Titel:
Anordnung der Teilungsversteigerung, Zwangsversteigerungsverfahren, Gesellschaftsvertrag, Entscheidungsreife, Aufklärungsverfügung, Elektronisches Dokument, Vollstreckungsvoraussetzungen, Tod eines Gesellschafters, Elektronischer Rechtsverkehr, Beschlußfassung, Anderweitige Regelung, Testamentsvollstrecker, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Aufhebung, Inkrafttreten, Grundbuchverfahren, Sofortige Beschwerde, Qualifizierte elektronische Signatur, Liquidation, Rangwahrung
Schlagworte:
Teilungsversteigerung, Auflösung der Gesellschaft, Liquidation, Entscheidungsreife, Übergangsrecht, Unzulässigkeit des Antrags
Rechtsmittelinstanz:
LG München I, Beschluss vom 19.08.2024 – 16 T 9523/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 45023
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin vom 14.12.2023 auf Anordnung des Zwangsversteigerungsverfahrens wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Mit Schriftsatz vom 14.12.2023 (Bl. 1/3) wurde durch die Antragsstellerin der Antrag auf Anordnung des Zwangsversteigerungsverfahrens gestellt. Dabei wurde angegeben, dass ein die gesetzlichen Rechte der Antragsstellerin ggf. beschränkender Gesellschaftsvertrag nicht existiere. Weiter wurde in diesem Zusammenhang auf § 749 BGB und den Beschluss des BGH vom 16.05.2013, VZR 198/12 verwiesen.
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Durch gerichtliche Aufklärungsverfügung vom 21.12.2023 (Bl. 5) wurde seitens des Gerichts mitgeteilt, dass die Teilungsversteigerung zur Aufhebung nach der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach ihrer Auflösung erfolge, sofern nicht anders nach einer Vereinbarung der Gesellschafter zu verfahren ist. Vor einer Auflösung der Gesellschaft kann eine Teilung nicht verlangt werden.
3
Durch Schreiben vom 28.12.2023 (Bl. 6/8) wurde durch die Antragsstellerin ausgeführt, dass sich mangels Abschlusses eines Gesellschaftsvertrages die Rechte und Pflichten der GbR aus den §§ 705 f, 741 BGB ergeben. Die Gesellschaft sei dabei nach ihrer Ansicht, gem. § 727 Abs. 1 BGB durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst.
4
Mit Aufklärungsverfügung vom 10.01.2024 (Bl. 9) wurde der Antragsstellerin mitgeteilt, dass der durch sie eingereichte BGH Beschluss vom 16.05.2013 die gerichtliche Aufklärungsverfügung und der darin enthaltenen Rechtsauffassung vom 21.12.2023 bestätige. Weiterhin wurde mitgeteilt, dass der Anordnung des Verfahrens, die noch nicht abgeschlossene Erbenermittlung der verstorbenen Gesellschafterin im Wege stehe, da eine ordnungsgemäße Beteiligung, nicht erfolgen könne. Weiter wurde auf die neuen Regelungen des BGB (MoPeG) hingewiesen.
5
Die Antragsstellerin teilte mit Schreiben vom 11.01.2024 (Bl. 10/11) mit, dass der Auflösungsgrund der Gesellschaft vor dem Inkrafttreten des MoPeG vorlag, ebenso wurde der Versteigerungsantrag vor Inkrafttreten der Neuregelung gestellt.
6
Durch das Gericht wurde mit erneuter Aufklärungsverfügung vom 16.01.2024 (Bl. 12) darauf hingewiesen, dass ein Antrag keine rangwahrende Wirkung entfalte. Weiter wurde mitgeteilt, dass eine Teilungsversteigerung nicht mehr möglich sei, da der Weg der Abwicklung seit Inkrafttreten der Gesetzesänderung die Liquidation der Gesellschaft sei.
7
Mit Schreiben vom 06.02.2024 (Bl. 13/14) wurde durch die Antragsstellerin auf die Aufklärungsverfügung dahingehend erwidert, dass es ihrer Ansicht nach, nicht auf eine rangwahrende Wirkung der Antragsstellung ankomme, sondern auf den Zeitpunkt abzustellen sei, zu welchem der Antrag entscheidungsreif war. Dies sei nach Ansicht der Antragsstellerin mit Übersendung des Schreibens am 28.12.2023 gegeben.
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Erneut wurde mit gerichtlicher Aufklärungsverfügung vom 08.02.2023 (Bl. 15) erläutert, dass zum Zeitpunkt der Anordnung der Teilungsversteigerung die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen müssen. Dies sei hier gerade nicht gegeben.
9
Die Antragsstellerin teilte mit Schreiben vom 28.02.2024 (Bl. 17/18) mit, dass bereits im Jahr 2023 entscheidungsreife vorlag, weshalb das damalige geltende Recht anzuwenden sei.
10
Mit umfassender Aufklärungsverfügung vom 07.05.2024 (Bl. 19/20) wurde nochmals an den bisherigen Ausführungen des Gerichts festgehalten. Zum Zeitpunkt des Todes der Gesellschafterin galt das bis zum 31.12.2023 gültige Recht, was folglich mangels anderweitiger Regelung in einem Gesellschaftsvertrag zur Auflösung der Gesellschaft führte, § 727 Abs. 1 BGB. Die Gesellschaft bleibe nach der hier vertretenden Rechtsauffassung auch bei Änderungen der gesetzlichen Regelungen zum 01.01.2024 weiterhin aufgelöst.
11
Nach altem Recht konnte eine Teilungsversteigerung nach deren Auflösung beantragt werden, sofern keine anderweitige Regelung im Gesellschaftsvertrag bestand, §§ 719 Abs. 1, 730 Abs. 1, 731 BGB a.F. Nach dem nun neuen geltenden Recht ab 01.01.2024 findet nach Auflösung der GbR (§ 729 Abs. 1 BGB) nun die Liquidation statt, §§ 735-737 BGB. Die Teilungsversteigerung ist grundsätzlich nicht mehr zulässig, außer, diese wurde von den Gesellschaftern als andere Art der Abwicklung vereinbart, § 725 Abs. 2, 3 BGB. Da nach Mitteilung der Antragsstellerin kein Gesellschaftsvertrag vorliegt, ist die Teilungsversteigerung nach nun geltendem Recht unzulässig.
12
Das neue Recht gelte hinsichtlich der Liquidation ausnahmslos, auf eine Antragsstellung im Jahr 2023 komme es dabei nicht an. Der Ansicht der Antragsstellerin, wonach es auf die Entscheidungsreife ankomme, und nicht auf die rechtliche Situation zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Anordnung, kann nicht gefolgt werden. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, wie auch für die gesamte Dauer des Verfahrens, müssen die Voraussetzungen für den Beginn der Verfahrensanordung vorliegen, s. Stöber zum ZVG, 23. Auflage, Einl. Rd. 57. Insbesondere wurde eine gesetzliche Übergangsfrist, wonach altes Recht bei einem Antragseingang bis zum 31.12.2023 gelten solle, wie beispielhaft durch Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB im Grundbuchverfahren, durch den Gesetzgeber im Zwangsversteigerungsverfahren gerade nicht vorgesehen. Es ist daher von keiner planwidrigen Regelungslücke, sondern von einer gewollten Regelung auszugehen. Weiter wurde mitgeteilt, dass dem Gericht die Erben der verstorbenen Gesellschafterin oder ein noch zu bestellender Nachlasspfleger mitgeteilt werden müssen. Ohne eine Beteiligung sämtlicher Antragsgegner oder deren Rechtsnachfolger sei ein Verfahren nicht durchführbar.
13
Mit Schreiben vom 14.05.2024 (Bl. 21) wurde durch die Antragsstellerin Fristverlängerung bis 31.05.2024 hinsichtlich der Aufklärungsverfügung vom 07.05.2024 beantragt. Diese wurde seitens des Gerichts stillschweigend gewährt.
14
Mit Schriftsatz vom 31.05.2024 (Bl. 22/24) wurde durch die Antragsstellerin unter anderem die aus dem Grundbuch ersichtlichen Miteigentümer inklusive der ladungsfähigen Adressen mitgeteilt. Hinsichtlich der verstorbenen Gesellschafterin wurde ein Schreiben des Nachlassgerichts vom 06.05.2024 übersandt, aus welchem ersichtlich ist, dass die Antragsstellerin zur Alleinerben berufen wurde. Weiter wurde mitgeteilt, dass Testamentsvollstreckung angeordnet worden sei, sobald der Testamentsvollstrecker/in festgestellt worden sei, wird dies umgehend dem Gericht mitgeteilt.
15
Mit letztmaliger Aufklärungsverfügung vom 07.06.2024 (Bl. 25) wurde die Antragsstellerin erneut auf das nun neu geltende Recht und die Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung hinsichtlich der GbR hingewiesen. Der Antragsstellerin wurde Frist bis 19.06.2024 gesetzt, den Antrag daher zurückzunehmen. Nach Ablauf der Frist, erfolge eine Entscheidung aufgrund Aktenlage.
16
Erneut wurde durch die Antragsstellerin mit Schreiben vom 19.06.2024 (Bl. 26/27) ein Antrag auf Fristverlängerung bis zum 21.06.2024 gestellt. Auch dieser wurde seitens des Gerichts stillschweigend gewährt. Sodann erfolgte die Rückmeldung der Antragsstellerin mit Schreiben vom 21.06.2024 (Bl. 28/30). Zusammenfassend wurde an den bisherigen Ausführungen der Antragsstellerin weiterhin festgehalten. Es bleibe bei der Ansicht, dass sämtliche Antrags- bzw. Entscheidungsvoraussetzungen mit Antrag vom 14.12.2023, sowie spätestens mit Einreichung des Schriftsatzes vom 28.12.2023, mithin vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung, tatsächlich vorlagen.
17
Die Vollstreckungsvoraussetzungen liegen nicht vor. Auf die Inhalte in den gerichtlichen Aufklärungsverfügungen wird vollumfänglich Bezug genommen, insbesondere auf die ausführlichen Ausführungen vom 07.05.2024. Das neue Recht gilt hinsichtlich der Liquidation ausnahmslos, auf eine Antragsstellung 2023 kommt es nicht an. Die Vollstreckungsvoraussetzungen müssen sowohl zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, als auch während der gesamten Dauer des Verfahrens vorliegen.
18
Der Antrag war daher kostenpflichtig zurückzuweisen.