Inhalt

VGH München, Beschluss v. 05.03.2024 – 10 CE 24.384
Titel:

keine Aussetzung der Abschiebung der Abschiebung aus familiären Gründen 

Normenketten:
GG Art. 6
EMRK Art. 8
GG Art. 19 Abs. 4
AufenthG 60a Abs. 2 S. 1
Leitsatz:
Ein Anspruch auf Duldung besteht nicht, wenn weder eine Lebensgemeinschaft noch sonst eine tatsächliche Nähebeziehung zwischen einem Ausländer und seinem Kind besteht. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aussetzung der Abschiebung, Vater-Kind-Beziehung (hier: verneint), Familiengerichtliches Verfahren zur Anbahnung des Umgangs;, Verfahrensduldung, Duldung, familiäre Bindungen
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 04.03.2024 – M 27 SE 24.1086
Fundstelle:
BeckRS 2024, 4450

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller, ein pakistanischer Staatsangehöriger, seinen vor dem Verwaltungsgericht erfolglosen Eilantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO weiter, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Antragsteller am heutigen Tag nach Pakistan abzuschieben.
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Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 4. März 2024 den Eilrechtsschutzantrag bezüglich einer (sinngemäß geltend gemachten) Duldung abgelehnt, da der Antragsteller weder einen Anspruch auf eine Verfahrensduldung im Hinblick auf ein anhängiges familiengerichtliches Verfahren, noch einen Anspruch auf Duldung hinsichtlich des im Bundesgebiet lebenden Kindes glaubhaft gemacht habe. Es bestehe kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, da ein Ausweisungsinteresse aufgrund der vier strafrechtlichen Verurteilungen vorliege, ohne dass ein Ausnahmefall gegeben sei. Der Schutzbereich des Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK sei nicht eröffnet, da zwischen dem Antragsteller und seinem leiblichen, im... 2019 geborenen deutschen Sohn, zu dem er seit Oktober 2021 keinen Kontakt mehr habe, keine tatsächlich gelebte Familiengemeinschaft bestehe. Es sei ihm zumutbar, den Kontakt zum Kind durch die Nutzung moderner Kommunikationsmittel herzustellen bzw. aufrechtzuerhalten oder Betretungserlaubnisse zu beantragen, insbesondere, wenn sich – derzeit noch nicht hinreichend sicher absehbar – zukünftig im familiengerichtlichen Verfahren ein Umgangsrecht des Antragstellers ergeben sollte. Die derzeit schon der Lebenswirklichkeit des Kindes entsprechende Trennung sei bereits aufgrund der Straffälligkeit des Antragstellers eingetreten.
3
Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Beschwerde vor, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Verfahrensbevollmächtigte des Kindes in der Verhandlung des Familiengerichts Traunstein vom 21. Dezember 2023 geäußert habe, dass das fast fünfjährige Kind von sich aus den Wunsch geäußert habe, Kontakt zu seinem Vater zu haben. Das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass sämtliche Straftaten des Antragstellers durch seine Alkoholkrankheit bedingt seien und er seit eineinhalb Jahren erfolgreich behandelt werde, weshalb das Klinikum auch die Feststellung getroffen habe, dass bei Abschluss der Behandlung keine weiteren Straftaten des Antragstellers zu befürchten seien (Behandlungs- und Vollzugsplan vom 5.1.2024). Das Gericht habe die positive Entwicklung und die damit verbundene positive Sozialprognose nicht in Betracht gezogen. Es sei auch nicht auf die Bedenken eingegangen, dass ein durch eine Abschiebung erzwungener Behandlungsabbruch eine schwere Gesundheitsgefährdung des Antragstellers zur Folge habe, die ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG darstelle. Die Feststellung, dass das familiengerichtliche Umgangsverfahren durch eine Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots weiterbetrieben werden könne, treffe nicht zu. Der den Antragsteller behandelnde Oberarzt habe telefonisch mitgeteilt, dass die Behandlung kurz vor dem Abschluss stehe. Eine Abschiebung würde wie ein Behandlungsabbruch bewertet werden, mit der Folge, dass die Maßnahme nach § 64 StGB nochmal von vorne beginnen würde. Dies Staatsanwaltschaft M. II habe mit Verfügung vom 20. Februar 2024 von der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafen und der Unterbringung nach § 64 StGB abgesehen und darauf hingewiesen, dass der Antragsteller im Falle einer Rückkehr in das Bundesgebiet sofort verhaftet werden würde.
II.
4
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Vorbringen im Beschwerdeverfahren, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine Abänderung des angegriffenen Beschlusses.
5
Der Antragsteller hat auch im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt und glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass er einen Anordnungsanspruch auf eine Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG hat, weil die Abschiebung tatsächlich oder rechtlich unmöglich wäre.
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1. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aus familiären Gründen ist nicht glaubhaft gemacht.
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Zwar kann eine Abschiebung nach Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK aus familiären Gründen rechtlich unmöglich sein, wenn die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden kann. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 6 GG zwar keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt, jedoch verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 und 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 5.6.2013 – 2 BvR 586/13 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 22.1.2021 – 10 CE 20.3127 – Rn. 19).
8
Im Falle des Antragstellers besteht eine solche Lebensgemeinschaft jedoch nicht. Auch wenn der Antragsteller die Vaterschaft für das Kind anerkannt hat, hat die Kindesmutter das alleinige elterliche Sorgerecht. Eine tatsächliche Nähebeziehung zwischen Vater und Kind besteht nicht. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Antragsteller seit Oktober 2021 keinen Kontakt mehr mit dem Kind hatte und zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt kein Umgangsrecht mit dem Kind hat und somit der Schutzbereich des Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK bereits nicht eröffnet sei. Dem tritt der Antragsteller nicht substantiiert entgegen. Soweit der Antragsteller auf den im familiengerichtlichen Verfahren geäußerten Wunsch des Kindes nach Kontakt zum Vater hinweist, ergibt sich dies jedenfalls aus dem Protokoll über die nicht-öffentliche Sitzung des Familiengerichts vom 21. Dezember 2023 nicht. Der bloße, nicht näher konkretisierte Wunsch nach einem Kontakt würde im Übrigen einer tatsächlichen Nähebeziehung nicht gleichstehen.
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Zwar kann auch grundsätzlich für die Dauer der Durchsetzung eines Umgangsrechts vor den Familiengerichten und der Kontaktanbahnung dem ausländischen Vater eines deutschen Kindes zur effektiven Wahrung seiner Rechte aus Art. 8 EMRK eine Duldung erteilt werden (BayVGH, U.v. 6.9.2016 – 10 B 13.1318 – juris Rn. 40; OVG Magdeburg, B.v. 7.12.2018 – 2 M 127/18 – juris Rn. 6 ff.). Die Schutzwirkungen des Art. 6 GG entfalten sich nicht erst dann, wenn sonst grundsätzlich zu fordernde regelmäßige persönliche Kontakte im Rahmen des Üblichen, die die Übernahme der elterlichen Erziehungs- und Betreuungsverantwortung zum Ausdruck bringen, bereits tatsächlich bestehen. Vielmehr greifen die Schutzwirkungen mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht schon dann, wenn der Umgang des ausländischen Elternteils mit seinem Kind zur Verwirklichung des Umgangsrechts und der Umgangspflicht (§ 1684 Abs. 1 BGB) in der Aufbauphase erst angebahnt wird (vgl. OVG BBg, B.v. 20.10.2016 – OVG 12 S 25.16 – juris Rn. 8). Vor diesem Hintergrund kann einem Ausländer auch zur Durchsetzung seines Umgangsrechts bis zum rechtskräftigen Abschluss eines familiengerichtlichen Verfahrens ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK zustehen (vgl. BayVGH, U.v. 26.09.2016 – 10 B 13.1318 – juris Rn. 40).
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Ein solcher Duldungsanspruch entsteht jedoch nicht automatisch mit der Einreichung eines Antrags auf Regelung des Umgangs durch den Ausländer bei dem zuständigen Familiengericht. Für die Schutzwürdigkeit einer (neuerlichen) Anbahnung von Umgangskontakten kommt es vielmehr auf die Gesamtumstände des bisherigen Verhältnisses des ausländischen Elternteils zu seinem Kind an. Hierzu hat der Betroffene darzulegen, bis wann eine familiäre Lebensgemeinschaft bestanden habe und wieso sie unterbrochen worden sei bzw. aus welchen Gründen sie bisher nicht bestanden habe, weshalb sie gerade jetzt angesichts einer drohenden Abschiebung (wieder) hergestellt werden solle und woraus sich ein tragfähiger Ansatz für den Aufbau einer gelebten Vater-Kind-Beziehung ergeben solle (OVG Magdeburg, B.v. 7.12.2018 – 2 M 127/18 – juris Rn. 6 ff.).
11
Dazu hat der Antragsteller nichts (substantiiert) vorgetragen. Zwar hatte der Antragsteller nach seinem Vorbringen von September 2019 bis Oktober 2021 16-mal Kontakt mit seinem Sohn, danach jedoch nicht mehr. Ausführungen dazu, wieso er von Oktober 2021 bis zu seinem Antrag beim Familiengericht im November 2023 keinen Kontakt mehr mit dem Kind hatte und aus welchem Grund er erst im November 2023 den Antrag auf Umgangsrecht gestellt hat, finden sich nicht. Die (erste) Verhandlung vor dem Familiengericht fand bereits am 21. Dezember 2023 statt. Insoweit hatte der Antragsteller Gelegenheit, am Verfahren teilzunehmen. Gründe dafür, dass eine weitere Anwesenheit des Antragstellers im familiengerichtlichen Verfahren erforderlich ist, wurden nicht geltend gemacht, und sind auch nicht ersichtlich. Ob tatsächlich vom Familiengericht ein Gutachten eingeholt wird, ist – worauf der dortige Bevollmächtigte des Antragstellers hinweist (vgl. Schriftsatz vom 5.1.2024) – noch nicht entschieden (vgl. auch Vermerk des Amtsgerichts, Anlage 15 der Akte der Vorinstanz). Es ist auch nicht dargelegt, dass die Anwesenheit des Antragstellers insoweit erforderlich wäre. Insoweit wäre es auch entgegen den Ausführungen des Antragstellers denkbar, dem Antragsteller Betretungserlaubnisse zu erteilen bzw. das Einreise- und Aufenthaltsverbot zu verkürzen, da auch dadurch gewährleistet werden kann, dass der Antragsteller seine Rechte waren kann. Aus den Gesamtumständen des bisherigen Verhältnisses des Antragstellers zu seinem Kind lässt sich zudem nicht erkennen, dass eine Anbahnung von Umgangskontakten im Interesse des Kindeswohles erforderlich wäre.
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2. Aus dem Beschwerdevorbringen zu einer schweren Gesundheitsgefährdung des Antragstellers durch den durch die Abschiebung erzwungenen Behandlungsabbruch ergibt sich kein inlandsbezogenes rechtliches Vollstreckungs- bzw. Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Die gesetzliche Vermutung, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG), ist nicht durch Vorlage eines fachärztlichen Attestes widerlegt.
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Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht. Wegen der Bindungswirkung nach § 42 Satz 1 AsylG an die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG kommen nur inlands- und nicht zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote in Betracht. Eine bestehende Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zweierlei Hinsicht begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie – außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne; vgl. zum ganzen zuletzt etwa BayVGH, B.v. 20.1.2022 – 19 CE 21.2437 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 28.11.2022 – 10 CE 22.2250, 10 C 22.2252 – juris Rn. 8).
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Der Hinweis des Antragstellers auf eine telefonische Auskunft seines behandelnden Oberarztes ist insoweit nicht ausreichend. Daraus lässt sich nur entnehmen, dass die Behandlung des Antragstellers kurz vor dem Abschluss stehe und eine Abschiebung einen Behandlungsabbruch darstelle und nach einer Rückkehr in das Bundesgebiet die Maßnahme von vorne beginnen müsse. Über die gesundheitlichen Folgen der Abschiebung wird damit keine Aussage getroffen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder dargelegt, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes des Antragstellers konkret droht. Eine Reiseunfähigkeit im engeren oder weiteren Sinn ergibt sich daraus nicht. Eine Reisefähigkeit des Antragstellers wird auch in dem Schreiben der Klinik für forensische Psychiatrie vom 9. Januar 2024 bestätigt. An die Entscheidung über zielstaatsbezogene Abschiebungshindernis im bestandskräftig ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Juni 2017 sind die Ausländerbehörden und auch die Gerichte gebunden.
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3. Auch eine – lediglich ausnahmsweise mögliche (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.2019 – 1 C 34.18 – juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 12.9.2022 – 10 CE 22.1925 – juris Rn. 4; B.v. 6.12.2021 – 10 CE 21.2930 – juris Rn. 3 jew. m.w.N.) − Verfahrensduldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG kommt nicht in Betracht. Diese setzt voraus, dass die Aussetzung der Abschiebung geboten ist, weil zweifelsfrei ein (Rechts-)Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels besteht beziehungsweise – wenn der Ausländerbehörde in Bezug auf die Titelerteilung Ermessen eröffnet ist – keine tragfähigen Ermessensgesichtspunkte ersichtlich sind, die eine Ablehnung rechtfertigen könnten (BayVGH, B.v. 14.2.2023 – 10 C 22.2379 – juris Rn. 3; B.v. 1.12.2022 – 10 CE 22.2378, 10 C 22.2379 – juris Rn. 28; VGH BW, B.v. 22.10.2020 – VGH 11 S 1812/20 – juris Rn. 15; B.v. 2.3.2021 – VGH 11 S 120/21 – juris Rn. 16 jew. m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind jedoch im Fall des Antragstellers nicht geltend gemacht worden beziehungsweise liegen nicht vor.
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Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis weder gemäß §§ 27 ff. AufenthG noch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG besteht. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ein Ausweisungsinteresse nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG aufgrund der vier strafrechtlichen Verurteilungen des Antragstellers angenommen. Soweit der Antragsteller geltend macht, dass nach dem Behandlungs- und Vollzugsplan vom 5. Januar 2024 des S.-Klinikums bei Abschluss der Behandlung keine weiteren Straftaten zu befürchten seien und dass das Verwaltungsgericht nicht die positive Entwicklung und die damit verbundene positive Sozialprognose berücksichtigt habe, weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass bei Straftaten, die durch eine Suchterkrankung zumindest gefördert wurden, von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden kann, solange der Ausländer nicht eine Drogen-, Alkohol- oder sonst einschlägige Therapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung eines künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat (stRspr des Senats, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 18.12.2023 – 10 ZB 23.1200 – juris Rn. 7; U.v. 12.4.2021 – 10 B 19.1716 – juris Rn. 73; U.v. 3.2.2015 – 10 B 14.1613 – juris Rn. 32). Der Antragsteller trägt selbst vor, dass die Maßnahme noch nicht beendet ist, wenn auch seit dem 19. Oktober 2023 die Lockerungsstufe C5 erprobt worden sei, wonach sich der Antragsteller für die Dauer von 5 Stunden an den Wochenenden ohne Begleitung im Stadtgebiet aufhalten dürfe und sich im Rahmen von Sonderausgängen eine Arbeit suchen könne. Des Weiteren würde der Antragsteller nach einer Entlassung aus dem Klinikum für weitere fünf Jahre unter Führungsaufsicht mit laufenden Alkoholkontrollen stehen. Ein erfolgreiches Therapieende oder gar eine Bewährung auch nach Therapieende ist damit nicht glaubhaft gemacht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).