Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 12.12.2024 – B 2 K 22.1167
Titel:

Einwände gegen die Sachgerechtigkeit einer FFH-Gebietsausweisung, Bestimmtheit des Bescheids, erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets, Störerauswahl, „gute landwirtschaftliche Praxis“, EuGH Urteil vom 14.11.2024 (C-47/23)

Normenkette:
BNatSchG § 3 Abs. 2 i.V.m. § 33
Schlagworte:
Einwände gegen die Sachgerechtigkeit einer FFH-Gebietsausweisung, Bestimmtheit des Bescheids, erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets, Störerauswahl, „gute landwirtschaftliche Praxis“, EuGH Urteil vom 14.11.2024 (C-47/23)
Fundstelle:
BeckRS 2024, 44419

Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit es in der mündlichen Verhandlung am 12.12.2024 für erledigt erklärt wurde.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte trägt 5/100 der Kosten des Verfahrens, der Kläger 95/100.
4. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine Wiederherstellungsanordnung von Wiesenflächen des Lebensraumtyps „Magere Flachland-Mähwiesen“ (LRT 6510) durch Veränderung ihrer Bewirtschaftung.
2
Der Kläger ist Landwirt und bewirtschaftet im Rahmen seines Milchviehbetriebs mit mindestens 300 Tieren eine Fläche von fast 97 ha Land. Zahlreiche von ihm bewirtschaftete Flächen liegen im Bereich der FFH-Gebiete … „…“, … „…“ und … „…“. Zum Teil stehen die Flächen in seinem Eigentum, zum Teil sind sie gepachtet.
3
Im Zuge von Kartierungen stellte der Beklagte Verschlechterungen des Lebensraumtyps „Magere Flachland-Mähwiesen“ auf vom Kläger bewirtschafteten Flächen fest.
4
Mit Schreiben vom 11.05.2022 wurde der Kläger zur beabsichtigten Wiederherstellungsanordnung angehört.
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Mit Bescheid vom 22.11.2022 verpflichtete ihn das Landratsamt …, die als „magere Flachland-Mähwiesen“ (Lebensraumtyp 6510) kartierten Wiesenflächen in den FFH-Gebieten „…“ (* …*), „…“ (* …*) und „…“ (* …*), die sich aus dem als Anlage zum Bescheid beigefügten Kartenmaterial ergeben, bis Ende 2027 wiederherzustellen, (Ziffern 1 und 3) indem er die Düngung mit stickstoffhaltigem Dünger (z.B. Gülle) unterlässt, jährlich (bis Ende 2024 mindestens dreimal) mäht und das Mahdgut bis Ende 2027 zeitnah nach der Mahd entfernt (Ziffern 2.1 bis 2.3). Unter Androhung von Verwaltungszwang (Ziffer 4) wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer 5).
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In den genannten FFH-Gebieten sei durch einen Kartierungsvergleich aus dem Jahr 2017 mit den Daten der Altkartierung aus dem Jahr 2006 ein großflächiger Verlust des Lebensraumtyps 6510 festgestellt worden. Dieser Verlust sei durch die intensive Bewirtschaftung der in der Anlage aufgeführten Flächen durch den Betrieb des Klägers verursacht worden. Die landwirtschaftlich intensive Grünlandnutzung mit sehr früher und häufiger Wiesenmahd in Verbindung mit entsprechenden Düngegaben vorwiegend in Form von Gülle habe zu einer erheblichen Schädigung dieser landschaftsprägenden und für die Biodiversität der Kulturlandschaft wesentlichen arten- und strukturreichen Wirtschaftswiesen geführt. Mehrere Gesprächstermine seien erfolglos geblieben.
7
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 20.12.2022 hat der Kläger gegen den Bescheid Klage erheben lassen. Der Kläger betreibe eine Landwirtschaft mit einer Viehhaltung mit 1,62 Großvieheinheiten je Hektar landwirtschaftlicher Fläche. Als Futterquelle für seinen Viehbestand sei eine entsprechende Bewirtschaftung erforderlich, um nicht auf den Zukauf von Grundfutter und Sojaschrot angewiesen zu sein. Die streitgegenständlichen Flächen seien z.T. gepachtet. Dieser Umstand sei bereits nicht ausreichend berücksichtigt worden. Einige der im Eigentum des Klägers stehenden Flächen seien diesem im Rahmen der Flurbereinigung … bis … zugeteilt worden. Im Jahr 2006 sei es im Zusammenhang mit der Planung einer Umgehungs straße zu einer Kartierung gekommen. Eine flurnummernscharfe und vollständige Erstkartierung liege jedoch nicht vor. Im Jahr 2017 sei eine weitere Kartierung vorgenommen worden, die im Zeitpunkt der Klageerhebung jedoch bereits sechs Jahre zurückliege. Im Auftrag der Regierung von … sei im Jahr 2019 eine Dokumentation der Entwicklung des FFH-Gebiets vorgenommen worden. Das Landratsamt habe sich bisher lediglich an den Kläger und nicht auch an andere Bewirtschafter gewendet. Der Kläger bezweifle, dass seine Wirtschaftsweise zu einer Verschlechterung im streitgegenständlichen Gebiet geführt habe. Er habe bereits bei einem Gesprächstermin am 18.12.2020 auf eine Mäuseplage sowie Trockenheit als Verursacher hingewiesen. Der Kläger habe einige Flächen in das Vertragsnaturschutzprogramm überführt. Diese Maßnahme sei jedoch vom Beklagten nicht als ausreichend erachtet worden.
8
Der Kläger sei einseitig als Handlungsstörer herangezogen worden. Eine Differenzierung hinsichtlich im Eigentum stehender oder gepachteter Flächen bestehe nicht. Zudem wäre hinsichtlich der gepachteten Flächen eine Duldungsverfügung gegenüber dem Grundstückseigentümer erforderlich. Auch liege ein Ermessensausfall vor, denn der Kläger werde als Bewirtschafter und damit als Handlungsstörer herangezogen. Der Grundstückseigentümer sei nicht in die erforderliche Abwägung einbezogen worden. Das Naturschutzrecht kenne jedoch einen allgemeinen Vorrang des Handlungsstörers nicht. Auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach wurde verwiesen (Az. 5 K 10.442). Zudem seien andere Einflüsse nicht hinreichend beachtet worden, obwohl diese als durchaus ursächlich erkannt worden seien. Es bedürfe einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele, wenn der Schutzzweck des Gebietes insgesamt erheblich und dauerhaft unter einem Projekt leide. Gewisse Flächenverluste seien aus Gründen der praktischen Vernunft zu akzeptieren. Auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.03.2008 (Az. 9 A 3/06) wurde verwiesen. Auch seien die angeordneten Maßnahmen nicht geeignet. Dies ergebe sich aus dem Vorhandensein weiterer externer Faktoren. Der Kläger habe angeboten, durch schrittweise Überführung von Flächen in ein Naturschutzprogramm die Wirksamkeit der Maßnahmen zunächst zu erproben. Eine komplette Überführung erweise sich als unverhältnismäßig, insbesondere vor dem Hintergrund des Nutzviehbestands. Eine Entschädigung sei nicht vorgesehen worden.
9
Er habe bereits anlässlich der Anforderung der Kartierung aus dem Jahr 2006 mit Schreiben vom 25.01.2021 und vom 16.02.2021 die Kartierung der Flächen angezweifelt, weil schon im Jahr 2006 viermal jährlich siliert worden sei. Die Kartierung aus dem Jahr 2006 sei bisher nicht in nachvollziehbarer Weise vorgelegt worden, auch nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Auf das vom Beklagten vorgetragene Verfahren betreffend die beantragte Erhöhung des Großviehbestands komme es vorliegend nicht an. Insbesondere gehe eine verzögerte Bearbeitung nicht allein zu Lasten des Klägers. Der Bescheid verkenne auch, dass damit dem Kläger die Möglichkeit für eine förderfähige Extensivierung genommen werde. Zudem würden andere im Gebiet tätige Bewirtschafter diese Möglichkeit nach wie vor haben. Auch außerhalb des FFH-Gebiets vorgenommene Maßnahmen würden Vorteile für die Pflanzen haben. Eine separate Betrachtung nur der Flächen innerhalb des FFH-Gebiets erscheine zu kurz gegriffen. Sollte der Kläger für seinen Viehbestand Futter zukaufen müssen, wären Umweltauswirkungen etwa von CO2-Belastungen durch verlängerte Transportwege die Folge. Auch solche Aspekte seien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beachten. Der Kläger verwies in Bezug auf die Darlegungslast auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17.02.2020 (Az. 12 CS 19.2505).
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Mit Schreiben vom 10.12.2024 legte die Klägerseite die Pachtverträge vor und ergänzte ihren Vortrag. Weder für das FFH-Gebiet „…“, noch für das FFH-Gebiet „…“ lägen Erstbewertungen oder Zweitbewertungen vor. Zudem verwies der Klägerbevollmächtigte auf die Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Landesentwicklung und Umweltfragen, des Inneren, für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 04.08.2000.
11
Er beantragt,
den Bescheid vom 22.11.2022 aufzuheben.
12
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
13
Ein Vergleich der Kartierung des FFH-Gebiets „…“ aus dem Jahr 2017 mit einer Kartierung aus dem Jahr 2006 habe gezeigt, dass 69% der kartierten Flächen nicht mehr erfassungswürdig seien. Von den Verlustflächen würden 65% vom Kläger bewirtschaftet. In einem Gespräch mit dem Kläger habe eine Mäuseplage nicht ausgeschlossen werden können. Die Bewirtschaftung des Klägers sei jedoch eindeutig als Ursache für die Verschlechterung angesehen worden. Der Kläger habe zutreffend vorgetragen, Flächen in das Vertragsnaturschutzprogramm übertragen zu haben. Mehrere dieser Flächen befänden sich jedoch nicht im FFH-Gebiet und stünden zudem im Eigentum des Landkreises oder des Beklagten selbst, die als Eigentümer bereits im Rahmen des Pachtverhältnisses eine extensive Nutzung gefordert hätten. Der Kläger sei mit Anhörungsschreiben vom 11.05.2022 zur Wiederherstellungsanordnung angehört worden. Der Großviehbestand sei nicht genehmigt, weshalb der Kläger bereits in einem separaten Verfahren darauf hingewiesen worden sei, dass die Zahl des Viehbestands die Grenze der Genehmigungspflicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz überschritten habe und deshalb entweder eine Genehmigung erforderlich sei oder der Viehbestand verringert werden müsse. Das Ermessen hinsichtlich der Störerauswahl sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Der Kläger sei alleiniger Nutzer der in seinem Eigentum befindlichen und der gepachteten betroffenen Flächen. Seine seit Jahren betriebene intensive Bewirtschaftungsform habe zur Verschlechterung der Flächen geführt. Die Wiederherstellungsanordnung sei geeignet, erforderlich und angemessen. Hauptursache für die Verschlechterung sei eindeutig die Bewirtschaftungsform des Klägers. Es sei allgemein bekannt, dass eine intensive Bewirtschaftung zur Verdrängung geschützter Arten führe. Die Düngung schaffe für Gräser gute Voraussetzungen, welche die Kräuter verdrängen. Durch die häufige Mahd würden keine Blüten austreiben, so dass sich Samen nicht verbreiten könnten. Da die Ursache feststehe bedürfe es keiner Erprobung. Die Wiederherstellung sei bis Ende 2027 vorgesehen. Der Kläger habe trotz mehrerer Gespräche eine Änderung der intensiven Nutzung kaum erkennen lassen. Das Bundesverwaltungsgericht erkenne zwar gewisse Bagatellgrenzen an. Die betroffene Fläche des Klägers überschreite den Orientierungswert von 1.000 m² erheblich.
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Zudem führte der Beklagte an, dass es eine flurnummernscharfe Aufnahmeliste nicht gebe. Eine Kartierung erfolge grundsätzlich nach Lebensraumtyp, nicht anhand von Flurnummern. Das Vorkommen besonderer Arten oder Lebensräume lasse sich nicht auf exakte Flurnummern festlegen. Aus diesem Grund sei die Wiederherstellung auch nicht für bestimmte Flurstücke angeordnet worden, sondern es werde auf die Lagepläne verwiesen. Da im …tal zudem ein Flurneuordnungsverfahren stattgefunden habe, würden die Flurstücke aus dem Jahr 2006 auch nicht mehr den heutigen Flurstücken entsprechen. Die Pläne über das Kartierungsergebnis aus dem Jahr 2006 wurden übersandt. Eine Unverhältnismäßigkeit der Wiederherstellungsanordnung könne nicht mit der Notwendigkeit für den Nutzviehbestand begründet werden, wenn dieser ungenehmigt betrieben würde.
15
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der vorgelegten Behördenakte (§ 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
17
Rechtsgrundlage für die Ziffern 1 bis 3 des angefochtenen Bescheids ist § 3 Abs. 2 i.V.m. § 33 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG). Danach sind alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, unzulässig. Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden überwachen die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen naturschutzrechtlichen Wiederherstellungsanordnung ist anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 22.11.2022 zu beurteilen (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2013 – 4 B 60/12 – juris, Rn 5; BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 14 B 10.1550 – juris Rn. 22 m.w.N.).
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1. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere sind die von der Wiederherstellungsanordnung betroffenen Flächen im Bescheid hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Der Entscheidungsinhalt muss so gefasst sein, dass der Adressat ohne weiteres erkennen kann, was genau von ihm gefordert wird (BeckOK VwVfG/Tiedemann, 65. Ed. 1.10.2024, VwVfG § 37 Rn. 19-23.2). Vorliegend ist durch Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids eindeutig ersichtlich, dass sich die Wiederherstellungsflächen aus dem Bescheid als Anlage beigefügten Kartenmaterial ergeben, das Bestandteil des Bescheids ist (vgl. hierzu BeckOK, VwVfG/Tiedemann, 65. Ed. 1.10.2024, VwVfG § 37 Rn. 20.4).
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2. Die intensive Bewirtschaftung der Wiesenflächen durch den Kläger ist gemäß § 33 BNatSchG unzulässig.
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2.1 Die von der Wiederherstellungsanordnung betroffenen Flächen liegen unstreitig im Bereich eines Natura 2000-Gebiets. Natura 2000 setzt sich aus den Fauna-Flora-Habitat- und den Vogelschutzgebieten zusammen (§ 1 Bayerische Verordnung über die NATURA 2000-Gebiete – BayNat2000V). Die Errichtung von Natura 2000 erfordert die Meldung der ausgewählten FFH- und Vogelschutzgebiete an die Europäische Kommission (vgl. § 32 Abs. 1 BNatSchG). Mit Entscheidung vom 13.11.2007 hat die Kommission gemäß der RL 92/43/EWG des Rates eine erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region verabschiedet. Mit der BayNat2000V in der Fassung vom 19.02.2016 wurden in Bayern die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiete) und Vogelschutzgebiete zusammen in einer Verordnung unter Schutz gestellt. In der Anlage 1 zur BayNat2000V finden sich die betroffenen FFH-Gebiete unter ihren Gebietsnummern aufgelistet (* … „…“, … „…“ und … „…“). Die zugehörige Anlage 1a enthält zudem die jeweiligen Erhaltungsziele gemäß § 3 BayNat2000V, die für die betroffenen drei FFH-Gebiete jeweils u.a. den Lebensraumtyp „Magere Flachland-Mähwiesen“ (LRT 6510) verzeichnen.
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Es kann dahinstehen, ob auch nach der Listung eines FFH-Gebiets und nach Erlass der BayNat2000V Raum für eine gerichtliche Überprüfung der Richtigkeit der Gebietsauswahl bzw. -abgrenzung besteht, die gegebenenfalls bei Zweifeln an deren Ordnungsgemäßheit zu einem Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu führen hätte (BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 14 B 10.1550 – juris Rn. 26 m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 5.7.22 – 2 K 137/19 – juris Rn 101 f). Denn es bestehen keine Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Gebietsausweisung.
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Das erkennende Gericht hat, bestätigt durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht, für das FFH-Gebiet … „…“ bereits entschieden, dass die Bestimmung dieses Naturraums zum Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung im Einklang mit den Bestimmungen der FFH-RL steht (VG Bayreuth, U.v. 28.1.2010 – Az. B 2 K 09.764 – S. 18 ff; BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 14 B 10.1550 – juris Rn. 22 m.w.N.; BVerwG, B.v. 19.3.2013 – 4 B 60/12 – juris). Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass dies auch für die beiden anderen FFH-Gebiete „…“ sowie „…“ gilt. Denn die FFH-RL gewährt den Mitgliedstaaten bei der Gebietsauswahl einen großen Entscheidungs-/AuswahlSpielraum, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL ist (von den Mitgliedstaaten) anhand der in Anhang III (Phase 1) festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Informationen eine Liste von Gebieten vorzulegen, in der die in diesen Gebieten vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I verzeichnet sind. Anhang III der FFH-RL nennt Kriterien zur Auswahl der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bestimmt und als besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden könnten und bezeichnet als entsprechende Kriterien zur Beurteilung der Bedeutung des Gebietes für einen natürlichen Lebensraumtyp des Anhangs I den Repräsentativitätsgrad des in diesem Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensraumtyps, die eingenommene Fläche im Vergleich zur Gesamtfläche des Lebensraumtyps im gesamten Hoheitsgebiet des Staates, den Erhaltungsgrad der Struktur und der Funktion des Lebensraumtyps samt Wiederherstellungsmöglichkeit und die Gesamtbeurteilung des Wertes des Gebietes für die Erhaltung. Nach der Rechtsprechung des EuGH hat die Gebietsauswahl ausschließlich auf der Grundlage dieser naturschutzfachlichen Kriterien zu erfolgen (EuGH, U.v. 7.11.2000 – C-371/98 – DVBl. 2000, 1841) und ein Mitgliedstaat darf bei der Auswahl ausdrücklich nicht den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung tragen. Dieser Auswahlprozess verbürgt eine hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung, wenn ein FFH-Gebiet von der EU-Kommission erst einmal in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen wurde. Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung bedürfen bei einer gerichtlichen Überprüfung einer besonderen Substantiierung (BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 14 B 10.1550 – Rn. 27 m.w.N.; VG Bayreuth, U.v. 28.1.2010 – B 2 K 09.764; BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 – Rn. 39; EuGH, U.v. 14.10.2010 – C 535/07; VGH BW, U.v. 1.7.21 – 5 S 1770/18 – Rn. 40; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 5.7.22 – 2 K 137/19 – Rn. 91 ff, 103 – jeweils juris). Der Beklagte ist daher vorliegend nicht – wie der Kläger offenbar meint – darlegungsbelastet für die Richtigkeit der Ausweisung. Der Kläger hat die tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Ausweisung und Abgrenzung der FFH-Gebiete nicht widerlegt. Er hat weder substantiiert geltend gemacht noch ist sonst ersichtlich, dass es verfehlt wäre, die betroffenen Wiesenflächen in die FFH-Gebiete einzubeziehen. Die Klägerseite macht diesbezüglich lediglich geltend, dass die Erstkartierung aus dem Jahr 2006 nicht vorgelegt wurde und dass ein Teil der Flächen bereits im Jahr 2006 viermal jährlich siliert worden sei. Dieser Vortrag genügt den Anforderungen an eine substantiierte Widerlegung ersichtlich nicht.
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Anhaltspunkte dafür, dass die Aufnahme der Flächen in das Schutzregime mit höherrangigem EU-Recht nicht zu vereinbaren sei, insbesondere mit dem Eigentumsgrundrecht, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Entscheidung des Gerichts und die diese bestätigende Entscheidung des BayVGH verwiesen (VG Bayreuth, U.v. 28.1.2010 – B 2 K 09.764 – S. 21 ff; BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 14 B 10.1550 – juris Rn. 33 m.w.N.). Eine Überprüfung anhand des nationalen Verfassungsrechts scheidet aus (BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 14 B 10.1550 – juris Rn. 33 m.w.N.).
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2.2 Es liegt auch eine erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen vor.
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Maßgebliche Gebietsbestandteile sind in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der „darin vorkommenden charakteristischen Arten“ (BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 14 B 10.1550 – juris Rn. 36 m.w.N.). Diese finden sich in Anlage 1 zur BayNat2000V. Hinsichtlich dieser Lebensraumtypen werden die zugehörigen Erhaltungsziele der FFH-Gebiete in der Anlage 1a der BayNat2000V aufgeführt (§ 3 BayNat2000V).
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Für die betroffenen FFH-Gebiete sind in der Anlage 1 der BayNat2000V u.a. der Lebensraumtyp „Magere Flachland-Mähwiesen“ (LRT 6510) gemeldet und gelistet. Für diesen Lebensraumtyp sieht die Anlage 1a der BayNat2000V als Erhaltungsziel einen für den Lebensraumtyp günstigen Nährstoffhaushalt und eine bestandsprägende Bewirtschaftung vor. Die als „Magere Flachland-Mähwiesen“ kartierten Flächen sind nach den Erkenntnissen des Beklagten intensiv gedüngt und gemäht worden, was zu einer Beeinträchtigung des Lebensraumtyps geführt hat. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Beklagtenseite, dass eine Verschlechterung des LRT 6510 relativ einfach optisch erkennbar sei, weil sich dieser Lebensraumtyp durch eine ausreichende Artenzahl krautartiger Pflanzen auszeichnet, die auf den von der Anordnung betroffenen Flächen nicht mehr vorzufinden seien. Zunächst habe die Regierung von …, die für die Erstellung der Managementpläne zuständig sei, vor Ort festgestellt, dass in dem untersuchten FFH-Gebiet … „…“ der LRT 6510 massiv zurückgegangen sei. Nach Identifizierung des Hauptverursachers habe man sich auch die anderen von ihm bewirtschafteten Flächen des Betriebs angesehen und die Verschlechterungen dieses Lebensraumtyps in den weiteren im Bescheid aufgeführten FFH-Gebieten festgestellt. Aus dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung und den Ausführungen in der Behördenakte ergibt sich, dass die Behörden eine andere Ursache als die intensive Bewirtschaftung durch den Kläger ausschließen. Soweit der Kläger auf weitere mögliche Ursachen wie eine Mäuseplage oder Trockenheit verweist, ist der Behördenakte zu entnehmen, dass sich die vom Kläger bewirtschafteten Flächen von ihrer Struktur her maßgeblich von den umliegenden Flächen anderer Bewirtschafter unterscheiden (vgl. Bl. 35, 40 der Behördenakte). Die Beklagtenseite schließt daher alternative Ursachen für die Verschlechterung auf den vom Kläger bewirtschafteten Flächen in nachvollziehbarer Art und Weise aus. Es sind für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich, die an der fachkundigen Einschätzung der Behörden Zweifel begründen könnten. Auch der Hinweis der Klägerseite, die Verschlechterung sei bereits fünf Jahre vor Erlass des angefochtenen Bescheids, nämlich im Jahr 2017 festgestellt worden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es ist schon nicht vorgetragen, dass sich seither eine maßgebliche Verbesserung ergeben hätte.
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In der mündlichen Verhandlung wurden die betroffenen und im Bescheid aufgeführten Flächen anhand einer – in der Sitzung übergebenen aktualisierten – Liste mit den Beteiligten besprochen. Für das Gericht sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die vom Verlust des Lebensraumtyps „Magere Flachland-Mähwiesen“ betroffenen Flächen unrichtig festgestellt worden wären. Einwände hiergegen wurden auch von Klägerseite nicht substantiiert geltend gemacht. Die Klägerseite moniert lediglich, dass es an einer detaillierten Kartierung fehle. Sie befasst sich aber nicht damit, dass im angefochtenen Bescheid die Flächen, auf denen der Lebensraumtyp „Magere Flachland-Mähwiesen“ verschlechtert wurde, genau verzeichnet sind und dass sich diese Flächen auch in den Feststellungen der Behörde wiederfinden.
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Der Kläger ist nach den Feststellungen der Fachbehörden, denen er keinen substantiierten Sachvortrag entgegensetzt, verantwortlich für einen Verlust von ca. 33 ha des Lebensraumtyps „Magere Flachland-Mähwiesen“ in FFH-Gebieten. Solche Flächenverluste sind offensichtlich nicht mehr unerheblich im Sinne der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
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3. Die Anordnung der Wiederherstellung durch das Unterlassen stickstoffhaltiger Düngung und Einhaltung der Mahdvorgaben ist rechtmäßig. Gemäß § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorgaben aus dem BNatSchG und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen.
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3.1 Die getroffenen Anordnungen sind erforderlich, geeignet und verhältnismäßig. Andere Wege, rechtmäßige Zustände herzustellen werden vom Kläger nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Die getroffenen Anordnungen bewegen sich am unteren Ende denkbarer Eingriffsmöglichkeiten. Auch wenn der Wortlaut des Bescheides auf den ersten Blick ein Tätigwerden, nämlich die Wiederherstellung, suggeriert, wurde dem Kläger vor allem ein Unterlassen aufgegeben. Durch das Unterlassen stickstoffhaltiger Düngung und die Einhaltung der Vorgaben zur Mahd wird sich die Wiese, so die Erwartung der Unteren Naturschutzbehörde, von allein regenerieren. Andere Maßnahmen als die angefochtene Anordnung, z.B. die Aufnahme ins Vertragsnaturschutzprogramm (vgl. § 3 Abs. 3 BNatSchG), wurden von den Beteiligten mehrmals angestrebt, entsprechende Verhandlungen verliefen jedoch ergebnislos. Auch eine Einsaat von autochthonem Saatgut wäre als aktive Maßnahme denkbar gewesen.
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3.2 Der Kläger wurde zu Recht als Störer ausgewählt. Handlungsstörer ist, wer den Eingriff selbst durchführt oder durch Dritte durchführen lässt, ferner wer den Eingriff als Eigentümer oder Besitzer eines Grundstücks auf diesem wissentlich duldet (BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 14 B 10.1550 – juris, Rn. 41).
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Der Kläger ist Eigentümer und alleiniger Bewirtschafter eines großen Teils der vom Bescheid betroffenen Flächen. Für diese ist ein weiterer Störer, der in eine Störerauswahl einzubeziehen wäre, nicht ersichtlich. Für einen kleinen Teil ist er Pächter und alleiniger Bewirtschafter. Der Beklagte hat zu Recht die Eigentümer der vom Kläger gepachteten Flächen nicht mit in die Störerauswahl miteinbezogen. Denn in den vorgelegten Pachtverträgen ist für die betroffenen Flächen als Nutzungsart „Grünland“ angegeben. Hieraus kann sich schon keine Mitverantwortung der Pächter an der intensiven Bewirtschaftung durch den Kläger ergeben. Lediglich für die Fl.-Nrn. …, …, …, … und … der Gemarkung … ist als Nutzungsart „Ackerland“ vereinbart. Diese Flächen befinden sich jedoch außerhalb der FFH-Gebiete und sind nicht Teil der angefochtenen Anordnung. Da damit neben dem Kläger kein weiterer Störer für die Verschlechterung der im Bescheid aufgenommenen Flächen ersichtlich ist, hatte der Beklagte auch kein Ermessen hinsichtlich der Störerauswahl auszuüben.
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Soweit der Kläger ausführt, es hätte für die Rechtmäßigkeit der Wiederherstellungsanordnung hinsichtlich der gepachteten Flächen einer Duldungsanordnung gegenüber den Verpächtern bedurft, geht er fehl. Es bedarf einer Duldungsanordnung nur dann‚ wenn der zur Duldung Verpflichtete die Vollstreckung aus rechtlichen Gründen zu verhindern vermag. In dieser Situation sollen die sich aus dem privatrechtlichen Verhältnis ergebenden rechtlichen Möglichkeiten dritter Personen ausgeschaltet werden‚ um den Vollzug nicht zu gefährden (BayVGH, U.v. 16.2.2015 – 1 B 13.649 – juris Rn. 17). Eine derartige Situation besteht jedoch im vorliegenden Fall nicht, weil dem Kläger lediglich Vorgaben zur Bewirtschaftung gemacht werden.
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3.3 Der Beklagte hat ermessensfehlerfrei gehandelt. Das Gericht trifft keine eigene Ermessensentscheidung. Gemäß § 114 Satz 1 VwGO hat es Ermessensentscheidungen der Verwaltung daraufhin zu überprüfen, ob überhaupt ein Ermessen ausgeübt wurde, ob dabei die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde.
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Der Beklagte hat erkannt, dass Ermessen ausgeübt werden musste. Dies wird in den Formulierungen des angefochtenen Bescheids deutlich. Im Bescheid finden sich hingegen neben den Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinn keine Angaben, welche Ermessensgründe der Beklagte in seine Entscheidung einbezogen hat. Deutlich wurde im gerichtlichen Verfahren und aus der Behördenakte, dass die Entscheidung gegenüber dem Kläger als eine Art „Musterverfahren“ angesehen wird. Der Beklagte wollte zunächst denjenigen belangen, der für die flächenmäßig größte Beeinträchtigung im FFH-Gebiet … „…“ verantwortlich ist. Gemäß Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG ist es zulässig, die erforderliche Begründung nachträglich bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz nachzuholen. Zumindest in den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung wurde dieser Erwägungsgrund auch hinreichend deutlich. Die Klägerseite erwiderte hierzu, dass dieser Ermessensgrund vom Beklagten zu Unrecht herangezogen werde. Denn der Beklagte hebe hervor, dass es massive Unterschiede zwischen dem Fall des Klägers und denen der anderen Landwirte gebe. Es mache daher keinen Sinn, den Fall des Klägers als „Musterverfahren“ heranzuziehen, um im Nachgang die anderen Landwirte mit gleichlautenden Bescheiden zu belangen. Diesem Einwand folgt das Gericht nicht. Denn die maßgeblichen Unterschiede zwischen dem Fall des Klägers und denen der anderen Landwirte liegen nicht etwa – wie vom Kläger offenbar angenommen – in einer unterschiedlichen Bewirtschaftungsart (Viehhaltung, reine Flächenbewirtschaftung), sondern vor allem in den Auswirkungen auf den Lebensraumtyp „Magere Flachland-Mähwiesen“. Der Kläger nimmt hier aufgrund der Größe der bewirtschafteten Fläche eine Schlüsselrolle ein. Es liegt auch keine Ungleichbehandlung des Klägers mit anderen Landwirten vor. Denn das Landratsamt hat auch die anderen Landwirte im Blick und wird gegen sie vorgehen, wie es in der mündlichen Verhandlung erklärte.
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Der klägerseits vorgetragene Umstand, dass die Bewirtschaftung durch den Kläger der „guten landwirtschaftlichen Praxis“ entspreche, greift ebenfalls nicht durch. Der Kläger verweist hierfür auf die „Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Landesentwicklung und Umweltfragen, des Inneren, für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 04.08.2000 (Ziffer 10.1). Darin heißt es, dass „Maßnahmen, die durch die FFH-Bestimmungen nicht beschränkt werden im Bereich der Landwirtschaft Maßnahmen der ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung sind, soweit die Erhaltungsziele für das Gebiet berücksichtigt werden“. Dieser Idee entsprechen auch weitere Vorschriften des BNatSchG (z.B. § 44 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 BNatSchG). Der Gesetzgeber hat Ansprüche formuliert, von deren Erfüllung die Ökologieverträglichkeit der Landwirtschaft aus Sicht des Naturschutzes abhängt (Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 104. EL Juni 2024, BNatSchG § 44 Rn. 37). Indem der Kläger großflächig den Lebensraumtyp „Magere Flachland-Mähwiesen“ durch seine intensive Bewirtschaftung massiv beeinträchtigte, handelte er nicht standortangepasst, so dass er nicht in den Genuss der Privilegien einer „guten landwirtschaftlichen Praxis“ kommen kann (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG). Der Beklagte hat diesen Aspekt daher zu Recht nicht in seiner Ermessenentscheidung mit einbezogen.
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Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt … dem öffentlichen Interesse am Schutz bedrohter Lebensräume und Arten Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen des Klägers eingeräumt hat. Denn die Untere Naturschutzbehörde hat im Rahmen ihrer Ermessenentscheidung das europarechtliche „Effizienzgebot“ zu beachten. Hiernach darf die Anwendung nationalen Rechts die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht dahingehend beeinträchtigen, dass dessen Verwirklichung übermäßig erschwert oder praktisch unmöglich wird (VG Bayreuth, U.v. 28.1.2010 – B 2 K 09.764 – m.w.N.).
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Nicht entscheidungserheblich ist für den vorliegenden Rechtsstreit eine denkbare Ermessensintention aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 14.11.2024 (C-47/23). Der EuGH hat entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der FFH-RL verstoßen hat, dass sie es allgemein und strukturell versäumt hat, geeignete Maßnahmen zur Vermeidung einer Verschlechterung der durch das Natura-2000-Netz geschützten Lebensraumtypen 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) und 6520 (Berg-Mähwiesen) in den dafür ausgewiesenen Gebieten zu treffen. Es erscheint vor dem Hintergrund des Effizienzgebots diskussionswürdig, ob den nationalen Behörden nunmehr nur noch ein intendiertes Ermessen zukommt. Hierauf kommt es aber vorliegend nicht an, weil ein Ermessensfehlgebrauch auch ohne die Annahme eines intendierten Ermessens bei der angefochtenen Entscheidung aus dem Jahr 2022 nicht gegeben ist.
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4. Nach Art. 36 Abs. 2 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes
- VwZVG – konnten mit den verschiedenen Anordnungen entsprechende Zwangsgeldandrohungen (Art. 31 BayVwZVG) verbunden werden. Sie sind den Anforderungen der Rechtsprechung (BayVGH, B.v. 9.1.2006 – 4 CS 05.2798 – juris) entsprechend hinreichend bestimmt, denn für den Kläger als Adressaten ist erkennbar, dass für den Fall der Nichtbeachtung einzelner Pflichten Zwangsgelder unterschiedlicher Höhe fällig werden. Die Staffelung des angedrohten Zwangsgelds wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung aufgehoben, das Verfahren insoweit eingestellt. Die Höhe der Zwangsgelder erscheint nicht unangemessen (Art. 31 Abs. 2 VwZVG).
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Auch die übrigen Ziffern des angefochtenen Bescheids begegnen keinen rechtlichen Bedenken.
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO und entspricht dem Maß des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens auch hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f der Zivilprozessordnung – ZPO.