Inhalt

OLG Bamberg, Urteil v. 28.03.2024 – 11 U 54/22
Titel:

Ausschluß eines Gesellschafters, Rechtsmißbrauch, Anmeldung zum Handelsregister, Ausgeschiedener Gesellschafter, Klageerweiterung in der Berufungsinstanz, Gesellschafterbeschluss, Gesellschafterausschluss, Gesellschafterwechsel, Ausscheiden eines Gesellschafters, Pfändung des Gesellschaftsanteils, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Sonderrechtsnachfolge, Klage und Widerklage, Unternehmenskennzeichen, Kommanditbeteiligung, Wirtschaftliche Identität, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Pfändungsbeschlüsse, Klageänderung, Ausscheidender Gesellschafter

Schlagworte:
Gesellschafterausschluss, Wiederaufnahmeanspruch, Handelsregistereintragung, Prozessvollmacht, Berufungszulässigkeit
Vorinstanz:
LG Bamberg, Endurteil vom 23.12.2021 – 1 HK O 16/20
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Bamberg, Berichtigungsbeschluss vom 17.05.2024 – 11 U 54/22
BGH Karlsruhe vom -- – II ZR 51/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 44241

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 23.12.2021, Az. 1 HK O 16/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Widerklage und die Drittwiderklage der Beklagten werden als unzulässig abgewiesen.
3. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.669,38 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

A.
1
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet sind, an der Eintragung des Ausscheidens des Beklagten zu 5) aus der Gesellschaft in das Handelsregister mitzuwirken.
I.
2
1. Die Klägerin ist Komplementärin der A. GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) und führt deren Geschäfte. Als Kommanditisten der KG waren die Beklagten zu 1 – 5 sowie die hilfsweise Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) B. und C. eingetragen.
3
Der Gesellschaftsvertrag der KG vom 13.06…. (Anl. K 2; im Folgenden: GesVertr) enthielt in § 10 Regelungen zum Ausscheiden und der Kündigung von Gesellschaftern. § 10 Abs. 1 und 2 GesVertr sahen für den Fall der Kündigung eines Gesellschafters Folgendes vor:
„Kündigt ein Gesellschafter, so scheidet dieser aus. Die anderen Gesellschafter haben das Recht, die Gesellschaft fortzuführen. Zunächst haben die Mitglieder des zugehörigen Familienstammes, und hier wiederum zunächst die Abkömmlinge, das Recht, den Anteil zu übernehmen.
Die Übernahmeerklärung der von Fall zu Fall Berechtigten muß jeweils innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten der Gesellschaft schriftlich zugegangen sein.“ Abs. 3 normierte eine Abfindungsregelung zugunsten des Kündigenden.
In Abs. 6 bzw. 7 (der Gesellschaftsvertrag enthält keine Absatznummerierungen. Aufgrund der textlichen Gestaltung sind beide Benennungen möglich. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird im Folgenden die vom Landgericht gewählte Bezifferung als „Abs. 7“ verwendet) schließlich fand sich die folgende Regelung: „Wird über das Vermögen eines Gesellschafters das Konkursverfahren oder ein Vergleichsverfahren eröffnet oder die Beteiligung eines Gesellschafters durch einen Privatgläubiger gepfändet, so scheidet er mit der Eröffnung des Konkurs- bzw. Vergleichsverfahrens oder dem Tage der Pfändung des Gesellschaftsanteils aus der Gesellschaft nach obigen Bestimmungen aus.“
4
§ 13 GesVertr enthielt Regelungen zur Verfügung über Geschäftsanteile und lautete auszugsweise wie folgt:
»Gesellschafter, die an der “A. GmbH“ beteiligt sind, sind verpflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Beteiligungsidentität innerhalb beider Gesellschaften ständig aufrechtzuerhalten. Ohne Ausnahme ist eine Verfügung über Geschäftsanteile – auch von todeswegen – daher nur wirksam, wenn der Verfügende seine Geschäftsanteile an der GmbH an dieselbe Person mit übergehen lässt.«
5
Am 23.09.2019 erging durch das Landgericht Nürnberg-Fürth auf Antrag des Insolvenzverwalters J. ein Arrestbefehl gegen den Beklagten zu 5 (H.), in dessen Vollziehung sein Kommanditanteil an der KG gepfändet wurde (Arrestbefehl des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23.09.2019 – 3 HK O 5998/19, Anl. K 3).
6
Die Beklagten zu 1) bis 4) erklärten mit zwei Schreiben vom 18.10.2019, der KG zugegangen am 28.10.2019, vorsorglich die Übernahme der Gesellschaftsanteile des Beklagten zu 5), vertraten allerdings in erster Linie die Auffassung, die Arretierung des Gesellschaftsanteils des Beklagten zu 5) gehe wegen einer vorangegangenen Abtretung ins Leere (Anlagen K 5, K 6).
7
Die Klägerin sah ein sofortiges Ausscheiden des Beklagten zu 5) aus der KG gem. § 10 Abs. 7 GesVertr aufgrund der Pfändung seines Kommanditanteils. Mit Verpflichtungserklärungen vom 25.02.2020 (Anl. K 11) erklärten sich die Klägerin sowie die Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) rechtsverbindlich zur Anmeldung des Ausscheidens Handelsregisteranmeldung bereit.
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Am 20.05.2020 erklärte der Insolvenzverwalter J., er werde keine Rechte aus dem Arrestbefehl mehr herleiten (Anlagenheft „Beklagtenvertreter X.“, Anl. B2).
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2. Die Klägerin hat erstinstanzlich ihre bereits vorgerichtlich gebildete Auffassung wiederholt, der Beklagte zu 5) sei gem. § 10 Abs. 7 GesVertr aufgrund der Pfändung seines Kommanditanteils mit sofortiger Wirkung aus der KG ausgeschieden. Der Kommanditanteil sei wirksam gepfändet worden. Die Übernahmeerklärung gemäß Anlagen K 5, K 6 stehe einem Ausscheiden nicht entgegen: Abs. 7 des § 10 GesVertr verweise nicht auf die Absätze 1 und 2, daher habe es keine Übernahmemöglichkeit gegeben. Die Regelung des § 10 Abs. 7 GesVertr hält die Klägerin für wirksam. Ein Wiederaufnahmeanspruch des Beklagten zu 5) stehe dem Klageantrag nicht entgegen. Zum einen bestehe kein solcher Anspruch, weil eine Wiederaufnahme den anderen Gesellschaftern unzumutbar sei. Zum anderen führe er nicht zur Entbehrlichkeit der Eintragung eines auch nur zwischenzeitlichen Ausscheidens in das Handelsregister.
10
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, an der Anmeldung zum Handelsregister der A. GmbH & Co. KG (HRA …) beim Amtsgericht Bamberg mitzuwirken: „Der Kommanditist H., geboren am …, (Einlage 7.669,38 €) ist aus der Gesellschaft ausgeschieden.
Die Gesellschaft wird unter der bisherigen Firma unter den verbliebenen Gesellschaftern fortgeführt.“
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Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Klage bereits für unzulässig gehalten. Die Klägerin sei nicht postulationsfähig, da B. bereits vor Klageerhebung als ihre Geschäftsführerin abberufen worden sei. Auch sei der Klägervertreter wegen widerstreitender Interessen als Verfahrensbevollmächtigter ausgeschlossen. Schließlich komme der Klägerin wegen Vorrangs der Leistungsklage kein Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO zu.
12
Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Der Gesellschaftsanteil des Beklagten zu 5) sei mangels ordnungsgemäßer Zustellung des Pfändungsbeschlusses nicht wirksam gepfändet worden. Auch seien die Drittschuldnerin und der Gegenstand der Pfändung nicht hinreichend klar bezeichnet.
13
Die Ausschlussklausel des § 10 Abs. 7 GesVertr halten die Beklagten gem. § 138 Abs. 1 BGB für sittenwidrig und nichtig. Zudem sei die Klage rechtsmissbräuchlich, da dem Beklagten zu 5) – sein Ausscheiden unterstellt – spätestens seit dem 20.05.2020 aufgrund der entsprechenden Erklärung des Pfändungsgläubigers J. ein Anspruch auf Wiederaufnahme zustehe.
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Schließlich sei die Kommanditbeteiligung des Beklagten zu 5), sofern er sie tatsächlich in Folge der Pfändung verloren habe, aufgrund der Übernahmeerklärungen auf die Beklagten zu 1 – 4 übergegangen.
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3. Das Landgericht hat der Klage mit Endurteil vom 23.12.2021 vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
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a. Die Klage sei zulässig. Insbesondere sei die Klägerin postulationsfähig. Bei Erteilung der Prozessvollmacht an den Klägervertreter sei B. alleinige Geschäftsführerin der Klägerin gewesen. Ob sie zwischenzeitlich einen Abberufungsgrund geschaffen habe, sei unerheblich, da jedenfalls eine rechtskräftige Abberufung – diese müsse durch Gesellschafterbeschluss erfolgen – nicht vorliege.
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Der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage greife vorliegend nicht. Die Vorschrift des § 16 Abs. 1 S. 1 HGB impliziere die Zulässigkeit der Feststellungsklage auf Verpflichtung von Gesellschaftern zur Mitwirkung an Eintragungen ins Handelsregister.
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b. Das Landgericht hat die Klage zudem für begründet gehalten.
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aa. Die Beklagten seien passivlegitimiert, da nach §§ 164, 108 HGB die Anmeldung des Ausscheidens eines Kommanditisten aus einer KG von sämtlichen Gesellschaftern zu bewirken sei.
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bb. Die Klägerin sei als Gesellschafterin der KG aktivlegitimiert.
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cc. Der Beklagte zu 5) sei tatsächlich in Folge der Pfändung seines Kommanditanteils aus der KG ausgeschieden. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 7 GesVertr lägen vor; diese Regelung sei auch wirksam.
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(1) Der Kommanditanteil des Beklagten zu 5) sei durch den Arrestbefehl vom 23.09.2019 nebst Pfändung (Anl. K 3) am 30.09.2019 wirksam gepfändet worden.
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(a) Der Arrestbefehl sei gem. § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wirksam im Wege der Ersatzzustellung an die Mitarbeiterin K. zugestellt worden. Auch die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Geschäftsführerin B. sei ordnungsgemäß.
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(b) Die Drittschuldnerin und der Gegenstand der Pfändung seien im Pfändungsbeschluss hinreichend bestimmbar bezeichnet.
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(2) § 10 Abs. 7 GesVertr hält das Landgericht nicht für sittenwidrig und nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB. Die theoretisch denkbaren Fälle eines irrtümlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses oder einer raschen Gläubigerbefriedigung lägen nicht vor. Der Bundesgerichtshof habe eine vergleichbare Klausel für eine GmbH als wirksam erachtet (NJW 1975, 1835). Diese Rechtsprechung sei auf den Fall einer KG übertragbar.
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Die übrigen Gesellschafter hätten ein berechtigtes Interesse daran, dass der Gläubiger nicht über die Geschicke der Gesellschaft mitentscheide. Bis zur Mitteilung des Gläubigers, dass er wegen Befriedigung seiner Forderung keine Rechte aus dem Pfändungsbeschluss herleite, liege auch keine unangemessene Härte für den Beklagten zu 5) vor.
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(3) Die beklagtenseits behauptete vorherige Abtretung der gepfändeten Forderung durch den Beklagten zu 5) sieht das Landgericht als nicht nachgewiesen an.
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(4) Eine Übernahme der Gesellschaftsanteile des Beklagten zu 5) durch andere Gesellschafter aus demselben Familienstamm sei nicht möglich, da § 10 Abs. 7 nicht auf § 10 Abs. 1 und Abs. 2 GesVertr verweise. Zwar enthalte § 10 Abs. 7 GesVertr einen Verweis auf die „obigen Bestimmungen“. Damit können aber vom Sinn und Zweck her nur die Abfindungsregelungen aus § 10 Abs. 3 – 5 GesVertr gemeint sein, denn wegen des in § 10 Abs. 7 GesVertr vorgesehenen sofortigen Ausscheidens des Gesellschafters laufe die Frist für die Übernahmeerklärung aus § 10 Abs. 2 GesVertr leer, wenn sie vom Verweis umfasst wäre.
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dd. Die Klage sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Selbst wenn dem Beklagten zu 5) aufgrund des sofortigen Ausscheidens in Folge der Pfändung ein Wiederaufnahmeanspruch in die Gesellschaft zustehe, seit der Pfändungsgläubiger mit der Erklärung vom 20.05.2020 (Anl. B 2) auf Rechte aus der Pfändung verzichtet habe, sei aufgrund des Vorrangs der öffentlich-rechtlichen Anmeldepflichten das sofortige Ausscheiden des Beklagten zu 5) unabhängig von einem Anspruch auf Wiederaufnahme einzutragen.
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Die Klage erweise sich auch nicht als treuwidrig gem. § 242 BGB. Ob ein Wiederaufnahmeanspruch bestehe, sei im Verhältnis zu allen Mitgesellschaftern zu klären. Es seien aber nicht sämtliche Gesellschafter am Verfahren beteiligt. Ob die materiellen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme vorlägen, insbesondere die Zumutbarkeit für die übrigen Gesellschafter, könne also dahinstehen.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
II.
1. Berufung
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Gegen dieses ihren Rechtsvertretern am 23.12.2021 (Beklagtenvertreter zu 1, 2, 4 und 5) bzw. am 03.01.2022 (Beklagtenvertreter zu 3) zugestellte Urteil haben der Beklagte zu 3) mit am 18.01.2022, die Beklagten zu 1), 2), 4) und 5) mit am 20.01.2022 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Die Beklagten zu 1), 2), 4) und 5) haben mit am 16.03.2022, der Beklagte zu 3) mit am 04.04.2022 eingegangenen Schriftsatz – jeweils binnen verlängerter Frist – ihre Berufung begründet.
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a. Mit am 07.03.2024 – ein Tag vor dem Termin zur Berufungshauptverhandlung – eingegangenem Schriftsatz (Bl. 588 ff.) rügt der Beklagte zu 3) die ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin im Berufungsverfahren. Der Klägervertreter sei zur Vertretung der Klägerin nicht berechtigt. Der Beklagte zu 4) als Gesellschafter der Klägerin sei mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 10.01.2024 zum Vertreter gem. § 46 Abs. 8 GmbHG bestellt worden. Nachdem der hiesige Klägervertreter, der die Klägerin auch im gesonderten Verfahren 4 HK O 9/23 vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth vertrete, einer ihm vom Beklagten zu 4) in seiner Eigenschaft als Vertreter erteilten Weisung zur Erklärung einer Streitverkündung nicht nachgekommen sei, habe ihm der Beklagte zu 4) mit Erklärung vom 05.03.2024 das Mandatsverhältnis fristlos gekündigt. Daraus ergebe sich die fehlende Berechtigung zur Vertretung der Klägerin auch im hiesigen Verfahren.
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b. Die Beklagten halten ihren Klageabweisungsantrag in der Berufungsinstanz aufrecht. Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag und begründen ihre Berufung im Wesentlichen wie folgt:
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aa. Die Ausgangsklage sei unzulässig gewesen. Die Klägerin sei nicht postulationsfähig gem. § 88 ZPO gewesen: B. habe seinerzeit den Rechtsanwalt L. bevollmächtigt. Sie sei zwar wie auch heute noch als Geschäftsführerin der Klägerin im Handelsregister eingetragen. Noch bevor sie Rechtsanwalt L. beauftragt habe, sei sie aber als Geschäftsführerin abberufen worden. Der Rechtsstreit hierzu sei derzeit beim Bundesgerichtshof anhängig.
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Darüber hinaus stehe der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage einem berechtigten Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO entgegen. Die vom Landgericht herangezogene Vorschrift des § 16 Abs. 1 S. 1 HGB habe nicht die Funktion, diesen Grundsatz auszuhebeln.
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Der Klägerin komme auch kein Rechtsschutzinteresse zu. Sie habe einfacher über die Veranlassung einer Anordnung durch das Registergericht gem. § 14 HGB zu ihrem Ziel kommen können. Eine Klageerhebung sei dann entbehrlich gewesen. bb. Darüber hinaus halten die Beklagten die Klage nach wie vor für unbegründet.
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(1) Die Regelung des § 10 Abs. 7 GesVertr sei gem. § 138 BGB sittenwidrig und nichtig. Sie benachteilige die Gläubiger unangemessen, da sie ihnen die Rechte aus § 135 HGB a. F. nehme. Daher sei es fehlerhaft gewesen, dass sich das Landgericht an der Entscheidung des BGH (NJW 1975, 1835) orientiert habe. Die zugrundeliegende Gesellschaft in dieser Entscheidung sei eine GmbH gewesen, für die es keine dem § 135 HGB a. F. vergleichbare Vorschrift gebe. Außerdem habe im dem genannten BGH-Urteil zugrundeliegenden Fall die (hier nicht relevante) Höhe der Abfindung im Vordergrund gestanden.
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§ 10 Abs. 7 GesVertr sei zudem wegen unangemessener Benachteiligung des Gesellschafters sittenwidrig und nichtig. Die Klausel ermögliche faktisch jedem anderen Gesellschafter, einen Gesellschafter mutwillig aus der Gesellschaft zu entfernen, indem er eine Vollstreckung in den Gesellschaftsanteil betreibe; eventuell sogar durch übereilte oder gänzlich ungerechtfertigte Vollstreckungsmaßnahmen. Diese Einwände seien nicht, wie vom Landgericht angenommen, nur theoretischer Natur. Auch sei es unangemessen, dass ein Ausscheiden selbst dann vorgesehen ist, wenn der betroffene Gesellschafter den Gläubiger unverzüglich befriedigt.
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Das Landgericht habe bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 138 BGB einen falschen Maßstab angelegt: Es habe auf die nicht relevante Frage abgestellt, ob die Klausel im konkreten Einzelfall für den Beklagten zu 5) unangemessen benachteiligend sei, und nicht, wie es eigentlich geboten sei, ob sie allgemein betrachtet einen sittenwidrigen Inhalt habe.
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Hilfsweise argumentieren die Beklagten, wenn § 10 Abs. 7 GesVertr als wirksam betrachtet werde, müsse er wenigstens einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass ein Ausschluss nicht erfolgt, wenn sich Gesellschafter und Gläubiger relativ schnell einigten und tatsächlich das Risiko einer Einflussnahme des Gläubigers auf die Gesellschaft nicht bestehe. Diese Konstellation hätten die Gründungsgesellschafter nicht bedacht. Die Einigung mit dem Insolvenzverwalter sei bereits am 11.02.2020 gerichtlich protokolliert worden. Dass die Schuldbegleichung erst am 20.05.2020 erfolgte, sei rein pandemiebedingt, da der Insolvenzverwalter vorher keine Gläubigerversammlung habe durchführen konnte. Diese Verzögerung müsse sich der Beklagte zu 5) nicht zurechnen lassen.
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Jedenfalls im Rahmen einer konkreten Ausübungskontrolle sei § 10 Abs. 7 GesVertr hier nicht anwendbar, weil die Gefahr eines Eingriffs des Insolvenzverwalters wegen dessen Verzichtserklärung faktisch nicht bestehe. Die vertragliche Rechtsfolge des Ausscheidens des Beklagten zu 5) sei vor diesem Hintergrund grob unbillig.
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(2) Weiter meinen die Beklagten, die Voraussetzungen des § 10 Abs. 7 GesVertr lägen nicht vor:
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(a) Die Pfändung durch den Insolvenzverwalter J. sei wegen einer vorherigen aufschiebend bedingten Abtretung des Kommanditanteils des Beklagten zu 5) an die Beklagte zu 1), hilfsweise die Beklagten zu 2 bis 4), ins Leere gegangen. Diesen Aspekt habe das Landgericht übersehen und nicht geprüft. Die Abtretung sei nach dem Gesellschaftsvertrag zulässig gewesen, da § 10 Abs. 7 GesVertr entgegen der Ansicht des Landgerichts auch auf § 10 Abs. 1 und 2 verweise.
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Die Abtretung sei auch tatsächlich erfolgt; das Landgericht habe hierzu fehlerhafterweise keinen Beweis erhoben. In diesem Zusammenhang habe es zudem gegen seine Hinweispflicht aus § 139 ZPO verstoßen, indem es seine Absicht nicht mitgeteilt habe, keine Beweisaufnahme durchzuführen. Der Beklagte habe seinen Kommanditanteil an die Bekl. zu 1), jeweils hilfsweise an die Beklagten zu 2) – 4), abgetreten. Hintergrund sei ein Darlehen gewesen, das die Beklagte zu 1) dem Beklagten zu 5) gewährt habe. Die Anteile an der Gesellschaft hätten als Sicherheit für das Darlehen gedient.
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(b) Bei unterstellt nicht erfolgter vorheriger Abtretung sei der Pfändungsbeschluss auch aus anderen Gründen unwirksam gewesen:
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Im Arrestbefehl habe noch keine Pfändung gelegen, da er kein Arrestatorium enthalten habe. Ein solches ist aber konstitutiv. Der Pfändungsbeschluss selbst sei zu unbestimmt, da er weder den Gesellschaftsanteil noch den Drittschuldner hinreichend konkretisiere. Außerdem fehle es an einer wirksamen Zustellung.
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(3) Auch zweitinstanzlich halten die Beklagten die Klage für rechtsmissbräuchlich. Dem Beklagten zu 5) stehe aus der gesellschaftlichen Treuepflicht heraus ein Wiederaufnahmeanspruch zu, nachdem er den Pfändungsgläubiger befriedigt hat. Daher herrsche keine Notwendigkeit für die vorliegende Klage, die gegen den „dolo-agit“-Grundsatz verstoße.
49
Der vom Landgericht angenommene Vorrang der öffentlich-rechtlichen Pflicht bestehe nicht, da sich die Wiederaufnahme schneller vollziehe als die Anmeldung zum Handelsregister.
50
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 23.12.2021, Az. 1 HK O 16/20, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
51
c. Die Klägerin beantragt die Verwerfung der Berufung als unzulässig, hilfsweise ihre Zurückweisung als unbegründet.
52
aa. Sie hat bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Berufung, da die Umstände der Rechtsverletzung nicht hinreichend dargelegt und Rügen nur formularmäßig ausgeführt worden seien.
53
Den Einwand der Beklagten, sie sei wegen der Mandatsentziehung durch G. im Berufungsverfahren nicht mehr ordnungsgemäß vertreten, weist sie zurück. Die Bestellung zum besonderen Vertreter gem. § 46 Abs. 8 Alt. 2 GmbHG sei für einen anderen Rechtsstreit begründet worden und verleihe keine Vollmacht zur Mandatskündigung für das hiesige Verfahren.
54
bb. In der Sache verteidigt die Klägerin das angegriffene Urteil. Die Klage sei aus den zutreffenden Gründen des Ersturteils zulässig und begründet.
55
§ 10 Abs. 7 GesVertr verstoße nicht gegen § 138 BGB. Es liege auch keine unangemessene Härte im Einzelfall vor. Die von den Beklagten herangezogenen Fallgestaltungen hält die Klägerin für nur theoretischer Natur; auch habe vorliegend der Beklagte zu 5) erst nach knapp acht Monaten die Befriedigung des Gläubigers herbeigeführt. Es ist unbeachtlich, dass die Gefahr eines Hineinregierens durch den Gläubiger in die Gesellschaft heute gebannt sei, weil sie über einen beachtlichen Zeitraum bestanden habe.
56
Auch liege keine planwidrige Regelungslücke vor. Die Ausgestaltung des § 10 Abs. 7 GesVertr sei mit Bedacht gewählt worden. Außerdem wäre, so die Klägerin, im Falle der Pfändung eines Gesellschaftsanteils nicht auf den Gesellschafterausschluss ganz verzichtet, sondern allenfalls ein Ausschluss bei fortbestehender Pfändung nach Ablauf von 6 Wochen oder 2 Monaten vorgesehen worden.
57
Die Pfändung des Kommanditanteils sei wirksam erfolgt. Zustellungsmängel bestünden nicht. Die Ausführungen der Berufung zum fehlenden Arrestatorium stellten ein neues Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel dar, das nach § 531 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen sei. Erstinstanzlich sei entsprechendes nicht behauptet worden. Außerdem bestreitet die Klägerin das Fehlen eines Arrestatoriums, da der Pfändungsbeschluss unstreitig ein solches enthalte.
58
Die Klägerin bestreitet weiter die behauptete vorsorgliche Abtretung des Kommanditanteils. Eine Abtretung folge auch nicht aus den als Anlage K 5 und K 6 vorgelegten Dokumenten, da sie vom Beklagten zu 5) nicht unterzeichnet seien. Die behauptete Abtretung sei offenkundig eine Schutzbehauptung, da der Beklagte zu 5) bis 2019 offen als Kommanditist aufgetreten sei. Außerdem handele es sich um neues Vorbringen, da eine vorherige Abtretung nur vorgerichtlich, aber nicht erstinstanzlich behauptet worden sei.
59
Aus den zutreffenden Gründen des Urteils habe keine Übernahmemöglichkeit durch Mitglieder des Familienstamms gem. § 10 Abs. 1 und Abs. 2 GesVertr bestanden.
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Die Klage stelle sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar. Der Beklagte zu 5) habe keinen Wiederaufnahmeanspruch. Die Befriedigung des Gläubigers begründe nicht automatisch einen Anspruch auf Wiederaufnahme: Der von den Beklagten zitierte Fall einer arglistigen Veranlassung der Zwangsvollstreckung liege hier gerade nicht vor. Eine Wiederaufnahme sei den anderen Gesellschaftern unzumutbar. Wie sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Bamberg im Verfahren 2 HK O 9/17 vom 09.03.2018 (Anlage K 22) ergebe, habe der Beklagte zu 5) versucht, das Unternehmenskennzeichen der Firma A. auf sich selbst eintragen zu lassen. Selbst bei unterstelltem Wiederaufnahmeanspruch müsse die Eintragung des zwischenzeitlichen Ausscheidens erfolgen, da das Handelsregister die Haftungsverhältnisse vollständig und lückenlos wiedergeben müsse, also auch „Zwischeneintragungen“ anzumelden seien. Außerdem könne über den Wiederaufnahmeanspruch im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden, da nicht sämtliche Mitgesellschafter beteiligt seien.
2. Hilfsweise (Dritt-)Widerklage
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Zugleich haben die Beklagten erstmals hilfsweise Widerklage und zum Teil Drittwiderklage gegen die bislang nicht als Partei am Verfahren beteiligten Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) erhoben.
62
a. Der Beklagte zu 5) beantragt hilfsweise für den Fall eines Unterliegens mit dem Antrag auf Urteilsaufhebung und Klageabweisung widerklagend:
IV. Die Klägerin, Berufungsbeklagte und Widerbeklagte zu 1) und die Widerbeklagte zu 2) und die Widerbeklagte zu 3) werden verpflichtet, alle erforderlichen Willenserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen und alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen zu erbringen, um den Beklagten zu 5) als Gesellschafter der. A. GmbH & Co. KG (HRA …) mit einer Einlage von EUR 7.669,38 wiederaufzunehmen, insbesondere, soweit erforderlich, bei der Beschlussfassung von Gesellschafterbeschlüssen zur Wiederaufnahme des Beklagten zu 5) ihr Stimmrecht jeweils so auszuüben, dass der Beklagte zu 5) als Gesellschafter der A. GmbH & Co. KG (HRA …) mit einer Einlage von EUR 7.669,38 wieder aufgenommen wird, und an der Anmeldung zum Handelsregister der A. GmbH & Co. KG (HRA …) beim Amtsgericht Bamberg mitzuwirken.
V. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziff. IV beantragt der Beklagte zu 5) im Wege der Widerklage:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 5) einen Anspruch auf Wiederaufnahme als Gesellschafter der A. GmbH & Co. KG (HRA …) mit einer Kommanditeinlage von EUR 7.669,38 hat.
VI. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu V. beantragen die Beklagten zu 1) und 5) im Wege der Widerklage:
Die Klägerin, Berufungsbeklagte und Widerbeklagte zu 1) und die Widerbeklagte zu 2) und die Widerbeklagte zu 3) werden verpflichtet, an der folgenden Anmeldung zum Handelsregister der A. GmbH & Co. KG (HRA …) beim Amtsgericht Bamberg mitzuwirken:
Der Kommanditist H., geboren am …, hat im Wege der Sonderrechtsnachfolge seine Kommanditeinlage von EUR 7.669,38 € auf die Kommanditistin Frau D., geboren am …, übertragen, deren Einlage dadurch auf EUR 53.685,65 erhöht worden ist. Alle vertretungsberechtigten Gesellschafter und der übertragende Kommanditist versichern, dass der Kommanditist keine Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen erhalten hat und ihm eine solche auch nicht versprochen wurde.
VII. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu VI. beantragen die Beklagten zu 2) und 5) im Wege der Widerklage:
Die Klägerin, Berufungsbeklagte und Widerbeklagte zu 1) und die Widerbeklagte zu 2) und die Widerbeklagte zu 3) werden verpflichtet, an der folgenden Anmeldung zum Handelsregister der A. GmbH & Co. KG (HRA …) beim Amtsgericht Bamberg mitzuwirken:
Der Kommanditist H., geboren am …, hat im Wege der Sonderrechtsnachfolge seine Kommanditeinlage von EUR 7.669,38 € auf die Kommanditistin Frau E., geboren am …, übertragen, deren Einlage dadurch auf EUR 23.008,14 erhöht worden ist. Alle vertretungsberechtigten Gesellschafter und der übertragende Kommanditist versichern, dass der Kommanditist keine Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen erhalten hat und ihm eine solche auch nicht versprochen wurde.
VIII. Hilfsweise beantragen der Beklagte zu 3) für den Fall eines Unterliegens mit dem Antrag auf Urteilsaufhebung und Klageabweisung, der Beklagte zu 5) für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu VII. im Wege der Widerklage:
Die Klägerin, Berufungsbeklagte und Widerbeklagte zu 1) und die Widerbeklagte zu 2) und die Widerbeklagte zu 3) werden verpflichtet, an der folgenden Anmeldung zum Handelsregister der A. GmbH & Co. KG (HRA …) beim Amtsgericht Bamberg mitzuwirken:
Der Kommanditist H., geboren am …, hat im Wege der Sonderrechtsnachfolge seine Kommanditeinlage von EUR 7.669,38 € auf den Kommanditisten Herrn F., geboren am …, übertragen, dessen Einlage dadurch auf EUR 23.008,14 erhöht worden ist. Alle vertretungsberechtigten Gesellschafter und der übertragende Kommanditist versichern, dass der Kommanditist keine Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen erhalten hat und ihm eine solche auch nicht versprochen wurde.
IX. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu VIII. beantragen die Beklagten zu 4) und 5) im Wege der Widerklage:
Die Klägerin, Berufungsbeklagte und Widerbeklagte zu 1) und die Widerbeklagte zu 2) und die Widerbeklagte zu 3) werden verpflichtet, an der folgenden Anmeldung zum Handelsregister der A. GmbH & Co. KG (HRA …) beim Amtsgericht Bamberg mitzuwirken:
Der Kommanditist H., geboren am …, hat im Wege der Sonderrechtsnachfolge seine Kommanditeinlage von EUR 7.669,38 € auf den Kommanditisten Herrn G., geboren am …, übertragen, dessen Einlage dadurch auf EUR 15.338,76 erhöht worden ist. Alle vertretungsberechtigten Gesellschafter und der übertragende Kommanditist versichern, dass der Kommanditist keine Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen erhalten hat und ihm eine solche auch nicht versprochen wurde.
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Die Beklagten halten die hilfsweise Drittwiderklage für ausnahmsweise zulässig, weil die Drittwiderbeklagten ohnehin schon umfangreich am Prozess beteiligt und über jeden Schritt informiert gewesen seien. Ihre Verweigerung, in den Prozess einzutreten, sei vor diesem Hintergrund als rechtsmissbräuchlich zu bewerten.
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Die Widerklage und Drittwiderklage seien auch sachdienlich. Der erforderliche Sachzusammenhang mit dem bisherigen Prozessstoff bestehe. Ohne ihre Zulassung trete eine Zersplitterung des Prozessstoffs ein.
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In der Sache halten die Beklagten die Widerklage und die Drittwiderklage aus den in der Berufungsbegründung dargestellten Gründen für erfolgreich.
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b. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten beantragen die Abweisung der Widerklage und Drittwiderklage.
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Die Drittwiderbeklagten haben einem Eintritt in das Verfahren widersprochen. Sie halten ebenso wie die Klägerin die hilfsweise Drittwiderklage für generell unzulässig. Die Drittwiderbeklagten seien zudem keineswegs bereits umfangreich am Rechtsstreit beteiligt gewesen.
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Die Widerklage und Drittwiderklage seien auch nicht sachdienlich. Für die Frage des Wiederaufnahmeanspruchs werde vielmehr neuer Sachvortrag in erheblichem Umfang relevant.
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In der Sache halten die Klägerin und die Drittwiderbeklagten die Widerklageanträge für unbegründet.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
I. Berufung
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Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 2 ZPO. Die Beklagten legen die Umstände der behaupteten Rechtsverletzungen und ihrer Entscheidungserheblichkeit in ausreichender Weise auf den konkreten Fall bezogen dar.
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In der Sache bleibt die Berufung aber ohne Erfolg. Die Klägerin ist im Berufungsverfahren postulationsfähig. Das angegriffene Urteil des Landgerichts Bamberg erweist sich auch in Ansehung der Berufungsangriffe als zutreffend.
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1. Die von Rechtsanwalt L. vertretene Klägerin ist im Berufungsverfahren postulationsfähig gem. §§ 78 Abs. 1, 51 ZPO.
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a. Der Klägervertreter ist durch B. wirksam bevollmächtigt worden. B. war zum Zeitpunkt der Beauftragung des Klägervertreters wie auch heute noch Geschäftsführerin der Klägerin. Ob ein Abberufungsgrund vorliegt, ist hierfür unerheblich, da es eine rechtskräftige Abberufung bis heute unstreitig nicht gibt.
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b. Ein von den Beklagten geltend gemachter Interessenwiderstreit des Rechtsanwalts L. wegen Vertretung der B. in einem anderen Verfahren ist für die Postulationsfähigkeit der Klägerin ohne Bedeutung. Dafür kann dahinstehen, ob es einen solchen Widerstreit gem. § 43a Abs. 4 BRAO tatsächlich gibt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Wirksamkeit der einem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht und der von ihm namens der Partei vorgenommenen Rechtshandlungen vom Zustandekommen oder von der Wirksamkeit des Anwaltsvertrages unabhängig (BGH, WM 2009, 1296, 1297 m. w. Nachw.). Selbst wenn der Klägervertreter einem Interessenwiderstreit unterläge und dies die Nichtigkeit des Anwaltsvertrags gem. § 134 BGB i. V. m. § 43a Abs. 4 BRAO zur Folge hätte, wäre die Klägerin damit im hiesigen Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten, § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO.
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c. Auch die Mandatskündigung durch G. vom 05.03.2024 berührt die Postulationsfähigkeit der Klägerin gem. §§ 78 Abs. 1, 51 ZPO nicht, selbst wenn sie tatsächlich eine Beendigung des Vertretungsverhältnisses zur Folge gehabt haben sollte.
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aa. Wie der Senat im Termin vom 08.03.2024 den Parteien ausdrücklich mitgeteilt hat, erlangt im Anwaltsprozess gem. § 78 ZPO die Kündigung des Vollmachtsvertrags mit einem Rechtsanwalt gem. § 87 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO erst durch die Anzeige eines neuen Rechtsanwalts rechtliche Wirksamkeit. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der bisherige Rechtsvertreter befugt, seinen Mandanten im Prozess vollumfänglich aktiv und passiv zu vertreten und alle Prozesshandlungen für seinen früheren Mandanten vorzunehmen, die nach § 81 ZPO von der Vollmacht gedeckt sind (Zöller/Althammer, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 87 Rn. 3; BeckOK ZPO/Piekenbrock, 51. Ed. 01.12.2023, § 87 Rn. 13; Musielak/Voit/Weth, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 87 Rn. 6). Da sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz auf Klägerseite kein neuer Prozessbevollmächtigter angezeigt hat, war Rechtsanwalt L. zur rechtlichen Vertretung der Klägerin befugt, ohne dass es auf die Frage der wirksamen Beendigung des Vollmachtsvertrags ankommt.
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bb. Dem in der Verhandlung vom 08.03.2024 verkündeten Beschluss gemäß (Sitzungsniederschrift S. 4 = Bl. 599 d. A.) war dem Antrag der Beklagten auf Einräumung einer Schriftsatzfrist nicht nachzukommen. Die Einräumung einer Schriftsatzfrist für Erklärungen zum Vorbringen des Gegners gem. § 283 ZPO setzt voraus, dass das neue Vorbringen entscheidungserheblich ist (Zöller/Greger, ZPO, 35. Auflage 2024, § 283 Rn. 2a; Saenger, ZPO, 10. Auflage 2023, § 283 Rn. 3). Das ist nicht der Fall.
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Der klägerische Schriftsatz vom 08.03.2024 enthält die Erwiderung der Klägerin zu den vorangegangenen Ausführungen des Beklagten zu 3) im Schriftsatz vom 07.03.2024 (Bl. 588 ff.), demzufolge dem Klägervertreter das Mandat wirksam gekündigt worden sei. Da wie ausgeführt der Klägervertreter gem. § 87 ZPO selbst dann, wenn der Vortrag des Beklagten zu 3) aus dem Schriftsatz vom 07.03.2024 vollumfänglich zuträfe, unverändert zu allen Prozesshandlungen befugt wäre, kommt es auf die Erwiderung der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 08.03.2024 (Bl. 592 ff.) nicht an. Auch im Übrigen hat sich der Senat an keiner Stelle des gegenständlichen Urteils in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht auf das Vorbringen der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 08.03.2024 gestützt. Folglich ist es auch nicht aus Gründen des Rechts auf rechtliches Gehör geboten, den Beklagten eine Stellungnahme zu dem – nicht entscheidungserheblichen – Schriftsatz der Klagepartei zu ermöglichen.
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2. Die Klage ist zulässig.
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a. An der Postulationsfähigkeit der Klägerin bei Klageerhebung bestehen keine ernsthaften Zweifel (siehe oben).
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b. Der Klägerin kam das gem. § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse zu, auch wenn die Erhebung einer Leistungsklage ebenfalls möglich gewesen wäre. Der Grundsatz vom „Vorrang der Leistungsklage“ ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt und stellt auch keinen Selbstzweck dar. Er beruht auf der Erwägung, dass eine Feststellungsklage über den Anspruchsgrund mit anschließender Leistungsklage weniger effektiv ist als eine sofort erhobene Leistungsklage, in der Anspruchsgrund und -höhe zugleich behandelt werden. Ein Feststellungsinteresse besteht daher trotz möglicher Leistungsklage dann, wenn auch das Feststellungsurteil zur endgültigen Beilegung des Rechtsstreits führt, also ein Folgeprozess nicht zu erwarten ist (BGH, NJW 1996, 2725, 2726; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 256 Rn. 14; Baudewin, in: Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl. 2020, § 256 Rn. 8).
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Eine solche Situation besteht vorliegend: § 16 Abs. 1 S. 1 HGB stellt ausdrücklich die Wirkungen von Leistungs- und Feststellungsklage gleich: Die Eintragung wird mit der Vollstreckbarkeit des Feststellungsurteils vollzogen (MüKoHGB/Krafka, 5. Aufl. 2021, § 16 Rn. 4; Hahn, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl. 2020, § 57 Rn. 6). Eines weiteren Rechtsstreits zur Umsetzung des Feststellungsausspruchs bedarf es daher nicht.
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c. Die Möglichkeit einer Zwangsgeldfestsetzung nach § 14 HGB durch das Registergericht lässt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage nicht entfallen (MüKoHGB/Fleischer, 5. Aufl. 2022, § 108 Rn. 7).
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3. Die Klage ist auch begründet. Der Beklagte zu 5) ist in Folge der Pfändung seines Kommanditanteils gem. § 10 Abs. 7 GesVertr aus der KG ausgeschieden. Die gesellschaftsvertragliche Regelung des § 10 Abs. 7 GesVertr ist wirksam (a); ihre Voraussetzungen liegen vor (b). Rechtsfolge ist das unmittelbare Ausscheiden des Gesellschafters mit Wirksamwerden der Pfändung; eine eventuelle Übernahme durch Mitglieder des Familienstamms erfolgte jedenfalls nicht im Wege der Sonderrechtsnachfolge (c). Schließlich steht dem Anspruch auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin gem. § 242 BGB entgegen (d).
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a. Die Regelung des § 10 Abs. 7 GesVertr ist nicht gem. § 138 BGB sittenwidrig und nichtig.
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Eine Sittenwidrigkeit des umgehenden Ausscheidens eines Gesellschafters mit Pfändung seines Gesellschaftsanteils kommt unter zwei Gesichtspunkten in Betracht, dem einer Gläubigerbenachteiligung und dem einer Benachteiligung des ausscheidenden Gesellschafters. Beide Aspekte stehen § 10 Abs. 7 GesVertr aber letztlich nicht entgegen.
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aa. Die Klausel benachteiligt die Gläubiger nicht unangemessen. Gem. § 135 HGB in der maßgeblichen bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung vom 01.01.1964 (im Folgenden: a. F.) stand dem Privatgläubiger eines Gesellschafters unter den dort normierten Voraussetzungen ein Kündigungsrecht zu. Von dieser Vorschrift durfte nicht zuungunsten des Gläubigers abgewichen werden (vgl. MüKoHGB/Karsten Schmidt/Fleischer, 5. Aufl. 2022, HGB § 135 Rn. 7).
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Vorliegend ist indes das Kündigungsrecht des Gläubigers gar nicht betroffen, denn mit dem sofortigen Ausscheiden nimmt der Gesellschaftsvertrag bereits die Kündigung vorweg. Der Senat schließt sich daher der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur an, nach der Klauseln wie die hiesige unter dem Blickwinkel des § 135 HGB und damit des Gläubigerschutzes nicht sittenwidrig sind (OLG Schleswig, Urteil vom 18.09.2013 – 9 U 32/12, BeckRS 2014, 9405; OLG Brandenburg, Urteil vom 28.04.2016 – 5 U 79/13, BeckRS 2016, 9266 Rn. 40; Ebenroth/Boujong/Lorz, HGB, 4. Aufl. 2020, § 135 Rn. 27).
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bb. § 10 Abs. 7 GesVertr ist auch nicht wegen unangemessener Benachteiligung des ausscheidenden Gesellschafters gemäß § 138 BGB sittenwidrig und nichtig. Dabei ist dem Senat bewusst, dass ein sogar im Falle alsbaldiger Gläubigerbefriedigung sofort wirksam werdendes Ausscheiden den Gesellschafter hart trifft. Die berechtigten Interessen der Gesellschaft rechtfertigen eine derartige Regelung jedoch: Die Kommanditgesellschaft hat grundsätzlich ohne Zweifel ein berechtigtes Interesse am Ausschluss eines Gesellschafters, dessen Gesellschaftsanteil gepfändet wurde, denn durch die Pfändung erlangt der Gläubiger – also ein Dritter – Einflussnahmemöglichkeiten auf die Gesellschaft, die den übrigen Gesellschaftern unerwünscht sein können. Regelungen im Gesellschaftsvertrag, nach denen ein Gesellschafter ausscheidet, wenn sein Gesellschaftsanteil gepfändet wird, sind daher üblich und als solche nicht zu beanstanden. Das berechtigte Interesse der Gesellschaft, einen Einfluss des Pfändungsgläubigers zu vermeiden, besteht indes schon vom ersten Tag an.
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Auch kann der Gläubiger eine Pfändung – anders als die Beklagten dies suggerieren – nicht ohne Weiteres bewirken. Er muss zunächst einen Titel erwirken, der an materielle Voraussetzungen geknüpft ist und regelmäßig auch einer Sachprüfung unterzogen wird. Selbst wenn er im Wege des Mahnverfahrens versucht, einen Titel ohne Sachprüfung zu erlangen, kann der Schuldner dies durch einen Widerspruch verhindern. Der betroffene Gesellschafter hat damit im Vorfeld bereits Möglichkeiten, sich gegen eine drohende Pfändung zur Wehr zu setzen.
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Auch die Gefahr einer rechtsmissbräuchlichen Pfändung allein mit dem Ziel, einen Gesellschafter aus der Gesellschaft zu entfernen, besteht nicht ohne Weiteres. Zumindest müssen Gründe glaubhaft gemacht sein, die einen Titel rechtfertigen. Das gleiche gilt, wenn ein anderer Gesellschafter keine private, sondern eine Gesellschaftsforderung im Wege der Pfändung beitreibt: Auch hier muss die Forderung tatsächlich bestehen (also zumindest im einstweiligen Rechtsschutz die Voraussetzungen glaubhaft gemacht sein). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist also auch nicht zu verlangen, dass die Pfändung aus gesellschaftsfremden Forderungen betrieben wird (die der Entscheidung des OLG Brandenburg, a. a. O., zugrundeliegende Klausel enthielt ebenfalls keine ausdrückliche Beschränkung auf gesellschaftsfremde Forderungen).
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Schließlich steht dem Gesellschafter im Falle einer durch Täuschung erlangten Pfändung grundsätzlich ein Wiederaufnahmeanspruch zu (BGH NJW 1959, 1683, 1685). Zudem kommen Schadensersatzansprüche in Betracht. Dies milderte die Folgen einer etwaig unberechtigten Pfändung allein mit dem Ziel, den Gesellschafter hinauszutreiben, ab.
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Zu Recht bezieht sich das Landgericht auch auf die Entscheidung des BGH vom 12.06.1975 (II ZB 12/73 – NJW 1975, 1835), die keine Zweifel an der Wirksamkeit einer Ausschlussklausel mit sofortiger Wirkung enthalten. Zwar spielte die Frage des § 138 BGB dort keine zentrale Rolle; die Sittenwidrigkeit war aber vom BGH von Amts wegen zu prüfen, ohne dass sich eine Partei ausdrücklich auf sie berief (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 138 Rn. 295).
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Das Argument der Beklagten, eine Vergleichbarkeit scheitere daran, dass das BGH-Urteil eine GmbH betraf, für die es eine § 135 HGB a. F. vergleichbare Regelung nicht gibt, greift nicht. § 135 HGB a. F. hat mit der Frage von Rechtsnachteilen des ausscheidenden Gesellschafters nichts zu tun, sondern betrifft eine eventuelle Benachteiligung des Gläubigers. Dies stellt einen anderen Problemkreis dar (siehe oben), zu dessen Behandlung auf die genannte Entscheidung des BGH nicht zurückgegriffen wird.
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Die Klausel des § 10 Abs. 7 GesVertr erweist sich nach alledem nicht als gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig.
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b. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 7 GesVertr liegen vor. Der Gesellschaftsanteil des Beklagten zu 5) ist durch den Insolvenzverwalter J. in Vollziehung des Arrestbefehls des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23.09.2019 wirksam gepfändet worden.
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aa. Die Pfändung ging nicht wegen einer vorangegangenen Abtretung ins Leere. Die Beklagten haben die Behauptung der Beklagtenseite nicht nachweisen können, der Beklagte zu 5) habe seinen Kommanditanteil bereits vor der Pfändung abgetreten. Zu Recht ist das Landgericht den hierzu unterbreiteten Beweisangeboten nicht nachgekommen. Die angebliche vorherige Abtretung der Gesellschaftsanteile ist derart vage vorgetragen worden, dass sich eine Beweiserhebung verbot. Die Beklagten geben nicht an, unter welchen Umständen und mit welchem genauen Inhalt die Abtretung erfolgt sein soll. Insbesondere bleibt unklar, ob sie unbedingt erfolgt oder von einer Bedingung abhängig gemacht wurde sowie gegebenenfalls was Inhalt dieser Bedingung war. Die vom Beklagten zu 5) erstellte „Vertrauliche Selbstauskunft“ vom 15.02.2019 (Anlage BK 2) ist nichtssagend („Seit 2012 abgetretene Unternehmensbeteiligung an der A. GmbH & Co. KG u. a. wegen Darlehen“). Sie deckt sich auch nicht mit der von den Beklagten weiter aufgestellten Behauptung, die Abtretung sei aufschiebend bedingt vorgenommen worden, und mit dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin, der Beklagte zu 5) sei noch bis zum Jahr 2019 als Gesellschafter der KG aufgetreten.
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Ob das Landgericht gem. § 139 Abs. 1 ZPO auf die fehlende Substantiierung hätte hinweisen müssen, kann dahinstehen. Die seitens der Beklagten erhobene Rüge des Verstoßes gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs bleibt abstrakt. Auswirkungen hat ein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs nur dann, wenn er für das angegriffene Urteil kausal ist. Daher muss in der Berufungsbegründung gem. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO angegeben werden, was auf eine entsprechende Schriftsatzfrist vorgetragen worden wäre (BGH, Beschluss vom 24.04.2008 – I ZB 72/07, BeckRS 2008, 21364; Zöller/Greger, ZPO, 35. Auflage 2024, § 139 Rdnr. 20).
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Nach diesen Maßstäben ist zur Überzeugung des Senats der unterbliebene Hinweis auf die fehlende Substantiierung des Beklagtenvortrags zur vorherigen Abtretung für das angegriffene Urteil nicht kausal geworden. Wenn den Beklagten ein entsprechender Hinweis erteilt worden wäre, hätten sie keinen hinreichend substantiierten Sachvortrag mehr geleistet. Das folgt daraus, dass sie auch in der Berufungsbegründung – in Kenntnis der Sichtweise des Landgerichts von der mangelnden Substantiierung – ihren Vortrag zu dieser Frage nicht maßgeblich konkretisiert haben. Soweit die Beklagten erstmals in der Replik zur Berufungserwiderung (Schriftsatz vom 01.08.2022, S. 4 = Bl. 454 d. A.) nähere Angaben zur behaupteten Abtretung machen und behaupten, der Beklagte zu 5) habe die Kommanditbeteiligung aufschiebend bedingt an die Beklagte zu 1), hilfsweise an die Beklagten zu 2) bis 4), als Sicherheit für ein Darlehen abgetreten, wobei mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die aufschiebende Bedingung eingetreten sei, sind diese gem. § 531 Abs. 2 ZPO verspätet: Spätestens mit der Berufungsbegründung hätte substantiierter Sachvortrag erfolgen müssen. Außerdem haben die Beklagten die Behauptung, über das Vermögen des Beklagten zu 5) sei das Insolvenzverfahren eröffnet worden, mit Schriftsatz vom 12.04.2023 als Schreibversehen wieder zurückgenommen. Damit bleibt erneut unklar, wann und mit welchem Inhalt die Abtretung erfolgt und unter welchen Umständen die ihren Vollzug auslösende Bedingung eingetreten sein soll.
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Bei dieser Sachlage stellte jede Beweiserhebung eine unzulässige Ausforschung dar (vgl. Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 284 Rn. 17).
102
Schließlich wäre eine im Jahr 2012 vorgenommene Abtretung unwirksam gewesen, da der Beklagte zu 5) seinerzeit noch Gesellschafter der GmbH war und seine Gesellschaftsanteile an der KG daher gemäß § 13 lit. c GesVertr nicht isoliert übertragen durfte.
103
bb. Die Zustellung sowohl des Arrestbefehls als auch des Arrestbeschlusses sind wirksam erfolgt. Ernsthafte Bedenken gegen die Würdigung des Landgerichts werden in der Berufung auch nicht mehr geltend gemacht. Der Senat erachtet die Begründung des Landgerichts als zutreffend und macht sie sich vollumfänglich zu eigen.
104
cc. Der Pfändungsbeschluss enthält ein Arrestatorium.
105
Ein Arrestatorium – also ein an die Drittschuldnerin gerichtetes Verbot, an den Schuldner zu zahlen – ist Wirksamkeitsvoraussetzung, und zwar auch bei anderen als Geldforderungen (BGH, Beschluss vom 16.12.2020 – VII ZB 9/20, NJW 2021, 637). Im Arrestbefehl ist tatsächlich ein solches Arrestatorium nicht vorhanden. Das ist aber unschädlich, weil es im Pfändungsbeschluss enthalten ist (Anl. K 7, S. 6).
106
Auf die von der Berufungserwiderung aufgeworfene Frage, ob der Vortrag zum Arrestatorium in der Berufungsinstanz verspätet ist, kommt es damit nicht an.
107
dd. Der Pfändungsbeschluss ist hinreichend bestimmt. Für die Wirksamkeit eines Pfändungsbeschlusses ist maßgeblich, ob dieser gem. § 133 BGB in einer Weise ausgelegt werden kann, die eine Bestimmung von Forderungsgläubiger, -schuldner, Drittschuldner und Forderungsbetrag sowie dem Rechtsgrund der Forderung zulässt (MüKoZPO/Smid, 6. Aufl. 2020, § 829 Rn. 30).
108
Der Pfändungsgegenstand „Kommanditanteil“ stellt eine deutliche Bezeichnung dar. Es ist nicht ersichtlich, was sonst mit dem Begriff gemeint gewesen sein soll, wenn nicht der Gesellschaftsanteil des Beklagten zu 5). Die Beklagten bringen auch nicht vor, welche konkrete Verwechslungsgefahr hier bestehe.
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Gleiches gilt für die Bezeichnung des Drittschuldners. Auch hier ist nicht ersichtlich, welche Unklarheiten oder Verwechslungen auftreten könnten (siehe S. 3 des Pfändungsbeschlusses, Anlage K 3).
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c. Die Übernahmeerklärung der Beklagten zu 1) bis 4) gemäß den Schreiben vom 18.10.2019 (Anlagen K 5, K 6) steht dem Feststellunganspruch der Klägerin nicht entgegen.
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Hierzu kann es dahinstehen, ob die Erklärung eine Übernahme des Gesellschaftsanteils zur Folge hatte. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre der Beklagte zu 5) aus der KG ausgeschieden mit der Folge einer Eintragungsbedürftigkeit dieser Veränderung.
112
Der Gesellschafterwechsel vollzieht sich grundsätzlich durch das Ausscheiden des alten und den Eintritt des neuen Gesellschafters (BGH, NJW 1966, 499, 499). Ein Direktübergang kann zwar im Wege einer Sonderrechtsnachfolge erfolgen; dazu bedarf es aber neben der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter einer dahingehenden Vereinbarung. Eine solche bestand vorliegend nicht: Die Beklagten zu 1) bis 4) haben in ihren Schreiben vom 18.10.2019 (Anlagen K 5, K 6) keine Übernahme im Wege der Sonderrechtsnachfolge vereinbart, unabhängig davon, dass den Schreiben eine Unterschrift des Beklagten zu 5) fehlt und sie ohne getrennt erklärte Willenserklärung zur Übernahme nicht ausreichen. Auch § 10 Abs. 1 GesVertr sieht keine Übernahme im Wege der Sonderrechtsnachfolge vor.
113
Damit ist der Beklagte zu 5) in jedem Fall aus der KG ausgeschieden. Da das Handelsregister die Haftungsverhältnisse zuverlässig und vollständig – damit lückenlos – wiedergeben muss (KG, NJW-RR 2018, 166, 167 Rn. 16; OLG Hamm, NJW-RR 1993, 807, 808; Ebenroth/Boujong/Born, HGB, 5. Aufl. 2024, § 106 Rn. 99) ist dieser Umstand eintragungsbedürftig, unabhängig davon, ob der Kommanditanteil später von den Beklagten zu 1) und 4) übernommen wurde – was wiederum eintragungsbedürftig wäre, aber nicht vom Klagegegenstand umfasst ist.
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Der Erörterung des Landgerichts, ob die in § 10 GesVertr enthaltene Verweisung des Abs. 7 die Absätze 1 und 2 umfasst, bedarf es daher nicht. Selbst wenn die Beklagten zu 1) bis 4) entgegen der Auffassung des Landgerichts zur Übernahme berechtigt gewesen sein und sie wirksam erklärt haben sollten, müsste das Ausscheiden des Beklagten zu 5) eingetragen werden.
115
d. Die Klage stellt sich nicht als rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB dar.
116
aa. Der Kommanditanteil des Beklagten zu 5) wurde unstreitig nicht infolge Täuschung oder mit dem Ziel, ihn aus der Gesellschaft zu vertreiben, gepfändet.
117
Der Umstand, dass ex post betrachtet der Gläubiger J. keinen Einfluss auf die Gesellschaft nahm, kann keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Ausscheidens haben. Das gilt auch dann, wenn der Beklagte zu 5) tatsächlich bereits am 11.02.2020 eine Einigung mit dem Gläubiger herbeigeführt haben sollte, denn auch dann hätte die Gefahr einer Einflussnahme während der nicht unbeträchtlichen Zeit von fast fünf Monaten bestanden. Dass zwischen der Einigung und der Schuldbegleichung am 20.05.2020 weitere gut drei Monate verstrichen, ist hierfür nicht relevant, so dass es auf die Frage nicht ankommt, welche Auswirkungen pandemiebedingte Verzögerungen haben.
118
bb. Die Klage verstößt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „dolo-agit“-Einrede wegen eines etwaigen Wiederaufnahmeanspruchs des Beklagten zu 5) gem. § 242 BGB gegen Treu und Glauben. Die Frage, inwieweit der Beklagte zu 5) infolge der Aufhebung der Pfändung einen Anspruch auf Wiederaufnahme in die KG hat, kann dafür dahinstehen. Ein etwaiger Anspruch auf Wiederaufnahme wirkt nicht ex tunc, sondern ex nunc (BGH, NJW 1969, 1483, 1483; Urteil vom 13.03.1975 – II ZR 154/73 –, Rn. 28, juris; Ebenroth/Boujong/Wertenbruch, HGB, 5. Aufl. 2024, § 105 Rn. 634). Da das Handelsregister die Haftungsverhältnisse zu jedem Zeitpunkt korrekt wiedergeben muss (siehe oben), sind Eintragungen auch dann vorzunehmen, wenn sie später durch eine neue Entwicklung wieder überholt werden. Das Ausscheiden des Beklagten zu 5) muss deshalb selbst dann eingetragen werden, wenn er einen Wiederaufnahmeanspruch haben sollte. Gegebenenfalls ist dann mit der Wirksamkeit der Wiederaufnahme eine erneute Eintragung im Handelsregister vorzunehmen, nicht aber die vorherige Eintragung des Ausscheidens zu löschen. Das Ausscheiden des Beklagten zu 5) ist daher in jedem Fall ins Handelsregister aufzunehmen, auch wenn es nur vorübergehend gewesen sein sollte.
II. Widerklage und Drittwiderklage
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Die in der Berufungsinstanz jeweils hilfsweise erhobene Wider- und Drittwiderklage sind als unzulässig abzuweisen. Die Anträge waren erstinstanzlich nicht streitgegenständlich. Sie stellen damit eine Klageerweiterung in der Berufungsinstanz dar, deren Zulässigkeit sich nach § 533 ZPO richtet.
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1. Die gegen die Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) gerichteten Widerklageanträge sind unzulässig. a. Dafür kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des (für die Drittwiderklage ebenfalls anwendbaren, vgl. MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, § 533 Rn. 34) § 533 ZPO vorliegen. Denn neben den gesetzlich normierten Voraussetzungen ist für eine in der Berufungsinstanz erstmals erhobene Drittwiderklage in der Regel zusätzlich die Einwilligung des Drittwiderbeklagten Voraussetzung, da ihm eine Instanz genommen wird (BGH, NJW-RR 2008, 176, 176 f.; OLG Brandenburg, Urteil vom 24.10.2018 – 7 U 172/16 –, juris, Rn. 8; MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, § 533 Rn. 34; Arnold, Regulatives Verfahrensrecht am Beispiel der Drittwiderklage, Gedächtnisschrift für Hannes Unberath, 2015, S. 1, 6). Lediglich bei ihrer rechtsmissbräuchlichen Verweigerung ist die Einwilligung ausnahmsweise entbehrlich (BGH a. a. O.; MüKoZPO/Rimmelspacher a. a. O.; Arnold a. a. O.).
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Die Drittwiderbeklagten haben der gegen sie gerichteten Widerklage ausdrücklich widersprochen. Dies stellt sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar, für die Drittwiderbeklagte zu 1) B. auch in Ansehung dessen, dass die bereits in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Klägerin am Rechtsstreit teilgenommen hat. Allein der Umstand, dass eine neue Partei ausreichende Informationen über den Streitstoff hat, kann eine rechtsmissbräuchliche Verweigerung der Zustimmung nicht begründen. Das Erfordernis der Zustimmung soll dem Schutz der Partei dienen, die in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium in einen Prozess hineingezogen wird. Es soll Nachteile verhindern, die dadurch entstehen, dass der neue Beklagte auf den bisherigen Verlauf des Prozesses keinen Einfluss hatte und ihn in der Lage weiterführen müsste, in der er sich nunmehr befindet (BGH, NJW-RR 2008, 176 f.). Die Drittwiderbeklagte zu 1) hatte erstinstanzlich aber weder Anlass noch Möglichkeit, persönlich in den Rechtsstreit einzugreifen. Dies gilt erst recht für die Drittwiderbeklagte zu 2) C., die erstinstanzlich nicht in Erscheinung getreten ist und sich soweit ersichtlich mit dem Rechtsstreit bisher nicht weiter befasst hat. Anderes wird auch von den Beklagten nicht behauptet.
122
b. Die Drittwiderklage ist zudem aus dem weiteren Grund gem. § 33 ZPO unzulässig, dass sie nur hilfsweise erhoben wurde. Unabhängig von der Instanz, in der der Rechtsstreit sich befindet, ist eine hilfsweise Drittwiderklage unzulässig. Das gegen den Dritten begründete Prozessrechtsverhältnis darf nicht in der Schwebe gelassen werden, weil es keinem Prozessgegner zuzumuten ist, sich auf ein Verfahren einzulassen, das sich möglicherweise wieder in ein rechtliches Nichts auflöst (BGH, NJW 2001, 2094, 2095; OLG Dresden, NJW-RR 2000, 901, 902 f.; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 33 Rn. 34; Anders/Gehle/Anders, ZPO, 82. Aufl. 2024, § 33 Rn. 27; MüKoZPO/Patzina, 6. Aufl. 2020, § 33 Rn. 32). Ausnahmen von dieser Regel sind nicht vorgesehen. Es wäre auch kein Grund ersichtlich, warum sich die Drittwiderbeklagten redlicherweise einem prozessualen Schwebezustand aussetzen müssten.
123
2. Auch soweit sich die hilfsweise Widerklage gegen die Klägerin richtet, ist sie unzulässig.
124
Nach § 533 Nr. 1, Nr. 2 ZPO kommt es für die Zulässigkeit einer in der Berufungsinstanz erstmals erhobenen Widerklage darauf an, ob der Gegner in die Klageänderung einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich hält und ob sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
125
a. Bereits die Voraussetzungen des § 533 Nr. 1 ZPO liegen nicht vor. Die Klägerin der Widerklage ausdrücklich widersprochen. Sie stellt sich auch nicht als sachdienlich dar.
126
Die Sachdienlichkeit einer zweitinstanzlichen Klageänderung oder Klageerweiterung ist objektiv unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu beurteilen. Entscheidend ist, ob eine Zulassung der Klageänderung den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem weiteren Prozess vorbeugt (BGH, NJW 2011, 2796, 2799 Rn. 41; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 533 Rn. 5; BeckOK ZPO/Wulf, 51. Ed. 01.12.2023, § 533 Rn. 11).
127
Vorliegend brächte die Widerklage gegen die Klägerin den Beklagten selbst im Erfolgsfall keinen Nutzen. Sowohl die Eintragung einer Wiederaufnahme des Beklagten zu 5) als auch einer etwaigen Übertragung seines Kommanditanteils an die Beklagten zu 1) bis 4) setzt die Mitwirkung aller Gesellschafter voraus. Wenn auch eine Mitwirkung der Beklagten zu 1) bis 4) zu erwarten sein dürfte, wäre jedenfalls ein Folgeprozess gegen die Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) erforderlich, um das erstrebte Ziel herbeizuführen. Die Widerklage ist daher zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits nicht geeignet.
128
Nichts anderes gilt für den hilfsweise gestellten Antrag auf Feststellung eines Wiederaufnahmeanspruchs des Beklagten zu 5). Ein Feststellungsausspruch nur im Rechtsverhältnis zur Klägerin vermag einen künftigen Prozess gegen die Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) nicht zu vermeiden. Die Klägerin könnte überdies die Nichtbeachtung des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots einwenden, wenn nur sie und nicht alle sich weigernden Beteiligten verklagt werden (vgl. Hahn, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band VII, 6. Aufl. 2020, § 57 Rn. 6).
129
b. Darüber hinaus ist auch die weitere Voraussetzung des § 533 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt. Die Widerklage kann nicht auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
130
Die Aufhebung der Pfändung hat keinen automatischen Wiederaufnahmeanspruch des Beklagten zu 5) zur Folge. Anderes folgt auch nicht aus der von den Beklagten zitierten Entscheidung des BGH vom 15.06.1959 (II ZR 44/58 – NJW 1959, 1683 ff.), die den – hier nicht relevanten – Fall der arglistigen Herbeiführung eines Pfändungsbeschlusses durch einen Mitgesellschafter zum Gegenstand hatte. Vielmehr muss die Wiederaufnahme den übrigen Gesellschaftern insgesamt zumutbar sein (BGH, NZG 2022, 1440, 1441 Rn. 16). Dies stellt die Klägerin mit der Behauptung in Abrede, der Beklagte zu 5) habe in der Vergangenheit versucht, das Unternehmenskennzeichen der Firma A. auf sich selbst eintragen zu lassen. Da die Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind und dieser Geschehenskomplex weder erstinstanzlich entscheidungserheblich war noch für das Berufungsverfahren außerhalb der Widerklage von Bedeutung ist, ist er nicht nach § 529 ZPO ohnehin zu berücksichtigen.
C.
I.
131
Die Entscheidung über die Kosten der Berufung folgt aus §§ 97, 100 Abs. 1 ZPO.
II.
132
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO. Das Urteil war nur gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da kein Fall des § 708 ZPO vorliegt. Insbesondere ist § 708 Nr. 10 ZPO nicht einschlägig, da die Streitigkeit keiner vermögensrechtlichen Natur ist.
III.
133
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Streitsache ist gekennzeichnet durch die Besonderheiten des Einzelfalls im Tatsachenbereich. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Soweit Rechtsfragen zu entscheiden waren, liegt eine Abweichung von höchstrichterlicher oder sonstiger obergerichtlicher Rechtsprechung nicht vor.
D.
134
Der Streitwert richtet sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG nach dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin. Dieser bemisst sich vorliegend nach der Höhe der in Rede stehenden Kommanditeinlage, also 7.669,38 €.
135
Die Widerklage wirkt wegen wirtschaftlicher Identität mit dem Streitgegenstand der Klage nicht streitwerterhöhend, § 45 Abs. 1 GKG. „Derselbe Gegenstand“ gem. Abs. 1 S. 3 ist nicht im Sinne des prozessualen Streitgegenstandsbegriffs zu verstehen, sondern beschreibt einen eigenständigen kostenrechtlichen Begriff, der sich an der wirtschaftlichen Betrachtung der Streitgegenstände orientiert, nämlich an der Frage, ob durch Klage und Widerklage eine „wirtschaftliche Werthäufung” entsteht (BeckOK KostR/Schindler, 44. Ed. 01.01.2024, GKG § 45 Rn. 12).
136
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Kernpunkt des Rechtsstreits ist bei wirtschaftlicher Betrachtung die Frage, wem die vormalige Kommanditbeteiligung des Beklagten zu 5) zusteht, weshalb deren Höhe den Streitwert des Rechtsstreits markiert. Dieser Wert ändert sich nicht, wenn der Beklagte zu 5) wie mit der Widerklage geltend gemacht, zwar ausgeschieden sein, aber einen Wiederaufnahmeanspruch haben sollte. Er erhöht sich auch nicht mit der Anzahl der Personen, denen alternativ für den Fall eines fehlenden Wiederaufnahmeanspruchs die Beteiligung zustehen könnte.