Titel:
Verbundene Unternehmen, Beschluß der Hauptversammlung, Rechtsmißbrauch, Wandelschuldverschreibung, Anlaß zur Klageerhebung, Aufsichtsratsmitglied, Teilschuldverschreibungen, Entlastung des Aufsichtsrates, Beschlüsse des Aufsichtsrats, Aufsichtsratsvorsitzender, Aufsichtsratsbeschlüsse, Vorstand und Aufsichtsrat, Aufsichtsratsbildung, Anleihebedingungen, Abschlusserklärung, Beschlußfassung, Anmeldung der Satzungsänderung, Kosten des Rechtsstreits, Nichtigkeitsfeststellungsklage, Joint-Ventures
Schlagworte:
Kostentragungspflicht, Anerkenntnis, Anfechtungsklage, Nichtigkeitsklage, Hauptversammlung, Satzungsänderung, Abschlusserklärung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 03.04.2025 – 7 W 66/25 e
OLG München, Beschluss vom 20.05.2025 – 7 W 66/25 e
Fundstelle:
BeckRS 2024, 44314
Tenor
I. Die Beschlüsse zu Tagesordnungspunkt 3 der Hauptvers er Beklagten vom 29. August 2024 („Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2023")
a) a) "Dem Vorstandsmitglied Herrn … wird für das Geschäftsjahr 2023 Entlastung erteilt.
b) Dem Vorstandsmitglied Herrn … wird für das Geschäftsjahr 2023 Entlastung erteilt.“
werden für nichtig erklärt.
II. Die Beschlüsse zu Tagesordnungspunkt 4 der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2024 („Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2023")
a) „Dem Aufsichtsratsmitglied Herrn … wird für das Geschäftsjahr 2023 Entlastung erteilt.
b) Dem Aufsichtsratsmitglied Frau … wird für das Geschäftsjahr 2023 Entlastung erteilt.
c) Dem Aufsichtsratsmitglied Herrn … wird für das Geschäftsjahr 2023 Entlastung erteilt.
d) Dem Aufsichtsratsmitglied Herrn … wird für das Geschäftsjahr 2023 Entlastung erteilt.
e) Dem Aufsichtsratsmitglied Herrn … wird für das Geschäftsjahr 2023 Entlastung erteilt.“
werden für nichtig erklärt.
III. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 5 der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2024 („Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats")
„Die Hauptversammlung wählt
zum Mitglied des Aufsichtsrats der Gesellschaft mit sofortiger Wirkung für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, wird nicht mitgerechnet, § 102 AktG. Die bisherige Amtszeit desselben Aufsichtsratsmitglieds endet mit Annahme seiner Wahl, §§ 101 (1) bzw. 104 (6) AktG.“
wird für nichtig erklärt.
IV. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 6 der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2024 („Satzungsänderung mit Kapitalmaßnahmen u.a.m.")
„Die bisherige Satzung der Gesellschaft wird durch die diesen Beschluss als Anlage beigefügte neue Satzung ersetzt.“
wird für nichtig erklärt.
V. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 7a der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2024 („Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Options- und/oder Wandelschuldverschreibungen ( Bedingtes Kapital 2024 I")
„Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats für höchstens fünf Jahre einmalig oder mehrmals auf den Namen lautende Options- und/oder Wandelschuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von bis zu insgesamt € 1.475.753,00 mit einer Laufzeit von längstens 15 Jahren zu begeben, und den Inhabern von Optionsschuldverschreibungen Optionsrechte und den Inhabern von Wandelschuldverschreibungen Wandlungsrechte auf bis zu insgesamt € 1.475.753,00 auf den Namen lautende Stückaktien der Gesellschaft nach näherer Maßgabe der Options- oder Wandelanleihebedingungen (Anleihebedingungen) zu gewähren. Der Vorstand kann mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre ganz oder teilweise ausschließen. Wenn und soweit gemäß § 192 (3) AktG ein höherer Betrag zulässig ist, gilt dieser.
Der Vorstand kann mit Zustimmung des Aufsichtsrats auch solche auf den Namen lautende Options- und(oder Wandelschuldverschreibungen begeben, bei denen deren Inhaber nach näherer Maßgabe der Anleihebedingungen während oder zum Ende des Options-/Wandlungszeitraums verpflichtet sind, die Schuldverschreibungen in neue Aktien der Gesellschaft umzutauschen bzw. das jeweilige Optionsrecht auszuüben. Die Anleihebedingungen können auch das Recht der Gesellschaft vorsehen, bei Endfälligkeit den Gläubigern der Options- und/oder Wandelschuldverschreibungen ganz oder teilweise an Stelle der Zahlung des fälligen Geldbetrags Aktien der Gesellschaft zu gewähren (Ersetzungsbefugnis).
Der Vorstand ist mit Zustimmung des Aufsichtsrats auch ermächtigt, Spitzenbeträge, die sich aufgrund des Bezugsverhältnisses ergeben, von dem Bezugsrecht der Aktionäre auszunehmen und das Bezugsrecht auch insoweit auszuschließen, wie es erforderlich ist, um den Inhabern von bereits ausgegebenen oder noch auszugebenden Options- und Wandlungsrechten sowie mit Optionspflichten ausgestatteten Optionsschuldverschreibungen ein Bezugsrecht auf Aktien der Gesellschaft in dem Umfang zu gewähren, wie es ihnen nach Ausübung der Options- und Wandlungsrechte bzw. nach Erfüllung der Wandlungs-/Optionspflichten zustünde.
Der Vorstand ist ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die Anleihebedingungen sowie die weiteren Einzelheiten der Ausgabe und Ausstattung der Options- und/oder Wandelschuldverschreibungen, insbesondere Zinssatz, Ausgabekurs, Laufzeit und Stückelung, Option- bzw. Wandlungspreis und den Options- bzw. Wandlungszeitraum festzusetzen bzw. diese Bedingungen im Einvernehmen mit den zuständigen Organen der die Options- bzw. Wandelschuldverschreibungen begebenden Beteiligungsgesellschaft festzulegen.
Im Fall der Ausgabe von Optionsschuldverschreibungen werden jeder Teilschuldverschreibung ein oder mehrere Optionsrechte beigefügt, die die Inhaber der Teilschuldverschreibungen nach näherer Maßgabe der vom Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats festzulegenden Anleihebedingungen zum Bezug von neuen Stückaktien der Gesellschaft berechtigen. Die Optionsbedingungen können auch vorsehen, dass der Optionspreis durch Übertragung von Teilschuldverschreibungen und gegebenenfalls eine bare Zuzahlung erfüllt werden kann. Die Anleihebedingungen können weiter auch eine Optionspflicht zum Ende der Laufzeit oder zu einem anderen Zeitpunkt begründen. Der anteilige Betrag des Grundkapitals, der auf die je Teilschuldverschreibung zu beziehenden Stückaktien entfällt, darf den Nennbetrag der Teilschuldverschreibungen nicht übersteigen. Die Laufzeit des Optionsrechts darf höchstens 15 Jahre betragen.
Im Fall der Ausgabe von auf den Namen lautenden Wandelschuldverschreibungen erhalten die Inhaber der Teilschuldverschreibungen das Recht, ihre Teilschuldverschreibungen nach näherer Maßgabe der Anleihebedingungen in neue Aktien der Gesellschaft umzutauschen. Das Umtauschverhältnis ergibt sich aus der Division des Nennbetrags oder des unter dem Nennbetrag liegenden Ausgabebetrags einer Teilschuldverschreibung durch den festgesetzten Wandlungspreis für eine neue Aktie der Gesellschaft. Es kann vorgesehen werden, dass das Umtauschverhältnis und/oder der Wandlungspreis in den Anleihebedingungen variabel ist und der Wandlungspreis innerhalb einer festzulegenden Bandbreite in Abhängigkeit von der Entwicklung des Aktienkurses während der Laufzeit festgesetzt wird. Das Umtauschverhältnis kann in jedem Fall auf eine volle Zahl auf- oder abgerundet werden; ferner kann eine in bar zu leistende Zuzahlung festgelegt werden.
Im Übrigen kann vorgesehen werden, dass Spitzen zusammengelegt werden und/oder in Geld ausgeglichen werden. Die Anleihebedingungen können auch eine Wandlungspflicht zum Ende der Laufzeit oder zu einem anderen Zeitpunkt begründen. Der auf die bei Wandlung auszugebenden Stückaktien entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals darf den Nennbetrag der Teilschuldverschreibung nicht übersteigen.“
wird für nichtig erklärt.
VI. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 7b der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2024 („Ermächtigung des Vorstands zur Gewährung von Aktienoptionen ( Bedingtes Kapital 2024 W')
„Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats für höchstens fünf Jahre bis zu 500.000 Bezugsrechte auf bis zu 500.000 auf den Namen lautende nennbetragslose Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ("Stückaktien ") der … (im Folgenden auch "Optionen") nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen auszugeben ("Aktienoptionsplan 2024 ").
Die Eckpunkte für die Ausgabe der Optionen im Rahmen des Aktienoptionsplans 2024 (im Folgenden auch "Optionsplan") lauten wie folgt:
(1.1) Kreis der Bezugsberechtigten/Aufteilung der Bezugsrechte
Optionen dürfen allen Beschäftigten und Mitglieder der Geschäftsführung der … und verbundener inländischer und ausländischer Unternehmen ausgegeben werden. Der genaue Kreis der Berechtigten sowie der Umfang der ihnen jeweils zu gewährenden Optionen werden durch den Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats der Gesellschaft festgelegt.
Die Berechtigten müssen zum Zeitpunkt der Gewährung der Optionen in einem ungekündigten Arbeits- oder Dienstverhältnis zur Gesellschaft oder zu einem mit der Gesellschaft verbundenen in- oder ausländischen Unternehmen stehen.
(1.2) Einräumung der Optionen (Erwerbszeiträume), Ausgabetag und Inhalt des Optionsrechts
Die Optionen können an die Berechtigten in mehreren Tranchen ausgegeben werden, und zwar jeweils zum Beginn eines Kalenderquartals, jedoch frühestens mit Beginn des Kalenderquartals, das auf die Eintragung des zur Bedienung dieses Optionsplans von der Hauptversammlung beschlossenen bedingten Kapitals in das Handelsregister der Gesellschaft folgt.
Die Ausgabe der Optionen erfolgt durch Abschluss eines schriftlichen Vertrages zur Übernahme von Optionen (Optionsvereinbarung) zwischen dem jeweiligen Berechtigten und der Gesellschaft. Die Gesellschaft wird dem Berechtigten zu diesem Zweck eine Optionsvereinbarung vorlegen. Ausgabetag ist der Tag, an welchem die von der Gesellschaft unterzeichnete Optionsvereinbarung an den Berechtigten ausgehändigt wird.
Jede Option berechtigt zum Bezug einer Stückaktie gegen Zahlung des Ausübungspreises (vgl. dazu unter (1.3).
Die Optionsbedingungen können vorsehen, dass die Gesellschaft den Berechtigten zur Bedienung der Optionen wahlweise statt neuer Aktien aus dem bedingten Kapital eigene Aktien gewähren kann; soweit es sich bei den Berechtigten um Mitglieder des Vorstands handelt, hat hierüber der Aufsichtsrat zu entscheiden.
(1.3) Ausübungspreis (Ausgabebetrag) und Erfolgsziel
Der bei der Ausübung der jeweiligen Option zu entrichtende Preis (Ausübungspreis) beträgt € 1,00.
(1.4) Wartezeit für die erstmalige Ausübung und Optionslaufzeit sowie Ausübungszeiträume
Die gewährten Optionen können frühestens vier Jahre ("vierjährige Wartezeit für die erstmalige Ausübung") nach dem Ausgabetag ausgeübt werden. Jede Option hat eine Laufzeit von maximal acht Jahren. Nach Ablauf der Laufzeit verfallen die noch nicht ausgeübten Optionen ersatzlos.
(1.5) Nichtübertragbarkeit und Verfall von Optionen
Die Optionen werden als nicht übertragbare Optionen gewährt. Die Optionen sind mit Ausnahme des Erbfalls weder übertragbar noch veräußerbar, verpfändbar noch anderweitig belastbar.
Das Recht zur Ausübung der Optionen endet spätestens acht Jahre nach dem jeweiligen Ausgabetag. Soweit die Optionen bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeübt worden sind, verfallen sie ersatzlos. Für den Fall, dass das Anstellungs- oder Dienstleistungsverhältnis durch Todesfall, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, Pensionierung, Kündigung oder anderweitig nicht kündigungsbedingt beendet wird, können Sonderregelungen für den Verfall der Optionen in den Optionsbedingungen vorgesehen werden.
(1.6) Regelung weiterer Einzelheiten
Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats auf der Grundlage der weiteren Entwicklung der Gesellschaft und deren Wachstums die weiteren Einzelheiten über die Ausgabe von Aktien aus dem bedingten Kapital und die weiteren Bedingungen des Aktienoptionsplans 2024, insbesondere die Optionsbedingungen für die berechtigten Personen, festzulegen. Zu den weiteren Einzelheiten gehören insbesondere Bestimmungen über den Ausgabetag innerhalb des vorgegebenen Zeitraums, Bestimmungen über Steuern und Kosten, das Verfahren für die Zuteilung an die einzelnen berechtigten Personen und die Ausübung der Optionen, Regelungen bezüglich des Verfalls von Optionen im Falle der Beendigung des Anstellungsverhältnisses sowie weitere Verfahrensregelungen.“
wird für nichtig erklärt.
VII. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 8a der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2024 („Bestellung, Entsendung und Abberufung von Mitgliedern von Organen von verbundenen Unternehmen")
„Die Bestellung oder Entsendung von Mitgliedern der gesetzlichen Organe von mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG (" Verbundene Unternehmen") und Joint Ventures, erfolgt, soweit die Gesellschaft das Recht hat, die betreffenden Mitglieder zu bestellen oder zu entsenden, durch den Vorstand der Gesellschaft mit der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats und ist gemäß der Geschäftsordnung des Vorstands näher geregelt. Die Bestellung oder Entsendung erfolgt dabei für eine Amtszeit von höchstens fünf Jahren. Wiederbestellungen sind zulässig.
Unter gesetzliche Organe Verbundener Unternehmen oder Joint Ventures fallen insbesondere, aber nicht ausschließlich, Vorstand, Verwaltungsrat, Aufsichtsrat, Beirat, Board of Directors und andere Organe, die ähnlichen Funktionen nach dem in- oder ausländischen Recht haben.
Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Gesellschaft können ebenfalls zu Mitgliedern von gesetzlichen Organen Verbundener Unternehmen oder Joint Ventures bestellt oder entsendet werden.
Der Aufsichtsrat der Gesellschaft kann Mitglieder der gesetzlichen Organe Verbundener Unternehmen oder Joint Ventures, die vom Vorstand der Gesellschaft bestellt oder entsendet worden sind, jederzeit vor Ablauf ihrer Amtszeit abberufen. Für den Fall, dass es sich dabei um ein Mitglied des Vorstands der Gesellschaft handelt, gelten dabei dieselben Regelungen wie für die Abberufung als Vorstand der Gesellschaft.
Die Geschäftsordnung des Vorstands kann weitere Regelungen bezüglich der Bestellung, Entsendung und Abberufung von Mitgliedern von Organen von Verbundenen Unternehmen oder Joint Ventures vorsehen.“
wird für nichtig erklärt.
VIII. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 8b der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2024 („Vergütung von Mitgliedern von Organen von verbundenen Unternehmen")
„Mitglieder des Vorstands der Gesellschaft, die zugleich in gesetzlichen Organen von mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG ("Verbundene Unternehmen ") und Joint Ventures tätig sind, erhalten für diese Tätigkeit eine zusätzliche Vergütung, die in der Geschäftsordnung des Vorstands näher geregelt ist. Diese Vergütung kann entweder von der Gesellschaft oder von den Verbundenen Unternehmen oder Joint Ventures gezahlt werden und ist mit der Grundvergütung aus ihrer Tätigkeit im Vorstand der Gesellschaft zu verrechnen. Die Höhe der zusätzlichen Vergütung der Mitglieder des Vorstands der Gesellschaft muss vom Aufsichtsrat der Gesellschaft genehmigt werden und den Grundsätzen der Angemessenheit und Marktüblichkeit entsprechen.
Mitglieder des Aufsichtsrats der Gesellschaft, die zugleich in gesetzlichen Organen Verbundener Unternehmen oder Joint Ventures oder in sonstiger Form für die Verbundenen Unternehmen oder Joint Ventures tätig sind, erhalten für diese Tätigkeit ebenfalls eine zusätzliche Vergütung. Diese Vergütung kann entweder von der Gesellschaft oder von den Verbundenen Unternehmen oder Joint Ventures gezahlt werden.“
wird für nichtig erklärt.
IX. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 8c der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2024 („Verantwortung für rechtliche Dokumente von verbundenen Unternehmen")
„Die maßgeblichen rechtlichen Dokumente (wie beispielsweise Gesellschaftsverträge, Satzungen, Articles of Association, Bylaws oder ähnliche) von mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG ("Verbundene Unternehmen") und Joint Ventures werden durch die zuständigen Organe dieser Unternehmen, wie beispielsweise deren Geschäftsführungen, Gesellschafter- oder Aktionärsversammlungen, in Zusammenarbeit mit anderen berechtigten Parteien, wie zum Beispiel anderen Gesellschaftern der Verbundenen Unternehmen oder Joint Ventures, erstellt.
Erstellungen und Änderungen der rechtlichen Dokumente im Sinne dieses Beschlusses bedürfen der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats der Gesellschaft und sind nur mit dieser Zustimmung wirksam.
Die Geschäftsführungen Verbundener Unternehmen und Joint Ventures sind verpflichtet, die Gesellschaft über geplante Änderungen der rechtlichen Dokumente im Sinne dieses Beschlusses rechtzeitig zu informieren. “
wird für nichtig erklärt.
X. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 8d der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2024 („Vergütung von Mitgliedern des Aufsichtsrats der Gesellschaft")
„Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten neben der Erstattung ihrer baren Auslagen und der auf die Vergütung und Auslagen anfallenden Umsatzsteuer eine feste jährliche Vergütung in Höhe von € 10.000,00. Zusätzlich zu dieser Vergütung erhält der Aufsichtsratsvorsitzende € 10.000,00, sein Stellvertreter € 5.000,00.
Aufsichtsratsmitglieder, die dem Aufsichtsrat nur während eines Teils des jeweiligen Geschäftsjahres angehören, erhalten für jeden angefangenen Monat ihrer Mitgliedschaft ein Zwölftel der Vergütung.
Entsprechendes gilt für die Erhöhung der Vergütung für den Aufsichtsratsvorsitzenden und seinen Stellvertreter.“
wird für nichtig erklärt.
XI. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
XII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
XIII. Der Streitwert wird auf € 1.085.000,--festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten um die Kostentragungspflicht nach einem von der Beklagten mit Schriftsatz vom 30.10.2024 (Bl. 33/36 d.A.) erklärten Anerkenntnis.
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1. Die Hauptversammlung der über ein Grundkapital von € 3.292.922,--verfügenden Beklagten vom 29.8.2024 fasste die im Tenor wiedergegebenen Beschlüsse, gegen die die Kläger mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 27.9.2024 Anfechtungsklage und hilfsweise Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben. Die Kläger zu 1) und zu 2) erwirkten vor dem Landgericht Augsburg eine am 3.9.2024 erlassene einstweilige Verfügung, Az. 1HK O 3100/24 (Anlage K 8), wonach der Beklagten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache der Vollzug des in der Hauptversammlung vom 29.8.2024 zu Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschlusses zur Änderung, Ersetzung oder Neufassung ihrer Satzung, also insbesondere eine Anmeldung dieser Satzungsänderung zum Handelsregister der Gesellschaft und die Einreichung einer Satzung zum Handelsregister der Gesellschaft, welche in der Hauptversammlung am 29.08.2024 beschlossene Änderungen enthält, untersagt wurde. Unter dem 13.9.2024 gab die Beklagte eine Abschlusserklärung (Anlage B 1) ab, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen und die Satzungsänderung nicht zu vollziehen und in der nächsten Hauptversammlung vorsorglich über die Aufhebung von Tagesordnungspunkt 6 beschließen zu lassen. Die Beklagte erklärte mir Schriftsatz vom 30.10.2024 (Bl. 33/36 d.A.) das Anerkenntnis in der Hauptsache, nicht jedoch in Bezug auf die Kosten.
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2. Die Kläger beantragt, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, nachdem sie Anlass zur Klageerhebung gegeben habe durch den unberechtigten Ausschluss des Vertreters der Kläger von der Hauptversammlung. Nur die Hauptversammlung selbst oder ein entsprechendes gerichtliches Urteil könne mit Wirkung inter omnes gefasste Beschlüsse der Hauptversammlung beseitigen. Auch sei unsicher, inwieweit die Abschlusserklärung wirke, nachdem nur der Vorstand, nicht aber der Aufsichtsrat diese abgegeben habe. Die in der Abschlusserklärung angekündigte Hauptversammlung habe bis zum 4.12.2024 nicht stattgefunden. Bei einer Gesamtzahl von ca. 60 Aktionären mit weltweiten Aufenthaltsorten sei auch deren Abstimmungsverhalten nicht abzusehen. Die Abhaltung einer Vollversammlung vor Ablauf der Anfechtungsfrist nach entsprechender Abmahnung durch die Kläger mit dem Ziel der Aufhebung sämtlicher Beschlüsse der Hauptversammlung vom 29.8.2024 sei nicht praktikabel.
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3. Die Beklagte beantragt dagegen, die Kosten den Klägern aufzuerlegen. Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen darauf, keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben zu haben. Die nächste Hauptversammlung sei für die Kläger nur von zweitrangigem Interesse gewesen, weil es ihnen primär um einen Verkauf ihrer Aktien an Mitaktionäre oder einen Dritten gegangen sei. Die allseitige Rücksichtnahme auf eine ernsthaft mögliche Einigung sei der einzige Grund für das Unterbleiben der Einberufung einer neuen Hauptversammlung gewesen. Eine Abmahnung wäre angesichts moderner Kommunikationsmittel und der Veröffentlichung der Einberufung im Bundesanzeiger sowie des zusätzlichen Versands der Einladung per E-Mail und des Ausreichens der Textform für die Anmeldung, den Nachweis des Anteilsbesitzes sowie der Erteilung der vollmacht, ihren Widerruf und den Nachweis der Bevollmächtigung gegenüber der Gesellschaft notwendig gewesen. Die Abschlusserklärung wirke angesichts der Unteilbarkeit der Wirksamkeit unmittelbar und unmissverständlich auch gegenüber den übrigen Aktionären, was sich auch aus der am 17.10.2024 erfolgten Erklärung von Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber dem beurkundenden Notar ergebe, die notarielle Niederschrift, nicht aber die Anmeldung der Satzungsänderung beim Amtsgericht Augsburg einzureichen. Eine solche Erklärung habe der Vorsitzende des Aufsichtsrates in seiner Eigenschaft als Versammlungsleiter auch als Zusatz an seine Schriftsätze angebracht. Für eine Abschlusserklärung sehe das Gesetz die Vertretung durch den Aufsichtsrat nicht vor. Aufgrund von Zusagen der für Satzungsänderung stimmenden Aktionäre wäre zusammen mit dem Stimmen der Kläger eine Mehrheit von deutlich über 75 % gesichert gewesen. Auch habe die Beklagte das Verlangen der Kläger nach Aufhebung des Beschlusses nie bestritten.
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4. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird Schriftsätze genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen.
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1. Die Entscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Voraussetzungen des § 93 ZPO lassen sich hier nicht bejahen. Nach dieser Vorschrift fallen die Prozesskosten dem Kläger zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch anerkennt und nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat. Die letztgenannte Voraussetzung kann nicht bejaht werden. Grundsätzlich gibt eine Gesellschaft Anlass zur Erhebung einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage bereits durch die Beschlussfassung selbst (vgl. OLG Stuttgart NZG 2001, 1135, 1136; NZG 2003, 1170, 1172 = AG 2003, 165, 166; OLG Frankfurt AG 1993, 185, 186 = DB 1993, 35 f. = GmbHR 1993, 224, 225). Eine Ausnahme hiervon ist auch unter Berücksichtigung der zentralen Argumente der Beklagten nicht zu bejahen. Dabei könnte sich diese ohnehin nur auf den zu Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschluss über die Satzungsänderung beziehen, nach die Abschlusserklärung des Vorstands nur diese Beschlussfassung zum Gegenstand hat.
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a. Die Abschlusserklärung der Beklagten ist nicht geeignet, eine Veranlassung der Klageerhebung zu verneinen, wobei dies ohnehin nur in Richtung auf Tagesordnungspunkt 6 gelten könnte.
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(1) Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass – ähnlich dem Freigabeverfahren nach § 246 a AktG (vgl. hierzu nur OLG München NZG 2021, 1594, 1596 = AG 2022, 87, 89; OLG Düsseldorf AG 2019, 467, 468; Bürgers/Lieder, AktG, 6. Aufl., § 246 a Rdn. 3) – im Verfügungsverfahren samt einer anschließenden Abschlusserklärung die Gesellschaft nur vom Vorstand vertreten wird. Allein dadurch erlangen die Kläger keine hinreichende Sicherheit, dass tatsächlich eine neue Hauptversammlung einberufen wird, in der dann der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 6 aus der Hauptversammlung aufgehoben wird. Die Einberufung einer Hauptversammlung obliegt zwar dem Vorstand aufgrund von § 121 Abs. 2 Satz 1 AktG dem Vorstand, der auch einen entsprechenden Beschlussvorschlag unterbreiten muss. Allerdings muss auch der Aufsichtsrat gem. § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG in gleicher Weise wie der Vorstand einen eigenständigen Vorschlag zur Beschlussfassung zu unterbreiten. Allerdings kann der Vorstand den Aufsichtsrat bereits rechtlich in keiner Weise binden, denselben Beschlussvorschlag auf Aufhebung der Beschlussfassung zu unterbreiten. Dies wäre schon mit der Kontrollfunktion des Aufsichtsrates unvereinbar. Demgemäß können Vorstand und Aufsichtsrat auch abweichende Beschlussvorschläge unterbreiten, bei denen zur Information der Aktionäre nur klar sein muss, welcher Vorschlag von welchem Organ stammt (vgl. OLG Dresden NZG 1999, 1004 = AG 1999, 517, 518 = DB 1999, 2102; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 124 Rdn. 33; Rieckers in: BeckOGK AktG, Stand: 1.10.2024, § 243 Rdn. 41; Butzke in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 124 Rdn. 58). Weiterhin muss gesehen werden, dass die Kläger keine hinreichende Sicherheit haben konnten, dass die Aktionäre tatsächlich einen solchen Aufhebungsbeschluss mit Mehrheit fassen werden. Jedenfalls können sich Aktionäre aufgrund der Regelung in § 136 Abs. 2 Satz 2 AktG nicht wirksam verpflichten, für die Vorschläge der Verwaltung zu stimmen. Auch wenn ein Verstoß regelmäßig die Wirksamkeit der Stimmabgabe nicht berührt (vgl. OLG Nürnberg AG 1996, 228, 229 = ZIP 1997, 786 = DB 1996, 464; Rieckers in: BeckOGK AktG, Stand: 1.10.2024, § 136 Rdn. 64; Tröger in: Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 136 Rdn. 146), kann eine hinreichende Sicherheit nicht daraus abgeleitet werden, dass eine nichtige Vereinbarung abgeschlossen werde.
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(2) Soweit der Aufsichtsratsvorsitzende einen entsprechenden Zusatz an die Niederschrift in seiner Eigenschaft als Versammlungsleiter anbrachte, der zu Tagesordnungspunkt 6 gefasste Beschluss werde nicht vollzogen, vermag diese Erklärung gegenüber den Klägern keine Wirksamkeit entfalten. Für einen Zugang an die Kläger oder einen bevollmächtigten Vertreter ist nach dem Vortrag der Beklagten nichts ersichtlich. Dies wäre aber in jedem Fall erforderlich gewesen, um ein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger zu begründen. Zudem ist nach dem Vortrag der Beklagten nicht erkennbar, ob es hierzu einen entsprechenden Aufsichtsratsbeschluss gegeben hat – denn der Vorsitzende des Aufsichtsrates ist nicht befugt, ohne Beschluss des Aufsichtsrates für diesen bindende Erklärungen abzugeben. Dieser Vorgang einheitlicher Willensbildung innerhalb des Aufsichtsrates kann nicht durch die Entscheidung eines Aufsichtsratsmitglieds oder des Aufsichtsratsvorsitzenden ersetzt werden, weil diese ihren Willen abweichend vom Aufsichtsrat bilden könnten (vgl. BGH NZG 2013, 792, 794 = AG 2013, 562, 564 = ZIP 2013, 1274, 1276 f. = WM 2013, 1220, 1222 = DB 2013, 1403, 1404; Drygala in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 108 Rdn. 2; Spindler/Walla in: BeckOGK AktG, Stand: 1.10.2024, § 108 Rdn. 6; Habersack in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., § 108 Rdn. 10). Abgesehen davon ist bereits unklar, ob der Vorsitzende des Aufsichtsrates hier nicht in seiner Eigenschaft als Versammlungsleiter tätig wurde, die von der des Aufsichtsratsmitglieds grundlegend zu unterscheiden ist.
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b. Auch das Argument der Beklagten, die Kläger hätten die anderen Aktionäre abmahnen müssen, rechtfertigt nicht die Anwendung von § 93 ZPO. Es hätte nämlich absehbar sein müssen, dass innerhalb der am 30.9.2024 gem. §§ 188, 193 BGB endenden Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG eine Vollversammlung hätte einberufen werden können. Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil die Einberufungsfrist für eine Hauptversammlung des § 123 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht innerhalb der Monatsfrist endete, nachdem die Beklagte offenbar von der Möglichkeit des § 123 Abs. Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AktG Gebrauch machte, was die Einberufungsfrist von 30 Tagen nochmals verlängert. Auch ist nicht sichergestellt, dass es zu einer Vollversammlung im Sinne des § 121 Abs. 6 AktG kommen würde, so dass die Vorgaben der §§ 121 bis 127 a AktG nicht einzuhalten wären. Damit hatten die Kläger aber bis zum Ende der Anfechtungsfrist gerade keine Sicherheit erlangen können, auch ohne ihre Klage wäre es zu einer Aufhebung des Beschlusses mit denselben Wirkungen gekommen, wie sie sich aus § 241 Nr. 5 AktG mit der Nichtigkeit des Beschlusses von Anfang an ergeben.
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c. Die Tatsache, dass die Kläger gegebenenfalls ihre Aktien veräußern würden und in diesem Fall die Klage zurücknehmen würden, lässt keine andere Beurteilung in Bezug auf die Anwendung von § 93 ZPO zu. Die Verhandlungen lassen auch die Klageerhebung nicht rechtsmissbräuchlich erscheinen. Zwar ist weithin anerkannt, dass die Möglichkeit der Klageerhebung ungeachtet ihrer Kontrollfunktion den für die private Rechtsausübung auch sonst geltenden Schranken – hier also dem aus § 242 BGB folgenden Verbot des individuellen Rechtsmissbrauchs – unterliegt und dass eine rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage von der Rechtsordnung nicht geschützt wird (vgl. BGHZ 107, 296, 310 f. = NJW 1989, 2689, 2692 = ZIP 1989, 980, 983 = DB 1989, 1664, 1666 = BB 1989, 1782, 1784; OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.3.2002, Az. 20 W 32/2001; LG München I Der Konzern 2006, 700, 703; Urteil vom 14.9.2017, Az. 5 HK O 14604/16). Doch können Verhandlung über ein Ausscheiden aus der Beklagten, die erst im Oktober und November 2024 geführt wurden, nicht dazu führen, dass die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben haben könnte. Auch ist nicht vorgetragen, dass die Kläger einen völlig unangemessenen Preis verlangt hätten, so dass dann auch ihre Klage bereits rechtsmissbräuchlich gewesen sein könnte. Abgesehen davon hätte es die Beklagte in der Hand gehabt, anstelle des Anerkenntnisses eine Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen und sich in einer Klageerwiderung auf den Einwand der rechtsmissbräuchlichen Klageerhebung zu berufen, wenn sie der Ansicht gewesen sein sollte, die Kläger hätten von Beginn an keine Interesse an der Aufhebung durch eine kommende Hauptversammlung gehabt.
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Angesichts dessen muss die Beklagte die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen.
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2. Die Entscheidung über den Streitwert hat ihre Grundlage in § 247 Abs. 1 AktG, 5 ZPO und entspricht der vorläufigen Festsetzung im Beschluss vom 1.10.2024.