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AG München, Endurteil v. 30.10.2024 – 1292 C 13811/24 WEG
Titel:

Wohnungseigentümergemeinschaft, Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Eigentümerversammlung, Elektronischer Rechtsverkehr, Kosten des Rechtsstreits, Streitwertfestsetzung, Bauliche Veränderung, Negativbeschluss, Qualifizierte elektronische Signatur, Klageabweisung, Stellplätze, Rechtsbehelfsbelehrung, Beschlussantrag, Gestattung, Wert des Beschwerdegegenstandes, Ausschließliche Zuständigkeit, Klageantrag, Berufungsschrift, Sicherheitsleistung

Leitsatz:
Wenn von Seiten der GdWE schon Maßnahmen in die Wege geleitet wurden, eine einheitliche Ladeeinrichtung zu prüfen und die entspr. Schritte hierzu einzuleiten, entspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die GdWE sich die Option offenhalten will, eine gemeinschaftliche Ladeeinrichtung einzubauen mit Anschluss aller Mitglieder an diese gemeinschaftliche Ladeeinrichtung. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Wohnungseigentum
Fundstellen:
BeckRS 2024, 43269
ZMR 2025, 257
LSK 2024, 43269

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Streitwert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.  

Tatbestand

1
Gegenstand der Klage ist ein Beschlussersetzungsantrag.
2
Die Klägerin ist Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer G. Straße ... in München als Eigentümerin an der Sondereigentumseinheit Stellplatz Nr. ...9/...0. Die Gemeinschaft wird von der Hausverwaltung W. GmbH verwaltet.
3
In der Eigentümerversammlung vom 19.09.2022 wurde unter TOP 13 der Beschlussantrag der Klägerin mehrheitlich abgelehnt (Anlage K 1).
4
Die Klägerin begehrt nun im Wege der Beschlussersetzung die Gestattung der Errichtung einer E-Lademöglichkeit am Stellplatz 270 für das Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge.
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Die Klägerin führt im Wesentlichen aus, dass die erforderliche Verkabelung und Absicherung bereits bauseits bei Errichtung des Gebäudes vorgenommen worden seien. Es fehle nur noch der Anschluss des begehrten E-Ladepunktes. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Errichtung einer angemessenen baulichen Veränderung, welche dem Laden elektrischer Fahrzeuge dient gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG.
6
Zwar sei von den Eigentümern vorgebracht worden, dass eine später zu realisierende „gemeinschaftliche Ladelösung“ hergestellt werden müsse. Dass eine Gesamtlösung für die WEG insgesamt vorteilhaft sein dürfte, führe jedoch nicht dazu, dass die von der Klägerin geplante Maßnahme unangemessen sei. Es handele sich hier nicht um eine objektiv unangemessene Maßnahme im Sinne von § 20 Abs. 2 S. 1 WEG, da Verkabelung und Absicherung für die Errichtung einer E-Ladestation bereits vorgesehen seien. Die Eigentümer müssten hier daher weder über Art und Weise der Ausführung entscheiden, noch müsse sich die Klägerin darauf verweisen lassen, dass die Gemeinschaft der Eigentümer noch über das „Wie“ entscheiden wolle. Weiter hat die Klägerin vorgetragen, dass sie sich einer gemeinschaftlichen Ladeeinrichtung schon aus technischen Gründen nicht wird anschließen können. Die Gewerbeeinheiten hätten einen eigenen Stromkreis und einen völlig separaten Stromvertrag mit eigenen Tarifen als Gewerbetarife. Es sei daher nicht möglich, sich zu einem späteren Zeitpunkt (zumindest nicht ohne erhebliche zusätzliche finanzielle Aufwendungen) an ein gemeinschaftliches Ladesystem anzuschließen.
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Die Klägerin beantragt daher:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Zustimmung über die Errichtung einer E-Lademöglichkeit am Stellplatz 270 für das Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge zu gewähren.
8
Die Beklagte hat den Klageantrag dem Grunde nach anerkannt,
hilfsweise Klageabweisung beantragt für den Fall, dass die Klägerin auch eine Entscheidung über das „Wie“ beantragt.
9
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dass der Klägerin nur ein Anspruch auf das „Ob“ gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WEG zustehe.
10
Diesen Anspruch auf das „Ob“ hätte die Beklagte in der Eigentümerversammlung vom 19.09.2022 unter TOP 13 auch erfüllt, sie sei jedoch berechtigt gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 WEG, durch Beschluss das „Wie“ festzulegen und Vorgaben zu machen. Auch dies sei bei der Beschlussfassung unter TOP 13 beabsichtigt gewesen. Die Klägerin habe sich jedoch geweigert, in ihren Beschlussantrag aufzunehmen, dass sie sich bei einer späteren Realisierung einer gemeinschaftlichen Ladelösung mit Lastenmanagement an diese anzuschließen habe. Es sei nur deshalb unter TOP 13 zu einem Negativbeschluss gekommen, da die Klägerin ihren Beschlussantrag ohne diesen Passus zur Abstimmung gestellt habe. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine „Blankozustimmung“. Die Beklagte sei gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 WEG berechtigt, Vorgaben über das „Wie“ der Maßnahme zu machen. Hier wolle sich die Gemeinschaft der Eigentümer die Option offenhalten, eine gemeinschaftliche Ladeeinrichtung einzubauen, an der sich alle Mitglieder der WEG anschließen müssen. Da die Klägerin mit diesen Vorgaben nicht einverstanden gewesen sei, habe sie keinen Anspruch auf eine vorbehaltlose Gestattung.
11
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen sowie die Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 23.10.2024 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12
Die Klage ist zulässig.
13
Das Amtsgericht München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 2 WEG.
14
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gestattung der von ihr begehrten konkreten baulichen Maßnahme.
15
Zwar besitzt sie hinsichtlich des „Ob“ dieser Maßnahme einen Anspruch auf Gestattung aus § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WEG. Hinsichtlich des „Wie“ dieser privilegierten baulichen Veränderung hat die Beklagte jedoch nach wie vor einen Ermessensspielraum. In Anbetracht der Tatsache, dass von Beklagtenseite schon Maßnahmen in die Wege geleitet wurden, eine einheitliche Ladeeinrichtung zu prüfen und die entsprechenden Schritte hierzu einzuleiten, entspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Beklagte sich die Option offenhalten will, eine gemeinschaftliche Ladeeinrichtung einzubauen mit Anschluss aller Mitglieder an diese gemeinschaftliche Ladeeinrichtung.
16
Da die Klägerin zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2024 deutlich kundgetan hat, dass sie mit diesen Vorgaben nicht einverstanden ist und sich auch im Fall einer Einrichtung einer gemeinschaftlichen Ladeeinrichtung sich nicht anschließen wolle und werde, begehrt die Klägerin mit ihrem Antrag auch eine Entscheidung über das „Wie“ der Maßnahme. Hierauf hat die Klägerin jedoch keinen Anspruch.
17
Der Klage konnte daher auch nicht dem Grunde nach stattgegeben werden. Vielmehr war die Klage insgesamt abzuweisen.
18
Als Unterlegene trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 1 ZPO.
19
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
20
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 49 Abs. 1 GKG. Danach erscheinen die von der Klägerin angegebenen 3.000,00 € für die Gestattung des Einbaus einer Ladeeinrichtung angemessen und ausreichend.