Inhalt

LG München I, Urteil v. 25.11.2024 – 22 NBs 255 Js 116703/23
Titel:

Freiheitsstrafen, Untersuchungshaft, Hauptverhandlungsprotokoll, Kostenentscheidung, Strafbefehl, Gesamtfreiheitsstrafe, Schuldangemessenheit, Gefährliche Körperverletzung, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Sozialprognose, Tateinheitliches, Strafzumessungsgesichtspunkte, Einlassung des Angeklagten, Staatsanwaltschaft, Strafrahmenverschiebung, Beweiswürdigung, Sachbeschädigung, Besonderes öffentliches Interesse, Amtsgerichte, Sachverständige

Schlagworte:
Anklageerhebung, Hauptverhandlung, Berufung, Strafzumessung, Gesamtfreiheitsstrafe, Bewährung, Sozialprognose
Vorinstanz:
AG München, Urteil vom 08.01.2024 – 852 Ds 255 Js 116703/23
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 01.04.2025 – 206 StRR 85/25
Fundstelle:
BeckRS 2024, 44148

Tenor

I. Auf die Berufung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 08.01.2024 im Rechtsfolgenausspruch wie folgt abgeändert:
Der Angeklagte wird unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts München, Aktenzeichen: 854 Ds 454 Js 207480/22, vom 24.04.2023 (Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung), des Urteils des Amtsgerichts München, Aktenzeichen: 823 Ds 255 Js 203553/23, vom 18.10.2023 und des Strafbefehls des Amtsgerichts München vom 08.08.2024, Aktenzeichen: 1115 Cs 367 Js 171044/24, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
II. Die weitergehenden Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft werden als unbegründet verworfen.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte.
Angewandte Vorschriften:
§§ 185, 194, 223 Abs. 1, 230, 303, 303c, 52, 53, 49 Abs. 1, 21 StGB

Entscheidungsgründe

I.
Gang des Verfahrens
1
Die Staatsanwaltschaft München I hat am 30.06.2023 Anklage gegen den Angeklagten wegen Beleidigung und Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und Erschleichen von Leistungen in 3 Fällen beim Amtsgericht München – Strafrichter erhoben. Mit Verfügung vom selben Tag stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen des Vorwurfs der räuberischen Erpressung vom 29.09.2022 nach § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick auf das hiesige Verfahren ein. Mit Beschluss vom 08.11.2023 ließ das Amtsgericht München die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zu. Es fand daraufhin am 08.01.2024 eine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht München – Strafrichter – statt. Im Rahmen dieser Hauptverhandlung wurde das Verfahren betreffend den Tatvorwurf der Leistungserschleichung nach § 154 Abs. 2 StPO sowie das Verfahren betreffend den Tatvorwurf der Bedrohung nach § 154a Abs. 2 StPO im Hinblick auf das hiesige Verfahren eingestellt.
2
Mit Urteil vom 08.01.2024 verurteilte das Amtsgericht den Angeklagten wegen Beleidigung in 2 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 3 Monaten. Dieses Urteil wurde im Verteidiger 13.02.2024 zugestellt. Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft am 08.01.2024, eingegangen bei Gericht am 10.01.2024, Berufung ein. Der Verteidiger legte am 09.01.2024, eingegangen bei Gericht am 09.01.2024, für den Angeklagten ebenfalls Berufung bei.
3
Am 25.11.2024 fand die Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht München I statt. Gespräche mit dem Zweck einer Verständigung nach § 257c StPO fanden weder vor dem Amtsgericht noch vor dem Landgericht statt.
II.
Persönliche Verhältnisse
4
Der Angeklagte wurde am geboren und ist Staatsangehöriger. Da die Eltern des Angeklagten früh verstorben sind, wuchs der Angeklagte bei seiner Großmutter auf. Er hat 6 Geschwister, die alle in leben und zu denen der Angeklagte keinen Kontakt hat. Der Angeklagte besuchte in 12 Jahre die Schule. Anschließend absolvierte er eine Berufsausbildung in der Landwirtschaft.
5
2015 kann der Angeklagte nach Deutschland. Hier besuchte er ein Jahr lang die Schule, um Deutsch zu lernen. Eine Berufsausbildung schloss der Angeklagte in Deutschland nicht ab. Der Angeklagte arbeitete 2 Jahre lang bei und 2 Jahre lang auf einer Baustelle. Kurze Zeit arbeitete Angeklagte auch in einer Bäckerei. Vor seiner Inhaftierung in anderer Sache war der Angeklagte arbeitssuchend. Arbeitslosengeld bezog er zu diesem Zeitpunkt nicht.
6
Der Angeklagte hat weder Schulden noch Krankheiten. Seit 2016 hat der Angeklagte ein Alkoholproblem, außerdem konsumiert er regelmäßig Marihuana.
7
Der Angeklagte ist wie folgt vorbestraft:
1. ...
2. ...
3. ...
4. ...
5. ...
6. ...
8
7. Das Urteil lautet in den Gründen wie folgt:
„I.“
Am 21.10.2022 gegen 03:48 Uhr im Alten Botanischen Garten in München berührten die Angeklagten und der anderweitig Verfolgte die Zeugin in sexuell bestimmter Weise, bis diese äußerte, dass sie das nicht wolle. Als darauf der bis dahin unbeteiligte Zeuge und Geschädigte die Angeklagten auf Englisch aufforderte, die Zeugin nun in Ruhe zu lassen, forderten die Angeklagten den Geschädigten und den ebenfalls hinzugekommenen Zeugen und Geschädigten auf, sich zu entfernen. Als der Geschädigte entgegnete, die Angeklagten müssten die Zeugin gehen lassen, wenn sie „Nein“ sage, schubste ein unbekannter Täter den Geschädigten und versetzte ihm einen Faustschlag. Sodann versetzten die Angeklagten dem Geschädigten jeweils abwechselnd mehrere Faustschläge auf den Kopf und mehrere Tritte gegen die Beine, bis dieser zu Boden ging. Als der Angeklagte den Geschädigten nochmals treten wollte, äußerte der Angeklagte, der Angeklagte solle den Geschädigten „gehen lassen“.
Der Geschädigte erlitt hierdurch, wie von den Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommen, Schmerzen am Kopf und an den Beinen und am rechten Handgelenk. (…) Ausführungen betreffen Mitangeklagten Ein bei dem Angeklagten um 04:26 Uhr freiwillig durchgeführter Atemalkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,70 mg/l.
Die Fähigkeit der Angeklagten, das Unrecht der Tat einzusehen, war dadurch nicht ausschließbar beeinträchtigt und ihre Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln auch nicht ausschließbar erheblich vermindert.
Dem Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 22.12.2022 gegen den Angeklagten, Az. 824 Cs 237 Js 207286/22 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 31.08.2022 gegen 00:00 Uhr entwendeten Sie in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit der anderweitig Verfolgten in den Geschäftsräumen des München eine Flasche Wein, eine Flasche Hugo, 1x Sushi, 1 Poke Bowl Lachs und 1x Pasta im Wert von insgesamt 29,45 EUR, um die Waren ohne Bezahlung für sich zu behalten.
Strafantrag wurde form- und fristgerecht gestellt. Die Staatsanwaltschaft hält wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
II.
Die Angeklagten haben sich daher jeweils der gefährlichen Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB schuldig gemacht.
III.
Entnommen ist die Strafe dem Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht. Aufgrund der nicht erheblichen Verletzungen und des fehlenden Strafverfolgungsinteresses des Geschädigten liegt jedoch ein minder schwerer Fall vor, § 224 Abs. 1 StGB. Sodann hat das Gericht eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorgenommen.
Eine Freiheitsstrafe von 5 Monaten ist hinsichtlich des Angeklagten und von 6 Monaten und 2 Wochen hinsichtlich des Angeklagten ist jeweils tat- und schuldangemessen.
Hierbei war insbesondere zu Gunsten der Angeklagten deren vollumfängliche Geständnisse sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass der Geschädigte nur unerheblich verletzt wurde. Strafmildernd hinsichtlich des Angeklagten wirkte sich aus, dass er den Angeklagten schließlich von weiteren Schlägen zurückhielt.
Zu Lasten der Angeklagten musste insbesondere gesehen werden, dass sie bereits strafrechtlich nicht unerheblich in Erscheinung getreten sind.
Bei Berücksichtigung dieser Umstände erachtet das Gericht jeweils eine Freiheitsstrafe von 5 Monaten für tat- und schuldangemessen.
Hinsichtlich des Angeklagten war sodann eine Gesamtstrafe mit dem Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 22.12.2022, Az. 824 Cs 237 Js 207286/22. Nach nochmaliger Abwägung sämtlicher Strafzumessungsgesichtspunkte ist eine Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten tat- und schuldangemessen.
(…) Ausführungen betreffen Mitangeklagten
Beide Freiheitsstrafen können zur Bewährung ausgesetzt werden, da eine positive Sozialprognose vorliegt, § 56 Abs. 1 StGB. Es handelt sich um die jeweils erste Freiheitsstrafe, die gegen die Angeklagten verhängt werden musste. Sie zeigten erkennbar Reue für ihr Verhalten und das Gericht geht daher davon aus, dass sie sich bereits die Verurteilung zur Warnung dienen lassen werden.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 464, 465 StPO.
9
8. Das Urteil lautet wie folgt:
„I.“
Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten wird auf das Hauptverhandlungsprotokoll zur Sitzung vom 19.02.2024, hinsichtlich seiner Vorstrafen auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 08.02.204 Bezug genommen.
II.
Aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 18.10.2023, vermutlich gegen 14.00 Uhr, nahm der Angeklagte mit einem weiteren bislang unbekannten Täter im Ladenlokal des in der in München eine nicht näher bekannte Anzahl an Parfümflaschen aus zwei Regalen und steckte diese in bewusstem und gewollten Zusammenwirken gemäß dem gemeinsam gefassten Tatplans in zwei Einkaufstaschen, um diese – wie sie wussten – unberechtigt und ohne Bezahlung dauerhaft für sich zu behalten. Hierbei hielt der Angeklagte die Einkaufstaschen, während der unbekannte Täter die Parfümflaschen in die Taschen legte.
Anschließend gingen der Angeklagte und der bisher unbekannte weitere Täter durch den Laden. Sie fuhren zunächst mit der Rolltreppe in ein anderes Stockwerk und sodann zurück in die Parfümerie des, um dort – wie von Beginn an geplant – weitere Parfümflaschen aus den Regalen zu entnehmen, in ihre Taschen zu stecken und diese – wie sie wussten – ohne hierzu berechtigt zu sein und ohne Bezahlung dauerhaft für sich zu behalten.
Hierdurch sammelten der Angeklagte und der unbekannte Täter insgesamt 14 Parfüms mit einem Gesamtwert von 1.179,86 Euro ein, um diese anschließend an zwei unbekannte Personen abzugeben, welche ihnen hierfür mindestens 100 EUR zahlen wollten.
Der Angeklagte und der unbekannte Täter handelten hierbei in der Absicht, sich durch den Diebstahl und die Weitergabe der Parfüms eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und nicht unerheblicher Dauer zu verschaffen. Der Angeklagte verfügt über kein geregeltes Einkommen und finanziert durch die Diebstähle seinen Alkohol- und Drogenkonsum sowie seinen Lebensunterhalt.
Strafantrag wurde form- und fristgerecht gestellt.
Die Staatsanwaltschaft hält im Übrigen wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
III.
Die Feststellungen unter Ziffer I und II ergeben sich zur vollen Überzeugung des Gerichts aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung, insbesondere aufgrund des Geständnisses des Angeklagten sowie der Angaben der ergänzend vernommenen Zeugin.
IV.
Wegen des unter Ziffer II festgestellten Sachverhalts war der Angeklagte des Diebstahls gemäß der §§ 242 I, 243 I 2 Nr. 3, 25 II StGB schuldig zu sprechen.
V.
Der Strafrahmen des § 243 I 1, 2 Nr. 3 StGB sieht eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 10 Jahren vor. Gründe für ein Abweichen von der Regelwirkung des § 243 I 2 StGB sind nicht ersichtlich.
Zugunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass sich dieser sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der Hauptverhandlung geständig eingelassen hat und die Ware einbehalten werden konnte, mithin kein dauerhafter faktischer Schaden entstanden ist. Darüber hinaus war zu sehen, dass er sich für dreieinhalb Monate in Untersuchungshaft befunden hat, was für ihn die erste Hafterfahrung seines Lebens dargestellt hat. Weiter war zu beachten, dass der Angeklagte seiner nicht widerlegbaren Einlassung zufolge bei der Tat unter dem Einfluss von Drogen stand, weshalb zumindest von einer drogenbedingten Enthemmung auszugehen war.
Zu Lasten des Angeklagten war jedoch zu berücksichtigen, dass mit über 1.000 EUR ein nicht unerheblicher Schaden verursacht worden ist. Weiter war strafschärfend in die Abwägung einzustellen, dass der Angeklagte zuvor bereits fünfmal strafrechtlich in Erscheinung getreten war und hierbei auch eine einschlägige Vorverurteilung vorhanden ist. Auch legte der Angeklagte eine gewisse Rückfallgeschwindigkeit an den Tag. Zuletzt wurde er mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 22.12.2022 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Strafbefehl wurde am 27.01.2023 rechtskräftig, die hiesige Tat ereignete sich damit nur 9 Monate nach der einschlägigen Vorverurteilung.
Unter Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte hielt das Gericht die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten für tat- und schuldangemessen.
Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe konnte gemäß § 56 I StGB zur Bewährung ausgesetzt werden.
Das Gericht geht davon aus, dass sich der Angeklagte bereits die Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe als ausreichende Warnung vor der Begehung erneuter Straftaten wird dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs nicht mehr straffällig werden wird.
Der Angeklagte wurde im hiesigen Verfahren erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zwar weist der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten fünf Voreinträge auf, jedoch wurden gegen ihn mit Ausnahme eines Urteils des Amtsgerichts Dachau aus 2018 ausschließlich Strafbefehle verhängt. Den Eindruck einer Hauptverhandlung hat der Angeklagte damit nur selten erlebt.
Ferner befand er sich im hiesigen Verfahren das erste Mal in seinem Leben in Untersuchungshaft. Zwar musste der zunächst außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt werden, da der Angeklagte den ihm gemachten Auflagen nicht nachkam, jedoch hat der Angeklagte hierdurch auch deutliche Konsequenzen dafür erfahren, dass er sich nicht an gerichtliche Anordnungen gehalten hat. Insofern wurde ihm bereits einmal vor Augen geführt, was ihm droht, sollte er erneut gegen die gemachten Bewährungsauflagen und -weisungen verstoßen. In einer Gesamtschau war das Gericht daher davon überzeugt, dass dem Angeklagten die Chance gegeben werden kann, sich in den nächsten Jahren zu bewähren und zu zeigen, dass er ein straffreies Leben führen kann.
Die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet eine Vollstreckung der Strafe nicht, § 56 III StGB. In Kenntnis der dargelegten Umstände hätte die wohl unterrichtete, rechtstreue Bevölkerung Verständnis für die Strafaussetzung zur Bewährung. Sie würde dadurch nicht in ihrem Vertrauen in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert und das Urteil nicht als ungerechtfertigte Nachgiebigkeit und unsicheres Zurückweichen vor dem Unrecht empfinden. Der Angeklagte ist zu einer nicht unerheblichen Strafe verurteilt worden und für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt worden. Ferner wurde ihm auferlegt, 40 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Darüber hinaus muss er dem Gericht die Durchführung von drei Alkoholberatungsgesprächen binnen 3 Monaten nach Rechtskraft sowie binnen 12 Monaten nach Rechtskraft den Antritt einer Alkoholtherapie nachweisen. Dem Angeklagten sind damit umfangreiche Auflagen und Weisungen innerhalb der Bewährung erteilt worden.
Im Ergebnis konnte die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe daher zur Überzeugung des Gerichts zur Bewährung ausgesetzt werden.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464, 465 StPO.
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9. Der Strafbefehl lautet wie folgt:
„Am 29.05.2024 um 22:45 Uhr führten Sie im Alten Botanischen Garten in München wissentlich und willentlich 0,58 Gramm Kokaingemisch mit sich. Das Betäubungsmittel hatte mindestens einen Wirkstoffgehalt von 40% KokainHCl. Wie Sie wussten, hatten Sie nicht die zum Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.“
Sie werden daher beschuldigt, Betäubungsmittel besessen zu haben, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb gewesen zu sein, strafbar als Besitz von Betäubungsmitteln gemäß § 1 Absatz 1 BtmG in Verbindung mit Anlage I-III zum BtmG, §§ 3 Absatz 1 Nummer 1, 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BtmG.
Gegen Sie wird eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen verhängt. Der Tagessatz wird auf 15,00 EUR festgesetzt. Die Geldstrafe beträgt somit insgesamt 1.800,00 EUR. Ihr Einkommen wurde gemäß § 40 Abs. 3 StGB geschätzt. Gemäß § 33 Abs. 2 BtMG wird die Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel angeordnet Sie haben auch die Kosten des Verfahrens und Ihre Auslagen zu tragen.
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Der Angeklagte befindet sich seit 02.06.2024 in anderer Sache (Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I wegen gefährlicher Körperverletzung, Az: 255 Js 150785/24) aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 03.06.2024, Az: XI Gs 384/24, in der JVA München – Stadelheim in Untersuchungshaft.
III.
Sachverhalt
12
1. Am 05.01.2023 gegen 19:45 Uhr wollte der Angeklagte den in der, am Eingang zum stehenden Bus der Linie, amtliches Kennzeichen ..., betreten. In dem Bus befand sich der Busfahrer, der dort Pause machte und dem Angeklagten signalisierte, dass er noch 10 Minuten warten müsse.
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Um seinen Unmut auszudrücken, schlug der Angeklagte zunächst mit den Fäusten gegen die Tür des Busses und trat sodann mit dem Fuß gegen die Bustür. Im weiteren Verlauf trat der Angeklagte erneut gegen die Türe und zeigte dem Geschädigten mit beiden Händen den Mittelfinger. Anschließend trat der Angeklagte einen Mülleimer um, welcher gegen den Bus fiel und warf einen Kofferwagen gegen die Windschutzscheibe des Busses, wodurch in der Windschutzscheibe Risse entstanden und diese beschädigt wurde. Dabei sah der Angeklagte die Beschädigung der Windschutzscheibe vorher und nahm diese zumindest billigend in Kauf. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von 3.333 €
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2. Nach Eintreffen der verständigten Polizeibeamten bezeichnete der Angeklagte den Busfahrer als „Idiot“, „Arschloch“ und „Scheiß Busfahrer“, um seine Missachtung diesem gegenüber auszudrücken.
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Als die Beamten sodann die Ausweise der Beteiligten entgegennahmen, schlug der Angeklagte dem Geschädigten mit der rechten Faust ins Gesicht, wodurch dieser, wie von dem Angeklagten vorhergesehen und billigend in Kauf genommen, Schmerzen erlitt und aus dem Mund blutete.
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Ein bei dem Angeklagten freiwillig durchgeführte Atemalkoholtest ergab am 05.01.2023 um 21:45 Uhr einen Wert von 0,78 mg/Liter.
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Strafantrag wurde form- und fristgerecht gestellt. Die Staatsanwaltschaft hält im Übrigen wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
IV.
Beweiswürdigung
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Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten unter Ziffer II. beruhen auf den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des Angeklagten in der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2024 sowie auf dem Auszug des Bundeszentralregisters vom 14.11.2024, der in der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2024 verlesen wurde. Des Weiteren wurden in der mündlichen Verhandlung das Urteil des Amtsgerichts München vom 24.04.2023 (BZR Nr. 7), das Urteil des Amtsgerichts München vom 19.02.2020 (BZR Nr. 8) sowie der Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 08.08.2024 (BZR Nr. 9) vollständig verlesen.
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Die Feststellung zum Sachverhalt zu Ziffer II. beruhen auf dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme. Der Angeklagte bestreitet den Tatvorwurf, doch ist er nach Überzeugung des Gerichts aufgrund der Angaben der Zeugen sowie der verlesenen Urkunden und in Augenschein genommenen Lichtbilder überführt.
1. Einlassung des Angeklagten
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Der Angeklagte ließ sich in der Hauptverhandlung vom 25.11.2024 zum Tatgeschehen dahingehend ein, dass er an die Bustüre geklopft, der Zeuge die Bustür geöffnet und ihn nach hinten geschubst habe. Er sei dann hingefallen und habe sich den Ellenbogen gebrochen. Er habe den Busfahrer geschlagen, weil er ihn geschubst habe. Sonst habe er keine Erinnerung an den Vorfall, da er zu betrunken gewesen sei.
2. Aussage des Zeugen
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Der Zeuge gab in seiner Einvernahme an, dass er an der Bushaltestelle am im Bus gesessen habe und 30 Minuten Pause gemacht habe. Er habe den Angeklagten aus dem Bahnhof kommen sehen. Dieser habe an die Wand uriniert und sei dann wankend zu seinem Bus gekommen. Der Angeklagte sei erkennbar betrunken gewesen. Der Zeuge gab an, dass er gestikuliert habe, dass er jetzt Pause mache, und habe dabei auf das Pausenzeichen oben am Bus gedeutet. Der Angeklagte habe dennoch weiter gegen die vordere Bustür gehämmert und geklopft. Er habe dann die vordere Türe aufgemacht und, als der Angeklagte im Bus stand, habe er ihn zurückgeschoben. Der Angeklagte sei dabei nicht hingefallen. Er habe dann die Türe wieder zugemacht. An den genauen anschließenden Ablauf könne er sich nicht genau erinnern. Der Angeklagte habe jedenfalls eine Bierflasche sowie die Mülltonne gegen die vordere Achse des Busses und den Kofferwagen gegen die Frontscheibe des Busses geworfen. Er habe die 110 gewählt und der Angeklagte sei weggegangen. Er habe etwa eine 3/4 Stunde gewartet, bis die Polizei gekommen sei. Als die Polizei endlich kam, sei er aus dem Bus zu den Polizeibeamten gegangen. Der Angeklagte sei auch wieder gekommen. Als beide Polizeibeamte zum Polizeiauto gingen, schlug der Angeklagte ihm mit der Faust ins Gesicht. Ausserdem gab der Zeuge auf Vorhalt an, dass der Angeklagte ihn beleidigt habe. Wenn er damals bei der Polizei zeitnah nach dem Vorfall angegeben habe, dass der Anggeklagte ihm den Mittelfinger gezeigt und „Idiot“, „Arschloch“ und „Scheiß Busfahrer“ zum ihm gesagt habe, dann sei das auch so gewesen. Damals unmittelbar nach dem Vorfall habe er sich sicher noch erinnert, jetzt nach der langen Zeit habe er keine konkrete Erinnerung daran. Der Zeuge gab weiter an, dass der ältere Polizeibeamte sofort zu ihnen gekommen sei und er den Angeklagten ausgeschaltet habe. Der Zeuge gab an, dass er beim Angeklagten keine Verletzungen gesehen habe und der Angeklagte habe auch nicht gesagt, dass er verletzt worden sei. Es sei noch andere Personen beim Bus gewesen, einige aus dem Flüchtlingsheim, wo auch der Angeklagte wohnt, diese sagten jedoch alle, dass sie keine Aussage machen werden, da sie sonst Schwierigkeiten bekommen würden. Weiter gab Zeuge gab an, dass er durch den Schlag des Angeklagten eine Platzwunde an der Lippe erlitten habe. Er habe nach dem Vorfall die Arbeit gekündigt und dann zuletzt als Flixbusfahrer gearbeitet. Der Vorfall belaste ihn bis heute und er habe seitdem Angst vor Menschenmengen.
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Das Gericht erachtet die Aussage des Zeugen für glaubhaft und nachvollziehbar. Der Zeuge machte seine Angaben ruhig und ohne Belastungseifer. Die Angaben sind detailreich und in den Kontext eingebunden. Außerdem stimmen sie mit früheren Einlassungen überein. Wenn der Zeuge sich nicht mehr genau erinnerte, dass und wie der Angeklagte ihn beleidigt habe, gab er dies unumwunden zu und berief sich auf die Angaben, die er unmittelbar nach dem Vorfall gegenüber der Polizei gemacht habe. Er zeigte im Rahmen der Hauptverhandlung keinen Groll gegen den Angeklagten, obwohl der Geschädigte nach dem Vorfall seine Tätigkeit als Busfahrer kündigte. Anhaltspunkte dafür, dass der Geschädigte nicht die Wahrheit gesagt hat, sieht das Gericht nicht.
3. Aussage des Zeugen
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Der Zeuge führte in seiner Einvernahme aus, dass er nach einer Einsatzmitteilung mit dem Kollegen zum Pasinger Bahnhof gefahren sei. Dort habe der geschädigte Busfahrer auf sie gewartet. Dieser gab ihnen gegenüber an, dass der Angeklagte geklopft habe, er jedoch noch 10 Minuten Pause gehabt und deswegen die Türe zunächst nicht geöffnet habe. Als der Angeklagte nicht aufhörte, an die Türe zu klopfen, habe der Geschädigte die Bustüre aufgemacht und als der Angeklagten in den Bus gekommen sei, diesen wieder rausgeschoben. Der Angeklagte habe ihm den Mittelfinger gezeigt und dann habe der Angeklagte einen Mülleimer und einen Kofferwagen gegen den Bus geworfen. Der Zeuge führte weiter aus, dass beide Beteiligten vor Ort in der Nähe des Busses gewesen sein, ein vernünftiges Gespräch sei mit dem Angeklagten nicht möglich gewesen aufgrund seiner Alkoholisierung. Als er mit dem Kollegen zur Überprüfung der Personalien zum etwa 7-10 m entfernten Dienstfahrzeug gegangen sei, habe er Schlaggeräusche gehört und als er sich umdrehte, habe er gesehen, wie der Zeuge sein Gesicht gehalten habe. Beide seien dann sofort zu den beiden Beteiligten gelaufen. Der Angeklagte habe einen Riss an der Hand gehabt. Er habe keine Angaben zu Verletzungen gemacht, insbesondere sagte er nicht, dass sein Ellenbogen gebrochen sei. Der Zeuge gab an, dass sie daraufhin den Angeklagten in Sicherheitsgewahrsam genommen haben. Vor Ort haben sie noch festgestellt, dass der Bus Beschädigungen aufwies. Die Mülltonne lag unmittelbar an der Vorderachse des Busses und der Kofferwagen lag ebenfalls umgekippt in der Nähe des Busses.
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Der Zeuge machte seinen Angaben plausibel und sachlich. Er gab an, dass er den Vorfall vor ihrer Ankunft nur aus der Schilderung des Zeugen schildern könne. Dieser habe unmittelbar nach ihrer Ankunft am den Vorfall so geschildert. Auch was den Schlag des Angeklagten ins Gesicht des Geschädigten betrifft, gab der Zeuge an, dass er lediglich die Schlaggeräusche gehört habe und erst dann zum Angeklagten und Geschädigten hingeschaut habe. Die Angaben des Zeugen sind glaubwürdig, insbesondere weil er offen angibt, dass er den Vorfall um den Bus nur vom Hören und Sagen und den Vorfall mit dem Schlag lediglich gehört habe und erst unmittelbar nach dem Vorfall zu den Beteiligten geschaut habe.
4. Aussage des Zeugen
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Der Zeuge gab in seiner Einvernahme an, dass er und der Kollege von der Einsatzzentrale den Einsatz erhalten haben und dann zum gefahren seien. Dort seien vor Ort der Geschädigte und der Angeklagte gewesen. Der Angeklagte sei aggressiv gewesen, seine Stimmung sehr wechselhaft, der Angeklagte sei erkennbar alkoholisiert gewesen. Der Geschädigte gab an, dass er vom Angeklagten beleidigt worden sei. Er und sein Kollege seien dann zur Überprüfung der Personalien zum Dienstfahrzeug gegangen, das etwa 10 Meter entfernt von den Beteiligten geparkt war. Er habe was gehört und sich dann zu den Beteiligten umgedreht. Was genau vorgefallen war, habe er nicht gesehen. Sie seien dann sofort zu den Beteiligten hin und haben den Angeklagten gefesselt.
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Auch der Zeuge zeigte während seiner Aussage keinerlei Belastungseifer und machte seinen Angaben neutral und sachlich. Allerdings konnte sich der Zeuge an den Vorfall kaum erinnern. Die Situation während der Personalienüberprüfung konnte er kaum beschreiben, da er nach eigenen Angaben zum Rücken zu den Beteiligten stand.
5. Verlesene Urkunden und Augenschein
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In der Hauptverhandlung vom 25.11.2024 wurden die Lichtbilder vom Tatort und von den Beteiligten in Augenschein genommen.
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Es wurde der Strafantrag des Verletzten vom 05.01.2023, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Verletzten vom 06.01.2023 und 11.01.2023 und der Werkstattauftrag der Firma vom 10.01.2023 verlesen. Verlesen wurden zudem das Ergebnis des Atemalkoholtestes des Angeklagten vom 05.01.2024, 21.54 Uhr, der einen AAK-Wert von 0,78 m/l aufwies, sowie die chemisch-toxikologische Analyse des Instituts für Rechtsmedizin vom 28.10.2024 und das Schreiben der externen Suchtberatung vom 05.01.2024. Des Weiteren kamen zur Verlesung der Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 08.08.2024, BZR Nr. 9, das Urteil des Amtsgerichts München vom 19.02.2024 (BZR Nr. 8), das Urteil (Sachverhalt) des Amtsgerichts München vom 24.03.2024 (BZR Nr. 7), der Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 22.12.2022 (BZR Nr. 5) sowie die Berichte des Bewährungshelfers vom 22.05.2024, 21.05.2024 und 05.09.2024.
6. Gutachten der Sachverständigen
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Die Sachverständige vom Institut der Rechtsmedizin führte im Rahmen ihrer Begutachtung in der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2024 an, dass der Angeklagte unter Zugrundelegung eines Atemalkoholwertes von 0,78 mg/Liter um 21:54 Uhr zur Tatzeit um 19:45 Uhr maximal einen Blutalkoholwert von 2,19 Promille hatte, wahrscheinlich jedoch einen Wert von 1,88 Promille. Zudem habe der Angeklagte nach eigenen Angaben Cannabis konsumiert. Aus den Angaben der Zeugen entnahm die Sachverständige, dass der Angeklagte zwar keine erheblichen kognitiven Defizite hatte, jedoch substanzbedingt erheblich enthemmt gewesen sei. Sowohl der Zeuge wie auch die Zeugen gaben an, dass der Angeklagte auf sie deutlich alkoholisiert gewirkt habe. Die Sachverständige kam daher zum Ergebnis, dass die Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit des Angeklagten zwar nicht aufgehoben, jedoch die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten vermindert gewesen sei.
7. Beweiswürdigung
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Die Einlassung des Angeklagten wird widerlegt durch die Aussagen der Zeugen. Der Angeklagte gab an, dass der Zeuge ihn aus dem Bus geschubst hätte, er gestürzt sei und sich den Ellenbogen gebrochen habe. Keiner der Zeuge gab an, dass der Angeklagten Verletzungen aufgewiesen habe oder über Schmerzen geklagt habe. Auch erscheint wenig plausibel, dass sich der Angeklagten an den sonstigen Verlauf des Abends nicht erinnern konnte, da er zu betrunken gewesen sei, aber den Vorfall an der Bustüre genau in Erinnerung hatte.
31
Nachvollziehbar sind die Ausführungen des Zeugen. Diese hat er unmittelbar nach dem Vorfall dem Zeugen erzählt, als dieser mit seinem Kollegen am Tatort erschienen war. Ausserdem hat sich der Zeuge schriftlich per Email vom 16.01.2023 gegenüber der Polizei eingelassen und in seiner Vernehmung auf diese Einlassung Bezug genommen. Auch in dieser Einlassung schilderte der Zeuge den Vorfall wie in seiner Einvernahme. Zudem decken sich die Ausführungen des Zeugen mit den in Augenschein genommenen Lichtbildern, auf denen zu erkennen ist, dass die Mülltonne unmittelbar an der Vorderachse des Busses sowie der Kofferwagen etwas weiter weg umgestoßen am Boden liegen. Auf einem Lichtbild ist die Frontscheibe des Busses zu erkennen, die eine sternförmige Beschädigung im unteren Bereich aufweist. Zudem ist auf einem der Lichtbilder zu erkennen, dass der Zeuge eine Verletzung an der Unterlippe hat. Sämtliche Lichtbilder wurden unmittelbar nach dem Vorfall aufgenommen. Ausserdem liegt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 06.01.2023 vor, der für den Zeugen eine Arbeitsunfähigkeit vom 06.01.2023 bis 09.01.2023 bescheinigte.
V.
Rechtliche Würdigung
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Der Angeklagte ist schuldig der Beleidigung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung und einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung gemäß §§ 185, 194, 223 Abs. 1, 230, 303, 303c, 52, 53, 49 Abs. 1, 21 StGB.
VI.
Strafzumessung
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Bei der Strafzumessung hinsichtlich des Vorfalls III.1. ist der Strafrahmen der Sachbeschädigungen gemäß § 303 Abs. 1 StGB zugrunde zu legen, der Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren vor sich zieht. Hinsichtlich des Vorfalls III.2. ist der Strafrahmen der Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB heranzuziehen, der Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren vorsieht.
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Das Gericht schließt sich dem Gutachten der erfahrenen und fachlich qualifizierten Mitarbeiterin des Instituts für Rechtsmedizin an und macht sich die Ausführungen der Sachverständigen aus eigener Überzeugung zu eigen, sodass zugunsten des Angeklagten nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt gemäß § 21 StGB erheblich vermindert war. Es konnte daher eine Milderung des Strafrahmens gemäß § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen werden, sodass sich betreffend § 303 Abs. 1 StGB eine Strafrahmenverschiebung ergibt von Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr 6 Monaten sowie betreffend den Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB von Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren 9 Monaten.
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Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte jedenfalls teilweise den Sachverhalt eingeräumt hat. Auch spricht zugunsten des Angeklagten, dass er sich zwar kurzzeitig vom Tatort entfernt hat, dann jedoch bis zum Eintreffen der Polizei wieder an den Tatort zurückgekehrt ist. Ebenfalls konnte gewertet werden, dass der Geschädigte gesundheitlich keine nachhaltigen Folgen von dem Vorfall davon getragen hat und auch keinen Groll gegen den Angeklagten hegt. Auch liegen die verfahrensgegenständlichen Vorfälle knapp zwei Jahre zurück.
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Zulasten des Angeklagten spricht jedoch, dass der Angeklagte bereits mehrfach, teilweise einschlägig vorbestraft ist. Der Angeklagte wurde mit Urteil des AG Dachau vom 21.02.2018 wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen, mit Urteil des AG Dachau vom 23.07.2018 wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Geldstrafe 130 Tagessätzen und mit Urteil des AG München vom 04.12.2020 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Auch verwirklichte der Angeklagte mehrere Straftatbestände tateinheitlich und der Sachschaden ist nicht unerheblich. Da es sich um einen Bus des öffentlichen Nahverkehrs handelt, hat letztendlich die Allgemeinheit für den Sachschaden aufzukommen. Eine Schadenswiedergutmachung ist durch den Angeklagten nicht erfolgt und auch nicht zu erwarten. Zulasten des Angeklagten ist auch zu berücksichtigen, dass dieser Vorfall jedenfalls Auslöser für die Kündigung des Zeugen war und dieser angab, dass er seit dem Vorfall Angst vor Menschenmengen habe und diese meide.
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Unter Abwägung und unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten entsprechender Umstände achtet das Gericht Einzelstrafen von 9 Monaten (Beleidigung mit Sachbeschädigung) und 10 Monaten (Beleidigung mit Körperverletzung) für tat- und schuldangemessen.
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Mit den Entscheidungen des Urteils des Amtsgerichts München, Aktenzeichen: 854 Ds 454 Js 207480/22, vom 24.04.2023 (Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung), des Urteils des Amtsgerichts München, Aktenzeichen: 823 Ds 255 Js 203553/23, vom 18.10.2023 und des Strafbefehls des Amtsgerichts München vom 08.08.2024, Aktenzeichen: 1115 Cs 367 Js 171044/24, war nach § 55 Abs. 1 StGB eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden.
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Unter nochmaliger Berücksichtigung und Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkten, auch der Strafzumessungsgesichtspunkten der einzubeziehende Verurteilungen, erachtet das Gericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren für tat- und schuldangemessen. Dabei wurde die Einsatzstrafe von 10 Monaten angemessen erhöht.
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Diese Freiheitsstrafe konnte nach § 56 Abs. 1 StGB nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Sozialprognose des Angeklagten ist ungünstig. Es ist nicht zu erwarten, dass der Angeklagte sich allein eine Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig keine weiteren Straftaten mehr begehen wird. Hierbei ist eine prognostische Zukunftsbeurteilung auf der Grundlage einer umfassenden Gesamtbewertung von Tat und Täterpersönlichkeit vorzunehmen unter Berücksichtigung aller im Einzelnen bereits geschilderten Umstände, die zugunsten und zulasten des Angeklagten ins Gewicht fallen und die für die Sozialprognose erheblich sind. Bereits in der Vergangenheit gelang es dem Angeklagten nicht über einen längeren Zeitraum straffrei zu leben. Das Bundeszentralregister weist für ihn zahlreiche Voreintragungen auf, mehrfach einschlägig wegen Körperverletzungsdelikten. Die Verurteilungen des AG München vom 24.04.2023 und 19.02.2024 waren jeweils Verurteilungen zu Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, und dennoch hat der Angeklagte trotz zwei offener Bewährungen am 29.05.2024 eine weitere Straftat begangen (Urteil des AG München vom 08.08.2024).
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Die nicht unerhebliche Alkoholisierung von wahrscheinlich 1,88 Promille zum Tatzeitpunkt lässt zudem auf eine Alkoholgewöhnung schließen. Auch konsumiert der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben regelmäßig Marihuana. Das im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung einbezogene Urteil des AG München vom 08.08.2024 hat unerlaubten Besitz von Betäubungsmittel zum Gegenstand. Auch die verfahrensgegenständliche Tat vom 23.01.2023 sowie die Tat, die der einbezogenen Verurteilung des AG München vom 19.02.2024 zugrunde liegt, stehen ebenfalls im Zusammenhang mit einem erhöhten Alkoholkonsum des Angeklagten. Erschwerend kommt hinzu, dass der Angeklagte keine Berufsausbildung hat und in Deutschland nicht sozial integriert ist.
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Aufgrund dieser Gesamtumstände ist nicht davon auszugehen, dass sich der Angeklagte die Verurteilung zur Warnung dienen lassen wird und künftig keine Straftaten mehr begehen wird.
VII.
Kostenentscheidung
43
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.