Titel:
Keine Verjährungshemmung bei Zustellung des Mahnbescheids an die falsche Vertretungsbehörde
Normenketten:
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 522 Abs. 2
Leitsatz:
Der Mahnbescheidsantrag hemmt die Verjährung nicht, wenn darin die falsche Vertretungsbehörde genannt ist, die Zustellung nur an diese Behörde erfolgt und diese auf die Unzuständigkeit hinweist. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verjährung, Mahnbescheid, Hemmung, Vertretungsbehörde, Zuständigkeit, Zustellung
Vorinstanzen:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.06.2024 – 1 U 956/24 e
LG München II, Urteil vom 09.02.2024 – 11 O 4278/22 Ent
LG München II, Versäumnisurteil vom 16.02.2023 – 1 O 4278/22
Rechtsmittelinstanzen:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 06.03.2025 – III ZR 122/24
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 10.04.2025 – III ZR 122/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 43507
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 09.02.2024, Aktenzeichen 11 O 4278/22 Ent, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf … € festgesetzt.
Gründe
1
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München II vom 09.02.2024 Bezug genommen.
2
Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger,
das Endurteil des Landgerichts München II (Az. 11 O 4278/22 Ent) vom 9. Februar 2024 abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts München II (Az. 1 O 4278/22) vom 16. Februar 2023 der Klage mit Ausnahme der beim … anhängigen Summe von EUR … stattzugeben.
3
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
4
Der Senat hat die Parteien mit Beschluss vom 17.06.2024, auf den Bezug genommen wird, darauf hingewiesen, dass er der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
5
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 09.02.2024, Aktenzeichen 11 O 4278/22 Ent, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 17.06.2024 Bezug genommen. Auch die Ausführungen im Schriftsatz vom 12.08.2024 geben zu einer Änderung keinen Anlass.
6
Zum Vorwurf der nicht ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des Beklagtenvertreters wird auf die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 17.06.2024 Bezug genommen. Entgegen der klägerischen Auffassung ist die ergänzend am 28.05.2024 eingereichte Vollmacht des Beklagtenvertreters nicht als verspätet zurückzuweisen. Vielmehr führte der BGH in der bereits zitierten Entscheidung vom 29.06.2022 – VII ZB 14/19 mit Verweis auf den Beschluss vom 02.12.2020 – XII ZB 303/20 aus, dass ein Vertretungsmangel in jeder Lage des Verfahrens, also auch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist in der jeweiligen Instanz geheilt werden kann, und zwar auch noch in der Rechtsmittelinstanz (vgl. BGH, Beschluss vom 02.12.2020 – XII ZB 303/20 m.w.N.).
7
Schließlich sind etwaige Ansprüche des Klägers, wie ebenfalls bereits im Beschluss vom 17.06.2024 ausgeführt, verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist lief Ende des Jahres 2022 ab.
8
Der Lauf der Verjährungsfrist war mit Blick auf den vom Kläger am 21.07.2022 beantragten Mahnbescheid sowie die nachfolgend beantragten Vollstreckungsbescheide, bei denen sämtlich fälschlicherweise das Finanzamt … als Vertretungsbehörde angegeben war, auch nach Auffassung des Senats nicht gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt. Insoweit wird auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil sowie auf den Hinweis des Senats vom 17.06.2024 Bezug genommen. Die vom BGH im Urteil vom 26.02.2010 – V ZR 98/09 dargelegten kumulativen Voraussetzungen für eine Verjährungshemmung trotz unwirksamer Zustellung liegen nicht vor. Der Kläger hat wie bereits dargelegt nicht alles aus seiner Sicht Erforderliche getan, um eine Zustellung an die vertretungsberechtigte Behörde zu erreichen. Im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ist ausgeführt, dass das Finanzamt … am 02.08.2022 den Mahnbescheid an das Amtsgericht … mit dem Hinweis zurücksandte, dass das Finanzamt … nicht die zuständige Vertretungsbehörde sei, sondern das …, Dienststelle …, … Eine Abschrift dieses Hinweises gab das Amtsgericht … mit Schreiben vom 17.08.2022 an den Kläger weiter mit der Aufforderung, eine ggf. gewünschte Neuzustellung des Mahnbescheides mitzuteilen (AG … 17.08.2022 Schreiben). Der Einwand, ein entsprechendes Schreiben des Amtsgerichts … verbunden mit dem Hinweis des Finanzamts … nicht erhalten zu haben, wird im Schriftsatz vom 12.08.2024 erstmalig vorgebracht und ist damit verspätet.
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Daneben hält der Senat auch an seiner bereits mitgeteilten Auffassung fest, dass eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Vollziehungsbeamten, die sich zum Zeitpunkt der durchgeführten Maßnahmen auf den gerichtlichen Beschluss verlassen durften, nicht nachweisbar ist.
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Ansprüche gem. § 852 BGB bestehen aus den im landgerichtlichen Urteil dargelegten Gründen nicht.
11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
13
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.