Inhalt

VGH München, Beschluss v. 20.02.2024 – 15 CS 24.75
Titel:

Fehlende Darlegung von Aufhebungsgründen

Normenkette:
VWGO § 80a Abs. 3, § 146 Abs. 4
Leitsatz:
Nach § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO erfordert die Begründung der Beschwerde eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Das erstinstanzliche Vorbringen zu wiederholen, ohne auf die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung einzugehen, reicht ebenso wenig wie pauschale oder formelhafte Rügen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unzulässige Beschwerde, fehlender Antrag, fehlende Darlegung von Aufhebungsgründen., Beschwerde, Darlegung, Rechtsschutzbedürfnis, Baugenehmigung, bauliche Anlage, aufschiebende Wirkung
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 21.12.2023 – RN 6 S 23.2096
Fundstelle:
BeckRS 2024, 4463

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen eine den Beigeladenen auf dem Nachbargrundstück erteilte und zweimal geänderte Baugenehmigung für den Anbau eines bereits bestehenden Zweifamilienhauses und den Ausbau des Dachgeschosses.
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Das Verwaltungsgericht hat den (im Wege der Auslegung ermittelten) Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen den Baugenehmigungsbescheid erhobenen Klage überwiegend – außer bezüglich eines geplanten und hinsichtlich der einzuhaltenden Abstandsflächen nicht ausreichend bestimmten „Mülltonnenhauses“ – abgelehnt. Der Antrag sei im Hinblick auf das genehmigte Hauptgebäude, das bereits im Rohbau fertiggestellt ist, mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig und im Übrigen unbegründet.
3
Mit der eingelegten Beschwerde, „soweit dem Antrag nicht voll entsprochen wurde“, verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter. Einen Antrag hat er nicht gestellt.
4
Der Antragsgegner – Landesanwaltschaft B. – hat beantragt,
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die Beschwerde zu verwerfen
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und ist der Auffassung, diese sei bereits unzulässig, da die Ausführungen des Antragstellers dem Darlegungsgebot nicht genügten.
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Die Beigeladenen haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
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Die Beschwerde ist nach § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt.
9
Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Begründung der Beschwerde einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Sie muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb diese aus Sicht des Beschwerdeführers nicht tragfähig sind. Das erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Das erstinstanzliche Vorbringen zu wiederholen, ohne auf die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung einzugehen, reicht grundsätzlich ebenso wenig wie pauschale oder formelhafte Rügen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.11.2022 – 1 CS 22.2150 – juris Rn. 3; B.v. 14.12.2017 – 1 CS 17.2072 – juris Rn. 3; B.v. 17.7.2013 – 15 CS 13.800 – juris Rn. 10).
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Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Beschluss eingehend dargestellt, dass das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag des Baunachbarn nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bei einem Eilrechtsbehelf gegen die Baugenehmigung regelmäßig mit der Fertigstellung des Rohbaus des angegriffenen Bauvorhabens unter bestimmten, hier gegebenen Voraussetzungen entfällt. Denn das mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage verbundene Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist nach Fertigstellung der baulichen Anlage nicht mehr zu erreichen und die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes stellt sich als unnütz dar. Die Beschwerdebegründung macht – abgesehen davon, dass es an einem bestimmten Antrag fehlt – demgegenüber lediglich geltend, eine Aussetzung der Vollziehung bzw. die Herstellung einer aufschiebenden Wirkung sei auch dann zulässig, wenn der Verwaltungsakt bereits vollzogen ist und lässt eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung vermissen.
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Das Verwaltungsgericht hat außerdem mit umfangreicher Begründung angenommen, dass insbesondere auch keine Verstöße gegen nachbarschützende Rechte erkennbar sind. Mit dem Vorbringen des Antragstellers, er habe Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt, „um das Ganze dem Gericht näher und mit Nachweisen erläutern zu können“ sowie einem Verweis auf weitere, vom Antragsteller selbst gefertigte Anlagen, die nur teilweise verständlich sind, wird nicht dargelegt, inwieweit diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts fehlerhaft sein sollten, zumal Entscheidungen in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101
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Abs. 3 VwGO). Dasselbe gilt für seine Behauptung, bei Einreichung des Bauplans seien falsche Höhenangaben gemacht worden.
13
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, weil sie sich im Beschwerdeverfahren nicht beteiligt und damit auch keinem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt haben.
14
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
15
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).