweisbaren 100.000 € im Rahmen der Buchführung kündigte der damalige Chef der Steuerberaterin Sch … das Mandatsverhältnis.
57
Nach Ausscheiden der Steuerberaterin Sch … bei der Steuerberatungsgesellschaft in D … übernahm sie ab August/September 2019 bis zur Schließung für die B … UG die Lohnbuchhaltung. Eine Tätigkeit für die Finanzbuchhaltung wurde seitens der Steuerberaterin Sch … abgelehnt.
3. Unternehmensgegenstand
58
Unternehmensgegenstand der B … UG war der Betrieb von Diskotheken und Gaststätten. Die B … UG war Betreiberin der Diskothek R …. Diese hatte nur samstags geöffnet und war für bis zu 1100 Besucher zugelassen. Im Rahmen des Geschäftsbetriebes wurden regelmäßig besondere Veranstaltungen durchgeführt, für welche sich die Besucher über die Plattform Eventim entsprechend Tickets besorgen mussten. Die B … UG erhielt je nach verkaufter Kartenanzahl entsprechende Provisionen. Die Getränkeumsätze verblieben bei der B … UG.
4. Hintergründe der Gründung der B … UG
59
Das Landratsamt D … stellte bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom ….2011 fest, dass der Angeklagte G… im gewerberechtlichen Sinne als unzuverlässig galt. Im Rahmen dieses Bescheides erfolgte auch eine bis heute gültige Gewerbeuntersagung. Das Landratsamt untersagte dem Angeklagten G… die Ausübung jeglicher gewerblichen Tätigkeit im stehenden Gewerbe sowie die gewerblichen Tätigkeiten als Vertretungsberechtigter eines Gewerbebetriebes. Die Untersagung wurde auf jede weitere selbstständige Tätigkeit im stehenden Gewerbe ausgedehnt.
60
Der Angeklagte ging dabei nach der Gewerbeuntersagung im Jahr 2011 immer gleich vor. So gründete der Angeklagte eine Betreibergesellschaft in der Rechtsform einer UG mit niedrigem Stammkapital von 2 € bis 1000 € und bestellte einen Geschäftsführer, mit dem nach seiner Auffassung die Möglichkeit bestand, eine Erlaubnis zum Betrieb der Diskothek von der zuständigen Genehmigungsbehörde zu erhalten. Er selbst war immer alleiniger Gesellschafter. Tatsächlich führte der Angeklagte G… bei sämtlichen Betreibergesellschaften im Hintergrund die Geschicke der Gesellschaft. Sämtliche Betreibergesellschaften liefen in die Insolvenz. Es gab bereits mehrere Verurteilungen des Angeklagten G… im Zusammenhang mit vorsätzlicher Insolvenzverschleppung.
61
Die zuletzt im Juli 2019 gegründete B … UG sollte aufgrund mehrerer Insolvenzen der vorangegangenen Betreibergesellschaften als neue Betreibergesellschaft der Diskothek B … in der … E … und der Diskothek R … in der … in S … fungieren. Die Diskotheken sollten unter dem Deckmantel einer neuen Betreibergesellschaft nahtlos und unverändert fortgeführt werden.
62
Hintergrund dieser Vorgehensweise war, dass der Angeklagte aufgrund der bereits aufgezeigten erheblichen privaten Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Kauf des Grundstücks der Diskothek R … eine Einnahmequelle benötigte, um die monatlichen privaten Annuitäten tilgen zu können. Der Betrieb sollte um jeden Preis aufrechterhalten bleiben. Dies auch vor dem Hintergrund, dass ein versuchter Verkauf des durch den Angeklagten G… erworbenen Grundstücks, auf dem sich die Diskothek R … befindet, nicht gelang. Der Angeklagte stand unter erheblichem finanziellem Druck und war mithin auf den Erfolg der Diskotheken angewiesen. Im Einzelnen:
4.1. Diskothek B
63
Der Diskothek B … war die Betriebsnummer … zugeordnet. Die am … .2019 gegründete …UG mit einem Stammkapital von 1.000 € und Sitz in Eggenfelden war Betreiberin der Diskothek B …. Alleiniger Gesellschafter war seit Gründung der Angeklagte G… . Der Geschäftsgegenstand der B … UG war der Betrieb von Diskotheken. Am 07.08.2019 stellte die B … UG vertreten durch den alleinigen eingetragenen Geschäftsführer Ch … erstmalig einen Antrag auf Erteilung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis für die Diskothek B ….
64
Nach erfolgtem Anhörungsschreiben des Landratsamtes Rottal-Inn über die geplante Ablehnung des Antrags wegen Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers Ch …, beschloss der Angeklagte G… mit Gesellschafterbeschluss vom 04.09.2018 als alleiniger Gesellschafter die Abberufung des Geschäftsführers Ch … und bestellte zu neuen Geschäftsführern Herrn J2. E … sowie Frau I1. W …, um eine Erlaubnis zum Betrieb der Diskothek zu erhalten. Seit dem 13.09.2018 war die B … UG Inhaberin einer durch das Landratsamt Rottal-Inn erteilten vorläufigen und seit dem 08.10.2018 Inhaberin einer endgültigen Gaststättenerlaubnis.
65
Mit Bescheid vom 08.10.2019 widerrief das Landratsamt Rottal-Inn die erteilte Gaststättenerlaubnis. Grund hierfür war, dass das Landratsamt davon ausging, dass der tatsächliche Verantwortliche der B … UG der Angeklagte G… war und diese Gesellschaft unter dem maßgeblichen Einfluss des Angeklagten G… stand. Die B … UG erwirtschaftete bis dahin jedenfalls einen Verlust von 80.000 €.
66
Noch während des Betriebs der Diskothek B … durch die B … UG stellte die B … UG am 23.07.2019 einen Antrag auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis zur Fortführung der Diskothek B ….
67
Diesen Antrag lehnte das Landratsamt Rottal-Inn mit Bescheid vom 08.10.2019 ab. Das Landratsamt kam zu dem Schluss, dass auch die B … UG erneut unter dem maßgeblichen Einfluss des Angeklagten G… steht.
68
Die B … UG war mithin nie Betreiberin der Diskothek B ….
4.2. Diskothek R …
69
Die Diskothek R … wurde in der Vergangenheit von verschiedenen Betreibergesellschaften betrieben. Sämtliche Betreibergesellschaften standen unter dem maßgeblichen Einfluss des Angeklagten G… und liefen in die Insolvenz. Der Angeklagte wurde in sämtlichen Fällen wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung verurteilt. Der Angeklagte ging auch insoweit bei sämtlichen Betreibergesellschaften gleich vor.
70
Ab dem Jahr 2006 war Betreiberin der Diskothek R … die P… E … GmbH mit Sitz in … S … Der Angeklagte G… war eingetragener Geschäftsführer. Geschäftszweck der Gesellschaft war der Betrieb von Diskotheken und Gaststätten. Die Gesellschaft war spätestens seit 31.12.2007 überschuldet. Einen Insolvenzantrag stellte der Angeklagte nicht. Es kam durch das Amtsgericht Landshut unter dem Aktenzeichen 03 Cs 54 Js 26565/08 zur Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung.
71
Auch die sich anschließende Betreibergesellschaft G… UG mit Sitz in … M … wurde tatsächlich durch den Angeklagten G als faktischer Geschäftsführer geführt. Eingetragener Geschäftsführer war sein Vater. So hielt der Angeklagte den Kontakt zu Kunden, tätigte Bestellungen, erledigte das Zahlungsmanagement, trat gegenüber der Bank als Firmenvertreter auf und hielt den Kontakt zum Steuerberater. Geschäftsgegenstand der G… E … UG war der Handel mit Automobilen aller Art und der Betrieb von Diskotheken. Diese Gesellschaft war spätestens seit 28.02.2013 aufgrund eines nach außen getretenen Mangels an Zahlungsmitteln zahlungsunfähig. Der Angeklagte G. wurde durch das Amtsgericht Landshut, Az.: 30 Ds 206 Js 16470/16, unter anderem wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung verurteilt.
72
Seit dem Jahr 2015 wurde die Diskothek R … von der P… UG mit einem Stammkapital von 2 € betrieben. Der Vater des Angeklagten war vom 02.02.2015 bis 15.07.2019 eingetragener einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Tatsächlich führte der Angeklagte G… auch hier die Geschäfte der P… … UG. Der Angeklagte tätigte hier gegenüber dem Edeka Großmarktes für die P… … UG die Bestellungen und war zugleich für den Edeka Großmarkt Ansprechpartner. Zudem war er verfügungsbefugt hinsichtlich des einzigen Kontos bei der Sparkasse R …. Auch gegenüber der für die Disco P… UG beauftragten Steuerberaterin war der Angeklagte einziger Ansprechpartner. Diese Gesellschaft war spätestens seit 22.11.2017 aufgrund eines nach außen getretenen Mangels an Zahlungsmitteln zahlungsunfähig. Die Deutsche Rentenversicherung, Knappschaft Bahn See, stellte mit Schreiben vom … .2019 beim Amtsgericht L … – Insolvenzgericht – einen Insolvenzantrag. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Disco P… UG wurde mit Beschluss des Amtsgerichts L … vom …, mangels Masse abgewiesen. Auch hier wurde der Angeklagte G… wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung durch das Amtsgericht L … verurteilt.
73
Zuletzt wurde die Diskothek R …, wie bereits dargelegt, von der B … UG betrieben. Nachdem diese lediglich eine weitere Fortführung der in der Vergangenheit insolvent gegangen Betreibergesellschaften (namentlich die P… GmbH, die G… UG sowie die P… UG) unter neuem Namen war, war die B … UG spätestens seit dem 31.12.2019 ebenfalls zahlungsunfähig.
II. Vorsätzliche Insolvenzverschleppung (Fall Ziffer I. der Anklage)
74
Die B … UG war spätestens zum 31.12.2019 aufgrund eines nach außen in Erscheinung getretenen Mangels an Zahlungsmitteln zahlungsunfähig, was beide Angeklagten zu diesem Zeitpunkt für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen. Im Einzelnen:
1. Ursachen für die Liquiditätsschwierigkeiten der B … UG
75
Die Ursachen für die Liquiditätsschwierigkeiten der B … UG sind bereits im Vorfeld der Gründung zu finden. So waren bereits bei Gründung, wie bei den oben aufgezeigten vorangegangenen Betreibergesellschaften, keine ausreichenden finanziellen Mittel vorhanden. Die B … UG war eine bloße nahtlose Fortführung der bereits in der Vergangenheit insolvent gegangenen Betreibergesellschaften. Insoweit kann auf die Ausführungen unter C.I.4. verwiesen werden. Auch standen weder der Angeklagten P… als formeller Geschäftsführerin noch dem Angeklagten G… als faktischem Geschäftsführer der B … UG ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung. Vielmehr war der Angeklagte G… bereits selbst mit enormen privaten Verbindlichkeiten belastet. Mithin war eine Gründung auch nur mit einem Stammkapital von 200 € möglich. Die B … UG war mit dem weiterhin unverändert fortgeführten Geschäftskonzept selbst in den saisonal bedingt starken Wintermonaten nicht in der Lage, mit den verfügbaren Zahlungsmitteln die fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen.
2. Verspätete Insolvenzantragsstellung durch Angeklagte P …
76
Der Angeklagten P… als formelle Geschäftsführerin war bewusst, dass sie gemäß § 15a Abs. 1 InsO spätestens innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht L … als Insolvenzgericht zu beantragen hatte.
77
Die Angeklagte P… stellte jedoch erst am … 2023 einen Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht des Amtsgerichts L …. Durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts L … vom … .2023 unter dem Aktenzeichen … wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels Masse abgewiesen. Mit Beschluss vom … 2023 wurde unter dem Aktenzeichen … der Antrag des antragstellenden Finanzamtes D. vom 31.07.2023 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B … UG wegen bestehender fälliger Verbindlichkeiten in Höhe von 21.787,37 € ebenfalls mangels Masse abgewiesen.
3. Keine Insolvenzantragstellung durch Angeklagten G …
78
Der Angeklagte G… war, wie bereits bei den vergangenen Betreibergesellschaften, faktischer Geschäftsführer der B … UG. In dieser Eigenschaft stellte er trotz der ihm bekannten Verpflichtung keinen Insolvenzantrag.
3.1. Faktische Geschäftsführereigenschaft des Angeklagten G …
79
Der Angeklagte G… war, wie bereits bei den vergangenen Betreibergesellschaften, seit Gründung durchgehend faktischer Geschäftsführer der B … UG. Er übte maßgeblichen Einfluss auf diese Betreibergesellschaft aus. Dabei nahm der Angeklagte auch gegenüber der formellen Geschäftsführerin P… eine beherrschende Stellung ein. So ordnete sich die Angeklagte P… dem Angeklagten G… unter und akzeptierte diesen auch als weisungsbefugt. Im Einzelnen:
80
Der Angeklagte G… vertrat die Gesellschaft gegenüber Behörden. Im Rahmen eines beim Landratsamt Rottal-Inn stattgefundenen Gesprächs am 27.08.2019 mit Vertretern des Landratsamtes, der Polizeiinspektion Eggenfelden und den Angeklagten übernahm der neben der Angeklagten P… anwesende Angeklagte G… die Wortführung. Er besaß tiefergehendes Wissen über die Betriebsabläufe. So legte er dem Landratsamt dar, dass die bisherige Gesellschaft B … UG der Diskothek B … einen Verlust in Höhe von 80.000 € erwirtschaftete und wie er den Verlust mit der B … UG verringern wollte. Dies sollte durch Untervermietung eines Teilbereiches der Diskothek, Stilllegung der oberen Etage und damit einhergehend die Einsparung von Bewachungspersonen erfolgen. Zudem sollte auf kostenintensive Werbung verzichtet werde. Der Angeklagte G… erklärte das Geschäftsmodell sehr ausführlich, wohingegen sich die Angeklagte P… hierzu nicht äußern konnte.
81
Zudem vertrat der Angeklagte G… die Gesellschaft gegenüber Banken. Er war auch hinsichtlich der Geschäftskonten verfügungsberechtigt. Die Sparkasse … sah den Angeklagten G… aufgrund seines Auftretens als Geschäftsführer der B … UG an. Inhaberin des am ….2019 errichteten Geschäftskontos bei Sparkasse … mit der IBAN …, war die B … UG. Als verfügungsberechtigte Personen waren sowohl der Angeklagte G… als auch die Angeklagte P… bis zur durch die Sparkasse … erfolgten Auflösung am 15.04.2020 eingetragen. Bereits mit Schreiben vom 12.03.2020 kündigte die Sparkasse an, dass die Führung des Geschäftskontos aufgrund wiederholten aktiven Pfändungsmaßnahmen nicht mehr zumutbar ist. Aufgrund eines Telefonats vom 31.03.2020 mit dem Angeklagten G… wurde die Auflösung des Kontos letztmalig um sieben Tage verschoben. Inhaberin des am ….2020 neu eröffneten Geschäftskontos bei der Sparkasse R … mit der … war die B … UG. Als verfügungsberechtigte Personen waren von Errichtung an sowohl der Angeklagte G… als auch die Angeklagte P… eingetragen, obwohl der Angeklagte G… bereits am 27.01.2020 sämtliche Geschäftsanteile der B … UG an die Angeklagte P… verkauft und abgetreten hatte. In diesem Zusammenhang setzte sich der Angeklagte G… wiederholt mit der Steuerberaterin Z… wegen der Kündigung des Geschäftskontos bei der Sparkasse in Verbindung.
82
Darüber hinaus war es der Angeklagte, der maßgebend Einfluss auf die Geschäftsabläufe der B … UG ausübte. So gab der Angeklagte G der Angeklagten P entsprechende Anweisung dahingehend, was sie im Rahmen des Geschäftsablaufs zu erledigen habe. Auch war es der Angeklagte, der maßgebend bei der Mitarbeiterplanung Einfluss nahm, etwa wer an- oder abgemeldet werden musste. Zudem war die Angeklagte P nicht in der Lage das Kassenbuch zu führen. Dies konnte nur der Angeklagte G Der Angeklagte G wusste auch zu jedem Zeitpunkt über die finanziellen Verhältnisse der B … UG Bescheid. Letztlich war der Angeklagte G auch regelmäßig bei Veranstaltungen der Diskothek R … vor Ort. Er kümmerte sich um die Buchungen der Musikacts und war auch für die Planungen der Veranstaltungen verantwortlich. Auch trat der Angeklagte G gegenüber den Mitarbeitern als Geschäftsführer auf, sodass diese ihn ausdrücklich als „Chef“ bezeichneten. So war es auch der Angeklagte G , der entsprechende Anweisungen dahingehend gab, wie und wann etwaige Reinigungs- oder Renovierungsarbeiten in der Diskothek zu erfolgen hatten.
83
Letztlich war es auch der Angeklagte, der jedenfalls bei Graf Arco die entsprechenden Bestellungen tätigte. Der Angeklagte hatte den Überblick über die vorhandenen Mengen an den Bars und schickte auch Mitarbeiter los, um weitere Vorräte zu kaufen.
84
So war es auch der Angeklagte G…, der sich mit der Lohnbuchhalterin Sch … wiederholt in Verbindung setzte, wenn es um die An- oder Abmeldung von geringfügig Beschäftigten ging. Auch wandte sich die Steuerberaterin Sch … an den Angeklagten G…, wenn es beispielsweise um Zahlungsrückstände bei der Knappschaft oder um die Begleichung ihrer eigenen Rechnungen ging.
85
Die B … UG schloss über die Versicherungsmakler G… GmbH & Co KG am ….2020 eine Gewerbe-Haftpflichtversicherung ab. Sowohl der Maklerauftrag als auch der Versicherungsmaklervertrag zwischen den Parteien wurden durch den Angeklagten G… unterschrieben.
86
Hinzu kommt, dass der Angeklagte sich intensiv dahingehend informierte, welche Hilfen die B … UG während der Corona Pandemie beantragen konnte. Im Rahmen des am 31.03.2020 durch die Angeklagte P… online gestellten Förderantrages Corona Soforthilfe, Prüfverfahren … wurde unter „Kontaktdetails“ die Telefonnummer … angegeben. Dabei handelt es sich um die Handynummer des Angeklagten G… Ebenso wurde als E-Mail-Adresse … angegeben. Es handelt sich um die E-Mail-Adresse des Angeklagten G….
87
Der Angeklagte G… hatte formal zu diesem Zeitpunkt nichts mehr mit der B … UG zu tun. Die Gesellschafteranteile wurden am ….2020 an die Angeklagte P… übertragen. Von dieser E-Mail-Adresse aus wurde auch die von der Regierung von N … nachgeforderte Gewerbeanmeldung der B … UG übersandt. Zudem besprach man die Anträge hinsichtlich der Corona Soforthilfen und der Überbrückungshilfen gemeinsam.
88
Auch führte der Angeklagte bereits in der Vergangenheit als faktischer Geschäftsführer sowohl die Betreibergesellschaft B … UG hinsichtlich der Diskothek B … als auch die Betreibergesellschaften G… UG sowie die P… UG hinsichtlich der Diskothek R … Dies führte zur wiederholten Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung als faktischer Geschäftsführer. Auch bei diesen Betreibergesellschaften war es so, dass der Angeklagte etwa den Kontakt zu Kunden hielt, Bestellungen tätigte, das Zahlungsmanagement erledigte, gegenüber der Bank als Firmenvertreter auftrat und den Kontakt zum Steuerberater hielt.
89
Schließlich kontaktierte der Angeklagte wiederholt das Finanzamt D … hinsichtlich der noch zu begleichenden Steuerrückstände. Hierbei wurde er darauf verwiesen, dass er nicht Geschäftsführer sei und aufgrund des Steuergeheimnisses Auskünfte nicht gegeben werden können.
3.2. Keine Insolvenzantragstellung
90
Obwohl der Angeklagte G… in seiner Funktion als faktischer Geschäftsführer die desolate finanzielle Situation der B … UG, mithin ihre Zahlungsunfähigkeit, für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, stellte der Angeklagte dennoch zu keinem Zeitpunkt einen Insolvenzantrag. Die Pflichten eines Geschäftsführers waren ihm bekannt.
4. Zahlungsfähigkeit der B … UG
91
Die B … UG war spätestens seit dem 31.12.2019 zahlungsunfähig und nicht mehr in der Lage die fälligen Zahlungsverbindlichkeiten zu erfüllen. Zwar weist die B … UG zum 31.12.2019 einen positiven Jahresabschluss aus. Tatsächlich ergibt sich unter Zugrundelegung der nicht in der Buchhaltung erfassten Verbindlichkeiten und der teilweise auch nicht erfassten Betriebsausgaben, dass der Jahresabschluss überschuldet ist. Auch nach dem 31.12.2019 verbesserte sich die finanzielle Situation der B … UG nicht. Vielmehr erhöhten sich die fälligen Verbindlichkeiten bis zum 30.03.2020 deutlich. So bestanden zum 31.12.2019 fällige Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von jedenfalls 14.399,93 €. Zudem sind im Jahresabschluss zum 31.12.2019 Verbindlichkeiten der B … … UG gegenüber Gesellschaftern in Höhe von 7.638,18 € ausgewiesen. Mithin ergeben sich insgesamt zum 31.12.2019 fällige Verbindlichkeiten in Höhe von jedenfalls 22.038,11 €. Den fälligen Verbindlichkeiten standen auch keine ausreichenden Zahlungsmittel gegenüber. Die Liquiditätslücke war auch nicht innerhalb von drei Wochen zu beseitigen.
92
Die Kammer verkennt bei der Darstellung der fälligen Verbindlichkeiten auch nicht, dass aus Belegen für einen späteren Zeitraum als 31.12.2019 nicht ohne Weiteres der Schluss auf eine zuvor eingetretene Zahlungsunfähigkeit gezogen werden kann.
Im Einzelnen:
4.1. Fällige Verbindlichkeiten zum 31.12.2019
93
Seitens der B … mbB bestand eine sofort zur Zahlung fällige Verbindlichkeit in Form eines Rechtsanwaltshonorars gemäß Rechnung … vom 03.10.2019 gegenüber der B … UG in Höhe von 386,16 €. Eine Zahlung erfolgte nicht. Letztlich wurde am 28.01.2020 durch das Amtsgericht C … ein Mahnbescheid gegen die B … UG sowie auf Grundlage dieses Mahnbescheides am 16.03.2020 ein Vollstreckungsbescheid erlassen.
94
Zudem bestand aufgrund des Bescheides vom 24.10.2019 unter dem Az.: … eine fällige Verbindlichkeit der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und gegenüber der B … UG in Höhe von insgesamt 275,95 €. Mit Datum vom 25.11.2019 erfolgte an die B G UG eine Mahnung unter Fristsetzung von einer Woche mit dem Hinweis, dass versäumt wurde, die fällige Forderung zu bezahlen. Mit Schreiben vom 15.01.2020 erfolgte seitens des Hauptzollamtes L … eine Vollstreckungsankündigung hinsichtlich der Geldforderung in Höhe von 275,95 €. Mit am … 2020 an die B … UG gerichteten Schreiben durch einen Vollziehungsbeamten beim Hauptzollamt L … wurde mitgeteilt, dass hinsichtlich eines Betrages von mittlerweile 301,95 € die Vollstreckung durchgeführt wird. Eine Überweisung des Betrages in Höhe von 301,95 € erfolgte erst am 08.04.2020, welche nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen konnte, welche am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der B … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben wurde.
95
Gegenüber der Bundesknappschaft Minijobzentrale bestand zum 31.12.2019 eine durch die … UG zu zahlende fällige Forderung in Höhe von 1.737,15 €. Die aufgelaufenen offenen Sozialversicherungsbeträge beliefen sich bis zum 27.12.2019 zwischenzeitlich auf 8.113,64 €.
96
Der fällige Betrag von 1.737,15 € setzt sich wie folgt zusammen:
97
Zum einem aus fälligen Beiträgen für September 2019 – fällig zum 26.09.2019 in Höhe von insgesamt 1.760,46 € sowie Säumniszuschlag – fällig zum 27.09.2019 – in Höhe von 17,50 € sowie Mahngebühren – fällig zum 06.11.2019 – in Höhe von 9 €.
98
Zum anderen aus fälligen Beiträgen für Oktober 2019 – fällig zum 29.10.2019 – In Höhe von 2.239,71 € sowie Säumniszuschlag – fällig zum 30.10.2019 – in Höhe von 40 € sowie Mahngebühren – fällig zum 06.11.2019 – in Höhe von 12 €.
99
Des Weiteren aus fälligen Beiträgen für November 2019 – fällig zum 27.11.2019 – in Höhe von 2.230,94 € sowie Säumniszuschlag – fällig zum 28.11.2019 – in Höhe von 62 € sowie Mahngebühren – fällig zum 05.12.2019 – in Höhe von 12 €.
100
Zudem aus fälligen Beiträgen für Dezember 2019 – fällig zum 23.12.2019 – in Höhe von 1.651,53 €, sowie Säumniszuschlag – fällig zum 27.12.2019 – in Höhe von 78,50 €.
101
Bereits am 08.11.2019 erfolgte durch die Knappschaft Bahn See eine Vollstreckungsankündigung für den nicht bezahlten Sozialversicherungsbeitrag 09/2019 in Höhe von 1.786,21 €. Dem folgte eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 27.11.2019. Aufgrund der Kontopfändung wurden 1.776,49 € von der Sparkasse … am 27.12.2019 an die Bundesknappschaft überwiesen. Am 30.12.2019 hat die B … UG eine Teilzahlung in Höhe von 4.600,00 € geleistet. Aus der Summe der zum 27.12.2019 zwischenzeitlich fälligen Forderung in Höhe von insgesamt 8.113,64 € abzüglich der 1.776,49 € aus der Kontopfändung und abzüglich der geleisteten Teilzahlung in Höhe von 4.600 € am 30.12.2019, resultiert der zum 31.12.2019 fällige Betrag in Höhe von 1.737,15 €. Die Beitragsschuld belief sich zum 31.03.2020 auf einen fälligen Betrag in Höhe von 7.611,02 €.
102
Des Weiteren bestand seitens E.ON für den Abschlag im Dezember 2019 eine fällige Forderung in Höhe von 896,00 € für das Vertragskonto …. Dem gingen bereits mehrere Mahnungen seitens E.ON voraus. Mit Schreiben vom 27.01.2020 erfolgte seitens E.ON die Sperrankündigung, sofern nicht bis 02.02.2020 gezahlt werde. Eine Zahlung des Betrages in Höhe von 896 € erfolgte erst am 04.02.2020.
103
Gegen die B … UG wurde durch das Amtsgericht Euskirchen auf Antrag von Frau G… A … vom 24.10.2019 am 30.10.2019 ein Mahnbescheid erlassen. Die zum 31.12.2019 fällige Forderung in Höhe von 1.130,50 € resultiert aus einem Dienstleistungsvertrag gemäß Rechnung 31/2019 vom 27.08.2019 bis 22.10.2019. Die Forderung belief sich nebst Zinsen und Verfahrenskosten zum 31.12.2019 auf 1.308,25 €. Am 28.01.2020 erließ das Amtsgericht Euskirchen auf Grundlage des Mahnbescheids einen Vollstreckungsbescheid. Erst am 24.04.2020 erfolgte aufgrund der unberechtigt erlangten Hilfen im Zusammenhang mit der Corona Pandemie eine Zahlung in Höhe von 300 €.
104
Die Landesjustizkasse B … machte mit Kostenrechnung vom 07.08.2019 gegenüber der B … UG eine fällige Forderung in Höhe von 150 € geltend. Mit Mahnung vom 18.09.2019 forderte die Landesjustizkasse B … unter Fristsetzung von einer Woche sowie Mahngebühr in Höhe von 5 € insgesamt einen Betrag von 155,00 €. Am 29.11.2019 erließ der Hauptgerichtsvollzieher J … eine Vollstreckungsverfügung. Der Vollstreckungsauftrag vom 06.12.2019 in Höhe von 155,00 € konnte nur durch eine Ratenzahlungsvereinbarung mit Zahlung vom 05.02.2020 erledigt werden.
105
Mit Schreiben vom 12.12.2019 kündigte das Finanzamt D … gegenüber der B … … UG die Vollstreckung der am 11.11.2019 fälligen Forderung des Landratsamtes R … in Höhe von 500 € für die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis an. Der Betrag in Höhe von 510 € setzt sich aus 500 € sowie Mahngebühr nebst Säumniszuschlag von jeweils 5 € zusammen, mithin insgesamt 510 €. Eine Mahnung erfolgte mit Schreiben vom 15.11.2019.
106
Mit Rechnung vom 17.09.2019 wurde durch die M … GmbH gegenüber der B … UG – adressiert an eine vorhergehende bereits insolvent gegangene Betreibergesellschaft, nämlich die G… UG, unter der Rechnungsnummer … eine Forderung in Höhe von 128,52 € zahlbar bis 01.10.2019 geltend gemacht. Mit Schreiben vom 19.11.2019 erfolgte unter Fristsetzung bis zum 24.11.2019 eine dritte Mahnung eines Betrages unter Berücksichtigung von Mahngebühren in Höhe von 15 € von insgesamt 143,52 €. Am 03.12.2019 erfolgte eine „Mahnung Intensiv“ unter letztmaliger Fristsetzung bis 09.12.2019 und Androhung der gerichtlichen Eintreibung.
107
Zum 31.12.2019 bestand eine offene und fällige Forderung der M … GmbH gegenüber der B … UG in Höhe von insgesamt 5.384,10 €. Mit Schreiben vom 12.11.2019 erfolgte gegenüber der B … UG eine Mahnung unter Fristsetzung bis zum 19.11.2019. Hierbei wurde ein zum 04.09.2019 fälliger Betrag von insgesamt 5.979,60 € sowie ein ebenfalls zum 04.09.2019 fälliger Betrag von 4,50 € angemahnt. Dabei wurden seitens der B … UG geleistete Zahlungen am 22.10.2019 in Höhe von 100 € sowie eine geleistete Zahlung am 24.10.2019 in Höhe von 500 € berücksichtigt. Mit Mahnung der c …GmbH vom 02.12.2019 wurde der Betrag in Höhe von 5.384,10 € nebst Zinsen in Höhe von 113,59 € nebst Inkassokosten in Höhe von 480,20 €, mithin insgesamt 5.977,89 € angemahnt. Am 14.04.2020 wurde seitens der M … GmbH Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides beim Amtsgericht H … gestellt, der am 15.04.2020 erlassen wurde. Dieser enthielt eine Gesamtforderung in Höhe von 6.595,91 €.
108
Gegenüber der B … UG bestand seitens Herrn F. S1. … zum 31.12.2019 aufgrund Rechnung vom 27.07.2019 sowie aufgrund Rechnung vom 06.08.2019 eine fällige Forderung von insgesamt 1.110,01 €. Eine Zahlung erfolgte nicht. Mit Mahnbescheid vom 30.03.2020 wurde zusätzlich eine Schadensersatzforderung in Höhe von 110 € aus einem Dienstleistungsvertrag geltend gemacht. Diesen Betrag in Höhe von 110 € bezieht die Kammer bereits mangels Fälligkeit zum 31.12.2019 nicht in die Berechnung mit ein.
109
Zudem bestand zum 31.12.2019 seitens der S … GmbH aufgrund Bookingvertrages … vom 21.08.2019 mit Rechnung vom 21.08.2019 eine zum 23.11.2019 fällige Forderung gegenüber der B … UG in Höhe von insgesamt 3000 €. Diese Forderung wurde mit Schreiben der B … Rechtsanwälte vom 29.11.2019 unter Fristsetzung bis zum 06.12.2019 eingefordert. Aufgrund dessen, dass am 28.09.2019 auf dem Konto … die Buchung „Vorauszahlung J … L …“ in Höhe von 1.100 € vorhanden war, geht die Kammer zugunsten des Angeklagten davon aus, dass der tatsächlich fällige Betrag sich auf 1.900 € belief. Aufgrund Mahnbescheides vom 22.02.2020 wurde ein Vollstreckungsbescheid erlassen.
110
Des Weiteren sind im Jahresabschluss zum 31.12.2019 fällige Verbindlichkeiten der B … UG gegenüber dem Gesellschafter in Höhe von 7.638,18 € ausgewiesen.
4.2. Sonstige Beweisanzeichen der Zahlungsunfähigkeit der B … UG
111
Die B … UG verfügte über zwei Geschäftskonten, nämlich bei der Sparkasse … Mitte mit der Kontonummer 4 … und ab dem 09.04.2020 bei der Sparkasse … mit der Kontonummer … Bereits ab Ende September 2019 kam es bei dem am 22.07.2019 eröffneten Konto bei der Sparkasse … zu Kontoüberziehungen. Am 31.12.2019 wies das Geschäftskonto der B … UG bei der Sparkasse … eine Überdeckung von gerade einmal 198,88 € auf. Im gesamten Zeitraum von September 2019 bis zur Kündigung und Auflösung durch die Sparkasse … zum 15.04.2020 waren auf diesem Konto nur geringe Beträge im dreistelligen Bereich verfügbar. So wies das Konto zum 31.07.2019 lediglich ein Bankguthaben in Höhe von 195,70 € und zum 31.08.2019 lediglich ein Bankguthaben von 193,57 € aus. Von September 2019 bis November 2019 wies das Bankkonto durchgehend eine Unterdeckung auf. So wies das Konto zum 30.09.2019 eine Unterdeckung von 1.448,80 €, zum 31.10.2019 eine Unterdeckung von 1.029,50 € und zum 30.11.2019 eine Unterdeckung von 852,71 € aus. Das Betriebskonto wurde letztlich durch die Sparkasse zum … 15.04.2020 aufgelöst, da das Konto für den bargeldlosen Zahlungsverkehr seit mehr als 30 Tagen nicht nutzbar war.
112
Erst im Mai 2020 befand sich zum Monatsende ein nennenswertes Guthaben in Höhe von 5.167,52 € auf dem neu errichteten Geschäftskonto bei der Sparkasse R …. Dieser Betrag resultierte jedoch daraus, dass seitens der Regierung von N … eine unberechtigte Corona Soforthilfe am 08.05.2020 auf dem Privatkonto der Angeklagten P… gutgeschrieben wurde und hiervon am 18.05.2020 ein Betrag in Höhe von 18.500 € auf das Geschäftskonto der B … UG bei der Sparkasse R … überwiesen und gutgeschrieben wurde.
113
Am 03.09.2019 erfolgte auf dem Geschäftskonto der B … UG bei der Sparkasse N … mit der Kontonummer … mangels Deckung eine Rücklastschrift hinsichtlich des Betrages in Höhe von 5.979,60 € der M … GmbH.
114
Seit dem 18.11.2019 sind bei dem zuständigen Hauptgerichtsvollzieher … am Amtsgericht L … bis zum 31.12.2019 insgesamt zwei Vollstreckungsaufträge gegen die B … UG eingegangen.
115
Der erste Vollstreckungsauftrag vom 18.11.2019 in Höhe von 88,00 EUR konnte nur durch eine Ratenzahlungsvereinbarung erledigt werden. Die Rate wurde am 16.12.2019 bezahlt. Der zweite Vollstreckungsauftrag der Landesjustizkasse B … vom 06.12.2019 in Höhe von 155,00 EUR konnte, wie bereits aufgezeigt, ebenfalls nur durch eine Ratenzahlungsvereinbarung mit Zahlung vom 05.02.2020 erledigt werden.
116
Auch war der vorhandene Jahresabschluss der B … UG zum … .2019 in Wirklichkeit überschuldet. Zwar wies der Jahresabschluss zum 31.12.2019 einen positiven Jahresüberschuss in Höhe von 2.141,35 € aus. Allerdings enthielt der Jahresabschluss nicht sämtliche Verbindlichkeiten. So enthielt der Jahresabschluss nicht den Beitrag zur Bundesknappschaft für Dezember 2019 in Höhe von 1.650,78 € sowie nicht die Forderung des Landratsamtes R… wegen der Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Gaststättenerlaubnis in Höhe von 510 € und nicht die Forderung der S … GmbH in Höhe von 1.900 €, mithin insgesamt 4.060,78 €. Dabei hat die Kammer hinsichtlich der nicht erfassten Betriebsausgabe S … GmbH zugunsten des Angeklagten angenommen, dass aus dem Gesamtbetrag aus dem Bookingvertrag für J… L… in Höhe von 3.000 € bereits 1.100 € angezahlt wurden und mithin nur noch ein zum 31.12.2019 fälliger Betrag in Höhe von 1.900 € offen ist.
117
Darüber hinaus ist im Jahresabschluss zum 31.12.2019 ein Eigenkapital in Höhe von 3.055,14 € ausgewiesen, das sich aus 200,00 € gezeichnetem Kapital, 713,79 € Gewinnrücklagen und einem Bilanzgewinn in Höhe von 2.141,35 €, mithin insgesamt 3.055,14 €, zusammensetzt. Rechnet man die nicht verbuchten Betriebsausgaben von jedenfalls 4.060,78 € gegen das Eigenkapital, ergibt sich ein negatives Eigenkapital und der Jahresabschluss ist überschuldet.
118
Auch die Kasse wies zum 31.12.2019 einen Bestand von lediglich 618,31 € auf. Weitere liquide Mittel waren nicht vorhanden und auch nicht zu erlangen. Eine Möglichkeit zur Krediterlangung bestand nicht. Etwaige liquide Mittel erlangte man lediglich durch die unberechtigte Inanspruchnahme der Hilfen im Zusammenhang mit der Corona Pandemie. Die finanziellen Mittel der B … UG haben gerade einmal ausgereicht, um die Löhne der Mitarbeiter in bar zu bezahlen.
4.3. Finanzielle Verhältnisse nach dem 31.12.2019
119
Auch nach dem 31.12.2019 verbesserte sich die finanzielle Situation der B … UG insbesondere bis zum 31.03.2020 nicht. Vielmehr wuchsen die fälligen Verbindlichkeiten stetig weiter an. Eine teilweise Zahlung der fälligen Verbindlichkeiten am 08.04.2020 konnte nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen, welche am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der B … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben wurde.
120
Gegenüber der Bundesknappschaft Minijobzentrale bestand zum 31.03.2020 eine fällige Forderung in Höhe von 7.580,91 €. Mithin erhöhte sich die fällige Forderung vom 31.12.2019 zum 31.03.2020 um 5.804,65 €.
121
Des Weiteren bestand seitens des … Großmarkts gegenüber der Bare-BG UG eine zum 12.03.2020 fällige Forderung in Höhe von 530,95 €. Mit Schreiben vom 30.03.2020 der … GmbH erfolgte eine erste Mahnung unter Fristsetzung von 14 Tagen. Eine Überweisung erfolgte erst am 08.04.2020, die nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen konnte, welche am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben wurde.
122
Seitens der … AG bestand gegenüber der … UG eine fällige Forderung für eine Haftpflichtversicherung für die Zeit vom 16.01.2020 bis zum 16.01.2021 in Höhe von 428,96 €. Mit Schreiben der E … vom 09.03.2020 erfolgte eine Mahnung gegenüber der … UG hinsichtlich des offenen Betrages in Höhe von 428,96 € unter Fristsetzung von acht Tagen. Eine Überweisung erfolgte erst am 08.04.2020, die nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen konnte, welche am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben wurde.
123
Darüber hinaus bestand zum einem durch das Lohnbüro … , jetzt …, eine zum 31.01.2020 fällige Forderung in Höhe von 345,10 € sowie zum anderen eine zum 01.02.2020 fällige Forderung in Höhe von 273,20 €. Eine Überweisung erfolgte erst am 08.04.2020, die nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen konnte, welche am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben wurde.
124
Die I … hatte gegenüber der … UG eine zum 24.03.2020 fällige Forderung in Höhe von 235,00 €. Eine Überweisung erfolgte erst am 08.04.2020, die nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen konnte, welche am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben wurde.
125
Mit Mahnung der L … vom 18.03.2020 wurde eine gegenüber der … UG fällige Forderung in Höhe von 35 € aufgrund Kostenrechnung vom 05.02.2020 geltend gemacht. Eine Überweisung erfolgte erst am 08.04.2020, die nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen konnte, welche am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben wurde.
126
Das Landratsamt D.-L. machte mit Kostenrechnung vom 18.02.2020 eine zum 23.03.2020 fällige Forderung in Höhe von 4.681,56 € geltend. Dieser Betrag wurde aufgrund Bescheides vom 18.04.2020 bis 30.09.2020 gestundet. Eine Bezahlung erfolgte auch nach Stundung nicht. Mangels Zahlung erfolgte mit Schreiben vom 12.10.2020 eine Mahnung hinsichtlich eines Betrages von insgesamt 4.824,56 €. In diesem Betrag wurden Säumniszuschläge sowie Mahngebühren geltend gemacht.
127
Mit Rechnung vom 09.03.2020 machte die … Autovermietung gegenüber der … UG eine sofort zur Zahlung fällige Forderung in Höhe von 1.474,36 € geltend. Zudem machte die … Autovermietung gegenüber der … UG mit Rechnung vom 27.03.2020 eine sofort zur Zahlung fällige Forderung in Höhe von 1.309 € geltend. Eine Überweisung erfolgte jeweils erst am 08.04.2020, die nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen konnte, welche am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben wurde.
128
… Steuerberatung machte mit Rechnung vom 28.01.2020 eine zum 11.02.2020 fällige Forderung in Höhe von 1.201,90 € gegenüber der … UG geltend. Eine Überweisung erfolgte erst am 08.04.2020, die nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen konnte, welche am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben wurde.
129
Auch beliefen sich die Verbindlichkeiten der … UG gegenüber den Gesellschaftern zum Stichtag 31.03.2020 auf nun insgesamt 10.138,16 €.
130
Das betriebliche Bankkonto bei der Sparkasse … mit der Nummer 4 … wies im Zeitraum vom 28.02.2020 bis 30.03.2020 einen durchgehend negativen Saldo aus. Zum 31.03.2020 wies das Bankkonto einen Saldo von 3,15 € aus. Das Betriebskonto wurde letztlich zum 31.03.2020 gekündigt, da das Konto für den bargeldlosen Zahlungsverkehr seit mehr als 30 Tagen nicht nutzbar war.
131
Am 30.03.2020 erfolgte auf dem Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse …, … , … mit der Kontonummer 4 … mangels Deckung eine Rücklastschrift hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 6.667,04 € des Finanzamtes ….
132
Darüber hinaus bestanden seitens des Finanzamtes … zum 27.01.2020 Umsatzsteuerschulden nebst Säumniszuschlägen der … UG für die Monate August bis November 2019 in Höhe von 8.250,45 €. Die offenen Beträge konnten nicht bezahlt werden. Die Zahlungen für die Umsatzsteuer mussten jedenfalls bis 30.09.2021 gestundet werden.
133
Am 18.05.2020 ging beim Gerichtsvollzieher J … ein weiterer Vollstreckungsauftrag in Höhe von 1.220,01 EUR ein, bei dem ebenfalls eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen werden musste. Darüber hinaus gibt es beim zuständigen Hauptgerichtsvollzieher … J … einen weiteren Vollstreckungsauftrag unter der Firma … UG. Hierbei handelt es sich ebenfalls um die … UG. Der Vollstreckungsauftrag ging am ….2020 mit einer Höhe von 1.130,50 EUR ein. Auch hier wurde eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen.
5. Subjektive Tatseite
5.1. Subjektive Tatseite des Angeklagten G …
134
Der Angeklagte G… hielt es für möglich und nahm es jedenfalls billigend in Kauf, dass zum 31.12.2019 nicht nur eine Zahlungsstockung vorlag, sondern die … UG zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war. Dennoch nahm er von einer pflichtgemäßen Insolvenzantragsstellung Abstand, obwohl er Kenntnis von entsprechenden Warnsignalen hatte, die typischerweise mit einer wirtschaftlichen Krise verbunden sind.
135
So hatte der Angeklagte Kenntnis von der finanziellen Lage der … UG, weil er als faktischer Geschäftsführer das finanzielle Tagesgeschäft leitete, über die Geschäftsergebnisse und Unternehmenszahlen Bescheid wusste sowie die Kontakte zu den Banken und zu Steuerberaterinnen pflegte. Er war auf Grund seiner Tätigkeit durchgehend umfassend über die finanzielle Entwicklung der … UG informiert. Dem Angeklagten G… waren auch die Unterdeckungen bzw. die geringen Überdeckungen der Konten, die Kontopfändung sowie die Lastschriftrückgaben bekannt.
136
Dem Angeklagten G… war auch bekannt, dass er als faktischer Geschäftsführer eine Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages hat.
5.2. Subjektive Tatseite der Angeklagten P …
137
Die Angeklagte P… hielt es für möglich und nahm die Zahlungsunfähigkeit der … UG jedenfalls billigend in Kauf. Dennoch nahm sie zunächst von einer pflichtgemäßen Antragstellung Abstand, obwohl sie Kenntnis von entsprechenden Warnsignalen hatte, die typischerweise mit einer wirtschaftlichen Krise verbunden sind.
138
So stellte sie erst am 20.06.2023 einen entsprechenden Insolvenzantrag beim Amtsgericht … Der Angeklagten P… waren auch die Unterdeckungen bzw. die geringen Überdeckungen der Konten, die Kontopfändung sowie die Lastschriftrückgaben bekannt. Auch war sie über die Geschäftsergebnisse informiert.
139
Die Angeklagte P… kannte ihre Pflicht, als formelle Geschäftsführerin der … UG gemäß § 15a Abs. 1 InsO ohne schuldhaftes Zögern, spätestens innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht zu beantragen.
III. Betrugstaten (Fälle Ziffer II. 1 und II. 2 der Anklage)
140
Hinsichtlich der den Angeklagten vorgeworfenen Fälle II. 1 und II. 2 der Anklage (Corona Soforthilfen) hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
1. Hintergrund und Ablauf der Antragstellung für die Corona Soforthilfen
141
Im Frühjahr 2020 kam es zur sogenannten „Coronakrise.“ Wegen dieser Krise wurden im März und April 2020 von Bund und Ländern sog. „Corona-Soforthilfe-Programme“ aufgelegt, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Lockdowns für die Unternehmen Deutschlands zumindest abzufedern und deren wirtschaftliche Existenz zu sichern. Für Kleinstunternehmen mit maximal 10 Beschäftigten, Soloselbständige und Freiberufler wurden durch den Bund Bundesmittel bereitgestellt. Ergänzend zu den Regelungen des Bundes erließ auch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie ein entsprechendes Soforthilfe Programm. Bei der Umsetzung der Soforthilfe-Programme wurde bewusst auf ein kompliziertes Antragsverfahren verzichtet, um eine schnelle und vor allem unbürokratische Auszahlung zu gewährleisten.
1.1. Richtlinien in der Bekanntmachung vom 17. März 2020
142
Ausweislich der allgemein zugänglichen und veröffentlichten Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe („Soforthilfe Corona“) in Form der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 17. März 2020 hat die weltweite dynamische Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 massiv auch Deutschland und Bayern erfasst und zu einer wirtschaftlich bedrohlichen Ausnahmesituation geführt. In nahezu allen Wirtschaftsbereichen sahen sich Unternehmen und Angehörige Freier Berufe mit gravierenden Nachfrage- und Produktionsausfällen, unterbrochenen Lieferketten, Stornierungswellen, massiven Umsatzeinbußen und Gewinneinbrüchen konfrontiert, die für zahlreiche bayerische Unternehmen und Freiberufler existenzgefährdend geworden waren. Mit den im Rahmen dieses Sofortprogramms ausgereichten Finanzhilfen sollte den infolge der COVID-19-Pandemie wirtschaftlich betroffenen Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe eine Soforthilfe gewährt werden, insbesondere um die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen und Freiberufler zu sichern, Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten.
143
Der Freistaat Bayern hat als eines der ersten Bundesländer und noch vor dem Bund auf die Pandemie reagiert und die Corona Soforthilfen für Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten beschlossen. Die Bekanntmachung vom 17.03.2020 für die Vergabe der Soforthilfe Corona ist mit Wirkung vom 17. März 2020 in Kraft getreten. Die Finanzhilfe erfolgte dabei als Billigkeitsleistung nach Art. 53 Bayerische Haushaltsordnung (BayHO).
144
Die Richtlinie konnte auf der Website des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie eingesehen und heruntergeladen werden.
145
Ausweislich Nr. 2 der Richtlinie war Voraussetzung der Finanzhilfe:
„Voraussetzung für die Gewährung der Finanzhilfe ist eine infolge der durch den Corona-Virus SARS-CoV- 2 ausgelösten Pandemie unmittelbar zusammenhängende existenzgefährdende wirtschaftliche Schieflage aufgrund massiver Liquiditätsengpässe, die nicht mit Hilfe von Entschädigungsleistungen, Steuerstundungen, sonstigen Eigen- oder Fremdmitteln oder sonstigen Liquiditätsmaßnahmen ausgeglichen werden können.“
146
Hiernach waren nach Nr. 3 der Richtlinie antragsberechtigt:
3. Antragsberechtigte
1Antragsberechtigt sind
i Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft im Sinn des § 2 des Gewerbesteuergesetzes, Unternehmen der Landwirtschaft1 im Rahmen landwirtschaftsnaher sowie hauswirtschaftlicher Tätigkeiten und Dienstleistungen, die bis zu 250 Mitarbeiter beschäftigen,
i selbstständige Angehörige der Freien Berufe mit bis zu 250 Arbeitnehmern,
die ihre Waren oder Dienstleistungen bereits vor dem 1. Dezember 2019 am Markt angeboten haben. 2Der Sitz der Betriebs- bzw. Arbeitsstätte des Antragstellers muss in Bayern liegen. 3Die Soforthilfe gilt für Antragsteller, die am 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) 651/2014) waren, aber danach in Folge des Ausbruchs von COVID-19 in Schwierigkeiten geraten sind. 4Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten müssen auf die Folgen der Corona-Krise zurückzuführen sein.
147
Die Finanzhilfe war gestaffelt nach der Zahl der Erwerbstätigen und betrug ausweislich Nr. 5:
5. Art und Umfang der Finanzhilfe
1Die Finanzhilfe erfolgt als Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO gestaffelt nach der Zahl der Erwerbstätigen und beträgt:
i bis zu 5 Erwerbstätige 5 000 Euro,
i bis zu 10 Erwerbstätige 7 500 Euro,
i bis zu 50 Erwerbstätige 15 000 Euro,
i bis zu 250 Erwerbstätige 30 000 Euro.
2Teilzeitkräfte sind in Vollzeitkräfte umzurechnen. 3Obergrenze für die Höhe der Finanzhilfe ist der Betrag des durch die Corona-Krise verursachten Liquiditätsengpasses. 4Anträge, die sich auf Liquiditätsengpässe beziehen, die vor dem 11. März 2020 entstanden sind, sind insoweit unzulässig.
1.2. Änderung der Richtlinie vom 17.03.2020
148
Die Richtlinie für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie geschädigten Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe („Soforthilfe Corona“) vom 17. März 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 156) wurde durch Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 1. April 2020, Az. 52-3560/33/2, geändert. Diese Bekanntmachungen traten mit Wirkung zum 31.03.2020 in Kraft.
149
Nr. 3 wurde wie folgt geändert:
150
In Satz 3 wurde am Satzende folgende Fußnote mit der Ziffer „3“ neu eingefügt:
3. Start-ups, die seit mehr als drei, aber weniger als fünf Jahren am Markt tätig sind, sind von dieser Regelung ausgenommen. Start-ups im Sinne dieser Richtlinie sind junge Unternehmen (bis fünf Jahre) mit einem innovativen, digital- und/oder technologiebasierten Geschäftsmodell, die bereits ein Produkt entwickelt und Umsätze am Markt erzielt haben. In diesen Fällen erfolgt die Förderung nach Maßgabe der De-minimis-Verordnung.“
151
In Nr. 5 Satz 1 werden im 3. Spiegelstrich die Worte „15 000 Euro“ durch die Worte „30 000 Euro“ und im 4. Spiegelstrich die Worte „30 000 Euro“ durch die Worte „50 000 Euro“ ersetzt.
1.3. Corona Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige (Bundes- Soforthilfen) in der Bekanntmachung vom 03.04.2020
152
Die Bundesregierung hat am 23. März 2020 Eckpunkte für „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige“ beschlossen. Diese Bekanntmachung trat mit Wirkung vom 31. März 2020 in Kraft. Mit Inkrafttreten der Bundes-Soforthilfen Corona zum 3. April 2020 ging das bayerische Programm dann für Antragsberechtigte mit bis zu zehn Beschäftigten im Bundesprogramm auf.
153
Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten erhielten Hilfen aus dem Bundesprogramm. Die Antragsvoraussetzungen ergaben sich aus Nr. 2:
2.1 1Antragsberechtigt sind Soloselbständige, Angehörige der Freien Berufe und kleine Unternehmen (einschließlich Unternehmen mit landwirtschaftlicher Urproduktion) mit bis zu 10 Beschäftigten (Vollzeitäquivalent2), die
i wirtschaftlich und damit dauerhaft am Markt als Unternehmen3 oder im Haupterwerb als Freiberufler oder Selbständige tätig sind, und in beiden Fällen
i ihre Tätigkeit von einer bayerischen Betriebsstätte oder einem bayerischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen und
i bei einem deutschen Finanzamt angemeldet sind (im Folgenden: „Antragsberechtigter“).
2Unerheblich ist, ob der Antragsberechtigte ganz oder teilweise steuerbefreit ist. 3Personenvereinigungen und Körperschaften werden als eine Einheit betrachtet. 4Öffentliche Unternehmen sind von der Leistung ausgeschlossen.
2.2. Liquiditätsengpass
Der Antragsteller muss versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass).
2.3 Kein Unternehmen in Schwierigkeiten
Antragsberechtigt sind nur Unternehmen, die nicht bereits am 31.12.2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung.
154
Die Fußnote zu 2.3 „Kein Unternehmen in Schwierigkeiten“ lautete wie folgt:
„Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Amtsblatt der Europäischen Union L 187 vom 26.6.2014, S. 1 sowie § 2 Abs. 6 Bundesregelung Kleinbeihilfen.
155
Art und Umfang der Hilfe richtete sich nach Nr. 3:
3. Art und Umfang der Soforthilfe
1Die Soforthilfe erfolgt als Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO gestaffelt nach der Zahl der Beschäftigten (VZÄ) und beträgt bei Antragstellern mit
i bis zu 5 Beschäftigten bis zu 9 000 Euro und
i bis zu 10 Beschäftigten bis zu 15 000 Euro.
2Die konkrete Einmalzahlung orientiert sich an einem glaubhaft versicherten Liquiditätsengpass für drei aufeinander folgende Monate. 3Die Soforthilfe wird berechnet auf Basis des erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwands des Antragsstellers, u.a. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingaufwendungen. 4Für den Fall, dass dem Antragsteller im Antragszeitraum ein Miet- bzw. Pachtnachlass von mindestens 20% gewährt wurde, kann er den fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand nicht nur für drei, sondern für fünf Monate ansetzen. 5Eine nachträgliche Senkung der Miete oder Pacht führt nicht zu einer Rückforderung.
156
Hinsichtlich der Kumulierung mit anderen öffentlichen Hilfen war unter Nr. 4 der Richtlinien folgendes geregelt:
1Eine Kumulierung mit anderen öffentlichen Hilfen ist zulässig, soweit dadurch keine Überkompensation eintritt. 2Bereits geleistete Soforthilfen des Freistaates Bayern werden durch Bundesmittel ersetzt, soweit die Voraussetzungen des Bundesprogramms sowie der Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund vorliegen. Die Bundeshilfen enthielten im Rahmen der Richtlinien unter Ziffer 9, „Strafrechtliche Hinweise“ folgenden Text:
Strafrechtliche Hinweise
157
1Die Angaben im Antrag sowie in den dazu eingereichten ergänzenden Unterlagen sind – soweit für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung und Weitergewährung oder das Belassen der Hilfen von Bedeutung – subventionserheblich i. S. d. § 264 des Strafgesetzbuches i. V. m. § 2 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 (BGBI I S. 2037) und Art. 1 des Bayerischen Strafrechtsausführungsgesetzes (GVBl. S. 345). 2Die subventionserheblichen Tatsachen sind dem Antragsteller vor der Bewilligung einzeln und konkret zu benennen. 3Der Antragsteller muss vor der Bewilligung eine Erklärung über die Kenntnis dieser Tatsachen abgeben.
1.4. Erneute Änderung der Richtlinie vom 17.03.2020 aufgrund der Bekanntmachung vom 16.04.2020
158
Die Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie geschädigten Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe („Soforthilfe Corona“) vom 17. März 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 156), geändert durch die Bekanntmachung vom 1. April 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 170), wurden u.a. wie folgt geändert:
159
Nr. 3 der Richtlinien vom 17. März 2020 wurde wie folgt gefasst:
3. Antragsberechtigte
1Antragsberechtigt sind
i Unternehmen, die wirtschaftlich und damit dauerhaft am Markt tätig sind,
i Unternehmen der Landwirtschaft inklusive landwirtschaftlicher Urproduktion,
i im Haupterwerb Soloselbstständige und Angehörige der Freien Berufe,
i Körperschaften des Non-Profit-Sektors (z.B. gGmbHs, Vereine), die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unternehmerisch tätig sind,
mit bis zu 250 Beschäftigten (Vollzeitäquivalent)3, die ihre Tätigkeit von einer bayerischen Betriebsstätte oder einem bayerischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen und bei einem deutschen Finanzamt angemeldet sind (im Folgenden: „Antragsberechtigter“). 2Öffentliche Unternehmen sind von der Leistung ausgeschlossen. 3Unerheblich ist, ob der Antragsberechtigte ganz oder teilweise steuerbefreit ist. 4Personenvereinigungen und Körperschaften werden als eine Einheit betrachtet. 5Unternehmen, die sich am 31. Dezember 2019 bereits in Schwierigkeiten befanden gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung dürfen keine Beihilfen nach dieser Regelung gewährt werden4. 6Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten müssen auf die Folgen der Corona-Krise zurückzuführen sein.
160
Diese Bekanntmachung trat am 16. April 2020 in Kraft.“
1.5. Berichtigung in der Bekanntmachung vom 16.04.2020
161
Die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie zur Änderung der Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe („Soforthilfe Corona“) vom 16. April 2020 (BayMBl. Nr. 204) wurde nochmals durch Bekanntmachung vom 12.05.2020 teilweise geändert.
162
Diese Berichtigungen spielten für die hiesigen beiden Anträge keine Rolle mehr. Auch die in der Folge durch die bayerische Staatsregierung vorgenommen Berichtigungen und Änderungen sind für die hier maßgebenden Anträge vom 18.03.2020 (Bewilligung mit Bescheid vom 03.04.2020) sowie vom 31.03.2020 (Bewilligung mit Bescheid vom 08.05.2020) unerheblich und bedürfen keiner Darstellung.
2. Antrag auf Corona Soforthilfe vom 18.03.2020 (Ziffer II. 1 der Anklage)
163
Mit Antrag vom 18.03.2020 beantragte die Angeklagte P… bei der Regierung von Niederbayern für die … UG aufgrund eines gemeinsamen Tatplans insoweit in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken und nach Absprache mit dem Angeklagten G… bei der Regierung von Niederbayern schriftlich eine Soforthilfe nach den Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona Virus Pandemie geschädigten Unternehmen und Angehörige freier Berufe vom 17.03.2020. Der Antrag wurde durch die Angeklagte P… s händisch unterschrieben.
164
Dabei normiert das dem Antrag vom 18.03.2020 zugrundeliegende Formular unter der Nummer 1.1 – Antragsberechtigung – mit der Wendung „Nicht gefördert werden Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Rz. 20 a) bis c) der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nicht finanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (204/C 249/01), es sei denn, die Schwierigkeiten sind auf die Coronakrise 03/2020 zurückzuführen …“ einen definierten Ausschlusstatbestand, den die Angeklagten zur Kenntnis nahmen.
165
Das Unternehmen in Schwierigkeiten ist dabei gemäß Rz. 20 a) bis c) der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nicht finanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (204/C 249/01) wie folgt definiert:
2.2. Sachlicher Anwendungsbereich: Begriff des Unternehmens in Schwierigkeiten
( …)
20. Für die Zwecke dieser Leitlinien gilt ein Unternehmen dann als Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn es auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher zur Einstellung seiner Geschäftstätigkeiten gezwungen sein wird, wenn der Staat nicht eingreift. Im Sinne dieser Leitlinien befindet sich ein Unternehmen daher dann in Schwierigkeiten, wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
a) … Im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (25): Mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals (26) ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen. Dies ist der Fall, wenn sich nach Abzug der aufgelaufenen Verlusten von den Rücklagen (und allen sonstigen Elementen, die im Allgemeinen den Eigenmitteln des Unternehmens zugerechnet werden) ein negativer kumulativer Betrag ergibt, der mehr als der Hälfte des gezeichneten Stammkapitals entspricht.
b) … Im Falle von Gesellschaften, bei denen zumindest einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften (27): Mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen.
c) … Das Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder erfüllt die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger.
d) … Bei einem Unternehmen, das kein KMU ist, lag in den vergangenen beiden Jahren
i) … der buchwertbasierte Verschuldungsgrad über 7,5 und
ii) … das Verhältnis des EBITDA zu den Zinsaufwendungen unter 1,0.
166
Bei Ziffer 5 war handschriftlich unter Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass eingefügt: „Corona Krise, junges Unternehmen (August 2019), noch keine Rücklagen, seit März kaum Gäste wg. Corona Angst und aktuell geschlossen.“
167
Unter Ziffer 8.1. war folgender von beiden Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis dahingehend enthalten, der durch die Angeklagte P… mit einem „x“ versehen wurde:
„Ich versichere, dass die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. der Liquiditätsengpass eine Folgewirkung der Coronakrise vom Frühjahr 2020 ist.“
168
Zudem enthielt das Formular unter Ziffer 8.4. unter anderem folgenden, von beiden Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis:
„Mir ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben ( …) die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug (264 StGB) zur Folge haben können.“
169
Unter Ziffer 8.7. war folgender von beiden Angeklagten wahrgenommener und verstandener Hinweis dahingehend enthalten, der durch die Angeklagte P… mit einem „x“ versehen wurde:
„Ich erkläre, dass es sich bei meinem Unternehmen nicht um ein Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Rz. 20 a) bis c) der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (204/C 249/01), (siehe Nr. 1.1) handelt.“
170
Dabei war der Begriff des Unternehmens in Schwierigkeiten durch „Fettschrift“ deutlich hervorgehoben.
171
Subventionserhebliche Tatsachen wurden jedoch nicht bezeichnet.
172
In diesem Antrag vom 18.03.2020 gab die Angeklagte P… in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Angeklagten G… bewusst wahrheitswidrig unter Ziffer 4 an, dass die … UG 101 Teilzeitbeschäftigte, somit 50,5 Vollzeitbeschäftigte habe. Tatsächlich waren unter der Betriebsnummer … der … UG lediglich 42 Arbeitnehmer als Minijobber gemeldet. Die Anzahl der Minijobber wurde durch die Angeklagte P… und den Angeklagten G… bewusst überhöht angegeben, um von dem Sachbearbeiter der Regierung von Niederbayern des Antrages – der jedenfalls von 101 Minijobbern ausging – den vollen Förderbetrag in Höhe von 30.000 € zu erhalten. Die Angeklagten wussten, dass sie aufgrund der tatsächlichen Anzahl von 42 Minijobbern, somit 12,6 Vollzeitbeschäftigten, maximal einen Anspruch auf 15.000 € gehabt hätten.
173
Zudem gab die Angeklagte P… in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Angeklagten G… in dem schriftlichen Antrag vom 18.03.2020 unter den Ziffern 5, 8.1 und 8.7 zum einen wahrheitswidrig an, dass Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass die Corona Krise sei. Dabei hielten es die Angeklagten für möglich und nahmen es billigend in Kauf, dass der tatsächliche Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. für den Liquiditätsengpass nicht die Corona Krise, sondern die vorher eingetretene Zahlungsunfähigkeit zum 31.12.2019 gewesen ist. Diese Angaben wurden durch die Angeklagten falsch angegeben, um von der Regierung von Niederbayern bzw. von dem Sachbearbeiter des Antrages – der von der Richtigkeit der Angaben ausging – den vollen
174
Förderbetrag zu erhalten. Die Angeklagten hätten in Wirklichkeit aufgrund des Ausschlusskriteriums keinen Anspruch auf die Corona Soforthilfe gehabt.
175
Zum anderen gab die Angeklagte P… in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Angeklagten G… in dem schriftlichen Antrag vom 18.03.2020 an, dass es sich um kein Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt habe. Dabei hielten es die Angeklagten für möglich und nahmen es jedenfalls billigend in Kauf, dass es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im oben genannten Sinne gehandelt hat und sie damit nach nationalem Recht verpflichtet waren, einen Insolvenzantrag zu stellen. Tatsächlich nämlich war die B … UG bereits spätestens zum 31.12.2019 zahlungsunfähig, sodass ein Anspruch auf die Corona Soforthilfe aufgrund des Ausschlusskriteriums überhaupt nicht bestand. Diese Angaben wurden falsch angegeben, um von dem Sachbearbeiter des Antrages – der von der Richtigkeit der Angaben ausging – den vollen Förderbetrag zu erhalten.
176
Aufgrund der falschen Angaben der Angeklagten bewilligte die Regierung von Niederbayern durch die Sachbearbeiterin D … , die von der Richtigkeit der Angaben ausging, mit Bescheid vom 03.04.2020, Az.: 20-3075.3-3-18, eine Soforthilfe in Höhe von 30.000 € und zahlte diese auf das Konto der B … UG bei der Sparkasse … mit der IBAN … aus. Der Betrag wurde auf dem Konto am 07.04.2020 gutgeschrieben. Die Angeklagten wussten, dass sie auf den Geldbetrag in Höhe von 30.000 € keinen Anspruch hatten.
177
Mit dem Antrag auf Corona Soforthilfe beabsichtigten die Angeklagten sich aus der wiederholten Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle von einigem Umfang und Gewicht zu verschaffen.
3. Antrag auf Corona Soforthilfe vom 31.03.2020 (Fall Ziffer II. 2 der Anklage)
178
Mit dem über ein Online-Tool gestellten Antrag vom 31.03.2020 beantragte die Angeklagte P… bei der Regierung von Niederbayern für die B … UG aufgrund eines gemeinsamen Tatplans und nach Absprache in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Angeklagten G… bei der Regierung von Niederbayern eine weitere Corona Soforthilfe nach den Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona Virus Pandemie geschädigten Unternehmen und Angehörige freier Berufe vom 17.03.2020.
179
In diesem Antrag war die E-Mail-Adresse des Angeklagten G… , namentlich … angegeben. Zudem fand sich die Telefonnummer des Angeklagten G…, unter „Kontaktdetails.“ Von dieser E-Mail-Adresse aus wurde der Regierung … am 08.05.2020 die angeforderte Gewerbeanmeldung übersandt.
180
Dabei normiert das dem Antrag vom 18.03.2020 zugrundeliegende Online Formular unter der Nummer 1. – Antragsteller – den Hinweis darauf, dass Anträge nur von gewerblichen Unternehmen und selbstständigen Angehörigen der freien Berufe (bis zu 250 Erwerbstätige) gestellt werden, die eine Betriebs- bzw. Arbeitsstätte in Bayern haben.
181
Zudem fand sich der Hinweis, dass die Soforthilfe nur für Antragsteller galt, die nicht am 31.12.2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) 651/2014) waren, aber danach in Folge des Ausbruchs von Covid-19 in Schwierigkeiten geraten sind.
182
Unter Ziffer 3 war folgender von beiden Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis dahingehend enthalten, der durch die Angeklagte P… mit einem „x“ versehen wurde:
„Ich versichere, dass die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. der Liquiditätsengpass eine Folgewirkung der Coronakrise vom Frühjahr 2020 ist.“
183
Zudem enthielt das Formular unter Ziffer 6. unter anderem folgenden, von beiden Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis:
„Mir ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug (264 StGB) zur Folge haben können.“
184
Unter von beiden Angeklagten wahrgenommene und verstandener Ziffer 9. wurde durch die Angeklagten folgendes bestätigt:
„Ich erkläre, dass ich am 31.12.2019 kein Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) 651/2014) war oder ein Start- up bin, das weniger als fünf Jahren am Markt tätig ist. Start-ups im Sinne dieser Richtlinie sind junge Unternehmen (bis fünf Jahre) mit einem innovativen, digitalen und/oder technologiebasierten Geschäftsmodell, die bereits ein Produkt entwickelt und Umsätze am Markt erzielt haben.“
185
Das Unternehmen in Schwierigkeiten ist dabei gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) 651/2014) wie folgt definiert:
18. „Unternehmen in Schwierigkeiten“: Unternehmen, auf das mindestens einer der folgenden Umstände zutrifft:
a) … Im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (ausgenommen KMU, die noch keine drei Jahre bestehen, und — in Bezug auf Risikofinanzierungsbeihilfen — KMU in den sieben Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf, die nach einer Due-Diligence-Prüfung durch den ausgewählten Finanzintermediär für Risikofinanzierungen in Frage kommen): Mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen. Dies ist der Fall, wenn sich nach Abzug der aufgelaufenen Verluste von den Rücklagen (und allen sonstigen Elementen, die im Allgemeinen den Eigenmitteln des Unternehmens zugerechnet werden) ein negativer kumulativer Betrag ergibt, der mehr als der Hälfte des gezeichneten Stammkapitals entspricht. Für die Zwecke dieser Bestimmung bezieht sich der Begriff „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ insbesondere auf die in Anhang I der Richtlinie 2013/34/EU (37) genannten Arten von Unternehmen und der Begriff „Stammkapital“ umfasst gegebenenfalls alle Agios.
b) … Im Falle von Gesellschaften, bei denen zumindest einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften (ausgenommen KMU, die noch keine drei Jahre bestehen, und — in Bezug auf Risikofinanzierungsbeihilfen — KMU in den sieben Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf, die nach einer Due-Diligence-Prüfung durch den ausgewählten Finanzintermediär für Risikofinanzierungen in Frage kommen): Mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen. Für die Zwecke dieser Bestimmung bezieht sich der Begriff „Gesellschaften, bei denen zumindest einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften“ insbesondere auf die in Anhang II der Richtlinie 2013/34/EU genannten Arten von Unternehmen.
c) … Das Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder erfüllt die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger.
d) … Das Unternehmen hat eine Rettungsbeihilfe erhalten und der Kredit wurde noch nicht zurückgezahlt oder die Garantie ist noch nicht erloschen beziehungsweise das Unternehmen hat eine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten und unterliegt immer noch einem Umstrukturierungsplan.
e) … Im Falle eines Unternehmens, das kein KMU ist: In den letzten beiden Jahren
1. betrug der buchwertbasierte Verschuldungsgrad des Unternehmens mehr als 7,5 und
2. das anhand des EBITDA berechnete Zinsdeckungsverhältnis des Unternehmens lag unter 1,0;
186
Des Weiteren gab die Angeklagte P… in bewusstem und gewollten Zusammenwirken mit dem Angeklagten G… unter der Maske „Ich möchte den bisherigen Antrag zurückziehen“ mit „Ja“ an. Eine Rücknahme des Antrages erfolgte jedoch in der Folge nicht.
187
Subventionserhebliche Tatsachen wurden wiederum nicht bezeichnet.
188
In diesem Antrag vom 31.03.2020 gab die Angeklagte P… in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Angeklagten G… bewusst wahrheitswidrig an, dass die B … UG 101 Beschäftigte auf 450 € Basis habe. Tatsächlich waren unter der Betriebsnummer … der B … UG lediglich 42 Arbeitnehmer als Minijobber gemeldet. Die Anzahl der Minijobber wurde durch die Angeklagte P… und den Angeklagten G… bewusst überhöht angegeben, um von dem Sachbearbeiter der Regierung von Niederbayern des Antrages – der von 101 Minijobbern ausging – den vollen Förderbetrag in Höhe von 30.000 € zu erhalten.
189
Zudem gab die Angeklagte P… in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Angeklagten G… in dem Antrag vom 31.03.2020 wahrheitswidrig an, dass Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass die Corona Krise sei. Dabei hielten es die Angeklagten für möglich und nahmen es billigend in Kauf, dass der tatsächliche Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. für den Liquiditätsengpass nicht die Corona Krise, sondern die vorher eingetretene Zahlungsunfähigkeit zum 31.12.2019 gewesen ist. Diese Angaben wurden durch die Angeklagten falsch angegeben, um von der Regierung von Niederbayern bzw. dem Sachbearbeiter des Antrages – der von der Richtigkeit der Angaben ausging – den vollen Förderbetrag zu erhalten. Die Angeklagten hätten in Wirklichkeit aufgrund des Ausschlusskriteriums keinen Anspruch auf die Corona-Soforthilfe gehabt.
190
Zum anderen gab die Angeklagte P… in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Angeklagten G… in dem schriftlichen Antrag vom 31.03.2020 an, dass es sich um kein Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt habe. Dabei hielten es die Angeklagten für möglich und nahmen es jedenfalls billigend in Kauf, dass es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im oben genannten Sinne gehandelt hat und sie damit nach nationalem Recht verpflichtet waren, einen Insolvenzantrag zu stellen. Tatsächlich nämlich war die B … UG bereits spätestens zum 31.12.2019 zahlungsunfähig, sodass ein Anspruch auf die Soforthilfe Corona aufgrund des Ausschlusskriteriums überhaupt nicht bestand. Diese Angaben wurden falsch angegeben, um von dem Sachbearbeiter des Antrages – der von der Richtigkeit der Angaben ausging – den vollen Förderbetrag zu erhalten.
191
Aufgrund der Angaben der Angeklagten bewilligte die Regierung von Niederbayern durch die Sachbearbeiterin mit Bescheid vom 08.05.2020, Az.: SR-19383, eine Soforthilfe in Höhe von 30.000 € und zahlte diese auf das private Konto der Angeklagten P… bei der Sparkasse mit der IBAN … aus. Der Betrag wurde am 08.05.2020 auf dem Konto gutgeschrieben. Der Antrag wurde dabei durch die Sachbearbeiterin M … die von der Richtigkeit der Angaben ausging, am 08.05.2020 genehmigt und zur Auszahlung gebracht. Die Angeklagten wussten, dass sie auf den Geldbetrag in Höhe von 30.000 € keinen Anspruch hatten.
192
Mit dem Antrag auf Corona Soforthilfe beabsichtigten die Angeklagten, sich aus der wiederholten Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle von einigem Umfang und Gewicht zu verschaffen.
4. Tatbeitrag des Angeklagten G …
193
Der Angeklagte G… las sich intensiv in das Themengebiet der Corona Soforthilfen ein. Dabei kümmerte sich der Angeklagte G… sowohl um die Beschaffung der Mitarbeiterliste als auch um die Beantragung der Hilfen. Zudem übersandte der Angeklagte G… über seine E-Mail-Adresse die Gewerbeanmeldung der B … UG an die Regierung von Niederbayern. So holte der Angeklagte G… die Angeklagte P… ab und ging mit dieser gemeinsam die ausgefüllten Formulare durch. Man entschied gemeinsam zwei Anträge auf Corona Soforthilfe zu beantragen, um sich Liquidität zu beschaffen. Auch war es der Angeklagte G…, der gegenüber der Lohnbuchhalterin Sch … Anweisungen gab, welche Mitarbeiter abgemeldet werden sollen, um die entsprechende Mitarbeiteranzahl zur Gewährung der Corona Soforthilfen zu erreichen. Der Angeklagte war jederzeit darüber informiert, welcher Anzahl an Mitarbeiter es für welche Förderhöhe bedurft hat. Zudem gab der Angeklagte G… der Angeklagten P… Anweisungen dahingehend, was sie tun müsse, damit die Corona Soforthilfen nicht direkt gepfändet werden. Er selbst hatte ein erhebliches eigenes Interesse an der Bewilligung der Corona Soforthilfen. Der Angeklagte wusste, dass er nur an die von der … UG an ihn geschuldeten monatlichen Mietzahlungen kommen würde, wenn die … UG wieder zu einem Geldfluss und Liquidität kommen würde. Ohne die unberechtigten Hilfen war ihm das Bestreiten seines Lebensunterhaltes kaum möglich.
IV. Subventionsbetrugstaten (Fälle II. 3, II. 5, II. 6)
194
Hinsichtlich der den Angeklagten vorgeworfenen Subventionsbetrugstaten (Fälle II. 3, II. 5, II. 6 der Anklage) hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
1. Überbrückungshilfe
195
Die Überbrückungshilfe ist ein Bundesprogramm zur Erstattung der betrieblichen Fixkosten bei Corona bedingten Umsatzausfällen. Das Programm richtet sich an Unternehmen, einschließlich gemeinnütziger Unternehmen und Vereine, und im Haupterwerb tätige Soloselbständige und Angehörige der Freien Berufe aller Wirtschaftsbereiche. Die Überbrückungshilfe wird als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel gewährt.
196
Dabei umfasste die Überbrückungshilfe mehrere Phasen. Die Überbrückungshilfe I lief von Juni bis August 2020. Die Antragsfrist endete am 9. Oktober 2020. Die Überbrückungshilfe II lief von September bis Dezember 2020. Anträge für die zweite Phase konnten bis 31. März 2021 gestellt werden. Die Überbrückungshilfe III lief von November 2020 bis Juni 2021. Anträge konnten bis 31. Oktober 2021 gestellt werden.
1.1. Ablauf der Antragstellung
197
Die Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen konnten von in Bayern ansässigen Antragstellern bei der IHK für M. und Oberbayern (fortan: IHK) beantragt werden. Die Antragstellung erfolgte elektronisch über die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie betriebene Antragsplattform www.ueberbrueckungshilfe.de und musste zwingend von einem sogenannten prüfenden Dritten als Antragserfassenden durchgeführt werden. Prüfender Dritter konnte dabei lediglich ein Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rechtsanwalt sein. Der prüfende Dritte durfte nicht identisch mit dem Antragsteller sein. Auch durfte der prüfende Dritte nicht abhängiger Beschäftigter, Syndikusanwalt oder Gesellschafter des Antragstellers sein.
198
Dabei lief die Antragstellung wie folgt ab: Um überhaupt einen Antrag stellen zu können, richtete sich der prüfende Dritte zunächst einen Account auf der Antragsplattform ein. Über diesen Account meldete er sich sodann auf der Plattform an und füllte den „Antrag auf Gewährung von Corona Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Unternehmen“ sowie das Formular „Erklärungen des Antragstellers zum Überbrückungshilfeprogramm des Bundes sowie gegebenenfalls zum landesspezifischen Programm“ aus. Die Erklärungen des Antragstellers druckte er sodann aus und ließ sie vom Antragsteller oder dessen Organ/Vertreter unterschreiben. Anschließend lud er den elektronischen Scan des unterschriebenen Formulars wieder über das Onlineportal der IHK zu seinem Antragsvorgang hoch.
199
Das jeweilige Formular „Erklärungen des Antragstellers“ enthielt unter der Überschrift „2. Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ unter anderem eine Auflistung der Angaben, die der Bund als subventionserheblich bezeichnet hat.
200
Hinweise und Erläuterungen zum Ausfüllen der Online-Eingabemaske des Antrags fanden sich insbesondere in den FAQ zur „Corona Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen“ – der jeweiligen Phase. Zum anderen war die Online-Eingabemaske so konstruiert, dass zu den einzelnen auszufüllenden Feldern Erklärungen und Informationen durch Anklicken eines entsprechenden, je daneben angebrachten Buttons im laufenden Ausfüllvorgang aufgerufen werden konnten (Pop-Ups).
1.2. Antrag vom 16.07.2020 auf Gewährung der Überbrückungshilfe Phase 1 (Fall Ziffer II. 3 der Anklage)
1.2.1. Maßgebende Richtlinie in der Bekanntmachung vom 07.07.2020
201
Die Antragsberechtigung richtete sich nach Nr. 2 der Richtlinien. Hiernach waren antragsberechtigt:
2. Antragsberechtigung
2.1 Antragsberechtigte Unternehmen
Antragsberechtigt sind Unternehmen3, einschließlich von Sozialunternehmen4, aller Wirtschaftsbereiche (einschließlich der landwirtschaftlichen Urproduktion), sowie Soloselbständige und Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb,
a) … die wirtschaftlich und damit dauerhaft am Markt tätig sind und spätestens am 31. Oktober 2019 gegründet wurden,
b) … die sich nicht für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds5 qualifizieren, weil sie in den letzten beiden bilanziell abgeschlossenen Geschäftsjahren vor dem 1. Januar 2020 nicht mehr als eines der folgenden Kriterien überschreiten:
- … 43 Mio. Euro Bilanzsumme,
- … 50 Mio. Euro Umsatzerlöse oder
- … 249 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt.
c) … die ihre Tätigkeit von einer inländischen Betriebsstätte oder einem inländischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen, bei einem deutschen Finanzamt angemeldet sind und in Bayern ertragsteuerlich geführt werden,
d) … die sich nicht bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung6 befunden haben und
e) … deren Umsatz7 in Folge der Corona-Pandemie im Durchschnitt der Monate April und Mai 2020 um mindestens 60 % im Vergleich zum Durchschnitt in April und Mai 2019 zurückgegangen ist, wobei bei Unternehmen, die nach dem 1. April 2019 gegründet worden sind, statt der Monate April und Mai 2019 die Monate November und Dezember 2019 zum Vergleich heranzuziehen sind.
2.2 ( …)
2.5 … Personengesellschaften
Bei Personengesellschaften ist nur einer der Gesellschafter für die Gesellschaft antragsberechtigt.
2.6 … Soloselbständige und selbständige Angehörige der Freien Berufe
1Soloselbständige oder Angehörige der Freien Berufe sind antragsberechtigt, wenn sie ihr Gesamteinkommen im Jahr 2019 zu mindestens 51 % aus ihrer selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit erzielen (Haupterwerb). 2Sie können nur einen Antrag stellen, unabhängig davon, wie viele Betriebsstätten sie haben.
202
Hinsichtlich 2.1 d) fand sich unter dem Verweis auf Fußnote 6:
Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
203
Bezüglich des Umfangs der Überbrückungshilfe war unter 3.2 folgendes geregelt:
Umfang der Überbrückungshilfe
1Die Überbrückungshilfe erstattet einen Anteil in Höhe von
i 80 % der Fixkosten bei mehr als 70 % Umsatzrückgang,
i 50 % der Fixkosten bei Umsatzrückgang zwischen 50 % und 70 %,
i 40 % der Fixkosten bei Umsatzrückgang zwischen 40 % und 50 %
im Leistungsmonat im Vergleich zum Vorjahresmonat. 2Bei Unternehmen, die zwischen 1. Juni 2019 und 31. Oktober 2019 gegründet worden sind, sind die Monate Dezember 2019 bis Februar 2020 zum Vergleich heranzuziehen. 3Die Bemessung der konkreten Höhe der Überbrückungshilfe orientiert sich an der tatsächlichen Umsatzentwicklung in den Monaten Juni bis August 2020. 4Liegt der Umsatzrückgang in einem dieser Monate bei weniger als 40 % im Vergleich zum Umsatz des Vergleichsmonats, entfällt die Überbrückungshilfe für den jeweiligen Leistungsmonat. 5Eine Überkompensation ist zurückzuzahlen.
3.3 Maximale Leistungsdauer und Höchstbeträge
1Die Überbrückungshilfe wird für maximal drei Monate gewährt bis zu einer maximalen Höhe von
a) … 3.000 Euro pro Monat bei Soloselbständigen, selbständigen Angehörigen der Freien Berufe und Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten,
b) … 5.000 Euro pro Monat bei Unternehmen bis zu zehn Beschäftigten,
c) … 50.000 Euro pro Monat bei allen übrigen Unternehmen.
2Als Beschäftigtenzahl wird die Zahl der Mitarbeiter in Vollzeitäquivalenten9 zum Stichtag 29. Februar 2020 zugrunde gelegt. 3Die maximalen Erstattungsbeträge nach Satz 1 Buchstaben a und b können nur in begründeten Ausnahmefällen überschritten werden. 4Ein begründeter Ausnahmefall liegt vor, wenn die Überbrückungshilfe auf Basis der erstattungsfähigen Fixkosten mindestens doppelt so hoch läge wie der maximale Erstattungsbetrag. 5In diesen Fällen bekommt der Antragsteller über den maximalen Erstattungsbetrag hinaus die hierbei noch nicht berücksichtigten Fixkosten erstattet
a) … zu 40 %, soweit das Unternehmen im Leistungsmonat einen Umsatzausfall zwischen 40 % und 70 % erleidet,
b) … zu 60 %, soweit das Unternehmen im Leistungsmonat einen Umsatzausfall über 70 % erleidet.
6Die Höhe der maximalen Überbrückungshilfe von 50.000 Euro pro Monat für drei Monate bleibt davon unberührt.
204
Die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie „Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen“ vom 7. Juli 2020 (BayMBl. Nr. 397) wurde durch Bekanntmachung vom 23.07.2020 geändert. Diese Änderungen wirkten sich auf den vorliegenden Sachverhalt nicht aus. Diese neue Bekanntmachung trat mit Wirkung zum 07. Juli in Kraft.
1.2.2. Antragstellung durch Steuerberaterin Z…
205
Die Steuerberaterin Z… stellte als prüfende Dritte auf Anweisung der Angeklagten P… und G… am 16.07.2020 bei der IHK für M. und Oberbayern, M3. Straße 2, 8... M4., einen elektronischen Antrag auf Überbrückungshilfe nach den „Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen“ vom 07.07.2020 in Höhe von insgesamt 23.311,20 EUR. Hierfür erhielt die Angeklagte P… von der Steuerberaterin Z… a zur Durchsicht und zum Unterschreiben eine E-Mail mit den bereits vorausgefüllten Unterlagen. Zuvor waren die Angeklagte P… zusammen mit dem Angeklagten G… gemeinsam bei der Steuerberaterin Z…, um zu klären, was insoweit beantragt werden kann. Bei diesem Termin gab die Steuerberaterin Z… den Angeklagten Unterlagen hinsichtlich der zu erwartenden Kosten in den nächsten Monaten mit, die auszufüllen und an die Steuerberaterin Z… zurückzugeben waren.
206
Unter der Maske „Details zur Antragsberechtigung“ wurde durch die Antragstellerin mittels eines „Hakens“ bestätigt, dass der Umsatzeinbruch im Zusammenhang mit der Corona Pandemie steht.
207
Zudem wurde durch den Antragsteller versichert, dass es sich nicht um ein Unternehmen gehandelt hat, dass bereits am 31.12.2019 in Schwierigkeiten war. Hier war folgender Wortlaut ausgeführt:
„Antragsberechtigt sind Unternehmen, die nicht bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) waren. Einzelheiten können dem KfW-Merkblatt entnommen werden: https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/F%C3%B6rderprogramme(Inlandsf%C3%B6 rderunq)/PDF-Dokumente/6000004661 M-Unternehmen in Schwierigkeiten.pdf.
Dem mit Hyper-Link genannten KfW-Merkblatt konnte unter 2. „Prüfkriterien für Unternehmen in Schwierigkeiten“ im Einzelnen Folgendes entnommen werden:
Ein Unternehmen ist in Schwierigkeiten, wenn mindestens eines der unter Ziffern 2.1 bis 2.5 dargestellten Kriterien zum a) 31. Dezember 2019 bzw. zum b) 31. Dezember 2021 erfüllt war. ( …)
2.3 … Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder Vorliegen der Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (Artikel 2 Nummer 18 Litera c Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung)
Das Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder erfüllt die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger. i Sollte ein Unternehmen zum Stichtag a) 31. Dezember 2019 bzw. zum Stichtag b) 31. Dezember 2021 Gegenstand eines Insolvenzverfahrens gewesen sein, ist es nicht förderfähig.
i Dies ist grundsätzlich auch bei einem Schutzschirmverfahren nach § 270b Insolvenzordnung (InsO) der Fall.
i Das Unternehmen war auch in Schwierigkeiten, wenn die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gemäß §§ 17 folgende Insolvenzordnung erfüllt waren. Dies sind – drohende Zahlungsunfähigkeit, – Zahlungsunfähigkeit und – Überschuldung.“
208
Die Online-Eingabemaske enthielt unter 2. „Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ nachfolgende Hinweise:
„Antragsberechtigt sind Unternehmen, die nicht bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) waren. Einzelheiten können dem KfW-Merkblatt entnommen werden: https://www.kfw.de/PDF/Downioad-Center/F%C3%B6rderprogramme(inlandsf%C3%B6rderung)/PDF-Dokumente/6000004661 … M-Unternehmen in Schwierigkeiten.pdf. Die Angaben in diesem Antrag einschließlich aller Anlagen sind vollständig und richtig. Mir/uns ist bekannt, dass es sich bei der beantragten Soforthilfe um eine Subvention im Sinne des § 264 Strafgesetzbuch (StGB) handelt und die nachfolgend aufgeführten Angaben subventionserhebliche Tatsachen gemäß § 264 StGB i.V.m § 2 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 in der jeweils gültigen Fassung und des jeweiligen Landessubventionsgesetzes sind
Im Einzelnen sind für die Bewilligung und Gewährung der Zuwendung folgende Tatsachen subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB:
i Angaben zum Antragsteller (Name, Rechtsform, Handelsregisternummer, Adresse inländischer Sitz der Geschäftsführung bzw. der inländischen Betriebsstätte, Zahl der Beschäftigten),
i Angabe, dass sich der Antragsteller nicht im Sinne von Ziff. 2 Abs. 4 der Vollzugshinweise für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds qualifiziert, er hat also vor dem 1. Januar 2020 nicht mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt hat:
a) … mehr als 43 Mio. Euro Bilanzsumme
b) … mehr als 50 Mio. Euro Umsatzerlöse oder
c) … mehr als 249 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt.
i Angabe, dass der Antragsteller als Unternehmen dauerhaft wirtschaftlich am Markt tätig ist;
i Angabe, dass es sich bei dem Antragsteller nicht um ein öffentliches Unternehmen handelt;
i Bestätigung, dass die Angaben zum geschätzten Umsatz jeweils in April 2020 und Mai 2020 sowie Angaben zum Umsatz jeweils im April 2019 und Mai 2019 (falls das Unternehmen nach April 2019 gegründet wurde: November 2019 und Dezember 2019) im Einklang mit Ziff. 3 Abs. I lit. oder Vollzugshinweise gemach wurden;
i Angabe, dass der Umsatzeinbruch in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie steht;
i Angabe, ob es sich bei dem Antragsteller um ein verbundenes Unternehmen im Sinne von Ziff. 2 Abs. 5 der Vollzugshinweise handelt, und wenn ja, für wie viele Unternehmen der Antrag gestellt wird;
i Angabe der Fixkosten (Ziff. 3.1 der Projektskizze);
i Angabe zu anderen beantragten oder bewilligten Bundes- und/oder Landeshilfen (Ziff. 4 der Projektskizze);
i Angabe, ob es sich bei dem Antragsteller um ein gemeinnütziges Unternehmen z.B. Jugendherberge, Schullandheim, Träger des internationalen Jugendaustauschs, Einrichtung der Behindertenhilfe handelt (Ziff. 5.1 der Projektskizze);
i Versicherung, dass der Antragsteller nicht bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 12 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) war;
i Versicherung, dass durch die Inanspruchnahme der Überbrückungshilfe der beihilfenrechtlich nach der Kleinbeihilfenregelung 2020 zulässige Höchstbetrag, ggf. kumuliert mit dem Höchstbetrag für Beihilfen nach der De-Minimis-Verordnung (Verordnung (EU) Nr.1407/2013) nicht überschritten wird.
i Subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB sind ferner alle Tatsachen, die für die Gewährung, Inanspruchnahme, das Belassen oder die Rückforderung der Zuwendung von Bedeutung sind. Dies umfasst auch die Angaben über eine dauerhafte Einstellung des Geschäftsbetriebs bzw. eine Anmeldung der Insolvenz vor Ende August 2020
In dem Antrag wurde auch auf die jeweils aktuelle Version der Vollzugshinweise verwiesen: htpps//www.ueberbrueckungshilfeunternehmen.de/UBH/Redaktion/DE/Downloads/anlagevollzugshinweise.pdf?blob=publicationFile&v=2.
1.2.3. Unrichtige Angaben
209
In dem Antrag mit der Antragsnummer … machte die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten P… und G… wahrheitswidrig unzutreffende Angaben dahingehend, dass es sich bei der … UG zum einem nicht um ein Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt habe, dass sich tatsächlich zum 31.12.2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hat und zum anderen, dass bei der … UG 101 Beschäftigte auf 450 € Basis beschäftigt waren.
1.2.3.1. Unternehmen nicht bereits am 31.12.2019 in Schwierigkeiten
210
Die Steuerberaterin Z… gab auf Anweisung der Angeklagten, die bewusst und gewollt zusammenwirkten, in dem schriftlichen Antrag vom 16.07.2020 an, dass es sich um kein Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt hat. Dabei hielten es die Angeklagten für möglich und nahmen es jedenfalls billigend in Kauf, dass es sich am 31.12.2019 um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im oben genannten Sinne gehandelt hat und mithin die … UG zum 31.12.2019 zahlungsunfähig war. Ebenso hielten sie es für möglich und nahmen es billigend in Kauf, dass sie nach nationalem Recht verpflichtet waren, einen Insolvenzantrag zu stellen. Tatsächlich war, was die Angeklagten jedenfalls für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen, die … UG bereits spätestens zum 31.12.2019 zahlungsunfähig und wäre nach nationalem Recht verpflichtet gewesen einen entsprechenden Insolvenzantrag zu stellen, sodass ein Anspruch auf die Überbrückungshilfe aufgrund des Ausschlusskriteriums nicht bestand.
211
Die Erklärungen des Antragstellers enthielten unter „2. Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ folgenden von den Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis:
„( …) Im Einzelnen sind für die Bewilligung und Gewährung der Zuwendung folgende Tatsachen subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB:
Versicherung, dass der Antragsteller nicht bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 12 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014 war.“
1.2.3.2. Anzahl der Beschäftigten
212
Zudem gab die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten, die bewusst und gewollt zusammenwirkten, in dem schriftlichen Antrag vom 16.07.2020 wahrheitswidrig an, dass die … UG 101 Beschäftigte auf 450 € Basis habe. Tatsächlich waren, was die Angeklagten wussten, unter der Betriebsnummer … der … UG lediglich 42 Arbeitnehmer als Minijobber gemeldet.
213
Die Erklärungen des Antragstellers enthielten unter „2. Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ folgenden von den Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis:
„( …) Im Einzelnen sind für die Bewilligung und Gewährung der Zuwendung folgende Tatsachen subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB:
Angaben zum Antragsteller (Name, Rechtsform, Handelsregisternummer, Adresse inländischer Sitz der Geschäftsführung bzw. der inländischen Betriebsstätte, Zahl der Beschäftigten)“
1.2.3.3. Vorangegangene gestellte Anträge
214
Zudem gab die Steuerberaterin Z… a auf Anweisung der Angeklagten, die bewusst und gewollt zusammenwirkten, in dem schriftlichen Antrag vom 16.07.2020 wahrheitswidrig an, dass mit dem Antrag vom 18.03.2020 bislang lediglich ein Antrag auf Gewährung von Soforthilfen gestellt wurde. Der gestellte Antrag vom 31.03.2020 auf Corona Soforthilfe findet keinerlei Erwähnung.
215
Die Erklärungen des Antragstellers enthielten unter „2. Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ folgenden von den Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis:
„( …) Im Einzelnen sind für die Bewilligung und Gewährung der Zuwendung folgende Tatsachen subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB:
Angabe zu anderen beantragten oder bewilligten Bundes- und/oder Landeshilfen (Ziff. 4 der Projektskizze)“
1.2.4. Bewilligung und Auszahlung
216
Die unter C. IV. 1.2.3.1. gemachte falsche Angabe hatte zur Folge, dass mit Bescheid vom 03.08.2020, Az: EAR-44096 durch die IHK für M. und Oberbayern eine Überbrückungshilfe in Höhe von 23.311,20 EUR bewilligt und auf das Geschäftskonto der Bare-BG UG bei der Sparkasse Rottal-Inn mit der IBAN … ausbezahlt wurde, auf die mangels Antragsberechtigung kein Anspruch bestanden hat.
217
Die falsch gemachten Angaben wurden auch im Änderungsantrag vom 28.10.2020 ausdrücklich aufrechterhalten. Dies hatte zur Folge, dass durch die IHK für M. und Oberbayern mit Bescheid vom 09.11.2020, … nunmehr eine erhöhte Überbrückungshilfe in Höhe von insgesamt 24.967,20 EUR festgesetzt und auf das genannte Konto bei der Sparkasse … mit der IBAN … ausbezahlt wurde.
2. Außerordentliche Wirtschaftshilfen (November- und Dezemberhilfe 2020)
218
Die außerordentlichen Wirtschaftshilfen des Bundes unterstützten Unternehmen, Selbständige und Vereine, die von den Schließungen ab 01.11.2020 zur Bekämpfung der Corona Pandemie betroffen waren. Die Antragsfrist für Erstanträge endete am 30.04.2021.
219
Ausweislich der Richtlinien für die Gewährung außerordentlicher Wirtschaftshilfen des Bundes für November 2020 hatten die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit Beschluss vom 28.10.2020 aufgrund der mit exponentieller Dynamik steigenden Zahl der Infektionen mit dem Corona Virus in Deutschland infektionsschutzrechtliche Maßnahmen beschlossen, um die Infektionsdynamik zu unterbrechen und die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Diese Maßnahmen beinhalteten Kontaktbeschränkungen, die Schließung von Institutionen und Einrichtungen zur Freizeitgestaltung, der Gastronomie und von Dienstleistungsbetrieben im Bereich der Körperpflege sowie die Untersagung von zur Unterhaltung dienender Veranstaltungen und von Übernachtungsangeboten zu touristischen Zwecken. Ziel der Novemberhilfe war es, durch einen Beitrag zur Kompensation des Umsatzausfalls die wirtschaftliche Existenz von Unternehmen, Soloselbständigen und Angehörigen der Freien Berufe, die in Folge des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 28.10.2020 von Corona bedingten Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen im November 2020 betroffen waren und deshalb erhebliche Umsatzausfälle erlitten, zu sichern.
220
Ausweislich der Richtlinien für die Gewährung außerordentlicher Wirtschaftshilfen des Bundes für Dezember 2020 war es auch Ziel der Dezemberhilfe durch einen Beitrag zur Kompensation des Umsatzausfalls die wirtschaftliche Existenz von Unternehmen, Soloselbständigen und Angehörigen der Freien Berufe, die in Folge der Beschlüsse der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 25.11. und vom 02.12.2020 von Corona bedingten Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen im Dezember 2020 betroffen waren und deshalb erhebliche Umsatzausfälle erlitten, zu sichern.
221
Ein Antrag auf November- sowie Dezemberhilfe konnte ausschließlich in digitaler Form über das Internet-Portal des Bundes gestellt werden. Der Antrag war durch eine prüfende Dritte oder einen prüfenden Dritten im Namen der oder des Antragstellenden einzureichen. Auf der Basis der bei der Antragstellung gemachten Angaben erfolgte die Auszahlung der November- und Dezemberhilfe.
2.1. Antrag vom 11.12.2020 auf Gewährung der Novemberhilfe (Fall Ziffer II. 5 der Anklage)
2.1.1. Maßgebende Richtlinie
222
Die Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für November 2020 (Novemberhilfe) in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 24. November 2020 regelte unter Ziffer 2. zur Antragsberechtigung:
2. Antragsberechtigung
2.1 … Antragsberechtigte Unternehmen
1Antragsberechtigt sind unabhängig von dem Wirtschaftsbereich, in dem sie tätig sind, Unternehmen6 einschließlich … Sozialunternehmen … (gemeinnützige … Unternehmen)7 sowie Soloselbständige8 einschließlich selbständiger Angehöriger der Freien Berufe im Haupterwerb, wenn
a) … sie ihre Tätigkeit von einer inländischen Betriebsstätte oder einem inländischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen und bei einem deutschen Finanzamt für steuerliche Zwecke erfasst sind,
b) … ihre wirtschaftliche Tätigkeit vom Lockdown9 betroffen ist
aa) weil sie aufgrund der auf Grundlage des Beschlusses von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 erlassenen Bestimmungen auf Landesebene, insbesondere der Schließungsverordnung, den Geschäftsbetrieb einstellen mussten oder es sich bei ihnen um Beherbergungsbetriebe oder Veranstaltungsstätten handelt (direkt Betroffene),
bb) weil sie nachweislich und regelmäßig mindestens 80 % ihrer Umsätze mit direkt von den oben genannten Maßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen (indirekt Betroffene) oder
cc) weil sie regelmäßig mindestens 80 % ihrer Umsätze durch Lieferungen und Leistungen im Auftrag direkt von den Maßnahmen betroffener Unternehmen über Dritte (zum Beispiel Veranstaltungsagenturen) erzielen (über Dritte Betroffene) und sie im November 2020 wegen der Schließungsverordnung auf der Grundlage der Ziffern 5 und 6 des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober 2020 einen Umsatzeinbruch von mehr als 80 % gegenüber dem Vergleichsumsatz erleiden,
c) … sie vor dem 1. Oktober 2020 gegründet worden sind und
d) … sie die Geschäftstätigkeit vor dem 31. Oktober 2020 nicht dauerhaft eingestellt haben.
2Die Betroffenheit im Sinne von Satz 1 Buchstabe b endet, wenn die ihr zugrunde liegende Schließungsverordnung außer Kraft gesetzt oder aufgehoben wird, spätestens jedoch zum 30. November 2020.
2.2 … Soloselbständige und selbständige Angehörige der Freien Berufe
1Soloselbständige und selbständige Angehörige der Freien Berufe sind dann im Sinne von Ziffer 2.1. im Haupterwerb tätig, wenn sie die Summe ihrer Einkünfte im Jahr 2019 zu mindestens 51 % aus ihrer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit erzielen. 2Wurde die gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit nach dem 31. Oktober 2019 aufgenommen, ist auf die Summe der Einkünfte seit Aufnahme der Tätigkeit abzustellen.
(…) 2.7 Unternehmen in Schwierigkeiten
1Nicht antragsberechtigt sind Unternehmen, die bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) waren oder derzeit ein Unternehmen in Schwierigkeiten sind. 2Abweichend davon können Beihilfen für kleine und Kleinstunternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz und/oder einer Jahresbilanzsumme von weniger als 10 Mio. Euro gewährt werden, die sich am 31. Dezember 2019 bereits in Schwierigkeiten befanden, sofern diese Unternehmen nicht Gegenstand eines Insolvenzverfahrens nach nationalem Recht sind und sie weder Rettungsbeihilfen noch Umstrukturierungsbeihilfen erhalten haben. 3Falls diese Unternehmen eine Rettungsbeihilfe erhalten haben, dürfen sie dennoch Beihilfen im Rahmen der Novemberhilfe erhalten, wenn zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Beihilfen der Kredit bereits zurückgezahlt wurde oder die Garantie bereits erloschen ist. 4Falls diese Unternehmen eine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten haben, dürfen sie dennoch Beihilfen im Rahmen der Novemberhilfe erhalten, wenn sie zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Beihilfen keinem Umstrukturierungsplan mehr unterliegen.
223
Zum Verhältnis zu anderen Hilfen war in den Richtlinien vorgesehen:
4. Verhältnis zu anderen Hilfen
4.1 … Kumulierung mit öffentlichen Hilfen
1Eine Kumulierung der Novemberhilfe mit anderen öffentlichen Hilfen, insbesondere mit Darlehen, ist zulässig. 2Das Verhältnis zu Soforthilfe, Überbrückungshilfe, anderen Corona-bedingten Hilfsprogrammen und Versicherungen sowie zum Kurzarbeitergeld bestimmt sich nach den Ziffern 4.2. bis 4.4. 3In jedem Fall muss sichergestellt sein, dass durch die Gewährung der Novemberhilfe der nach der „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ einschlägige Höchstbetrag, gegebenenfalls kumuliert mit dem Höchstbetrag der De- minimis-Verordnung, unter Berücksichtigung der sonstigen auf der Grundlage dieser Bundesregelung gewährten Hilfen nicht überschritten wird.
4.2 … Verhältnis zur Soforthilfe und Überbrückungshilfe
1Unternehmen, die eine Leistung durch die erste Phase des Überbrückungshilfeprogramms oder die Soforthilfe des Bundes oder der Länder erhalten haben, aber aufgrund des Lockdowns von Umsatzausfällen im oben genannten Umfang betroffen sind, sind erneut antragsberechtigt. 2Der Leistungszeitraum des Hilfsprogramms für den November 2020 überschneidet sich mit der zweiten Phase des Überbrückungshilfeprogramms für kleine und mittelständische Unternehmen (Leistungszeitraum September bis Dezember 2020). 3Eine Inanspruchnahme des Überbrückungshilfeprogramms und/oder der Soforthilfe schließt die Inanspruchnahme der Novemberhilfe nicht aus. 4Leistungen aus der Überbrückungshilfe für denselben Leistungszeitraum werden angerechnet. 5Wird zuerst ein Antrag für die zweite Phase der Überbrückungshilfe und anschließend ein Antrag auf Novemberhilfe gestellt, sind die im Rahmen der Überbrückungshilfe für November 2020 beantragten Zuschüsse bei der Antragstellung für Novemberhilfe entsprechend anzugeben. 6Wird zuerst ein Antrag für Novemberhilfe und anschließend ein Antrag auf Überbrückungshilfe gestellt, sind die im Rahmen der Novemberhilfe beantragten Zuschüsse bei der Antragstellung für die Überbrückungshilfe entsprechend anzugeben.
4.3 … Verhältnis zu anderen Corona-bedingten Hilfsprogrammen und Versicherungen
1Leistungen aus anderen gleichartigen Corona-bedingten Zuschussprogrammen des Bundes und der Länder sowie aufgrund der Betriebsschließung bzw. Betriebseinschränkung aus Versicherungen erhaltene Zahlungen werden auf die Leistungen der Novemberhilfe angerechnet, soweit die Förderzeiträume sich überschneiden. 2Eine Anrechnung bereits bewilligter bzw. erhaltener Leistungen aus anderen Zuschussprogrammen bzw. Versicherungen erfolgt bereits bei der Beantragung der Novemberhilfe. 3Im Falle einer Antragstellung über prüfende Dritte (Ziffer 6.2. Satz 1) erfolgt eine Anrechnung der Leistungen aus Satz 1 und 2 in tatsächlich erfolgter Höhe im Rahmen der Schlussabrechnung.
(…)
224
Im Rahmen der Änderung der Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für November 2020 (Novemberhilfe) in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 15. Januar 2021, Az. PGÜ-3560-3/2/277 wurde unter anderem folgendes geändert:
225
Nr. 2.7 wurde wie folgt geändert:
In Satz 2 werden die Worte „kleine und Kleinstunternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz und/oder einer Jahresbilanzsumme von weniger als 10 Mio. Euro“ durch die Worte „Klein- und Kleinstunternehmen im Sinne von Art. 2 des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014)“ ersetzt.
Nach Satz 4 wird folgender neuer Satz 5 angefügt:
5Kleinunternehmen sind Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten, deren Jahresumsatz und/oder Jahresbilanzsumme 10 Mio. EUR nicht übersteigt; Kleinstunternehmen sind Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten, deren Jahresumsatz bzw. Jahresbilanzsumme 2 Mio. EUR nicht übersteigt.“
226
Diese Bekanntmachung trat mit Wirkung vom 15.01.2021 in Kraft. Weitere für das Verfahren relevante Änderungen gab es nicht mehr.
2.1.2. Antragstellung durch Steuerberaterin Z …
227
Die Steuerberaterin Z… stellte auf Anweisung der Angeklagten P… am … 2020 bei der IHK für M. und Oberbayern, M3. Straße 2, 8... M4. einen elektronischen Antrag auf Gewährung der „Novemberhilfe“ gemäß der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19“ in Höhe von insgesamt 15.497,59 EUR. Hierfür erhielt die Angeklagte P… von der Steuerberaterin Z… zur Durchsicht und zum Unterschreiben eine E-Mail mit den bereits vorausgefüllten Unterlagen. Diese schickte sie an die Steuerberaterin Z… ausgefüllt zurück.
228
Unter dem von der Angeklagten verstandenen und wahrgenommenen Punkt „Verhältnis zu anderen Programmen“ war im Rahmen des auszufüllenden Antrages anzugeben, ob der Antragsteller für November Überbrückungshilfe der 2. Phase beantragt oder erhalten hat.
229
Die Online-Eingabemaske enthielt sowohl im Antrag selbst unter „Details zur Antragsberechtigung“ als auch unter 2. „Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ nachfolgende von der Angeklagten wahrgenommene und verstandene Hinweise und Differenzierung:
Antragsberechtigt sind Antragsteller, bei denen es sich um kleine oder Kleinstunternehmen im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) handelt (Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von maximal 10 Mio, Euro), die
i nicht Gegenstand eines lnsolvenzverfahrens nach nationalem Recht sind;
i keine Rettungsbeihilfe erhalten haben, es sei denn, dass der Kredit zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits zurückgezahlt wurde oder die Garantie bereits erloschen ist;
i keine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten haben, es sei denn, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung keinem Umstrukturierungsplan mehr unterliegen.
Sonstige Antragsteller sind antragsberechtigt, wenn sie am 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) waren oder sie sich seit dem 31.12.2019 nicht kontinuierlich in Schwierigkeiten i.S.d. vorstehenden Vorschrift befunden haben.
Unter 2. „Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ waren auch nachfolgende von der Angeklagten wahrgenommene und verstandene Hinweise zu finden:
„Die Angaben in diesem Antrag einschließlich aller Anlagen sind vollständig und richtig. Mir/uns ist bekannt, dass es sich bei der beantragten Soforthilfe um eine Subvention im Sinne des § 264 Strafgesetzbuch (StGB) handelt und die nachfolgend aufgeführten Angaben subventionserhebliche Tatsachen gemäß § 264 StGB i.V.rn. § 2 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 in der jeweils gültigen Fassung und des jeweiligen Landessubventionsgesetzes sind.
Im Einzelnen sind für die Bewilligung und Gewährung der Zuwendung folgende Tatsachen subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB:
i Angaben zum Antragsteller (Name, Rechtsform, Handelsregisternummer, Adresse inländischer Sitz der Geschäftsführung bzw. der inländischen Betriebsstätte,
i Status als Soloselbstständiger, Gründungsdatum, Tätigkeit im Haupterwerb),
i bei gemeinnützigen Unternehmen iSd § 51 if. der Abgabenordnung: Angabe, dass der
i Antragsteller als Unternehmen dauerhaft wirtschaftlich am Markt tätig ist;
i Bestätigung, dass die Angaben zur direkten, indirekten oder indirekten Betroffenheit über Dritte oder zur Betroffenheit als Mischbetrieb sowie zum geschätzten Umsatz im November 2020 sowie Angaben zum Umsatz im November 2019 (falls das Unternehmen nach 1. Oktober 2019 gegründet wurde: Umsatz im Oktober 2020 oder der monatliche Durchschnittsumsatz seit Gründung) im Einklang mit Buchstabe C Ziff. 3 Abs. I lit. c der Vollzugshinweise gemacht wurden;
i Angabe, ob es sich bei dem Antragsteller um ein verbundenes Unternehmen im Sinne von Buchstabe C Ziff. 2 Abs. 5 der Vollzugshinweise handelt, und wenn ja, für wie viele Unternehmen der Antrag gestellt wird;
i Angabe zu anderen beantragten oder bewilligten Bundes- und/oder Landeshilfen;
i Angabe, ob es sich bei dem Antragsteller um ein gemeinnütziges Unternehmen oder um ein öffentliches Unternehmen handelt;
i Versicherung von Antragstellern, bei denen es sich um kleine oder Kleinstunternehmen im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) handelt (Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von maximal 10 Mio. Euro)
o … nicht Gegenstand eines lnsolvenzverfahrens nach nationalem Recht zu sein;
o … keine Rettungsbeihilfe erhalten zu haben oder, dass der Kredit zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits zurückgezahlt wurde oder die Garantie bereits erloschen ist;
o … keine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten zu haben oder, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung keinem Umstrukturierungsplan mehr unterliegen.
i bei anderen Antragstellern als kleinen oder Kleinstunternehmen: Versicherung, dass der Antragsteller nicht bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 12 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) war oder er sich seit dem 31.12.2019 nicht kontinuierlich in Schwierigkeiten i.S.d. vorstehenden Vorschrift befunden hat;
i Erklärung, dass durch die Inanspruchnahme der Novemberhilfe der beihilferechtlich nach der geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 gegebenenfalls kumuliert mit dem Höchstbetrag der De-Minimis-Verordnung, zulässige Höchstbetrag nicht überschritten wird.
i Angabe zu erhaltenen oder bewilligten Versicherungsleistungen auf Grund der Betriebsschließungen oder -einschränkungen.
i Subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB sind ferner alle Tatsachen, die für die Gewährung, Inanspruchnahme, das Belassen oder die Rückforderung der Zuwendung von Bedeutung sind inklusive der Richtigkeit der unter Nr. 1 gemachten Allgemeinen Erklärungen“. Dies umfasst auch die Angaben über eine dauerhafte Einstellung des Geschäftsbetriebs bzw. eine Anmeldung der Insolvenz vor Erhalt des Zuschusses.
Mir/uns ist bekannt, dass es sich bei diesen Angaben um subventionserhebliche Tatsachen gemäß § 264 StGB i. V. m. § 2 des Subventionsgesetzes vorn 29. Juli 1976 in der jeweils gültigen Fassung und des jeweiligen Landessubventionsgesetzes handelt. Mir/uns ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben sowie das vorsätzliche oder leichtfertige Unterlassen einer Mitteilung über Änderungen in diesen Angaben die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) zur Folge haben können.“
2.1.3. Unrichtige Angaben
230
In dem Antrag vom 11.12.2020 gab die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten P… wahrheitswidrig an, dass Überbrückungshilfe der 2. Phase für November nicht beantragt worden ist. Tatsächlich wurde, was die Angeklagte P… für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, die Überbrückungshilfe der 2. Phase für die Monate September bis Dezember 2020 bewilligt – jedoch aufgrund der bereits laufenden Ermittlungen nicht ausbezahlt.
231
Die Erklärungen des Antragstellers enthielten unter „2. Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ folgenden von der Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis:
„( …) Im Einzelnen sind für die Bewilligung und Gewährung der Zuwendung folgende Tatsachen subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB:
Angaben zu anderen beantragten oder bewilligten Bundes- und/oder Landeshilfen“
2.1.4. Bewilligung und Auszahlung
232
Die falschen Angaben hatten zur Folge, dass mit Bescheid vom 15.01.2021, Az: … durch die IHK für M. und Oberbayern eine Novemberhilfe in Höhe von 15.497,60 EUR bewilligt und auf das Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … mit der IBAN … ausbezahlt wurde.
2.2. Antrag vom 29.12.2020 auf Gewährung der Dezemberhilfe (Fall Ziffer II. 6 der Anklage)
2.2.1. Maßgebende Richtlinie
233
Die Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe) in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 21. Dezember 2020 enthielt zur Antragsberechtigung folgendes:
2. Antragsberechtigung
2.1 Antragsberechtigte Unternehmen
1Antragsberechtigt sind unabhängig von dem Wirtschaftsbereich, in dem sie tätig sind, Unternehmen7 einschließlich … Sozialunternehmen … (gemeinnützige … Unternehmen)8 sowie Soloselbständige9 einschließlich selbständiger Angehöriger der Freien Berufe im Haupterwerb, wenn
a) … sie ihre Tätigkeit von einer inländischen Betriebsstätte oder einem inländischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen und bei einem deutschen Finanzamt für steuerliche Zwecke erfasst sind,
b) … ihre wirtschaftliche Tätigkeit vom Lockdown10 betroffen ist,
aa) weil sie aufgrund der auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober, vom 25. November und vom 2. Dezember 2020 erlassenen Bestimmungen auf Landesebene, insbesondere der Schließungsverordnungen, den Geschäftsbetrieb einstellen mussten oder es sich bei ihnen um Beherbergungsbetriebe oder Veranstaltungsstätten handelt (direkt Betroffene),
bb) weil sie nachweislich und regelmäßig mindestens 80 % ihrer Umsätze mit direkt von den oben genannten Maßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen (indirekt Betroffene) oder
cc) weil sie regelmäßig mindestens 80 % ihrer Umsätze durch Lieferungen und Leistungen im Auftrag direkt von den Maßnahmen betroffener Unternehmen über Dritte (zum Beispiel Veranstaltungsagenturen) erzielen (über Dritte Betroffene) und sie im Dezember 2020 wegen der Schließungsverordnungen auf der Grundlage der Ziffern 5 bis 8 des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober 2020 einen Umsatzeinbruch von mehr als 80 % gegenüber dem Vergleichsumsatz erleiden,
c) … sie vor dem 1. November 2020 gegründet worden sind und
d) … sie die Geschäftstätigkeit vor dem 30. November 2020 nicht dauerhaft eingestellt haben.
2Die Betroffenheit im Sinne von Satz 1 Buchstabe b endet, wenn die ihr zugrunde liegende Schließungsverordnung außer Kraft gesetzt oder aufgehoben wird, spätestens jedoch zum 31. Dezember 2020.
(…) 2.7 Unternehmen in Schwierigkeiten
1Nicht antragsberechtigt sind Unternehmen, die bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) waren oder derzeit ein Unternehmen in Schwierigkeiten sind. 2Abweichend davon können Beihilfen für kleine und Kleinstunternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz und/oder einer Jahresbilanzsumme von weniger als 10 Mio. Euro gewährt werden, die sich am 31. Dezember 2019 bereits in Schwierigkeiten befanden, sofern diese Unternehmen nicht Gegenstand eines Insolvenzverfahrens nach nationalem Recht sind und sie weder Rettungsbeihilfen noch Umstrukturierungsbeihilfen erhalten haben. 3Falls diese Unternehmen eine Rettungsbeihilfe erhalten haben, dürfen sie dennoch Beihilfen im Rahmen der Dezemberhilfe erhalten, wenn zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Beihilfen der Kredit bereits zurückgezahlt wurde oder die Garantie bereits erloschen ist. 4Falls diese Unternehmen eine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten haben, dürfen sie dennoch Beihilfen im Rahmen der Dezemberhilfe erhalten, wenn sie zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Beihilfen keinem Umstrukturierungsplan mehr unterliegen.
234
Zum Verhältnis zu anderen Hilfen war unter Ziffer 4. geregelt:
4. Verhältnis zu anderen Hilfen
4.1 … Kumulierung mit öffentlichen Hilfen
1Eine Kumulierung der Dezemberhilfe mit anderen öffentlichen Hilfen, insbesondere mit Darlehen, ist zulässig. 2Das Verhältnis zu Soforthilfe, Überbrückungshilfe, anderen Corona-bedingten Hilfsprogrammen und Versicherungen sowie zum Kurzarbeitergeld bestimmt sich nach den Ziffern 4.2 bis 4.4. 3In jedem Fall muss sichergestellt sein, dass durch die Gewährung der Dezemberhilfe der nach der „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ einschlägige Höchstbetrag, gegebenenfalls kumuliert mit dem Höchstbetrag der De- minimis-Verordnung, unter Berücksichtigung der sonstigen auf der Grundlage dieser Bundesregelung gewährten Hilfen nicht überschritten wird.
4.2 … Verhältnis zur Soforthilfe und Überbrückungshilfe
1Unternehmen, die eine Leistung durch die erste Phase des Überbrückungshilfeprogramms oder die Soforthilfe des Bundes oder der Länder erhalten haben, aber aufgrund des Lockdowns von Umsatzausfällen im oben genannten Umfang betroffen sind, sind erneut antragsberechtigt. 2Der Leistungszeitraum des Hilfsprogramms für den Dezember 2020 überschneidet sich mit der zweiten Phase des Überbrückungshilfeprogramms für kleine und mittelständische Unternehmen (Leistungszeitraum September bis Dezember 2020). 3Eine Inanspruchnahme des Überbrückungshilfeprogramms und/oder der Soforthilfe schließt die Inanspruchnahme der Dezemberhilfe nicht aus. 4Leistungen aus der Überbrückungshilfe für denselben Leistungszeitraum werden angerechnet. 5Wird zuerst ein Antrag für die Überbrückungshilfe und anschließend ein Antrag auf Dezemberhilfe gestellt, sind die im Rahmen der Überbrückungshilfe für Dezember 2020 beantragten Zuschüsse bei der Antragstellung für Dezemberhilfe entsprechend anzugeben. 6Wird zuerst ein Antrag für Dezemberhilfe und anschließend ein Antrag auf Überbrückungshilfe gestellt, sind die im Rahmen der Dezemberhilfe beantragten Zuschüsse bei der Antragstellung für die Überbrückungshilfe entsprechend anzugeben.
4.3 … Verhältnis zu anderen Corona-bedingten Hilfsprogrammen und Versicherungen
1Leistungen aus anderen gleichartigen Corona-bedingten Zuschussprogrammen des Bundes und der Länder sowie aufgrund der Betriebsschließung bzw. Betriebseinschränkung aus Versicherungen erhaltene Zahlungen werden auf die Leistungen der Dezemberhilfe angerechnet, soweit die Förderzeiträume sich überschneiden. 2Eine Anrechnung bereits bewilligter bzw. erhaltener Leistungen aus anderen Zuschussprogrammen bzw. Versicherungen erfolgt bereits bei der Beantragung der Dezemberhilfe. 3Im Falle einer Antragstellung über prüfende Dritte (Ziffer 6.2 Satz 1) erfolgt eine Anrechnung der Leistungen aus Satz 1 und 2 in tatsächlich erfolgter Höhe im Rahmen der Schlussabrechnung.
4.4 (…)
235
Unter Ziffer 9. der Richtlinien fand sich folgender Hinweis:
9. Strafrechtliche Hinweise
1Die Angaben im Antrag sind – soweit für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung und Weitergewährung oder das Belassen der Hilfen von Bedeutung – subventionserheblich i. S. d. § 264 des Strafgesetzbuches i. V. m. § 2 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 (BGBI. I S. 2037) und Art. 1 des Bayerischen Strafrechtsausführungsgesetzes vom 13. Dezember 2016 (GVBl. S. 345). 2Die subventionserheblichen Tatsachen sind vor der Bewilligung einzeln und konkret zu benennen und eine Erklärung über die Kenntnis dieser Tatsachen zu verlangen. 3Bei vorsätzlichen oder leichtfertigen Falschangaben müssen die Antragsteller und/oder die prüfenden Dritten mit Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs rechnen.
236
Diese Bekanntmachung trat mit Wirkung vom 21.12.2020 in Kraft.
237
Im Rahmen der Änderung der Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe) in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 15. Januar 2021 wurde Ziffer 2.7 wie folgt geändert:
In Satz 2 werden die Worte „kleine und Kleinstunternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz und/oder einer Jahresbilanzsumme von weniger als 10 Mio. Euro“ durch die Worte „Klein- und Kleinstunternehmen im Sinne von Art. 2 des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014)“ ersetzt.
Nach Satz 4 wird folgender neuer Satz 5 angefügt:
5Kleinunternehmen sind Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten, deren Jahresumsatz und/oder Jahresbilanzsumme 10 Mio. EUR nicht übersteigt; Kleinstunternehmen sind Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten, deren Jahresumsatz bzw. Jahresbilanzsumme 2 Mio. EUR nicht übersteigt.“
238
Diese Bekanntmachung trat mit Wirkung vom 15.01.2020 in Kraft.
239
Im Rahmen der Änderung der Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe) in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 1. Februar 2021 wurde Ziffer 2.7. wie folgt geändert:
1Nicht antragsberechtigt sind Unternehmen, die bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) waren und diesen Status zwischenzeitlich nicht wieder überwunden haben.“
240
Diese Bekanntmachung trat mit Wirkung vom 21.12.2020 in Kraft. Die sich anschließenden Änderungen waren für das hiesige Verfahren nicht mehr relevant.
2.2.2. Antragstellung durch Steuerberaterin Z …
241
Die Steuerberaterin Z… stellte auf Anweisung der Angeklagten P… am … 2020 bei der IHK für M. und Oberbayern, M3. Straße 2, 8... M4. einen elektronischen Antrag auf Gewährung der „Dezemberhilfe“ gemäß der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19“ in Höhe von insgesamt 26.246,25 EUR. Hierfür erhielt die Angeklagte P… von der Steuerberaterin Z… zur Durchsicht und zum Unterschreiben eine E-Mail mit den bereits vorausgefüllten Unterlagen. Diese schickte sie an die Steuerberaterin Z… a ausgefüllt zurück.
242
Unter dem Punkt „Verhältnis zu anderen Programmen“ war im Rahmen des auszufüllenden Antrages anzugeben, ob der Antragsteller für November Überbrückungshilfe der 2. Phase beantragt oder erhalten hat.
243
Die Online-Eingabemaske enthielt sowohl im Antrag selbst unter „Details zur Antragsberechtigung“ als auch unter 2. „Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ nachfolgende von der Angeklagten wahrgenommene und verstandene Hinweise und Differenzierung:
Antragsberechtigt sind Antragsteller. bei denen es sich um kleine oder Kleinstunternehmen im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) handelt (Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von maximal 10 Mio, Euro), die
i nicht Gegenstand eines lnsolvenzverfahrens nach nationalem Recht sind;
i keine Rettungsbeihilfe erhalten haben, es sei denn, dass der Kredit zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits zurückgezahlt wurde oder die Garantie bereits erloschen ist;
i keine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten haben, es sei denn, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung keinem Umstrukturierungsplan mehr unterliegen.
Sonstige Antragsteller sind antragsberechtigt, wenn sie am 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) waren oder sie sich seit dem 31.12.2019 nicht kontinuierlich in Schwierigkeiten i.S.d. vorstehenden Vorschrift befunden haben.
Die Angaben in diesem Antrag einschließlich aller Anlagen sind vollständig und richtig. Mir/uns ist bekannt, dass es sich bei der beantragten Soforthilfe um eine Subvention im Sinne des § 264 Strafgesetzbuch (StGB) handelt und die nachfolgend aufgeführten Angaben subventionserhebliche Tatsachen gemäß § 264 StGB i.V.rn. § 2 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 in der jeweils gültigen Fassung und des jeweiligen Landessubventionsgesetzes sind.
244
Unter 2. „Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ waren auch nachfolgende von der Angeklagten wahrgenommene und verstandene Hinweise zu finden:
Im Einzelnen sind für die Bewilligung und Gewährung der Zuwendung folgende Tatsachen subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB:
i Angaben zum Antragsteller (Name, Rechtsform, Handelsregisternummer, Adresse inländischer Sitz der Geschäftsführung bzw. der inländischen Betriebsstätte,
i Status als Soloselbstständiger, Gründungsdatum, Tätigkeit im Haupterwerb), bei gemeinnützigen Unternehmen iSd § 51 if. der Abgabenordnung: Angabe, dass der Antragsteller als Unternehmen dauerhaft wirtschaftlich am Markt tätig ist;
i Bestätigung, dass die Angaben zur direkten, indirekten oder indirekten Betroffenheit über Dritte oder zur Betroffenheit als Mischbetrieb sowie zum geschätzten Umsatz im November 2020 sowie Angaben zum Umsatz im November 2019 (falls das Unternehmen nach 1. Oktober 2019 gegründet wurde: Umsatz im Oktober 2020 oder der monatliche Durchschnittsumsatz seit Gründung) im Einklang mit Buchstabe C Ziff. 3 Abs. I lit. c der Vollzugshinweise gemacht wurden;
i Angabe, ob es sich bei dem Antragsteller um ein verbundenes Unternehmen im Sinne von Buchstabe C Ziff. 2 Abs. 5 der Vollzugshinweise handelt, und wenn ja, für wie viele Unternehmen der Antrag gestellt wird;
i Angabe zu anderen beantragten oder bewilligten Bundes- und/oder Landeshilfen;
i Angabe, ob es sich bei dem Antragsteller um ein gemeinnütziges Unternehmen oder um ein öffentliches Unternehmen handelt;
i Versicherung von Antragstellern, bei denen es sich um kleine oder Kleinstuntenehmen im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) handelt (Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von maximal 10 Mio. Euro)
o … nicht Gegenstand eines lnsolvenzverfahrens nach nationalem Recht zu sein;
o … keine Rettungsbeihilfe erhalten zu haben oder, dass der Kredit zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits zurückgezahlt wurde oder die Garantie bereits erloschen ist;
o … keine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten zu haben oder, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung keinem Umstrukturierungsplan mehr unterliegen.
i bei anderen Antragstellern als kleinen oder Kleinstunternehmen: Versicherung, dass der Antragsteller nicht bereits am 31. Dezember2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 12 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) war oder er sich seit dem 31.12.2019 nicht kontinuierlich in Schwierigkeiten i.S.d. vorstehenden Vorschrift befunden hat;
i Erklärung, dass durch die Inanspruchnahme der Novemberhilfe der beihilferechtlich nach der geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 gegebenenfalls kumuliert mit dem Höchstbetrag der De-Minimis-Verordnung, zulässige Höchstbetrag nicht überschritten wird.
i Angabe zu erhaltenen oder bewilligten Versicherungsleistungen auf Grund der Betriebsschließungen oder -einschränkungen.
i Subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB sind ferner alle Tatsachen, die für die Gewährung, Inanspruchnahme, das Belassen oder die Rückforderung der Zuwendung von Bedeutung sind inklusive der Richtigkeit der unter Nr. 1 gemachten Allgemeinen Erklärungen“. Dies umfasst auch die Angaben über eine dauerhafte Einstellung des Geschäftsbetriebs bzw. eine Anmeldung der Insolvenz vor Erhalt des Zuschusses.
Mir/uns ist bekannt, dass es sich bei diesen Angaben um subventionserheblichen Tatsachen gemäß § 264 StGB i. V. m. § 2 des Subventionsgesetzes vorn 29. Juli 1976 in der jeweils gültigen Fassung und des jeweiligen Landessubventionsgesetzes handelt. Mir/uns ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben sowie das vorsätzliche oder leichtfertige Unterlassen einer Mitteilung über Änderungen in diesen Angaben die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs (264 StGB) zur Folge haben können.
2.2.3. Unrichtige Angaben
245
In dem Antrag vom 15.04.2021 mit der Antragsnummer … gab die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten P… wahrheitswidrig an, dass Überbrückungshilfen der 2. Phase für Dezember nicht beantragt worden sind. Tatsächlich wurde, was die Angeklagte P… für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, die Überbrückungshilfe der 2. Phase für die Monate September bis Dezember 2020 bewilligt – jedoch aufgrund bereits laufender Ermittlungen nicht ausbezahlt.
246
Die Erklärungen des Antragstellers enthielten unter „2. Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ folgenden von der Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis:
Angaben zu anderen beantragten oder bewilligten Bundes- und/oder Landeshilfen“
2.2.4. Bewilligung und Auszahlung
247
Die falschen Angaben hatten zur Folge, dass mit Bescheid vom 29.01.2021, Az: … durch die IHK für M. und Oberbayern eine Dezemberhilfe in Höhe von 26.246,25 EUR gewährt und das Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … mit der IBAN … ausbezahlt wurde.
IV. Falsche Versicherung an Eides statt (Fall Ziffer III. der Anklage)
248
Der Angeklagte G… füllte im Verfahren … am 04.05.2020 das Vermögensverzeichnis gemäß § 802c ZPO aus. Dort gab er unter Punkt 17 bewusst zu Protokoll, dass er keinerlei Ansprüche aus Pacht oder Mietverträgen habe. Tatsächlich jedoch wurde zunächst am 23.07.2019 ein Mietvertrag über das Objekt … bei … zwischen dem Angeklagten G… und der … UG mit einer Laufzeit vom 01.08.2019 bis 31.08.2020 abgeschlossen, was der Angeklagte wusste. Der Mietzins betrug für diesen vereinbarten Zeitraum monatlich 1.500,00 EUR. Zu einem entsprechenden Zahlungsfluss des Mietzinses an den Angeklagten G… kam es mangels vorhandener finanzieller Mittel der … UG nicht. Mit Mietvertrag vom 27.01.2020, beginnend am 01.01.2020, wurde ein neuer Mietvertrag über das Objekt … zwischen dem Angeklagten G… und der … UG abgeschlossen, was der Angeklagte wusste. Der vereinbarte Mietzins betrug für diesen Zeitraum monatlich 2.214 EUR. Auch hier kam es aufgrund fehlender finanzieller Mittel der … UG zu keiner Zahlung des Mietzinses an den Angeklagten G….
D. Beweiswürdigung
I. Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
249
Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen beruhen maßgeblich auf den Angaben, die beide Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung tätigten. Insoweit waren die Angaben beider Angeklagter auch glaubhaft.
250
Die Feststellungen zum strafrechtlichen Vorleben beider Angeklagter beruhen auf den verlesenen Bundeszentralregisterauszügen, welche von beiden Angeklagten als richtig anerkannt wurden.
251
Die Feststellungen zur vollständigen Bezahlung der Geldstrafe, zu welcher die Angeklagte P… mit Strafbefehl des Amtsgerichts Deggendorf vom 10.10.2022, Az.: Cs 6 Js 8154/22 verurteilt wurde, beruhen auf der verlesenen Auskunft der Strafvollstreckungsabteilung der Staatsanwaltschaft D..
252
Die Feststellungen zum Vollstreckungsstand der Vorstrafen des Angeklagten G… beruhen auf den Auskünften der Staatsanwaltschaft L. sowie der verlesenen Vollstreckungsübersicht der Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges B … vom 06.06.2024. Zusätzlich wurden die Vorstrafen des Angeklagten G… durch Verlesung des Strafbefehls des Amtsgerichts Landshut vom 18.09.2007 unter dem Az.: 02 Cs 52 Js 27700/06, des Strafbefehls des Amtsgerichts Landshut vom 01.07.2009 unter dem Az.: 03 Cs 54 Js 26565/08, des Urteils des Amtsgerichts Landshut vom 22.02.2018 unter dem Az.: 30 Ds 206 Js 16470/16, des Urteils des Amtsgerichts Landau an der Isar unter dem Az.: 6 Ds 406 Js 24858/20, des Urteils des Amtsgerichts Landshut vom 15.12.2020 unter dem Az.: 03 Ls 206 Js 6618/18 sowie das Urteil des Landgerichts Landshut vom 14.12.2021 unter dem Az.: 2 Ns 206 Js 24858/20 in die Hauptverhandlung eingeführt.
II. Feststellungen zum Sachverhalt
253
Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten sowie auf den weiteren in der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen.
1. Einlassung des Angeklagten G …
254
Der Angeklagte G… ließ sich zu Beginn des ersten Hauptverhandlungstages wie folgt zur Sache ein:
1.1. Vorwurf des faktischen Geschäftsführers
255
Hierzu führte der Angeklagte aus, dass er als faktischer Geschäftsführer bereits verurteilt worden sei. Sein Vater und er seien Besitzer des Disco-Gebäudes gewesen. Mit der E. habe man eine neue Mieterin gefunden. Bei Gründung der … UG sei er anfangs Vollgesellschafter und E. Geschäftsführerin gewesen. Vom Landratsamt habe es eine vorläufige Genehmigung gegeben. Er sei damals zu der Erkenntnis gekommen, dass er Leute begeistern kann, Veranstaltungen gut machen könne und bei den Leuten beliebt sei. Richter Z… habe ihm im vorangegangenen Strafverfahren nochmals bestätigt, dass er Lohnabrechnungen und Geschäftsführung nicht könne. Das sei dem Angeklagten bewusst gewesen.
256
Man habe aber eben noch das Gebäude gehabt, bei dem ein Darlehen an die Brauerei zu zahlen gewesen sei. Ein Verkauf des Gebäudes sei schon 2016 gescheitert. Es habe also die Lösung gewählt werden müssen das Unternehmen weiterzuführen. Es sei vereinbart worden, dass er sich um die Veranstaltungen kümmere sowie um die Einteilung der Djs, nicht aber etwa um Lohnabrechnungen.
257
Das Landratsamt habe Probleme gemacht. Dort wurde gesagt, wenn der Angeklagte an der Gesellschaft beteiligt sei, gäbe es keine Konzession. Sie haben also handeln müssen. Daher würden auch die Mietverträge herrühren. Im August sei noch geschlossen gewesen. Im September habe man aufgesperrt. Die Miete sei zunächst mit niedrigen 1.500 EUR angesetzt worden. Der Parkplatz sei separat ausgewiesen worden. Für das Darlehen zur Tilgung habe er eine Tantiemen-Ausschüttung bekommen sollen. Es sei ein Notartermin vereinbart worden und er sei zum … .2019 als Gesellschafter aus der Firma ausgeschieden. Für die Sparkassenmitarbeiter sei er immer noch der Chef vom R … gewesen. Denen habe man es auch nicht erklärt, dass der Angeklagte nur noch der Vermieter wäre.
258
Die Angeklagte P… habe im Herbst 2019 einen schweren Bandscheibenvorfall gehabt und sei auf Reha gewesen. Er habe sich daher auch um Sachen (z.B. Lieferungen annehmen) kümmern müssen. Er sei auch zum Gerichtsvollzieher … an im Dezember gefahren. Er habe auch noch private Schulden gehabt und dem Gerichtsvollzieher Geld gegeben. Es seien keine hohen Beträge gewesen. Der Gerichtsvollzieher habe das Geld aber aufgeteilt, weshalb nicht alles sofort bezahlt worden sei. Die Angeklagte sei auf Reha gewesen, als er zum Notartermin gefahren sei. Dies sei auch der Hintergrund, warum er beim Gerichtsvollzieher gewesen sei.
259
Der Notartermin selbst sei am … 2020 gewesen. Während des Termins habe der Notar gefragt, ab wann die Änderungen denn gelten sollen, dass der Angeklagte nicht mehr Gesellschafter ist. Man habe sich für eine rückwirkende Bestimmung zum … .2019 entschieden. Es sei dann aber zu dem Problem gekommen, dass er keine Tantiemen mehr erhalten habe, da er kein Gesellschafter mehr gewesen sei. Man habe daher entsprechend die Miethöhen anpassen müssen. Dies erkläre, warum die Miete mit 6.600 EUR netto angegeben worden sei. 600 EUR seien für den angemieteten Parkplatz, der ja nicht zum Grundstück gehört habe. Dies sei an die Brauerei zu zahlen gewesen. Der Betrag von 4.500 EUR sei die Tilgung des Gebäudedarlehens und 500 EUR seien für die Rückzahlung an die Brauerei für das Inventar gewesen. Die verbleibenden 1.000 EUR abzüglich der Abschreibung und des Freibetrages hätten eine Steuerlast von ca. 10000 EUR für die Vermietungseinnahmen ergegeben. Die Höhe vom Mietvertrag sei genauso hoch gewesen, damit das Ganze überhaupt funktionieren habe können. Der Mietvertrag sei im Januar nach dem Notartermin gemacht worden, aber eben auch zum 01.01.2020, da ja dort der Schnitt gewesen sei. Der Mietvertrag von 1.500 EUR sei dem Landratsamt für die Genehmigung vorgelegen. Der Mietvertrag vom 23.07.2019 sei über 1.500 EUR geschlossen worden. Dies sei der Mietvertrag, als der Angeklagte noch Gesellschafter gewesen sei.
260
Es sei aber keine faktische Geschäftsführung gewesen. Alles sei bloße Unterstützung gewesen. Der Angeklagte habe sich darauf besonnen, was er dürfe und was er könne. Der ganze Landkreis sei zum G… Manni gekommen. Er sei immer vor Ort gewesen. Ein Außenstehender könne nicht unterscheiden und erkennen, dass da ein Gesellschafterwechsel gewesen und eine Geschäftsführerin eingesetzt worden sei.
261
Zur Angeklagten P… habe er ein gutes Verhältnis. Vor zwei Wochen hätten sie auch telefoniert und sich auf den neuesten Stand gebracht, was jeder von seinem Anwalt wisse. Zu einer Zusammenarbeit mit der Angeklagte P… sei es deshalb gekommen, weil die Angeklagte bereits als Bedienung in der Diskothek gearbeitet und sich mit guten Ideen eingebracht habe. Die Angeklagte sei auch Finanzkauffrau, was als passend für die Geschäftsführung erschien. Er habe die Angeklagte P beraten, da er einen Blick für die Region habe.
1.2. Vorwurf der falschen Versicherung an Eides statt
262
Das mit der falschen eidesstattlichen Versicherung sei am 04.05.2020 gewesen. Der Angeklagte habe zum Gerichtsvollzieher J … gesagt, dass das Gebäude ihm und seinem Vater gehören würde.
263
Er habe die Schulden angegeben. Der Angeklagte habe auch mitgeteilt, dass es an die … UG vermietet sei, es aber aktuell keine Mieteinnahmen geben würde. Es sei ja Corona gewesen. Es seien keine Mieteinnahmen geflossen. Für ihn sei der aktuelle Stand der Dinge abzuzeichnen gewesen. Richtig wäre wohl gewesen den Mietvertrag anzugeben, aber eben klarzustellen, dass keine Zahlungen fließen würden. Der Angeklagte habe gedacht, dass der Gerichtsvollzieher einfach nur wissen wolle, ob er Geldflüsse habe. Er meine, dass sich der Gerichtsvollzieher J … daran sogar erinnern könne. Eigentlich habe der Gerichtsvollzieher J … es wissen müssen, dass ihm das Gebäude gehöre.
1.3. Vorwurf des Subventionsbetruges
264
Der Angeklagte habe sich in das Thema eingelesen. Es sei ja auch sein Interesse gewesen. Sobald die Angeklagte mit der … UG Geld bekommen würde, könne sie ihm die Miete bezahlen. Nur dann könne er das Darlehen an die Brauerei abzahlen. Es habe keine Rücklagen gegeben. Als Selbständiger habe man ja keine Sozialhilfe beantragen können. Es sei elementar wichtig gewesen, dass wieder ein Geldzufluss da gewesen ist. Er sei mit der Angeklagten P… ständig im Telefonkontakt gewesen. Um 08 Uhr morgens habe er bei der IHK angerufen. Er habe gefragt, wie die Umrechnung von Vollzeitmitarbeitern auf Teilzeit wäre. Die hätten 0,5 gesagt. Er habe auch gefragt, ob sie denn eine Mitarbeiterliste benötigen würden. Die Antwort sei nein gewesen. Der Angeklagte habe trotzdem den Ben H … angerufen und ihn gebeten dem Angeklagten eine modifizierte Mitarbeiterliste zu schicken. „Modifiziert“ habe für ihn „auf dem neuesten Stand“ bedeutet. Die Liste habe H … 14 Tage vorher ans Landratsamt geschickt.
265
Die Aufgabe des Übersendens einer entsprechenden Liste habe die … UG gehabt, damit manche Mitarbeiter überprüft werden haben können, vor allem die in der Sicherheit arbeiten würden. Der Vorhalt, dass er aufgefordert hätte, eine Liste zu verändern, stimme nicht. Denn genau dieselbe Liste sei 14 Tage davor ans Landratsamt geschickt worden, zu einem Zeitpunkt, zu dem über Corona noch niemand nachgedacht habe.
266
Der Angeklagte habe auf der Liste 101 Mitarbeiter gesehen. Er habe sich gedacht, dass das ausreichen würde, da man 33 Mitarbeiter gebraucht habe. Im Nachgang – als die Vorhalte schon da gewesen seien – habe sich herausgestellt, dass es tatsächlich nur 42 Arbeitnehmer waren. Für die Beantragung hätten diese 42 „locker“ gereicht. Die Zahl in der Anklage sei korrekt.
267
Die Mitarbeiterliste würde auch nicht von irgendwo herkommen. Das Landratsamt schreibe vor, dass jeden Abend 6 Sicherheitsmitarbeiter anwesend sein haben mussten. Diese hätten geringfügig gearbeitet. Sie hätten am Abend 100 EUR verdient. Für 4 Samstage seien dies 400 EUR. In manchen Monaten gäbe es aber 5 Samstage. Mit den 6 Leuten könne man dies nicht stemmen. Es fehle schlichtweg an einem weiteren Mitarbeiter, da der fünfte Samstag sonst nicht abgedeckt wäre. Man brauche also 6 weitere Mitarbeiter. Auch bei Hochzeiten brauche man viel mehr Personal. Auch in der Disco sei dies der Fall. Der beste Tag sei der 23.12.2019 gewesen. Dies sei ein Klassiker im R …. Nur für diesen Abend brauche man viel mehr Personal. Es gäbe da z.B. den K …, der stehe auch auf der Liste. Er sei nur für solche besonderen Situationen geholt worden.
268
Die November- und Dezemberhilfe habe jede Firma bekommen, auch eine insolvente Firma. Maßgeblich sei der Insolvenzgrund nur bei der ersten Hilfe gewesen. Dies sei der Antrag gewesen, den man selber habe stellen müssen. Alle weiteren Anträge haben ja von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater gemacht werden müssen. Dies sei durch keinen der Angeklagten gemacht worden, sondern durch Frau Z… . Beim Amtsgericht habe Frau Z… dargelegt, dass sie alles geprüft habe. Sie habe ja während den laufenden Ermittlungen nochmals einen Antrag gestellt. Sie habe auch gesagt, dass sie sich es genau überlegt habe. Sie sei auch auf einer Fortbildungsveranstaltung zu diesem Thema gewesen und habe keine Bedenken gehabt.
269
Der Angeklagte habe sich die Mühe gemacht, mit der Minijob-Zentrale zu telefonieren. Da seien einige Sachen gewesen. Die … UG habe zwei Betriebsnummern. Dies rühre daher, dass die … UG für einen Tag eine Veranstaltung im B … gehabt habe. Da habe man eine Betriebsnummer für die Leute gebraucht, die im B … haben arbeiten sollten. Später seien diese aber auch bei der … UG tätig gewesen. Als schon die Ermittlungen gelaufen seien, habe die Angeklagte P alles nochmal genau durchgearbeitet. Da sei man auf tatsächlich 42 Mitarbeiter gekommen. Bei der zweiten Beantragung sei die Mitarbeiterzahl gar nicht mehr ausschlaggebend gewesen. Diesen Antrag habe die Steuerberaterin gestellt.
270
Die Angeklagte P… sei auch mit der Steuerberaterin Z… im Austausch gewesen. Beide Angeklagte seien im Austausch mit ihr gewesen. Der Angeklagte sei so stark in dem Thema drin gewesen, weil er ein so starkes Interesse gehabt habe, dass Geld fließen würde.
271
Es sei dem Angeklagten um Schuldentilgung gegangen. Wenn es von den Mieteinnahmen und Veranstaltungsplanungen nicht fürs Leben gereicht hätte, hätte er auch was anderes machen können. Er habe z.B. einen LKW-Führerschein. Er habe schauen wollen, dass es im R … weitergehe.
272
Die Frau Z… habe der Angeklagten P… gesagt, welche Unterlagen sie benötigen würde. Die Angeklagten hätten sich trotzdem immer noch ausgetauscht, da sich der Angeklagte eingelesen habe. Er habe Frau Z… oft darauf hingewiesen, dass sich schon wieder was geändert habe. Es sei Mithilfe aus Eigeninteresse gewesen. Geld habe er nie veruntreut.
1.4. Vorwurf der Insolvenzverschleppung
273
Insoweit führte der Angeklagte aus, dass eine Barzahlung bei der Brauerei völlig normal und üblich gewesen sei.
274
Hinsichtlich der Bankkonten sei es zutreffend, dass er eine Vollmacht gehabt habe. Dies sei daher gekommen, dass er ja zunächst Gesellschafter gewesen sei. Nach seinem Ausscheiden zum 31.12.2019 sei die Vollmacht noch nicht „gelöscht“ worden. Diese sei erst später „gelöscht“ worden. Er habe auch kein Geld von der Firma genommen.
275
Zur Insolvenzgeschichte könne er sagen, dass die Steuerberaterin beim Jahresabschluss keine Insolvenz festgestellt habe. Nachdem sie den Abschluss 31.12.2019 gemacht habe, habe sie die Subventionen beantragt. Hätte die Steuerberaterin als Fachmann die Insolvenz festgestellt oder Bedenken gehabt, hätte sie diese Anträge nicht gestellt. Als Nichtfachmann hätte er nicht erkennen können, dass die … UG insolvent gewesen sei. Ohnehin sei die Insolvenzantragspflicht doch ausgesetzt worden.
276
Teilzahlungen beim Gerichtsvollzieher würden zeigen, dass die Firma nicht zahlungsunfähig gewesen sein könne. Auch könne man den hiesigen Fall im Vergleich zu Galeria Kaufhof lapidar als „Peanuts“ bezeichnen. Er habe auch keinen Gedanken an eine etwaige Insolvenz gehabt. Mit der Steuerberaterin Z… habe er erst später darüber gesprochen. Man habe gewusst, dass die umsatzstarke Party am 23.12.2019 kommen würde. Im Diskothekenbetrieb würden immer Schwankungen bestehen. Als damals faktischer Geschäftsführer, was sich aus den Vorverurteilungen ergibt, habe er den Fehler gemacht, sich nicht mit den Gläubigern auseinandergesetzt zu haben. Die Angeklagte P… habe dies gemacht. Sie habe etwa mit der M … gesprochen. Etwaige offene Verbindlichkeiten von 33.000 € seien ihm nicht erklärbar. Diesen Betrag habe die Steuerberaterin auch nicht festgestellt. Diese würden aus den Ermittlungen des Herrn W … stammen. Die Steuerberaterin sei seine Ansprechpartnerin gewesen. Die Party habe einen Umsatz von 30.000 € gebracht. Es sei alles im Januar bezahlt worden. Dabei habe es einen Überschuss von 5.000 € gegeben. Die 30.000 EUR seien in ihrem Jahresabschluss nicht drin.
277
Die Rechnungen habe die Angeklagte P… bearbeitet. Er selbst habe mit den Rechnungen überhaupt nichts zu tun gehabt. Er habe keine einzige Abendabrechnung gemacht, kein Anfangsgespräch geführt, keine Bedienungen abgerechnet, keine Einstellungsgespräche geführt, keine Sofortmeldungen gemacht, keine Angestellten angemeldet, keine Lieferanten bezahlt und auch sonst nichts Ähnliches gemacht. Es werde sicher ein paar Zeugen geben, die behaupten würden, dass er Abrechnungen gemacht hätte. Dies sei allenfalls beim B … gewesen.
278
Wenn eine Rechnung gekommen sei, habe er sie ins Büro gelegt. Als die Angeklagte P… einen Bandscheibenvorfall im Zeitraum November bis Dezember 2019 gehabt habe, habe er z.B. Metrorechnungen geprüft. Es habe keine einzige korrekte Rechnung der M … gegeben. Die habe immer Donnerstagvormittag nur bis an die Rampe geliefert. Die Brauerei habe z.B. einen Schlüssel seit Jahren gehabt und habe die Ware selbst reingefahren. Da habe es immer gepasst. Bei M … habe es mit den Mengen und den Marken nie gepasst. Für die Räumlichkeiten haben er und die Angeklagte P… einen Schlüssel gehabt. Das Gebäude sei von 1982. Mit dem Gebäude sei immer was gewesen. Von 7 Tagen die Woche sei er bestimmt fünf Tage vor Ort gewesen. Sein Vater habe noch ein kleines Büro und eine Werkstatt auf dem Gelände. Er kümmere sich als Vermieter natürlich auch um die Außenanlagen.
2. Einlassung der Angeklagten P…
279
Die Angeklagte P… ließ sich am vierten Hauptverhandlungstag zur Sache wie folgt ein:
280
Den Angeklagten G… habe sie in der Diskothek B… kennen gelernt, als sie dort bedient habe. Er sei auf sie zugekommen und habe gemeint, dass er einen Geschäftsführer brauchen würde, da der andere abgesprungen sei. Andernfalls müsse er das R … schließen. Dies sei für sie ein Schock gewesen, da die Diskothek ein toller Ort zum Feiern gewesen sei. Die Diskothek sei bekannt gewesen. Sie habe nicht gewollt, dass das R … schließen müsse. Die Angeklagte habe den Eindruck gehabt, dass das R … sich rentieren würde, da die Diskothek schon ewig bestehe und immer voll gewesen sei. Sie habe nur die Stammeinlage bezahlt. Ein etwaiges Entgelt für die Geschäftsführertätigkeit habe sie nicht erhalten. Die Einarbeitung habe der Ben H … übernommen. Dieser habe ihr gesagt, wie das mit der M … laufen würde und habe ihr die Personaleinteilung gezeigt. Der Angeklagte G… habe ihr im Zusammenspiel mit der Steuerberaterin Z… mit dem Kassenbuch geholfen. Sie habe den Angeklagten dahingehend auch gefragt, ob dies so passen würde. Es seien dann kleine Bemerkungen gekommen, wie, dass beispielsweise Einnahme vom Bistro anders gesetzt werden müssen.
281
Nach der Gründung habe sie am Anfang gar nicht so viel gemacht. Der B… H… habe gewusst, wann er sich rühren habe müssen und wer einzuteilen gewesen sei. Die Angeklagte selbst habe ganz normal an der Garderobe oder an der Bar auf 450 € Basis gearbeitet. So richtig sei sie nach der Corona Pandemie erst eingestiegen. Sie sei während dessen noch bei einer anderen Firma im Büro in Vollzeit angestellt gewesen. Die Geschäftsführertätigkeit habe sie nebenbei ausgeübt. Die Diskothek habe ja nur Samstag aufgehabt. Die Veranstaltungen habe der Angeklagte G… geplant, da er gewusst habe, was die Leute wollen. Auf Veranstaltungen oder Öffnungszeiten habe sie keinen Einfluss nehmen können. Hätte die Angeklagte etwa vorgeschlagen, dass auch freitags geöffnet werden sollte, dann hätte sie einen auf den Deckel bekommen.
282
Die Angeklagte habe viele Probleme mit offenen Rechnungen und Gutschriften im Zusammenhang mit der … gehabt. Seitens der … sei einmal eine komplette Palette Desperados weggelassen worden. Diese seien auch sehr flott mit dem Mahnwesen. Die Bestellungen bei … habe der Angeklagte G… gemacht. Der B … habe sich um die Bestellungen bei … gekümmert.
283
Zu dem Thema der Mitarbeiter könne sie nicht viel sagen. Der B… habe sich um diese gekümmert, da er diese gekannt habe. Er habe auch die Einteilung gemacht. Sie habe sich einen Schuh angezogen, der ihr drei Nummern zu groß gewesen sei. Sie sei nach und nach eingearbeitet worden. Sie habe Ende 2019 einen Krankenhausaufenthalt wegen eines Bandscheibenvorfalls und der damit verbundenen Operation gehabt. Sie sei dann auf Reha gewesen und anschließend habe Corona begonnen.
284
Zur Beantragung von den Corona Hilfen könne sie sagen, dass sich der Angeklagte G… eingelesen habe. Sie sei mit sich beschäftigt gewesen. Der Angeklagte G… habe sie abgeholt, ihr die Unterlagen gezeigt und man habe dann die Unterlagen überflogen. So sei es sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Soforthilfe gewesen. Aufgrund der bestehenden Probleme mit der Bank habe man die private Kontoverbindung der Angeklagten angegeben. Man habe vermeiden wollen, dass das Geld wieder zurückgehen würde. Sie habe auch mit dem Bankmitarbeiter gesprochen. Die Soforthilfen habe man für Mietzahlungen und zur Begleichung von Rechnungen für die … UG verwendet. Es sei dafür verwendet worden, wofür man die Hilfen auch bekommen habe.
285
Im Rahmen der Beantragung der Überbrückungshilfen habe sie die Unterlagen von der Steuerberaterin … zum Unterschreiben erhalten. Sie und der Angeklagte G… seien gemeinsam bei der Steuerberaterin … gewesen. Diese habe dann gesagt, was man beantragen könne und was relevant sei. Ob dies so auch bei der November- und Dezemberhilfe gewesen sei, könne sie nicht mehr sagen.
286
Mit der Steuerberaterin … habe sie nicht viel zu tun gehabt. Vieles sei per E-Mail gelaufen. Wegen ihrer Rückenprobleme habe sie nicht viel herumfahren können. Seitens der Steuerberaterin sei immer gesagt worden, dass sie die unterschriebenen Formulare zur Beantragung schnell wieder benötigen würde.
3. Beweiswürdigung im Einzelnen
287
Die durch die Kammer im Rahmen der Beweisaufnahme vernommenen Zeugen zeigten keine Tendenzen dahingehend, einen oder beide Angeklagten zu be- oder entlasten. Sie bemühten sich um eine wahrheitsgemäße Aussage. Soweit die Zeugen Erinnerungslücken kenntlich machten, war dies angesichts des Zeitablaufes durchweg glaubhaft. Die Zeugen machten ihre Aussagen ruhig und ohne Beschönigungen. Die Zeugen waren glaubwürdig und ihre Aussagen standen im Einklang sowohl mit den in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden als auch mit den in durch Abspielen in Augenschein genommenen Sprachnachrichten.
Im Einzelnen:
288
Der Hauptermittler W… von der Kriminalpolizeiinspektion L. berichtete im hiesigen Strafverfahren insbesondere über den Gang des Ermittlungsverfahrens und den durchgeführten Durchsuchungsmaßnahmen. Auch schilderte er nachvollziehbar und in sich schlüssig die Gründungsgeschichte der … UG sowie die gewonnenen Ermittlungsergebnisse hinsichtlich der faktischen Geschäftsführereigenschaft des Angeklagten G…. Darüber hinaus berichtete er von den Ermittlungen hinsichtlich der den Angeklagten vorgeworfenen Subventionsbetrugstaten und der tatsächlich ermittelten Mitarbeiteranzahl der … UG.
289
Der Kriminalkommissar der Kriminalpolizeiinspektion L. R… berichtete von verschiedenen Durchsuchungsmaßnahmen bei der privaten Wohnadresse der Angeklagten P… und der Steuerkanzlei …. In diesem Zusammenhang konnte der Polizeibeamte von einem Gespräch nach Belehrung mit der Angeklagten P… berichten, im Rahmen dessen sie Angaben zur Rollenverteilung zum Angeklagten G… unter anderem dahingehend machte, dass man nur gemeinsam zur Diskothek fahren würde, wenn etwas zu erledigen sei.
290
Die Polizeiangestellte M… , welche bei der Kriminalpolizeiinspektion L. als Wirtschaftsfachkraft tätig ist, berichtete von der durch sie vorgenommen Auswertung der gesamten Lohn- und Finanzbuchhaltung sowie der Geschäfts- als auch Privatkonten. Sie schilderte der Kammer schlüssig und nachvollziehbar welche konkreten fälligen Verbindlichkeiten der … UG zum 31.12.2019 und zum 31.03.2020 bestanden und woraus sie diese Erkenntnisse gewinnen konnte. Auch erläuterte die Polizeiangestellte der Kammer Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Finanzbuchhaltung und erläuterte die festgestellten Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit Corona Hilfen. Die Aussage war von keinerlei Belastungseifer geprägt und an der Glaubwürdigkeit kamen zu keinem Zeitpunkt Zweifel auf.
291
Der bei der IHK M. für Überbrückungshilfen und außerordentliche Wirtschaftshilfen zuständige Jurist B … erläuterte der Kammer die Verwaltungspraxis hinsichtlich dieser Hilfen sowie die entsprechenden Antragsvoraussetzungen. Auch befragte die Kammer den Juristen kritisch hinsichtlich genannter Ausschlussgründe. Darüber hinaus schilderte er der Kammer, dass eine weitere Hilfe durch die … UG, namentlich die Überbrückungshilfe 3+, beantragt worden ist. Zur Auszahlung dieser Hilfe sei es nicht gekommen.
292
Der Leiter der Finanzbuchhaltung bei der … Brauerei … bekundete gegenüber der Kammer die zwischen … und den Angeklagten bestehenden Vertragsverhältnisse. Auch konnte er glaubhaft die zum 31.12.2019 bzw. zum 31.03.2020 fälligen Verbindlichkeiten anhand der einzelnen Debitorenkonten der Kammer erläutern. Es kamen keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen auf.
293
Der ehemalige Brauereidirektor der … Brauerei … E… berichtete die langjährige Geschäftsbeziehung und die einzelnen Vertragsverhältnisse mit dem Angeklagten G…. In diesem Zusammenhang konnte er von seit Beginn an bestehenden Zahlungsproblemen berichten, die auch nach dem Grundstückskauf 2012 fortbestanden haben.
294
Im Rahmen der Hauptverhandlung berichtete der sich seit März 2023 in Pension befindliche ehemalige Gerichtsvollzieher J … von verschiedenen Zwangsvollstreckungsaufträgen gegenüber den verschiedenen Betreibergesellschaften als auch gegen den Angeklagten G… persönlich. Zudem berichtete er von dem Vorgang der Abgabe der Vermögensauskunft am 04.05.2020, soweit ihm dies noch erinnerlich war. Für die Kammer waren die Erinnerungslücken aufgrund der Vielzahl der Gläubiger im Rahmen seiner beruflichen Laufbahn und des Zeitablaufs nachvollziehbar.
295
Die Finanzinspektorin B… vom Finanzamt D. schilderte der Kammer von den Steuerschulden der UG und von Stundungsvereinbarungen. Zudem legte sie den Inhalt verschiedener Telefongespräche mit der Angeklagten P… dar und zeigte die haftungsrechtliche Situation der … UG für die offenen Steuerschulden – auch nach Stellen des Insolvenzantrages – auf.
296
Auch vernahm die Kammer drei ehemalige Mitarbeiter der … UG. Der Mitarbeiter F… und die Mitarbeiterin B … machten deutliche Erinnerungslücken dahingehend kenntlich, in welchem Zeitraum sie in der Diskothek … gearbeitet haben. Dies war für die Kammer angesichts des Zeitablaufs durchwegs glaubhaft. Zudem berichteten sie davon, dass sie beide Angeklagten kennen würden. Der Mitarbeiter H … schilderte die verschiedenen Funktionen, in denen er seit dem Jahr 2010 tätig war. Er berichtete von dem Verhältnis zu beiden Angeklagten und zu der finanziellen Situation der … UG, soweit er darüber Erkenntnisse hatte. Zudem legte er die Rollenverteilung zwischen den beiden Angeklagten dar. An der Glaubwürdigkeit der Mitarbeiter kamen für die Kammer keine Zweifel auf.
297
Die seit August/September 2019 für die … UG für die Lohnbuchhaltung zuständige Steuerberaterin … schilderte, dass sie bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber eines Steuerberaterbüros bereits für den Angeklagten G… gearbeitet hatte und weshalb das dort bestehende Mandat gekündigt wurde. Auch konnte sie der Kammer Angaben hinsichtlich der Mitarbeiteranzahl machen und berichtete der Kammer von ihren Ansprechpartnern. Sie erläuterte der Kammer auch den Ablauf der An- und Abmeldung von Mitarbeitern.
298
Darüber hinaus vernahm die Kammer die für die Finanzbuchhaltung zuständige Steuerberaterin …. Diese berichtete von der Begründung des Mandatsverhältnisses im Jahr 2019 und von den für die … UG zuständigen Ansprechpartnern. Auch wurde die Steuerberaterin eindringlich und kritisch hinsichtlich der Vorgehensweise und des Ablaufs bei der Beantragung von Überbrückungshilfen und außerordentlichen Wirtschaftshilfen befragt.
3.1. Feststellungen zur Gründungsgeschichte und zu den Firmenverhältnissen
299
Die Erkenntnisse hinsichtlich des Grundstückserwerbes und den damit verbundenen Eigentumsverhältnissen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten G… sowie auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden, insbesondere den notariellen Kaufvertrag vom 09.02.2012 und dem Darlehnsvertrag vom 09.02.2012.
300
Die Feststellungen zur Rückübertragung des Vertragsgegenstandes sowie den nicht bezahlten Darlehensraten beruhen auf den glaubhaften Angaben des Leiters der Finanzbuchhaltung der Brauerei …, den glaubhaften Angaben des ehemaligen Direktors der Brauerei E … sowie auf den glaubhaften Angaben der Polizeiangestellten M ….
301
Insoweit bekundete der ehemalige Brauereidirektor E …, dass es bereits vor der Grundstücksübertragung an den Angeklagten G… im Rahmen des Pachtverhältnisses Zahlungsprobleme gegeben habe. Diese Zahlungsprobleme hätten auch nach dem Kauf weiter bestanden und seien letztlich ursächlich für die Rückübertragung des Grundstücks gewesen. Die Darlehensraten seien nie beglichen worden. Diese Angaben stehen auch in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Polizeiangestellten M …. Diese legte dar, dass zum 31.12.2019 Darlehensraten in Höhe von insgesamt 267.916,46 € offen gewesen seien. Zum 31.12.2020 sei dieser Betrag sogar auf 279.261,27 € angewachsen. Auch der Leiter der Finanzbuchhaltung der Brauerei … führte aus, dass erhebliche Beträge aus dem Darlehnsvertrag offen gewesen seien. Er berichtete, dass die Buchungen der privaten Verbindlichkeiten unter den Debitorenkonten … sowie … geführt worden seien. Insbesondere stehen die seitens der Zeugen gemachten Angaben mit den verlesenen Kontoauszügen der Debitorenkonten im Einklang. Die Kammer hatte zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen.
302
Die Erkenntnisse hinsichtlich des am 09.02.2012 geschlossenen Bierlieferungs- und Leistungsvertrags ergeben sich aus der Verlesung desselben sowie der damit verbundenen Übersicht der monatlichen Annuitäten. Die offenen Salden und Feststellungen zu den Debitorenkonten ergeben sich insbesondere aus den verlesenen Kontoauszügen.
303
Der festgestellte Sachverhalt hinsichtlich des zur Diskothek gehörenden Parkplatzes beruht zum einem auf der Einlassung des Angeklagten G… sowie auf der Verlesung der vertraglichen Vereinbarung vom 08.10.2012.
304
Die Feststellungen zu den zwischen dem Angeklagten G… und der … UG abgeschlossenen Mietverhältnissen beruhen auf den verlesenen Mietverträgen sowie auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten G…. Eine missbräuchliche Gestaltung vermochte die Kammer nicht erkennen. Der Angeklagte G… konnte der Kammer trotz kritischer Nachfragen glaubhaft und in sich schlüssig die zeitliche Abfolge der abgeschlossenen Mietverträge darlegen und erläutern. Für die Kammer war in diesem Zusammenhang insbesondere nachvollziehbar, dass der Angeklagte aufgrund des Ausscheidens als Gesellschafter und des damit verbundenen Verlustes von Tantiemen mit der … UG einen Mietvertrag mit einem deutlich höheren Mietzins abgeschlossen hat, namentlich 6.600 €. Nur so wäre es ihm möglich gewesen, private Verbindlichkeiten zu bedienen. Die zeitliche Abfolge der abgeschlossenen Mietverträge fügt sich auch nahtlos in den zeitlichen Ablauf mit dem Ausscheiden als Gesellschafter und dem damit verbundenen Notartermin ein.
305
Die Feststellungen zu den Firmenverhältnissen ergaben sich aus den Einlassungen des Angeklagten G… und der Angeklagten P… sowie aus den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden. Hierbei handelt es sich insbesondere um den notariell beurkundeten Gründungsvertrag der … UG vom 19.07.2019, die Gewerbeanmeldung vom 08.08.2019, den Handelsregisterauszug sowie den Gesellschaftsvertrag. Die Geschäftsanteilsübertragung an die Angeklagte P… ergibt sich neben den insoweit glaubhaften Einlassungen der Angeklagten aus der verlesenen notariell beglaubigten Liste der Gesellschafter vom 27.01.2020 sowie aus der verlesenen notariellen Urkunde vom 27.01.2020.
3.2. Feststellungen zur steuerlichen Erfassung sowie zur Vertretung durch Steuerberater
306
Die Feststellungen zur steuerlichen Erfassung der … UG ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der Finanzbeamtin B … … sowie aus den verlesenen Urkunden, insbesondere den Schreiben des Finanzamtes vom 18.08.2020 sowie vom 05.03.2020. Die Tätigkeit der Steuerkanzlei … sowie die Tätigkeit der Lohnbuchhaltung beruhen auf den Angaben des Angeklagten G… sowie auf den glaubhaften Angaben der Steuerberaterinnen …. Eine Belastungstendenz der Zeugen hinsichtlich der beiden Angeklagten konnte die Kammer nicht feststellen. Zweifel an der Glaubwürdigkeit kamen nicht auf.
3.3. Feststellungen zum Unternehmensgegenstand
307
Die Feststellungen zum Unternehmensgegenstand der … UG beruhen neben den Einlassungen des Angeklagten G… und der Angeklagten P… auf den Auskünften aus dem Handelsregister, der verlesenen Gewerbeanmeldung vom 08.08.2019 sowie dem verlesenen Insolvenzgutachten vom 29.08.2023.
3.4. Feststellungen zum Hintergrund der Gründung der … UG
308
Die Feststellungen zu den Hintergründen der Gründung der … UG beruhen auf einer wertenden Gesamtschau aller Feststellungen, insbesondere auf den verlesenen Urkunden, der Einlassungen der Angeklagten und der Angaben des Kriminalbeamten W ….
Im Einzelnen:
309
Dass der Angeklagte im gewerberechtlichen Sinne als unzuverlässig galt und eine bis heute gültige Gewerbeuntersagung besteht, ergibt sich aus den verlesenen Bescheiden des Landratsamtes Rottal Inn vom 08.10.2019.
310
Die Feststellungen dahingehend, dass die … UG Betreibergesellschaft sowohl der Diskothek … als auch der Diskothek … sein sollte, folgt bereits aus der Einlassung des Angeklagten G…. Dieser legte glaubhaft dar, dass die … UG keine Erlaubnis zum Betrieb der Diskothek … erhalten habe. Mithin sei die … UG nie Betreibergesellschaft der Diskothek … gewesen. Die steht auch in Übereinstimmung mit dem verlesenen Bescheid des Landratsamtes Rottal-Inn vom 08.10.2019 und den dargelegten Ermittlungsergebnissen des Polizeibeamten W ….
311
Die Feststellungen zur sich wiederholenden Vorgehensweise des Angeklagten und den verschiedenen Betreibergesellschaften ergeben sich aus dem verlesenen Strafbefehl des Amtsgerichts Landshut unter dem Aktenzeichen Cs 52 Js 27700/06, aus dem verlesenen Strafbefehl des Amtsgerichts Landshut unter dem Aktenzeichen Cs 54 Js 26565/08, aus dem verlesenen Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 22.02.2018 unter dem Aktenzeichen 30 Ds 206 Js 16470/16 sowie aus dem verlesenen Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 15.12.2020 unter dem Aktenzeichen 03 Ls 206 Js 6618/18. Hieraus ergibt sich, dass der Angeklagte bei sämtlichen vorangegangenen Betreibergesellschaften entweder als formeller oder als faktischer Geschäftsführer die Geschicke der jeweiligen Gesellschaft lenkte. Aus den verlesenen Urteilen ergibt sich, dass der Angeklagte G… bereits in der Vergangenheit Bestellungen tätigte, das Zahlungsmanagement erledigte, gegenüber der Bank als Firmenvertreter auftrat und auch Kontakt zum Steuerberater hielt. Zudem ergibt sich insbesondere aus den verlesenen Bescheiden des Landratsamtes Rottal-Inn, dass der Angeklagte bereits in der Vergangenheit Geschäftsführer ausgetauschte, sobald die Gefahr bestand, dass die Betreibergesellschaft eine gaststättenrechtliche Erlaubnis nicht erhalten würde. Die Kammer hat in diesem Zusammenhang die Überzeugung gewonnen, dass der Angeklagte G… sich Personen gesucht hat, die lediglich auf dem Papier formell den Geschäftsführer darstellten. Dies zeigt sich bereits bei näherer Betrachtung der … UG. Dort bestellte der Angeklagte G… den ehemaligen Mitarbeiter Ch … als alleinigen Geschäftsführer. Nachdem das Landratsamt dem Angeklagten G… mitgeteilt hatte, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers Ch … abzulehnen, tauschte der Angeklagte diesen gegen neue Geschäftsführer aus. Auch im hiesigen Verfahren schilderte die Angeklagte P glaubhaft, dass es der Angeklagte G… war, der auf sie zugekommen sei und sie gefragt habe, ob sie Geschäftsführerin sein möchte. Die Angeklagte war zuvor auch als Bedienung Mitarbeiterin auf 450 € Basis im Rahmen der Diskothek.
312
Die Kammer ist überzeugt davon, dass der Angeklagte nach Insolvenz einer Betreibergesellschaft eine neue Gesellschaft deshalb gegründet hat, damit er seine enormen privaten Verbindlichkeiten tilgen konnte. Andernfalls wäre es ihm nicht möglich gewesen, die seitens der … UG geschuldeten Mietzahlungen zu erhalten, um damit die bereits genannten enormen privaten Verbindlichkeiten bedienen zu können. Er wollte den Betrieb um jeden Preis aufrechterhalten. Der Angeklagte G… ließ sich selbst dahingehend ein, dass ein versuchter Verkauf im Jahr 2016 des im Jahr 2012 erworbenen Grundstücks nicht gelungen sei. Daher habe man das Geschäft am Laufen halten müssen. Rücklagen seien auch nicht vorhanden gewesen. Der finanzielle Druck sei aufgrund der monatlichen Annuitäten enorm gewesen.
313
Auch der Hauptermittler W … schilderte glaubhaft, dass die … UG lediglich eine Fortführung der bisherigen Betreibergesellschaft war. Man habe ein „totes Pferd weiter geritten.“ Die vorherigen Betreibergesellschaften seien alle insolvent gegangen. Die Angaben des Zeugen, die in jeder Hinsicht mit den Urkunden in Einklang standen, waren durchwegs glaubhaft.
314
Eine Belastungstendenz des Zeugen hinsichtlich der beiden Angeklagten konnte die Kammer nicht feststellen. Zweifel an der Glaubwürdigkeit kamen nicht auf.
3.5. Feststellungen zur vorsätzlichen Insolvenzverschleppung
3.5.1. Ursachen der Liquiditätsschwierigkeiten
315
Die Feststellungen zu den Ursachen der Liquiditätsschwierigkeiten beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten, soweit diesen gefolgt werden konnte, sowie auf den weiteren in der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen, insbesondere auf den vorbenannten Urkunden. Bei einer wertenden Gesamtschau aller erhobenen Beweise zeichnete sich für die Kammer ein klares Bild dahingehend ab, dass die Ursachen für die Liquiditätsschwierigkeiten im Vorfeld der Gründung – jedenfalls seit dem Jahr 2012 – zu finden sind.
316
So gab der ehemalige Brauerdirektor E … glaubhaft an, dass es schon bereits vor dem Grundstückskauf im Jahr 2012 im Rahmen der bestehenden Pachtverhältnisse Zahlungsprobleme gegeben habe. Als Grund für die ständigen Zahlungsverzögerungen gab er an, dass schlichtweg die Umsätze gefehlt haben. Auch nach dem Grundstückskauf haben sich die Zahlungsprobleme unverändert fortgesetzt. Dies steht auch in Übereinstimmung mit den Angaben des Angeklagten G…. Dieser führte selbst, wie bereits unter 3.4. dargestellt, im Rahmen seiner Einlassung aus, dass nicht einmal ein Grundstücksverkauf funktioniert habe und keine Rücklagen vorhanden waren. Auch die Insolvenzen, welche sich aus den bereits vorbenannten verlesenen Strafbefehlen bzw. Urteilen ergeben, zeigen, dass man sich mit dem Grundstückskauf übernommen hat und schlichtweg keine ausreichenden Umsätze erzielen konnte. Auch die im Rahmen der Hauptverhandlungen verlesenen Kontoauszüge zeigen, dass den fälligen Verbindlichkeiten keine ausreichenden Umsätze gegenüberstanden.
3.5.2. Feststellungen zur verspäteten Insolvenzantragstellung
317
Die Feststellungen zur verspäteten Insolvenzantragstellung der Angeklagten P… ergeben sich neben der Einlassung der Angeklagten P… aus dem verlesenen Insolvenzantrag des Rechtsanwalts und Insolvenzverwalters Sch … vom 20.06.2023 sowie aus dem verlesenen Insolvenzgutachten des Rechtsanwalts Dr. G…. Die Feststellungen zum gestellten Insolvenzantrag des Finanzamtes D. und zur Höhe der Verbindlichkeiten beruhen auf dem verlesenen Antrag vom 31.07.2023. Darüber hinaus beruhen die Feststellungen zu den Abweisungen der Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse auf den verlesenen Beschlüssen des Amtsgerichts … als Insolvenzgericht vom … und vom ….
3.5.3. Feststellungen zur Nichtantragsstellung durch Angeklagten G …
318
Die Kammer gewann im Rahmen der durchgeführten Hauptverhandlung die Überzeugung, dass der Angeklagte faktischer Geschäftsführer der … UG war und einen Insolvenzantrag nicht gestellt hat. Die Überzeugung gewann die Kammer insbesondere aus der Auswertung zahlreicher Urkunden, sowie aus den durch Abspielen in Augenschein genommen Audiodateien. Soweit der Angeklagte sich dahingehend einließ, dass er nicht faktischer Geschäftsführer der … UG war, ist die Kammer davon überzeugt, dass es sich um eine Schutzbehauptung handelt. Der Angeklagte wird jedoch durch die erhobenen Beweise überführt.
Im Einzelnen:
319
Aus den im Rahmen der Hauptverhandlung verlesenen Bescheiden des Landratsamtes Rottal vom 08.10.2019 zeichnet sich für die Kammer ein klares Bild dahingehend, dass der Angeklagte gegenüber Behörden Wortführer war und vertieftes Wissen über die Betriebsabläufe der B … -UG aufwies. So war es gerade der Angeklagte, der im Rahmen eines am 27.08.2019 beim Landratsamt Rottal-Inn stattgefundenen Gesprächs neben der anwesenden Angeklagten P… die Wortführung übernahm und das Geschäftsmodell erklären konnte. Er kannte sich in den wesentlichen Details aus und konnte detailliert Angaben dahingehend machen, wie man nun Kosten einsparen wollte.
320
Auch die neben der formellen Geschäftsführerin P… bestehende Verfügungsberechtigung über das Geschäftskonto bei der Sparkasse N … belegt, dass der Angeklagte G… der Angeklagten P… als formeller Geschäftsführerin nichts nachstand. Auch die ihm erteilte Kontovollmacht für das Konto bei der Sparkasse N … belegt, dass der Angeklagte G… wie ein Geschäftsführer auftrat. Die Kammer hat auch in den Blick genommen, dass es auch gerade der Angeklagte G… war, der selbst nach Ausscheiden als Geschäftsführer mit der Sparkasse … Verhandlungen über das Hinausschieben der Kündigung des Geschäftskontos vornahm. Zudem belegt der Umstand, dass der Angeklagte G… trotz Abtretung seiner Geschäftsanteile zum 01.01.2020 auch im Rahmen des am 09.04.2020 neu eröffneten Geschäftskontos bei der Sparkasse … neben der Angeklagten P… verfügungsberechtigt war. Selbst die Sparkasse ging davon aus, dass sowohl die Angeklagte P… , als auch der Angeklagte G… Geschäftsführer der … UG waren. Dies folgt aus dem internen Vermerk der verlesenen Kontoauflösung.
321
Darüber hinaus zeichnete die Auswertung der in der Hauptverhandlung verlesen Whats-App Nachrichten für die Kammer ein klares Bild dahingehend, dass der Angeklagte G… als faktischer Geschäftsführer der … UG einzustufen war. Dies ergibt sich bereits aus dem Chat-Verkehr vom ….2019 zwischen dem ehemaligen Mitarbeiter H … und der Steuerberaterin Sch …. Im Rahmen dessen schrieb der Mitarbeiter H … dass „M …“ gesagt habe, dass bei ihm pro Abend 120 € „reinzumachen“ seien. Dies belegt, dass der Angeklagte G… sehr wohl die Entscheidungen hinsichtlich der Vergütungen bzw. des Verdients der Mitarbeiter traf. Des Weiteren zeigt der Chat-Verkehr zwischen dem ehemaligen Mitarbeiter H … und der Steuerberaterin Sch … vom 07.11.2019, dass der Angeklagte für die finanziellen Belange der … UG zuständig und der Ansprechpartner war. So teilte die Steuerberaterin Sch … dem Mitarbeiter H … mit, dass die Knappschaft sich wieder gemeldet habe und die Konten sperren lassen werde. Zudem teilte sie mit, dass ihre Rechnung ebenfalls noch offen sei. Der Mitarbeiter H … antwortete hierauf, dass er sie verstehen könne und es „am Chef“ weitergeben werde und er es ihm sagen werde. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass mit „Chef“ der Angeklagte G… gemeint ist. Aufgrund des Wortlauts „am Chef“ und „ihm“ kann die Angeklagte P… nicht gemeint gewesen sein. Sonst gab es keine weiteren Personen, die gemeint hätten sein können. Zudem ergibt sich aus dem Zusammenhang mit dem Chat Verkehr vom 12.11.2019 ohne Zweifel, dass der Angeklagte G… mit „Chef“ gemeint war. So schrieb die Steuerberaterin Sch … am 12.11.2019 an den Angeklagten G… gerade wegen der offenen Beiträge bei der Knappschaft und teilte diesem mit, dass die Knappschaft drohen würde das Konto zu sperren und dass ihre Rechnung noch offen sei. Diese Nachricht steht unzweifelhaft im Zusammenhang mit der des 07.11.2019. Der Chat-Verkehr zwischen dem Angeklagten G… und der Steuerberaterin Sch … lässt auch keine vernünftigen Zweifel dahingehend aufkommen, dass der Angeklagte G… der Ansprechpartner für die Steuerberaterin war. So wandte sich die Steuerberaterin bei wesentlichen Geschäftsfragen an den Angeklagten G….
322
Die Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte G… maßgebend für die Mitarbeiterplanung verantwortlich war. So belegen die zwischen dem Angeklagten G… und der Angeklagten P… versandten Audio-Dateien, welche durch Abspielen im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen wurden, dass der Angeklagte eine bestimmende Rolle dahingehend einnahm, welche Mitarbeiter noch an- oder abgemeldet werden müssen. Dies wird durch folgende Sprachnachrichten deutlich:
Angeklagter G…: ”Du, E … bei der Anmeldung von den Leuten, ähh, an H … , also an Stefan H …, ähh der muss auch kurzfristig angemeldet werden. Also 110, und wen haben wir noch gehabt? Bei irgendjemand haben wir noch gesagt kurzfristig. Fällt mir jetzt grad ned ein. Vielleicht weißt es du?"
Angeklagter G…: „(…) Und beim Anmelden ist es auch so, de Mitarbeiter, wo wir eigentlich nimmer brauchen, ned anmelden. Weil des kost uns nur, de Anmeldung kost a Geld und jedes Monat auch die Nullmeldung, kost einfach 12,- Euro, ja, 10 wenn dabei sind, sinds scho 120 Euro wo umsonst ausgegeben sind. Also wir müssen schon versuchen, den Mitarbeiterstand so knapp wie möglich zum halten. Oder die wo jetzt zum Beispiel gesagt hat, jaaa, so aushelfen würde sie, die melden wir jetzt gar ned an. Die melden wir erst an, wenns soweit is.“
Angeklagte P…: ”Du M…, welche Leute haben wir denn eigentlich schon angemeldet weil ich glaub, an E…, den hast du doch schon im R… gehabt oder? Da brauch ich die Daten ja gar nicht durchschicken. Wer war denn da noch bei dir im R… ? Von de eigentlichen B… Leute, weißt du das?"
Angeklagte G…: „A… F… ist angemeldet, dann der A… ist angemeldet, E… ist angemeldet. Aber, wie gesagt, selbst wennst es doppelt durchschickst, ist es ja kein Problem, weil das merkt ja sie dann gleich in ihre System ähh was sie angemeldet hat. Und sie soll dir dann nach der Anmeldung, wenn sie alle angemeldet hat, bitte eine Mitarbeiter-Liste ähh schicken. Das ist ganz wichtig, weil die müssen wir am Sonntag ähh am Montag spätestens ans Landratsamt zur Frau E … schicken. Des steht im Auflagenbescheid. Also bitte eine komplette Mitarbeiter-Liste.“
323
Die Kammer ist überzeugt, dass es der Angeklagte G… war, der einen Überblick über die finanzielle Situation der B … UG gehabt hat und auch für die Finanzen zuständig war. Diese Überzeugung rührt insbesondere aus folgenden in der Hauptverhandlung durch Abspielen in Augenschein genommen Sprachnachrichten zwischen dem Angeklagten G… und der Angeklagten P…
Angeklagte P…: ”Ok, dann kommst so auf 1, bringst mir das Geld und dann zahl ich's ein. Basst. So mach ma's. M …, wieviel gibst mir mit? ist es genug, dass wir wieder im Plus sind? Bitte sag ja, des wäre schön, weil dann wäre Ruhe.“
Angeklagte P…: ”Grias de, servus Herr Doktor G…. Wie schaut's denn aus? Wieviel haben wir denn morgen für'd Bank?"
324
Die bestimmende Rolle des Angeklagten G… im Verhältnis zur formal bestellten einzigen Geschäftsführerin P… wurde für die Kammer anhand folgender weiterer Indizien deutlich. So ergibt sich bereits aus den Sprachnachrichten zwischen dem Angeklagten G… und der Angeklagten P…, dass es der Angeklagte G… war, der der Angeklagten P… entsprechende Anweisungen für das Tagesgeschäft gab. Die Angeklagte P… selbst war nicht in der Lage das Tagesgeschäft zu leiten. Dies ergibt sich unter anderem aus folgenden Sprachnachrichten:
Angeklagter G…: ”Ja, des was auf Zutaten (unverständlich) da musst die Etiketten abschreiben. Deswegen hob ich dir sie ja geschickt. Genau. Des schickst ihr dann und dann bitte nachrufen ob's alles gekriegt hat, ob sie es angeschaut hat, ob des so basst. Ah, da warten wir ned auf Feedback, sondern da müssen wir nachrufen. Wenn du sie heute nimmer erreichst, dann müssen wir es morgen in der Früh machen, weil die nur vormittags da ist, glaub ich, oder dir sagen lassen wann sie da ist. Auf alle Fälle brauchen wir von ihr eine mündliche Rückmeldung.“
Angeklagter G…: ”Ok, E…, dann haben die vom Steuerberater des alles. Du, bleib da bitte richtig hartnäckig und dran, weil äh, irgendwas ist da komisch. Weil äh, irgendwas stimmt da ned. Entweder sind die jetzt überfordert gleich am Anfang oder irgendwas aber ansonsten müssen wir da reagieren, weil wenn wir des ned verlängern ähh, und alles, dann stehen wir am 18. da und schaun wir recht blöd. Also des is jetzt Dringlichkeit Nummer Eins. Auch wenn's lästig ist, den penetrierst jetzt so lang, bis der rangeht oder wenn ned dann verlangst jetzt die Kollegin wenn er nicht da ist, dann sagst du brauchst seine Chefin oder irgendwas.“
Angeklagter G…: ”Ich hab dir auch jetzt die Nummer von der Tyska-Gasbestellung geschickt weil ähm, äh, die haben keine, keine Rechnung noch nicht dazu geschickt. Da müssten wir, da müsstest du am Montag in der Früh quasi anrufen wegen Kontonummer und genauer Betrag.“
Angeklagte G…: ”Doch, doch, i bin jetzt eh scho da, i sperr scho auf, aber i habs da jetzt glei scho mal geschickt weil dann hast es du auf deim Handy drauf, dann vergess ma's ned. Ähhm und i leit jetzt no schnell d'Rechung weiter weil da is dann Kontonummer drauf. Wie gesagt, wichtig bei dene, de möchten den Überweisungsträger mit Stempel und Unterschrift und dann an Kontoauszug wo man sieht, dass vom Konto scho weggegangen is, und des dene hinfaxn und dann a halbe Stunde drauf oder was, nachrufen ob sie es gekriegt haben, ähh, weil wie gesagt, de wenn das dann verschlafen und liegenlassen, dann geht's an'd Spedition ned weiter, dann kriegen wir kein Gas. Und am Donnerstag/Freitag geht's Gas sonst aus. Bis glei.“
Angeklagter G…: ”Am besten wär's natürlich, wenn wir des alles über Email machen können. Weil wenn des Lohnbüro H …, dir des per Email schickt, dann is ja ganz einfach, dann brauchst es bloß weiterleiten. Des war des Allerbeste. Könnten wir mal, ah, da E … hat bestimmt a Email-Adresse, dann kannst vielleicht morgen fragen ob's a Email-Adresse und ob des per Email auch gehen würde. S'einfacher, weißt scho. Die schickts weiter, Lohnbüro schickts uns und mir leiten's bloß weiter. Ah, easy, wir müssen immer schaun, Simplifikation, so einfach wie möglich ( …).“
Angeklagter G…: ”Also, die Sache mit der Kühltruhe bitte am Samstag gleich putzen lassen. Die sollen bei beiden Kühltruhen das Eis aus der Verpackung, also aus der Kartonverpackung rausnehmen. Dann geht das nämlich in eine rein, und die andere dann bitte sofort putzen. Das können sie ja machen, vor Betrieb, das ist ja kein Problem. Und ähm die Sache mit Keller unten, wo in der Ecke noch die Spinnweben und äh äh Staub ist, das sollen sie auch bitte gleich machen. Da sind auch leere Flaschen dort, das sollen sie auch wegräumen. Und bei der Cocktailbar, da schau ich, dass ich jetzt den J … erreiche, ob der da noch schnell eine Masse reintun kann. Wobei das Ganze betrifft ja jetzt eh nicht den Samstag, sondern das nächste Mal aber da schau ich jetzt gleich. Zumindest tun wir die gebrochene Fliese weg, dann passt es eigentlich eh schon. Gut.“
Angeklagter G…: „Ja aber ähm mit der EON, das musst du ihnen sagen, dass wir über'n Sommer mit Sicherheit nicht 900,- Euro im Monat zahlen, weil ma mir sowieso Sommerpause haben und kein Strom ned lauft. Den kann man schon oba doa (reduzieren) lassen. Das muss gehen. Das hab ich sonst auch immer machen können. Weil wir können jetzt nicht, für was sollen wir 900,- Euro zahlen? Wir haben einen Stromverbrauch von höchstens, allerallerhöchstens 100,- Euro im Monat. Du weißt, es lauft dKamera und d'Außenbeleuchtung, sonst lauft nix. Ähh, probier's da nochmal bitte E …. Probier's nochmal, weil das Geld lauft uns ja bloß auf. Ich mein, den Zählerstand ablesen, das weiß ich schon, da schicken sie eh zu Ende Juni. Aber das da, ja, komisch. Ansonsten tut dann d'Polizei mit dem Geldbeutel da selbstständig weiter oder? Das geht uns dann eh nichts mehr an. Weil der B … hat gesagt, die wollten irgendein Video, äh, na ja.“
Angeklagter G…: ”Weil dann machst du bitte von der sauberen Gefriertruhe und von den anderen zwei Sachen, des wo geputzt Ist und von der Fliese, die wo dann ausgebessert ist, ein Foto und dann schicken wir das dem Lebensmittelkontrolleur per Email, weil dann ist des auch erledigt für den. Dann weiß er, dass er nicht mehr kommen braucht.“
325
Die bestimmende Rolle des Angeklagten G… steht auch in Übereinstimmung mit der Einlassung der Angeklagten P…. Diese schilderte glaubhaft, dass sie auf Öffnungszeiten keinen Einfluss habe nehmen können. Hätte sie etwas vorgeschlagen, dann hätte sie einen „auf den Deckel bekommen.“ Auch zeigt gerade der Umstand, dass die Angeklagte P…, obwohl sie eingetragene formelle Geschäftsführerin war, weiterhin auf 450 € an der Bar oder an der Garderobe gearbeitet hat, dass sie am Tagesgeschäft selbst nichts zu sagen hatte.
326
Schließlich konnte die Kammer auch die Überzeugung gewinnen, dass der Angeklagte trotz Ausscheidens als Gesellschafter im Januar 2020, weiterhin ein erhebliches finanzielles Interesse am Bestehen der B … UG hatte und die Geschicke der Gesellschaft nicht aus der Hand geben wollte. Aus den im Rahmen der Hauptverhandlung abgespielten Sprachnachrichten ergibt sich, dass der Angeklagte sich detailliert für die B … UG dahingehend informierte, welche Hilfen sie im Zusammenhang mit Corona erhalten können und wie das Tagesgeschäft unverändert weiterbetrieben werden kann. Dies ergibt sich unter anderem aus folgenden Sprachnachrichten:
Angeklagter G…: „E…, Grias di Gott, duu, Samstag bitte weiße Bluse, eine Nummer zu klein und schwarze Krawatte. Wir haben eine neue Veranstaltungsreihe, die heißt ”Vegas Baby“. Der B … kommt raus und da haben wir gesagt, machen wir a bissal Einheitskleidung. Danke.“
Angeklagter G… ”Wie gesagt, die sagen über 1000 Leute, wir sind unter 1000 Leute, äh, gibt's für uns überhaupt keinen Grund zum Zusperren. Überhaupt ned. Da sind wir ruiniert. Wir kriegen von niemand ein Geld. A Bauer wennst bist und und und es ist ein heißer Sommer, dann kriegst Subventionen. Wir kriegen nichts. Wir müssen uns, wir dürfen uns da überhaupt ned einschüchtern lassen. Wir müssen da durchziehen. Des helft einfach a mal ned. Und wie gesagt, wann hätt wir s'Ietzte Mal ähh die Projekt, des sind zwar 950 oder 1100, da sind 950 interessiert. Heißt ja noch lange nicht, dass de kommen. Nja, und wie gesagt, dann hören wir halt bei 999 auf. Is der Fall erledigt.“
Angeklagter G…: ”Hi E…, du, heb dir das Foto von der Veranstaltung mal bitte auf oder schau auch selber im Facebook, weil das wäre am Donnerstag den 31. auf 1. November, da ist Allerheiligen. Dass heißt, das ist das und der Karfreitag, sind die zwei strengsten Feiertage in Bayern. Die haben da von 21 bis 5 auf, wir müssen froh sein wenn wir am Samstag aufsperren dürfen äh um 12, weil davor ist auch noch Tanzverbot und alles. Und wie gesagt äh irgendwo hört es dann mal auf. Ah, wenn das eine Stadt oder Landratsamt genehmigt, dann muss gleiches Recht für alle gelten. Und da müsstest du dich mit der Frau E … mal kurzschließen und raufgehen und sagen, so fragen: ”Frau E …, dürfen wir da auch aufsperren oder wie schaut das aus im Oktober?„Aber das reden wir noch genau durch weil das kann man sich nicht bieten lassen. Die dürfen und da wäre schon alles unter Dach und Fach und wir haben da gar keine Chance,ge.“
Angeklagter G…: ”Ja, El…, schaut für morgen nicht gut aus. Müssten wir anrufen und müssten wir sagen, wir zahlen dann nächste Woche wieder ein, weil wir eh zweimal aufhaben. Wir haben ja vom letzten Mal die restlichen Leute noch auszahlen müssen. Ich hab jetzt aktuell 1100 Euro da, ähh, muss aber am Montag 600,- Euro Gas zahlen, weil nächste Woche wirds kalt, wir brauchen Gas, wir müssen einheizen. Dann muss ich die Halloween-Netze noch zahlen mit 150,- Euro und den Einkauf muss ich sowieso wieder irgendwas zaubern, dass wir den zamkriegen, weil Ware brauchen wir auch. Wie schauts denn eigentlich bei dir aus? Donnerstag und Samstag ist auf.“
Angeklagter G…: ”Das gleiche gilt auch für den Parkplatzwächter. Da tun wir vorne eine Liste hin, da hat ein jeder Türsteher dann seine Runde zu gehen nachdem die Busse natürlich da waren. Soll eine Wamweste anziehen. Und des müssen wir dokumentieren, ganz wichtig, weil die Polizei führt da rundum. Und wenn die sagen, der steht nicht da, haben wir schon wieder einen Verstoß gegen die Auflagen. Des is jetzt alles ned so auf die leichte Schulter zu nehmen.“
327
Ein weiteres Indiz in der Gesamtschau für die bestimmende Rolle des Angeklagten G… sieht die Kammer darin, dass nur der Angeklagte G… in der Lage war das Kassenbuch zu führen. Dies zeigt sich bereits anhand folgender Sprachnachrichten:
Angeklagte P…: „Servus M …, du, wann magst du dich denn zamsitzen wegen dem Kassenbücherl und so, dass du mir des erklärst, wie des geschrieben gehört oder keine Ahnung.“
Angeklagter G…: ”Ja, das wäre, ja genau, da hast du recht. Das sollten wir, wann hast du denn Zeit die Woche, dass wir's Kassenbücherl, des wäre ganz gut, weil wie gesagt, morgen bringe ich ja dem Steuerberater, der Steuerberaterin des bis Oktober. Das haben wir ja fertig, ah, bis September des haben wir fertig. Dann wäre es natürlich nicht verkehrt, wenn wir den Oktober und bis aktuell schreiben könnten. Und dann hätten wir gleich wieder mehr Überblick. Wann würde es denn bei dir gehen? Ich hab jetzt gerade morgen, also morgen habe ich von halb zwei bis um 3 Termine drin die ich machen muss. Und am Mittwoch hab ich auch irgendwas, mei, weil ich es mir immer nicht aufschreibe. Aber des könnte irgendwie … überlege dir wann du Zeit hast.“
328
In einer Gesamtschau und unter Berücksichtigung der verlesenen Vorverteilungen des Angeklagten hat die Kammer keine Zweifel daran, dass der Angeklagte faktischer Geschäftsführer der B … UG war. Aus den verlesenen Urteilen ergibt sich, dass der Angeklagte auch bei den vorangegangenen Betreibergesellschaften gegenüber Banken als Geschäftsführer auftrat, den Kontakt zum Steuerberater hielt und mithin die Geschicke der jeweiligen Gesellschaft leitete.
329
Der Angeklagte G… war letztlich auch nach seiner eigenen Einlassung der Hauptakteur des Unternehmens im Tagesgeschäft. Er gab im Rahmen seiner Einlassung selbst an, dass er die Leute und die Region gekannt habe. Zudem war er nahezu jedes Wochenende in der Diskothek R … vor Ort. Von 7 Tagen, sei er jedenfalls 5 Tage vor Ort gewesen.
330
Dass der Angeklagte das Tagesgeschäft leitete, wird auch durch folgende Sprachnachrichten belegt:
Angeklagter G…: ”(…) Also wir machen unser Projekt, wir machen unser Q11 und wir machen die XXL. Diese drei starken Partys, halt ned an dem Datum wie jetzt, sondern halt wahrscheinlich im Mai.“
331
Ein weiteres Indiz dafür, dass der Angeklagte die Geschicke der … UG leitete, zeigt sich darin, dass die Angeklagte P… im Rahmen der Durchsuchung nicht einmal einen Schlüssel für die B … UG hatte. So bekundete der Polizeibeamte R … glaubhaft, dass bei der Durchsuchung an der Wohnadresse der Angeklagten P… diese angab, dass sie keinen Schlüssel für die … UG habe. Zudem bekundete der Kriminalbeamte R … r glaubhaft und in sich schlüssig, dass er den Angeklagten G… für die Nummer 1 in dem Unternehmen gehalten habe. Den Schlüssel habe der Angeklagte G… gehabt. Auch fanden sich die Kontaktdaten des Angeklagten G…, nämlich E-Mail-Adresse und Handy-Nummer, im Rahmen des Antrags auf Soforthilfe Corona an, was sich wiederum aus dem verlesenen Antrag vom 31.03.2020 ergibt.
332
Mithin hat die Kammer aufgrund einer wertenden Gesamtschau der Indizien keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte faktischer Geschäftsführer der … UG war. Es war der Angeklagte G…, der, wie bei den vorangegangenen Betreibergesellschaften, die Geschicke der … UG lenkte.
333
Die Feststellung, dass der Angeklagte G… keinen Insolvenzantrag gestellt hat, ergibt sich insoweit aus seiner glaubhaften Einlassung und der Einlassung der Angeklagten P…, flankiert durch das verlesene Insolvenzgutachten vom 29.08.2023 und den Beschlüssen des Amtsgerichts L … om … sowie vom ….
3.5.4. Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit
334
Die Feststellungen zum objektiven Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit beruhen insbesondere auf den Ausführungen der Polizeiangestellten M … und den verlesenen Urkunden.
3.5.4.1. Feststellungen zu den zum 31.12.2019 fälligen Verbindlichkeiten
335
Die Kammer war von der Zahlungsunfähigkeit der B … aufgrund der Ausführungen und den dargestellten Ermittlungsergebnissen der Polizeiangestellten M … in der Zusammenschau mit den verlesenen Urkunden von fälligen Verbindlichkeiten zum 31.12.2019 in Höhe von insgesamt jedenfalls 22.038,11 €, nämlich fällige Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von jedenfalls 14.399,93 € sowie im Jahresabschluss ausgewiesene Verbindlichkeiten der B … UG gegenüber Gesellschaftern in Höhe von 7.638,18 €, überzeugt.
Im Einzelnen:
336
Die Wirtschaftsfachkraft M… stellte unter Auswertung sämtlicher bei der Durchsuchung sichergestellten Unterlagen unter Hinweis auf einen immer größeren Berg von Verbindlichkeiten überzeugend dar, dass trotz erwirtschafteter Umsätze die B … UG bereit zum 31.12.2019 nicht mehr in der Lage war, die fälligen Zahlungsverbindlichkeiten zu erfüllen. Sie schilderte, dass zum 31.12.2019 Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 30.171,20 € fällig waren. Die Auswertung sämtlicher Unterlagen ergab, dass sich die Summe der Verbindlichkeiten aus insgesamt 14 verschiedenen Forderungen zusammensetzt. Hierbei handle es sich um eine Forderung der B … mbH Rechtsanwälte Steuerberater in Höhe von 386,16 €, eine Forderung der BG Nahrungsmittel und Gastgewerbe in Höhe von 275,95 €, eine Forderung der Bundesknappschaft Minijobzentrale in Höhe von 1.767,26 €, eine Forderung von E.ON in Höhe von 896 €, eine Forderung vom Finanzamt in Höhe von 12.584,72 €, eine Forderung der gräflichen Brauerei G… in Höhe von 1.104,51 €, eine Forderung in Höhe von 1.308,25 €, eine Forderung der Landesjustizkasse B … in Höhe von 155 €, eine Forderung der L … GmbH & Co. KG in Höhe von 1.381,72 €, eine Forderung des Landratsamtes R … in Höhe von 500 €, eine Forderung der M … GmbH in Höhe von 128,52 €, eine Forderung der M … GmbH in Höhe von 5.384,10 €, eine Forderung des F. Sch … in Höhe von 1.220,01 € sowie eine Forderung der S … GmbH in Höhe von 3.054,00 €. Zudem würden Verbindlichkeiten in Höhe von 7.638,18 € der … UG gegenüber den Gesellschaftern bestehen. Diese Forderung seien auch alle zum 31.12.2019 fällig gewesen.
337
Nach kritischer Prüfung und sorgfältiger Würdigung der Angaben der Wirtschaftsfachkraft M… sowie bei Auswertung der verlesenen Urkunden kam die Kammer zur Überzeugung, dass zum 31.12.2019 fällige Verbindlichkeiten in Höhe von jedenfalls 22.038,11 € bestanden haben. Die Kammer hat dabei Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 8.133,09 € bei den zum 31.12.2019 fälligen Verbindlichkeiten bei ihrer Berechnung nicht mit eingestellt.
338
Die Kammer hat dabei zugunsten des Angeklagten die Forderung der gräflichen Brauerei G… nicht in die Berechnung einbezogen. Zwar bestand zum 31.12.2019 ausweislich des verlesenen Auszuges des Debitorenkontos … von der gräflichen Brauerei … für die … UG mit der Kundennummer … eine fällige Forderung in Höhe von 1.104,51 €. Bei diesem Debitorenkonto handelt es sich um das Konto, auf dem alle Rechnungen und Zahlungen im Zusammenhang mit Getränkelieferungen gebucht wurden. Allerdings konnte die Kammer trotz Einvernahme des Leiters der Finanzbuchhaltung der Brauerei H nicht mit der erforderlichen Gewissheit aufklären, ob es eine Stundungsvereinbarung aufgrund der bereits langjährigen Geschäftsbeziehung gegeben hat.
339
Auch hat die Kammer die Forderung des Finanzamtes D… in Höhe von insgesamt 12.584,72 € bei ihrer Berechnung nicht mit eingestellt. Die Kammer konnte sich letztendlich nicht von der Fälligkeit dieser Forderung überzeugen. Dies insbesondere deshalb, weil mit Schreiben des Finanzamtes D … vom 18.08.2020 sämtliche fälligen Vorauszahlungen ab August 2019 bis zum 31.12.2020 gestundet wurden. Daraufhin erfolgte nochmals eine Stundung bis 30.09.2021. Am 15.07.2021 war noch keine Zahlung an das Finanzamt erfolgt. Die Kammer hat aufgrund der rückwirkenden Stundung ab August 2019, womit die Fälligkeit jedenfalls bis 30.09.2021 hinausgeschoben wurde, den Betrag in Höhe von 12.584,72 € bei der Berechnung der zum 31.12.2019 fälligen Forderungen nicht eingestellt.
340
Darüber hinaus stellte die Kammer die Forderung der L… GmbH & Co. KG in ihre Berechnung nicht mit ein. Mit Schreiben vom 02.09.2019 erfolgte seitens der L … GmbH & Co. KG eine letzte Mahnung unter Fristsetzung bis 17.09.2019 zur Begleichung der Forderung von insgesamt 1.381,72 €. Die Forderung setzte sich aus der Rechnung vom 29.11.2018 in Höhe von 318,92 € sowie aus der Rechnung vom 29.11.2018 in Höhe von 1.047,80 € und einer Mahngebühr in Höhe von 15 € zusammen, mithin insgesamt 1.381,72 €. Beide Rechnungen waren spätestens zum 31.12.2018 fällig. Die Kammer hat die Überzeugung gewonnen, dass sich diese Forderung nicht an die … UG richtet und damit nicht in die Berechnung eingestellt werden kann. Dies ergibt sich bereits daraus, dass zum Zeitpunkt des jeweiligen Rechnungsdatums die … UG noch gar nicht gegründet war. Darüber hinaus ist die Rechnung an die … UG in der … straße … in … E … adressiert. Hierbei handelt es sich jedoch um die Adresse der ehemaligen Diskothek B … welche die … UG nie betrieben hat.
341
Darüber hinaus hat die Kammer im Rahmen der Berechnung der zum 31.12.2019 fälligen Verbindlichkeiten nur eine fällige Forderung des Herrn F. S1. … gegenüber der … UG in Höhe von insgesamt 1.110,01 € angenommen. Diese ergab sich aus dem verlesenen Mahnbescheid vom 30.03.2020. Allerdings hat die Kammer die mit Mahnbescheid vom 30.03.2020 zusätzlich geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von 110 € aus dem Dienstleistungsvertrag bei der Berechnung ausgenommen. Die Kammer konnte sich hinsichtlich des Betrages in Höhe von 110 € nicht von dessen Fälligkeit zum 31.12.2019 überzeugen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass ausweislich des Mahnbescheides Schadensersatz „gemäß Schreiben vom 09.03.2020 geltend gemacht wurde und damit nicht von einer Fälligkeit zum 31.12.2019 ausgegangen werden kann.
342
Hingegen hat die Kammer die Überzeugung gewonnen, dass sämtliche, außer die bereits vorbenannten Verbindlichkeiten zum 31.12.2019 in die Berechnung einzustellen waren.
343
So ergibt sich die zum 31.12.2019 fällige Forderung der B… mbH Rechtsanwälte Steuerberater in Höhe von 386,16 € aus dem verlesenen Vollstreckungsbescheid vom 16.03.2020 sowie aufgrund der glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M ….
344
Die Feststellung der Fälligkeit der Forderung der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe ergibt sich aus den verlesenen Urkunden, insbesondere aus der Mahnung vom 25.11.2019 und der Vollstreckungsankündigung vom 15.01.2020 sowie aus den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M ….
345
Auch konnte sich die Kammer von der Fälligkeit der Forderung der Bundesknappschaft Minijobzentrale in Höhe von 1.737,15 € überzeugen. Dies ergibt sich aus dem verlesenen Auswertungsbericht der Wirtschaftsfachkraft M … sowie den in sich schlüssigen und glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M …. Die Wirtschaftsfachkraft konnte anhand des Kontoauszuges der Knappschaft die fällige Forderung in sich schlüssig und widerspruchsfrei erläutern. An der Richtigkeit dieser Angaben hatte die Kammer keine Zweifel. Auch ergeben sich die einzelnen fälligen Forderungen aus dem im Rahmen der Hauptverhandlung verlesenen Schreibens der Knappschaft Bahn See Minijobzentrale vom 15.04.2021. Lediglich die zum 05.10.2018 fälligen Vollstreckungskosten in Höhe von 30,11 € stellte die Kammer bei der Berechnung nicht ein, da diese nicht der … UG zuzurechnen sind.
346
Die Überzeugung von der Fälligkeit hinsichtlich der Forderung von E.ON gegenüber der … UG gewann die Kammer zum einem aus der verlesenen Mahnung vom 26.02.2020 sowie vom 04.03.2020 und zum anderen aus den in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Wirtschaftsfachkraft M … und aus dem verlesenen Auswertungsbericht. Die Wirtschaftsfachkraft M … erläuterte, dass sich diese Verbindlichkeit aus der Abschlagszahlung für Dezember 2019 ergab und E.ON im Januar 2020 sogar die Sperrung der Stromversorgung ankündigte.
347
Die Feststellung zur Fälligkeit der Forderung der F… in Höhe von 1.308,25 € ergab sich ebenfalls aus den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M …. Diese legte anhand der vorgenommenen Auswertung dar, dass am 30.10.2019 gegen die … UG ein Mahnbescheid erlassen wurde.
348
Die Fälligkeit der Forderung der Landesjustizkasse Bamberg in Höhe von 155 € ergibt sich aus der verlesenen Mahnung vom 18.09.2019 sowie aus den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft ….
349
Die Feststellungen hinsichtlich der Fälligkeit der Forderung des Landratsamtes Rottal Inn gegenüber der … UG ergibt sich aus der verlesenen Vollstreckungsankündigung vom 12.12.2019 sowie aus den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M ….
350
Hinsichtlich der Forderung der M… GmbH gewann die Kammer ihre Erkenntnisse hinsichtlich der Fälligkeit aus den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … und der durch sie vorgenommen Auswertung der sichergestellten Unterlagen. So berichtete die Wirtschaftsfachkraft M … von einer Fälligkeit zum 01.10.2019, die auch mit der Urkundenlage in Übereinstimmung steht.
351
Die Feststellungen zur Fälligkeit der Forderung der M… und zu den Mahnungen nebst Mahnbescheid beruhen auf den verlesenen Urkunden, insbesondere auf dem Mahnbescheid vom 15.04.2020, dem Schreiben von … Inkasso GmbH vom 02.12.2019, sowie auf den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … und dem Auswertungsbericht vom 22.09.2021.
352
Die Fälligkeit der Forderung der S… GmbH ergibt sich neben dem verlesenen Auswertungsbericht vom 22.09.2021 auch aus den in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben der Wirtschaftsfachkraft M …. Aufgrund der von der Wirtschaftsfachkraft … dargelegten Buchung in Höhe von 1.100 € auf dem Konto … nahm die Kammer zugunsten des Angeklagten nur eine fällige Forderung in Höhe von 1.900 € an.
353
Darüber hinaus konnte die Kammer aufgrund der Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … und den verlesenen Urkunden, insbesondere dem Jahresabschluss zum 31.12.2019 die Überzeugung gewinnen, dass Verbindlichkeiten in Höhe von 7.638,18 € der … UG gegenüber den Gesellschaftern bestanden.
354
Die Kammer hat dabei hinsichtlich jeder einzelnen Forderung die Fälligkeit der Forderung kritisch geprüft und hinterfragt. Hinsichtlich der in die Berechnung der Kammer eingestellten fälligen Forderungen konnte die Kammer keine etwaigen Stundungsvereinbarungen feststellen. Solche wurden auch zu keinem Zeitpunkt im Rahmen der Hauptverhandlung durch die Angeklagten trotz umfassender Angaben behauptet. Die Kammer hat sich aus den zahlreichen verlesenen Urkunden und den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … , die sämtliche Unterlagen ausgewertet hat, eine Überzeugung bilden können, dass auch keine bloße Zahlungsstockung vorlag. Dies ergibt sich bereits etwa aus den verlesenen Kontoauszügen. Der Angeklagte G… als auch die Angeklagte P… wiederum konnten sich auf Nachfrage des Gerichts die fälligen Verbindlichkeiten nicht erklären.
3.5.4.2. Sonstige Beweisanzeichen der Zahlungsunfähigkeit der B … UG
355
Die Zahlungsunfähigkeit der … UG zum 31.12.2019 stand neben den fälligen Forderungen auch aufgrund einer Vielzahl von Indizien im Rahmen einer Gesamtwürdigung fest:
Im Einzelnen:
356
Die Feststellungen dahingehend, dass die Geschäftskonten zum 31.12.2019 nur eine Überdeckung von gerade einmal 198,88 € aufgewiesen haben und den durchgehenden negativen Salden vom 09.09.2019 bis 26.12.2019 sowie den einzelnen Kontoständen, ergeben sich aus den glaubhaften und in sich widerspruchsfreien Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … sowie aus den verlesenen Urkunden, insbesondere dem Auswertungsbericht vom 22.09.2021 sowie den Kontoauszügen. Die Feststellungen zu den Geschäftskonten sowie zur Kündigung des Geschäftskontos ergeben sich ergänzend zu den Ausführungen der Wirtschaftsfachkraft M … aus den verlesenen Urkunden, insbesondere aus der Abrechnung und Auflösung eines Girovertrages der Sparkasse … vom 30.04.2020, Vertragsunterlagen, sowie Schreiben der Sparkasse … vom 31.03.2020.
357
Die Erkenntnisse hinsichtlich der beim Hauptgerichtsvollzieher J… eingegangenen Vollstreckungsaufträge ergibt sich aus der verlesenen Auskunft des Gerichtsvollziehers J … vom 12.06.2020 sowie aus dessen glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung. Dass sich der Gerichtsvollzieher J … aufgrund des Zeitablaufs und seiner zwischenzeitlichen Pensionierung an die Einzelheiten nicht mehr erinnern konnte, ist für die Kammer plausibel und nachvollziehbar.
358
Die Überzeugung der Kammer, dass der vorhandene Jahresabschluss der … UG nicht sämtliche Verbindlichkeiten enthielt und mithin tatsächlich überschuldet war, ergab sich aus einer Zusammenschau der Angaben der Wirtschaftsfachkraft sowie aus der Auswertung einer Vielzahl an Urkunden, insbesondere des Jahresabschlusses zum 31.12.2019 sowie den Buchungslisten. Zum einem konnte die Wirtschaftsfachkraft M … der Kammer anhand der von ihr vorgenommen Auswertung der gesamten Finanzbuchhaltung in sich schlüssig und nachvollziehbar … darlegen, dass nicht sämtliche Verbindlichkeiten im Rahmen des Jahresabschlusses enthalten waren. So berichtete sie davon, dass sie bei einem Vergleich des Jahresabschlusses zum 31.12.2019 mit den festgestellten Verbindlichkeiten feststellte, dass die Beiträge zur Bundesknappschaft in Höhe von 1.650,78 €, die Forderung des Landratsamtes R … wegen Ablehnung der Gaststättenerlaubnis in Höhe von 510 € sowie die Forderung der S … GmbH in Höhe von 1.900 €, nicht enthalten waren. Dies steht in Übereinstimmung mit der durch die Kammer vorgenommenen sorgfältigen Prüfung der Buchungslisten und der sichergestellten Finanzbuchhaltung. Aufgrund dessen, dass die … G UG als Kapitalgesellschaft buchführungspflichtig ist und mithin auch eine Gegenüberstellung aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten vorgenommen werden muss und die Kammer keine der genannten Forderungen in der Finanzbuchhaltung feststellen konnte, waren diese nicht erfasst. Dagegen spricht auch nicht, dass die Finanzbuchhaltung durch die Steuerberaterin Z… vorgenommen wurde und mithin zu erwarten wäre, dass die Buchungen sorgfältig erfolgten. Dies ergibt sich daraus, dass die Steuerberaterin nur solche Verbindlichkeiten einbuchen konnte, die ihr auch zur Kenntnis gebracht werden.
359
Die Feststellungen zum Eigenkapital und zur Höhe der Kasse ergeben sich aus dem verlesenen Jahresabschluss zum 31.12.2019 sowie dem Auswertungsbericht vom 22.09.2021.
360
Nach der Überzeugung der Kammer standen der … UG auch keine weiteren liquiden Mittel zur Verfügung, die bei der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen gewesen wären und solche nicht zu erlangen waren. So gab der Angeklagte G… im Rahmen seiner Einlassung an, dass gerade keine Rücklagen vorhanden waren. Dies ergibt sich zudem aus der verlesenen Vermögensauskunft vom 04.05.2020. Auch die Angeklagte P… gab an, dass sie keine entsprechenden Rücklagen gehabt habe. Dabei steht auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass liquiden Mittel nicht in Form eines etwaigen Kredites zu erlangen gewesen wären. Dies ergibt sich aus den Rücklastschriften, den gegen die B … UG erfolgten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und der Kontokündigung durch die Sparkasse … Selbst die Konten wiesen ausweislich der Kontoauszüge vom 09.09.2019 bis 26.12.2019 eine durchgehende Unterdeckung auf. Aufgrund der desolaten finanziellen Situation musste das Geschäftskonto aufgelöst werden. Zudem ergibt sich aus den durch Abspielen in Augenschein genommen Sprachnachrichten, dass der Angeklagte G… selbst wusste, dass die … UG keinen Kredit bekommen würde. So äußerte er sich gegenüber dem Mitarbeiter H … wie folgt:
„”Des mim zumachen und Geld kassieren, des kann ich dir gleich schon sagen, dass des nicht funktioniert, weil jetzt sag ich dir was B …, genau a so is. Du kannst über die KFW Bank ein Formular ausfüllen und einen Kredit beantragen und den bekommst du aber nur, wennst eine Bonität hast, so, dann muss ich die Zahlen von uns vorlegen während der Corona-Krise auch noch. Dann haben wir keine Bonität, dann bekommen wir auch nix. Und ansonsten kannst schaun wo du bleibst, kannst schaun wo du bleibst und ah Geld bekommst keines. Des ist was anderes bei einer Firma, da wo's ein Kurzarbeitergeld oder sonst irgendwas, wir haben, wir haben keine Festangestellten. Gar nix bekommen wir. Garantier ich dir.“
361
Diese Sprachnachricht belegt, dass dem Angeklagten bewusst war, dass eine Liquidität nicht vorhanden und eine solche auch nicht zu erlangen war.
362
Auch die im Jahresabschluss aufgeführten Vorräte in Höhe von 17.986,27 € sowie die Sachanlagen in Höhe von 12.080,00 € stellen keine liquiden Mittel dar. Die Kammer ist davon überzeugt, dass unter liquiden Mitteln nur solche zu verstehen sind, die direkt zum Begleichen von fälligen Forderungen genutzt werden können. Die Vorräte stehen jedoch gerade nicht unmittelbar zur Zahlung von fälligen Verbindlichkeiten zur Verfügung und lassen sich auch nicht kurzfristig zu Geld umwandeln.
363
Hinsichtlich des Postens der Sachanlagen in Höhe von 12.080 € vermag die Kammer ebenfalls keine liquiden Mittel erkennen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es sich hierbei um die Musikanlage der Diskothek R … handelt, die schon gar nicht verkauft werden sollte, da der Diskothekenbetrieb sonst nicht möglich gewesen wäre. Dieser sollte um jeden Preis aufrechterhalten bleiben. Dabei hat die Kammer auch in den Blick genommen, dass der Angeklagte nach seiner eigenen Einlassung die Musikanlage vielmehr regelmäßig erneuerte und ein Verkauf nicht zur Debatte stand.
3.5.4.3. Feststellungen zu den finanziellen Verhältnissen nach dem 31.12.2019
364
Die Kammer hat die Überzeugung gewonnen, dass sich die desolate finanzielle Situation zum 31.12.2019 danach noch weiter verschlechterte. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass zum Stichtag 31.03.2020 weitere erhebliche fällige Verbindlichkeiten hinzukamen und damit der Betrag an fälligen Verbindlichkeiten stets weiterwuchs.
365
So schilderte die Wirtschaftsfachkraft M… schlüssig und nachvollziehbar, dass sich die Forderung der Bundesknappschaft Minijobzentrale, die zum 31.03.2020 fällig war, auf insgesamt 7.611,02 € und damit seit 31.12.2019 um 5.804,65 € angewachsen sei.
366
Des Weiteren konnte die Wirtschaftsfachkraft M… der Kammer nachvollziehbar erläutern, dass zum Stichtag 31.03.2020 eine zum 12.03.2020 fällige Forderung seitens E … (U … Großmarkt) in Höhe von 530,95 € hinzukam. Diese Forderung sei mit Datum vom 30.03.2020 angemahnt worden. Dies steht in Übereinstimmung mit der verlesenen Mahnung vom 30.03.2020. Die Feststellungen zur Zahlung am 08.04.2020 ergeben sich aus den seitens der Wirtschaftsfachkraft M … vorgenommen Kontoauswertungen und den verlesenen Kontoauszügen. Aus den Kontoauszügen ergibt sich, dass unmittelbar nach Gutschrift der unberechtigt erhaltenen und am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der … UG gutgeschriebenen Corona Soforthilfe am 08.04.2020 mehrere Rechnungen mittels Überweisung beglichen wurden.
367
Der Nachweis zur Fälligkeit der Forderung der E… ergibt sich aus der verlesenen Mahnung vom 09.03.2020 sowie aus den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M …. Die Feststellungen zur Zahlung am 08.04.2020 ergeben sich aus den seitens der M … vorgenommenen Kontoauswertungen und den verlesenen Kontoauszügen.
368
Auch konnte die Wirtschaftsfachkraft M… der Kammer darlegen, dass seitens der Lohnbuchhaltung Sch… eine zum 31.01.2020 fällige Forderung gegenüber der … UG in Höhe von 273,20 € bestand. Die Feststellungen zur Zahlung am 08.04.2020 ergeben sich aus den seitens der Wirtschaftsfachkraft M … r vorgenommenen Kontoauswertungen und den verlesenen Kontoauszügen.
369
Die Kammer ist aufgrund der glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M… sowie der durch sie vorgenommenen Auswertung auch davon überzeugt, dass zum 24.03.2023 eine fällige Forderung der IHK N … gegenüber der … UG bestand.
370
Der Nachweis der fälligen Forderung der Landesjustizkasse in Höhe von 35 € beruht neben den Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … auf der verlesenen Mahnung vom 18.03.2020. Die Feststellungen zur Zahlung am 08.04.2020 ergeben sich aus den seitens der Wirtschaftsfachkraft Mittermeier vorgenommenen Kontoauswertungen und den verlesenen Kontoauszügen.
371
Darüber hinaus gewann die Kammer die Überzeugung hinsichtlich der Fälligkeit zum 23.03.2020 der Forderung des Landkreises D … in Höhe von 4.681.56 € neben den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … aus der verlesenen Kostenrechnung vom 18.02.2020.
372
Die Wirtschaftsfachkraft M… legte auch nachvollziehbar und für die Kammer schlüssig dar, dass die S… Autovermietung gegenüber der … UG sowohl eine zum 09.03.2020 fällige Forderung in Höhe von 1.474,36 € sowie eine zum 27.03.2020 fällige Forderung in Höhe von 1.309 € hatte. Die Wirtschaftsfachkraft M … konnte darlegen, dass die Forderungen jeweils am 08.04.2020 beglichen wurden. Dies steht in Übereinstimmung mit den verlesenen Kontoauszügen.
373
Die Kammer konnte sich von der Fälligkeit der Forderung der Z… Steuerberatung zum 11.02.2020 anhand der Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … sowie den Angaben der Steuerberaterin Z… überzeugen.
374
Die Feststellungen zu den Unterdeckungen des Betriebskontos bei der Sparkasse N… ergab sich aus den Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … sowie aus den verlesenen Kontoauszügen. Auch die Feststellung des Kontostandes von 3,15 € zum 31.03.2020 ergab sich aus den verlesenen Kontoauszügen. Die Überzeugung der Kammer von der am 30.03.2020 erfolgten Rücklastschrift mangels Deckung des Finanzamtes Z… in Höhe von 6.667,04 € ergab sich ebenfalls aus den verlesenen Kontoauszügen sowie aus dem Auswertungsbericht vom 22.09.2021.
375
Letztlich ist die Kammer aufgrund der nachvollziehbaren Angaben der Polizeiangestellten M … und der vorgenommenen Auswertung der Finanzbuchhaltung davon überzeugt, dass die zum 31.03.2020 fälligen Verbindlichkeiten der … UG gegenüber Gesellschaftern auf 10.138,16 € angewachsen sind.
376
Nach einer Gesamtbetrachtung der weiteren hinzugekommenen Forderungen hat die Kammer den Eindruck gewonnen, dass die … BG auch nach dem 31.12.2019 nicht einmal in der Lage war Kleinstbeträge, wie etwa die 35 € der Landesjustizkasse B …, zu bezahlen. Die teilweise erbrachten Zahlungen am 08.04.2024 beruhen lediglich darauf, dass am 07.04.2020 die zu Unrecht erhaltene Corona Soforthilfe mit Antrag vom 18.03.2020 auf dem Geschäftskonto der … UGgutgeschrieben wurde. Dies ergibt sich aus den verlesenen Urkunden, insbesondere aus der Auszahlungsanordnung sowie den Kontoauszügen. Andernfalls wäre die … UG auch nicht in der Lage gewesen, überhaupt einen Teil der fälligen Forderungen zu begleichen.
3.6. Feststellungen zur subjektiven Tatseite
377
Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Angeklagten ergeben sich aus einer wertenden Gesamtschau aller objektiven Feststellungen.
Im Einzelnen:
3.6.1. Angeklagter G …
378
Die Feststellungen zum Wissen des Angeklagten um die Pflicht zur Insolvenzantragstellung nach § 15a InsO ergeben sich aus seiner langjährigen Geschäftserfahrung und dem Umstand, dass der Angeklagte bereits wiederholt wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung verurteilt wurde, vgl. BZR Nrn. 3, 4, 9 und 11. Der Angeklagte schilderte der Kammer glaubhaft, dass er bereits nach Abschluss seines Studiums selbstständige Tätigkeiten ausgeführt habe und bereits in der Vergangenheit wiederholt formeller Geschäftsführer von Gesellschaften war. So waren dem Angeklagten bereits seit dem Jahr 2007 seine Pflichten zur Stellung eines Insolvenzantrages bekannt. Aus dem verlesenen Strafbefehl des Amtsgerichts Landshut vom 19.10.2007 ergab sich, dass der Angeklagte formeller Geschäftsführer der Firma G… GmbH mit Sitz in M … war. Dabei stellte der Angeklagte am 09.05.2006 beim Amtsgericht L … einen Insolvenzantrag. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass dem Angeklagten seine Pflichten bekannt waren. Seine Pflicht als faktischer Geschäftsführer einen Insolvenzantrag stellen zu müssen, war dem Angeklagten jedenfalls aufgrund der Verurteilung des Amtsgerichts Landshut vom 22.02.2018, Az.: 30 Ds 206 Js 16470/16, hinreichend bekannt.
379
Wie bereits ausgeführt, kam es dem Angeklagten G… gerade darauf an, dass kein Insolvenzantrag für die … UG gestellt wird. Im Falle einer Insolvenz hätte der Angeklagte keine Möglichkeit mehr gehabt, seine Mieteinnahmen in Höhe von 6.600 € zu erhalten. Der Angeklagte schilderte selbst im Rahmen seiner Einlassung, dass kein Vermögen vorhanden war. Auch berichtete er davon, dass man sich aufgrund des fehlgeschlagenen Verkaufs des Grundstücks in einer „Zwickmühle“ befunden habe. Daher habe man die … UG am Laufen halten müssen. Der Angeklagte hielt es für möglich und nahm es billigend in Kauf, dass keine Liquidität vorhanden war. Aufgrund dessen konnte bei Gründung auch nur eine Stammeinlage von 200 € geleistet werden.
380
Die Feststellung, dass der Angeklagte G… die desolate finanzielle Lage der … UG zum 31.12.2019 für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, ergab sich nicht nur aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer, als der er sich um die finanziellen Angelegenheiten der … UG kümmerte, sondern auch aus den durch Abspielen in Augenschein genommenen Sprachnachrichten und den verlesenen Chats.
381
Aus den Chat-Nachrichten vom 12.11.2019 zwischen dem Angeklagten G… und der Steuerberaterin Sch… geht hervor, dass dem Angeklagten G… durch diese mitgeteilt wurde, dass die Knappschaft bereits öfters schon angerufen habe und Beiträge von mittlerweile 6.300 € offen seien. Darüber merkte die Steuerberaterin an, dass auch ihre Rechnung vom 07.10.2019 noch offen sei. Bereits am 07.11.2019 teile die Steuerberaterin Sch … dem ehemaligen Mitarbeiter H … mit, dass die Knappschaft die Bankkonten sperren lassen werde. Der Mitarbeiter H … teilte mit, dass er dies wie immer an den Chef weitergeben werde. Darüber hinaus ist die Kammer davon überzeugt, dass dem Angeklagten die Kontostände des Geschäftskontos – bei dem er verfügungsberechtigt war – bekannt waren. Dem Angeklagten G… ist dabei bekannt gewesen ist, dass das Bankguthaben alleine von September 2019 bis November 2019 im Minus war. Des Weiteren habe sich die Zahlungsunfähigkeit aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 27.11.2019 sowie der Rücklastschrift am 03.09.2019 aufdrängen müssen.
382
Auch aus den zwischen dem Angeklagten G… und der Angeklagten P… ausgetauschten Sprachnachrichten zeichnete sich für die Kammer ein klares Bild, wonach der Angeklagte G… es für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass die … UG kein Geld zur Verfügung hatte und mithin zahlungsunfähig war.
”Ja, E…, schaut für morgen nicht gut aus. Müssten wir anrufen und müssten wir sagen, wir zahlen dann nächste Woche wieder ein, weil wir eh zweimal aufhaben. Wir haben ja vom letzten Mal die restlichen Leute noch auszahlen müssen. Ich hab jetzt aktuell 1100 Euro da, ähh, muss aber am Montag 600,- Euro Gas zahlen, weil nächste Woche wirds kalt, wir brauchen Gas, wir müssen einheizen. Dann muss ich die Halloween-Netze noch zahlen mit 150,- Euro und den Einkauf muss ich sowieso wieder irgendwas zaubern, dass wir den zamkriegen, weil Ware brauchen wir auch. Wie schauts denn eigentlich bei dir aus? Donnerstag und Samstag ist auf.“
383
Auch geht aus den zwischen dem Angeklagten G… und dem Mitarbeiter H … ausgetauschten Sprachnachrichten eindeutig hervor, dass der Angeklagte G… nicht einmal mehr wusste, wie er Getränke für die … UG kaufen soll. So war es erforderlich, dass er den Mitarbeiter H … darum bat, dass dieser mit seinem Geld Getränke kauft und dies damit vorstreckt. Dies ergibt sich aus folgenden Sprachnachrichten:
”Guten Morgen B…, habe d'Ehre. Du, kleines Attentat hab ich auf dich vor. Mir geht, ich hab eigentlich alles waremäßig zusammen bis auf ähh, zweimal Jackie, einmal Jäger, zweimal Havanna und a bissal an Red Bull. Meinst das irgendwie für dich nochmal machbar wäre? Weil sonst des wäre des, ich hab Angst, dass uns sonst ausgeht. Was meinscht'n?"
”Scheisse, scheisse, scheisse, scheisse, ahhhhh, muss ich schauen, muss ich schauen wie wir das drehen, wo ich noch was besorgen kann. Bissal was, zumindest Jackie und Jäger oder was. Uberleg dir mal was.“
384
Dies steht auch in Übereinstimmung den glaubhaften Angaben des Mitarbeiters H …. Dieser gab an, dass er mehrmals dem Angeklagten G… Geld ausgelegt habe. Dieses habe er zwar teils erst nach Wochen, aber jedenfalls wieder erhalten.
385
Etwas anderes ergibt sich nach der Überzeugung der Kammer auch nicht aufgrund der Einlassung des Angeklagten G… dahingehend, dass die Steuerberaterin Z… nichts von einer etwaigen Zahlungsunfähigkeit bemerkt haben möchte. Diese Überzeugung hat die Kammer daraus gewonnen, dass die Steuerberaterin selbstredend nur mit den Unterlagen arbeiten konnte, die ihr seitens der Angeklagten zur Verfügung gestellt wurden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es schlichtweg nicht Aufgabe der Steuerberaterin Z… war, eine etwaige Liquiditätsanalyse vorzunehmen. Eine derartige Tätigkeit war von der Beauftragung nicht erfasst.
3.6.2. Angeklagte P…
386
Die Kammer ist überzeugt, dass es die Angeklagte P… zumindest als möglich ansah und in Kauf nahm, dass die wirtschaftliche Situation der … UG zur Stellung eines Eröffnungsantrags verpflichte und man dennoch Abstand von einer pflichtgemäßen Antragstellung zum 31.12.2019 Abstand nahm Diese Überzeugung gewinnt die Kammer aus einer Gesamtschau von Indizien.
387
Die Kammer ist überzeugt davon, dass die Angeklagte P… die Zahlungsunfähigkeit der … BG zum 31.12.2019 jedenfalls für möglich hielt und diese billigend in Kauf nahm. Dies ergibt sich unter anderem aus den zwischen der Angeklagten P… und dem Angeklagten G… ausgetauschten Sprachnachrichten. So teilte der Angeklagte G… der Angeklagten P… wiederholt mit, dass man offene Rechnungen habe und man wieder „zaubern müsse.“ Die Sprachnachrichten belegen eindeutig, dass man bereits Ende Oktober/Anfang November 2019 schon nicht mehr alle Rechnungen bezahlen konnte und nicht mehr in der Lage war etwaige Waren einzukaufen. Dies ergibt sich unter anderem aus folgenden Sprachnachrichten:
”Ja, E…, schaut für morgen nicht gut aus. Müssten wir anrufen und müssten wir sagen, wir zahlen dann nächste Woche wieder ein, weil wir eh zweimal aufhaben. Wir haben ja vom letzten Mal die restlichen Leute noch auszahlen müssen. Ich hab jetzt aktuell 1100 Euro da, ähh, muss aber am Montag 600,- Euro Gas zahlen, weil nächste Woche wirds kalt, wir brauchen Gas, wir müssen einheizen. Dann muss ich die Halloween-Netze noch zahlen mit 150,- Euro und den Einkaufmuss ich sowieso wieder irgendwas zaubern, dass wir den zamkriegen, weil Ware brauchen wir auch. Wie schauts denn eigentlich bei dir aus? Donnerstag und Samstag ist auf.“
”E…, magst du bitte der Frau T … per Email mitteilen, dass die 6.673,89 am 27. Dezember überwiesen werden, und ihr auch gleich Kontoauszug und der Überweisungsträger von der Bank gefaxt wird, gleich in der Früh. Sagst ihr halt oder schreibst ihr rein, dass du bis vor 1,2 Tagen noch im Krankenhaus warst. Vielleicht legst ihr da die Liegebescheinigung dazu. Dann hätten wir da unserer Ruhe. Weil da sollten wir bis 20. zahlen. Ich glaub zwar nicht, dass was verrutschen würde, weil Freitag ist der 20. Dann sind auch Feiertage, Aber zumindest hätten wir dann einen Schriftverkehr gleich gehabt, bitte.“
388
Des Weiteren hat die Kammer sich davon überzeugen können, dass die Angeklagte P… durchaus wusste, dass die Konten über Monate eine Unterdeckung aufwies und sie damit die Zahlungsunfähigkeit für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Dies folgert die Kammer insbesondere aus den Sprachnachrichten zwischen der Angeklagten P… und dem Angeklagten G…. So gab die Angeklagte P… an:
”Ok, dann kommst so auf 1, bringst mir das Geld und dann zahl ich's ein. Basst. So mach ma's. M …, wieviel gibst mir mit? ist es genug, dass wir wieder im Plus sind? Bitte sag ja, des wäre schön, weil dann wäre Ruhe.“
389
Mithin hat die Kammer aufgrund einer Gesamtschau keine Zweifel daran, dass die Angeklagte P… eine Zahlungsunfähigkeit der … UG für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Dem steht auch gerade nicht ein etwaiger zwischenzeitlicher Krankenhausaufenthalt der Angeklagten P… entgegen.
3.7. Feststellungen zu den Betrugstaten (Fälle Ziffer II. 1 und II. 2 der Anklage)
3.7.1. Feststellungen zum Hintergrund und Ablauf der Antragstellung für die Corona Soforthilfen
390
Die vorangestellten Feststellungen zur tatsächlichen und politischen Entwicklung der Corona Pandemie sind allgemeinkundig. Seit Beginn der Pandemie wurden sämtliche Details zur Ausbreitung und zu den politischen Maßnahmen auf allen medialen Kanälen stundenaktuell veröffentlicht und besprochen.
3.7.2. Feststellungen zu maßgebenden Richtlinien
391
Die Feststellungen zum rechtlichen Rahmen der Corona Soforthilfen basieren auf den allgemein zugänglichen und veröffentlichten Richtlinien sowie auf der Verlesung der Förderrichtlinien vom 17.03.2020 und vom 03.04.2020.
3.7.3. Feststellungen zum Antrag auf Corona Soforthilfe vom 18.03.2020 und vom 31.03.2020
392
Die Feststellungen zum gestellten Antrag auf Corona Soforthilfe vom 18.03.2020 und zum Antrag vom 31.03.2020 ergeben sich aus einer Gesamtschau der verlesenen Urkunden, der durch Abspielen in Augenschein genommen Sprachnachrichten, der Zeugenaussagen sowie der Einlassungen der Angeklagten, soweit ihnen gefolgt werden konnte.
Im Einzelnen:
3.7.3.1. Feststellungen zur jeweiligen Antragstellung
393
Die Feststellungen zu den durch die Angeklagte P… im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Angeklagten G… gestellten Anträgen beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten, sowie auf den verlesenen Anträgen. Die Angeklagte P… ließ sich dahingehend ein, dass sie und der Angeklagte G… („wir“) die Anträge auf Corona Soforthilfe gestellt haben. Der gestellte Antrag enthält auch die Unterschrift der Angeklagten P…, die sie im Rahmen der Hauptverhandlung als ihre anerkannte. Sie habe den Antrag auch unterschrieben. Auch gab die Angeklagte P… glaubhaft im Rahmen ihrer Einlassung an, dass der Angeklagte G… sie abgeholt und ihr die Unterlagen zur Beantragung gezeigt habe. Man habe dann die Unterlagen gemeinsam überflogen und ausgefüllt. Dies sei bei beiden Anträgen so abgelaufen.
394
Die Feststellungen zu den Definitionen und den Hinweisen in den jeweiligen Antragsformularen beruhen auf den verlesenen Anträgen.
3.7.3.2. Feststellungen zur Unrichtigkeit der Angaben
395
Die Kammer konnte sich im Rahmen der durchgeführten Hauptverhandlung eine Überzeugung von den unrichtigen Angaben bilden. Im Einzelnen:
3.7.3.2.1. Feststellungen zur Mitarbeiteranzahl
396
Die Unrichtigkeit der jeweils in den Anträgen gemachten Angaben hinsichtlich der Mitarbeiterzahl folgt neben der Einlassung der Angeklagten auch aus den verlesenen Urkunden und den Zeugenaussagen.
397
Hinsichtlich des Antrages vom 18.03.2020 ist die Kammer nach sorgfältiger und kritischer Prüfung davon überzeugt, dass anstelle von 101 Teilzeitbeschäftigten tatsächlich lediglich 42 Minijobber bei der … UG beschäftigt waren. Insoweit wurde der objektive Sachverhalt zum einem durch den Angeklagten G… eingeräumt. Dieser gab an, dass es tatsächlich lediglich 42 Arbeitnehmer in Form von Minijobbern gewesen seien. Zum anderen ergibt sich dies bereits aus der verlesenen Beschäftigtenliste der geringfügig Beschäftigten der Knappschaft Bahn See Minijobzentrale. Auch hat die Kammer die Überzeugung gewonnen, dass gar keine Teilzeitbeschäftigten bei der … UG beschäftigt waren. Dies ergibt auch aus den Stundenaufstellungen sowie aus der vorgenannten Auskunft der Knappschaft Bahn See Minijobzentrale. Zudem konnten der Kriminalbeamte W … und die Wirtschaftsfachkraft M … glaubhaft und nachvollziehbar darlegen, dass bei der … UG keine Teilzeitbeschäftigten beschäftigt waren. Zudem gab Polizeibeamte W … im Rahmen der Zeugeneinvernahme glaubhaft an, dass die angegebene Mitarbeiteranzahl von 101 unrichtig sei. Vielmehr liege die tatsächliche Mitarbeiteranzahl unter 50. Dies steht auch in Übereinstimmung mit den Angaben der Steuerberaterin Sch …, die für die Lohnbuchhaltung zuständig war.
398
Hinsichtlich des Antrages vom 31.03.2020 ist die Kammer nach sorgfältiger und kritischer Prüfung ebenfalls aufgrund der bereits genannten Beweismittel und der Einlassung des Angeklagten G… davon überzeugt, dass tatsächlich lediglich 42 Minijobber und nicht 101 Minijobber bei der … UG beschäftigt waren.
3.7.3.2.2. Feststellungen zur existenzbedrohlichen Wirtschaftslage
399
Die Kammer ist auch zur Überzeugung gelangt, dass Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. Grund für den Liquiditätsengpass nicht die Corona Krise gewesen ist und durch die Angeklagten unrichtige Angaben gemacht wurden. Vielmehr steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. für den Liquiditätsengpass die Zahlungsunfähigkeit der … UG zum 31.12.2019 war und bereits im Vorfeld der Gründung … UG keine ausreichenden Zahlungsmittel zur Verfügung standen. Hierzu kann auf die Feststellungen zu den Ursachen der Liquiditätsschwierigkeiten sowie zur Zahlungsunfähigkeit unter D. II. 3. 3.5.1 sowie D. II. 3. 3.5.4 verwiesen werden.
3.7.3.2.3. Feststellungen zu Unternehmen in Schwierigkeiten
400
Auch steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es sich tatsächlich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Rz. 20 a) bis c) der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten bzw. im Sinne des Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) 651/2014) gehandelt hat.
401
Diese Überzeugung gewann die Kammer aufgrund der Feststellung, dass die … UG zum 31.12.2019 zahlungsunfähig war und mithin nach nationalem deutschen Recht verpflichtet gewesen wäre einen Insolvenzantrag zu stellen. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zur Zahlungsunfähigkeit des Bare-BG UG unter D. II. 3. 3.5.4 verwiesen werden.
3.7.3.3. Feststellung zur Bewilligung und Auszahlung
402
Die Feststellungen zur Bewilligung beruhen auf den verlesenen Bescheiden vom 04.04.2020 sowie vom 08.05.2020. Die Feststellungen zur Auszahlung ergeben sich aus den verlesenen Urkunden, insbesondere aus den Auszahlungsanordnungen sowie aus den verlesenen Kontoauszügen. Dabei ist die Kammer davon überzeugt, dass es aufgrund der unrichtigen Angaben zur Auszahlung der Corona Soforthilfen gekommen ist.
403
Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer bereits aus den verlesenen Bescheiden der Regierung von Niederbayern vom 03.04.2020 und vom 08.05.2020. Ausweislich dieser Bescheide sind die im Rahmen des Antrags gemachten Angaben Grundlage und Bestandteil des jeweiligen Bewilligungsbescheides. So wurde im Rahmen der Bescheide auch ausdrücklich aufgeführt, dass dem Bescheid eine Anzahl von Beschäftigten von umgerechnet 30,3 zu Grunde liegt.
3.7.3.4. Tatbeitrag des Angeklagten G …
404
Die Feststellungen zum Tatbeitrag des Angeklagten G… folgen aus seiner Einlassung sowie aus den verlesenen Urkunden. So ließ sich der Angeklagte G… dahingehend ein, dass er sich intensiv in das Themengebiet eingelesen habe. Dies steht auch in Übereinstimmung mit den durch die Angeklagte P… gemachten Angaben. So gab diese an, dass der Angeklagte sie abgeholt und ihr die Unterlagen für die Corona Soforthilfen gezeigt habe. Diese habe man dann überflogen. So sei es bei beiden Corona Soforthilfen gewesen.
405
Die Feststellungen zum eigenen Interesse des Angeklagten beruhen auf seiner eigenen Einlassung, die die Kammer für insoweit glaubhaft befunden hat. Der Angeklagte wieder gab selbst an, dass es ihm „elementar wichtig“ gewesen sei, dass wieder ein Geldfluss da wäre. Nur wenn er seine Mietzahlungen erhalten würde, könne er seine privaten Verbindlichkeiten tilgen. Auch beruhen die Feststellungen auf den durch Abspielen in Augenschein genommenen Sprachnachrichten.
406
Die Feststellung zur durch den Angeklagten übersandten Gewerbeanmeldung an die Regierung von Niederbayern ergibt sich aus dem verlesenen E-Mail-Verkehr.
3.7.3.5. Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Angeklagten
407
Die Kammer ist zur Überzeugung gekommen, dass die Angeklagten mit Wissen und Wollen falsche Angaben gemacht haben, um eine Auszahlung der Corona Hilfen zu erreichen, obwohl sie wussten, dass sie herauf keinen Anspruch hatten.
Im Einzelnen:
408
Der Angeklagte G… hat sich seiner eigenen Einlassung entsprechend intensiv mit den Voraussetzungen für die Beantragung von Corona Soforthilfen im Detail auseinandergesetzt. Auch gab die Angeklagte P… glaubhaft im Rahmen ihrer Einlassung an, dass der Angeklagte G… sie abgeholt und ihr die Unterlagen zur Beantragung gezeigt habe. Man habe dann die Unterlagen gemeinsam überflogen und ausgefüllt. Daher waren beiden Angeklagten die genauen Voraussetzungen, unter denen die Bewilligung der Subvention in Betracht kam, bekannt. Dies ergibt sich neben den Einlassungen der Angeklagten auch aus den durch Abspielen in Augenschein genommenen Sprachnachrichten zwischen den Angeklagten:
Angeklagter G…: ”Guten Morgen E…, wie war dein Wochenende? Wie geht's? Alsooo, was wir jetzt gerade mitbekommen haben, ist Folgendes, dass diese Bestätigungsemails nicht mehr rausgehen. Also wir müssen, wir können auch Geld bekommen haben ohne das die Email kommt. Und des nächste, der Antrag für'n Bund sollte jetzt schon online sein, isser aber noch ned. Da müssen wir auch schauen weil da müssen wir uns treffen und müssen wir den Antrag ausfüllen weil die stocken ja des Ganze nochmal auf. Wenns bis dahin noch a Geld haben. Wennst wach bist, rühr dich mal.“
409
Die Angeklagten handelten auch wissentlich und willentlich aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes. Ziel der Angeklagten war es schnellstmöglich durch ungerechtfertigte Hilfen sich Liquidität zu verschaffen. Beide Angeklagte waren ständig informiert. So äußerte sich der Angeklagte G… gegenüber der Angeklagten P…:
”Ja, wir sollten nicht, wir sollten halt, sobald wir was beantragen können, schnellstmöglich auch bei den ersten dabei sein, weil des, da beantragen so viele, dann verzögert des noch länger. Ich glaub, da sollten wir jetzt keine Zeit verlieren, ja. Ganz gut, mach dich mal schlau E …, und dann schaun wir, dass wir morgen gleich irgendwie einen Antrag oder sonst irgendwas stellen können.“
410
In diesem Zusammenhang gaben beide Angeklagte in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken bewusst wahrheitswidrig eine Mitarbeiteranzahl von 101 Teilzeitbeschäftigten an, obwohl die Angeklagten wussten, dass lediglich geringfügig Beschäftigte dort angestellt waren und es sich tatsächlich um 42 Arbeitnehmer gehandelt hat. Dies ergibt sich etwa aus den zwischen dem Angeklagten G… und der Angeklagten P… ausgetauschten Sprachnachrichten.
411
So übersandte der Angeklagte G… der Angeklagten P… folgende Sprachnachrichten:
”Äh, falsch verstanden. Bei bis zu 50, die haben wir ja, gibt's 15.000 und dann eigentlich des andere schaffen wir ja nicht.“
”El…, du brauchst auf alle Fälle die Mitarbeiterliste von uns, und schau bitte nach, dass mehr wir 50 drauf sind. Weil dann können wir 15.000 beantragen.“
412
Des Weiteren übersandte der Angeklagte G… der Lohnbuchhalterin S… folgende Nachricht:
”Ja, also Abmeldung ähmm, also abmelden würd ich sie jetzt mal nicht weil ich glaub es kommt noch a zweite Hilfe und da brauchen sie ja wieder die ganzen Angemeldeten. De lassen wir jetzt bitte nochmal alle drin äähnimm ( …)“
413
Auch gegenüber dem Mitarbeiter H… äußerte sich der Angeklagte wie folgt:
„”Hi B…, du, eine Bitte, kannst du mir und der E…, die Mitarbeiterliste bitte per E-Mail schicken. Weil jetzt haben wir gerade rausgefunden, des können wir morgen beantragen, da brauchen wir aber die Mitarbeiterliste dazu. Weil bis zu 50 Mitarbeiter gibt's 15.000 weil äh über 50 werden wir, werden wir ja nicht sein. Außer wir hätten eine Mitarbeiterliste, wo wir über 50 sind, dann bekommen wir mehr. Des wäre natürlich ned schlecht, wenn man die so modifizieren könnte.“
414
Auch ist die Kammer überzeugt, dass beide Angeklagte es für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen, dass Grund der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage nicht die Corona Pandemie war. Dies folgt zum einem daraus, dass beide Angeklagte wussten, dass gegenüber der … UG bereits Pfändungen vorgenommen wurden. So äußerte sich der Angeklagte G… gegenüber der Angeklagten P… wie folgt:
„Ähh, ja, E… und bitte sag der Frau B…, die die Pfändung muss raus. Weil wenn wir Soforthilfe bekommen, dann geht die Pfändung, dann geht die für die komplette Pfändung drauf. Sagst die soll es bitte raus tun, weil sonst bringt uns die Soforthilfe nix.“
415
Die Angeklagte P… äußerte sich wie folgt gegenüber dem Angeklagten G…:
„Servus, du mir schwant Übles. Die Sparkasse hat mich gerade angerufen, ich soll sie zurückrufen, he he, schau ma mal was die will.“
416
In diesem Zusammenhang ist die Kammer auch überzeugt, dass beide Angeklagte das Ausschlusskriterium zur Kenntnis nahmen. Dies folgt für die Kammer daraus, dass zum einem unter Ziffer 5 „Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass“ handschriftlich die Corona Krise aufgeführt wurde. Auch unter Ziffer 8.1. wurde ausdrücklich nochmals mittels eines Kreuzes bestätigt, dass die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. der Liquiditätsengpass eine Folgewirkung der Corona Krise im Frühjahr 2020 ist. Zudem wurden die Unterlagen nach der Einlassung beider Angeklagten zusammen ausgefüllt und durchgeschaut.
417
Des Weiteren hielten es beide Angeklagte für möglich und nahmen es billigend in Kauf, dass es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der genannten Leitlinie bzw. Richtlinie gehandelt hat. Insoweit kann auf die Feststellungen zur subjektiven Tatseite unter D. II. 3. 3.6 verwiesen werden. Auch haben die Angeklagten erkannt, dass es sich um einen Ausschlusstatbestand handelt. Dies ergibt sich zum einem für die Kammer bereits daraus, dass das Antragsformular vom 18.03.2020 unter Ziffer 1. unter „Antragsteller“ mit der Formulierung „Nicht gefördert werden“ einen klar definierten Ausschlusstatbestand enthält. Auch wurde unter Ziffer 8.7. des Antrags nochmals ausdrücklich versichert, dass es sich um kein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der ausdrücklich genannten Leitlinien gehandelt habe. Hinsichtlich des Antragsformulars vom 31.03.2020 beruhen die Feststellungen darauf, dass zum einem ausdrücklich bestätigt werden musste, dass es sich um kein Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt habe und zum anderen darauf, dass nochmals ausdrücklich mittels eines Kreuzes bestätigt wurde, dass die oben genannten Bedingungen gelesen und akzeptiert wurden.
418
Den Angeklagten war auch aufgrund der Bestätigung mittels eines gesetzten Kreuzes bewusst, dass unrichtige Angaben eine Strafbarkeit nach sich ziehen können.
3.8. Feststellungen zu Subventionsbetrugstaten (Fälle Ziffern II. 3, II. 5, II. 6)
3.8.1. Feststellungen zur Überbrückungshilfe (Fall Ziffer II. 3)
419
Die vorangestellten Feststellungen der Überbrückungshilfe sind allgemeinkundig. Seit Beginn der Pandemie wurden sämtliche Details zur Ausbreitung und zu den politischen Maßnahmen auf allen medialen Kanälen stundenaktuell veröffentlicht und besprochen. Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen neben den glaubhaften Angaben des Juristen der IHK … auch aus dem verlesenen Bescheid vom 03.08.2020.
3.8.1.1. Feststellungen zum Ablauf der Antragstellung
420
Die Feststellungen zum Ablauf der Antragstellung beruhen auf den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Juristen B …. Dieser konnte der Kammer detailliert darlegen, wie die Beantragung der Überbrückungshilfen der verschiedenen Phasen abgelaufen ist und welche Hinweise und Erläuterungen das jeweilige Formular enthielt. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen kamen zu keinem Zeitpunkt auf. Für seine Glaubwürdigkeit sprach der Umstand, dass er selbst zu Beginn seiner Vernehmung mitteilte, dass er vorrangig zu den Überbrückungshilfen Angaben machen könne. Damit zeigte er seine vorrangige fachliche Kompetenz auf.
3.8.1.2. Feststellungen zum Antrag vom 16.07.2020 auf Gewährung der Überbrückungshilfe der Phase 1
3.8.1.2.1. Feststellungen zu maßgebenden Richtlinien
421
Die Feststellungen zum rechtlichen Rahmen der Überbrückungshilfe der Phase 1 basieren neben den allgemein zugänglichen und veröffentlichten Richtlinien auf dem Bescheid vom 03.08.2020 sowie auf den Erläuterungen des Juristen B ….
3.8.1.2.2. Feststellungen zur Antragsstellung durch Steuerberaterin Z …
422
Die Feststellungen hinsichtlich der Antragstellung durch die Steuerberaterin Z… ergeben sich neben dem verlesenen Antrag vom 16.07.2020 aus den Angaben der Steuerberaterin Z… sowie aus den Einlassungen der Angeklagten.
423
Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der beiden Angeklagten den Antrag gestellt hat. Die Steuerberaterin machte Angaben dahingehend, dass die Angeklagten hinsichtlich der Überbrückungshilfe an sie herangetreten sind und sie mit der Geltendmachung der Überbrückungshilfen beauftragt haben, da es einen prüfenden Dritten gebraucht habe. Dies erscheint der Kammer auch glaubhaft und nachvollziehbar, da es den Angeklagten selbst nicht möglich gewesen wäre die Überbrückungshilfe zu beantragen.
424
Die Feststellungen zu den Definitionen und den Hinweisen in den jeweiligen Antragsformularen beruhen auf dem verlesenen Antrag vom 16.07.2020 sowie auf den Ausführungen des Juristen B ….
3.8.1.2.3. Feststellungen zu unrichtigen Angaben
425
Die Feststellung zu den unrichtigen Angaben beruht neben den verlesenen Urkunden, insbesondere dem verlesenen Antrag vom 16.07.2020 auch auf den glaubhaften Angaben der Wirtschaftsfachkraft M ….
426
Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es sich tatsächlich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne des Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) 651/2014) gehandelt hat. Diese Überzeugung gewann die Kammer aufgrund der Feststellung, dass die … UG zum 31.12.2019 zahlungsunfähig war und mithin nach nationalem deutschen Recht verpflichtet gewesen wäre einen Insolvenzantrag zu stellen. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zur Zahlungsunfähigkeit des … UG unter D. II. 3. 3.5.4 verwiesen werden.
427
Hinsichtlich der Feststellungen zur unrichtigen Mitarbeiteranzahl kann auf die Feststellungen unter D. II. 3. 3.7.3.2.1. verwiesen werden.
428
Die Feststellungen zum bereits vorangegangenen gestellten Antrag auf Corona Soforthilfe vom 31.03.2020 ergibt sich aus dem verlesenen Antrag vom 31.03.2020 sowie aus dem Bescheid vom 08.05.2020. Die fehlende Angabe des Antrags vom 31.03.2020 beruht auf dem verlesenen Antrag vom 16.07.2020 sowie auf den Angaben der Wirtschaftsfachkraft M … , die darlegte, dass man zwar den Antrag vom 18.03.2020, jedoch nicht den Antrag vom 31.03.2020 erwähnt habe.
429
Die Feststellung zur jeweiligen Subventionserheblichkeit der Tatsache folgt insbesondere aus dem verlesenen Antrag vom 16.07.2020.
3.8.1.2.4. Feststellung zur Bewilligung und Auszahlung
430
Die Feststellungen zur Bewilligung beruhen auf dem verlesenen Bescheid vom 03.08.2020. Die Feststellungen zur Auszahlung ergeben sich aus den verlesenen Urkunden sowie aus den verlesenen Kontoauszügen. Diese Feststellungen stehen auch in Übereinstimmung mit den Angaben des Juristen B …, der ausführte, dass es zur Auszahlung von 23.311,20 € gekommen sei. Dabei ist die Kammer davon überzeugt, dass es aufgrund der unrichtigen Angaben zur Auszahlung der Überbrückungshilfe gekommen ist. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer bereits aus dem verlesenen Bescheid vom 03.08.2020. Ausweislich dieses Bescheides sind die im Rahmen des Antrags gemachten Angaben Grundlage des Bewilligungsbescheides.
3.8.2. Feststellungen zu außerordentlichen Wirtschaftshilfen (Fälle II. 5, II. 6)
431
Die vorangestellten Feststellungen zur tatsächlichen und politischen Entwicklung der außerordentlichen Wirtschaftshilfen sind allgemeinkundig. Seit Beginn der Pandemie wurden sämtliche Details zur Ausbreitung und zu den politischen Maßnahmen auf allen medialen Kanälen stundenaktuell veröffentlicht und besprochen. Darüber hinaus bestehen die Feststellungen auf den glaubhaften Angaben des Juristen B ….
3.8.2.1. Feststellungen zu Anträgen vom 11.12.2020 und vom 29.12.2020
3.8.2.1.1. Feststellungen zu maßgebenden Richtlinien
432
Die Feststellungen zum rechtlichen Rahmen der außerordentlichen Wirtschaftshilfen (November- und Dezemberhilfe) basieren neben den allgemein zugänglichen und veröffentlichten Richtlinien auf den Bescheiden vom 15.01.2021 und vom 29.01.2021 sowie auf den Erläuterungen des Juristen B ….
3.8.2.1.2. Feststellungen zur Antragstellung durch Steuerberaterin Z…
433
Die Feststellungen hinsichtlich der Antragstellung durch die Steuerberaterin Z… ergeben sich aus neben den verlesenen Anträgen vom 11.12.2020 und vom 29.12.2020 aus den Angaben der Steuerberaterin Z… sowie aus der Einlassung der Angeklagten P….
434
Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten P… die Anträge gestellt hat. Die Angeklagte gab an, dass jedenfalls sie bei der Steuerberaterin Z… gewesen sei und diese mit der Beantragung von den außerordentlichen Wirtschaftshilfen beauftragt habe. Sie habe dann die ausgefüllten Unterlagen erhalten und diese dann unterschrieben an die Steuerberaterin Z… zurückgesandt.
435
Die Feststellungen zu den Definitionen und den Hinweisen in den jeweiligen Antragsformularen beruhen auf den Anträgen vom 11.12.2020 und vom 29.12.2020 sowie auf den Ausführungen des Juristen B ….
3.8.2.1.3. Feststellungen zu unrichtigen Angaben
436
Die Feststellungen zu den unrichtigen Angaben beruhen auf den verlesenen Anträgen vom 11.12.2020 und vom 29.12.2020 sowie auf den glaubhaften Angaben des Juristen B …. Aus den Anträgen ergibt sich, dass jeweils bei der Frage, ob man Überbrückungshilfe der 2. Phase beantragt oder erhalten habe, nein angekreuzt wurde. Aus dem verlesenen Antrag vom 27.10.2020 sowie aus dem verlesenen Bescheid vom 04.12.2020 auf Überbrückungshilfe der 2. Phase ergibt sich, dass man durchaus Überbrückungshilfe der 2. Phase auch für die Monate November und Dezember beantragt und letztlich auch bewilligt bekommen hat. Auch der Jurist schilderte glaubhaft, dass Überbrückungshilfe der 2. Phase beantragt und letztlich bewilligt worden sei. Lediglich zur Auszahlung sei es nicht gekommen, was sich auch mangels Auszahlung auf das angegebene Konto der … UG aus den Kontoauszügen ergibt.
3.8.2.1.4. Feststellungen zur Bewilligung und Auszahlung
437
Die Feststellungen zur Bewilligung beruhen auf den verlesenen Bescheiden vom 15.01.2021 sowie vom 29.01.2021. Die Feststellungen zur Auszahlung ergeben sich aus den verlesenen Urkunden sowie aus den verlesenen Kontoauszügen. Dabei ist die Kammer davon überzeugt, dass es aufgrund der unrichtigen Angaben zur Auszahlung der Corona Soforthilfe gekommen ist. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer bereits aus dem verlesenen Bescheid der IHK M. vom 15.01.2021 sowie vom 29.01.2021. Ausweislich dieser Bescheide sind die im Rahmen des Antrags gemachten Angaben Grundlage des Bewilligungsbescheides.
3.9. Feststellungen zur falschen Versicherung an Eides Statt
438
Die Feststellungen zur falschen Versicherung an Eides Statt beruhen neben der Einlassung des Angeklagten – soweit ihr gefolgt werden konnte – auf der verlesenen Vermögensauskunft vom 04.05.2020 und auf den Angaben des Gerichtsvollziehers J ….
Im Einzelnen:
439
Der Angeklagte G… ließ sich im Rahmen der Hauptverhandlung dahingehend ein, dass er die Vermögensauskunft ausgefüllt habe. Er habe zu dem Gerichtsvollzieher J … gesagt, dass das Gebäude ihm und seinem Vater gehören würde. Er habe diesem gegenüber auch geäußert, dass das Grundstück auch an die … UG vermietet sei und aufgrund der Corona Pandemie derzeit keine Mieteinnahmen fließen würden. Aus seiner Sicht seien in der Vermögensauskunft der aktuelle Stand der Dinge einzutragen gewesen. Er habe gemeint, dass nur laufende Geldflüsse einzutragen wären. Dies habe er mit dem Gerichtsvollzieher J … besprochen. Daran müsse sich der Gerichtsvollzieher J … auch erinnern können.
440
Dieser Einlassung schenkte die Kammer aufgrund der Angaben des Gerichtsvollziehers J … keinen Glauben. Dieser schilderte glaubhaft, dass es völlig außer Frage stehe, dass wenn jemand einen Mietvertrag habe, aber keine Einnahmen erzielen würde, es klar sei, dass man dies angeben müsse. Er habe gegenteiliges sicher nicht gesagt. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen kamen zu keinem Zeitpunkt auf. Darüber hinaus ist aus Sicht der Kammer Ziffer 17 der Vermögensauskunft eindeutig und klar beschrieben. Die Frage ob Ansprüche aus Pacht-, Miet-, oder Leasingverträgen bestehen, wurde durch den Angeklagten G… trotz des eindeutigen Wortlautes mit Nein beantwortet.
E. Rechtliche Würdigung
441
Die Angeklagten sind schuldig der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung (Fall Ziffer I. der Anklage) in Tatmehrheit mit 2 Fällen des gemeinschaftlichen Betruges (Fälle Ziffer II. 1 und II. 2 der Anklage) in Tatmehrheit mit gemeinschaftlichen Subventionsbetrug (Fall Ziffer II. 3 der Anklage), §§ 15a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 1 InsO, §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1, 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8, Abs. 9, 25 Abs. 2, 53 StGB.
442
Der Angeklagte G… ist darüber hinaus als Alleintäter schuldig der vorsätzlichen falschen Versicherung an Eides Statt (Fall Ziffer III. der Anklage), § 156 StGB.
443
Die Angeklagte P… ist zudem als Alleintäterin schuldig des Subventionsbetruges in 2 weiteren Fällen (Fälle Ziffer II. 5 und II. 6 der Anklage), §§ 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8, Abs. 9, 53 StGB.
I. Vorsätzliche Insolvenzverschleppung (Fall Ziffer I. der Anklage)
444
Der Angeklagte G… hat sich wegen Nichtstellen eines Eröffnungsantrages nach § 15a Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 Alt. 1 InsO und die Angeklagte P… wegen nicht rechtzeitigen Stellens eines Eröffnungsantrages nach § 15a Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 Alt. 2 InsO jeweils der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung strafbar gemacht.
1. Objektiver Tatbestand
445
Nach § 15a Abs. 1 S. 1 InsO haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler einer juristischen Person, die zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Der Wortlaut „Mitglieder des Vertretungsorgans“ schließt den faktischen Geschäftsführer nicht aus. Die Formulierung umschreibt zusammenfassend die Verantwortlichen verschiedener Gesellschaftsformen. „Mitglied des Vertretungsorgans“ der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der Geschäftsführer, dem nach ständiger Rechtsprechung der faktische Geschäftsführer gleichsteht (vgl. BGH Beschluss vom 18.12.2014, Az.: 4 StR 323/14)).
446
Der Begriff des faktischen Geschäftsführers ist dabei erfüllt, wenn sowohl betriebsintern als auch nach außen alle Dispositionen weitgehend von dem faktischen Geschäftsführer ausgehen und er im Übrigen auf sämtliche Geschäftsvorgänge bestimmenden Einfluss nimmt. Die Unternehmensführung darf dabei nicht einseitig angemaßt sein, sondern muss mit dem Einverständnis der Gesellschafter, das als eine konkludente Bestellung zu werten ist, erfolgt sein. Weitere Voraussetzung für einen faktischen Geschäftsführer ist, dass er gegenüber dem formellen Geschäftsführer die überragende Stellung in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung einnimmt oder zumindest das deutliche Übergewicht hat (vgl. BGH Urteil vom 10.05.2000, Az.: 3 StR 101/00 sowie BGH Beschluss vom 13.12.2012, Az.: 5 StR 407/12 jeweils mit weiteren Nachweisen).
447
Gemäß § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung, der nur durch eine Stundungsvereinbarung hinausgeschoben werden kann. Von der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen ist die bloße Zahlungsstockung, das heißt der kurzfristig behebbare Mangel an flüssigen Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von maximal drei Wochen zu beseitigen sein, da eine kreditwürdige Person in der Lage ist, sich binnen dieser Frist die benötigten Beträge darlehensweise zu beschaffen. Sonst liegt Zahlungsunfähigkeit vor (vgl. BGH, Beschluss vom 21. 8. 2013, Az.: 1 StR 665/12 sowie BGH, Beschl. v. 29.10.2020, Az.: 5 StR 618/19).
448
Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.
449
Die Zahlungsunfähigkeit setzt in Abgrenzung zur bloß vorübergehenden und rechtlich unerheblichen Zahlungsstockung somit voraus, dass die binnen drei Wochen nicht zu schließende Liquiditätslücke 10 % oder mehr beträgt. Die Liquiditätslücke kann durch eine Liquiditätsbilanz nachgewiesen werden, die alle im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten setzt. Rückblickend lässt sich aber auch ohne eine Liquiditätsbilanz feststellen, ob der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte.
450
Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von einer bereits zu diesem Zeitpunkt bestehenden Zahlungsunfähigkeit auszugehen, wenn nicht auf Grund konkreter Umstände, die sich nachträglich geändert haben, damals noch Anlass zur Annahme bestand, der Schuldner werde rechtzeitig in der Lage sein, die Verbindlichkeiten zu erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 24.05.2005 – IX ZR 123/04, NJW 2005, 3062; BGH, Urteil vom 12.10.2006 – IX ZR 2008/03, ZIP 2006, 2222; OLG Hamm, Urteil vom 16.10.2007 – 27 U 179/06, ZInsO 2008, 511).
Im Einzelnen:
1.1. Formelle Geschäftsführereigenschaft der Angeklagten P …
451
Geschäftsführer ist jede natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person, die durch Beschluss der Gesellschafterversammlung wirksam bestellt wurde. Die Angeklagte P… wurde mit ordnungsgemäßen Gesellschafterbeschluss vom 19.07.2019 als alleinige Geschäftsführerin bestellt und war durchgehend Geschäftsführerin der … UG.
1.2. Faktische Geschäftsführereigenschaft des Angeklagten G …
452
Bei wertender Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Feststellungen bestimmte der Angeklagte G… nach innen und nach außen allein die Unternehmensleitung und traf alle wesentlichen wirtschaftlichen und kaufmännischen Entscheidungen. Innerhalb der … UG kam ihm die überragende Stellung zu. Insoweit kann auf die Ausführungen unter C. II. 3. 3.1. verwiesen werden.
1.3. Keine Zahlungseinstellung
453
Eine Zahlungseinstellung lag nicht vor, weil noch Zahlungen durch die … UG – wenn auch durch die ungerechtfertigt erlangten Hilfen im Zusammenhang mit Corona – an ihre Gläubiger zur Begleichung fälliger Verbindlichkeiten erfolgt sind.
1.4. Zahlungsunfähigkeit
454
Die Zahlungsunfähigkeit der … UG spätestens zum 31.12.2019 ergab sich durch eine Gesamtbetrachtung der vorliegenden wirtschaftskriminalistischen Beweisanzeichen.
455
Nach § 17 II InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung, der nur durch eine Stundungsvereinbarung hinausgeschoben werden kann. Von der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen ist die bloße Zahlungsstockung, das heißt der kurzfristig behebbare Mangel an flüssigen Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von maximal drei Wochen zu beseitigen sein, da eine kreditwürdige Person in der Lage ist, sich binnen dieser Frist die benötigten Beträge darlehensweise zu beschaffen. Sonst liegt Zahlungsunfähigkeit vor (vgl. BGH Beschluss vom 11.07.2019 – 1 StR 456/18); BGH Beschluss vom 21. 8. 2013 – 1 StR 665/12).
456
Die Feststellung derselben erfolgt in der Regel durch die sogenannte betriebswirtschaftliche Methode. Dies setzt eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits voraus (BGH, NJW 2000, 154 = NZG 2000, 307; NStZ 2003, 546). Zur Abgrenzung von der bloßen Zahlungsstockung ist diese Methode, um eine Prognose darüber zu ergänzen, ob innerhalb der Drei-Wochen-Frist mit der Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit hinreichend sicher zu rechnen ist, etwa durch Kredite, Zuführung von Eigenkapital, Einnahmen aus dem normalen Geschäftsbetrieb oder der Veräußerung von Vermögensgegenständen. Das geschieht durch eine Finanzplanrechnung, aus der sich die hinreichend konkret zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben der nächsten 21 Tage ergeben (vgl. hierzu im Einzelnen Graf/Jäger/Wittig/Otte, Wirtschafts- u. SteuerstrafR, 2011, § 15 a InsO Rdnrn. 65 f. m. w. Nachw.).
457
Die Zahlungsunfähigkeit i. S. des § 17 II InsO kann aber auch, wie vorliegend, durch so genannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden (wirtschaftskriminalistische Methode; vgl. hierzu BGH Beschluss vom 11.07.2019 – 1 StR 456/18; BGH, Beschluss vom 21.8.2013 – 1 StR 665/12). Als wirtschaftskriminalistische Warnzeichen kommen unter anderem in Betracht die ausdrückliche Erklärung, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen, gescheiterte Vollstreckungsversuche, Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten, Scheck- und Wechselproteste oder Insolvenzanträge von Gläubigern (vgl. BGH, Beschluss vom 21. 8. 2013 – 1 StR 665/12).
458
Die … UG war, wie bereits unter C. II. 4. dargestellt, zum 31.12.2019 zahlungsunfähig. Sämtliche unter C. II. 4. 4.1. dargestellten Forderungen waren fällig. Etwaige Stundungsvereinbarungen, die zum Hinausschieben der Fälligkeit hätten führen können, gab es diese Forderungen betreffend nicht. Es lag gerade keine bloße Zahlungsstockung vor, da die Angeklagten nicht in der Lage waren, in einem Zeitraum von höchstens drei Wochen den Mangel an flüssigen Mitteln zu beheben. Letztlich erfolgten erst am 08.04.2020 entsprechende Zahlungen, welche nur aufgrund der unberechtigt erhaltenen Corona Soforthilfe in Höhe von 30.000 € erfolgen konnte. Diese Corona Soforthilfe wurde am 07.04.2020 auf dem Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse … gutgeschrieben.
2. Subjektiver Tatbestand
459
Der Angeklagte G… sowie die Angeklagte P… handelten mit bedingtem Vorsatz. Die Angeklagten rechnete angesichts der desolaten finanziellen Lage der … UG zumindest mit einer Zahlungsunfähigkeit zum 31.12.2019 und nahmen diese billigend in Kauf.
460
Gehören die Täter, wie vorliegend, dem Kreis der originär antragspflichtigen Personen gem. § 15a Abs. 1 und 2 InsO an, ist bedingter Vorsatz ausreichend. Ein bedingt vorsätzliches Unterlassen liegt vor, wenn der Täter es als zumindest möglich ansieht und in Kauf nimmt, dass die wirtschaftliche Situation der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit zur Stellung eines Eröffnungsantrags verpflichtet und er dennoch Abstand von einer pflichtgemäßen Antragstellung genommen hat. Ein Indiz für bedingt vorsätzliches Verhalten ist gerade die Kenntnis des Täters von Warnsignalen, die mit einer wirtschaftlichen Krise der juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit typischerweise verbunden sind. Insoweit kann auf die Ausführungen unter C. II. 5 verwiesen werden.
461
Ein Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen des Tatbestands im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 1 StGB lag nicht vor. Dies kann dann der Fall sein, wenn der jeweilige Täter irrtümlich annimmt, die Gesellschaft sei in der Lage, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen, oder das Aktivvermögen der Gesellschaft decke deren Verbindlichkeiten. So verhielt es sich hier jedoch nicht. Die Angeklagten hielten die Zahlungsunfähigkeit aufgrund einer Vielzahl von unter C. II. 4. 4.1 und C. II. 4. 4.2. dargelegten Warnsignalen, namentlich etwa Rücklastschriften und Pfändungen, für möglich und nahmen dies billigend in Kauf.
II. Betrugstaten – Corona Soforthilfen (Fälle Ziffer II. 1 und II. 2 der Anklage)
462
Der Angeklagte G… und die Angeklagte P haben sich hinsichtlich der Fälle II. 1 und II. 2 des gemeinschaftlichen Betruges in zwei Fällen gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Hinsichtlich beider Taten liegt das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit (§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB) vor. Zudem liegt jeweils ein unbenannter besonders schwerer Fall des Betruges (§ 263 Abs. 3 S. 1 StGB) vor.
1. Kein Subventionsbetrug nach § 264 StGB
463
Mangels hinreichender Bezeichnung der Tatsachen als subventionserheblich haben sich die Angeklagten abweichend von der Anklage hinsichtlich der Fälle II. 1 und II. 2 (Corona Soforthilfen) nach § 263 StGB strafbar gemacht. § 264 StGB entfaltet vorliegend keine Sperrwirkung.
1.1. Keine hinreichende Bezeichnung der Tatsachen als subventionserheblich
464
Nach § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB sind subventionserheblich die Tatsachen, die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes des Subventionsgebers als subventionserheblich bezeichnet sind. Auch die Vorschrift von § 2 SubvG stellt eine gesetzliche Grundlage für die Bestimmung subventionserheblicher Tatsachen durch den jeweiligen Subventionsgeber dar (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 339/16 –, juris Rn. 115 zu § 264 StGB a.F.). Die Vorschrift bildet für Subventionen des Bundes eine Ermächtigung an die Verwaltung, subventionserhebliche Tatsachen zu bezeichnen (BT-Drucks. 7/5291, S. 13; Burgert/Wagner StraFo 2020, 280 ff., S. 287). Gemäß Art. 1 des Bayerischen Strafrechtsausführungsgesetzes (BayStrAG) vom 13. Dezember 2016 gilt das Subventionsgesetz auch für Leistungen nach Landesrecht, die Subventionen im Sinne des § 264 StGB darstellen. Entsprechende Zuwendungsbescheide werden dann durch § 2 SubvG i.V.m. Art. 1 BayStrAG legitimiert und ergehen „auf Grund eines Gesetzes“ im Sinne von § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB (vgl. BGH a.a.O. Rn. 116 zu § 1 des Gesetzes gegen missbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen des Landes Mecklenburg- Vorpommern vom 12. Juli 1995).
465
Da die Bundesregelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 und die zur Umsetzung vom Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie erlassene Richtlinien für die „Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen“ als Billigkeitsleistungen für von der Corona-Krise in ihrer Existenz bedrohte kleine Unternehmen und Soloselbständige keine Gesetze im formellen oder materiellen Sinne sind und der nach dieser Landesverwaltungsvorschrift anzuwendende Art. 53 der Landeshaushaltsordnung jedenfalls keine ausdrückliche Bezeichnung der vorliegend subventionserheblichen Tatsachen enthält, kommt nur deren Bezeichnung durch den jeweiligen Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes – hier § 2 SubvG in Verbindung mit dem Landesgesetz gegen missbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen nach Landesrecht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss v. 04.05.2021 – 6 StR 137/21, juris Rn. 7; v. 22. August 2018 – 3 StR 449/17, juris Rn. 32 ff.; Urteil v. 11.11.1998 – 3 StR 101/98, juris Rn. 16 ff.). Selbiges gilt für die Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen sowie außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für November und Dezember 2020.
466
Dabei verlagert § 264 StGB die Strafbarkeit im Bereich der Subventionskriminalität erheblich vor, da bereits die Täuschungshandlung allein pönalisiert ist, ohne dass es zu einem Schaden kommen muss (vgl. BT-Drucks. 7/5291, S. 4, 6; BGH, Urteil v. 11.11.1998 – 3 StR 101/98, juris Rn. 16). Sinn und Zweck des Merkmals der Subventionserheblichkeit ist es daher, angesichts der zahlreichen Normativbegriffe des Subventionsrechts sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind (vgl. BGH, Beschluss v. 04.05.2021 – 6 StR 137/21, juris Rn. 7; v. 22. August 2018 – 3 StR 449/17, juris Rn. 32; Urteil v. 11.11.1998 – 3 StR 101/98, juris Rn. 16 f.; BT-Drucks. 7/5291, S. 12 f.).
467
Um dies zu erreichen, hat der Gesetzgeber den Begriff der Subventionserheblichkeit bewusst restriktiv gefasst. Entscheidend soll demnach allein die (unmittelbare oder zumindest mittelbare) Anbindung der betroffenen Tatsache an eine gesetzliche Bestimmung sein und gerade nicht die – im Einzelfall mitunter nicht eindeutig zu beantwortende – Frage, ob die Tatsache als solche eine materielle Voraussetzung für das Gewähren der Subvention war (BGH, Beschluss v. 22. August 2018 – 3 StR 449/17, juris Rn. 32; Urteil v. 11.11.1998 – 3 StR 101/98, juris Rn. 16 f.; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.10.2023 – 5 ORs 4 Ss 163/23).
468
Erforderlich sind mithin stets klare Angaben (BGH, Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98-, juris Rn. 16 ff. zu § 264 StGB a.F.). Das Merkmal der Subventionserheblichkeit hat der Subventionsgeber daher klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall zu beziehen und dem Subventionsnehmer in einer zugegangenen Erklärung darzulegen; dass sich die Subventionserheblichkeit nur aus dem Kontext ergibt, genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 a.a.O. Rn. 16; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 73; Ceffinato in MüKoStGB, 4. Aufl., § 264 Rn. 62 f.). Andererseits genügt für die Begründung der Strafbarkeit nach § 264 StGB auch die Verwendung des Wortes „subventionserheblich“ nicht, wenn die Zuschussvoraussetzungen nicht deutlich werden (KG Berlin, Urteil vom 10. September 2021 – (4) 121 Ss 91/21 (134/21) –, juris). Der Ausdruck „subventionserheblich“ muss jedoch nicht wörtlich benutzt werden; ausreichend ist die unmissverständliche Verwendung gleichbedeutender Ausdrücke (BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17 –, juris Rn. 33; LK/Tiedemann a.a.O. Rn. 73; Saliger in: Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, § 264 StGB Rn. 18; Ceffinato a.a.O. Rn. 62).
469
Gemessen an diesen Maßstäben erfüllen die ausgefüllten Antragsformulare vom 18.03.2020 und vom 31.03.2020 nach Auffassung der hiesigen Kammer trotz entgegenstehender Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts hinsichtlich der Corona Soforthilfen diese Anforderungen nach § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB nicht:
470
Das Bayerische Oberste Landesgericht führte in seinem Beschluss vom 20.10.2022, Az.: 203 StRR 317/22, hierzu aus:
„Die von der Angeklagten ausgefüllten Antragsformulare erfüllen diese Anforderungen nach § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB. Nach den Feststellungen des Landgerichts normiert das dem Antrag vom 21. März 2020 zugrundeliegende Formular unter der Nummer 1.1 – Antragsberechtigung – mit der Wendung „Nicht gefördert werden: …“ einen klar definierten Ausschlusstatbestand, dessen Voraussetzungen bei dem Unternehmen der Angeklagten zum Zeitpunkt der Antragstellung auch vorlagen. Gleichwohl erklärte die Angeklagte unter Nummer 8.7 des Formulars nach den Feststellungen der Strafkammer wahrheitswidrig, dass es sich bei ihrem Unternehmen nicht um ein Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Rz. 20a) bis c) der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nicht finanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (204 (richtig … /01) gehandelt hätte. Darüber hinaus war unter Nummer 8.4 des Formulars ausdrücklich bestimmt, dass falsche Angaben die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) zur Folge haben können. Davon ist auch die Nummer 8.1 des Formulars erfasst, worin inhaltlich der vorgenannte klar definierte Ausschlusstatbestand wieder aufgegriffen wird in Form einer Versicherung des Antragstellers, dass die existenzbedrohliche Wirtschaftslage oder der Liquiditätsengpass eine Folgewirkung der Coronakrise vom Frühjahr 2020 sei.“
471
Zudem wird ausgeführt:
„Der Ausdruck „subventionserheblich“ muss jedoch nicht wörtlich benutzt werden; ausreichend ist die unmissverständliche Verwendung gleichbedeutender Ausdrücke (BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – StR 449/17 –, juris Rn. 33; LK/Tiedemann a.a.O. Rn. 73; Saliger in: Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, § 264 StGB Rn. 18; Ceffinato a.a.O. Rn. 62). So hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die Formulierung „Finanzhilfen werden nur bei einer angemessenen Beteiligung des Empfängers gewährt“ in § 2 Abs. 4 des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW-Gesetz in der Fassung vom 24. Juni 1991) als eine ausreichende Bezeichnung der Subventionserheblichkeit von Tatsachen im Sinne von § 264 Abs. 7 Nr. 1 StGB a.F. erachtet (BGH, Urteil vom 8. März 2006 – 5 StR 587/05 –, juris Rn. 20). Benennt der Subventionsgeber also im Antrag eindeutig eine konkrete Voraussetzung, ohne deren Vorliegen die Subvention nicht erteilt wird, ist dem Erfordernis von § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB hinreichend Genüge getan.“
472
Allerdings vermag die hiesige Kammer diese Rechtsauffassung unter Zugrundelegung der vorgenannten Maßstäbe nicht teilen. Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:
473
Während der Begriff der Tatsachen dem des § 263 StGB entspricht, definiert § 264 Abs. 9 StGB ihre Subventionserheblichkeit. Demnach sind Tatsachen subventionserheblich, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind (Nr. 1) oder von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich oder nach dem Subventionsvertrag abhängig ist (Nr. 2). Damit knüpft die Regelung zur Bestimmung der Subventionserheblichkeit der jeweiligen Tatsache – unabhängig von der materiellen Erheblichkeit – allein und abschließend an eine rein formale Bezeichnung an.
474
Maßgebend für die Annahme der Subventionserheblichkeit ist daher die unmittelbare oder zumindest mittelbare Anbindung der betroffenen Tatsache an eine gesetzliche Bestimmung. Gesetz in diesem Sinne meint dabei ein formelles oder materielles, womit Verwaltungsvorschriften, Bekanntmachungen, ministerielle Erlasse und Richtlinien als solche nicht ausreichen.
475
Auch das Haushaltsgesetz kommt – trotz seiner Rechtsnatur als formelles Gesetz – in diesem Zusammenhang nicht als ein derartiges Gesetz in Betracht, weil es keine Aussage über die Vergabevoraussetzungen der Subvention enthält. Da die Rechtsgrundlage der Corona Soforthilfen die Haushaltsgesetze iVm den jeweiligen Vergaberichtlinien sind, bezeichnet kein Gesetz iSv § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 1 StGB im Rahmen der Corona Soforthilfen Tatsachen als subventionserheblich.
476
Die jeweiligen Länder als Subventionsgeber bezeichnen die subventionserheblichen Tatsachen anhand von § 2 Abs. 1 SubvG und damit „auf Grund eines Gesetzes“ iSv § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB. Eine Überprüfung der jeweils gewählten Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen in den Antragsformularen der einzelnen Bundesländer, die zum Teil nicht im Einklang mit dem Musterantrag des Bundes stehen, führt aber zu einer differenzierten Beurteilung im Hinblick auf die Wirksamkeit der verwendeten Formulierung für § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB.
477
Die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein, Sachsen, Sachsen- Anhalt, Thüringen und Baden-Württemberg etwa benennen die subventionserheblichen Tatsachen konkret, sodass diese im Hinblick auf § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB wirksam als subventionserheblich bezeichnet sind.
478
Die Länder Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern etwa bedienen sich durch die Formulierungen „alle in diesem Antrag anzugebenden Tatsachen sind subventionserheblich“ einer vom Einzelfall losgelösten und damit nicht den Erfordernissen des § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB entsprechenden Pauschalisierung, womit die Annahme einer Subventionserheblichkeit nach § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB ausscheidet. Dies hat der Bundesgerichtshof bestätigt (vgl. BGH Beschl. v. 22.8.2018 – 3 StR 449/17 Rn. 37 ff; BGH, Beschluss vom 4.5.2021 – 6 StR 137/21).
479
Das Bundesland Bayern verwendete jedenfalls bei den ersten Antragsformularen weder eine Bezeichnung, wonach „alle in diesem Antrag anzugebenden Tatsachen sind subventionserheblich“, noch eine andere gleichwertige Bezeichnung. Zwar wird teilweise vertreten, dass es zulässig sei, dass sich die Subventionserheblichkeit der Tatsachen erst infolge einer Auslegung ergeben, bei der jede „gesetzliche“ Regelung, insbesondere auch die materiellen Vergaberichtlinien der Subventionszweck und die Angaben im Haushaltsgesetz herangezogen werden können (vgl LK-StGB/Tiedemann 12. Aufl. 2012, § 264 Rn. 81; NZWiSt 2020, 373, beck- online).
480
Allerdings stellte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 12.10.2023, Az.: 2 StR 243/22, ausdrücklich klar, dass abstrakte Möglichkeiten der Kenntnisverschaffung außerhalb des Antragsformulars gerade nicht ausreichen kann. Der Bundesgerichtshof führt aus:
„Zwar stand die Subventionsrichtlinie über das Internetportal des Regierungspräsidiums zum Herunterladen bereit. Jedoch ersetzt – was das LG verkennt – eine abstrakte Möglichkeit der Kenntnisverschaffung außerhalb des Antragsformulars gerade nicht eine konkrete Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen durch den Subventionsgeber. Ihrem Zweck entsprechend, Klarheit über die Subventionsvoraussetzungen zu schaffen, muss die Bezeichnung im konkreten Subventionsverfahren durch eine dem Subventionsnehmer zugegangene Erklärung erfolgen. Ansonsten bliebe es letztlich dem Antragssteller überlassen, sich über die Subventionserheblichkeit der Tatsachen und Angaben Klarheit zu verschaffen (vgl. BGH Beschl. v. 4.5.2021 – 6 StR 137/21, BGHSt 66, 115, 119), was dem Zweck des § 264 Abs. 9 Nr. 1 Var. 2 StGB zuwiderliefe.“
481
Auch vor dem Hintergrund, dass die gesetzgeberische Intention dahingehend geht, dass „Missverständnisse und Auslegungsschwierigkeiten nicht entstehen“ sollen (BT-Drs. 7/5291, 8) und dass eine fehlende ausdrückliche Bezeichnung auch zu einem Spannungsverhältnis mit dem Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG führt, kann eine irgendwie geartete Auslegung keineswegs ausreichen. Die Kammer vermag in den vorliegenden Anträgen hinsichtlich der Corona Soforthilfen eine hinreichende Bezeichnung, die den Anforderungen der Rechtsprechung des BGH entspricht, nicht erkennen. Den Angeklagten war es nicht möglich zu erkennen, welche Tatsache als subventionserheblich bezeichnet wird. Allein die Bestätigung dahingehend, dass man sich nach § 264 StGB strafbar machen kann, vermag eine ausdrückliche Bezeichnung nicht zu ersetzen.
1.2. Keine Sperrwirkung des § 264 StGB
482
§ 264 StGB entfaltet vorliegend keine Sperrwirkung. Soweit die Voraussetzungen des § 264 Abs. 1 StGB erfüllt sind, stellt diese Bestimmung eine abschließende Sonderregelung dar, hinter die § 263 zurücktritt, und zwar auch dann, wenn es im Einzelfall zu einer Vermögensschädigung kommt (Erlangen der Subvention), da diese durch die Bestrafung nach § 264 StGB mit abgegolten wird (hM, vgl. BT-Drs. 7/5291 S. 6, BGH 32 206, 208, 44 243, NStZ 06, 628, Bay NJW 82, 2202, Göhler/Wilts DB 76, 1609, 1615, L-Heger 30, Ranft JuS 86, 450, Tiedemann LK 185, Fischer 5; vgl. ferner o. 5; and. Berz BB 76, 1438, Diemer-Nicolaus aaO 65, Eberle aaO 185, Gössel II 471, Hoyer SK 109, M-Maiwald I 41/176, Wohlers/Mühlbauer MK 123 [Idealkonkurrenz], Hellmann NK 173, Schultze aaO 255 [Vorrang des § 263]). Ist § 264 Abs. 1 StGB dagegen nicht anwendbar, liegen jedoch die Voraussetzungen eines versuchten oder vollendeten Betrugs vor, so ist der Täter nach § 263 StGB zu bestrafen (BGH 44 243, wistra 87, 23, Thüringen StV 07, 417, AWHH- Heinrich 21/76, Heinz GA 77, 213, L-Heger 30, Tiedemann LK 186, Fischer 54a). § 264 StGB soll der wirksameren Bekämpfung der Subventionskriminalität dienen, nachdem sich § 263 StGB dafür vielfach als nicht ausreichend erwiesen hat; nicht aber kann § 264 StGB umgekehrt zu einer Privilegierung des Täters in solchen Fällen führen, in denen zwar die Voraussetzungen des § 263 StGB, nicht aber die des § 264 StGB gegeben sind (vgl. auch BGH 44 243, wistra 87, 23). § 263 StGB bleibt daher insbesondere anwendbar, wenn wie vorliegend falschen Angaben über Tatsachen gemacht werden, die zwar materiell entscheidungserheblich, aber nicht formell subventionserheblich im Sinne des § 264 Abs. 8 StGB sind.
2. Objektiver Tatbestand
483
Indem die Angeklagten aufgrund eines gemeinschaftlichen Tatplans und gemeinsamer Tatausführung gegenüber der Regierung von Niederbayern erklärten, dass es sich um kein Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt habe und dass Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. der Liquiditätsengpass auf Corona zurückzuführen sei, haben diese über äußere Tatsachen getäuscht und dadurch bei dem entsprechenden Sachbearbeiter einen dementsprechenden Irrtum dahingehend hervorgerufen, dass die … UG zur Beantragung berechtigt gewesen wäre. Aufgrund dieser Fehlvorstellung kam es zur irrtumsbedingten Vermögensverfügung in Form der Bewilligung mittels Bescheides und zur Auszahlung. Der Freistaat Bayern hat aufgrund der irrtumsbedingten Vermögenverfügung jeweils einen Vermögensschaden in Höhe von 30.000 € durch die unberechtigte Auszahlung erlitten. Tatsächlich hätte kein Anspruch bestanden.
484
Sowohl nach den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (2014/C 249/01) im Rahmen des Antrags vom 18.03.2020, als auch nach der Verordnung (EU) 651/2014 gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung im Rahmen des Antrages vom 31.03.2020, handelte es sich jeweils um ein Unternehmen in Schwierigkeiten.
485
Aus den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (2014/C 249/01) ergibt sich, dass es sich im Sinne dieser Leitlinien um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelt, wenn mindestens eine der dort genannten Voraussetzungen erfüllt ist. Mithin stehen die Voraussetzungen in einem Alternativverhältnis. Nach Rz. 20 c) handelt es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger vorliegen würden. Nach innerstaatlichem deutschem Recht wäre die … UG aufgrund der zum 31.12.2019 bestehenden Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet gewesen. Dabei ist gerade nicht erforderlich, dass ein Antrag seiner Gläubiger tatsächlich gestellt wurde. Vielmehr ergibt sich aus einem Umkehrschluss bei Rz. 20 c), wonach es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinie handelt, wenn das Unternehmen Gegenstand eines Insolvenzverfahrens ist oder die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger erfüllt, dass die Voraussetzungen nur vorliegen müssen.
486
Dasselbe gilt für die Begrifflichkeit des Unternehmens in Schwierigkeiten nach Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung. Auch hiernach muss nur einer der unter a) bis e) genannten Umstände auf die … UG zutreffen. Nach Art. 2 Abs. 18 lit. c) handelt es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn das Unternehmen Gegenstand eines Insolvenzverfahrens ist oder die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger erfüllt. Mithin wäre die … UG auch hiernach aufgrund der zum 31.12.2019 bestehenden Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet gewesen.
3. Mittäterschaftliche Begehung des Angeklagten G …
487
Auch wenn allein die Angeklagte P… die eigentlichen Anträge auf Corona Soforthilfen vom 18.03.2020 und vom 31.03.2020 unterschrieben hat, muss sich der Angeklagte G… diese Handlung nach § 25 Abs. 2 StGB als Mittäter zurechnen lassen, so dass er als Mittäter anzusehen ist.
488
Mittäterschaft ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll (BGH-Urteil vom 02.03.2017 (4 StR 196/16); BGH-Urteil vom 13.07.2016 (1 StR 94/16)). Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Voraussetzung für Mittäterschaft ist demnach ein die Tatbegehung objektiv fördernder Beitrag, der sich als ein Teil der Tätigkeit aller darstellt und der die Handlungen der anderen als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.: BGH-Urteil vom 02.03.2017 (4 StR 196/16); BGH, Beschluss vom 26.07.2016 (3 StR 165/ 16); BGH-Urteil vom 13.07.2016 (1 StR 94/16); BGH, Beschluss vom 30.06.2016 (3 StR 221/16); BGH, Beschluss vom 02.06.2016 (1 StR 161/16), BGH, Beschluss vom 27.05.2014 (3 StR 137/14), BGH-Beschluss vom 01.09.2004 (2 StR 353/04) = NStZ 2005, 229). Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (BGH-Urteil vom 13.07.2016 (1 StR 94/16)). Ob ein Beteiligter eine Tat als Täter oder Gehilfe begeht, ist in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, zu beurteilen (vgl. etwa BGH- Urteil vom 02.03.2017 (4 StR 196/16); BGH, Beschluss vom 26.07.2016 (3 StR 165/ 16); BGH-Urteil vom 13.07.2016 (1 StR 94/16); BGH, Beschluss vom 02.06.2016 (1 StR 161/16)).
489
Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu sein, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr. vgl. etwa BGH-Urteil vom 02.03.2017 (4 StR 196/16); BGH, Beschluss vom 26.07.2016 (3 StR 165/ 16); BGH-Beschluss vom 14.07.2016 (3 StR 129/16); BGH, Beschluss vom 30.06.2016 (3 StR 221/16); BGH, Beschluss vom 02.06.2016 (1 StR 161/16). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen; es kann sogar ein Beitrag im Vorbereitungsstadium des unmittelbar tatbestandlichen Handelns (BGH, Beschluss vom 26.07.2016 (3 StR 165/ 16); BGH-Beschluss vom 14.07.2016 (3 StR 129/16); BGH, Beschluss vom 15.03.2016 (4 StR 7/16)) und ein solcher im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Tat (BGH, Beschluss vom 14.06.1989 (3 StR 156/89)) genügen.
490
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Prämissen ist der Angeklagte G… als Mittäter anzusehen. Neben der gemeinsamen Absprache mit der Angeklagten hat er weitere wesentliche Tatbeiträge geleistet. So war es der Angeklagte G…, der sich laufend und detailliert über die konkreten Antragsvoraussetzungen und Höhe der Hilfen informiert hat. Hierbei handelte es sich jeweils um essenzielle Handlungen, um eine positive Bescheidung der eingereichten Anträge zu erreichen, so dass der Erfolg der jeweiligen Taten auch von seinen Handlungen abhing. Auch hat man die Anträge auf Corona Soforthilfe gemeinsam besprochen und der Angeklagte brachte entsprechende Unterlagen mit. Zudem bestand seitens des Angeklagten ein erhebliches finanzielles Interesse am Erlangen der Corona Soforthilfen. Ohne die Erlangung der unberechtigten Corona Soforthilfen wäre es dem Angeklagten nicht möglich gewesen, die Mietzahlungen von der … UG zu erhalte und in der Folge seine enormen privaten Verbindlichkeiten zu bezahlen.
4. Subjektiver Tatbestand
491
Die Angeklagten handelten in Kenntnis der genannten Tatbestandsvoraussetzungen und zur Täuschung im Rechtsverkehr. Es ging den Angeklagten gerade darum, durch die unrichtigen Angaben Corona Soforthilfen bewilligt und ausbezahlt zu bekommen. Sie handelten mit der Absicht der rechtswidrigen Bereicherung. Der erstrebte Vermögensvorteil ist auch die Kehrseite des Vermögensschadens.
5. Konkurrenzen
492
Die genannten Fälle stehen im Verhältnis der Tatmehrheit gemäß § 53 StGB.
6. Gewerbsmäßigkeit
493
Das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB ist erfüllt bei gewerbsmäßiger Begehung, wenn nicht nur ein geringfügiger Schaden bis zur Bagatellgrenze des § 243 Abs. 2 (i.V.m. § 263 Abs. 4) StGB entstanden ist. Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will. Gewerbsmäßigkeit setzt dabei stets Eigennützigkeit voraus. Es reicht aber aus, wenn sich einer der Täter mittelbare Vorteile verspricht, etwa wenn Vorteile in eine von ihm beherrschte Gesellschaft fließen sollen und er direkten Zugriff auf die Vorteile hat, ohne dass es eines tatsächlichen Zugriffs bedarf (vgl. BGH, Beschluss vom 07.09.2011 – 1 StR 343/11, NStZ- RR 2011, 373).
494
Letzteres ist hier beim Angeklagten G… der Fall. Vorliegend handelt es sich um einen fremdnützigen Betrug, denn durch die wiederholte Tatbegehung flossen nicht dem Angeklagten G… selbst, sondern der … UG, die vom Angeklagten G… als faktischer Geschäftsführer beherrscht wurde, geldwerte Vorteile in Form von Einnahmen zu. Auf diese Einnahmen hatte der Angeklagte G… tatsächlichen Zugriff. Der Angeklagte versprach sich durch die wiederholte Tatbegehung an seine seitens der … UG geschuldeten Mietzahlung in nicht unerheblicher Höhe von zuletzt 6.600 € zu kommen. Er hatte auch Vollmachten für die Bankkonten der Gesellschaft. Dasselbe gilt für die auf das Privatkonto der Angeklagten P… gezahlten 30.000 €. Auch hier erwartete sich der Angeklagte an die Mietzahlungen zu gelangen.
495
Die Angeklagte P… wollte als formelle Geschäftsführerin aus der wiederholten Tatbegehung sich eine nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle deshalb beschaffen, damit sie der … UG Liquidität verschaffen konnte.
7. Kein Vermögensverlust großen Ausmaßes
496
Hinsichtlich der Fälle II. 1 und II. 2 ist jeweils kein Vermögensverlust großen Ausmaßes eingetreten und somit das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB nicht erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 07.10.2003 – 1 StR 274/03, BeckRS 2003, 9781). Das große Ausmaß wird in der Rechtsprechung erst bei einem Betrag von über 50.000 € angenommen (BGH, Beschluss vom 29.04.2015 – 1 StR 235/14, juris Rn. 66 m.N.).
III. Subventionsbetrug – Überbrückungshilfe der Phase 1 (Fall Ziffer II. 3 der Anklage)
497
Der Angeklagte G… und die Angeklagte P… haben sich hinsichtlich des Falles II. 3 des gemeinschaftlichen Subventionsbetruges gemäß §§ 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1, Abs. 9, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
1. Objektiver Tatbestand
498
Die Voraussetzungen eines Subventionsbetruges gem. § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB vor.
1. Subventionen
499
Bei der beantragten Überbrückungshilfe handelt es sich um eine Subvention gemäß § 264 Abs. 8 S. 1 StGB. Sie stellt eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen dar, die ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und jedenfalls auch der Förderung der Wirtschaft dienen soll. In dem Bewilligungsbescheid heißt es, dass es sich um eine Billigkeitsleistung handelt, die ohne eine marktmäßige Gegenleistung vom Freistaat Bayern aus öffentlichen Mitteln des Bundes nach Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung und weiteren Vorschriften Betrieben und Unternehmen gewährt wurde und jedenfalls auch der Förderung der Wirtschaft diente.
2. Subventionserhebliche Tatsachen
500
Die Steuerberaterin Z… machte vorliegend auf Anweisung beider Angeklagter gegenüber der für die Bewilligung der Subvention zuständigen Behörde der IHK für M. und Oberbayern über subventionserhebliche Tatsachen unrichtige Angaben, welche für die Angeklagten vorteilhaft waren.
501
Gemessen an den bereits aufgezeigten Maßstäben erfüllt das ausgefüllte Antragsformular vom 16.07.2020 die Anforderungen des § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB:
502
In Rahmen des Antrages vom 16.07.2020 findet sich unter Ziffer 2 des Antrags unter „Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ als subventionserhebliche Tatsache ausdrücklich bezeichnet, dass sich das Unternehmen am 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) befunden hat oder, dass es sich seit dem 31.12.2019 nicht kontinuierlich in Schwierigkeiten im Sinne der vorstehenden Vorschrift befunden hat. Der Subventionsgeber hat auch in dem Antrag auf Überbrückungshilfen der Phase 1 die Zahl der Beschäftigten ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB, § 2 Abs. 1 SubvG). Zudem wurde in dem Antrag auf Überbrückungshilfe 1 ausdrücklich als subventionserhebliche Tatsache Angabe zu anderen beantragten oder bewilligten Bundes- und/oder Landeshilfen (Ziff. 4 der Projektskizze) bezeichnet.
3. Unrichtigkeit der Angaben
503
Unrichtig ist eine Angabe dann, wenn sie subventionserhebliche Tatsachen objektiv, also unabhängig von der Vorstellung des Täters, unzutreffend wiedergibt. So beispielsweise, wenn objektiv gegebene Tatsachen nicht als solche dargestellt oder wenn nicht gegebene Tatsachen als gegeben dargestellt werden. Hierzu muss der objektive Erklärungswert der Aussage ermittelt und sodann mit der Wirklichkeit verglichen werden; stimmen sie nicht überein, ist die Angabe unrichtig.
504
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe machte die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der beiden Angeklagten folgende unrichtige Angaben, § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB:
13.1. Fehlende Antragsberechtigung
505
Die Steuerberaterin Z… machte auf Anweisung der Angeklagten gegenüber der IHK dahingehend unrichtige Angaben, dass es sich um ein antragsberechtigtes Unternehmen gehandelt habe, dass sich nicht bereits am 31.12.2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) befunden oder, dass es seit dem 31.12.2019 nicht kontinuierlich in Schwierigkeiten i.S.d. vorstehenden Vorschrift befunden hat. Tatsächlich handelte es sich bei der … UG um ein Unternehmen, dass sich zum 31.12.2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) befunden habe und nach nationalem Recht, wie bereits unter C.II. dargestellt, verpflichtet gewesen wäre, einen Insolvenzantrag zu stellen.
13.2. Anzahl der Beschäftigten
506
Darüber hinaus machte die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten unrichtige Angaben dahingehend, dass bei der … UG 101 Teilzeitbeschäftigte beschäftigt sind. Tatsächlich handelte es sich um 42 Minijobber.
13.3. Vorangegangene Anträge
507
Des Weiteren machte die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten unrichtige Angaben dahingehend, dass der zweite Antrag auf Soforthilfe Corona vom 31.03.2020 in dem Antrag auf Überbrückungshilfe 1 keine Erwähnung findet. Tatsächlich erhielten die Angeklagten bereits aufgrund Bewilligungsbescheides der Regierung von Niederbayern vom 08.05.2020 eine Auszahlung in Höhe von 30.000 €.
13.4. Keine unrichtigen Angabe
508
In Bezug auf die den Angeklagten vorgeworfenen unrichtigen Angaben dahingehend, dass „Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass die Corona Krise sei“ und bezüglich der Aufwendungen in Form von monatlichen Mietzahlungen in Höhe von 6.600 €, liegen schon keine unrichtigen Angaben vor.
Im Einzelnen:
509
Der Wortlaut des Antragsformulars stellt sowohl bei den allgemeinen Erklärungen als auch bei den Erklärungen zu subventionserheblichen Tatsachen darauf ab, dass der Umsatzeinbruch im Zusammenhang mit der Corona Pandemie steht. Es ist mithin bei der Überbrückungshilfe 1 anders als etwa bei den Corona Soforthilfen nicht davon die Rede, dass Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. Grund für den Liquiditätsengpass die Corona Krise sei. Aufgrund dieser unterschiedenen Ausschlusskriterien haben die Angeklagten damit mit der Angabe, dass der Umsatzeinbruch im Zusammenhang mit der Corona Krise steht, keine unrichtigen Angaben gemacht. Die … UG erzielte vor der coronabedingten Schließung durchaus Umsätze – auch wenn diese nicht ausgereicht haben, die fälligen Verbindlichkeiten erfüllen zu können. Nach zwangsweiser Schließung aufgrund der Corona Pandemie, konnte die … UG zum Zeitpunkt der Beantragung am 16.07.2020 keine Umsätze mehr erwirtschaften.
510
Auch in Bezug auf die angegebenen monatlichen Fixkosten von 6.600 € liegt keine unrichtige Angabe vor. Wie bereits unter C. I. 1 und D. 3. 3.1. ausgeführt, geht die Kammer davon aus, dass die Miete in Höhe von 6.600 € tatsächlich zwischen der … UG und dem Angeklagten G… vertraglich vereinbart waren.
4. Vorteilhaftigkeit der Angaben
511
Die falschen Angaben waren für die Angeklagten nur hinsichtlich der fehlenden Antragsberechtigung, da es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt hat, vorteilhaft nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB, da sie hierdurch seine Aussichten verbesserten, eine Gewährung der angestrebten Subvention überhaupt und in erstrebter Höhe zu erreichen. Ohne diese unrichtige Angabe hätten die Angeklagten keinen Anspruch auf Überbrückungshilfe gehabt. Bei richtiger Angabe hätte dies einen Totalausschluss zur Folge gehabt.
512
Die unrichtigen Angaben der Angeklagten in Bezug auf die angegeben 101 Teilzeitbeschäftigen waren schon nicht vorteilhaft. Dies ergibt sich daraus, dass die … UG tatsächlich 42 geringfügig Beschäftigte gehabt hat. Mithin stand der … UG ohnehin ein Betrag von mehr als 5000 € zu, da sie jedenfalls mehr als 10 Beschäftigte aufwies. Die Falschangabe hätte nur dann eine Vorteilhaftigkeit aufgewiesen, wenn die … UG weniger als 10 Beschäftigte aufgewiesen hätte. Die Höhe der Hilfe richtete sich bei der Überbrückungshilfe nach den Fixkosten.
513
Auch die unrichtigen Angaben bezüglich des nicht angegebenen Antrags vom 31.03.2020 auf Corona Soforthilfe war nicht vorteilhaft im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Dies ergibt sich daraus, dass eine Inanspruchnahme der Soforthilfe des Bundes und der Länder die zeitgleiche Inanspruchnahme der Überbrückungshilfe schon nicht ausschließt. Zwar wurde die Soforthilfe bei Überschneidung der bewilligten Zeiträume anteilig angerechnet. Dabei wurde für jeden sich überschneidenden Fördermonat ein Drittel der gezahlten Soforthilfe abgezogen. Für den Förderzeitraum der Soforthilfe zählt der volle Monat, in dem der Antrag auf Soforthilfe gestellt wurde, mit. Da der zweite Antrag auf Soforthilfe Corona jedoch am 31.03.2020 beantragt wurde, gab es keinen sich überschneidenden Fördermonat, der zu einer Anrechnung geführt hätte.
5. Mittäterschaftliche Begehung des Angeklagten G…
514
Auch wenn wie schon bei den Corona Soforthilfen allein die Angeklagte P… den Antrag vom 16.07.2020 unterschrieb, muss sich der Angeklagte G… diese Handlung nach § 25 Abs. 2 StGB als Mittäter zurechnen lassen. Auch bezüglich der Überbrückungshilfe der Phase 1 war es der Angeklagte, der sich laufend und detailliert informierte. Zudem war der Angeklagte G… auch bei der Besprechung bei der Steuerberaterin Z… dabei. Schließlich hatten sowohl der Angeklagte G… als auch die Angeklagte P… ein unmittelbares eigenes Interesse am Gelingen der Taten. Denn sie agierten, um durch die bewilligten und ausbezahlten Subventionen die Insolvenz der … UG abzuwenden. Dies war erforderlich, da der Angeklagte G… die Mietzahlungen der … UG dringend benötigte, um seine privaten Verbindlichkeiten zu bezahlen.
2. Subjektiver Tatbestand
515
Die Angeklagten handelten in Kenntnis der genannten Tatbestandsvoraussetzungen. Die Angeklagten hielten es für möglich und nahmen es billigend in Kauf, dass sie aufgrund des Unternehmens in Schwierigkeiten nicht berechtigt gewesen wären, die Hilfe zu beantragen. Die Angeklagten hatten auch davon Kenntnis, dass die Angaben zum Unternehmen in Schwierigkeiten subventionserheblich waren.
IV. Subventionsbetrug – Außerordentliche Wirtschaftshilfen
516
Die Angeklagte P… hat sich hinsichtlich der Fälle II. 5 und II. 6 jeweils des Subventionsbetruges gemäß §§ 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8, Abs. 9, 53 StGB strafbar gemacht.
1. Objektiver Tatbestand
517
Die Voraussetzungen eines Subventionsbetruges gem. § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegen jeweils vor.
1.1. Subventionen
518
Bei den beantragten außerordentlichen Wirtschaftshilfen (November- und Dezemberhilfe) handelt es sich jeweils um eine Subvention gemäß § 264 Abs. 8 S. 1 StGB. Sie stellen jeweils eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen dar, die ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und jedenfalls auch der Förderung der Wirtschaft dienen soll. In den jeweiligen Bewilligungsbescheiden heißt es, dass es sich um eine Billigkeitsleistung handelt, die ohne eine marktmäßige Gegenleistung vom Freistaat Bayern aus öffentlichen Mitteln des Bundes nach Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung und weiteren Vorschriften Betrieben und Unternehmen gewährt wurde und jedenfalls auch der Förderung der Wirtschaft diente.
1.2. Subventionserhebliche Tatsachen
519
Die Steuerberaterin Zahn machte vorliegend auf Anweisung der Angeklagten P… gegenüber der für die Bewilligung der Subvention zuständigen Behörde der IHK für M. und Oberbayern über subventionserhebliche Tatsachen unrichtige Angaben, welche für die Angeklagte vorteilhaft waren. Das Antragsformular enthielt unter „2. Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ ausdrücklich den Hinweis, dass Angaben zu anderen beantragten oder bewilligten Bundes- und/oder Landeshilfen subventionserheblich sind.
1.3. Unrichtigkeit der Angaben
520
Unrichtig ist eine Angabe dann, wenn sie subventionserhebliche Tatsachen objektiv, also unabhängig von der Vorstellung des Täters, unzutreffend wiedergibt. So beispielsweise, wenn objektiv gegebene Tatsachen nicht als solche dargestellt oder wenn nicht gegebene Tatsachen als gegeben dargestellt werden. Hierzu muss der objektive Erklärungswert der Aussage ermittelt und sodann mit der Wirklichkeit verglichen werden; stimmen sie nicht überein, ist die Angabe unrichtig.
521
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe machte die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten P… sowohl im Antrag vom 11.12.2020 als auch im Antrag vom 29.12.2020 unrichtige Angaben dahingehend, dass eine Überbrückungshilfe der 2. Phase noch nicht beantragt worden ist. Zwar war zu dem Zeitpunkt der Beantragung der Novemberhilfe noch keine Bewilligung der Überbrückungshilfe der 2. Phase erfolgt. Allerdings liegt eine unrichtige Angabe bereits deswegen vor, weil eine Überbrückungshilfe der 2. Phase jedenfalls bereits beantragt war.
1.4. Keine unrichtigen Angaben
522
In Bezug auf die der Angeklagten vorgeworfenen unrichtigen Angaben dahingehend, dass „Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass die Corona Krise sei“ und dahingehend, dass es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt haben soll, liegen schon keine unrichtigen Angaben vor.
Im Einzelnen:
523
Wie bereits bei der Überbrückungshilfe der 2. Phase, stellt auch vorliegend der Wortlaut des Antragsformulars sowohl bei den allgemeinen Erklärungen als auch bei den Erklärungen zu subventionserheblichen Tatsachen darauf ab, dass der Umsatzeinbruch im Zusammenhang mit der Corona Pandemie steht. Es ist mithin bei der Überbrückungshilfe 1 anders als etwa bei den Corona Soforthilfen nicht davon die Rede, dass Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass die Corona Krise sei. Aufgrund dieser unterschiedlichen Ausschlusskriterien hat die Angeklagte damit mit der Angabe, dass der Umsatzeinbruch im Zusammenhang mit der Corona Krise steht, keine unrichtigen Angaben gemacht. Die … UG erzielte vor der coronabedingten Schließung durchaus Umsätze – auch wenn diese nicht ausreichten, die fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Nach zwangsweiser Schließung aufgrund der Corona Pandemie, konnte die … UG zum Zeitpunkt der jeweiligen Beantragung am 11.12.2020 und am 29.12.2020 keine Umsätze mehr erwirtschaften.
524
Darüber hinaus stellt auch die Angabe der Angeklagten P… sowohl in der November- als auch in der Dezemberhilfe dahingehend, dass es sich um kein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) gehandelt haben soll, keine unrichtige Angabe dar. Gerade anders als bei den Corona Soforthilfen und der Überbrückungshilfe der 1. Phase wird bei den außerordentlichen Wirtschaftshilfen zwischen Antragstellern, bei denen es sich um kleine oder Kleinstunternehmen im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung handelt und sonstigen Antragstellern differenziert. Sofern es sich um ein um Klein- oder Kleinstunternehmen im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung handelt, ist die Antragsberechtigung dann ausgeschlossen, wenn dieses Unternehmen Gegenstand eines Insolvenzverfahrens nach nationalem Recht ist. Bei Sonstigen Antragstellern hingegen genügt für die fehlende Antragsberechtigung, dass das Unternehmen zum 31.12.2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung war, mithin nach nationalem Recht verpflichtet gewesen wäre, einen Insolvenzantrag zu stellen. Aufgrund dessen, dass es sich bei der … UG im Sinne des Anhangs I der Verordnung Nr. 651/2014 um ein Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von maximal 10 Millionen Euro handelt, müsste die … UG Gegenstand eines Insolvenzverfahrens nach nationalem Recht gewesen sein. Dies war gerade nicht der Fall.
1.5. Vorteilhaftigkeit der Angaben
525
Die falsche Angabe war für die Angeklagte P vorteilhaft (§ 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB), da sie hierdurch ihre Aussichten verbesserte, eine Gewährung der angestrebten Subvention überhaupt und in erstrebter Höhe zu erreichen. Ohne diese unrichtige Angabe, hätte die Angeklagte keinen Anspruch auf die außerordentlichen Wirtschaftshilfen gehabt.
2. Subjektiver Tatbestand
526
Die Angeklagte handelte in Kenntnis der genannten Tatbestandsvoraussetzungen. Die Angeklagte hatte auch davon Kenntnis, dass die Angaben zu bereits erhaltenen Bundes- und/oder Landeshilfen subventionserheblich waren.
3. Konkurrenzen
527
Die genannten Fälle stehen im Verhältnis der Tatmehrheit gemäß § 53 StGB.
V. Falsche Versicherung an Eides statt
528
Der Angeklagte G… hat sich hinsichtlich des Falles III. der vorsätzlichen falschen Versicherung an Eides Statt nach § 156 StGB strafbar gemacht.
F. Strafzumessung
I. Strafzumessung bezüglich Angeklagten G …
1. Erste zu bildende Gesamtstrafe
1.1. Fälle II. 1 und II. 2
1.1.1. Strafrahmenwahl
529
Im Rahmen der Strafzumessung war hinsichtlich der beiden Betrugstaten im Sinne von § 263 Abs.1 StGB grundsätzlich vom Strafrahmen des § 263 Abs.1 StGB auszugehen, welcher Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Für besonders schwere Fälle sieht § 263 StGB allerdings in Absatz 3 eine Mindestfreiheitsstrafe von 6 Monaten und Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren im Höchstmaß vor. Die Kammer ging in beiden Betrugsfällen vom Vorliegen eines jeweils besonders schweren Falles aus und brachte daher den Strafrahmen des § 263 Abs.3 StGB zu Anwendung.
530
Hinsichtlich beider Taten war sowohl ein besonders schwerer Fall nach § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB als auch ein unbenannter besonders schwerer Fall zu bejahen.
Im Einzelnen:
531
Der Angeklagte handelte hinsichtlich beider Fälle gewerbsmäßig im Sinne des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB. Dass die tatbestandsähnlichen Voraussetzungen des gewerbsmäßigen Handelns in Bezug auf den Angeklagten G… in beiden Betrugsfällen objektiv und subjektiv erfüllt sind, wurde bereits im Abschnitt E II. 6.) dargelegt. Hierauf wird an dieser Stelle Bezug genommen.
532
Darüber hinaus liegt auch jeweils ein unbenannter besonders schwerer Fall nach § 263 Abs. 3 S. 1 StGB vor. Ergibt eine Gesamtbetrachtung, dass der Fall vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle in so erheblichem Maße nach oben abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint, ist grundsätzlich ein besonders schwerer Fall anzunehmen (MüKoStGB/Maier, 4. Aufl. 2020, StGB § 46 Rn. 122). Die Verwirklichung eines benannten besonders schweren Falles gemäß § 263 Abs. 3 S.2 StGB entfaltet hierbei eine Indizwirkung (BeckOK StGB/Momsen/Laudien, 48. Ed. 01.11.2020, StGB § 264 Rn. 45, 51). Die durch den Angeklagten G… begangenen Taten weichen von gewöhnlich vorkommenden Fällen ab. Denn der Angeklagte nutzte mit seinen unberechtigten Antragstellungen ein unbürokratisches staatliches Angebot zur Rettung kleiner Wirtschaftsteilnehmer in einer in der Nachkriegszeit beispiellosen nationalen Notlage, die durch die Corona-Pandemie verursacht wurde, aus. Der Angeklagte nahm in großem Umfang unberechtigt finanzielle Unterstützungen für die von ihm faktisch geführte UG entgegen. Diese Mittel standen sodann aufgrund begrenzter Haushaltsmittel tatsächlich bedürftigen Unternehmen nicht mehr zu deren Rettung zur Verfügung. Bei den Antragstellungen machte der Angeklagte sogar mehrere Falschangaben, um von den Fördermaßnahmen zu profitieren.
533
Auch unter Berücksichtigung günstiger Umstände qualifizieren die genannten Aspekte die begangenen Taten in einer Gesamtschau als besonders schwere Fälle. Die Kammer berücksichtigte hierbei, dass die Taten schon längere Zeit zurückliegen. Nicht verkannt wurde auch, dass die simple Ausgestaltung der jeweiligen Antrags- bzw. Bewilligungsverfahren es den Bürgern und damit auch dem Angeklagten G… leicht machte, derartige Taten zu begehen. Berücksichtigt wurde auch, dass der Angeklagte G… sich bereits zu Beginn und auch im weiteren Fortgang der Hauptverhandlung umfangreich zur Sache einließ und hierbei Teile der Tat, unter anderem die tatsächlich niedrigere Mitarbeiteranzahl einräumte. Nicht etwa zu Ungunsten des Angeklagten wurde gewertet, dass der Angeklagte G… diese tatsächlichen Angaben zur niedrigeren Mitarbeiteranzahl weitgehend mit rechtlichen Schlussfolgerungen verknüpfte, die die Kammer nicht zu teilen vermochte. Die genannten aus Sicht des Angeklagten G günstigen Umstände erreichen auch in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass es unangemessen erschiene, den Ausnahmestrafrahmens eines unbenannten besonders schweren Falles anzuwenden.
1.1.2. Strafzumessung im engeren Sinne
534
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne ließ sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten:
535
Die Kammer nahm nochmals die unter 1.1.1. genannten Erwägungen in den Blick. Des Weiteren war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er – u.a. bedingt durch den Umzug nach B. und den Haftantritt in anderer Sache im offenen Vollzug – sein persönliches und soziales Umfeld zwischenzeitlich verändert hat. Der Angeklagte hat sich zudem aus Führungspositionen im Gaststättengewerbe zurückgezogen.
536
Auch sieht die Kammer zugunsten des Angeklagten G…, dass er während der Hauptverhandlung durch seine Einlassungen und das Teilgeständnis das Verfahren fördernde Angaben machte, an der Aufarbeitung mitwirkte und zu jeder Zeit Fragen des Gerichts beantwortete.
537
Als für den Angeklagten G… günstiger Strafzumessungsaspekt ist auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte durch seine Inhaftierung – wenn auch im offenen Vollzug – bereits einen Hafteindruck erhielt. Zudem absolvierte der Angeklagte im Rahmen der Haft ein Straftäter- und ein Verkehrsstraftäterseminar erfolgreich. Dies zeigt, dass der Angeklagte zu einer Änderung seiner inneren Haltung bereit ist und insoweit auch bereits erste Erfolge erzielt haben dürfte.
538
Zu Gunsten des Angeklagten G… war auch zu berücksichtigen, dass er für den Fall, dass er die Mitarbeiterzahl mit 42 geringfügig Beschäftigten tatsächlich korrekt angegeben hätte, er im Fall II. 1 einen Anspruch von bis zu 15.000 € und im Fall II. 2 sogar bis zu den beantragten 30.000 € gehabt hätte.
539
Auch der Zeitablauf zwischen Anklageerhebung und Verurteilung von mehr als 2 Jahren war mildernd zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund des gewichtigen Strafvorwurfs, der die Verhängung einer erheblichen Freiheitsstrafe erforderte, war der Angeklagte hierdurch auch außerordentlich belastet.
540
Zu Lasten des Angeklagten wirkten sich im Rahmen der Strafzumessung die strafrechtlichen Vorverurteilungen deutlich aus. Der Angeklagte G… ist bereits im umfangreichen Maße vorbestraft. Das Bundeszentralregister weist aktuell 11 Eintragungen auf. Der Angeklagte G… ist vor allem aber auch einschlägig wegen Betrugs vorbestraft. Insoweit wird auf die Verurteilungen gemäß Bundeszentralregisterauszug Ziffern 2 und 9 verwiesen. Die Eintragungen Ziffern 2 bis 4 sowie Ziffern 9 und 11 weisen zudem – wie auch die hier abgeurteilten Taten – einen engen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Angeklagten als Geschäftsführer oder faktischer Geschäftsführer von Unternehmen auf. Daran wird deutlich, dass sich der Angeklagte G… weder durch die bedingten noch die unbedingten Freiheitsstrafen beeindrucken ließ und stattdessen weiterhin Straftaten als für Gesellschaften verantwortlich Handelnder beging.
541
Darüber hinaus ist der nicht unbeträchtliche Schaden in Höhe von jeweils 30.000 € zu Lasten des Angeklagten bei der Strafzumessung einzustellen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich die Bewertung der zu Unrecht ausgezahlten Förderung nach der Differenz zwischen der insgesamt gewährten Förderung und dem Betrag richtet, auf den die … UG nach den geltenden Förderbestimmungen materiell Anspruch gehabt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 23.04.2020 – 1 StR 559/19, juris Rn. 12). Vorliegend hatte die … UG weder im Fall II. 1 noch im Fall II. 2 einen Anspruch, auch nicht in geringerer als der bewilligten Höhe. Denn es fehlte an der grundsätzlichen Antragsberechtigung. Die … UG war bereits bei Antragstellung zahlungsunfähig und daher nicht berechtigt, Corona-Soforthilfen zu erhalten.
542
In Bezug auf den Fall II. 2 war noch zusätzlich zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass bei der Antragstellung angegeben wurde, man werde den ersten gestellten Antrag vom 18.03.2020 zurücknehmen. Aber dies passierte in der Folge nicht.
543
Eine Schadenswiedergutmachung kann hinsichtlich der Fälle II. 1 und II. 2 demgegenüber nicht zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, da eine solche nicht erfolgt ist. Keine der unberechtigt erlangten Corona-Soforthilfen wurde bisher zurückbezahlt.
1.1.3. Einzelstrafen
544
Nach Abwägung der vorstehenden Umstände und unter Berücksichtigung des engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs verhängte die Kammer als tat- und schuldangemessene Strafen für Fall II. 1 eine Freiheitsstrafe von
2. Jahren und 6 Monaten
und für Fall II. 2 eine Freiheitsstrafe von
2. Jahren und 8 Monaten.
1.2. Fall II. 3
1.2.1. Strafrahmenwahl
545
Für den Subventionsbetrug im Sinne des § 264 StGB sieht das Gesetz in § 264 Abs.1 StGB einen Strafrahmen vor, welcher von Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren reicht. Die Kammer entnimmt im vorliegenden Fall II. 3 allerdings den Strafrahmen für den Angeklagten G… dem § 264 Abs. 2 StGB, da ein besonders schwerer Fall vorliegt. Der Strafrahmen sieht daher Freiheitsstrafe von sechs Monaten im Mindestmaß und bis zu zehn Jahren im Höchstmaß vor.
546
Es liegt ein unbenannter besonders schwerer Fall vor (§ 264 Abs. 2 Satz 1 StGB). Ein solcher ist anzunehmen, wenn der konkrete Fall sich nach Gewicht von Unrecht und Schuld vom Durchschnitt vorkommender Fälle so abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist (Fischer, StGB, 70. Aufl., § 46 Rn. 88). Dies ist bei der hier zu beurteilenden Tat des Angeklagten G… erneut zu bejahen. Insoweit gelten die oben zu dem Vorliegen eines unbenannten besonders schweren Falles getätigten Ausführungen (I. 1.1.1.) in gleicher Weise. Der Angeklagte nutzte ein unbürokratisches staatliches Angebot zur Rettung kleiner Wirtschaftsteilnehmer in einer in der Nachkriegszeit beispiellosen nationalen Notlage aus, vereinnahmte für die … UG eine Förderung von mehr als 23.000 EUR und entzog auf diese Weise die Fördermittel denjenigen Unternehmen, die hierauf einen Anspruch gehabt hätten. Umgekehrt reichten der Kammer die zugunsten des Angeklagten sprechenden Umstände – insoweit wird ebenfalls auf die Ausführungen unter I. 1.1.1 Bezug genommen – in einer Gesamtbetrachtung erneut nicht aus, um ausnahmsweise doch keinen besonders schweren Fall anzunehmen.
1.2.2. Strafzumessung im engeren Sinne
547
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer neben den bereits unter 1.2.1 genannten Aspekten zusätzlich zugunsten des Angeklagten G…, dass er sich in seiner Persönlichkeit und seinem sozialen sowie beruflichen Leben seit Tatbegehung günstig weiterentwickelt hat sowie dass er sich in der Hauptverhandlung teilweise geständig, auskunftsbereit und kooperativ zeigte. Auch der erlittene Hafteindruck und die erhebliche Verfahrensdauer waren hier erneut zugunsten des Angeklagten in Rechnung zu stellen. Insoweit wird auf die oben bereits getätigten Ausführungen zur Strafzumessung im engeren Sinne hinsichtlich der Taten II. 1. und II. 2. Bezug genommen, welche hier in gleicher Weise Geltung beanspruchen.
548
Zu Lasten des Angeklagten wirkte sich erneut deutlich das strafrechtlich relevante Vorleben des Angeklagten aus. Insoweit wird ebenfalls auf die oben zur Strafzumessung im engeren Sinne hinsichtlich der Fälle II. 1. und II. 2. getätigten Ausführungen Bezug genommen. Diese sind auch hier in gleicher Weise heranzuziehen. Ergänzend ist anzuführen, dass der Angeklagte G… im konkreten Fall der Überbrückungshilfe 1 einen erneut nicht unbeträchtlichen und wiederum bleibenden Schaden in Höhe von 23.311,20 € verursachte. Dies ist zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, ebenso wie der Umstand, dass der Angeklagte innerhalb kurzer Zeit nach den Taten vom März und April 2020 (Fälle II. 1. und II. 2.) erneut mit einem gleichwertigen Delikt straffällig wurde. Dabei verkennt die Kammer erneut nicht, dass sich die Bewertung der zu Unrecht ausgezahlten Förderung nach der Differenz zwischen der insgesamt gewährten Förderung und dem Betrag richtet, auf den die … UG nach den geltenden Förderbestimmungen materiell Anspruch gehabt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 23.04.2020 – Az.: 1 StR 559/19 – juris Rn. 12). Vorliegend hatte die … UG im Fall II. 3 mangels Antragsberechtigung jedoch wiederum überhaupt keinen Anspruch – auch nicht in geringerer als der bewilligten Höhe.
1.2.3. Einzelstrafe
549
Nach Abwägung der vorstehenden Umstände unter Berücksichtigung des engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs mit den vorhergehenden Taten verhängte die Kammer für Fall II. 3 als tat- und schuldangemessene Strafe eine Freiheitsstrafe von
2. Jahren und 3 Monaten.
1.3. Fall III.
1.3.1. Strafrahmenwahl
550
Die Kammer entnimmt den Strafrahmen für die Straftat der vorsätzlichen falschen Versicherung an Eides Statt der Vorschrift des § 156 StGB. Diese sieht einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Zwingend oder fakultativ vertypte Milderungsgründe für eine Strafrahmenverschiebung lagen bei Berücksichtigung aller tat- und täterbezogenen Umstände nicht vor.
1.3.2. Strafzumessung im engeren Sinne
551
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne ließ sich die Kammer von folgenden Erwägungen zugunsten und zu Lasten des Angeklagten leiten:
552
Zugunsten des Angeklagten waren erneut die oben bereits dargelegten Aspekte zu berücksichtigen. Insoweit wird erneut auf die Ausführungen zur Strafzumessung im engeren Sinne hinsichtlich der Taten II. 1., II. 2. und II. 3.) Bezug genommen.
553
Die Schuld wog aus Sicht der Kammer auch unter folgendem Aspekt weniger schwer: Der Angeklagte G… verschwieg das Bestehen von Ansprüchen aus Pacht- oder Mietverhältnissen. Tatsächlich – hiervon ging die Kammer aufgrund der Gesamtsituation und auch der insoweit glaubhaften Angaben des Angeklagten G… aus – flossen dem Angeklagten aus diesen Vertragsverhältnissen aber keine Gelder zu. Somit verschwieg er keine Einkünfte. Die Forderungen des Angeklagten G… gegen die … UG waren angesichts der desolaten finanziellen Lage der … UG auch nicht werthaltig.
554
Zu Lasten des Angeklagten wirkten sich erneut die erheblichen und zahlreichen Vorstrafen aus. Insbesondere war auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bereits in der Vergangenheit wegen falscher Versicherung an Eides statt verurteilt worden war, auch wenn die Kammer nicht verkannte, dass die Vorverurteilung schon lange zurückliegt.
1.3.3. Einzelstrafe
Nach Abwägung der vorstehenden Umstände war aus Sicht der Kammer eine Freiheitsstrafe von
7 Monaten
zur Einwirkung auf den Angeklagten G… erforderlich, aber auch ausreichend.
1.4. Bildung einer Gesamtstrafe
555
Aus den vorgenannten Einzelstrafen hatte die Kammer nach § 54 Abs. 1 S. 2 StGB unter Erhöhung der jeweils verwirkten höchsten Strafe, hier der Strafe für die Tat unter Ziff. II. 2., eine Gesamtstrafe zu bilden. Hierbei waren gemäß § 54 Abs. 1 S. 3 StGB die Person des Angeklagten und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen.
556
Unter Abwägung aller Umstände, die bereits bei der Bemessung der Einzelstrafen für und gegen den Angeklagten zu berücksichtigen waren und aufgrund der Tatsache, dass alle Taten in einem engen zeitlichen Zusammenhang begangen wurden, erkannte die Kammer bei dem Angeklagten unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten für die Tat unter Ziff. II. 2. sowie unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafen gemäß Urteil des Landgerichts Landshut vom 14.12.2021, Az. 2 Ns 406 Js 24858/20, und gemäß Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 15.12.2020, Az.: 3 Ls 206 Js 6618/18, in die jeweiligen Einzelstrafen, die nach § 55 StGB einzubeziehen waren auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
5 Jahren und 7 Monaten.
557
Die einzubeziehenden Strafen aus den vorhergehenden Urteilen lauten nach Auflösung in ihre Einzelstrafen wie folgt:
558
1… Jahr 6 Monate (verhängt wegen gefährlicher Körperverletzung mit Sachbeschädigung u.a.), 3 Monate (verhängt wegen Trunkenheit im Verkehr), 1 Jahr 6 Monate (verhängt wegen Insolvenzverschleppung), 1 Jahr (verhängt wegen Bankrotts hinsichtlich unterlassener Buchführung), außerdem je 10 Monate für zwei Fälle unterlassener Bilanzierung.
559
Neben den bereits genannten Strafzumessungsgesichtspunkten sind in die Abwägung auch die Strafzumessungsgesichtspunkte aus den nach § 55 StGB einzubeziehenden Einzelstrafen eingeflossen. Bereits bei der Verurteilung vom Dezember 2020 war zu Lasten des Angeklagten G… festzustellen, dass er unter doppelter und zudem zuletzt einschlägiger offener Bewährung aus den Urteilen des Amtsgerichts Landau an der Isar und des Amtsgerichts Landshut vom 16.02.2017 und vom 22.02.2018 erneut mit Straftaten im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbebetriebs bzw. als Geschäftsführer einer GmbH oder UG in Erscheinung trat. Die hier nun abzuurteilenden weiteren Taten fügen sich ein in eine lange Reihe gleichartiger Straftaten.
560
Soweit auch die Einbeziehung von Strafen wegen Gewaltdelikten zu erfolgen hatte, nämlich die Einzelstrafe von 1 Jahr 6 Monaten, welche wegen gefährlicher Körperverletzung verhängt worden war, war dies in der Gesamtbetrachtung für die Kammer nicht von entscheidender Bedeutung. Vielmehr erkannte die Kammer, dass die Verurteilungen wegen Körperverletzungsdelikten im Schwerpunkt bereits 7 Jahre und länger zurücklagen.
561
Gleichwohl wurde für die Kammer deutlich, dass der Angeklagte allein im Jahr 2020 in enger zeitlicher Abfolge, mithin einer hohen Rückfallgeschwindigkeit strafrechtlich in Erscheinung trat. Beginnend mit der unterlassenen Insolvenzantragstellung vom Januar 2020 beging er zahlreiche weitere Taten. So beging der Angeklagte G… die gefährliche Körperverletzung mit Sachbeschädigung und anderem am 10.01.2020, beantragte sodann im März 2020 die beiden Corona Soforthilfen, stellte den Antrag auf Überbrückungshilfe 1 sodann am 16.07.2020 und beging am 18.07.2020 außerdem eine Trunkenheitsfahrt.
562
Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB lagen vor. Der Verurteilung des Amtsgerichts Landshut vom 15.12.2020 (BZR Nr. 11) kam eine Zäsurwirkung zu. Der hiergegen eingelegten Berufung kam deshalb keine Bedeutung zu, da die Berufungen beiderseits zurückgenommen wurden und eine Berufungsrücknahme kein Urteil im Sinne des § 55 Abs. 1 S. 1 StGB darstellt. Die Verurteilung des Amtsgerichts Landau an der Isar (BZR Nr. 10) konnte keine Zäsurwirkung entfalten. Zwar wäre nach § 55 Abs. 1 S. 2 StGB das Berufungsurteil des Landgerichts Landshut vom 14.12.2021 maßgeblich. Allerdings wurden in diesem Urteil Taten vom 10.01.2020 und vom 18.07.2020 verurteilt, die bereits im Urteil vom 15.12.2020 (BZR Nr. 11) hätten einbezogen werden können. In einer solchen Konstellation tritt keine Zäsurwirkung ein (Schönke/Schröder, § 55 Rdnr. 17 und 17a; BGH NStZ RR 17, 74, BGH NStZ 98,35).
563
Auch sind weder die Verurteilung gemäß Bundeszentralregistereintrag Ziffer 10 noch diejenige gemäß Bundeszentralregistereintrag Ziffer 11 vollständig vollstreckt.
564
Der im Urteil des Amtsgerichts Landau an der Isar vom 12.11.2020, Az. 6 Ds 406 Js 24858/20 gemäß §§ 69, 69a StGB enthaltene Ausspruch über die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Sperrfrist bis 13.03.2022 war hier nicht aufrechtzuerhalten. Nicht nur die bereits abgelaufene Sperrfrist ist mittlerweile gegenstandslos geworden. Vielmehr hat damit zusammenhängend auch der Ausspruch über die Entziehung durch § 69 Abs.3 StGB seine Erledigung gefunden (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2016 – Az. 5 StR 458/16).
2. Zweite zu bildende Strafe
565
Aufgrund der Zäsurwirkung des Urteils des Amtsgerichts Landshut vom 15.12.2020 (BZR Nr. 11) und des Charakters der Insolvenzverschleppung als Dauerdelikt war eine weitere Strafe auszusprechen. Die Kammer war sich dabei bewusst, dass in der abschließenden Betrachtung das Gesamtstrafübel in den Blick genommen werden musste und dass dies – wie hier notwendig – … einen Ausgleich erforderte.
2.1. Fall I. (Insolvenzverschleppung)
2.1.1. Strafrahmenwahl
566
Der Strafrahmen war der Vorschrift des § 15a Abs. 4 InsO zu entnehmen. Diese Regelung sieht Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe vor. Zwingend oder fakultativ vertypte Milderungsgründe für eine Strafrahmenverschiebung lagen bei Berücksichtigung aller tat- und täterbezogenen Umstände nicht vor.
2.1.2. Strafzumessung im engeren Sinne
567
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer zugunsten des Angeklagten erneut – wie bereits zuvor ausführlich dargelegt –, dass der Angeklagte sein persönliches und soziales Umfeld zwischenzeitlich günstig verändert hat sowie dass er nicht mehr in leitender Position im Gaststättengewerbe tätig ist. Auch sieht die Kammer erneut zugunsten des Angeklagten, dass er durch seine Einlassung für das Verfahren förderliche Angaben machte sowie an der Aufarbeitung mitwirkte und zu jeder Zeit Fragen des Gerichts in der Hauptverhandlung beantwortete. Ein Teilgeständnis als solches konnte die Kammer aber nicht strafmildernd berücksichtigen. Denn vom Angeklagten wurde der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht eingeräumt.
568
Erneut wirkte sich zugunsten des Angeklagten der bereits erlittene Hafteindruck, die Absolvierung von Straftäterseminaren während der Haftzeit sowie die lange Verfahrensdauer zwischen Anklageerhebung und Verurteilung mit daraus resultierender erheblicher psychischer Belastung des Angeklagten zu seinen Gunsten aus.
569
Die Kammer sah auch, dass die Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat wegen § 6 Abs. 2 S. 2 … Nr. 3 a) GmbHG zur Folge hat, dass der Angeklagte für die Dauer von 5 Jahren keine Geschäftsführerposition innehaben darf. Insoweit liegt eine über die verhängte Strafe hinausgehende Belastung für den Angeklagten vor. Diese wurde bei der Bemessung der Strafe von der Kammer bei der Gesamtabwägung berücksichtigt.
570
Ebenfalls zugunsten des Angeklagten nahm die Kammer in den Blick, dass die Größenordnung der Insolvenz der … UG vergleichsweise überschaubar war.
571
Der Angeklagte befand sich zudem im Zeitpunkt der Entscheidung, die … UG zu gründen und den Diskothekenbetrieb weiterzuführen, in einer schwierigen Lage. Denn er hatte das Grundstück der Diskothek im Jahr 2012 zu Eigentum erworben und hohe Kreditverbindlichkeiten auf sich genommen. Er sah sich gewissermaßen in einer Zwangslage, insoweit den Betrieb der Diskothek um jeden Preis aufrecht zu erhalten, um seine Verbindlichkeiten bedienen zu können.
572
Zu Lasten des Angeklagten waren erneut bei der Abwägung die erheblichen und zahlreichen Vorstrafen zu berücksichtigen. Insbesondere müssen dabei die wiederholt einschlägigen Vorverurteilungen und die erhebliche Rückfallgeschwindigkeit zu seinen Lasten in die Abwägung eingestellt werden. Der Angeklagte führte als formeller oder faktischer Geschäftsführer eine Gesellschaft nach der anderen unbeirrt in die Insolvenz und handelte dabei grob eigennützig zu Lasten der Gläubiger und der Allgemeinheit. Der Angeklagte war zuvor bereits in vier Fällen mit der Straftat der Insolvenzverschleppung in Erscheinung getreten. Welche Betreibergesellschaft der Angeklagte G… im Einzelnen wann gründete und in die Insolvenz führte, ergibt sich aus den Ausführungen unter C. I. 4., insbesondere auch unter 4.2. Auf die dortigen Ausführungen wird an dieser Stelle verwiesen. Von den strafrechtlichen Verurteilungen und mahnenden Worten der Richter der vorangegangenen Strafverfahren zeigte sich der Angeklagte regelrecht unbeeindruckt. Weder die bedingten noch die unbedingten Freiheitsstrafen haben auf den Angeklagten spürbar eingewirkt.
2.1.3. Einzelstrafe
573
Nach Abwägung der vorstehenden Umstände und unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorverurteilungen verhängte die Kammer als tat- und schuldangemessene Strafe eine Freiheitsstrafe von
2 Jahren.
574
Die Kammer nahm in einem weiteren Schritt jedoch noch das Gesamtstrafübel in den Blick. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen die Zufälligkeiten, die darüber entscheiden, ob bei gleichzeitiger Aburteilung mehrerer rechtlich selbständiger Taten gemäß § 53 Abs. 1 StGB eine Gesamtstrafe festgesetzt werden kann, oder ob dies wegen der Zäsurwirkung einer früheren Verurteilung ausgeschlossen ist, nicht dazu führen, dass das „Gesamtstrafübel“ dem Unrechts- und Schuldgehalt der Taten nicht mehr gerecht wird. Erfordert die Zäsurwirkung eines früheren Urteils die Bildung mehrerer Gesamtstrafen, so muss das Tatgericht einen sich dadurch möglicherweise für den Angeklagten infolge eines zu hohen Gesamtstrafübels ergebenden Nachteil ausgleichen. Dasselbe gilt auch dann, wenn außer der Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem die Zäsur bildenden Urteil noch eine gesonderte Einzelstrafe verhängt wird. Wenn dies zu einem dem Unrechts- und Schuldgehalt nicht mehr gerecht werdenden „Gesamtstrafübel“ führt, ist im Urteil ein Härteausgleich zu erörtern. Gegebenenfalls ist die Strafe wegen der Tat, die nicht mehr in die Gesamtstrafe einbezogen werden kann, zu mildern (vgl. BGH-Urteil vom 15. März 2023, Az.: 2 StR 289/21).
575
Unter Berücksichtigung des Gesamtstrafübels hielt die Kammer es für erforderlich, die gesondert auszuwerfende Strafe für die Straftat der Insolvenzverschleppung unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte unter dem Gesichtspunkt eines Härteausgleichs zu mildern. Die Kammer verhängte im Ergebnis eine für tat- und schuldangemessen erachtete Freiheitsstrafe von
1 Jahr und 8 Monaten.
II. Strafzumessung bezüglich Angeklagter P
1. Fall I. (Insolvenzverschleppung)
1.1. Strafrahmenwahl
576
Für die Straftat der Insolvenzverschleppung sieht § 15a Abs. 4 InsO als Strafrahmen Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe vor. Zwingend oder fakultativ vertypte Milderungsgründe für eine Strafrahmenverschiebung lagen bei Berücksichtigung aller tat- und täterbezogenen Umstände im vorliegenden Fall nicht vor, so dass vom oben genannten Strafrahmen auszugehen war.
1.2. Strafzumessung im engeren Sinne
577
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne ließ sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten:
578
Zugunsten der Angeklagten P… sprach, dass sie – wenngleich auch erst nach mehreren Hauptverhandlungstagen – ihr Schweigen brach und in der Folge durch ihre Angaben zur Aufklärung beitrug, indem sie Einblicke in das Innenverhältnis zum Mitangeklagten G… gewährte und ihre eigenen Tatbeiträge sowie ihre persönliche Situation genauer schilderte. Die Angeklagte P… beantwortete auch Fragen des Gerichts. Wenngleich die Angeklagte zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich ihre Taten einräumte, trat sie dennoch den einzelnen Vorwürfen nicht entgegen. In der Gesamtschau wertete die Kammer ihr Verhalten daher als teilgeständig.
579
Als weiterer Strafzumessungsaspekt zugunsten der Angeklagten P… bewertete die Kammer den Umstand, dass die Angeklagte keine erheblichen und insbesondere keine einschlägigen Vorstrafen aufweist. Die Angeklagte trat bislang nur mit einem fahrlässig begangenen Verkehrsdelikt im Jahr 2022 strafrechtlich in Erscheinung. Verhängt worden war eine geringe Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40,00 EUR.
580
Die Kammer berücksichtigte zudem zugunsten der Angeklagten, dass die hiesige Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung aufgrund der Regelung in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a) GmbHG zur Folge hat, dass die Angeklagte P… für die Dauer von 5 Jahren keine Geschäftsführerposition innehaben darf. Allerdings dürfte dies für die Angeklagte keine allzu große, über die verhängte Strafe hinausgehende Belastung darstellen, da sie nach ihren eigenen Angaben keine erneute Tätigkeit als Geschäftsführerin einer Gesellschaft anstrebt.
581
Ein strafmildernder Aspekt ist zudem, dass der Zeitraum zwischen Anklageerhebung und Verurteilung mehr als 2 Jahre betrug. Vor dem Hintergrund des gewichtigen Strafvorwurfs, der die Verhängung einer Freiheitsstrafe besorgen ließ, war die Angeklagte hierdurch außerordentlich belastet. In diesem Zusammenhang sprach auch zu Gunsten der Angeklagten, dass aufgrund der Verweisung des Verfahrens durch das Amtsgericht Landshut – Schöffengericht – an das Landgericht Landshut, welche lediglich im Hinblick auf die Straferwartung des Mitangeklagten G… notwendig war, auch zu einer erheblich längeren Verfahrensdauer für die Angeklagte P führte.
582
Zu Gunsten der Angeklagten P… war auch zu werten, dass der Mitangeklagte G… die treibende Kraft bei dem gesamten Tatgeschehen war. Die Angeklagte war zuvor „nur“ an der Bar oder an der Garderobe der Diskothek „R …“ beschäftigt. Eine Erfahrung als Geschäftsführerin eines Unternehmens oder eine entsprechende Ausbildung hatte die Angeklagte P… nicht. Gleichwohl ließ sie sich vom Mitangeklagten G… schlichtweg überreden, die Geschäftsführung – vor allem formal – zu übernehmen, obwohl es ihr an jeglicher Erfahrung in Sachen Geschäftsführung und auch an einer passenden Ausbildung fehlte. Die Angeklagte P…, die der Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen war, übernahm die Geschäftsführung dennoch aus Naivität und Unbedarftheit, aber auch weil sie sich verpflichtet fühlte, dabei mitzuhelfen, die Diskothek „R …“ vor dem endgültigen „Aus“ zu bewahren. Während ihrer Geschäftsführertätigkeit erkrankte die Angeklagte P… zudem ernsthaft. Sie erlitt einen Bandscheibenvorfall und konnte gegen Ende des Jahres 2019 aufgrund von Schmerzen und Rehabilitationsmaßnahmen ihrer Tätigkeit nur noch stark eingeschränkt nachgehen. Hier geht die Kammer zugunsten der Angeklagten davon aus, dass ihre Einarbeitung dadurch beeinträchtigt wurde und es ihr umso schwerer fiel, sich auf die Distanz einen Überblick über die Geschäftstätigkeit der … UG zu verschaffen. Die Rolle des Mitangeklagten G wurde gerade in dieser Phase noch ausgeprägter.
583
Zugunsten der Angeklagten erkannte die Kammer auch, dass sie noch nicht einmal finanzielle Vorteile durch ihre Geschäftsführertätigkeit erlangte. Die Vergütung blieb die einer geringfügig Beschäftigten.
584
Ebenfalls günstig wirkte sich für die Angeklagte P… aus, dass das Ausmaß der Insolvenz der … UG eher gering war. Es handelte sich nicht um ein großes Unternehmen, die Insolvenzforderungen blieben in ihrer Gesamtheit überschaubar. Zugunsten der angeklagten P… sprach auch, dass schließlich sie diejenige war, die – wenn auch erst im Juni 2023 – einen Insolvenzantrag für die … UG stellte. Hier zeigte die Angeklagte also – wenn auch spät – dass sie die formell von ihr übernommene Verantwortung auch tatsächlich zu tragen bereit war. Dies wird auch daran deutlich, dass die Angeklagte P… u.a. im Kontakt mit dem Finanzamt mittlerweile bemüht ist, mittels Ratenzahlungsvereinbarungen Verbindlichkeiten der Gläubiger bzw. Steuerrückstände der … UG bzw. Steuerhaftungsbeträge zu begleichen.
585
Zu Lasten der Angeklagten wirkte sich umgekehrt aus, dass die Dauer der Insolvenzverschleppung beträchtlich war, nachdem der Insolvenzantrag – wie soeben dargelegt – erst im Juni 2023 gestellt wurde.
1.3. Einzelstrafe
586
Nach Abwägung der vorstehenden Umstände verhängte die Kammer als tat- und schuldangemessene Strafe eine Geldstrafe von
150 Tagessätzen.
1.4. Tagessatzhöhe
587
Die Tagessatzhöhe war entsprechend den wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten auf 58 € festzusetzen, § 40 Abs. 2 StGB.
2. Fälle II. 1 und II. 2
2.1. Strafrahmenwahl
588
Ausgehend vom Strafrahmen des Grundtatbestands des § 263 Abs.1 StGB, welcher Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe vorsieht, legte die Kammer für beide Fälle des Betrugs (Corona-Soforthilfen) jeweils den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB zugrunde. Es liegt hier nämlich jeweils ein besonders schwerer Fall vor, der die Verhängung von Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren ermöglicht.
589
Wie bereits hinsichtlich des Mitangeklagten G… dargelegt, nahm die Kammer auch in Bezug auf die Angeklagte P… zum einen den besonders schweren Fall der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB als auch einen unbenannten besonders schweren Fall gemäß § 263 Abs.3 S.1 StGB an. Letzterer stützt sich – wie bereits oben in Bezug auf den Mitangeklagten G… dargelegt – auf das Ausnutzen eines unbürokratischen staatlichen Angebots zur Rettung kleiner Wirtschaftsteilnehmer in einer in der Nachkriegszeit beispiellosen, durch die Corona- Pandemie ausgelösten nationalen Notlage. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen in Bezug auf den Mitangeklagten G… verwiesen, welche in gleicher Weise für die Angeklagte P… anwendbar sind. Auch hier gilt, dass noch dazu von der Angeklagten P… im Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten G… mehrere Falschangaben getätigt wurden, um an den Förderungsmaßnahmen teilzunehmen.
590
Die Kammer erkannte zwar auch Aspekte, die zugunsten der Angeklagten P… sprachen. Hier war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Angeklagte P… eine untergeordnete Rolle bei der Tatplanung spielte. Es war der Mitangeklagte G… der sich intensiv in die Förderrichtlinien einlas und der Angeklagten P… Anweisungen erteilte. In der Gesamtschau war es aus Sicht der Kammer dennoch nicht geboten, ausnahmsweise von der Anwendung des Strafrahmens des § 263 Abs.3 StGB abzusehen. Dabei wurde von der Kammer beachtet, dass die Taten bereits längere Zeit zurückliegen, die simple Ausgestaltung der jeweiligen Antrags-/Bewilligungsverfahren es der Angeklagten leicht machte, die Taten zu begehen sowie dass sie sich in der Hauptverhandlung umfangreich zur Sache einließ und hierbei Teile der Tat einräumte. Die für die Angeklagte P… sprechenden Umstände gewannen aus Sicht der Kammer kein solches Gewicht, dass dies die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens als unangemessen erscheinen ließe.
2.2. Strafzumessung im engeren Sinne
591
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne nahm die Kammer nochmals die bereits oben im Zusammenhang mit der Anwendung des Strafrahmens des § 263 Abs.3 StGB berücksichtigten Erwägungen in den Blick. Des Weiteren war zugunsten der Angeklagten P… zu berücksichtigen, dass sie sich nach ihrem Engagement für die Diskothek „R …“ zwischenzeitlich aus dem Gaststättengewerbe gänzlich zurückzog. Eine Geschäftsführerposition kann sich die Angeklagte nach eigenen – glaubhaften – Angaben nicht mehr vorstellen. Eine Wiederholungsgefahr sieht die Kammer daher als ausgeschlossen an. Auch sieht die Kammer durchaus, dass die Angeklagte P… durch ihre teilgeständige Einlassung in großem Umfang für das Verfahren förderliche Angaben gemacht hat und insbesondere an der Aufklärung des Innenverhältnisses zum Mitangeklagten G… mitwirkte.
592
Zu Gunsten der Angeklagten P… war – wie auch bereits beim Mitangeklagten G… – zudem zu berücksichtigen, dass die … UG – ihre Förderbarkeit unterstellt – jedenfalls aufgrund der tatsächlich von der Kammer angenommenen Anzahl von 42 geringfügig Beschäftigten im Fall II. 1 einen Anspruch von bis zu 15.000 € und im Fall II. 2 sogar bis zu den beantragten 30.000 € gehabt hätte.
593
Mildernd wirkt sich zudem der oben bereits erwähnte lange Zeitablauf zwischen Anklageerhebung und Urteil aus, welcher eine erhebliche Belastung für die Angeklagte P… darstellte. Vor dem Hintergrund ohnehin bestehender erheblicher Belastungen im familiären Kontext – seit der Kindheit bestand eine schwierige Lebenssituation, insbesondere im Hinblick auf die schwer Asthma kranke Mutter der Angeklagten P… – wogen die durch das sich in die Länge ziehende Strafverfahren besonders schwer.
594
Zu Lasten der Angeklagten P… musste sich der nicht unbeträchtliche Schaden in Höhe von jeweils 30.000 € auswirken. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich die Bewertung der zu Unrecht ausgezahlten Förderung nach der Differenz zwischen der insgesamt gewährten Förderung und dem Betrag richtet, auf der Antragsteller nach den geltenden Förderbestimmungen materiell Anspruch gehabt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 23.04.2020 – 1 StR 559/19, juris Rn. 12). Vorliegend hatte die … UG aber – wie bereits dargelegt im Zusammenhang mit dem Mitangeklagten G… – weder im Fall II. 1 noch im Fall II. 2 einen Anspruch, auch nicht in geringerer Höhe. Denn die … UG war – wie dargelegt – überhaupt nicht förderfähig.
595
Hinsichtlich Fall II. 2 war noch zusätzlich erschwerend zu berücksichtigen, dass man im Rahmen des Antrags angab, den ersten gestellten Antrag vom 18.03.2020 zurückzunehmen. Dies geschah aber nie.
2.3. Einzelstrafen
596
Nach Abwägung der vorstehenden Umstände unter Berücksichtigung des engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs erschien der Kammer für Fall II. 1 eine Freiheitsstrafe von
1. Jahr
und für Fall II. 2 eine Freiheitsstrafe von
1. Jahr und 3 Monaten
für tat- und schuldangemessen.
3. Fälle II. 3, II. 5 und II. 6
3.1. Strafrahmenwahl
597
Die Kammer entnahm den Strafrahmen für die Taten des Subventionsbetrugs der Vorschrift des § 264 Abs. 2 StGB. Während § 264 StGB in Absatz 1 einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe vorsieht, normiert Absatz 2 für besonders schwere Fälle eine Mindestfreiheitsstrafe von 6 Monaten. Als Höchstmaß sieht § 264 Abs.2 StGB Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren vor. Es waren hier jeweils besonders schwere Fälle zu bejahen.
598
In allen Fällen bejahte die Kammer jeweils das Vorliegen eines unbenannten besonders schweren Falls (§ 264 Abs. 2 Satz 1 StGB). Ein solcher ist – wie bereits dargelegt – anzunehmen, wenn sich der zu beurteilende Fall nach Gewicht von Unrecht und Schuld vom Durchschnitt vorkommender Fälle so abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist (Fischer, StGB, 70. Aufl., § 46 Rn. 88). Hier fällt maßgeblich ins Gewicht, dass ein unbürokratisches staatliches Angebot zur Rettung kleiner Wirtschaftsteilnehmer in einer in der Nachkriegszeit beispiellosen nationalen Notlage ausgenutzt wurde. Insoweit wird erneut auf die obigen Ausführungen zu diesem Punkt verwiesen. Dabei ist ergänzend hinsichtlich Fall II. 3 zu berücksichtigen, dass die Angeklagte P… insoweit sogar mehrere Falschangaben tätigte, um an den Förderungsmaßnahmen teilzunehmen. Nicht verkannt wurde dabei von der Kammer, dass stets nur eine einzige Falschangabe – nämlich diejenige hinsichtlich der fehlenden Antragsberechtigung – letztendlich vorteilhaft im Sinne des § 264 StGB war. Denn es handelte sich ja bei der … UG – wie oben dargelegt – tatsächlich um ein „Unternehmen in Schwierigkeiten“. Da durch das Handeln der Angeklagten P… gleichwohl die Fördermittel den tatsächlich förderfähigen Unternehmen nicht mehr zur Verfügung standen angesichts begrenzter Haushaltsmittel, wiegen die Taten trotz allem schwer, was die Anwendung des verschärften Strafrahmens rechtfertigt. Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch, dass die Gewerbsmäßigkeit des Handelns auch beim Subventionsbetrug zumindest eine Indizwirkung für das Vorliegen eines unbenannten besonders schweren Falls entfaltet (vgl. MüKoStGB/Ceffinato, 3. Aufl. 2019, § 264 Rn. 139, BeckOK/Momsen/Laudien, 49. Ed. 1.2.2021 § 264 Rn. 51, BGH, Beschluss vom 4.5.2021 – 6 StR 137/21).
599
In der Gesamtschau führten auch die strafmildernden Umstände nicht dazu, von der Anwendung des Strafrahmens des § 264 Abs.2 StGB abzusehen. Günstig waren die bereits vorerwähnten Umstände, wie etwa das längere Zurückliegen der Taten, die teilgeständige Einlassung der Angeklagten P… und ihre untergeordnete Rolle im Tatgeschehen. Außerdem nahm die Kammer auch hier den bereits erwähnten Aspekt in den Blick, dass die simple Ausgestaltung der jeweiligen Antrags-/Bewilligungsverfahren es der Angeklagten P… leicht machte, die o.g. Taten zu begehen.
3.2. Strafzumessung im engeren Sinne
600
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne wog die Kammer die soeben bei der Strafrahmenwahl dargelegten Aspekte zugunsten und zu Lasten der Angeklagten erneut ab. Zusätzlich berücksichtige die Kammer auch sämtliche bereits im Zusammenhang mit den Betrugstaten dargelegten Strafzumessungserwägungen. Auch hier fiel der Schaden in jedem einzelnen Fall verhältnismäßig hoch aus. Hinsichtlich Ziff. II. 3 war der Schaden auf 24.967,20 €, zu beziffern, im Fall Ziffer II. 5 auf 15.497,60 € und im Fall II. 6 auf 26.246,25 €. Auch insoweit verkennt die Kammer erneut nicht, dass sich die Bewertung der zu Unrecht ausgezahlten Förderung nach der Differenz zwischen der insgesamt gewährten Förderung und dem Betrag richtet, auf den die … UG nach den geltenden Förderbestimmungen materiell Anspruch gehabt hätte. Aber auch betreffend die hier zu beurteilenden drei Fälle des Subventionsbetrugs galt, dass die … UG jedenfalls im Fall II. 3 mangels Antragsberechtigung überhaupt keinen Anspruch hatte, auch nicht in geringerer als der bewilligten Höhe. Eine Schadenswiedergutmachung, nämlich ein Zurückzahlen der Förderbeträge, soweit sie tatsächlich zur Auszahlung kamen, konnte zugunsten der Angeklagten P… demgegenüber nicht in die Abwägung eingestellt werden.
3.3. Einzelstrafen
601
Bei der Bestimmung der Einzelstrafen differenzierte die Kammer maßgeblich danach, in welcher Höhe es zur Auszahlung der Subvention kam. So berücksichtigte die Kammer im Rahmen der Strafzumessung, dass in dem Fall unter Ziff. II. 3 24.967,20 €, im Fall Ziffer II. 5 nur 15.497,60 € und im Fall II. 6 26.246,25 € ausbezahlt wurden.
602
Nach Abwägung sämtlicher Strafzumessungsgesichtspunkte erkannte die Kammer für sämtliche Taten auf eine Freiheitsstrafe als tat- und schuldangemessene Strafe. Die Einzelstrafen lauten wie folgt:

Fall

Einzelstrafe

II. 3

10 Monate

II. 5

8 Monate

II. 6

10 Monate

4. Bildung einer Gesamtstrafe
603
Aus den Einzelstrafen hatte die Kammer nach § 54 Abs. 1 S. 2 StGB unter Erhöhung der jeweils verwirkten höchsten Strafe, hier der Strafe von 1 Jahr und 3 Monaten für die Tat unter Ziff. II. 2., eine Gesamtstrafe zu bilden. Hierbei waren gemäß § 54 Abs. 1 S. 3 StGB die Person der Angeklagten und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen. Die Kammer beachtete hierbei auch, dass die Voraussetzungen des § 55 StGB hinsichtlich der mit Urteil des Amtsgerichts Deggendorf vom 10.10.2022 verhängten Geldstrafe vorgelegen hätten, sodass eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden gewesen wäre. Aufgrund dessen, dass die Geldstrafe bereits vollständig bezahlt ist, berücksichtigte die Kammer einen entsprechenden Härteausgleich.
604
Unter Abwägung aller dieser Umstände, die bereits bei der Bemessung der Einzelstrafen für und gegen die Angeklagte P… zu berücksichtigen waren und aufgrund der Tatsache, dass alle Taten in einem engen zeitlichen und situativen Zusammenhang begangen wurden, verhängte die Kammer bei der Angeklagten P… unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten für die Tat unter Ziff. II. 2. als tat- und schuldangemessene Strafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von
1. Jahr und 10 Monaten.
5. Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung
605
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Angeklagten P… konnte eine günstige Legal- und Sozialprognose gestellt werden (§ 56 Abs. 1 StGB). Zudem lagen besondere Umstände in der Tat und Persönlichkeit des Angeklagten im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vor und die Verteidigung der Rechtsordnung gebot nach § 56 Abs. 3 StGB die Vollstreckung der Strafe nicht.
Im Einzelnen:
5.1. Positive Sozialprognose
606
Der Angeklagten P… konnte eine positive Legal- und Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden. Die Angeklagte ist bisher kaum strafrechtlich in Erscheinung getreten und lebt in geordneten und stabilen sozialen Verhältnissen. Gleichgelagerte Taten sind nicht zu erwarten. Es ist vielmehr zu erwarten, dass die Angeklagte allein durch die Verhängung der Gesamtfreiheitsstrafe hinreichend beeindruckt ist und künftig ein straffreies Leben führen wird, ohne dass mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe noch auf sie eingewirkt werden müsste.
5.2. Besondere Umstände
607
Bei einer Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit der Angeklagten P… lagen auch besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vor.
608
Voraussetzung für das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB ist, dass Milderungsgründe von besonderem Gewicht vorliegen, die eine Strafaussetzung trotz des erheblichen Unrechtsgehalts, der sich in der Strafhöhe widerspiegelt, als nicht unangebracht und als den vom Strafrecht geschützten Interessen zuwiderlaufend erscheinen lassen. Hierbei können bereits solche Umstände, die bei einer isolierten Betrachtung durchschnittliche und einfache Milderungsgründe wären, durch ihr Zusammentreffen gleichwohl das Gewicht besonderer Umstände erlangen. Zu berücksichtigen sind auch solche Milderungsgründe, die bereits bei der Strafzumessung oder der Prognoseentscheidung herangezogen wurden. Nicht erforderlich ist, dass diese Milderungsgründe der Tat Ausnahmecharakter verleihen.
609
Maßgeblich war hier das Zusammentreffen folgender Aspekte: Zum einem ließ sich die Angeklagte P… von dem Angeklagten G… stark beeinflussen. Der sich eloquent zeigende Angeklagte G… trug durch seine Persönlichkeit einen erheblichen Teil dazu bei, dass diese Taten sich in der hier dargelegten Weise ereignen konnten. Zum anderen versucht die Angeklagte P… mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln nach Kräften Verbindlichkeiten zu begleichen.
5.3. Verteidigung der Rechtsordnung
610
Von dem Hintergrund, dass die Taten in der überwiegenden Anzahl der Fälle bereits geraume Zeit zurückliegen, gebot auch die Verteidigung der Rechtsordnung (§ 56 Abs. 3 StGB) hier nicht die Vollstreckung der Strafe.
G. Teilfreisprüche
611
Die Angeklagten G… und P… wurden vom Subventionsbetrug bezüglich des Änderungsantrages vom 28.10.2020, welcher als selbstständiger tatmehrheitlicher Fall des Subventionsbetruges zu werten war, aus Rechtsgründen jeweils freigesprochen.
612
Darüber hinaus wurde der Angeklagte G… hinsichtlich des Tatvorwurfs des gemeinschaftlichen Subventionsbetruges in zwei Fällen hinsichtlich der außerordentlichen Wirtschaftshilfen (November- und Dezemberhilfe) aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die Kammer konnte weder Feststellungen hinsichtlich einer Mittäterschaft des Angeklagten G… nach § 25 Abs. 2 StGB noch hinsichtlich einer etwaigen (psychischen) Beihilfe treffen.
Im Einzelnen:
I. Änderungsantrag vom 28.10.2020
1. Angeklagter Sachverhalt
613
Den Angeklagten G… und P… war in der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift vom 20.06.2022 folgender Sachverhalt zur Last gelegt worden:
614
Die Steuerberaterin Z… stellte auf Anweisung der Angeklagten P… und G… am 16.07.2020 bei der IHK für M. und Oberbayern, … einen elektronischen Antrag auf Überbrückungshilfe nach den „Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen“ vom 07.07.2020 in Höhe von insgesamt 23.311,20 EUR. In diesem Antrag vom 16.07.2020 gab die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten P… und G… wahrheitswidrig, jedoch nicht ausschließbar ohne Kenntnis von dieser Wahrheitswidrigkeit zu haben an, dass der Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass die „Corona Krise“ sei und sich das Unternehmen zum 31.12.2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe. Tatsächlich war die … UG bereits spätestens zum 31.12.2019 zahlungsunfähig, sodass ein Anspruch auf die „Überbrückungshilfe“ tatsächlich nicht bestand. Überdies wurden die Aufwendungen für Mietzahlungen für die Räumlichkeiten der … UG mit monatlich 6.600,00 EUR beziffert. Tatsächlich jedoch betrugen die monatlichen Mietzahlungen ausweislich des Mietvertrages vom 27.01.2020 zwischen der … UG und dem Angeklagten G… lediglich 2.214,00 EUR pro Monat. Zudem wurde im Antrag angegeben, dass mit dem Antrag vom 18.03.2020 bislang lediglich ein Antrag auf Gewährung von Soforthilfen gestellt wurde. Der Antrag vom 31.03.2020 findet keinerlei Erwähnung. Die falschen Angaben hatten zur Folge, dass mit Bescheid vom 03.08.2020, Az: … durch die IHK für M. und Oberbayern eine Überbrückungshilfe in Höhe von 23.311,20 EUR gewährt und auf Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse R … mit der IBAN … ausbezahlt wurde.
615
Diese Angaben wurden im Änderungsantrag vom 28.10.2020 ausdrücklich aufrechterhalten. Dies hatte zur Folge, dass durch die IHK für M. und Oberbayern mit Bescheid vom 09.11.2020, Az.: … nunmehr eine erhöhte Überbrückungshilfe in Höhe von insgesamt 24.967,20 EUR festgesetzt und auf das genannte Konto bei der Sparkasse E … mit der IBAN … ausbezahlt wurde.
2. Festgestellter Sachverhalt
616
Die Kammer hat den unter C. IV. 1. dargestellten Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus stellte die Kammer hinsichtlich des Änderungsantrages vom 28.10.2020 fest, dass die Online- Eingabemaske sowohl unter „Details zur Antragsberechtigung“ als auch unter 2. „Erklärungen des Antragstellers zu subventionserheblichen Tatsachen“ nachfolgende Hinweise und Differenzierung enthielt:
„Antragsberechtigt sind Antragsteller, bei denen es sich um kleine oder Kleinstunternehmen im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) handelt (Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von maximal 10 Mio. Euro)
i nicht Gegenstand eines Insolvenzverfahrens nach nationalem Recht zu sein; keine Reltungsbeihilfe erhalten zu haben oder, dass der Kredit zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits zurückgezahlt wurde oder die Garantie bereits erloschen ist;
i keine Umstruklurierungsbeihilfe erhalten zu haben oder, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung keinem Umstrukturierungsplan mehr unterliegen.
Sonstige Antragsteller sind antragsberechtigt, wenn sie am 31, Dezember 2019 nicht in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) waren oder sich seitdem 31.12.2019 nicht kontinuierlich in Schwierigkeiten i.S,d. vorstehenden Vorschrift befunden haben.
3. Beweiswürdigung
617
Die Feststellungen zum Änderungsantrag ergaben sich aus dem verlesenen Antrag vom 28.10.2020.
4. Rechtliche Würdigung
618
Die Angeklagten haben sich bezüglich des Änderungsantrages vom 28.10.2020, welcher sich als weiterer tatmehrheitlicher Fall darstellt, weder nach § 264 StGB noch nach § 263 StGB strafbar gemacht und waren mithin jeweils aus Rechtsgründen insoweit freizusprechen.
619
Wie bereits unter E. III. 1.3 und E. III. 1.4. ausgeführt, lagen zwar mehrere unrichtige Angaben vor, jedoch lag nur eine unrichtige Angabe hinsichtlich der fehlenden Antragsberechtigung aufgrund des Unternehmens in Schwierigkeiten vor, die auch vorteilhaft im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB war. Sämtliche Angaben vom ursprünglichen Antrag wurden im Änderungsantrag vom 28.10.2020 aufrechterhalten.
620
Im Gegensatz etwa zum Antrag auf Überbrückungshilfe der 1. Phase vom 16.07.2020, erfolgte im Änderungsantrag durch den Subventionsgeber eine ausdrückliche Differenzierung zwischen Antragstellern, bei denen es sich um kleine Unternehmen oder Kleinstunternehmen im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung handelt und sonstigen Antragstellern. Aufgrund dessen, dass es sich bei der … UG um ein Kleinunternehmen handelt, da es weniger als 50 Beschäftigte und einen Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von maximal 10 Mio. Euro aufweist, lag bezüglich des Änderungsantrages eine Antragsberechtigung vor. Mithin wurden im Rahmen des Änderungsantrages schon keine unrichtigen Angaben gemacht, sodass eine Strafbarkeit ausscheidet.
621
Eine etwaige Versuchsstrafbarkeit nach § 264 StGB ist nach § 264 Abs. 4 StGB nur im Falle des § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB gegeben.
II. Subventionsbetrug in 2 Fällen – Außerordentliche Wirtschaftshilfen
1. Angeklagter Sachverhalt
622
Hinsichtlich der Novemberhilfe (Fall II. 5) wurde dem Angeklagten G… mit unverändert zur Hauptverhandlung zugelassener Anklage folgender Sachverhalt vorgeworfen:
623
Die Steuerberaterin Z… stellte auf Anweisung der Angeklagten P… und G… am 11.12.2020 bei der IHK für M. und Oberbayern, … , 80333 … einen elektronischen Antrag auf Gewährung der „Novemberhilfe“ gemäß der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19“ in Höhe von insgesamt 15.497,59 EUR. In diesem Antrag vom 11.12.2020 gab die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten P… und G… sowie aufgrund eigener Kenntnisse bewusst wahrheitswidrig an, dass Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass die „Corona Krise“ sei und sich das Unternehmen zum 31.12.2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe. Tatsächlich war die … UG (haftungsbeschränkt) bereits spätestens zum 31.12.2019 zahlungsunfähig, sodass ein Anspruch auf die „Novemberhilfe“ tatsächlich nicht bestand.
624
Die falschen Angaben hatten zur Folge, dass mit Bescheid vom 15.01.2021, Az: … durch die IHK für M. und Oberbayern eine Novemberhilfe in Höhe von 15.497,60 EUR gewährt und auf das Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse R … mit der IBAN … ausbezahlt wurde.
625
Hinsichtlich der Dezemberhilfe (Fall II. 6) wurde dem Angeklagten G… mit unverändert zur Hauptverhandlung zugelassener Anklage folgender Sachverhalt vorgeworfen:
626
Die Steurberaterin Z… stellte auf Anweisung der Angeklagten P… und G… am 29.12.2020 bei der IHK für M. und Oberbayern, … 80333 … einen elektronischen Antrag auf Gewährung der „Dezemberhilfe“ gemäß der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Covid-19“ in Höhe von insgesamt 26.246,25 EUR. In diesem Antrag vom 29.12.2020 gab die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten P… und G… sowie aufgrund eigener Kenntnisse bewusst wahrheitswidrig an, dass Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass die „Corona Krise“ sei und sich das Unternehmen zum 31.12.2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe. Tatsächlich war die … UG bereits spätestens zum 31.12.2019 zahlungsunfähig, sodass ein Anspruch auf die „Dezemberhilfe“ tatsächlich nicht bestand. Die falschen Angaben hatten zur Folge, dass mit Bescheid vom 29.01.2021, Az: … durch die IHK für M. und Oberbayern eine Dezemberhilfe in Höhe von 26.246,25 EUR gewährt und auf das Geschäftskonto der … UG bei der Sparkasse R … mit der IBAN … ausbezahlt wurde.
2. Festgestellter Sachverhalt
627
Die Kammer hat den unter C. IV. 2. festgestellten Sachverhalt festgestellt.
3. Beweiswürdigung
628
Der Angeklagte G… war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
629
Mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit konnte die Kammer nach durchgeführter Beweisaufnahme weder feststellen, dass der Angeklagte als Mittäter agierte, noch feststellen, dass der Angeklagte eine Form von Beihilfe hinsichtlich der außerordentlichen Wirtschaftshilfen geleistet hat.
630
Es ergaben sich für die Kammer nach der durchgeführten Beweisaufnahme keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte G… gerade bei den konkreten Anträgen vom 11.12.2020 (Novemberhilfe) und vom 29.12.2020 (Dezemberhilfe) in die Durchsicht der Unterlagen oder in sonstiger Weise eingebunden war. Alleine, dass der Angeklagte G… bei sämtlichen Antragstellungen mitwirkte beziehungsweise sich informierte, reicht bei dem vorliegenden rein formalistischen Verstoß, nämlichen das Setzen eines falschen Kreuzes, für eine Verurteilung nicht aus.
Im Einzelnen:
631
Die Kammer konnte dem Angeklagten nach der durchgeführten Beweisaufnahme keinen für eine Mittäterschaft erforderlichen konkreten Tatbeitrag zurechnen.
632
Der Angeklagte G… ließ sich hinsichtlich der außerordentlichen Wirtschaftshilfen dahingehend ein, dass diese ja ohnehin jeder Firma bekommen habe. Dieser Anklagepunkt würde daher sowieso nicht zutreffen. Weitere Angaben machte der Angeklagte G… hierzu nicht.
633
Auch die Angeklagte P… konnte keine Angaben dahingehend machen, ob man bei den außerordentlichen Wirtschaftshilfen, wie bei den Überbrückungs- oder den Corona Soforthilfen, gemeinsam die Unterlagen durchgegangen ist. Nur bei den Überbrückungshilfen könne sie sich daran erinnern, dass man deshalb gemeinsam bei der Steuerberaterin Zahn gewesen sei.
634
Letztlich konnte die Steuerberaterin Z… keine Angaben dahingehend machen, ob der Angeklagte bei den außerordentlichen Wirtschaftshilfen in irgendeiner Art und Weise beteiligt war. Letztlich könne sie sich insoweit nur noch daran erinnern, dass sie mit der Angeklagten P… Kontakt gehabt habe.
635
Etwas anderes ergibt sich auch weder aus etwaigen Urkunden noch aus den zwischen dem Angeklagten G… und der Angeklagten P… ausgetauschten Sprachnachrichten.
636
Die Kammer konnte auch keine Feststellungen hinsichtlich einer etwaigen (psychischen) Beihilfehandlung des Angeklagten G… treffen. Als Gehilfe wird gem. § 27 I StGB bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Diese Hilfeleistung muss sich auf die Begehung der Haupttat zwar nicht kausal auswirken; erforderlich ist aber, dass sie die Haupttat zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn und Beendigung in irgendeiner Weise erleichtert oder fördert (st. Rspr.; BGH, Beschl. v. 4.2.2016 – 1 StR 344/15; BGH, Beschl. v. 9.7.2015 – 2 StR 58/15 = NStZ-RR 2015, 343 [344]; Urt. v. 16.1.2008 – 2 StR 535/07 = NStZ 2008, 284 mwN). Das bloße informieren des Angeklagten über die Antragsvoraussetzungen würde selbst bei Billigung der Beantragung durch die Steuerberaterin Z… auf Anweisung der Angeklagten P… nicht genügen. Die Beweisaufnahme hat auch nicht ergeben, dass der Angeklagte G… die Angeklagte P… in ihrem Tatentschluss hinsichtlich der außerordentlichen Wirtschaftshilfen bestärkt hätte und sich dessen auch bewusst war. Darüber hinaus ergab sich auch nicht, dass der Angeklagte G… der Angeklagten P… eine Form eines erhöhten Sicherheitsgefühls vermittelt hat.
637
Weitere Beweismittel standen nicht zur Verfügung.
H. Eventualbeweisanträge
638
Den Eventualbeweisanträgen der Verteidigung der Angeklagten P… war nicht nachzukommen. Wird die Beweiserhebung nur für den Fall des Eintritts einer Bedingung beantragt, dann muss das Gericht über den Beweisantrag grundsätzlich erst entscheiden, wenn die Bedingung eintritt. Vorliegend ist die Bedingung hinsichtlich beider Eventualbeweisanträge bereits deshalb nicht eingetreten, weil die Kammer nicht davon ausging, dass die Angeklagte P… aufgrund ihrer abgeschlossenen Berufsausbildung zur Versicherungskauffrau über vertiefte Kenntnisse in den Bereichen Finanz- und Lohnbuchhaltung verfügte.
639
Ohnehin wären die unter Beweis gestellten Tatsachen für die Entscheidung ohne Bedeutung, § 244 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 StPO.
640
Eine unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache ist aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung bedeutungslos, wenn sie in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfindung steht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihrer Bestätigung wie vorliegend keinen Einfluss auf die richterliche Überzeugung vom entscheidungserheblichen Sachverhalt hätte, weil sie nur einen möglich Schluss auf das Vorliegen oder Fehlen einer Haupttatsache oder den Beweiswert eines anderen Beweismittels ermöglicht und das Gericht der Überzeugung ist, dass dieser Schluss in Würdigung der gesamten Beweislage nicht gerechtfertigt wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 7.11.2023 − 2 StR 284/23). Hierzu hat das Tatgericht die unter Beweis gestellte Tatsache so, als sei sie erwiesen, in das aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme erlangte Beweisergebnis einzustellen und im Wege einer prognostischen Betrachtung zu prüfen, ob hierdurch seine bisherige Überzeugung – ggf. in Anwendung des Zweifelssatzes – in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (vgl. BGH Beschl. v. 6.12.2018 – 4 StR 484/18, NStZ 2019, 295; v. 19.12.2018 – 3 StR 516/18, juris Rn. 7; Löwe-Rosenberg/Becker, StPO, 27. Aufl., § 244 Rn. 220; KK-StPO/Krehl, 9. Aufl., § 244 Rn. 152; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 244 Rn. 56a).
641
Auch gebot die Amtsaufklärungspflicht gemäß § 244 Abs. 2 StPO nicht die Beweiserhebung.
I. Einziehung
642
Gegen die Angeklagte P… war die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 30.000 € anzuordnen gemäß §§ 73, 73c StGB. Weitergehende Einziehungsanordnungen schieden demgegenüber aus.
643
Die Frage, ob eine Einziehung des Wertes von Taterträgen zu erfolgen hat, richtet sich auch für die länger zurückliegenden Tatzeitpunkte grundsätzlich nach §§ 73 Abs.1, 73c Abs.1 StGB n.F. i.V.m. Art. 316h EG-StGB.
644
Die Anordnung der Einziehung von Taterträgen setzt voraus, dass der hiervon Betroffene den Vermögenswert tatsächlich erlangte. Erforderlich ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt oder – bei Mittätern zumindest – wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt. Der Täter (oder Teilnehmer) hat einen Vermögenswert durch eine rechtswidrige Tat erlangt, wenn ihm dieser durch die Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er die tatsächliche Verfügungsgewalt über ihn ausüben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23.10.2018, 5 StR 185/18, Rn 20; Urteil vom 17.01.2019, 4 StR 486/18 Rn 9 mwN).
645
Die Angeklagte P… erlangte die tatsächliche Verfügungsgewalt über die ausgezahlte Corona- Soforthilfe in Höhe von 30.000 €, da diese aufgrund der Tat gemäß § 263 StGB auf ihrem Privatkonto einging, über welches sie allein verfügungsberechtigt war. Es handelt sich als um abzuschöpfende Tatbeute. Diese ist nicht mehr vorhanden, sodass Wertersatz einzuziehen ist. Weitergehende Einziehungsanordnungen waren nicht möglich, insbesondere auch nicht gegen den Angeklagten G…. Anknüpfungspunkt für eine Einziehung könnten allenfalls noch die ausbezahlten Hilfen auf das Geschäftskonto zugunsten der … UG (haftungsbeschränkt) sein. Einziehungsbeteiligte ist die … UG (haftungsbeschränkt), die ohnehin insolvent ist, allerdings nicht. Eine Wertersatzeinziehung gegen den für die Gesellschaft handelnden Täter – hier also die Angeklagte P… als formell bestellte Geschäftsführerin und den Angeklagten G… als faktischen Geschäftsführer kommt in dieser Konstellation in Bezug auf die ausbezahlten Hilfen auf das Geschäftskonto nicht in Betracht. Dies ergibt sich aus den folgenden Überlegungen:
646
Gegen den handelnden Täter kann nicht ohne weiteres eine Einziehung erfolgen, selbst wenn der Täter legale Zugriffsmöglichkeiten auf das Vermögen der Gesellschaft hat. Entscheidend ist, dass der Täter über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehend etwas erlangt.
647
Zwar nimmt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in besonderen Konstellationen an, dass eigentlich der Gesellschaft Zugeflossenes auch als „erlangtes Etwas“ beim Täter gewertet werden kann. Dies kann etwa daran liegen, dass der Täter die Gesellschaft als formalen Mantel nutzt, eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber tatsächlich nicht vornimmt. In Betracht kommen auch Fälle, in denen jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteil vom 28.11.2019, 3 StR 294/19, Rn 22). Es käme dann zu einer Zurechnung der bei der Gesellschaft eingetretenen Vermögensmehrung an den Täter aufgrund faktischer Verschmelzung der Vermögensmassen (BGH aaO, Rn 23). Derartige Fälle der Nutzung der Gesellschaft als formalen Mantel oder der faktischen Verschmelzung der Vermögensmassen zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer liegen hier indes nicht vor. Die … UG (haftungsbeschränkt) wurde nicht als reiner „Mantel“ genutzt. Ebenso wenig war das Vermögen der … UG (haftungsbeschränkt) faktisch identisch mit demjenigen der beiden Angeklagten.
648
Eine Wertersatzeinziehung kommt beim für die Gesellschaft Handelnden möglicherweise auch dann in Betracht, wenn die Gesellschaft die Taterlöse tatsächlich – ganz oder teilweise – an den Täter weiterleitet und damit der Täter wirtschaftlicher Nutznießer der Tat ist, indem die Gesellschaft ihm ohne Gegenleistung Taterträge zuwendet. Der Umstand, dass es sich um einen indirekten Zufluss handelt, schließt die Einziehung von Wertersatz nicht aus (BGH, Urteil vom 28.11.2019, 3 StR 294/19, Rn 26). Es reicht auch aus, dass Taterträge bzw. das erlangte Etwas nur zum Teil und ohne einen engen zeitlichen Zusammenhang auf den Täter übergehen (BGH aaO, Rn 36). Sofern ein nicht bemakelter Vertrag Rechtsgrundlage für den Vermögenstransfer der Gesellschaft auf den Handelnden ist, scheidet eine Einziehung beim Handelnden gleichwohl aus. All dies war vorliegend jedoch gerade nicht der Fall.
649
Auch eine Dritteinziehung nach § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchstabe a und b, Abs. 2, § 73c S. 1 StGB gegenüber den beiden Angeklagten scheitert bereits daran, dass diese Täter der Betrugs- bzw. Subventionsbetrugstaten und damit nicht ein „anderer“ sind. Der Gesetzeswortlaut unterscheidet zwischen den „Tätern und Teilnehmern“ an der Tat im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB und den „anderen“. Die Tatbeteiligten können damit nach dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik nicht zu den „anderen“ gehören, auch wenn ihnen in einer Bereicherungskette Vermögenswerte zugewendet werden, die aus der von ihnen begangenen Straftat stammen (BGH, Urteil vom 15.01.2020, 1 StR 529/19, Rn 17 mwN).
J. Kosten
650
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1, 467 Abs. 1 StPO.