Titel:
Erlöschen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - fristgerechter Beginn der Errichtung eines Windparks
Normenketten:
BImSchG § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 2
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, S. 2, § 2 Abs. 1, Abs. 4, § 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Was der Genehmigungsinhaber im Einzelnen unternehmen muss, um die Errichtungsfrist zu wahren, ergibt sich zunächst und in erster Linie aus einer Auslegung der konkreten behördlichen Fristsetzung und des gesamten Genehmigungsverwaltungsakts, jeweils unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks von § 18 BImSchG. (Rn. 100) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auf ein ernsthaftes Ausnutzen der Genehmigung kann geschlossen werden, wenn der Genehmigungsinhaber zur Errichtung eines Windparks am dafür vorgesehenen Standort Maßnahmen durchgeführt bzw. Handlungen von hinreichendem Intensitätsgrad und Umfang vorgenommen hat, die nicht bzw. nur mit hohem Aufwand rückgängig zu machen sind oder die für ihn mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten verbunden wären, wenn die Anlage nicht errichtet würde. (Rn. 108) (redaktioneller Leitsatz)
3. Baurechtlich führt nicht jedes Abweichen von der (Bau-)Genehmigung zur Ausführung eines anderen (Bau-)Vorhabens. Um ein von einer Genehmigung nicht mehr gedecktes „Aliud“ handelt es sich vielmehr erst dann, wenn bei der Bauausführung wesentlich hinsichtlich Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Nutzung, Höhe oder Erscheinungsbild von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wurde. (Rn. 119) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Windpark, Windenergieanlagen, anerkannte Umweltvereinigung, durch anerkannte Umweltvereinigung geltend gemachter Anspruch auf immissionsschutzrechtliche Stilllegung, Erlöschen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung infolge nicht fristgerechten Beginns der Errichtung der Anlage (verneint), Ernsthaftigkeit des Beginns der Errichtung (des Baubeginns)
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 09.12.2024 – 7 B 17.24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 4474
Tenor
I. Die Verfahren mit den Aktenzeichen 22 A 22.40018 bis einschließlich 22 A 22.40027 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Soweit der Kläger seine Klagen zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger, eine nach § 3 Abs. 1 UmwRG anerkannte Vereinigung, begehrt zuletzt die Verpflichtung des Beklagten, den Betrieb zweier Windparks der Beigeladenen bzw. der zugehörigen Windenergieanlagen stillzulegen.
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Mit zwei Bescheiden jeweils vom 17. November 2014 erteilte das Landratsamt R.-G. (im Folgenden: Landratsamt) auf Antrag der Beigeladenen vom 28. März 2013 die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von insgesamt dreizehn Windkraftanlagen (Windenergieanlagen; WEA) vom Typ Nordex N117 mit einer Nennleistung von jeweils 2,4 MW und einer Gesamthöhe von jeweils 199 m, davon zehn im Gebiet der Gemeinden W. (Gemarkung W.), Markt S. a.d. S1 (Gemarkung W1.) und H. (Gemarkungen W1. und W2.) (im Folgenden: Windpark W.) sowie drei im Gemeindegebiet H. (Gemarkungen W2. und J.) (im Folgenden: Windpark W2.). Ziffer V. der Bescheide regelt jeweils, dass die Genehmigung drei Jahre nach Eintritt der Rechtskraft erlischt, sofern nicht nachgewiesen wird, dass bis zu diesem Zeitpunkt mit der Errichtung der Windkraftanlagen entsprechend der Genehmigung begonnen wird. In der jeweiligen Begründung zur Ziffer V. heißt es unter 3.6 (Bescheid Windpark W2.) bzw. 3.7 (Bescheid Windpark W.) ergänzend, dass als Nachweis die Vorlage von Unterlagen über getroffene Vermögensdispositionen, d.h. ein verbindlicher Vertrag über Kauf, Lieferung und Errichtung der Windkraftanlage gilt.
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Die Anfechtungsklagen privater Dritter gegen diese immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen wies das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteilen vom 8. August 2017 ab (Windpark W2.: W 4 K 14.1333, *.1334 und *.1345; Windpark W.: W 4 K 14.1323, *.1324, *.1325, *.1326, *.1327, *.1328, *.1329, *.1330, *.1331 und *.1332). Die dagegen gerichteten Anträge auf Zulassung der Berufung wurden mit zwei am 22. Mai 2018 zugestellten Beschlüssen des Senats jeweils vom 7. Mai 2018 (Windpark W2.: 22 ZB 17.2032, *.2103, *.2104 – im Folgenden: 22 ZB 17.2032 u.a.; Windpark W.: 22 ZB 17.2088, *.2089, *.2090, *.2091, *.2092, *.2093, *.2094, *.2095, *.2096 und *.2097; im Folgenden: 22 ZB 17.2088 u.a.) abgelehnt.
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Am 17. August 2015 stellte die Beigeladene einen Antrag auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG betreffend einen Wechsel des Anlagentyps der drei Windenergieanlagen des Windparks W2.. Nunmehr sollten Anlagen des Typs Enercon E115 mit einer Leistung von jeweils 3 MW und einer Gesamthöhe von jeweils 193,34 m errichtet werden. Die Anlagenstandorte blieben unverändert. Am 21. August 2015 beantragte die Beigeladene für die zehn Windenergieanlagen im Windpark W. eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung nach § 16 BlmSchG. Gebaut werden sollen nunmehr auch dort – jeweils unter Beibehaltung des Standorts – zehn Windenergieanlagen des Typs Enercon E115.
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Mit Bescheid vom 27. Juli 2017 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen unter Anordnung des Sofortvollzugs die am 17. August 2015 beantragte Genehmigung nach § 16 BImSchG für den Windpark W2.. Mit weiterem Bescheid des Landratsamtes vom 28. Juli 2017 wurden in Bezug auf die drei Windenergieanlagen des Windparks W2. Maßnahmen zum Schutz kollisionsgefährdeter Vogelarten (u.a. Abschaltungen und Monitoring) verfügt. Den Bescheid vom 28. Juli 2017 hob das Verwaltungsgericht Würzburg mit (rechtskräftigem) Urteil vom 22. Januar 2019 (W 4 K 17.987 – juris) auf.
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Das Verwaltungsgericht Würzburg lehnte die Anträge des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen gegen den Bescheid vom 27. Juli 2017 mit Beschlüssen vom 29. und 30. Januar 2019 (W 4 S 18.1629, *.1630, *.1631) ab. Mit Beschluss vom 5. April 2019 (22 CS 19.281, *.304, *.305; im Folgenden: 22 CS 19.281 u.a.) änderte der Senat die Beschlüsse vom 29. und 30. Januar 2019 ab und stellte die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen den Bescheid vom 27. Juli 2017 wieder her.
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Mit weiterem Bescheid vom 27. Juli 2017 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen unter Anordnung des Sofortvollzugs die am 21. August 2015 beantragte Änderungsgenehmigung nach § 16 BlmSchG für den Windpark W.. Die Anträge des Klägers gemäß § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklagen gegen den Bescheid vom 27. Juli 2017 lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschlüssen vom 30. Januar 2019 (W 4 S 18.1566, *.1567, *.1568, *.1569, *.1570, *.1571, *.1572, *.1573, *.1574, *.1575) ab. Mit Beschluss vom 3. April 2019 (22 CS 19.345, *.346 *.347, *.348, *. 349, *.350, *.351, *.352, *.353, *.354; im Folgenden: 22 CS 19.345 u.a.) stellte der Senat die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklagen, welche laut Beigeladener zwischenzeitlich abgewiesen wurden, wieder her.
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Im Juni 2019 stellte die Beigeladene ihren Angaben zufolge die Zuwegung, Kranstellflächen und Fundamentgruben inklusive Sauberkeitsschicht für 10 der 13 genehmigten Windenergieanlagen aus den Windparks W. und W2. fertig. Für 8 Standorte wurden die Fundamentarbeiten abgeschlossen, bei jeweils einem weiteren Fundament der Stahlankerkorb bzw. die Fundamentschalung errichtet. Die Fundamente waren dabei auf den Anlagentyp (Enercon) der Änderungsgenehmigungen ausgerichtet.
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Am 21. Oktober 2020 informierte die Beigeladene das Landratsamt, dass sie den ursprünglich genehmigten Anlagentyp Nordex N117 errichten und damit die ursprünglichen Genehmigungen vom 17. November 2014 umsetzen wolle. Hintergrund dieser Entscheidung seien die o.g. Beschlüsse des Senats vom 3. April 2019 (22 CS 19.345 u.a.) und 5. April 2019 (22 CS 19.281 u.a.).
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Mit E-Mail vom 20. April 2021 übersandte die Beigeladene dem Landratsamt eine Baubeginnsanzeige zum 19. April 2021 und teilte mit, dass vom Windpark W2. alle 3 genehmigten Windenergieanlagen und vom Windpark W. 7 von 10 genehmigten Windenergieanlagen (d.h. ohne die dort genehmigten WEA 3, WEA 10 und WEA 12) errichtet werden sollten. Das erste Fundament im Windpark W. solle am 28. April 2021 und das erste Fundament im Windpark W2. am 5. Mai 2021 betoniert werden. Das Bauamt des Landratsamts stehe bezüglich Statik und Bauüberwachung bereits in Kontakt mit der beauftragten Bauprojektleitung. Das Brandschutzkonzept werde im Laufe der Woche noch vorgelegt. Die Beigeladene bat zudem um formale Bestätigung, dass der Baubeginn gemäß den Genehmigungsbescheiden erfüllt sei und die Bestandskraft der Genehmigung fortbestehe.
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Mit E-Mail vom 3. Mai 2021 übersandte die Beigeladene dem Landratsamt das Brandschutzkonzept und teilte mit, dass im Windpark W2. am 28. April 2021 das erste Nordex-Fundament betoniert worden sei; am 5. Mai 2021 werde das erste Nordex-Fundament im Windpark W. errichtet.
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Daraufhin bestätigte das Landratsamt der Beigeladenen mit Schreiben vom 4. Mai 2021, dass aufgrund der Baubeginnsanzeige und der mitgeteilten Maßnahmen (ausgeführte bzw. geplante Betonierung von Fundamenten) der Baubeginn innerhalb der Geltungsdauer der Genehmigungsbescheide vom 17. November 2014 entsprechend deren Ziffer V. vollzogen worden sei. Die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen hätten aus Sicht des Landratsamts damit weiterhin Gültigkeit.
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Mit E-Mail vom 6. Mai 2021 legte die Beigeladene dem Landratsamt eine Fotodokumentation zu den Bauarbeiten zur WEA 2 W. vor, in der u.a. angegeben wird, dass das Bestandsfundament für die nicht realisierte Enercon-Anlage am 13. April 2021 abgebrochen und am 5. Mai 2021 das neue Fundament betoniert worden sei.
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Mit Schriftsatz vom 12. August 2021 wandten sich die Bevollmächtigten des Klägers an das Landratsamt und beantragten, eine Baueinstellung zu verfügen. Die Genehmigungen zur Errichtung der Windenergieanlagen seien aufgrund Ziffer V. der Bescheide bereits erloschen. Für 11 der 13 Windenergieanlagen (Anm.: richtig wäre, was aber dem Kläger damals wohl nicht bekannt war: acht der zehn) sollten erst jetzt, nach Fristablauf, erstmals Fundamente errichtet werden; aber auch die restlichen beiden, für welche die neuen Fundamente bereits erstellt worden seien, könnten nicht weitergebaut werden. Denn das bisherige Verhalten des Betreibers zeige, dass die Fundamenterrichtung kein Anzeichen für die Ernsthaftigkeit der Genehmigungsausnutzung sei, was laut einschlägiger Rechtsprechung (OVG NW, U.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13; ThürOVG, U.v. 17.6.2015 – 1 KO 369/14; beide juris) aber Voraussetzung für die Fristeinhaltung sei.
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Mit am 7. September 2021 zugestelltem Bescheid vom 27. August 2021 lehnte das Landratsamt den Antrag auf Baueinstellung (bzgl. beider Windparks) ab. Die Voraussetzungen für eine Einstellung der Bauarbeiten würden nicht vorliegen. Insbesondere seien die Genehmigungen vom 17. November 2014 nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erloschen, weil innerhalb von drei Jahren nach Eintritt der Bestandskraft mit dem Bau begonnen worden sei. Bereits die Entfernung der vorhandenen „alten“ Fundamente trotz noch anhängigen Hauptsacheverfahrens beim Verwaltungsgericht Würzburg spreche für die Ernsthaftigkeit, zumal damit auch ein erheblicher finanzieller und materieller Aufwand verbunden sei. Die Beigeladene stehe zudem in regelmäßigem Kontakt mit dem Landratsamt und habe erforderliche technische Nachweise vorgelegt.
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Am 28. September 2021 erhob der Kläger, vertreten durch seine Bevollmächtigten, beim Verwaltungsgericht Würzburg die verfahrensgegenständliche(n) Versagungsgegenklage(n) betreffend den Bescheid vom 27. August 2021 (W 4 K 21.1235, *.1236, *.1238, *.1239, *.1240, *.1241, *.1243, *.1245, *.1246 und *.1247; im Folgenden: W 4 K 21.1235 u.a.). Zudem beantragte der Kläger, da ihm die Unterlagen zu den Genehmigungen aus dem Jahr 2014 nicht vorlägen, beim Verwaltungsgericht Akteneinsicht und eine Fristverlängerung bzgl. § 6 Satz 1 UmwRG um vier Wochen nach Vorlage der Unterlagen. Das Verwaltungsgericht bewilligte dem Kläger daraufhin eine Frist zur Klagebegründung bis 31. Januar 2022.
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Nach Anhörung der Beteiligten erklärte sich das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 11. März 2022 aufgrund § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a VwGO für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.
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Zuvor, am 16. Februar 2022, hatten die Bevollmächtigten des Klägers beim Landratsamt eine sofortige Baueinstellung beantragt, weil die Bauarbeiten zur Errichtung der Windkraftanlagen begonnen hätten, allerdings planabweichend (andere Typenprüfung, abweichende Leerrohre) gebaut werde. Mit Schreiben vom 17. Februar 2022 lehnte das Landratsamt eine aufsichtliche Maßnahme ab.
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Der am 18. Februar 2022 daraufhin ebenfalls beim Verwaltungsgericht gestellte, auf „vorläufige Baueinstellung“ für sämtliche Windenergieanlagen gerichtete Antrag des Klägers nach § 123 VwGO wurde vom Verwaltungsgericht nach § 93 Satz 2 VwGO in mehrere selbständige Eilverfahren getrennt, die anschließend an den Verwaltungsgerichtshof verwiesen wurden (W 4 E 22.261 bis einschließlich W 4 E 22.270). Diese Anträge lehnte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. Mai 2022 ab (22 AE 22.40004 bis einschließlich 22 AE 22.400013; im Folgenden 22 AE 22.40004 u.a.) und führte zur Begründung aus, dass die auf vorläufige Stilllegung gerichteten Anträge unbegründet seien, weil die Errichtungsarbeiten der Beigeladenen auf den nach wie vor wirksamen, insbesondere nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erloschenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 17. November 2014 beruhten.
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Am 10. Juni 2022 wandte sich der Kläger erneut erfolglos mit einem Antrag auf aufsichtliches Einschreiten an das Landratsamt.
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Mit Schriftsatz vom 14. November 2023 teilte die Beigeladene mit, dass 10 der insgesamt 13 genehmigten Windenergieanlagen endgültig errichtet und bereits in Betrieb seien. Die Errichtung der übrigen drei genehmigten Windenergieanlagen (WEA 3, 10 und 12 des Windparks W.) sei derzeit nicht beabsichtigt.
22
Der Kläger beantragt zuletzt,
I. Der Bescheid des Landratsamtes R.-G. vom 27. August 2021, Az. 4.1 – 1711 – 20130265 und 20130473 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verpflichtet, den Bau und Betrieb der Windkraftanlagen im Windpark W. und im Windpark W2. entsprechend der Anträge des Klägers vom 12. August 2021, vom 16. Februar 2022 und vom 10. Juni 2022 einzustellen und zu untersagen.
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Mit Schriftsatz vom 24. November 2023 wies der Kläger zudem darauf hin, dass der Antrag auf Baueinstellung nur insoweit aufrechterhalten wird, als dass noch Bauarbeiten stattfinden.
24
Der Kläger begründete seine Klage zunächst mit Ausführungen zum Sachverhalt und anschließend zur seiner Ansicht nach gegebenen Rechtslage.
25
Ausschließlich zum Sachverhält (so der Kläger) wird mit Schriftsätzen von 7. Dezember 2021 und vertiefend vom 31. Januar 2022 zunächst im Wesentlichen der eingangs dargestellte Ablauf (Genehmigungs- und Änderungsgenehmigungserteilung inkl. zugehörige Gerichtsverfahren bis Ende Januar 2022) geschildert und zudem ausgeführt, dass die den Genehmigungen vom 17. November 2014 zugrundeliegende Typenprüfung nur bis 28. Februar 2014 gegolten habe. Zudem seien die im Mai 2021 errichteten Fundamente nur für 20 statt der in der Typenprüfung vorgesehenen 24 Spannglieder ausgelegt. Der Kläger habe mit Schreiben vom 12. Juni 2021 eine Einstellung der damaligen Bauarbeiten beantragt, da er davon ausgehe, dass die Genehmigungen aus dem Jahr 2014 erloschen seien. Außerdem stammten die im Zuge der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vorgenommenen faunistischen Bestandsaufnahmen aus 2010 bis 2012, seien also bereits mehr als 10 Jahre alt und entsprächen nicht mehr den Standards des [im Januar 2022 noch] maßgeblichen Bayerischen Windkrafterlasses, etwa soweit zur Mittagszeit kartiert worden sei. Zudem sei laut den Erhebungen im Gebiet regelmäßig der Mäusebussard (bis zu 18 gleichzeitig) und der Rotmilan (bis zu 39 gleichzeitig) gesichtet worden. Für diese Vogelarten bestünde ebenso wie für den Wespenbussard ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko. Die artenschutzrechtliche Problematik habe sich seit Bescheiderlass verschärft, weshalb auch die Auflagenbescheide 2017 erlassen worden seien. Es sei davon auszugehen, dass die in den Ausgangsbescheiden vom 17. November 2014 enthaltenen artenschutzrechtlichen Auflagen nicht mehr ausreichend seien.
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Mit Schriftsätzen vom 12. August 2022, 28. September 2022 und 24. November 2023 begründete der Kläger seine Klage weiter.
27
Zum Sachverhalt sei zu ergänzen, dass die WEA 4 (Bestandteil des Windparks W.) die Abstandsfläche 0,35 H ab Mastmittelpunkt zum benachbarten Grundstück FlNr. 3357 der Gemarkung W2., einem öffentlichen Weg, nicht einhalte und zudem so nah an diesem Grundstück errichtet worden sei, dass bei entsprechender Ausrichtung des Rotors die Rotorblätter über das Grundstück reichen würden. Einer Abstandsflächenübernahme habe der betroffene Eigentümer nicht zugestimmt und der Überbauung seines Grundstücks widersprochen. Bei diesem Grundstück handele es sich um den Bestandteil eines Rundwanderwegs („Dorfrunde“), weshalb von der Anlage insbesondere durch Eisabfall oder abfallende Anlagenteile eine erhebliche Gefährdung der Öffentlichkeit ausgehe.
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Die Klage sei zulässig und der Kläger insbesondere nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und Satz 2 UmwRG klagebefugt, weil die Windkraftanlagen ohne die erforderliche (da erloschene) Genehmigung errichtet würden.
29
Die Klage sei auch nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 UmwRG begründet.
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Es fehle an einer Zulassungsentscheidung i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, weil die erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 17. November 2014 mittlerweile nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erloschen seien. Denn bis zum 24. Mai 2021 als insoweit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG maßgeblichem Zeitpunkt sei nicht mit der Errichtung der Windenergieanlagen begonnen worden.
31
Ein solcher Errichtungsbeginn lasse sich insbesondere nicht aus dem am 6. Mai 2021 abgeschlossenen Generalunternehmervertrag ableiten.
32
Berücksichtige man den Gesetzeszweck des § 18 BImSchG, nämlich „Vorratsgenehmigungen“ zu verhindern, so könne allein ein solcher Vertragsschluss nicht ausreichend sein, obwohl Nr. 3.6/3.7 der Begründung der Genehmigungsbescheide die Vorlage eines „verbindlichen Vertrages über Kauf, Lieferung und Errichtung der Windkraftanlage“ als Nachweis für den Baubeginn genügen lasse. Letzteres widerspreche auch dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, der auf die Errichtung oder den Betrieb selbst abstelle, womit aber nicht der Vertragsschluss über die Errichtung gleichgesetzt werden könne. So fordere auch das Oberverwaltungsgericht Münster in seinem Beschluss vom 21. Februar 2017 (8 A 207/113 – juris) Handlungen – im Rahmen der erteilten Genehmigung – von hinreichendem Intensitätsgrad und Umfang, aus welchen auf die Ernsthaftigkeit der Genehmigungsausnutzung geschlossen werden könne.
33
Selbst wenn man aber im Grundsatz einen Vertragsschluss über Kauf, Lieferung und Errichtung der Windkraftanlagen als maßgeblichen Errichtungsbeginn anerkenne, erfülle der vorliegende Generalunternehmervertrag vom 6. Mai 2021 diese Voraussetzungen nicht, weil er nur den Auftrag zur Errichtung, nicht aber Kauf und Lieferung umfasse. Der Liefervertrag mit dem Hersteller N. habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen. Zudem handle es sich beim Generalunternehmervertrag (inzwischen) um ein Insichgeschäft nach § 181 BGB, weil die als Generalunternehmer beauftragte MB WWS GmbH laut Handelsregisterbekanntmachung vom 23. Dezember 2021 mittlerweile die alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der Beigeladenen sei. Obwohl erst nach Vertragsschluss vollzogen, sei eine solche Kooperation bereits davor, Anfang April 2021 öffentlich, unter anderem in der Lokalpresse, angekündigt worden. Dem Vertrag fehle es so, da er jederzeit ohne negative finanzielle Folgen beliebig abgeändert oder ganz beendet werden könne, an der geforderten Verbindlichkeit.
34
Ebenso wenig sei die Erstellung der vollständigen Verkehrsinfrastruktur und der Kranflächen als Errichtungsbeginn zu werten. Insoweit handle es sich um Vorbereitungsmaßnahmen, auch um die Genehmigungsvoraussetzung des § 35 Abs. 1 BauGB (gesicherte Erschließung) zu erfüllen, und keine Ausnutzung der eigentlichen Genehmigung. Nichts anderes ergebe sich, wenn man die Kosten dieser Vorbereitungsmaßnahmen bzw. die Kosten einer möglichen Rückgängigmachung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung dem gesamten Kostenaufwand gegenüberstelle.
35
In der Fundamenterstellung für WEA 2 des Windparks W. und für WEA 2 des Windparks W2. am 28. April und 5. Mai 2021 sei kein Errichtungsbeginn zu sehen, weil dies nicht für eine ernsthafte Genehmigungsausnutzung genüge und die Fundamenterstellung im Übrigen nicht entsprechend der Genehmigungen vom 17. November 2014 erfolgt sei.
36
Für die Bewertung der Ernsthaftigkeit der Genehmigungsausnutzung dürfe weder auf den vorangegangenen Rückbau (Abbruch) der Enercon-Fundamente noch auf den abgeschlossenen Generalunternehmervertrag zurückgegriffen werden. Abbrucharbeiten seien im Regelfall als Vorbereitungshandlungen einzuordnen, es sei denn – was vorliegend nicht der Fall sei –, aus der zugrundeliegenden Genehmigung ergebe sich etwas anderes. Den Rückbau der Enercon-Fundamente hätte die Beigeladene unabhängig bzw. auch bei Nichtausnutzung der Genehmigungen vom 17. November 2014 vornehmen müssen, entweder aus der im Rahmen des Enercon-Genehmigungsverfahrens abgegebenen Verpflichtungserklärung oder weil infolge der offenkundigen Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 27. Juli 2017 eine entsprechende Nutzungsuntersagung hätte angeordnet werden müssen. Die durch den Rückbau entstandenen Kosten seien daher nicht im Zusammenhang mit dem Bau der Nordex-Windenergieanlagen entstanden und könnten so auch nicht als Indiz für die Ausnutzung der Genehmigungserteilung gewertet werden. So erachte auch das OVG Thüringen (U.v. 17.6.2015 – 1 KO 369/14 – juris Rn. 46 ff.) den Abriss nicht mehr nutzbarer Gebäude nicht schon als fristwahrenden Beginn der Errichtung der genehmigten Anlage.
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Der vorgenommene Austausch der Fundamente stelle auch wirtschaftlich nur einen Bruchteil der Kosten der Gesamterrichtung dar. Die von der Beigeladenen im Eilverfahren angegebenen und vom Senat in den Beschluss vom 25. Mai 2022 (22 AE 22.40004 u.a. – juris Rn. 46) übernommenen Kosten für die Errichtung eines Nordex-Fundaments erschienen deutlich zu hoch. Ein (im Fall des Erlöschens der Genehmigung) notwendiger Rückbau eines Nordex-Fundaments koste laut Ziffer 6.8 der Antragsunterlagen zum Genehmigungsverfahren lediglich 33.150 €, denen noch Einnahmen aus dem Recycling der Bewehrung in Höhe von 10.700 € entgegenstünden, so dass effektiv lediglich 22.450 € anfielen. Das Landratsamt habe als Sicherheitsleistung für den Rückbau einer errichteten Windenergieanlage insgesamt nur 120.000 € angesetzt und nicht 170.755 €, wie es sich aus der Berechnung/Aufstellung ergeben würde, weshalb diese wohl eher zu hoch angesetzt sei.
38
Ebenso sei zweifelhaft, ob allein das Abstellen auf eine „absolut betrachtet hohe Summe“ ausreiche oder es nicht vielmehr auch auf den Baufortschritt ankomme, so dass der bereits investierte Betrag in Relation zu den Projektgesamtkosten zu setzen sei. Bezogen auf die Gesamtkosten laut Generalunternehmervertrag (34.234.079 € für die Errichtung von 10 WEA) würden die behaupteten Kosten in Höhe von 700.000 € für zwei Fundamente 2,04% ausmachen. Berücksichtige man, dass 13 Anlagen genehmigt und dann eigentlich (hochgerechnet) 44.504.302,70 € an Gesamtkosten anfallen würden, würden die behaupteten Herstellungs- und Rückbaukosten lediglich 1,57% betragen. Nichts anderes, d.h. ähnliche Prozentzahlen ergäben sich bei einer getrennten Betrachtung der Windparks.
39
Auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen könne nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, die Errichtungsmaßnahmen müssten nicht oder nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten für sie rückgängig zu machen sein. Inwiefern die Verluste erheblich seien, lasse sich dabei v.a. aus denjenigen wirtschaftlichen Verlusten ableiten, welche die Beigeladene bisher billigend in Kauf genommen oder sogar realisiert habe, ohne dass diese von ihr offenbar als erheblich angesehen würden. Diese hohe, überdurchschnittliche Risikobereitschaft sowohl des ursprünglichen Bauherrn als auch der jetzigen Beigeladenen habe sich etwa im (ursprünglich erfolgten) Bau und Rückbau der Fundamente trotz (zunächst) fehlender Bestandskraft der Genehmigungen von 17. November 2014 und der Änderungsgenehmigung vom 27. Juli 2017 gezeigt. Laut damaliger Stellungnahme der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren vom 7. November 2016 seien bis November 2016 mindestens 6.718.196 € Kosten für Planung, Genehmigung und begonnene Baumaßnahmen entstanden. Weitere Risiken seien für die Beigeladene durch die verzögerte Inbetriebnahme und aufgrund des dadurch gesunkenen anzulegenden Werts entstanden (5,92 Cent/kWh laut Zuschlag am 1. September 2021 statt 8,90 Cent/kWh für die Dauer von 20 Jahre nach § 49 Abs. 2 Satz 1 EEG i.d.F.v. 21.7.2014). Es seien keine Anzeichen erkennbar, dass die so entstandenen finanziellen Einbußen in Höhe von 8.186.360 € von der Beigeladenen als erheblich angesehen würden; daher liege die Vermutung nahe, dass sie einen Verlust von rund 700.000 € erst recht nicht als wirtschaftlich erheblich erachte.
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Unabhängig davon sei die Errichtung der Fundamente für die jeweilige WEA 2 der beiden Windparks nicht entsprechend der Genehmigungen erfolgt. Die Fundamente entsprächen nicht der zum Genehmigungsantrag vorgelegten Typenprüfung, so dass es sich um ein Aliud handle (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2020 – 1 ZB 18.933 – juris).
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Die (zum Genehmigungsantrag) vorgelegte Typenprüfung sei über ihre eigentliche Funktion als Nachweis von Standsicherheit und Dauerhaftigkeit in Form der in ihr enthaltenen Plandarstellungen Bestandteil der Antrags- bzw. Planunterlagen geworden, was auch Ziffer III. („Planunterlagen“) des Genehmigungsbescheids vom 17. November 2014 bestätige. Die Ausführung mit 20 statt 24 Spanngliedern sei damit, zumal sich dies auf die Statik der jeweiligen Anlage auswirke, eine wesentliche bauliche Änderung (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.1974 – IV C 75.71). Ebenso sei von einem Wechsel des Rotorblatt-Typs auszugehen, weil der zum Genehmigungsantrag vorgelegten Typenprüfung ein anderer Rotorblatt-Typ als der nun realisierte zugrunde liege. Die Änderung der Spannglieder sei auch immissionsschutzrechtlich wesentlich (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1977 – IV C 9.75), da die Änderung der Eigenfrequenz des Turms zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Geräuschen oder Erschütterungen führen könne.
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Selbst wenn eine fristgerechte (und genehmigungskonforme) Fundamenterstellung für jeweils eine Windenergieanlage pro Windpark erfolgt wäre, stelle dies keinen ausreichenden Nachweis für einen ernsthaften Errichtungsbeginn aller übrigen genehmigten Windenergieanlagen dar.
43
Es spreche vieles dafür, dass die Beigeladene nicht wie vom Senat in seinem Beschluss vom 25. Mai 2022 (22 AE 22.40004 u.a. – juris Rn. 62) angenommen ein Gesamtvorhaben in Form (jeweils) eines Windparks, sondern mehrere Einzelvorhaben zur Genehmigung gestellt habe. So habe der damalige Bauherr in seinem Antrag vom 28. März 2013 zur genauen Bezeichnung des Vorhabens eine „Errichtung von 3 neuen Windenergieanlagen“ angegeben; ähnliche Formulierungen („Windkraftanlagen“, „3 Windenergieanlagen“) fänden sich auch an anderer Stelle im Antrag. Ebenso sei im weiteren Genehmigungsantrag vom 6. Juni 2013 vorgegangen worden. Auch das Landratsamt habe in den öffentlichen Bekanntmachungen der Vorhaben jeweils von Errichtung und Betrieb von 3 bzw. 12 Windenergieanlagen bzw. von „Anlagen“ gesprochen. Für eine Betrachtung als Einzelvorhaben spreche auch, dass der damalige Bauherr die Genehmigungsanträge für die zunächst (auch) geplanten WEA 5 und WEA 6 des Windparks W. zurückgenommen habe (Schreiben vom 27.10.2014). Dies sei nur bei isolierten Vorhaben möglich; bei einem Gesamtvorhaben wäre eine Änderung des gemeinsamen Genehmigungsantrags und eine entsprechende, vorliegend nicht erfolgte Prüfung des Landratsamts dieser Änderung (z.B. im Hinblick auf das „Wesen der Anlage“) notwendig gewesen.
44
Dass für alle Anlagen eines Windparks ein einheitlicher Genehmigungsantrag gestellt worden sei, sei allein kein Beleg einer zusammenhängenden Anlage, sondern nur der Vereinfachung und Zusammenfassung von Antragsunterlagen geschuldet. Dass es sich um Einzelgenehmigungen handle, zeige auch der Wortlaut des verfügenden Teils der Genehmigungsbescheide, welcher die jeweilige Windenergieanlage (WEA 1, WEA 2 usw.) und die zugehörige Flurnummer einzeln aufführe. In den Bescheiden sei von Anlagen im Sinne von § 3 Abs. 5 BImSchG die Rede. Auch der damalige Bevollmächtigte der Beigeladenen habe in seinen Schriftsätzen in den Verfahren W 4 S 16.382 bis W 4 S 16.394 beim Verwaltungsgerichts Würzburg von insgesamt 13 Genehmigungen gesprochen.
45
Für die Frage des Genehmigungsgegenstands sei zudem nicht ausschließlich der Genehmigungsantrag maßgeblich, sondern auch, ob – etwa im Baurecht – das Vorhaben eine betriebliche Einheit bilde (BVerwG, B.v. 21.6.1991 – 4 B 20.91) oder eine gemeinsame Anlage i.S.v. § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV vorliege. Für letztere fehle es vorliegend bereits an „demselben Betreiber“, weil die Windenergieanlagen unterschiedlichen Betreibern zugeordnet werden sollen, und auch an einem gemeinsamen Betriebsgelände.
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Und schließlich liefe es auch dem Gesetzeszweck des § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, „Vorratsgenehmigungen“ zu verhindern, zuwider, wenn im Falle von 13 genehmigten Windenergieanlagen die Errichtung von 2 Fundamenten ausreichen würde. Denn dann stünde dem Vorhabensträger quasi „unendlich lange Zeit“ für die Verwirklichung der restlichen Anlagen zur Verfügung; er könnte – wie es vorliegend etwa bei der (ab Mai 2015 so eingestuften) fehlerhaften Berechnung von hochliegenden Schallquellen der Fall sei – trotz wesentlich geänderter tatsächlicher Verhältnisse weiter von seiner Genehmigung Gebrauch machen. Die vom Senat im Beschluss vom 25. Mai 2022 bezüglich einer langen Bauunterbrechung oder eines endgültigen Bauabbruchs erwähnten Instrumente (§ 21 BImSchG oder § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) seien untauglich, um dieser Gefahr zu begegnen. § 21 BImSchG stelle den Widerruf ins Behördenermessen und führe zur Gefahr von Schadensersatzansprüchen. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sei (direkt) nicht auf noch nicht errichtete Anlagen anwendbar und würde zudem, wenn man von einer Gesamtanlage ausgehe, den Nichtbetrieb des kompletten (jeweiligen) Windparks erfordern.
47
Die vor dem 7. Mai 2021 durchgeführten Fundamentarbeiten auf Grundlage der Änderungsgenehmigungen könnten bezogen auf die Genehmigung vom 17. November 2014 keinen Errichtungsbeginn darstellen, weil, anders als die Beigeladene meine, Ausgangs- und Änderungsgenehmigung keinen einheitlichen Genehmigungstatbestand darstellten. Denn solange die Änderungsgenehmigung nicht vollständig umgesetzt sei, bewirke sie keine Modifizierung der Ausgangsgenehmigung. Erachte man bereits den Beginn der Errichtungsarbeiten als maßgeblich für den Eintritt der Modifizierungswirkung, komme man zu keinem anderen Ergebnis, weil dann die Beigeladene erst Recht nicht mehr von ihrer ursprünglichen Genehmigung hätte Gebrauch machen dürfen.
48
Zudem spreche eine Reihe weiterer Aspekte gegen die Ernsthaftigkeit der Genehmigungsausnutzung, so etwa die vom damaligen Bauherrn am 9. Oktober 2014 getätigte Aussage, den Anlagentyp Nordex N117/2400 nicht mehr errichten zu wollen, und der anschließende beantragte Anlagenwechsel auf Enercon E-115 inkl. zugehöriger, begonnener Errichtungsarbeiten. Auch die mit E-Mail vom 21. Oktober 2020 erklärte Absicht, die Ursprungsgenehmigung umsetzen zu wollen, habe sich jedenfalls bis April 2021 nicht auf der Baustelle sichtbar ausgewirkt. Es liege der Verdacht nahe, dass die Beigeladene bereits ab April 2019 kein ernsthaftes Interesse an einem fristwahrenden Baubeginn gehabt habe, zumal für die Beigeladene auch erhebliche wirtschaftliche Risiken im Hinblick auf das EEG-Ausschreibungsverfahren bestanden hätten (insoweit und zu weiteren vorgetragenen Aspekten wird ergänzend auf den klägerischen Schriftsatz vom 28. September 2022 verwiesen).
49
Der Beklagte beantragt,
50
Der Maßstab für die Begründetheit der Klage(n) ergebe sich aus § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG, weil § 20 Abs. 2 BImSchG die einschlägige Rechtsgrundlage für das vom Kläger begehrte aufsichtliche Einschreiten sei und es sich so um eine Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahme nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG handle. Eines vom Kläger favorisierten Rückgriffs auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 5 i.V.m. Satz 2 UmwRG – wodurch ggf. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG greifen würde – bedürfe es seit Einführung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG mit Wirkung zum 29. Mai 2017 nicht mehr.
51
Der Kläger sei allerdings gemäß § 6 UmwRG präkludiert. Mit seinem am 7. Dezember 2021, d.h. am Tag des Ablaufs der 10-Wochen-Frist beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz habe der Kläger nur zum Sachverhalt vorgetragen; ein für die Klagebegründung relevanter Tatsachenvortrag habe gefehlt. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müsse der Kläger aber gemäß § 6 UmwRG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO innerhalb der 10-Wochen-Frist fundiert die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen benennen und den Prozessstoff dergestalt substantiiert darlegen, dass für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststehe, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Bescheidung angegriffen werde. Damit einher gehe die Pflicht zur Sichtung und rechtlichen Einordnung dieser Tatsachen; der Kläger müsse sich auch mit dem angefochtenen Bescheid auseinandersetzen (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – juris Rn. 12).
52
Die Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 5. Januar 2022, wonach es von einer Klagebegründung bis 31. Januar 2022 ausgehe, und vom 17. Januar 2022, womit es eine Fristverlängerung bis 31. Januar 2022 bewilligte, seien nach Fristablauf erfolgt. Eine abgelaufene gesetzliche Frist könne aber nicht verlängert werden; zudem sei eine Fristverlängerung nach § 6 Satz 4 UmwRG nur möglich, wenn die Vereinigung im vorangegangenen Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit zur Beteiligung gehabt habe. Die Norm könne sich also nicht auf Rechtbehelfe beziehen, mit denen der Kläger den Erlass einer bisher unterbliebenen Behördenentscheidung begehre. Das Verwaltungsgericht habe möglicherweise aufgrund der vom Kläger gestellten Anträge auf Akteneinsicht den verspäteten Vortrag als entschuldbar bis zum 31. Januar 2022 gemäß § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 VwGO erachtet. Da die Akten aber mit Schreiben vom 30. Dezember 2021 zurückgereicht worden seien, wäre eine Verzögerung allenfalls bis zu diesem Zeitpunkt entschuldbar. Die Antragsschrift im Eilverfahren vom 18. Februar 2022 sei ebenfalls nach Ablauf der 10-Wochenfrist eingegangen und betreffe ohnehin ein anderes Verfahren.
53
Der Kläger sei daher insgesamt präkludiert, jedenfalls aber mit seinem Vortrag zur Typenprüfung im Schriftsatz vom 28. September 2022, der weit über den bisherigen Tatsachenvortrag hinausgehe und daher keine Vertiefung mehr sei.
54
Hilfsweise, wenn der Senat den Vortrag des Klägers nicht als insgesamt oder teilweise präkludiert erachte, werde vorgetragen, dass der behauptete Anspruch auf aufsichtliches Einschreiten nicht bestehe.
55
Entgegen der klägerischen Annahme seien die Genehmigungen vom 17. November 2014 nicht gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erloschen. Denn die Beigeladene habe gemessen an den entsprechenden Vorgaben der Bescheide noch innerhalb von drei Jahren nach deren Bestandskraft mit Errichtungsmaßnahmen begonnen.
56
Die Errichtungsmaßnahmen entsprächen den Genehmigungen. Soweit der Kläger erstmals im Schriftsatz vom 31. Januar 2022 die Rotorblätter erwähne, sei er in jedem Fall, wie bereits ausgeführt, präkludiert.
57
Die geänderte Typenprüfung infolge der Ersetzung der Turmvariante „B.-N02“ (nach ausgelaufener DIBt-RL 2004 zertifiziert) durch „B.-N04“ (nach aktuell gültiger DIBt-RL 2012) sei im Zuge der Normfortschreibung von der DIBt2004/DIN-Reihe auf DIBt2012/Eurocodes notwendig geworden. Die Anpassungen hätten jedoch keine Auswirkung auf die Abmessungen von Turm und Fundament, wie auch der TÜV ... in seiner Stellungnahme vom 16. Februar 2022 bestätige. Das Prüfamt der Standsicherheit der Zweigstelle Würzburg, welches vom Landratsamt mit der Überwachung der Bauausführung beauftragt worden sei, habe mit Schreiben vom 23. Februar 2022 die ordnungsgemäße Ausführung der Fundamente bestätigt. Die statisch-konstruktiven Vorgaben der Typenprüfungsstatik seien umgesetzt worden; die nicht eingebauten Leerrohre im Fundament hätten keinen Einfluss auf die Standsicherheit.
58
Die Änderung der Anzahl der Spannglieder werfe die Genehmigungsfrage damit in baurechtlicher Sicht nicht erneut auf, weil die Frage der Spannglieder keine Auswirkung auf die Statik habe. Es handle sich nicht um ein Aliud. Aus der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 3.4.2019 – 22 CS 19.345) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 18.10.1974 – IIV C 75.71) ergebe sich nichts anderes, weil die zugrundeliegenden Sachverhalte nicht vergleichbar seien.
59
Ebenso wenig sei die Änderung der Anzahl der Spannglieder immissionsschutzrechtlich relevant, da es sich um keine Änderung der Beschaffenheit der Anlage handle, so dass es dafür keiner Anzeige nach § 15 BImSchG und erst recht keiner Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG bedürfe. Relevante Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter seien nicht erkennbar. Der Mutmaßung des Klägers, die Änderung der Turmverspannung könne Auswirkung auf die Eigenfrequenz des Turmes haben, sei zu entgegnen, dass das schalltechnische Verhalten einer Windenergieanlage in deutlich höherem Maße durch aerodynamische Eigenschaften der Anlage und deren Rotationsbewegung beeinflusst werde; die Spannglieder selbst hätten, da innenliegend, ohnehin keine aerodynamischen Auswirkungen.
60
Bei den vom Kläger angeführten bauordnungsrechtlichen Fragen der Typenprüfung und Statik, welche die Standsicherheit betreffen, handle es sich zudem nicht um umweltbezogene Vorschriften nach § 1 Abs. 4 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG, sondern um Regelungen des Bauordnungs- und Sicherheitsrechts. Eine etwaige Auswirkung auf die Umwelt sei allenfalls ein Reflex, aber kein Umweltbezug.
61
Die Errichtung je eines Fundaments pro Windpark stelle auch einen ernsthaften Baubeginn dar. Denn es komme nicht, wie der Kläger meine, auf eine Einzelbetrachtung jeder einzelnen Windenergieanlage an, sondern auf eine Gesamtbetrachtung des jeweiligen Windparks. Denn die Genehmigungen vom 17. November 2014 seien der Antragstellung folgend jeweils windparkbezogen und nicht einzelanlagenbezogen. In den der Genehmigung zugrundeliegenden Gutachten sei eine Gesamtbetrachtung vorgenommen worden. Die Bezeichnung der Vorhaben sei dem Text unter Nr. 1.6 der Anlage 1 der 4. BImSchV geschuldet; für die Zuordnung zu einer dieser Nummern sei die Gesamtzahl der einzelnen Anlagen relevant. Auch andere Gesetze wie beispielsweise das UVPG gingen bei der Aufstellung von drei oder mehr Windenergieanlagen davon aus, dass es sich um einen Windpark handle. Es komme auch nicht auf § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV an, da sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 20.6.2004 – 4 C 9.03 – juris Rn. 3) die Abgrenzung des durchzuführenden Verfahrens nicht nach Leistungsgrenze oder Anlagengröße, sondern nach Anzahl der Windenergieanlagen bestimme. Ebenso wenig sei ein künftiger Betreiberwechsel relevant, da maßgeblicher Zeitpunkt der der Genehmigungserteilung sei. Auch habe zwischen Landratsamt und Beigeladener Einvernehmen bestanden, dass sich der Baubeginn nicht auf die Einzelanlage beziehe, sondern in Zusammenhang mit der Realisierung der jeweiligen Windparkprojekte zu sehen sei.
62
Der vom Senat im Beschluss vom 25. Mai 2022 vorgenommenen Gesamtbetrachtung für die Ernsthaftigkeit des Errichtungsbeginns sei zu folgen. Der vorgelegte Generalunternehmervertrag sei zu Recht Teil dieser Gesamtbetrachtung, weil die Bescheidbegründung, welche die Nebenbestimmung in Ziffer V. ergänze, diesen als geeigneten Nachweis erachte. Ein In-sich-Geschäft habe bei Vertragsschluss auch nach Vortrag des Klägers nicht vorgelegen. Soweit der Kläger unter Verweis auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2017 (8 A 2071/13) Maßnahmen zur Errichtung der Verkehrsinfrastruktur und Kranstellflächen als nicht berücksichtigungsfähige Vorbereitungshandlungen erachte, sei zu entgegnen, dass Kranstellflächen als Genehmigungsbestandteil zu berücksichtigen seien. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass Vorbereitungshandlungen für sich betrachtet noch nicht den Errichtungsbeginn darstellen könnten, jedoch im Einzelfall bei einer Gesamtbetrachtung berücksichtigungsfähig seien. Angesichts dessen habe der Senat auch den Rückbau der Enercon-Fundamente zutreffend in seiner Gesamtbetrachtung berücksichtigt, weil der Abbruch notwendige Voraussetzung zur Errichtung gewesen sei. Eine ohnehin vorhandene Rückbauverpflichtung ändere daran nichts, zumal diese zum damaligen Zeitpunkt (des Rückbaus) noch nicht bestanden habe.
63
Soweit der Kläger die Errichtung der zwei Nordex-Fundamente in Relation zu den hohen Investitionskosten setze und daraus auf fehlende erhebliche wirtschaftliche Verluste schließen wolle, habe der Senat im Beschluss vom 25. Mai 2022 bereits festgehalten, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen dabei keine Rolle spielen könne. Dass der Kläger in diesem Zusammenhang von 44.504.302,70 € an (hochgerechneter) Vergütung ausgehen wolle, weil 13 genehmigte Anlagen zugrunde zu legen seien, sei nicht nachvollziehbar, weil die vereinbarte Vergütung im Generalunternehmervertrag maßgeblich sei und die Beigeladene mit ihrer Baubeginnsanzeige für 10 Windenergieanlagen zum Ausdruck gebracht habe, auf die Ausnutzung der Genehmigung für die übrigen drei Windenergieanlagen zu verzichten.
64
Die Ausführungen des Klägers zur angeblichen Risikobereitschaft der Beigeladenen seien ohne Belang. Der Baubeginn trotz anhängiger Klage auf Basis einer (damals noch notwendigen) Anordnung der sofortigen Vollziehung sei eine unternehmerische Entscheidung und von den Gründen, warum behördlicherseits die Anordnung erfolgt sei, zu trennen. Unklar bleibe, welche Schlussfolgerungen der Kläger aus den von ihm unterstellten geringeren Gesamteinnahmen ziehen wolle. Letztendlich folge daraus umso mehr ein ernsthaftes Betreiben der Errichtung, auch und obwohl weniger Gewinn zu erwarten sei.
65
Die Beigeladene beantragt,
66
Vorab sei darauf hinzuweisen, dass 10 der 13 genehmigten Anlagen Nordex N117/2400 mittlerweile vollständig errichtet und in Betrieb genommen worden seien; der Beigeladenen sei es gelungen, die letzten Anlagen der Serie zu erwerben. Zudem gelte es das zwischenzeitlich in § 2 EEG verankerte überragende öffentliche Interesse an der Errichtung und am Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen, etwa indem bei der Bewertung eines Baubeginns i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG keine überstrengen Maßstäbe angesetzt würden. Ebenso müsse § 2 EEG in der Ermessensausübung über eine Betriebsuntersagung berücksichtigt werden, so dass bereits insoweit eine Betriebseinstellung nicht vertretbar sei.
67
Die Klage sei insgesamt unbegründet.
68
Soweit der Kläger einen Verstoß der Ursprungsgenehmigungen vom 17. November 2014 gegen artenschutzrechtliche Vorgaben oder das Abstandsflächenrecht behaupte, sei dies angesichts der Bestandskraft der Genehmigungen unbehelflich. Zur in diesem Zusammenhang angeführten Gefahr durch Eiswurf enthielten die Genehmigungen zudem eine entsprechende Auflage zur Eiswurfsicherung (Ziffer IV.4).
69
Die Beigeladene sei wie der Beklagte der Ansicht, dass der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 28. September 2022 bereits präkludiert sei und abgesehen davon die vom Kläger angeführten Rügen nicht durchgriffen.
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Für die vom Kläger bezweifelte Ernsthaftigkeit des Errichtungsbeginns sei entgegen dessen Vortrag auf die absolute Höhe des (im Falle einer Rückgängigmachung anfallenden) wirtschaftlichen Verlusts abzustellen, der allein infolge der Kosten in Höhe von 500.000 € für die Errichtung von zwei Nordex-Fundamenten als erheblich zu werten sei. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen müsse bei dieser Betrachtung ebenso außer Acht bleiben wie deren behauptete überdurchschnittliche Risikobereitschaft. Die klägerischen Ausführungen zur Risikobereitschaft seien ohnehin unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Das Ausnutzen einer sofort vollziehbaren, nicht bestandskräftigen Genehmigung sei nicht erhöht riskant, sondern beruhe darauf, dass ein Begünstigter auf die Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung vertraue bzw. vertrauen dürfe; dies sei gerade Sinn und Zweck einer solcher behördlichen oder gesetzlichen Anordnung. Ebenso wenig sei ein Typenwechsel angesichts der langen Verfahrenslaufzeit und des zwischenzeitlichen technischen Fortschritts ungewöhnlich. Die Verzögerung sei ohnehin nicht willentlich durch die Beigeladene, sondern durch äußere Umstände, etwa Gerichtsverfahren gegen sämtliche Genehmigungen, herbeigeführt worden.
71
Die Windenergieanlagen seien zudem genehmigungskonform errichtet worden. Die Funktion einer Typenprüfung beschränke sich auf einen allgemeinen Standsicherheitsnachweis (Art. 62a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBO). Sie erhalte keine darüber hinausgehende Aussagekraft durch Einbeziehung in den Genehmigungsbescheid, weshalb sie gemäß Art. 68 Abs. 6 Nr. 2 BayBO erst zum Zeitpunkt des Baubeginns vorliegen müsse. Die Errichtung des Turmtyps N04 sei weder bau- noch immissionsschutzrechtlich eine wesentliche Änderung der genehmigten Anlage, weil er, ebenso wie die ursprüngliche Turmvariante N02, dem Windenergieanlagentyp Nordex 117 entspreche und lediglich eine an die aktuellen technischen Anforderungen angepasste Ausführungsvariante betreffe. Die Reduzierung der Anzahl der Spannglieder sei alleine der Normfortschreibung von DIBt2004/DIN-Reihe auf DIBt 2012/Eurocodes geschuldet, da letztere nur noch 20 Spannglieder vorsehe. Soweit die Fundamente, wie der Kläger vortrage, teilweise noch 24 Leerrohre aufweisen sollten, ändere dies nichts daran, dass nur 20 Spannglieder verwendet worden seien. Ebenso sei die Änderung des Rotorblatttyps eine Folge der Normfortschreibung. Die geometrischen Daten beider Blätter seien identisch, aufgrund eines effizienteren Blitzschutzkonzepts sei beim neueren Typ eine Strukturanpassung im Blattinneren vorgenommen worden.
72
Auch die vom Kläger für den Baubeginn geforderte Einzelbetrachtung jedes Standorts bzw. jeder Windenergieanlage sei abzulehnen. Eine Gesamtschau der zugrundeliegenden Genehmigungsanträge und der einheitlichen Genehmigungsbescheide, insbesondere von deren jeweiliger Ziffer V., belege, dass für den Baubeginn die Errichtung jeweils eines Fundaments pro Windpark ausreiche.
73
Der Genehmigungsgegenstand und -umfang richte sich maßgeblich nach dem von der Beigeladenen festzulegenden Genehmigungsantrag, dessen genauer Inhalt unter Umständen durch Auslegung zu ermitteln sei. Vorliegend habe die Beigeladene einen gemeinsamen Genehmigungsantrag gestellt. Dass der Antrag für die WEA 5 und WEA 6 zurückgenommen worden sei, stehe dieser Sichtweise nicht entgegen, weil eine solche Teilrücknahme ebenso möglich sei wie eine Teilaufhebung einer Genehmigung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vor diesem Hintergrund sei es auch nicht notwendig, dass es sich bei den genehmigten Windparks um eine gemeinsame Anlage nach § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handle.
74
Die für § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG maßgebliche jeweilige Nebenbestimmung Ziffer V. spreche von der Genehmigung insgesamt; aus dem Wortlaut ergebe sich gerade nicht, dass an allen Einzelstandorten gleichzeitig mit der Errichtung begonnen werden müsse. Ebenso wenig habe die Genehmigungsbehörde die Anlagen im Hinblick auf die Nebenbestimmung aufgeteilt, sondern sich für eine Gesamtbetrachtung und die Einordnung als jeweils einheitliches Vorhaben entschieden. Dem in diesem Zusammenhang erhobenen Einwand des Klägers, einem Vorhabenträger würde so „unendlich lange Zeit“ eingeräumt, um den Rest seines Vorhabens zu verwirklichen, sei entgegenzuhalten, dass die Aufnahme einer auflösenden Bedingung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in den Genehmigungsbescheid im Ermessen der Behörde stehe; eine Pflicht dazu bestehe gerade nicht. Verzichte die Behörde auf eine solche Nebenbestimmung, ergebe sich die vom Kläger dargestellte Situation ebenfalls. Allerdings bestehe die vom Kläger daraus abgeleitete Gefahr nicht. So könne die Genehmigungsbehörde etwa auch nachträglich eine erstmalige oder weitere Frist gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG setzen (vgl. BVerwG, U.v. 21.12.2017 – 4 C 7.16 – juris Rn. 19). Ebenso bestehe die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen nach § 17 BImSchG oder § 3 Abs. 2 BNatSchG; ebenso – je nach Verfahrensgestaltung – die Möglichkeit eines Widerrufs nach § 21 BImSchG.
75
Als Baubeginn i.S.d. Nebenbestimmung Ziffer V. der Ursprungsgenehmigungen sei im Übrigen auch die Errichtung von neun Enercon-Fundamenten auf Grundlage der Änderungsgenehmigungen zu erachten. Denn Ursprungs- und Änderungsgenehmigungen seien als einheitliche, verschmolzene Genehmigungsbescheide zu beurteilen; dies werde bereits durch die fehlende Nebenbestimmung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in den Änderungsgenehmigungen deutlich. Die gegenteiligen Ausführungen des Klägers bezögen sich auf die vorliegend nicht gegebene Konstellation der Modifizierung einer bestehenden Anlage. Dennoch seien die Ursprungsgenehmigungen durch die Bauarbeiten auf Basis der Änderungsgenehmigungen nicht erloschen; denn soweit die Änderungsgenehmigungen im Rechtsmittelverfahren aufgehoben würden, richte sich die Genehmigungssituation wieder allein nach dem Ursprungsbescheid.
76
In die vom Senat zutreffend vorgenommene Gesamtbetrachtung seien auch die Kosten für die Errichtung der Zuwegung und Kranstellflächen in Höhe von etwa 1.000.000 € und für die Bodenverbesserung unter den Fundamenten in Höhe von etwa 500.000 € einzustellen. Hierbei handle es sich nicht um die Herstellung der gesicherten Erschließung, da die Erschließung bereits bei Genehmigungserteilung gesichert gewesen sei, sondern um den Ausbau des Wegenetzes zur Anlieferung der Bauteile, sowie um die Herstellung der Kran- und Montageflächen auf den jeweiligen Baugrundstücken. Auch die Abrisskosten für die Enercon-Fundamente seien zu berücksichtigen.
77
Die Ausführungen des Klägers zum abgeschlossenen Generalunternehmervertrag seien unzutreffend. Wenn die Fristsetzung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG schon insgesamt im Ermessen der Behörde stehe, müsse dies erst recht für die Definition des Baubeginns etwa anhand vorzulegender Verträge gelten. Das Abstellen auf den Abschluss eines verbindlichen Vertrags genüge auch dem Sinn und Zweck des § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (Verhinderung von Vorratsgenehmigungen). Überdies seien die Ursprungsgenehmigungen inkl. der darin jeweils formulierten Nebenbestimmung Ziffer V. bestandskräftig. Der – zulässigerweise sehr kurzfristig abgeschlossene – Generalunternehmervertrag entspreche, indem er etwa den Generalunternehmer zur Lieferung und Errichtung der Windenergieanlagen verpflichte, den Vorgaben von Ziffer V. Einen Vertrag mit dem Hersteller sehe diese Nebenbestimmung nicht vor; dies wäre vorliegend auch nicht ausreichend, da Fundamente und Türme nicht vom Hersteller N., sondern vom Kooperationspartner M. B. stammten. Die Generalunternehmerin sei zum relevanten Zeitpunkt des Ablaufs der Frist für den Baubeginn weder Gesellschafterin der Beigeladenen gewesen noch habe es sonstige gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen zwischen ihr und der Beigeladenen gegeben; die Behauptung eines Insichgeschäfts nach § 181 BGB liege daher neben der Sache. Ebenso wenig sei eine beliebige Änderung des Generalunternehmervertrags möglich; im Gegenteil schließe dieser insbesondere Rücktrittsrechte explizit aus. Auch wenn es auf die Verträge der Nachunternehmerkette nicht ankomme, sei darauf hinzuweisen, dass der Generalunternehmer bei Fristablauf für den Baubeginn für das Projekt W2. bei Nordex bereits Komponenten im Wert von 4.000.000 € verbindlich bestellt habe.
78
Soweit der Kläger weitere Gründe anführe, die seines Erachtens gegen ein ernsthaftes Ausnutzen der Ursprungsgenehmigungen sprächen, gehe dies völlig fehl, weil die Ernsthaftigkeit des Errichtungsbeginns maßgeblich anhand der festgesetzten Nebenbestimmungen oder anhand entsprechender Baumaßnahmen zu beurteilen sei.
79
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten, auch im Verfahren 22 AE 22.40004 bis einschließlich 22 AE 22.40013.
Entscheidungsgründe
80
Die (in ihrer zuletzt beantragten Fassung) zulässigen Klagen (dazu 1.), über welche nach § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung und nach § 93 Satz 1 VwGO gemeinsam entschieden werden konnte, sind unbegründet (dazu 2.).
81
1. Die Klagen sind in ihrer zuletzt beantragten Fassung zulässig.
82
1.1 Verfahrensgegenständlich ist nach Auslegung des Klageantrags und der diesbezüglichen Ausführungen des Klägers (nur noch) die von ihm begehrte Verpflichtung des Beklagten zur Stilllegung des Betriebs der Windparks bzw. Anlagen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG.
83
Die insoweit mit Schriftsatz vom 12. August 2022 erklärte „Ergänzung“ des ursprünglichen, auf „Baueinstellung“ gerichteten Klageantrags um die „Untersagung des Betriebs der Windkraftanlagen“ ist, falls man sie nicht als Klageerweiterung nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 Alt. 1 VwGO erachten will, jedenfalls eine zulässige Klageänderung i.S.v. § 91 Abs. 1 VwGO. Sie ist sachdienlich i.S.v. § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO; zudem haben die Beigeladene und der Beklagte sich jeweils schriftsätzlich nach § 91 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Alt. 2 VwGO auf die geänderte Klage eingelassen.
84
Der klägerische Hinweis im Schriftsatz vom 24. November 2023, der Antrag auf Baueinstellung werde nur insoweit aufrechterhalten, als noch Bauarbeiten stattfänden, ist folglich – im Zusammenhang mit der Aussage der Beigeladenen, die Bauarbeiten seien abgeschlossen (Schriftsatz vom 14.11.2023) – als unbedingte Klagebeschränkung nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO oder jedenfalls als (sonstige) unbedingte Teilklagerücknahme auszulegen. In beiden Konstellationen ist das Verfahren insoweit mit der Kostenfolge des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen (vgl. zu § 264 Nr. 2 ZPO Wöckel in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl. 2022, § 91 VwGO Rn. 13 m.w.N.), so dass die genaue dogmatische Einordnung offenbleiben kann.
85
Der ursprünglich erhobene Klageantrag auf Baueinstellung bzw. „Stilllegung der Bauarbeiten“ (vgl. zur diesbezüglichen Rechtsgrundlage BayVGH, B.v. 22.5.2022 – 22 AE 22.40004 u.a. – juris Rn. 33 m.w.N.) ist folglich insgesamt nicht mehr rechtshängig.
86
1.2 Der Kläger ist als anerkannte Umweltvereinigung aufgrund § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2, § 2 Abs. 1 UmwRG verbandsklagebefugt (vgl. BVerwG, U.v. 14.9.2022 – 9 C 24.21 – juris), weil er eine unselbstständige immissionsaufsichtliche Maßnahme in Zusammenhang mit den Genehmigungen vom 17. November 2014, mithin im Zusammenhang mit Zulassungsentscheidungen nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG, begehrt (vgl. zu dieser Abgrenzung Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2023, § 1 UmwRG Rn. 120 f.; Franzius in Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG, 2. Aufl. 2023, § 1 UmwRG Rn. 29; BVerwG, U.v. 29.4.2021 – 4 C 2.19 – juris Rn. 22; U.v. 23.6.2020 – 9 A 22.19 – juris Rn. 17 f.). Ob, weil der Kläger gerade ein Erlöschen der Zulassungsentscheidungen behauptet, sich die Klagebefugnis für die (dann auf eine selbstständige Überwachungsmaßnahme gerichteten) Klagen auch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Satz 2, § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ergeben würde (so noch BayVGH, B.v. 25.5.2022 – 22 AE 22.40004 u.a. – juris Rn. 32; vgl. auch – allerdings noch zum UmwRG 2013 – BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 9 C 2.16 – juris Rn. 14 ff.), kann daher dahinstehen.
87
2. Die Klage ist aber unbegründet, weil das Unterlassen der vom Kläger begehrten Stilllegungsanordnung für den Betrieb der Windparks bzw. der Windenergieanlagen nicht gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die dafür von Bedeutung sind, vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG.
88
2.1 Der Klagevortrag ist nicht vollumfänglich nach § 6 Satz 1 und 2 UmwRG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO präkludiert.
89
Gemäß § 6 Satz 1 UmwRG hat eine Person oder eine Vereinigung innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben; Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind grundsätzlich nur zuzulassen, wenn die Verspätung entschuldigt ist (§ 6 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, zur Straffung des Gerichtsverfahrens beizutragen, indem der Prozessstoff zu einem frühen Zeitpunkt handhabbar gehalten und der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch alsbald hinreichend umrissen wird. Danach hat der Kläger innerhalb der Begründungsfrist fundiert die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen zu benennen und den Prozessstoff dergestalt darzulegen, dass für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird (vgl. dazu – allerdings betreffend eine Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss – BVerwG, B.v. 5.7.2023 – 9 B 7.23 – juris Rn. 7 m.w.N. sowie als Vorinstanz BayVGH, B.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris; vgl. zu WEA, VGH BW, U.v. 5.10.2022 – 10 S 1485/21 – juris Rn. 50). Damit einher geht die Pflicht des Klägerbevollmächtigten zur (Sichtung und) rechtlichen Einordnung der Tatsachen, auf welche die Klage gestützt werden soll. Eine nur stichwortartige Benennung oder Zusammenfassung von Kritikpunkten beigefügter Gutachten oder deren bloße wörtliche Wiedergabe erfüllt diese Anforderungen nicht (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – juris Rn. 12).
90
Unter diesen Prämissen und unter Berücksichtigung, dass es sich um eine Versagungsgegenklage gerichtet auf eine immissionsschutzrechtliche Aufsichtsmaßnahme handelt, genügt der innerhalb der 10-Wochen-Frist getätigte klägerische Vortrag (noch) den Anforderungen des § 6 Satz 1 UmwRG. Der Prozessstoff ist, auch unter Berücksichtigung der mittlerweile gefestigten o.g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, (zum Zeitpunkt des Fristablaufs) handhabbar und der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch hinreichend umrissen.
91
Der Kläger hat in seinen Schriftsätzen vom 7. Dezember 2021 und insoweit vertiefend vom 31. Januar 2022 ausdrücklich und auch in Kenntnis der Frist des § 6 Satz 1 UmwRG (vgl. den Fristverlängerungsantrag unter Bezugnahme auf § 6 Satz 4 UmwRG im Schriftsatz vom 7 .12.2021) ausschließlich zum (so der Kläger) „Sachverhalt“ vorgetragen, dessen „rechtliche Würdigung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten“ bleibe. Warum er seinen Vortrag ausdrücklich auf den Sachverhalt beschränkt hat, erklärt der Kläger nicht. Angesichts des Wortlauts von § 6 Satz 1 UmwRG („Tatsachen und Beweismittel“) und auch von § 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO („Sachverhalt“) ist ein solches Vorgehen nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Denn zum – freilich nicht mit § 6 UmwRG „deckungsgleichen“ – § 87b VwGO wird in der Kommentarliteratur die Auffassung vertreten, dass sich eine entsprechende richterliche Aufforderung nur auf Tatsachen (i.d.S.) beziehen dürfe; vom Kläger könnten auf Grundlage von § 87b VwGO nicht auch Rechtsausführungen als Begründung (oder generell eine Klagebegründung) verlangt werden (so Riese in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 87b VwGO Rn. 36 m.w.N.; in diesem Sinne bzgl. § 6 UmwRG selbst zudem auch – allerdings ohne Hinweis auch auf § 67 Abs. 4 VwGO – BVerwG, B.v. 16.4.2020 – 9 B 66.19 – juris Rn. 13).
92
Der Klagevortrag ist – entgegen dem Vorbringen des Beklagten – dennoch nicht insgesamt präkludiert. Wesentlich ist dabei, dass der Kläger jedenfalls die Tatsachen und Beweismittel, die er seiner späteren, erstmals mit Schriftsatz vom 22. September 2022 erfolgenden rechtlichen Würdigung zugrunde legt, fristgerecht vorgetragen hat. Bestandteil dieses Vortrags waren zudem – schon im ersten (in jedem Fall fristgerechten) Schriftsatz vom 7. Dezember 2021 und verbunden mit dem Hinweis, dass man die Genehmigungen aus dem Jahr 2014 als erloschen erachte – der an das Landratsamt gerichtete Antrag auf „Baueinstellung“ des Klägers vom 12. August 2021 (Anlage K8), in welchem er sich bereits seiner auf § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG basierenden Argumentationslinie bedient, und der daraufhin erlassene, verfahrensgegenständliche Ablehnungsbescheid des Landratsamts vom 27. August 2021 (Anlage K1). Damit hat der Kläger mithin eine (wenn auch knappe und grobe) rechtliche Einordnung der Tatsachen vorgenommen. Für diese Bewertung spricht weiter, dass es sich vorliegend um einen Verpflichtungsantrag auf Betriebsstilllegung (trotz bereits bestandskräftiger Genehmigung) handelt, welchem – gerade im Vergleich zur Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses – kein multipolares Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung vorausgegangen und dem schon „aus sich heraus“ ein deutlich begrenzter Prozessstoff innewohnt. Denn es geht nicht mehr um die Rechtmäßigkeit der Genehmigung, welche ein Anfechtungskläger auf Grund einer Vielzahl von rechtlichen Erwägungen in Frage stellen könnte (weshalb das Bundesverwaltungsgericht eine Pflicht auch zur rechtlichen Fixierung des Prozessstoffes statuiert), sondern „nur“ darum, ob eine Anlage ohne Genehmigung (aufgrund Erlöschens) oder genehmigungsabweichend betrieben wird. Auch der kurz gehaltene Ablehnungsbescheid vom 27. August 2021 gab keinen Anlass zu vertieften rechtlichen Ausführungen.
93
Die mit § 6 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO einhergehende Pflicht des Klägerbevollmächtigten zur Sichtung und rechtlichen Einordnung der Tatsachen, auf welche die Klage gestützt werden soll (vgl. BVerwG, U.v. 3.2020 – 9 A 7.19 – juris Rn. 16 ff.; BayVGH, B.v. 19.9.2022 – 8 CS 22.1552 – juris Rn. 30), wurde gewahrt.
94
Das rechtzeitige Klagevorbringen ist vor allem auch aus sich heraus ohne Weiteres verständlich. Es erschöpft sich nicht etwa in stichwortartiger Benennung oder Zusammenfassung von Kritikpunkten.
95
Der Prozessstoff ist folglich jedenfalls in der vorliegenden Konstellation – in Zusammenschau aller erörterten Aspekte – ausreichend fixiert bzw. der Kläger nicht insgesamt innerprozessual präkludiert. Auf die vom Beklagten aufgeworfenen Fragen einer etwaigen Fristverlängerung durch Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 5. Januar 2022 und vom 17. Januar 2022 kommt es daher nicht mehr an.
96
2.2 Der Maßstab für die Begründetheitsprüfung ergibt sich aus § 2 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 UmwRG (zur Anwendbarkeit von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG vgl. bereits unter 1.2). Das geltend gemachte Unterlassen einer Stilllegungsanordnung muss daher gegen umweltbezogene Vorschriften (§ 1 Abs. 4 UmwRG) verstoßen, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind. Ob § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG als Teil des Umweltrechts „aus sich heraus“, etwa mit der Überlegung, dass eine nicht oder nicht genehmigungskonform betriebene Anlage stets (potentiell) umweltgefährdend ist, als umweltbezogene Vorschrift einzuordnen ist, oder der Umweltbezug sich vorliegend erst durch die Regelung, gegen welche verstoßen wird/würde (etwa das umweltbezogene Genehmigungserfordernis in § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG), ergibt, kann dabei offen bleiben (vgl. exemplarisch und allgemein dazu Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 UmwRG Rn. 158 ff.; vgl. zum alten Recht auch BVerwG, U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 – juris Rn. 21).
97
Denn die vom Kläger behaupteten Rechtsverstöße bestehen nicht. Dem Anlagenbetrieb der Beigeladenen fehlt es nicht an der jeweils erforderlichen Erlaubnis, weil die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 17. November 2014 weiterhin wirksam sind. Sie sind nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. Ziffer V. des jeweiligen Bescheidtenors erloschen (dazu 2.2.1). Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Genehmigungen (Widerruf nach § 21 BImSchG oder Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG) vor, so dass dahinstehen kann, ob eine solche Aufsichtsmaßnahme (vgl. dazu BVerwG, U.v. 23.6.2020 – 9 A 22.19 – juris Rn. 16) vom Klageantrag umfasst wäre (dazu 2.2.2). Auch im Übrigen ist nichts vorgetragen oder ersichtlich, das eine Stilllegung des Anlagenbetriebs bzw. der beiden Windparks rechtfertigen würde (dazu 2.2.3).
98
2.2.1 Die Genehmigungen vom 17. November 2014 sind weiterhin insgesamt, d.h. für beide Windparks (und alle darin jeweils genehmigten Windenergieanlagen) wirksam (vgl. zum Ganzen bereits BayVGH, B.v. 25.5.2022 – 22 AE 22.40004 u.a. – juris Rn. 35 ff.).
99
Sie sind insbesondere nicht aufgrund der jeweils nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in Ziffer V. der Bescheide verfügten Frist für den Errichtungsbeginn (Errichtungsfrist) erloschen; andere Unwirksamkeitsgründe (vgl. Art. 43 Abs. 2 und 3 BayVwVfG) wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
100
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erlischt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter anderem dann, wenn innerhalb einer von der Behörde gesetzten angemessenen Frist nicht mit der Errichtung der Anlage begonnen worden ist. Durch die Regelung soll ausweislich der Begründung des damaligen Gesetzentwurfs der Bundesregierung verhindert werden, dass mit der Errichtung oder dem Betrieb einer genehmigten Anlage erst zu einem Zeitpunkt begonnen wird, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse, die der Genehmigung zugrunde lagen, wesentlich verändert haben. Außerdem soll der Erteilung von Genehmigungen „auf Vorrat“ entgegengewirkt werden (vgl. BT-Drs. 7/179, S. 37 – zu § 17 des Entwurfs). Was der Genehmigungsinhaber im Einzelnen unternehmen muss, um die Errichtungsfrist zu wahren, ergibt sich zunächst und in erster Linie aus einer Auslegung der konkreten behördlichen Fristsetzung und des gesamten Genehmigungsverwaltungsakts, jeweils unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks von § 18 BImSchG. Die in der älteren Rechtsprechung und darauf basierend auch in der Kommentarliteratur vertretene Auffassung, dass für den Beginn der Errichtung oder des Betriebs zu fordern sei, dass wesentliche Teile der Anlage tatsächlich errichtet oder in Betrieb genommen sein müssten, überzeugt nicht und wurde zwischenzeitlich wohl auch weitgehend aufgegeben (vgl. dazu Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 18 BImSchG Rn. 21 f.; Jarass in ders., BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 18 Rn. 7 a. E.; in diesem Sinne auch OVG NW, B.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13 – juris Rn. 29). Dem steht bereits der Wortlaut entgegen, der den Errichtungsbeginn genügen lässt und nicht die tatsächliche Errichtung wesentlicher Teile oder deren Inbetriebnahme fordert. Stattdessen wird als weiteres Kriterium entweder, wenn konkrete Voraussetzungen für die Errichtung nach § 18 BImSchG im Genehmigungsbescheid nicht formuliert wurden, oder, um die Ernsthaftigkeit deren tatsächlicher Umsetzung zu prüfen, gefordert, dass der Betreiber Maßnahmen vornimmt, die er nicht oder nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig machen kann. Denn dies lässt auf ein ernsthaftes Nutzen der Genehmigung schließen. Es genügt also zur Einhaltung der Frist, wenn mit den in der Fristsetzung genannten Maßnahmen (hier der Errichtung der Anlagen) in einer Art und Weise begonnen wurde, die auf die Ernsthaftigkeit der Ausnutzung der Genehmigung schließen lassen. Der Genehmigungsinhaber muss danach am vorgesehenen Standort nicht oder nur mit für ihn erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig zu machende Maßnahmen durchgeführt haben. Dabei ist Voraussetzung, dass sich die Handlungen im Rahmen der erteilten Genehmigung halten. Der Tatbestand von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist also erfüllt, wenn die Maßnahmen nicht dem Genehmigungsinhalt entsprechen (Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 18 BImSchG Rn. 21; Jarass in ders., BImSchG, § 18 Rn. 7).
101
Gemessen daran hat die Beigeladene, wie in Ziffer V. der Genehmigungsbescheide vorausgesetzt, mit der Errichtung der beiden Windparks innerhalb von drei Jahren nach Bestandskraft der Genehmigungsbescheide begonnen.
102
Denn die Beigeladene hat innerhalb der in Ziffer V. der Bescheide gesetzten Frist für beide Windparks jeweils Errichtungsmaßnahmen „entsprechend der Genehmigung“ vorgenommen und damit mit der Errichtung begonnen (dazu 2.2.1.1). Diese Errichtungsmaßnahmen konnte die Beigeladene zum Zeitpunkt des Fristablaufs zudem nicht oder nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig machen, weshalb darin auch ein (fristgemäßes) ernsthaftes Ausnutzen der Genehmigung bzw. ein ernsthafter Errichtungsbeginn liegt (dazu 2.2.1.2). Die Errichtungsmaßnahmen erfolgten auch genehmigungskonform (dazu 2.2.1.3). Die Errichtungsmaßnahmen für eine Windenergieanlage pro Windpark stellen zugleich den Errichtungsbeginn für den gesamten, mit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung genehmigten Windpark dar (dazu 2.2.1.4).
103
2.2.1.1 Zum Zeitpunkt des Errichtungsfristablaufs am 24. Mai 2021 hat die Beigeladene für beide Windparks mit Errichtungsmaßnahmen entsprechend der Genehmigung begonnen.
104
Die nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. Ziffer V. der Genehmigungsbescheide maßgebliche Dreijahresfrist ist am 24. Mai 2021 abgelaufen. Denn die Beschlüsse des Senats vom 7. Mai 2018 (Windpark W2.: 22 ZB 17.2032 u.a.; Windpark W.: 22 ZB 17.2088 u.a.) wurden den damaligen Rechtsmittelführern am 22. Mai 2018 zugestellt, so dass die Genehmigungsbescheide zu diesem Zeitpunkt bestandskräftig wurden und die Dreijahresfrist am 23. Mai 2018 begann (Art. 31 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Die Frist endete damit am 24. Mai 2021, einem Montag (Art. 31 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB, Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG).
105
Die Bauarbeiten an den (Nordex-)Windenergieanlagen, deren Fundamente am 28. April 2021 (Windpark W.) bzw. am 5. Mai 2021 (Windpark W2.) und damit vor 24. Mai 2021 betoniert wurden, sind einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Vorbereitungsmaßnahmen – nach Auslegung der Bescheide und auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks von § 18 BImSchG – fristgerechte Errichtungsmaßnahmen zur unmittelbaren Ausnutzung der Genehmigung. Bereits die Erstellung eines Fundaments für eine Windenenergieanlage (als deren unmittelbarer, statisch unverzichtbarer und nicht abtrennbarer Bestandteil) stellt (unstreitig) eine unmittelbare Maßnahme zur Errichtung der Anlage (und nicht bloß Vorbereitungsmaßnahme o.ä.) dar.
106
Ob und inwieweit die weiteren, von der Beigeladenen vor dem 24. Mai 2021 vorgenommenen Maßnahmen für sich betrachtet ebenso schon „den Errichtungsbeginn (früher) auslösende“ Errichtungsmaßnahmen zur Ausnutzung der Genehmigung darstellten, braucht damit nicht mehr im Einzelnen erörtert zu werden. Dies gilt etwa für die Frage, ob die Begründung in Nr. 3.6/3.7 der Genehmigungsbescheide angesichts § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG so ausgelegt werden kann, dass bei tatsächlich noch nicht begonnenen Bauarbeiten für einen Nachweis des Errichtungsbeginns bloß die Vorlage etwaiger Vertragsunterlagen genügen würde (oder ob Nr. 3.6/3.7 eine reine „Nachweiserleichterung“, z.B. anstatt einer Fotodokumentation, darstellt), und ob der abgeschlossene Generalunternehmervertrag den dort formulierten Anforderungen eines verbindlichen Vertrags über Kauf, Lieferung und Errichtung der Windkraftanlagen entsprechen würde. Ebenso erübrigt sich die im Einzelnen teilweise schwierige Abgrenzung, ob und inwieweit es sich beispielsweise bei dem bis dahin vorgenommenen Rückbau (Abbruch) der zwischenzeitlich errichteten Enercon-Fundamente (eher kritisch hierzu BayVGH, B.v. 3.4.2019 – 22 CS 19.345 u.a. – juris Rn. 29 ff.) sowie den Arbeiten an Wege- und Kranaufstellflächen inkl. Bodenverdichtung um (Errichtungs-)Maßnahmen, welche unmittelbar dem Vorhaben zuzuordnen und damit Genehmigungsbestandteil sind, oder um bloße „Vorbereitungsmaßnahmen“ außerhalb der Genehmigung handelt (vgl. für die Abgrenzung von öffentlichen und nichtöffentlichen Wegeflächen, welche z.T. unmittelbarer Genehmigungsgegenstand sind, etwa BayVGH, B.v. 7.2.2023 – 22 CS 22.1908 – juris Rn. 44 ff.).
107
2.2.1.2 Diese Errichtungsmaßnahmen stellen in ihrer Gesamtheit ernsthafte Schritte zur Umsetzung bzw. Nutzung der Genehmigungen und damit einen ernsthaften Errichtungsbeginn dar. Denn die von der Beigeladenen vorgenommenen Maßnahmen waren zum Zeitpunkt des Fristablaufs nicht oder nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig zu machen.
108
Auf ein ernsthaftes Ausnutzen der Genehmigung kann geschlossen werden, wenn die Beigeladene zur Errichtung der Windparks am dafür vorgesehenen Standort Maßnahmen durchgeführt bzw. Handlungen von hinreichendem Intensitätsgrad und Umfang vorgenommen hat, die nicht bzw. nur mit hohem Aufwand rückgängig zu machen sind oder die für sie mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten verbunden wären, wenn die Anlage nicht errichtet würde (vgl. Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 18 BImSchG Rn. 21; OVG NW, B.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13 – juris Rn. 31). Zur Bewertung der Ernsthaftigkeit, d.h. etwaiger erheblicher wirtschaftlicher Verluste bei Rückgängigmachung oder Nichterrichtung, sind entgegen der Ansicht des Klägers auch Maßnahmen und Handlungen – insbesondere Vorbereitungshandlungen – berücksichtigungsfähig, welche für sich (isoliert) betrachtet, da sie kein unmittelbarer Genehmigungsbestandteil sind, keine Errichtungsmaßnahmen im engeren Sinne darstellen würden. So sind zwar etwa Abbrucharbeiten im Regelfall – auch nach der entsprechend heranziehbaren baurechtlichen Rechtsprechung (vgl. Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand Oktober 2023 Art. 69 Rn. 44 m.w.N.) – noch als Vorbereitungshandlungen einzuordnen, es sei denn, eine Auslegung der erteilten Genehmigung und dabei insbesondere der Fristsetzung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergibt etwas anderes (so sinngemäß auch ThürOVG, U.v. 17.6.2015 – 1 KO 369/14 – juris Rn. 46 f., 54 ff.). Der daraus vom Kläger abgeleitete Schluss, dass auch für die Beurteilung der Ernsthaftigkeit der Genehmigungsausnutzung nur Maßnahmen berücksichtigungsfähig seien, welche auch für sich betrachtet eine „Errichtungsmaßnahme i.e.S.“ darstellten, lässt sich § 18 Abs. 1 BImSchG indes nicht entnehmen. Im Gegenteil wäre eine solche Begrenzung vom Sinn und Zweck der Norm – einer Verhinderung von „Vorratsgenehmigungen“ – nicht mehr gedeckt und würde den Genehmigungsinhaber übermäßig sowie ohne Rechtfertigung in seinen Rechten, etwa hinsichtlich der ihm eingeräumten Frist für den Errichtungsbeginn, einschränken. Für das Merkmal der Ernsthaftigkeit (der Genehmigungsausnutzung / des Errichtungsbeginns) darf daher, je nach Lage des Einzelfalls, auf eine (wirtschaftliche) Gesamtbewertung der Maßnahmen und Handlungen zurückgegriffen werden, in welche u.U. auch Vorbereitungshandlungen einzubeziehen sind (so i.E. auch OVG NW, B.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13 – juris Rn. 35).
109
Dies vorausgesetzt, hat die Beigeladene mit der Errichtung der Windenergieanlagen im Sinne von Ziffer V. der Genehmigungsbescheide begonnen, weil sie Maßnahmen ergriffen bzw. Handlungen vorgenommen hat, die sich nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig machen lassen bzw. die mit solchen verbunden wären, wenn die Anlagen nicht errichtet würden. Neben der begonnenen Errichtung jeweils einer Windenergieanlage pro Windpark sind in die Beurteilung der erheblichen Verluste einer Rückgängigmachung dieser Maßnahme bzw. einer Nichterrichtung der Anlagen im Wege einer (wirtschaftlichen) Gesamtschau auch die vorangegangenen Vorbereitungsmaßnahmen, insbesondere der Rückbau (Abbruch) der zwischenzeitlich errichteten Enercon-Fundamente, die Arbeiten an Wege- und Kranaufstellflächen inkl. Bodenverdichtung sowie der abgeschlossene Generalunternehmervertrag, einzubeziehen. Denn all diese Kosten würden sich als Verlust realisieren, wenn die Errichtung rückgängig gemacht bzw. nicht weiterverfolgt würde.
110
Ohnehin wären bereits die Kosten der Rückgängigmachung der Errichtungsmaßnahmen „i.e.S.“, also der Rückbau der (Nordex-)Fundamente, und die damit zugleich erfolgten „nutzlosen Aufwendungen“ für sich betrachtet ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust für die Beigeladene gewesen. Die Beigeladene gibt an, dass die Errichtung eines (Nordex-)Fundaments Kosten in Höhe von rund 250.000 € verursacht. Dies erscheint – unabhängig davon, dass der Kläger dies nur pauschal und unsubstantiiert in Zweifel zieht – angesichts der Dimensionen des Fundaments (Außendurchmesser 21,50 m, Gesamthöhe Innenkante 3,20 m und Außenkante 1,20 m) und der aufgrund statischer Anforderungen komplexen Bauweise inkl. Einsatz von entsprechenden Mengen an Baustahl plausibel. Hinzu kommen die im Falle einer Rückgängigmachung anfallenden Kosten für den Rückbau der Nordex-Fundamente, welche ebenfalls in die Betrachtung einzustellen sind. Denn für die Beigeladene macht es – im Sinne des maßgeblichen Kriteriums eines erheblichen Verlusts – wirtschaftlich einen entscheidenden Unterschied, ob diese Kosten „sofort“ und damit als „frustrierte Aufwendungen“ (Verlust) anfallen oder am Ende der Nutzungsdauer einer Anlage als Betriebsausgaben, welche mit dem erwirtschafteten Ertrag beglichen werden können (zum Rückbau der Enercon-Fundamente s.u.). Laut Beigeladener würde der Rückbau der Nordex-Fundamente weitere 100.000 € kosten. Selbst wenn man zugunsten des Klägers annimmt, dass diese Rückbaukosten – auch unter Berücksichtigung etwaiger Recyclingerlöse – zu hoch gegriffen wären, hätte der Rückbau eines Nordex-Fundaments für die Beigeladene zwischen 272.450 € (Kläger) und 350.000 € (Beigeladene), für beide Nordex-Fundamente also zwischen 544.900 € (Kläger) und 700.000 € (Beigeladene) „frustrierte Aufwendungen“ (Verlust) zur Folge.
111
Hinzukommen – im Sinne der oben erörterten (wirtschaftlichen) Gesamtbetrachtung – zur Beurteilung der Ernsthaftigkeit des Errichtungsbeginns bzw. der Genehmigungsausnutzung auch weitere (i.d.R. Vorbereitungs-)Kosten, soweit sie in Zusammenhang mit der Genehmigungsausnutzung stehen und sich bei deren „Rückgängigmachung“ als Verluste realisiert hätten.
112
Hierzu zählen etwa die Kosten für die Abbrucharbeiten der „alten“ Enercon-Fundamente, die Kosten für Wege- und Kranaufstellflächen, sowie der abgeschlossene Generalunternehmervertrag, soweit sich aus diesem zulasten der Beigeladenen Primär- oder Sekundäransprüche (Schadensersatz o.ä.) bei „Rückgängigmachung“ ergeben würden.
113
Der Abbruch der Enercon-Fundamente im Mai 2021 erfolgte allein vor dem Hintergrund, dass die Beigeladene, was sie gegenüber dem Landratsamt auch bereits im Oktober 2020 äußerte (vgl. E-Mail vom 21.10.2020, Bl. 1 im Behördenakt zum Antrag auf Baueinstellung), davon ausging, die Enercon-Anlagen nicht mehr errichten zu dürfen. Sie war – laut E-Mail – ab diesem Zeitpunkt bestrebt, die Ursprungsgenehmigung umsetzen. Denn ansonsten hätte die Beigeladene schlicht den Ausgang der bezüglich der Änderungsgenehmigungen noch offenen Hauptsacheverfahren abwarten müssen, um Rechtssicherheit zu erlangen, bevor sie erhebliche Kosten für den Rückbau investiert. Sie hat sich also – obwohl noch nicht rechtssicher feststand, dass die Änderungsgenehmigungen nicht realisierbar sind – für den erhebliche Kosten nach sich ziehenden Rückbau der Enercon-Fundamente entschieden, um die ursprünglich genehmigten Windenergieanlagen errichten zu können. Dass die Enercon-Fundamente ohnehin (aufgrund einer entsprechenden Verpflichtungserklärung im Rahmen der Änderungsgenehmigung vom 27.7.2017) rückzubauen gewesen wären, ändert nichts daran, dass der Rückbau vorliegend zur Realisierung der Nordex-Anlagen und damit in (wirtschaftlichem) Zusammenhang mit der Umsetzung der Ausgangsgenehmigung vom 17. November 2014 passierte. Zudem macht es – vergleichbar den Nordex-Fundamenten – für die Beigeladene wirtschaftlich auch bzgl. der Enercon-Fundamente einen Unterschied, ob die Kosten als „frustrierte Aufwendungen“ anfallen oder im Rahmen der Betriebsdauer der Windparks amortisiert werden können.
114
Auch die weiter getätigten, ohne Ausnutzen einer Genehmigung dann ebenfalls kostenmäßig vollständig frustrierten Vorbereitungsmaßnahmen (Infrastrukturmaßnahmen, Baufeldvorbereitung, Kranstellflächen etc., soweit sie ohnehin nicht schon Genehmigungsbestandteil sind), welche die Beigeladene grob mit ca. 1 Mio. € beziffert, sind daher insoweit zu berücksichtigen.
115
Und schließlich ist auch der abgeschlossene Generalunternehmervertrag als weiteres – erhebliches – Indiz (jedenfalls) für die Ernsthaftigkeit der Genehmigungsausnutzung bzw. des Errichtungsbeginns zu werten. Denn abgesehen von der Frage, ob dieser für sich betrachtet bereits eine Errichtungsmaßnahme i.S.d. Ziffer V. darstellen könnte (vgl. dazu 2.1.1), handelt es sich jedenfalls um einen verbindlichen, unmittelbar mit der Errichtung der Windparks zusammenhängenden Vertrag, infolge dessen sich die Beigeladene, wie sie nachvollziehbar darlegt, bei Rückgängigmachung mit erheblichen Forderungen konfrontiert sähe. Dass der Vertrag erst am 6. Mai 2021 – also kurz vor Fristablauf – geschlossen wurde, steht dem nicht entgegen, sondern zeigt, dass der Beigeladenen bewusst war, dass „die Zeit drängt“, und sie den Bau der Windenergieanlagen, um der Gefahr eines Erlöschens der Genehmigung zu begegnen, (ernsthaft) vorantreiben muss. Dass der Vertrag nur eine Art „Scheingeschäft“ o.ä. ist, um die Ernsthaftigkeit des Baubeginns zu suggerieren, belegen die Ausführungen des Klägers nicht – einmal abgesehen davon, dass der Vertrag erfüllt und die Windparks errichtet wurden. Insbesondere der Verweis auf § 181 BGB erschießt sich so nicht, da zum – maßgeblichen – Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund der damaligen Personenverschiedenheit der Vertragsparteien und auch von deren Vertretungsberechtigten keine Indizien für einen Fall des „Selbstkontrahierens“ (auch nicht in ggf. erweiterter Auslegung oder analoger Anwendung, vgl. etwa Schubert, Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, § 181 Rn. 47 ff., 53 f.) gegeben waren. Auch vermag eine vor Vertragsschluss bereits „in der Lokalpresse angekündigte“ Kooperation nicht zur fehlenden rechtlichen Verbindlichkeit des Vertrags zu führen.
116
In der Gesamtbetrachtung hätten diese Kosten bzw. Verbindlichkeiten im Fall der Rückgängigmachung oder der Nichtverwirklichung einen erheblichen wirtschaftlichen Verlust für die Beigeladene zur Folge. Dies folgt schon unmittelbar aus ihrer absoluten Höhe; aber auch, wenn man sie in Relation zur finanziellen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen (zum Zeitpunkt des Fristablaufs) setzt. Nach Ansicht des Senats muss sich bei der Bewertung der Erheblichkeit des wirtschaftlichen Verlusts aber ohnehin – jedenfalls im Grundsatz – die Beigeladene ihre hohe finanzielle Leistungsfähigkeit nicht entgegenhalten lassen, denn ansonsten würde entgegen dem Gesetzeszweck von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG der ernsthafte Errichtungsbeginn davon abhängen, ob und ab wann sie oder allgemein ein Anlagenbetreiber einen solchen Verlust „nicht mehr schultern könnte“ (was – bei gleichem „tatsächlichen“ Baufortschritt – ein erheblicher Vorteil für finanzschwache und ein erheblicher Nachteil für finanzstarke Betreiber wäre). Folglich „wandelt“ sich ein solch (absolut betrachtet) hoher Verlust auch nicht in einen unerheblichen, wenn man ihn – wie der Kläger fordert – in Relation zur Gesamtvergütung des Generalunternehmervertrags setzt (so wohl zumindest im Ansatz, allerdings bei absolut betrachtet deutlich geringeren, bereits realisierten Aufwendungen OVG NW, B.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13 – juris Rn. 40 f.). Denn das würde im Ergebnis bedeuten, dass bei (wirtschaftlich) großen bzw. umfangreichen Vorhaben auch absolut bzw. für sich betrachtet hohe Investitionssummen/Verluste als unerheblich einzustufen wären. Weitere Konsequenz wäre, dass man von diesen Vorhaben damit ein Mehr an Baufortschritt (Investitionen) für die Fristeinhaltung verlangen würde – die Anforderung, dass wesentliche Teile der Anlage tatsächlich errichtet sein müssen, hat die neuere Rechtsprechung vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aber aufgegeben (s.o.). Erst recht gilt eine solche Unbeachtlichkeit für die vom Kläger ebenfalls u.a. anhand von EEG-Vergütung und Baubeginn trotz anhängiger Gerichtsverfahren (Änderungsgenehmigung) bemühte „Risikobereitschaft“ des ursprünglichen Bauherrn und der jetzigen Beigeladenen. Die wirtschaftliche Risikobereitschaft eines Antragstellers ist Kernbereich des unternehmerischen Handelns bzw. der unternehmerischen Entscheidung und nicht, auch nicht mittelbar über die Frage der ernsthaften Genehmigungsausnutzung, Gegenstand einer immissionsschutzrechtlichen Prüfung.
117
2.2.1.3 Diese Errichtungsmaßnahmen waren zudem genehmigungskonform. Dies gilt insbesondere für die vom Kläger angeführte geänderte Anzahl der Spannglieder und Leerrohre und die Änderung des Rotorblatt-Typs.
118
Ob allein eine zunächst abgelaufene und später „aktualisierte“ Typengenehmigung bzw. der Einbau von lediglich 20 anstatt 24 Spanngliedern bereits zu einer genehmigungsabweichenden Errichtung im Sinne von Ziffer V. der Bescheide führt, kann sachgerecht – auch angesichts des Gesetzeszecks von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG – anhand der zu Art. 69 Abs. 1 BayBO entwickelten, gefestigten Rechtsprechung beurteilt werden, da es sich dabei in erster Linie um eine baurechtliche und weniger eine spezifisch immissionsschutzrechtliche (i.e.S.) Fragestellung handelt.
119
Baurechtlich führt nicht jedes Abweichen von der (Bau-)Genehmigung zur Ausführung eines anderen (Bau-)Vorhabens. Um ein von einer Genehmigung nicht mehr gedecktes „Aliud“ handelt es sich vielmehr erst dann, wenn bei der Bauausführung wesentlich hinsichtlich Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Nutzung, Höhe oder Erscheinungsbild von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wurde. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der geringfügige, kein Bedürfnis nach einer erneuten baurechtlichen Prüfung auslösende Abweichungen von der Genehmigung unbeachtlich sind. Ob eine Veränderung der für ein Vorhaben charakteristischen Merkmale die Identität von genehmigten und errichteten Vorhaben aufhebt, hängt somit vom Umfang der Abweichungen ab. In jedem Fall müssen die Abweichungen aber erheblich sein. Wegen der Situationsbezogenheit der für die Zulassung von Bauvorhaben entscheidenden Umstände lässt sich die Erheblichkeitsschwelle nicht abstrakt mit allgemein einheitlichen Kriterien bestimmen. Vielmehr kommt es darauf an, ob durch die Veränderung Belange, die bei der Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen waren, neuerlich berührt, oder ob durch die Änderung andere Belange erstmals so erheblich betroffen werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt (vgl. Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 69 Rn. 45 unter Verweis auf BayVGH, U.v. 30.7.2003 – 2 B 01.1366 – juris Rn. 12; B.v. 26.7.1991 – 20 CS 89.1224 – juris Rn. 15; B.v. 26.3.2008 -15 ZB 07.3194 – juris Rn. 9).
120
Übertragen auf die vorliegende Konstellation hat dies zur Folge, dass die Ausführung eines anderen Turmtyps, verbunden mit einer geringeren Zahl an Spanngliedern, der (wie auch sein Fundament) von seinen äußeren baulichen Dimensionen, von der Situierung und vom Erscheinungsbild her identisch mit dem genehmigten Typ ist bzw. sich nur in der Zahl der realisierten, ohnehin an der Turminnenwand verlaufenden (nach außen nicht sichtbaren) Spannglieder und der (abgesehen von ggf. statischen Fragen ohnehin nicht genehmigungsrelevanten) Anzahl der Leerrohre unterscheidet, im vorliegenden Verfahren nicht zur genehmigungswidrigen Ausführung und damit zum Erlöschen der Genehmigungen nach deren Ziffer V. i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG führt. Ebenso kann vor diesem Hintergrund im vorliegenden Fall ein Ablaufen und eine später vorgenommene Aktualisierung der Typenprüfung für sich betrachtet nicht zu einer genehmigungsabweichenden Errichtung führen (zur Rechtswirkung einer Bescheinigung durch Prüfsachverständige und einem Ausschluss der Eingriffsbefugnisse des Art. 75 BayBO vgl. Weinmann in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, Stand 1.2.2022, Art. 62 BayBO Rn. 27 ff., Shirvani in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 62 Rn. 54 ff., 61).
121
Denn es handelt sich jedenfalls nicht um eine erhebliche Abweichung, insbesondere angesichts der Spezifika einer Typenprüfung und deren Einführung/Berücksichtigung im Verwaltungsverfahren. Nach Art. 10 BayBO muss jede bauliche Anlage im Ganzen, in ihren einzelnen Teilen und für sich allein standsicher sein. Gemäß Art. 62 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ist die Einhaltung der Anforderungen an die Standsicherheit im Wege bautechnischer Nachweise zu belegen. Nach § 10 Abs. 1 und 2 BauVorlV ist der Standsicherheitsnachweis dabei grundsätzlich durch Vorlage statischer Berechnungen zu führen. Im Falle der Genehmigung von Windenergieanlagen als Sonderbauten i.S.v. Art. 2 Abs. 4 Nr. 2 BayBO ist der Standsicherheitsnachweis jedenfalls im Grundsatz durch die Bauaufsichtsbehörde, einen Prüfingenieur oder ein Prüfamt zu prüfen, Art. 62a Abs. 2 Satz 2 BayBO. Einer solchen Prüfung bedarf es jedoch gemäß Art. 62a Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayBO dann nicht – auch nicht durch die Genehmigungsbehörde –, wenn für das Bauvorhaben Standsicherheitsnachweise vorliegen, die von einem Prüfamt allgemein geprüft sind (Typenprüfung, vgl. dazu § 15 Abs. 1 PrüfVBau). Nach der Richtlinie für Windenergieanlagen des Deutschen Instituts für Bautechnik ist der Nachweis der Standsicherheit und Dauerhaftigkeit einer Windenergieanlage in Form einer Typenprüfung möglich (vgl. Ziffer 1, 16 DIBt-RL Windenergieanlagen Stand Oktober 2012, korrigierte Fassung März 2015). Bei einer solchen Typenprüfung stellt eine Prüfstelle fest, ob bzw. dass die Windenergieanlage den einschlägigen baustatischen Normen und Richtlinien genügt. In den Fällen der Typenprüfung erfolgt demgemäß die Standsicherheitsprüfung nicht durch die Genehmigungsbehörde selbst, sondern durch ein staatlich anerkanntes Prüfamt; die behördliche Prüfung erstreckt sich in diesen Fällen lediglich auf die Frage, ob eine gültige Typenprüfung vorliegt (weshalb auch eine Vorlage erst mit Baubeginn ausreicht, Art. 68 Abs. 6 Nr. 2 BayBO). Die Typenprüfung ist demnach lediglich eine Vereinfachung für die Prüfung der Standsicherheit, weil dadurch auf die Einzelprüfung beim Bau einer neuen Windenergieanlage verzichtet werden kann; umso weniger kann es sich – mangels Einzelfallprüfung im Genehmigungsverfahren – um eine wesentliche Abweichung handeln, die etwa die Genehmigungsfrage neu aufwerfen würde. Ohnehin hat die Beigeladene dargelegt, dass die Gültigkeitsdauer der Typenprüfung für den Turmtyp N02 für die zu errichtenden Windenergieanlagen zwar (erst zum Genehmigungszeitpunkt, nicht aber bei Antragstellung) abgelaufen war, die Nachfolgeversion des Turmtyps N04 aber nach aktuell gültiger DIBt-RL 2012 zertifiziert ist, und die Gleichwertigkeit der Ausführung bestätigt.
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Aufgrund dessen führt auch die vom Kläger angeführte Rechtsprechung im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Januar 2020 (1 ZB 18.933 – juris Rn. 12 ff.) zu keinem anderen Ergebnis, weil sich der dort zugrundeliegende Sachverhalt von dem vorliegenden grundlegend unterscheidet. Im Beschluss vom 20. Januar 2020 stellte der Verwaltungsgerichtshof – unter Rückgriff auf das ebenfalls vom Kläger zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 1974 (IV C 75.71) – fest, dass eine wesentliche (genehmigungspflichtige) Änderung eines Bestandsbauwerks dann vorliegt, wenn das Bauwerk aufgrund eines intensiven Eingriffs in die Standfestigkeit, der eine statische Nachberechnung erforderlich macht, seiner ursprünglichen Identität beraubt wird. Davon kann bei den verfahrensgegenständlichen Anlagen bedingt durch das Spezifikum einer „ausgelagerten“ Statikprüfung in Form der Typenprüfung keine Rede sein. Durch die oben beschriebene, in Art. 62a Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 Nr. 2 BayBO sowie § 15 Abs. 1 PrüfVBau angelegte Systematik ist eine ausreichende Standsicherheit lückenlos gewährleistet. Auf die Befristungen, die Dauer des Genehmigungsverfahrens und den „Auslauf“ der Typenprüfung hat die Beigeladene zudem keinen Einfluss. Je nach Konstellation könnte es bei anderer Sichtweise sonst dazu kommen, dass die aufgrund § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG eingeräumte Frist erheblich verkürzt wird, wenn etwa die Befristung der Typenprüfung, welche der Genehmigung zugrunde lag, schon kurz nach Genehmigungserteilung ausläuft. Dies wäre weder mit der Intention des § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG noch mit der Regelungssystematik der Art. 10, 62 f. BayBO vereinbar.
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Aber auch aus immissionsschutzrechtlicher (i.e.S.) Perspektive liegt keine erhebliche genehmigungsabweichende Errichtung vor. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, dass eine Reduzierung der Anzahl der – innenliegenden – Spannglieder bei ansonsten unveränderter Turmgeometrie zu einer relevanten Auswirkung in Form von Geräuschen oder Erschütterungen, mithin schädlichen Umwelteinwirkungen führen soll. Die Eigenfrequenz des Turms einer Windenenergieanlage ist in erster Linie nicht für Schallemissionen, sondern für die – von der Typenprüfung umfasste – statische Stabilität relevant (vgl. exemplarisch nur S. 10 f., 3.2 – 3.4 der Schallimmissionsermittlung vom 17. Oktober 2014 für den Windpark W., wo maßgeblich auf Rotorblätter, diesbezügliche Windverwirbelungen u.ä. abgestellt wird). Auch der Einbau von geometrisch identischen Rotorblättern (Typ Nr. 58.5-1 anstatt Nr. 58-5) inkl. identischer Eigenfrequenz, bei welchen laut Hersteller aufgrund eines effizienteren Blitzschutzkonzepts nur eine Strukturanpassung im Inneren des Blattes notwendig war (vgl. Anlage 6 der Beigeladenen, Schreiben der Nordex GmbH vom 5.1.2023) ist immissionsschutzrechtlich unwesentlich, weil die Belange des § 5 BImSchG nicht berührt werden und die Errichtung so innerhalb der Variationsbreite der Genehmigung erfolgt.
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Die Beigeladene hat damit zum Zeitpunkt des Ablaufs der Errichtungsfrist nicht genehmigungsabweichend (i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) mit der Errichtung der Windparks begonnen.
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2.2.1.4 Der begonnene Bau jeweils einer Windenergieanlage ist zugleich eine Errichtungsmaßnahme des jeweiligen Windparks insgesamt. Dies folgt aus einer Auslegung der beiden Genehmigungen vom 17. November 2014, die vom Landratsamt als einheitliche Genehmigung für den jeweiligen Windpark – und nicht als Einzelgenehmigungen pro Windenergieanlage – erteilt wurden; dementsprechend ist auch Ziffer V. der Bescheide zu lesen. Die Forderung des Klägers, dass für den Errichtungsbeginn auf jede einzelne Windenergieanlage getrennt abzustellen sei, widerspricht den vorliegend (pro Windpark) erteilten einheitlichen Genehmigungen und deren Ziffer V.
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Maßgeblich (und wesentlich prägend) ist hierfür zunächst, dass die Beigeladene (pro Windpark) einen einheitlichen Antrag für alle Anlagen gestellt hat. Grundsätzlich ist es Sache des Bauherrn (im Immissionsschutzrecht folglich: des Betreibers), durch seinen Genehmigungsantrag den Inhalt des Vorhabens (der Anlage) festzulegen, soweit er sich dabei innerhalb derjenigen Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind. Ob ein Bauherr (Betreiber) ein Gesamtvorhaben (vorliegend einen Windpark) oder mehrere Einzelvorhaben (vorliegend jede Windenergieanlage einzeln) zur Genehmigung gestellt hat, beurteilt sich nach dem jeweiligen Genehmigungsantrag, der unter Umständen der Auslegung bedarf (so zum Baurecht BVerwG, B.v. 6.2.2013 – 4 B 39.12 – juris Rn. 11 m.w.N.; der Senat erachtet diese Rechtsprechung jedenfalls insoweit auf das Immissionsschutzrecht übertragbar, zumal im Immissionsschutzrecht insbesondere angesichts der 4. BImSchV ohnehin deutlich konkretere und „engmaschigere“ objektive Grenzen ausgestaltet sind). In den vorliegenden Genehmigungsunterlagen ist aber die (Planungs-)Absicht, nicht mehrere einzelne, voneinander unabhängige Windenergieanlagen, sondern (jeweils) einen Windpark zu errichten und zu betreiben, hinreichend dokumentiert. So sind etwa die Antragsunterlagen inkl. zugehöriger fachgutachterlicher Stellungnahmen (jeweils) für einen Windpark zusammengestellt bzw. ausgearbeitet und als solche (einheitlich) eingereicht; auch Erschließungsmaßnahmen sowie die elektrische Anbindung an das nächstgelegene Umspannwerk sind einheitlich für den (jeweiligen) Windpark geplant. Hintergrund sind wohl (im Wesentlichen, aber nicht ausschließlich) wirtschaftliche Synergieeffekte, beginnend schon in der Planung über die Bauphase bis hin zum Betrieb. Dass der (jeweils) einheitliche Genehmigungsantrag und die Genehmigungen an einigen Stellen von der Errichtung mehrerer Windenergieanlagen sprechen oder die Windenergieanlagen inkl. zugehöriger Flurnummer einzeln nennen, steht dem nicht entgegen; es handelt sich (auch im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung) schlicht um die Notwendigkeit, das Vorhaben und den Genehmigungsumfang ausreichend bestimmt und präzise zu umschreiben. Zudem heißt es in den Bescheiden vom 17. November 2014 umgekehrt auch, dass „die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 4 BImSchG für die Errichtung den Betrieb der Windkraftanlagen“ erteilt wird. Allein daraus lassen sich folglich keine eindeutigen Aussagen zum Charakter als Einzel- oder einheitliche Genehmigung ableiten. Ebenso wenig überzeugt der Hinweis des Klägers, dass der Antrag bzgl. der zunächst geplanten WEA 5 und WEA 6 (W.) zurückgenommen worden sei. Eine solche Teilrücknahme bzw. Tektur ist im laufenden Verwaltungsverfahren auch bei einem einheitlichen Genehmigungsantrag möglich und üblich.
127
Insoweit erübrigt sich auch die vom Kläger aufgeworfene – ohnehin in erster Linie für den materiellen Prüfungsmaßstab relevante – Frage, ob und inwieweit es sich um eine betriebliche Einheit oder eine gemeinsame Anlage i.S.v. § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt bzw. ob die Genehmigung ggf. teilbar oder ob eine Teilablehnung möglich wäre. Entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten des Klägers sprechen § 1 Abs. 3 und 4 der 4. BImSchV im Umkehrschluss eher dafür, dass der Beigeladenen – innerhalb der v.a. durch die 4. BImSchV, aber auch durch das UVPG (und ggf. weitere Fachgesetze) gesetzten, ohnehin engen (zunächst materiell-rechtlichen) Grenzen – ein Freiraum verbleibt, in welchem sie ihren Antrag „gestalten“ kann (vgl. für die Wahl der Anlagenbezeichnung etwa Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 4. BImSchV, Vorbem. Rn. 5 m.w.N.). Würde es sich vorliegend um eine gemeinsame Anlage i.S.v. § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handeln, hätte die Beigeladene ohnehin keine „Aufspaltung“ in einzelne Windenergieanlagen vornehmen dürfen. Handelt es sich umgekehrt nicht (oder nicht vollumfänglich) um eine gemeinsame Anlage (und stehen auch sonstige objektive Grenzen wie etwa Nr. 1.6 der Anlage 1 zur 4. BImSchV oder Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG nicht entgegen), lässt sich weder aus dem BImSchG noch aus der 4. BImSchV eine Verpflichtung ableiten, für jede einzelne Anlage einen separaten Genehmigungsantrag o.ä. zu stellen – im Gegenteil spricht § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV, auch wenn dieser an sich einen anderen Regelungszweck verfolgt (vgl. dazu Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 der 4. BImSchV Rn. 29) eher dafür, dass in einer solchen Konstellation die konkrete Ausgestaltung des Genehmigungsantrags (der Anlage) in der Hand des Betreibers verbleibt (so andeutungsweise bzw. für den Fall der Genehmigung von verschiedenen Alternativen Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 der 4. BImSchV Rn. 30).
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Beantragt also ein Betreiber – wie vorliegend – für mehrere Windenergieanlagen (innerhalb zulässiger objektiver Grenzen) eine einheitliche Genehmigung in Form (jeweils) eines Windparks, muss sich dies umgekehrt auch in der erteilten (einheitlichen) Genehmigung widerspiegeln und folglich auch auf die Auslegung der Ziffer V. der Bescheide auswirken. Zwar ist deren Wortlaut nicht ganz eindeutig bzw. ergibt sich allein daraus nicht zweifelsfrei, dass es ausreicht, wenn mit einer Anlage begonnen wird. Umgekehrt wird aber gerade nicht ausdrücklich gefordert, dass mit dem Bau jeder einzelnen Windenergieanlage begonnen werden müsste. Aus der Begründung der Bescheide unter 3.6 und 3.7 wird aber deutlich, dass es dem Landratsamt für den Errichtungsbeginn darauf ankam, dass die Genehmigung, die für ein einheitliches Projekt (Windpark/mehrere zusammenhängende Windenergieanlagen) erteilt wurde, für das Gesamtvorhaben ausgenutzt wird. Daher hat es als Nachweis für den Errichtungsbeginn die Vorlage eines verbindlichen Vertrages über Kauf, Lieferung und Errichtung der Windkraftanlagen ausreichen lassen und nicht einen Nachweis für eine Errichtungsmaßnahme im engeren Sinne gefordert. Deshalb ist die Regelung – auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks von § 18 Abs. 1 BImSchG – so zu verstehen, dass der Baubeginn einer Windenergieanlage (als dessen Teil) zugleich den Baubeginn des gesamten beantragten Vorhabens/aller Windenergieanlagen (des jeweiligen Windparks) darstellt.
129
Dafür spricht im Übrigen auch, dass es gerade bei größeren Bau- oder Infrastrukturprojekten wirtschaftlich unumgänglich (auch im Sinne der o.g. Synergieeffekte) ist, selbst bei einheitlicher Planung/Genehmigung Bauabschnitte zu bilden. Würde man von der Beigeladenen hier trotz ihres einheitlichen Genehmigungsantrags verlangen, dass sie bis Fristablauf bereits mit dem Bau jeder einzelnen Windenergieanlage begonnen haben muss, so würde man ihr – entgegen ihrem Antrag – erhebliche Synergieeffekte verwehren bzw. erhebliche zusätzliche wirtschaftliche Nachteile aufbürden (beispielsweise den gleichzeitigen statt sukzessiven Einsatz von kostenintensiven schweren Baumaschinen, von Verschalungselementen für die Betonfundamente u.ä.). Dem kann auch nicht entgegenhalten werden, dass die Beigeladenen ja eine Frist von drei Jahren eingeräumt worden sei – es ist dann das Recht der Beigeladenen, diese Frist auch „auszureizen“.
130
Einem solchen Baubeginn „pars pro toto“ steht auch nicht entgegen, dass der Betreiber die Bauphase – wie der Kläger anführt – dann „unendlich verlängern“ könnte. Die Rechtsfrage eines nicht rechtzeitigen Baubeginns ist zu unterscheiden von der einer Bauunterbrechung (vgl. dazu wiederum die Wertung des Art. 69 Abs. 1 BayBO, der zwischen Beginn (Alt. 1) und Unterbrechung (Alt. 2) differenziert). Aus dem Umstand, dass in § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG keine solche Differenzierung erfolgt, kann nicht abgeleitet werden, dass damit auch eine Bauunterbrechung unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu subsumieren wäre. Vielmehr stehen der Immissionsschutzbehörde auch für den Fall einer (langen) Bauunterbrechung bzw. für den endgültigen Bauabbruch geeignete Instrumente zur Verfügung (etwa immissionsschutzrechtliche Auflagen und/oder § 21 BImSchG oder ggf. auch „a fortiori“ § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, wenn die Errichtung, quasi als Minus/Vorstufe zum Betrieb, mehr als drei Jahre unterbrochen wird; vgl. zum Verhältnis von § 18 BImSchG – infolge § 13 BImSchG – zu Art. 69 Abs. 1 BayBO auch Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 18 BImSchG Rn. 43 ff.). Die vom Kläger behauptete Gefahr von Schadensersatzansprüchen beim Widerruf einer Genehmigung, von der (teilweise) kein Gebrauch gemacht wird, erschließt sich ohnehin nicht. Ebenso möglich wäre, wie die Beigeladene zu Recht anführt, eine nachträgliche Befristung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (vgl. BVerwG, U.v. 21.12.2017 – 4 C 7.16 – juris Rn. 19 a.E.).
131
Dass schließlich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene, rein prozessrechtliche Trennung der Verfahren keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage hat (und vorliegend auch keine tauglichen Rückschlüsse auf diese ermöglicht), bedarf keiner näheren Ausführungen.
132
Durch die Errichtung je einer Windenergieanlage lag damit zum Ablauf der Errichtungsfrist für beide Windparks ein Errichtungsbeginn i.S.v. 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. Ziffer V. der Bescheide vor.
133
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Beigeladene innerhalb der nach Ziffer V. der Bescheide gesetzten Dreijahresfrist ernsthaft und genehmigungskonform mit der Errichtung der beiden Windparks begonnen hat, so dass die Genehmigungen vom 17. November 2014 nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erloschen sind.
134
2.2.2 Nachdem die Voraussetzungen für eine Rücknahme (Art. 48 BayVwVfG) oder einen Widerruf der Genehmigungen (§ 21 BImSchG) auch bei Zugrundelegung des klägerischen Vortrags nicht gegeben sind, kann dahinstehen, ob bei deren Vorliegen die auf eine Betriebseinstellung bzw. -untersagung gerichtete Klage gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG begründet wäre. Einem Widerruf steht – unabhängig von den jeweiligen weiteren Tatbestandsvoraussetzungen – bereits § 21 Abs. 2 BImSchG und einer Rücknahme Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG entgegen. Eine Rücknahme ist darüber hinaus schon angesichts der aufgrund der Senatsbeschlüsse vom 7. Mai 2018 (s.o.) und rechtskräftigen Urteile des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 8. August 2017, in welchen eine Rechtswidrigkeit der Genehmigungen gerade nicht festgestellt wurde, ausgeschlossen.
135
Insgesamt ist damit festzuhalten, dass die Genehmigungen vom 17. November 2014 nach wie vor wirksam und taugliche Grundlage für die Errichtung der beiden Windparks sind.
136
2.2.3 Abgesehen vom behaupteten Erlöschen der Genehmigungen nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist auch sonst nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen für eine Untersagungs- (§ 20 Abs. 1 BImSchG) oder eine Stilllegungsanordnung (§ 20 Abs. 2 BImSchG) vorliegen. Die behauptete Abstandsflächenverletzung durch die WEA 4 W. wäre jedenfalls durch die Genehmigung vom 17. November 2014 (W.), die bereits Gegenstand der Senatsbeschlüsse vom 7. Mai 2018 (vgl. BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2032 u.a. – juris Rn. 19 ff. und B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2088 u.a. – juris Rn. 22 ff.) war, legalisiert und könnte dem Betrieb (ohnehin nur dieser WEA) nicht entgegengehalten werden. Sollte der klägerische Vortrag so zu verstehen sein, dass die WEA 4 genehmigungsabweichend errichtet worden sei, würde insoweit, abgesehen von der Frage, ob Art. 6 BayBO eine umweltbezogene Vorschrift ist (s.o.), jedenfalls § 6 Satz 1 UmwRG greifen. Der Kläger hat diese Umstände erst mit Schriftsatz vom 28. September 2022 und damit verspätet vorgetragen. Einer etwaigen Gefahr von Eiswurf durch die WEA 4 (auch) auf die „Dorfrunde“ wurde im Übrigen in der Nebenbestimmung IV. 4. des Bescheids Rechnung getragen.
137
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3, § 92 Abs. 3 VwGO.
138
4. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
139
5. Nach § 132 Abs. 2 VwGO war die Revision vorliegend nicht zuzulassen.