Titel:
Entscheidungsreife, Sofortige Beschwerde, Antrag auf Teilungsversteigerung, Anordnung der Teilungsversteigerung, Teilungsversteigerung eines Grundstücks, Teilungsversteigerungsverfahren, Elektronisches Dokument, Wert des Beschwerdeverfahrens, Elektronischer Rechtsverkehr, Zwangsversteigerungsverfahren, Ehemaliger Gesellschafter, Übergangsvorschriften, Zeitpunkt der Entscheidung, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Kostenentscheidung, Anderweitige Erledigung, Wertfestsetzung, Streitwert, Prozessuale Fristen, Wert des Beschwerdegegenstandes
Schlagworte:
Teilungsversteigerung, Gesetzesänderung, Liquidation, Entscheidungsreife, Erbenermittlung, Beschwerdeverfahren
Vorinstanz:
AG München, Beschluss vom 03.07.2024 – 1540 K 343/23
Fundstelle:
BeckRS 2024, 45022
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 03.07.2024, Az. 1540 K 343/23, wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Antragstellerin erhält Gelegenheit, zur Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
1
Mit Schriftsatz vom 14.12.2023 wurde die Teilungsversteigerung eines Grundstücks beantragt, deren Eigentümerin ausweislich des Grundbuchs eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, in welcher die Antragstellerin Gesellschafterin ist.
2
Mit dem Antrag war angegeben worden, dass ein die Rechte der Antragstellerin beschränkender Gesellschaftsvertrag nicht besteht. Durch das Amtsgericht wurden mehrfach Hinweise erteilt. Mit Schriftsatz vom 28.12.2023 trug die Antragstellerin vor, dass eine Gesellschafterin am 10.05.2023 verstorben sei, die Erbenermittlung sei noch nicht abgeschlossen. Sie berief sich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.05.2013 (V ZB 198/12) wonach Gegenstand des Teilungsversteigerungsverfahrens auch das Grundstück einer GbR sein könne.
3
Das Amtsgericht wies mehrfach auf die Rechtsänderung vom 01.01.2024 hin, wonach die Liquidation nach Auflösung der GbR stattfindet, § 735 BGB bis § 737 BGB. Die Antragstellerin nahm hierzu Stellung. Mit Beschluss vom 03.07.2024, zugestellt am 05.07.2024, wurde der Antrag auf Anordnung der Teilungsversteigerung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, eingegangen am 19.07.2024. Sie führt darin ihre Rechtsauffassung weiter aus, wonach nicht auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts sondern auf jene zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife abzustellen wäre. Diese sei aber vor dem 01.01.2024 eingetreten. Eine Beteiligung der Miteigentümer sei möglich gewesen, obgleich die Erben der verstorbenen Gesellschafterin nicht bekannt waren, nachdem für die Beteiligtenstellung der Grundbucheintrag maßgeblich wäre.
4
Das Amtsgericht half der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 02.08.2024 nicht ab und legte sie dem Landgericht zur Entscheidung vor.
5
Die zulässige sofortige Beschwerde erweist sich als unbegründet.
6
Dabei kann zunächst auf die überaus sorgfältigen und im Grundsatz nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des Amtsgerichts im Hinweis vom 03.05.2024 und im vom 03.07.2024 Bezug genommen werden.
7
1. Zunächst zutreffend ist der Ausgangspunkt der Antragstellerin, wonach die Gesellschaft durch den Tod einer Gesellschafterin nach § 727 BGB a.F. noch vor der Gesetzesänderung zum 01.01.2024 aufgelöst worden war. Diese Auflösung ist auch Voraussetzung dafür, dass überhaupt entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Teilungsversteigerungsverfahren über das Grundstück der Gesellschaft hätte durchgeführt werden können.
8
2. Die Beschwerde gesteht auch im Grundsatz zu, dass nach der neuen, ab 01.01.2024 geltenden Rechtslage der Vorrang der Liquidation der Gesellschaft gilt, die zuvor mögliche Teilungsversteigerung demnach ausgeschlossen ist. An ihrem Antrag hält sie deshalb fest, weil sie der Auffassung ist, maßgebliche Rechtslage wäre nicht diejenige zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts sondern diejenige der Entscheidungsreife. Dieser Auffassung kann das Beschwerdegericht nicht beitreten, ohnehin aber wäre auch nach eigenem Vortrag der Antragstellerin vor der Gesetzesänderung keine Entscheidungsreife über den Antrag auf Teilungsversteigerung eingetreten.
9
2.1 In Ermangelung einer Übergangsvorschrift haben die Gerichte nach ganz allgemeinen Grundsätzen stets das zum Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht anzuwenden. Insbesondere ergibt sich nicht aus § 167 ZPO, dass für eine spätere gerichtliche Entscheidung das zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Recht anzuwenden wäre. Mit dieser Auffassung betritt die Beschwerde rechtliches Neuland. Die Vorschrift des § 167 ZPO bezieht zwar die durch die Zustellung herbeizuführenden Rechtswirkungen auf den Zeitpunkt zurück, in dem das zuzustellende Schriftstück bei Gericht eingegangen ist diese Wirkung bezieht sich aber auf prozessuale Fristen. Die Anwendbarkeit materiellen Rechts ist hiervon unberührt. Auch eine vor einer Gesetzesänderung eingegangene Klage muss in materieller Hinsicht nach einer Gesetzesänderung im Falle des Fehlens von Übergangsvorschriften geändert – ggf. für erledigt erklärt – werden.
10
2.2 Ohnehin lag, worauf es aber nach dem Vorgesagten unzweifelhaft nicht ankommen kann, zum Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes vom 28.12.2023 auch keine Entscheidungsreife vor. Die Beteiligten des Zwangsversteigerungsverfahrens waren nämlich nach eigenem Vortrag der Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Eine der ehemaligen Gesellschafterinnen war verstorben, ohne, dass ihre Erben bekannt gewesen wären. Jedenfalls nachdem das Gericht durch den Vortrag des Antrags auch positive Kenntnis davon hatte, dass eine der im Grundbuch eingetragenen Gesellschafterinnen keine Miteigentümerstellung mehr besitzen konnte, konnten die zu beteiligenden Miteigentümer auch nicht dem Grundbuch entnommen werden.
11
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestanden nicht. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird anhand des Wertes des Anteils der Antragstellerin am zu versteigernden Grundstück zu bemessen seien, wofür aber derzeit keine Schätzgrundlagen bestehen. Es war daher Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu zu geben.