Inhalt

VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 19.09.2024 – B 4 K 22.791
Titel:

Amtshandlung, fehlende Außenwirkung

Normenkette:
IHKG § 3 Abs. 6
Schlagworte:
Amtshandlung, fehlende Außenwirkung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 43586

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2022 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine Gebühr für Verwaltungs- und Prüfungshandlungen.
2
Der Kläger ist Versicherungs- und Finanzmakler e.K. in …, … Mit Schreiben vom 7. Januar 2022 übermittelte er der Beklagten die Negativerklärung nach § 24 Abs. 1 Satz 5 der Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung (Finanzanlagenvermittlungsverordnung – FinVermV), datiert auf den gleichen Tag. In dieser erklärte er, dass er im Berichtsjahr 2021 keine nach § 34f und § 34h der Gewerbeordnung (GewO) erlaubnispflichtige Tätigkeit ausgeübt habe. Der Kläger bat in dem Schreiben vom 7. Januar 2022, den Erhalt schriftlich per Post zu bestätigen.
3
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 17. August 2022 gegenüber dem Kläger eine Gebühr i.H.v. 21,00 EUR fest. Als Art der Leistung/Zahlungsgrund wurde angegeben: „§§ 34f/34h GewO: Prüfungspflicht nach § 24 FinVermV; Prüfungshandlungen (Sonstige Verwaltungshandlungen nach Erteilung einer Erlaubnis) Negativerklärung 2021“. Es wurde ausgeführt, bei der Gebührenbemessung im konkret vorliegenden Fall sei der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand angemessen berücksichtigt worden. Die Gebühr war innerhalb von 14 Tagen zu bezahlen.
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Mit Schriftsatz vom 22. August 2022 erhob der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth Klage und beantragte sinngemäß,
den Gebührenbescheid vom 17. August 2022 aufzuheben.
5
Zur Begründung führte er aus, Verwaltungs- und Prüfungshandlungen seien von der Beklagten nicht erbracht worden und seien bei einer Negativerklärung auch nicht notwendig.
6
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 28. September 2022,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei der Überprüfung der Pflicht zur Abgabe einer Negativerklärung würden seitens der Beklagten Prüfungs- und Verwaltungshandlungen anfallen. Die Beklagte könne für die Inanspruchnahme besonderer Tätigkeiten Gebühren erheben. Damit seien insbesondere Amtshandlungen gemeint. Eine solche Tätigkeitsausübung der Beklagten liege im Rahmen der Überwachung der Einhaltung der Pflicht zur Abgabe einer Negativerklärung nach § 24 Abs. 1 Satz 5 FinVermV vor. Die Beklagte beaufsichtige im Rahmen der Überprüfung und Überwachung der Abgabepflicht der Negativerklärung nicht nur die jährliche Fristeinhaltung. Sie sorge auch für die Entgegennahme, Verwaltung und Aufbewahrung der Negativerklärungen. Die fehlende, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Übermittlung einer Negativerklärung stelle nach § 26 Abs. 1 Nr. 20 FinVermV eine Ordnungswidrigkeit dar, womit sich ein entsprechender Prüfungsauftrag der Beklagten auch aus den Vorschriften über Ordnungswidrigkeiten ergebe. Der Tatsache, dass darüber hinaus Prüfungshandlungen inhaltlicher Art nicht erforderlich gewesen seien, sei mit der geringen Gebührenhöhe von 21,00 EUR Rechnung getragen worden, die sich im unteren Gebührenrahmen bewege.
8
Der Kläger führte mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2022 aus, die Beklagte habe die Erforderlichkeit eines Prüfungs- und Verwaltungsaufwands nicht hinreichend begründet und habe nicht dargelegt, was bzw. warum geprüft worden sei. Der Kläger habe im Jahr 2021 keine Tätigkeiten nach §§ 34f/34h GewO ausgeführt, ein Prüfungs- und Verwaltungsaufwand sei nicht entstanden.
9
Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2022 erwiderte die Beklagte, auch bei der Abgabe von Negativerklärungen erschöpfe sich die Tätigkeit der Behörde gerade nicht in der bloßen Entgegennahme der Erklärung. Als zuständige Aufsichtsbehörde obliege der Beklagten neben der Dokumentation die Prüfung der Richtigkeit, der Vollständigkeit sowie der Rechtzeitigkeit der Erfüllung der Berufspflicht und die entsprechende Aktenführung und Archivierung. Dies setze eine sorgfältige Prüfung und Bewertung voraus.
10
Der Kläger führte mit Schriftsatz vom 16. Januar 2023 aus, die Beklagte habe im Geschäftsjahr 2021 hohe Gewinne erzielt. Die Bildung von Vermögen sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zulässig. Aufgrund des illegal erhöhten Eigenkapitals und der Rücklagen sei die Prüfungsgebühr rechtswidrig.
11
Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2023 trug die Beklagte vor, die Ausführungen des Klägers zur Vermögenslage der Beklagten stünden in keinem Zusammenhang zu dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über den Gebührenbescheid vom 17. August 2022. Mit diesem sei der Verwaltungsaufwand für eine individuell zurechenbare Verwaltungsleistung der Beklagten als der für die Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO zuständigen Stelle in Rechnung gestellt worden. Im Übrigen sei der Kläger nicht Mitglied der Beklagten.
12
Mit gerichtlichem Schreiben vom 15. August 2023 wies die Berichterstatterin darauf hin, dass nach vorläufiger Einschätzung der Gebührenbescheid der Beklagten vom 17. August 2022 rechtmäßig sei.
13
Der Kläger führte mit Schriftsatz vom 29. August 2023 im Wesentlichen aus, die Beklagte sei weder eine Behörde noch dürfe sie Amtshandlungen ausüben. Die Gebührenordnung der Beklagten sei willkürlich und ohne Rechtsgrundlage. Die anfallenden Gebühren hätte die Beklagte aus den Rücklagen finanzieren müssen.
14
Mit gerichtlichem Schreiben vom 15. Juli 2024 erging ein weiterer richterlicher Hinweis der Kammer. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, vorliegend fehle es an einer Amtshandlung, die nach außen gegenüber dem Gebührenschuldner wirksam geworden sei. Der Kläger habe die Negativerklärung bei der Beklagten eingereicht und lediglich den Gebührenbescheid erhalten.
15
Die Beklagte führte mit Schriftsatz vom 9. August 2024 aus, die Außenwirkung liege vor. Für diese gelte gemäß Art. 37 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) grundsätzlich Formfreiheit. Maßgeblich für die Auslegung des Verwaltungsakts sei der objektive Erklärungswert aus Sicht des Empfängerhorizonts. Ob eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei, hänge davon ab, ob sie nach ihrem objektiven Sinngehalt dazu bestimmt sei, Außenwirkung zu entfalten. Die Erstellung eines Gebührenbescheids nach Überprüfung der Richtigkeit der Angaben der Negativerklärung lasse insofern Außenwirkung erkennen, als dass dem Gebührenbescheid eine Prüfmitteilung an den Gewerbetreibenden entnommen werden könne. Aus der inhaltlichen Begründung des Gebührenbescheids („Prüfungspflicht nach § 24 FinVermV; Prüfungshandlungen [Sonstige Verwaltungshandlungen nach Erteilung einer Erlaubnis] Negativerklärung 2021“) lasse sich erkennen, dass Prüfungshandlungen rund um die Negativerklärung erfolgt seien. Auf ein weiteres Verwaltungshandeln, wie beispielsweise die Erstellung eines gesonderten Abschlussschreibens durch die Beklagte, sei im Interesse des geringstmöglichen bürokratischen Aufwands verzichtet worden. Diesem wäre ein weiterer Aussagegehalt nicht zu entnehmen, die Intention der Beklagten sei dem Gebührenbescheid zu entnehmen. Die erforderliche Außenwirkung sei gegeben, da der Kläger vom Ergebnis der Kontrolle informiert worden sei. Die Bearbeitungsschritte „Abschlussschreiben“ und „Gebührenbescheid“ seien im Sinne einer effizienten und schlanken Verwaltung zusammengefasst worden.
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Mit gerichtlichen Schreiben vom 11. September 2024 wurden die Beteiligten zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 84 Abs. 1 Satz 3, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
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Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbs. 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
II.
19
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 17. August 2022 ist rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20
Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids ist § 3 Abs. 6 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) i.V.m. §§ 1 ff. der Gebührenordnung der Beklagten vom 22. März 1983, zuletzt geändert am 16. Juli 2009, und Ziffer 2.4. Buchst. d des Gebührentarifs 2022 der Beklagten (Anlage zur Gebührenordnung) vom 2. Juli 2022.
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1. Der Gebührenbescheid ist formell rechtmäßig. Die Beklagte ist für die Entgegennahme der Negativerklärung gemäß § 155 Abs. 2 GewO i.V.m. § 37 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 der Zuständigkeitsverordnung (ZustV) i.V.m. § 34f Abs. 1 Satz 1, § 34h GewO und § 24 Abs. 1 Satz 5 FinVermV sachlich zuständig. Die Verbandzuständigkeit der Beklagten ergibt sich aus der mit Vollversammlung vom 10. Dezember 2012 beschlossenen Vereinbarung über die Übertragung der Aufgaben der Register- und Erlaubnisbehörde sowie weiterer Zuständigkeiten nach dem Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 6. Dezember 2011 sowie künftiger Änderungen in Verbindung mit der Finanzanlagenvermittlungsverordnung in der jeweils aktuellen Fassung, derzeit vom 2. Mai 2012, der Verordnung zur Durchführung der Gewerbeordnung in der jeweils aktuellen Fassung, derzeit vom 9. Februar 2010.
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2. Gemäß § 3 Abs. 6 IHKG kann die Industrie- und Handelskammer für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen. Die Verwaltungsgebühren gemäß § 3 Abs. 6 Alt. 2 IHKG gelten erbrachte Tätigkeiten der Kammerverwaltung ab. „Besondere Tätigkeiten“ sind Amtshandlungen im Bereich des Wirtschaftsverwaltungsrechts und insbesondere Verwaltungsakte (Jahn/Borrmann in Junge/Jahn/Wernicke, IHKG, 9. Aufl. 2024, § 3 Rn. 124; Günther in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Werkstand: 92. EL Dezember 2023, § 3 IHKG Rn. 247). Eine behördliche Tätigkeit erfüllt den Begriff der Amtshandlung dann, wenn sie in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben außerhalb des fiskalischen oder rein wirtschaftlichen Bereichs vorgenommen wird. Sie wird dann auch im Rahmen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses, also im Hoheitsbereich, ausgeübt, ohne dass es hierfür darauf ankommt, ob und welche unmittelbare rechtserhebliche Bedeutung hinzukommt. Um von einer Entfaltung hoheitlicher Tätigkeit überhaupt sprechen zu können, muss die behördliche Tätigkeit (Amtshandlung) nach außen gegenüber dem als Gebührenschuldner in Anspruch zu Nehmenden unmittelbar in Erscheinung treten. Eine Amtshandlung erfordert „Außenwirkung“ in dem Sinne, dass es zu einer behördlichen Reaktion in Richtung auf den jeweiligen Veranlasser oder Interessenten kommt (BayVGH, U.v. 2.8.2007 – 23 BV 07.835 – juris Rn. 51; U.v. 10.12.1962 – 80 VI 60 – BeckRS 1962, 103501; VG Bayreuth, U.v. 4.12.2019 – B 4 K 18.13 – BeckRS 2019, 45634 Rn. 16; VG Augsburg, U.v. 9.12.2013 – Au 3 K 13.1171 – BeckRS 2014, 46730 Rn. 19; HessVGH, B. v. 12.12.2005 – 5 N 3851/04 – NVwZ-RR 2006, 448 m. w. N.). Ohne eine solche Außenwirkung scheidet die Amtshandlung als Anknüpfungspunkt für eine Gebührenforderung schlechterdings aus (BayVGH, U.v. 10.12.1962 a.a.O.; VG Augsburg, U.v. 9.12.2013 a.a.O. Rn. 19).
23
Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend gerade diese Außenwirkung nicht gegeben. Die Entgegennahme der Negativerklärung durch die Beklagte stellt keine Amtshandlung und damit keine „besondere Tätigkeit“ i.S.v. § 3 Abs. 6 Alt. 2 IHKG dar. Zwar handelt es sich beim Tätigwerden der Beklagten um eine hoheitliche Tätigkeit, da diese zur Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe, die Transparenz der Finanzmärkte zu erhöhen und Anleger besser zu schützen (VG Bayreuth, U.v. 4.12.2019 a.a.O. Rn. 16), tätig wird. Die Vorlage der Negativerklärung ist in § 24 Abs. 1 Satz 5 FinVermV gesetzlich vorgeschrieben. Sofern der Gewerbetreibende im Berichtszeitraum keine nach § 34f Abs. 1 oder § 34h Abs. 1 Satz 1 GewO erlaubnispflichtige Tätigkeit ausgeübt hat, hat er spätestens zum 31. Dezember des darauffolgenden Jahres anstelle des Prüfungsberichts (§ 24 Abs. 1 Satz 1 bis 4 GewO) unaufgefordert und in Textform eine entsprechende Erklärung zu übermitteln. Der Verstoß gegen diese Verpflichtung ist auch bußgeldbewehrt (§ 26 Abs. 1 Nr. 20 FinVermV). Nach Auffassung der Kammer erschöpft sich die Tätigkeit der Beklagten nicht nur in der Entgegennahme und Abheftung der übermittelten Negativerklärungen und in der Überwachung der jährlichen Fristeinhaltung. Da die fehlende, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Übermittlung einer Negativerklärung nach § 26 Abs. 1 Nr. 20 FinVermV eine Ordnungswidrigkeit darstellt, ergibt sich – wie die Beklagte überzeugend dargestellt hat – ein entsprechender Prüfungsauftrag auch aus den Vorschriften über Ordnungswidrigkeiten. Der Tätigkeit der Beklagten fehlt jedoch die erforderliche Außenwirkung. Eine behördliche Reaktion in Richtung auf den Kläger, der die Negativerklärung abgegeben hat, ist nicht erfolgt. Allein aus der Entgegennahme der Negativerklärung ist für den Kläger nicht erkennbar, dass die Beklagte Prüfungshandlungen vorgenommen hat. Die behördliche Tätigkeit ist für den Kläger wie z.B. in Form einer schriftlichen Mitteilung nicht in Erscheinung getreten.
24
Die Außenwirkung der Amtshandlung kann auch nicht in dem Gebührenbescheid vom 17. August 2022 zu sehen sein. Der Gebührenbescheid, der nur die Festsetzung einer Gebühr, jedoch keine weiteren Regelungen enthält, kann nicht Anlass für eben diese Gebührenerhebung sein. Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die dem Schuldner aus Anlass einer individuell zurechenbaren Leistung der Verwaltung als unmittelbare Gegenleistung durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder eine sonstige nach Maßgabe des öffentlichen Rechts ergangene Maßnahme auferlegt werden und die dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken (BVerfG, B.v. 6.2.1979 – 2 BvL 5/76 – BVerfGE 50, 217/226; B.v. 10.3.1998 – 1 BvR 178/97 – BVerfGE 97, 332/345; B.v. 19.3.2003 – 2 BvL 9/98 – BVerfGE 108, 1/13; BVerwG, U.v. 3.3.1994 – 4 C 1.93 – BVerwGE 95, 188/200; NdsOVG, B.v. 9.2.2012 – 8 LA 112/11 – GewA 2012, 320 f.; OVG NW, U.v. 6.5.1997 – 25 A 4926/94 – NVwZ-RR 1998, 110). Die Gebührenpflicht tritt nur ein, wenn die Inanspruchnahme der Einrichtung oder der Tätigkeit der IHK tatsächlich erfolgt ist (Prinzip der anlassbezogenen Gebührenerhebung) (Jahn/Borrmann in Junge/Jahn/Wernicke, IHKG, 9. Aufl. 2024, § 3 Rn. 122). Das Vorbringen der Beklagten, die Erstellung eines Gebührenbescheids lasse insofern Außenwirkung erkennen, als dass dem Gebührenbescheid eine Prüfmitteilung an den Gewerbetreibenden entnommen werden könne, widerspricht dem Inhalt des Gebührenbescheids, der eine reine Gebührenfestsetzung enthält und lediglich die Leistung/den Zahlungsgrund angibt: „§§ 34f/34h GewO: Prüfungspflicht nach § 24 FinVermV; Prüfungshandlungen (Sonstige Verwaltungshandlungen nach Erteilung einer Erlaubnis) Negativerklärung 2021“. Die Erhebung der Gebühr hat demnach gerade nicht an eine nach außen erkennbare Leistung der Beklagten angeknüpft. Die „besondere Tätigkeit“, wie in § 3 Abs. 6 IHKG vorgesehen, war im Zeitpunkt der Bekanntmachung des Gebührenbescheids mangels Außenwirkung noch nicht erfolgt. Auch wenn der bürokratische Aufwand nach dem Vortrag der Beklagten geringgehalten werden sollte, konnte der erforderliche Zwischenschritt, eine Mitteilung an den Kläger, ggf. auch gleichzeitig mit der Erhebung der Gebühren, nicht unterbleiben.
25
Der Gebührenbescheid ist damit gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig und verletzt als belastender Verwaltungsakt den Kläger in eigenen Rechten.
III.
26
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).