Inhalt

VGH München, Urteil v. 04.11.2024 – 8 A 22.40047
Titel:

Normenkontrolle gegen Planfeststellungsbeschluss für Bundesstraße B304

Normenketten:
FStrG § 17
VwVfG § 73, § 75 ,
BayStrWG Art. 3 Abs. 1 Nr. 3, Art. 46 Nr. 2, Art. 39 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Planungskompetenz der Planfeststellungsbehörde erstreckt sich auf diejenigen Folgemaßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Bau oder der Änderung von Bundesfernstraßen an anderen Anlagen notwendig werden. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Auslegung von Planunterlagen muss nicht alle Unterlagen umfassen. Sie kann sich auf die Unterlagen beschränken, die der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abzuschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes des geringstmöglichen Eingriffs als Element des Verhältnismäßigkeitsprinzips hat die Inanspruchnahme von Grundstücken der öffentlichen Hand zwar Vorrang, wenn diese gleich geeignet sind wie das Grundstück des Privaten. Von gleicher Eignung eines Grundstücks ist jedoch nur dann auszugehen, wenn sich die Inanspruchnahme mit dem städtebaulichen Konzept der Gemeinde verträgt und keine Gründe, etwa die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umgebung, für die Ausweisung gerade auf dem Privatgrundstück sprechen. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
4. Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange grundsätzlich auseinandersetzen muss. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Planfeststellung, Beseitigung eines Bahnübergangs auf einer Bundesstraße, Verlegung einer Ortsstraße als Folgemaßnahme, Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe, enteignungsrechtliche Vorwirkung, Planfeststellungsbeschluss, Planrechtfertigung, Immissionen, Normenkontrolle, Folgemaßnahmen, Auslegung, Verhältnismäßigkeit, Existenzgefährdung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 43155

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten de Beigeladenen tragen die Kläger zu 1 und 2 zu ½ sowie der Kläger zu 3 zu ½; dabei haften die Kläger zu 1 und 2 als Gesamtschuldner.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2022 für die Bundesstraße B 304 München – Wasserburg a. Inn, mit dem der Bahnübergang Reitmehring beseitigt und die B 304 anschließend tiefergelegt werden soll.
2
Die Bundesstraße B 304 verläuft von München über Wasserburg a. Inn und Traunstein bis zur Landesgrenze nach Österreich. Bislang kreuzt die B 304 am Ortseingang von Reitmehring höhengleich den beschrankten Bahnübergang, der sich südlich des Bahnhofs Wasserburg a. Inn/Reitmehring befindet. Im Anschluss durchquert die B 304 die Ortslage von Reitmehring und verläuft am östlichen Ortsende über die B 15, sodass Fahrzeuge mit Zielrichtung Rosenheim nach der Abfahrt von der B 304 zunächst nach links auf die Münchner Straße abbiegen und dann als Linksabbieger auf die B 15 Richtung Süden auffahren müssen.
3
Gegenstand des Vorhabens ist die Errichtung eines Bauwerks südlich des bestehenden Bahnübergangs mit einer Brücke über die Bahngleise und einer daran anschließenden Tieflage der B 304 in einem Tunnel- und Trogbauwerk durch die Ortslage bis ungefähr zur Bürgermeister-Schmid Straße, von wo aus die B 304 im Bestand weitergeführt wird. Am Ortsende wird zur B 15 in Fahrtrichtung Rosenheim eine Direktrampe errichtet. Der bestehende beschrankte Bahnübergang wird rückgebaut. Die innerörtlichen Straßen (Meggle straße, Bahnhof straße, Zettlweg und Bürgermeister-Schmid Straße), bei denen die Tieflage der Bundesstraße die bestehenden Einmündungen in die B 304 unterbricht, werden über ein teilplanfreies Rampensystem und einen Kreisverkehrsplatz an die neue B 304 angeschlossen. Im Zuge dessen ist für die Anbindung der westlichen Bahnhof straße eine neue Straßenverbindung – im Regelungsverzeichnis (Lfd.Nr. 1.15) bezeichnet als „Verlegte Bahnhof straße (Orts straße)“ – geplant, die diagonal über die FlNr. ... Gemarkung A … zum Kreisverkehrsplatz führt. Der Zettlweg wird künftig in die verlegte Bahnhof straße münden und auf diese Weise mit dem Kreisverkehr verbunden.
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Die Planung sieht die dauerhafte sowie vorübergehende Inanspruchnahme von Teilflächen vor, die im Miteigentum der Kläger zu 1 und 2 stehen bzw. vom Kläger zu 3 gepachtet sind. Die Kläger zu 1 und 2 sind Eheleute, die eine Landwirtschaft betreiben und nach eigenen Angaben auf etwa 15,43 ha Marktfrüchte und Sonderkulturen wie Erdbeeren anbauen. Ihre Hofstelle liegt nördlich der B 304 auf der FlNr. ... der Gemarkung A … Die gegenüber der Hofstelle liegende und in ihrem Eigentum befindliche Fläche FlNr. ... nutzen die Eheleute vorwiegend als Erdbeer-Selbstpflückplantage. Der Kläger zu 3, der Sohn der Eheleute, ist mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb neben dem Anbau von Marktfrüchten auf Sonderkulturen wie Zierpflanzen spezialisiert, die teils zum Selbstpflücken vorgesehen sind. Beide landwirtschaftlichen Betriebe verkaufen ihre Eigenproduktionen ganzjährig in einem Hofladen auf der Hofstelle.
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Am 5. August 2022 haben die Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben. Sie machen im Wesentlichen geltend, dass es sich bei dem isolierten Planungsteil „Verlegte Bahnhof straße“ um eine rein innerstädtische Orts straße handele, die weder nach dem Bundesfernstraßengesetz planfeststellungsfähig noch für den Vorhabenzweck erforderlich sei. An der Planung bestünden erhebliche Zweifel. Verhältnismäßige Alternativplanungen wie ein ausgebauter und ertüchtigter Zettelweg sowie eine vorrangige Verwendung von Flächen der Beigeladenen seien nicht geprüft worden. Die neue Bahnhofstrasse zerschneide das hofnahe Erdbeerfeld der Kläger zu 1 und 2 diagonal, sodass die verbleibenden Restflächen (westlich ca. 4.900 m², östlich etwa 13.300 m²) nicht mehr als Selbstpflückplantage genutzt werden könnten. Hinzukomme, dass während der etwa dreijährigen Bauphase der Hofladen für Kunden unzugänglich sei und die saisonalen Verkaufsstellen an der Bahnhof straße und am Zettlweg entfallen würden. Zusammen mit dem Verlust der hofanschließenden Erdbeerselbstpflückplantage führe dies zu einer betrieblichen Existenzgefährdung, die von der Planfeststellungsbehörde mangels Unterstützung durch Fachpersonal nicht erkannt worden sei. Im Planfeststellungsbeschluss werde rein flächenbezogen argumentiert, obwohl die beiden getrennten Restflächen wegen der Deformierung und Bewirtschaftungsmehrkosten nicht mehr wirtschaftlich seien. Es liege daher ein Abwägungsausfall vor. Bei dem Sonderkulturbetrieb des Klägers zu 3 liege der Gesamtflächenverlust bei über 15% der Ertragswirtschaftlichkeit. Während der Bauphase sei des Weiteren zu befürchten, dass die Qualitätsmerkmale der Erdbeerernte durch Staub- und andere Immissionen massiv beeinträchtigt werden. Auch werde Reitmehring während der dreijährigen Bauzeit in Nord und Süd geteilt, da der Tunneltrog in offener Bauweise durchgeführt werde.
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Die Kläger beantragen
zuletzt,
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I. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2022 für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring, in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen wird aufgehoben.
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II. Hilfsweise: Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2022 für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring, in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen wird bezüglich der Planung, den Eingriff in die FlNr. 98* der Gemarkung A* … betreffend, aufgehoben.
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III. Hilfsweise: Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30.Juni 2022 für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring, in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen ist rechtswidrig und nicht vollziehbar.
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IV. Hilfsweise: Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2022 für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring, in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen ist bezüglich der Planung, den Eingriff in die FlNr. ... der Gemarkung A … betreffend, rechtswidrig und nicht vollziehbar.
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Der Beklagte verteidigt den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juni 2022, den er in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2024 und vom 22. Oktober 2024 durch mehrere Protokollerklärungen ergänzt hat. Er beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beigeladene stellt den Antrag,
14
die Klage abzuweisen.
15
Der Senat hat am 30. September 2024 in diesem und in weiteren Verfahren die Örtlichkeiten in Augenschein genommen. Auf den Inhalt des hierüber gefertigten Protokolls und die gefertigten Lichtbilder wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

16
Die zulässige Klage ist weder im Haupt- noch in den Hilfsanträgen begründet.
A.
17
Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Dies folgt für die Kläger zu 1 und 2 schon daraus, dass sie Miteigentümer von Grundstücken sind, welche für das Vorhaben in Anspruch genommen werden und auf die sich daher gemäß § 19 FStrG die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses erstreckt (BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 16). Dem Kläger zu 3 steht – wie den im Laufe des Gerichtsverfahrens vorgelegten Unterlagen zu entnehmen ist – als Unterpächter von durch das Vorhaben teils dauerhaft, teils vorübergehend beanspruchter Grundstücke ebenfalls ein von Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Besitzrecht zu (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.1997 – 4 A 36.96 – BVerwGE 105, 178 = juris Rn. 25 ff.; U.v. 14.11.2012 – 9 C 14.11 – BVerwGE 145, 96 Rn. 10 ff; U.v. 16.3.2021 – 4 A 12.19 – juris Rn. 17; U.v. 4.7.2023 – 9 A 5.22 – juris Rn. 13).
B.
18
Die Klage hat im Hauptantrag (Ziffer I) sowie in ihren Hilfsanträgen (Ziffer II bis IV) auf (Teil-)Aufhebung bzw. (teilweiser) Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen keinen Erfolg. Die Kläger haben keinen Rechtsfehler aufgezeigt, der zu dessen vollständiger oder teilweiser Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19
Die Kläger zu 1 bis 2 sind hinsichtlich der planfestgestellten Straßenbaumaßnahme enteignungsbetroffen, sodass ihnen ein Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch) zusteht, soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme seines Grundstücks kausal ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 Rn. 24; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 26 ff.). Dasselbe gilt für den Kläger zu 3 als Unterpächter von für das Vorhaben benötigten Grundstücken (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.1997 – 4 A 36.96 – BVerwGE 105, 178 = juris Rn. 25 ff.; U.v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649 = juris Rn. 13).
20
Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Juni 2022 (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 Rn. 21; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 14). Werden danach wie im vorliegenden Fall durch Protokollerklärungen nur punktuelle Planergänzungen vorgenommen mit der Folge, dass der festgestellte Plan und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Panfeststellungsbeschluss in der durch die Änderungen erreichten Gestalt verschmelzen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 5.08 – BVerwGE 136, 291 Rn. 29; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 14 m.w.N.; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 34). Dies hat zur Folge, dass vorliegend die Regelungen der §§ 17 ff. FStrG in der vor dem Änderungsgesetz vom 22. Dezember 2023 (BGBl. I S. 36) geltenden Fassung (im Folgenden FStrG a.F.) Anwendung finden.
21
I. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an den geltend gemachten formellen Fehlern.
22
1. Entgegen der Auffassung der Kläger durfte die Planfeststellungsbehörde die neu herzustellende Straßenverbindung „Verlegte Bahnhof straße“ in eigener Zuständigkeit ohne Überschreitung ihrer Planungskompetenz als notwendige Folgemaßnahme planfeststellen.
23
Die B 304 ist eine Bundesfern straße i.S.v. § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 FStrG, deren Änderung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG planfeststellungsbedürftig ist. Daher ist die Regierung von Oberbayern gemäß Art. 39 Abs. 2 BayStrWG, Art. 3 BayVwVfG als Planfeststellungsbehörde sachlich und örtlich zuständig.
24
Demgegenüber handelt es sich bei der Bahnhof straße als Orts straße um eine Gemeindestraße i.S.v. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3, Art. 46 Nr. 2 BayStrWG, die nach Art. 36 Abs. 1 BayStrWG nicht planfeststellungsbedürftig ist und bei der die Planungshoheit grundsätzlich bei der beigeladenen Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast (Art. 47 Abs. 1, Art. 9 BayStrWG) liegt. Insofern kommt der Planfeststellungsbehörde zwar keine originäre Planungskompetenz zu. Allerdings findet die Einbeziehung der verlegten Bahnhof straße in das Verfahren über die geplante Beseitigung des Bahnübergangs an der B 304 ihre Grundlage in § 17 Abs. 1 Satz 8, § 17 c FStrG i.V.m. Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG.
25
Nach diesen Vorschriften wird durch die Planfeststellung die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt. Dies bedeutet, dass die Planungskompetenz der Planfeststellungsbehörde im Sinne eines gesetzlich angeordneten Zuständigkeitswechsels auch auf diejenigen Folgemaßnahmen erstreckt wird, die im Zusammenhang mit dem Bau oder der Änderung von Bundesfernstraßen an anderen Anlagen notwendig werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.3.1979 – IV C 41.75 – BVerwGE 57, 297 = juris Rn. 20; U.v. 12.2.1988 – 4 C 54.84 – DVBl 1988, 843 = juris Rn. 6; U.v. 27.10.1999 – 11 A 31.98 – NVwZ 2000, 435 = juris Rn. 19; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 Rn. 34 ff.; U.v. 24.8.2023 – 7 A 1.22 – BVerwGE 180, 107 Rn. 22 m.w.N.). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass als Folgemaßnahmen diejenigen Regelungen außerhalb der eigentlichen Zulassung des Vorhabens notwendig sind, die für eine angemessene Lösung der durch das Vorhaben aufgeworfenen Konflikte erforderlich sind (vgl. BVerwG, U.v. 9.3.1979 – 4 C 41.75 – BVerwGE 57, 297, 299; U.v. 9.2.2005 – 9 A 62.03 – DVBl 2005, 903 = juris Rn. 23). Aufgrund der kompetenzerweiternden Wirkung dürfen die Maßnahmen jedoch über Anschluss und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen und unterliegen räumlichen und sachlichen Beschränkungen (vgl. BVerwG, U.v. 12.2.1988 – 4 C 54.84 – DVBl 1988, 843 = juris Rn. 8; U.v. 27.10.1999 – 11 A 31.98 – NVwZ 2000, 435 = juris Rn. 23; U.v. 9.2.2005 – 9 A 62.03 – DVBl 2005, 903 = juris Rn. 23; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 Rn. 35; U.v. 24.8.2023 – 7 A 1.22 – BVerwGE 180, 107 Rn. 22). Nicht erfasst werden daher Maßnahmen, die ein umfassendes Planungskonzept benötigen (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2015 – 7 C 11.12 – BVerwGE 151, 213 Rn. 31; U.v. 24.8.2023 – 7 A 1.22 – 180, 107 Rn. 22).
26
Dies zugrunde gelegt stellt das vorhandene mit der B 304 verknüpfte Straßennetz von Reitmehring eine „andere Anlage“ dar, mit der das Vorhaben in Einklang gebracht werden muss. Der geplante Verlauf der B 304 in einem Tunnel- und Trogbauwerk durch die Ortslage führt unter anderem zu einer Unterbrechung von fünf plangleichen Straßeneinmündungen in die bestehende B 304. Dies betrifft insbesondere die südwestliche Bahnhof straße, die aufgrund ihrer Lage nicht direkt verknüpft werden kann mit dem neuen Kreisverkehrsplatz, der über zwei Rampen die Anbindung an die B 304 schafft. Die Wiederherstellung der Verkehrsanbindung an die neue Trassenführung der B 304 soll über die neu herzustellende Orts straße „Verlegte Bahnhof straße“ erfolgen. Dabei handelt es sich um eine notwendige Folgemaßnahme, welche die aufgeworfenen Probleme des planfestgestellten künftigen Verlaufs der B 304 ausgleicht. Die neue Straßenverbindung ist bei den gegebenen konkreten örtlichen Verkehrsverhältnissen erforderlich, da dem Anschluss der südwestlichen Bahnhof straße an die B 304 wegen der Erschließung des Bahnhofs mit Park- und Ride-Anlage [im Folgenden P+R-Anlage] sowie des Busbahnhofs für den Individual- und Busverkehr eine besondere Verkehrsbedeutung zukommt und das bestehende Straßennetz nicht derart ausgebaut ist, dass es den täglichen Verkehrsbedarf bewältigen könnte. Die Planung steht insofern in räumlichen und sachlichen Zusammenhang zum Gesamtvorhaben und erfordert kein umfassendes Planungskonzept. Sie erschöpft sich auch von der Dimensionierung der Fahrbahn mit Gehweg darin, eine bestehende Straße an die Bundesstraße in ihrem neuen Verlauf wieder anzuschließen.
27
2. Der Planfeststellungsbehörde ist bei der Auslegung der Planunterlagen kein Verfahrensfehler unterlaufen. Insbesondere ist die fehlende Auslegung des Bauträgervertrags nicht zu beanstanden. Das diesbezügliche Klagevorbringen erfolgte erstmals in der Replik vom 7. März 2023 und damit verspätet (§ 17e Abs. 5 FStrG a.F., der § 17e Abs. 3 FStrG n.F. entspricht).
28
Die Auslegung von Planunterlagen nach § 17a FStrG a.F. i.V.m. Art. 73 Abs. 2 BayVwVfG muss nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind. Sie kann sich vielmehr auf die Unterlagen beschränken, die der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abzuschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (Anstoßwirkung). Welche Unterlagen hierzu gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Unterlagen sind grundsätzlich dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen abwägungserhebliche Auswirkungen auf Belange potentiell Betroffener ergeben, diese also nur bei ihrer Kenntnis sachkundige Einwendungen erheben können. Ergänzt eine Unterlage dagegen nur ausgelegte Planungsunterlagen, muss sie nicht mit ausgelegt werden (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 Rn. 18, 23; U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 Rn. 32).
29
Ausgehend von diesen Grundsätzen gehört der Bauträgervertrag nicht zu den notwendig öffentlich auszulegenden Unterlagen. Die von der Klägerseite in der Bauträgervereinbarung vermuteten Informationen über die Hintergründe der von der beigeladenen Stadt als Baulastträgerin erteilten Zustimmung zur verlegten Bahnhof straße sind in diesem Sinne nicht planfeststellungsrelevant. Aus welcher Motivation die Beigeladene gehandelt haben könnte, lässt die Frage der Betroffenheit des Einzelnen nicht in einem anderen Licht erscheinen oder zeigt dem potentiell Betroffenen auch keine Anhaltspunkte auf, mit deren Hilfe er den möglichen Grad seiner Beeinträchtigung besser abschätzen kann.
30
II. Die Kläger können sich nicht mit Erfolg auf einen materiellen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung der Protokollerklärungen berufen.
31
1. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben und für die notwendige Folgemaßnahme liegt vor.
32
a) Die Planung ist gerechtfertigt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Gesetz verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht. Das ist nicht erst bei der Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 22.6.2023 – 7 VR 3.23 – NVwZ 2023, 1657 = juris Rn. 23; B.v. 4.9.2018 – 9 B 24.17 – juris Rn. 3). Ist das Vorhaben – wie vorliegend – nicht bindend in einem Bedarfsplan enthalten, dient die Planrechtfertigung dem Zweck, solche Vorhaben, die nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachrechts in Einklang stehen, bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten und einer vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Stufe auszuscheiden. Sie stellt eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (vgl. BVerwG, B.v. 4.9.2018 – 9 B 24.17 – juris Rn. 3; B.v. 23.10.2014 – 9 B 29.14 – NVwZ 2015, 79 = juris Rn. 4).
33
Das Vorhaben dient dem Ziel, Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Durch die Beseitigung des Bahnübergangs als relativ kleinräumig wirkendes Vorhaben ist geplant, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, die Leistungsfähigkeit der B 304 zu verbessern sowie die Verkehrsqualität der B 304 zu steigern (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom 30.6.2022 [im Folgenden PFB] S. 24). Dem Aspekt der Erhöhung des Verkehrsflusses durch Entfall des bisher regelmäßig entstehenden Rückstaus auf beiden Seiten der Schranke misst der Vorhabenträger zunehmende Bedeutung zu, da der Takt auf beiden Bahnstrecken in Zukunft ansteigen wird und verbunden ist mit einer weiteren Erhöhung der Schrankschließzeiten pro Tag (vgl. PFB S. 24 f.). Die Beseitigung der bestehenden fünf plangleichen Einmündungen in die B 304 soll zu einer weiteren Verstetigung des Verkehrsflusses mit einhergehender Verbesserung der Verkehrssicherheit führen, da auf diese Weise gefahrgeneigte Ein- und Abbiegevorgänge entfallen (vgl. PFB S. 25). Zudem ist die deutliche Entschärfung eines Unfallhäufungspunkts am Knotenpunkt B 304/B 15 vorgesehen durch den Bau einer Direktrampe ein, indem die Fahrzeuge von der B 304 direkt, d.h. ohne unfallträchtiges Linksabbiegen, auf die B 15 Richtung Rosenheim auffahren und einfädeln können (vgl. PFB S. 25). Die zusätzliche Tieferlegung der B 304 in Trog- und Tunnellage soll neben der Entlastung der Anwohner der B 304 von Verkehrslärm auch einer Verringerung der durch die B 304 hervorgerufenen trennenden Wirkung der Ortsteile von Reitmehring dienen (vgl. PFB S. 25).
34
Die Einwände der Klägerseite können die Planrechtfertigung nicht infrage stellen. Sie richten sich nicht gegen das planfestgestellte Vorhaben an sich, sondern isoliert gegen die Erforderlichkeit der neu herzustellenden Straßenverbindung „Verlegte Bahnhof straße“. Diese ist als notwendige Folgemaßnahme vernünftigerweise geboten, da bei Umsetzung des planfestgestellten Straßenbauvorhabens die bisherige Anbindung von Bahnhof, Busbahnhof und P+R-Anlage an die B 304 entfällt (vgl. Rn. 26). Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang das Fehlen einer Bedarfsanalyse zu der Frage, wie viele Autos täglich die Straße zum Bahnhof nutzen, bemängeln, haben sie die der „Verkehrsuntersuchung B 304 München – Wasserburg“ vom 22. Juli 2014 zugrunde gelegte Verkehrszählung, die Zählungen an den Knotenpunkten B 304/Bahnhof straße (West) und B 304/Zettlweg umfasste, in keiner Weise angegriffen. Zudem haben sie nicht substantiiert aufgezeigt, warum über die Verkehrsuntersuchung hinaus eine weitere Analyse erforderlich sein soll.
35
b) Die Planrechtfertigung scheitert auch nicht an einer fehlenden Finanzierbarkeit, wie die Klägerseite entgegen § 17e Abs. 5 FStrG a.F. (entspricht § 17e Abs. 3 FStrG n.F.) erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024 vorträgt.
36
Die Art der Finanzierung eines Straßenbauvorhabens ist nicht Regelungsgegenstand des Planfeststellungsbeschlusses, sondern eine finanz- und haushaltspolitische Entscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555 = juris Rn. 43). Den Mangel der Finanzierbarkeit eines Vorhabens darf die Planungsbehörde dennoch nicht ignorieren. Denn einer aus finanziellen Gründen nicht realisierbaren Planung fehlt die Planrechtfertigung, weil sie nicht vernünftigerweise geboten ist. Die Planfeststellungsbehörde hat deshalb vorausschauend zu beurteilen, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen (stRspr, BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 6.19 – BVerwGE 170, 266 Rn. 15 m.w.N.). Für derartige unüberwindbare finanzielle Hürden fehlt es an konkreten Anhaltspunkten. Die pauschale Behauptung, es gebe allgemein bekannte unüberwindbare Finanzierungsprobleme, kann ebenso wenig Zweifel an der Finanzierbarkeit hervorrufen wie der Hinweis, dass das streitgegenständliche Vorhaben nicht im Bundesverkehrswegeplan enthalten sei.
37
2. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss genügt dem fachplanerischen Abwägungsgebot.
38
Bei der Planfeststellung einer Bundesfern straße sind gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG a.F. (entspricht § 17 Abs. 1 Satz 6 FStrG n.F.) die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das fachplanerische Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – UPR 2023, 103 = juris Rn. 152; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 Rn. 200). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 14.2.1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56 Rn. 37; U.v. 1.9.2022 – 7 A 7.21 – juris Rn. 15). Diese Maßstäbe wurden vorliegend eingehalten.
39
a) Der Planfeststellungsbeschluss weist hinsichtlich der Wahl, die Trassierung der „Verlegten Bahnhof straße“ über das Privatgrundstück FlNr. 98* zu führen, keinen Abwägungsfehler auf.
40
Die Auswahl unter verschiedenen Trassenvarianten ist abgesehen von rechtlich zwingenden Vorgaben auch bei einer Veränderung im Wegenetz, die als Folgemaßnahme in der Planfeststellung für eine planfeststellungsbedürftige Straße mitgeregelt wird, eine fachplanerische Abwägungsentscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 14.18 – BVerwGE 166, 171 Rn. 78 f.; U.v. 1.10.2024 – 9 A 5.23 – juris Rn. 26). Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Behörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen müssen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersucht und verglichen werden. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge fehlerhafter Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 4.15 – BVerwGE 160, 263 Rn. 98; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 660; U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 Rn. 69; U.v. 10.4.2024 – 11 A 4.23 – juris Rn. 41). Zu den in das Verfahren einzubeziehenden und zu untersuchenden Alternativen gehören neben den sich aufdrängenden und deshalb von Amts wegen zu ermittelnden auch solche, die von dritter Seite im Laufe des Verfahrens vorgeschlagen werden (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1996 – 4 C 29.94 – BVerwGE 102, 331, 342; U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 Rn. 174; U.v. 11.10.2017 – 9 A 17.16 – juris Rn. 12).
41
Gemessen hieran hat die Planfeststellungsbehörde die ihr zustehende planerische Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Insbesondere ist die Bevorzugung der planfestgestellten Trassenvariante gegenüber den von der Klägerseite präferierten Varianten, d.h. dem Ausbau des Zettlweges bzw. alternativ der Trassenführung über die in öffentlicher Hand befindlichen Grundstücke FlNr. … und … Gemarkung A* … mit Ertüchtigung des Zettlwegs, nicht zu beanstanden.
42
aa) Die Planfeststellungsbehörde hat den Ausbau des Zettlwegs mit der nachvollziehbaren Begründung abgelehnt, dass diese Verkehrsführung als Ersatz für die wegfallende Anbindung der westlichen Bahnhof straße an die B 304 nicht ausreicht (vgl. PFB S. 48, 83). Wie die vom Staatlichen Bauamt durchgeführten Fahrversuche gezeigt haben, kann der Busverkehr zum Bahnhof Reitmehring nicht sicher und zügig über den Zettlweg und den nordwestlichen Teil der bestehenden Bahnhof straße abgewickelt werden, da die Kreuzung der beiden Straßen zu eng und die Bahnhof straße in diesem Bereich zu schmal ist. Zudem fehlt eine direkte Sichtbeziehung zu den möglichen Ausweichstellen (PFB S. 83; Aktenvermerk zum Ortstermin Fahrversuche am 22.2.2018 S. 4611, 4627 ff. der Behördenakte [BA]). Die im Rahmen des gerichtlichen Augenscheins am 30. September 2024 gewonnen Erkenntnisse des Senats bestätigen die Einschätzung des Beklagten, dass die Sichtverhältnisse zwischen dem Zettlweg und der Bahnhof straße stark eingeschränkt sind und die engen Straßenverhältnisse und Kurvenradien den Begegnungsverkehr an dieser Kreuzung bedeutend erschweren.
43
bb) Auch die vom Kläger vorgeschlagene Verkehrsführung von der B 304 zum Bahnhof über den Zettlweg und die in öffentlicher Hand befindlichen FlNr. … und … drängt sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblicher Belange nicht als eine deutlich bessere Lösung als die ausgewählte Variante auf. Anders zu beurteilen wäre dies nur, wenn es sich bei den Grundstücken FlNr. … und … um öffentliches Grundeigentum handeln würde, das für die Verwirklichung des Planvorhabens vorrangig in Anspruch zu nehmen wäre. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
44
Unter Berücksichtigung des Grundsatzes des geringstmöglichen Eingriffs als Element des Verhältnismäßigkeitsprinzips hat die Inanspruchnahme von Grundstücken der öffentlichen Hand zwar Vorrang, wenn diese gleich geeignet sind wie das Grundstück des Privaten. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass dem Eigentum der öffentlichen Hand in der Abwägung ein geringeres Gewicht beigemessen wird als dem Eigentum Privater, weil Hoheitsträger angesichts des personalen Schutzzwecks der Eigentumsgarantie nicht Inhaber des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG sind (vgl. BVerfG, B.v. 8.7.2009 – 1 BvR 2187/07 – BayVBl 2010, 107 = juris Rn. 23; BVerwG, U.v. 6.6.2002 – 4 CN 6.01 – NVwZ 2002, 1506 = juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 24.5.2005 – 8 N 04.3217 – VGHE n.F. 58, 155 = juris Rn. 70; NdsOVG, U.v. 24.2.2021 – 1 KN 50/19 – UPR 2022, 20 = juris Rn. 19). Von gleicher Eignung eines Grundstücks ist jedoch nur dann auszugehen, wenn sich die Inanspruchnahme mit dem städtebaulichen Konzept der Gemeinde verträgt und keine Gründe, etwa die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umgebung, für die Ausweisung gerade auf dem Privatgrundstück sprechen (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2002 – 4 CN 6.01 – NVwZ 2002, 1506 = juris Rn. 17).
45
Vorliegend steht zwar kein städtebauliches Konzept der Gemeinde der Inanspruchnahme entgegen. Insbesondere das Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept der Beigeladenen aus dem Jahr 2018 enthält für die Ortsmitte Reitmehring keine konkreten Vorgaben oder verbindliche Festsetzungen, sondern nur einen beabsichtigten Rahmenplan, der als rein strategisches Projekt konzipiert ist (vgl. S. 99, 113). Allerdings hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2024 die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses durch Protokollerklärung um mehrere Aspekte ergänzt, die gegen die Beanspruchung der öffentlichen Flächen und für eine Ausweisung gerade auf dem Privatgrundstück sprechen. Der von der Klägerseite präferierten Trassenführung stehen – dies haben auch die Eindrücke des Senats beim gerichtlichen Augenschein bestätigt – insbesondere die dortigen Höhenverhältnisse entgegen. Wie aus dem vom Beklagten übergebenen Lageplan mit dazugehörigen Querschnitten nachzuvollziehen ist, hat eine über die FlNr. …, … führende Straße auf den letzten 30 m einen Höhenunterschied von knapp 3 m zu überwinden, was ein Gefälle von 5 bis 7 Prozent zur Bahnhofstraße hin bedeutet. Um ein Aufsitzen der Busse bei der Zufahrt zur Bahnhof straße zu verhindern, wäre eine Ausrundung mit entsprechenden Tangentenlängen von etwa 40 m erforderlich. Dies hätte zur Konsequenz, dass die Garagen auf den FlNr. … … und … höhenmäßig nicht mehr angebunden werden könnten. Als weitere plausible Argumente gegen die Klägervariante hat der Beklagte vorgebracht, dass die Streckenführung bis zum Bahnhof länger und mit mehreren Abbiegevorgängen verbunden ist. Die Andienung des bestehenden Busbahnhofs wäre aufgrund der nach Nord-Süd ausgelegten Haltestelleninseln nicht direkt möglich, ein ankommender Bus könnte vielmehr erst nach Umfahrung der Haltestelleninsel parallel zu den Haltesteigen stehen. Die als Vorfahrtsstraße ausgestaltete Plantrasse ermöglicht hingegen eine bessere Anbindung sowie sicherere und zügigere Abwicklung des Busverkehrs, da im Interesse der Verkehrssicherheit der Verkehr mit Bezug zur P+R-Anlage südlich der Wendeanlage zu- bzw. abfließt und die Buswendeanlage auf diese Weise weitgehend vom Pkw-Verkehr freigehalten wird. Bei einem Streckenvergleich fällt zudem der Straßenneubau in der Planvariante mit 240 m kürzer aus als der auf einer Länge von 385 m erforderliche Straßenausbau in der Klägervariante.
46
b) Der Planfeststellungsbeschluss lässt keine fehlerhafte Abwägung der individuellen Belange der Kläger erkennen. Ein Abwägungsfehler liegt insbesondere nicht hinsichtlich der Auswirkungen des planfestgestellten Straßenbauvorhabens auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen der Kläger und die Gefahr einer möglichen Existenzgefährdung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe vor.
47
Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses (§ 19 Abs. 1 und 2 FStrG) Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange grundsätzlich auseinandersetzen muss (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 Rn. 25 m.w.N.). Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestgestellten Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, ist regelmäßig ein entsprechendes Existenzgefährdungsgutachten einzuholen, es sei denn, der Verlust an Eigentums- oder Pachtflächen bleibt in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 27; U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 Rn. 31 m.w.N.). Nach allgemeiner, durch Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden. Deshalb kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltwert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des in Rede stehenden landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs nicht eintritt (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 27; U.v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 – DVBl 2017, 1039 = juris Rn. 74). Zeichnet sich danach keine Existenzgefährdung ab, kann sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich damit begnügen, den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 Rn. 25; U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 Rn. 31).
48
In Anwendung dieser Grundsätze sind die betroffenen Eigentumsbelange der Kläger in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.
49
aa) In Bezug auf den landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger zu 1 und 2 hat die Planfeststellungsbehörde entsprechend den Ermittlungen des Staatlichen Bauamts, die auf den Daten der Landwirtschaftsverwaltung basieren, eine Gesamtbewirtschaftungsfläche von etwa 13,98 ha zugrunde gelegt. Für die Umsetzung der planfestgestellten Maßnahmen werden die im Eigentum der Kläger zu 1 und 2 stehenden Flächen FlNr. ... und ... vorhabenbedingt dauerhaft in Anspruch genommen. Dies führt zu einem Betriebsflächenverlust im Umfang von 2.014 m², was etwa 1,44% der aktuellen Betriebsfläche entspricht. Der Flächenentzug liegt damit deutlich unter dem Schwellenwert von 5%. Die Planfeststellungsbehörde hat die Betroffenheit erkannt und ist zutreffend ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens von der Existenzfähigkeit des Betriebs der Kläger zu 1 und 2 ausgegangen (vgl. PFB S. 85).
50
Auch wenn bei Betrieben, die Sonderkulturen wie Erdbeeren anbauen, unabhängig von dem Umfang des Flächenentzugs eine zusätzliche Prüfung der Wirtschaftlichkeit erforderlich sein kann, durfte die Planfeststellungsbehörde von weiteren Aufklärungsmaßnahmen absehen. Denn Betroffene, die sich auf eine spezielle betriebliche Situation berufen, müssen Umstände, die sie im Planfeststellungsverfahren berücksichtigt wissen wollen, der Planfeststellungsbehörde zur Kenntnis bringen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 810). Sie sind dabei zwar nicht verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren, und haben die Möglichkeit, entsprechende Details zurückzuhalten. Sie müssen aber, soweit ihnen das ohne Preisgabe schutzwürdiger Daten möglich und zumutbar ist, die betrieblichen und geschäftlichen Umstände, auf die sie die Geltendmachung einer Existenzgefährdung stützen, so ausführlich darstellen, dass der Planfeststellungsbehörde eine Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die betriebliche Existenz des Unternehmens möglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 29; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 Rn. 27). Die Klägerseite ist während des Planfeststellungsverfahrens mehrmals zur Vorlage von betriebsspezifischen Unterlagen aufgefordert worden (vgl. PFB S. 85 f.; Schreiben ROB vom 19.9.2016 BA S. 2292; Schreiben Staatliches Bauamt vom 20.3. 2017, vom 15.5.2017, vom 13.6.2017 elektronische Gerichtsakte [eGA] Teilakt Anlagen Beklagter), sind dem aber nicht nachgekommen. Zudem wurde den Klägern während des Erörterungstermins zum Planfeststellungsverfahren am 17. Januar 2018 die Notwendigkeit der offenzulegenden Pachtverhältnisse sowie der weiteren Betriebsdaten für die Beurteilung der Existenzfähigkeit erläutert (vgl. Niederschrift vom 17.1.2018 BA S. 2341, 2429 f.). Daher müssen sich die Kläger zu 1 und 2 entgegenhalten lassen, dass sie ihren Mitwirkungspflichten nicht genügt haben (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 29; NdsOVG, U.v. 27.8.2019 – 7 KS 24/17 – juris Rn. 552).
51
Die besondere Wertigkeit des hofnahen Erdbeerfeldes hat die Planfeststellungsbehörde erkannt und die Bewirtschaftung der Restflächen unter Berücksichtigung der Bewirtschaftungsart und der Hofnähe weiterhin als wirtschaftlich sinnvoll eingeschätzt (vgl. PFB S. 85).
52
bb) Hinsichtlich des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers zu 3, der neben M. auch Sonderkulturen wie E. und Z. anbaut, hat die Planfeststellungsbehörde eine Existenzgefährdung ebenfalls mit der Begründung verneint, dass der Flächenverlust unter dem Grenzwert von 5% liegt. Dabei geht der Planfeststellungsbeschluss von einer Gesamtbewirtschaftungsfläche von rund 15,24 ha und einem dauerhaften Flächenverlust in Bezug auf die FlNr. ... und ... von etwa 0,35 ha aus, was 2,3% der Betriebsfläche bedeutet (vgl. PFB S. 86). Die der Berechnung zugrunde gelegten Flächen beruhen auf den Daten der Landwirtschaftsverwaltung und den dort eingereichten Mehrfachanträgen, da der Kläger zu 3 trotz wiederholter Aufforderung (vgl. Schreiben Staatliches Bauamt vom 20.3.2017, vom 15.5.2017, vom 13.6.2017 eGA Teilakt Anlagen Beklagter; Niederschrift des Erörterungstermins vom 17.1.2018 BA S. 2429 f.) bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses keine Pacht- bzw. Unterpachtverträge oder sonstige belastbare Angaben zu seinen Betriebsdaten eingereicht hat. Vor diesem Hintergrund konnte die Planfeststellungsbehörde nur auf Basis der ihr vorliegenden Daten die Existenzfähigkeit beurteilen und war wegen der fehlenden Mitwirkung zu keinen weiteren Ermittlungen verpflichtet (vgl. Rn. 50).
53
cc) Im Hinblick auf die klägerischen Berechnungen zur Höhe des jährlichen Ertragsverlusts in Relation zum Gesamtbetriebsumsatz fehlen ebenfalls belastbare Angaben und aussagekräftige Belege zu den zugrunde gelegten Daten. Diese wären insbesondere für die Nachvollziehbarkeit der in Bezug auf die FlNr. ... angesetzten Ernteausfälle notwendig gewesen, da dem klägerischen Vortrag nicht eindeutig zu entnehmen ist, welchem Betrieb diese konkret zugerechnet werden.
54
dd) Eine eventuelle Bereitstellung von Ersatzland musste als eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung im Planfeststellungsbeschluss nicht abschließend beschieden werden. Wird die betriebliche Existenz weder vernichtet noch gefährdet, kann sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich damit begnügen, den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 26 f.; B.v. 2.9.2010 – 9 B 11.10 – NuR 2010, 799 = juris Rn. 20 f.; U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 27; U.v. 24.3.2011 – 7 A 3.10 – NVwZ 2011, 1124 = juris Rn. 80). Zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führt auch die von der Klägerseite im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung angeführte Rechtsprechung, da diese bereits vom Sachverhalt her nicht vergleichbar ist mit der vorliegenden Fallkonstellation.
55
c) Den wirtschaftlichen Belangen der von den Klägern betriebenen Direktvermarktung über den ganzjährig geöffneten Hofladen trägt der Planfeststellungsbeschluss in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung. In den Hofladen wird im Zuge des Planvorhabens nicht unmittelbar eingegriffen. Die Planfeststellungsbehörde weist zurecht darauf hin, dass entgegen den klägerischen Befürchtungen die Erreichbarkeit des Hofes und des Hofladens während der Bauzeit erhalten bleibt. Bauzeitliche Einschränkungen der Erreichbarkeit sind wegen der Lage der Baumaßnahme nicht zu vermeiden sind, auch wenn sie der Vorhabenträger soweit wie möglich reduzieren wird (vgl. PFB S. 85).
56
Durch Protokollerklärung vom 9. April 2024 hat der Beklagte in Ergänzung zur landwirtschaftlichen Nebenbestimmung A.3.4.8 (PFB S. 12) nochmals klargestellt, dass auch während der Bauzeit sichergestellt wird, dass alle vom Straßenbau berührten und von ihren bisherigen Zufahrten abgeschnittenen Grundstücke eine ordnungsgemäße Anbindung an das öffentliche Wegenetz erhalten, notfalls über die vorübergehende Einrichtung provisorischer Zufahrten. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass der Anliegergebrauch keinen Schutz gegen den Wegfall einer bestimmten Wegeverbindung umfasst und nicht vor Einschränkungen oder Erschwernissen bei den Zufahrtsverhältnissen schützt, solange die Straße als Verkehrsmittler erhalten bleibt (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2023 – 8 ZB 22.2586 – juris Rn. 20; B.v. 23.6.2015 – 8 CE 15.1023 – BayVBl 2016, 100 Rn. 10 jeweils m.w.N.). Im Übrigen handelt es sich bei den bauzeitlichen Einschränkungen lediglich um vorübergehende Beeinträchtigungen, die keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Existenzfähigkeit des Hofladens haben, da sie seine langfristige Ertragslage nicht beeinträchtigen. Entsprechendes gilt für die saisonalen mobilen Verkaufsstellen an der Bahnhof straße und im Zettlweg.
57
d) Keinen Einfluss auf die Beurteilung der Existenzfähigkeit der klägerischen Betriebe haben die in Bezug auf den Anbau von Sonderkulturen geltend gemachten Qualitätsminderungen und befürchteten Ernteausfälle durch im Zusammenhang mit der Bautätigkeit entstehenden Immissionen wie Gas, Lärm Staub und Reifenabrieb. Es ist bereits nicht dargelegt, welchen Einfluss der Baulärm auf die Sonderkulturen hat. Bei den weiteren Immissionen handelt es sich um kurzfristige, vorübergehende Auswirkungen während der Bauzeit, die die langfristige Ertragslage eines landwirtschaftlichen Hofes nicht nachhaltig und langfristig beeinträchtigen (vgl. NdsOVG, U.v. 27.8.2019 – 7 KS 24/17 – juris Rn. 612). Unabhängig davon sind im Planfeststellungsbeschluss keine Regelungen zu eventuellen Ertragsausfällen infolge einer Baumaßnahme zu treffen, da dies in einem eigenständigen Verfahren entschieden wird (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 u.a. – DVBl 2017, 1039 = juris Rn. 86).
58
Darüber hinaus wird der gebotene Schutz vor unzumutbaren Lärm und Staub während der Bauphase hinreichend bewältigt. Der Planfeststellungsbeschluss legt fest, dass die Bestimmungen der AVV Baulärm und der 32. BImSchV eingehalten werden müssen (vgl. A.3.3.2 PFB S. 10). Dem Vorhabenträger wurde zudem aufgegeben, die baubedingte Staubbelastung soweit möglich durch geeignete Minderungsmaßnahmen (z.B. ausreichende Befeuchtung bei staubenden Arbeiten, Befeuchtung/Abdeckung von Kies- oder Sandlagerungen etc.) zu reduzieren, wobei das Merkblatt zur Staubminderung bei Baustellen zu beachten ist (vgl. A.3.3.10 PFB S. 11). Dies sind der Sache nach verbindliche Vorgaben für den Vorhabenträger (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 177 = juris Rn. 113).
59
Inwiefern der Betrieb der Straße aufgrund der vorgetragenen Immissionen zu den befürchteten Qualitätsmängeln führen soll, haben die Kläger nicht näher ausgeführt. Hinsichtlich der Lärmimmissionen hat die Planfeststellungsbehörde aufgezeigt, dass es nach Verwirklichung des Vorhabens an der Hofstelle zu Pegelabnahmen (-1,7 dB(A) bis -2,8 dB(A)) kommt (vgl. PFB S. 86 mit Verweis auf Planunterlage 17.1 T Anlage 5). Eine erhöhte Luftschadstoffbelastung wird mit Blick auf die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ebenfalls ausgeschlossen. Damit ist nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde die landwirtschaftliche Produktion auf den angrenzenden Flächen weiter möglich, auch soweit z.B. Erdbeeren zum Selbstpflücken oder Direktverkauf produziert werden (vgl. PFB S. 87).
60
e) Der Planfeststellungsbeschluss lässt keine durchgreifenden Abwägungsfehler in Bezug auf die von den Klägern vorgetragenen massiven Belastungen durch Um- und Mehrwege erkennen.
61
Werden Landwirte auf neue Wegeverbindungen zu ihren Betriebsgrundstücken verwiesen, sind verbleibende Nachteile entschädigungslos im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums hinzunehmen, soweit die damit verbundenen Umwege zumutbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 21.12.2005 – 9 A 12.05 – BayVBl 2006, 353 = juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 7.10.2009 – 22 A 09.40002 – juris Rn. 26; ThürOVG, U.v. 19.5.2010 – 1 O 8/09 – juris Rn. 48). Die Planfeststellungsbehörde hat sich im Planfeststellungsbeschluss mit dem Belang der Um- und Mehrwege befasst und ihn entsprechend berücksichtigt. Sie hält die entstehenden Mehrwege, insbesondere zu den Flächen westlich der künftigen Bahnbrücke für zumutbar (vgl. PFB S. 86). Dies haben die Kläger nicht substantiiert infrage gestellt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit enthält der Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbare Erläuterungen, wie die Flächen südlich der B 304 künftig verkehrssicher und in straßenverkehrsrechtlich zulässiger Weise erreichbar sind (vgl. PFB S. 86).
62
f) Zudem beanstanden die Kläger ohne Erfolg die Planung der Verkehrsführung während der Bauphase.
63
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2024 zu Protokoll erklärt, dass auch während der Bauzeit sichergestellt wird, dass nicht nur landwirtschaftliche Grundstücke, sondern alle vom Straßenbau berührten und von ihren bisherigen Zufahrten abgeschnittenen Grundstücke eine ordnungsgemäße Anbindung an das öffentliche Wegenetz erhalten, notfalls über die vorübergehende Einrichtung provisorischer Zufahrten (i.V.m. A.3.4.8 PFB S. 12).
64
Es besteht keine Verpflichtung, einen konkreten Bauablaufplan mit einem detaillierten Konzept zur Verkehrsführung während der Bauphase schon mit den Planunterlagen vorzulegen. Ein Verkehrskonzept kann im Detail erst erarbeitet werden, wenn nach Ausschreibung und Auftragsvergabe die Ausführungsplanung vorliegt. Diese muss ein Vorhabenträger jedoch grundsätzlich erst erstellen, wenn der Planfeststellungsbeschluss erlassen ist, da er mit diesem eine gesicherte Rechtsposition erlangt (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 29; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 42; U.v. 15.10.2020 – 7 A 9.19 – NVwZ 2021, 1145 = juris Rn. 97). Unabhängig davon müssen bereits in den Planunterlagen Angaben zu den Beeinträchtigungen in der Bauphase enthalten sein. Diese müssen so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde aus ihnen ersehen kann, ob die bei Durchführung des Plans aufgeworfenen Probleme der Ausführungsplanung überlassen bleiben können oder bereits im Planfeststellungsbeschluss Regelungen zur Bauausführung getroffen werden müssen, weil in der Bauphase abwägungserhebliche Belange beeinträchtigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 27; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 42).
65
Dem Gebot der Konfliktbewältigung wird der Lageplan zum Bauablauf gerecht (vgl. Planunterlage 16.3 T). Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über die konkrete Verkehrsführung abwägungsrelevante Fragen etwa eines bisher nicht geregelten Grunderwerbs oder eines nicht mehr zumutbaren Ausmaßes an Verkehrsimmissionen aufwirft. Die während des Gerichtsverfahrens vorgelegte Studie zum Bauablauf in Form eines Arbeitsplans (Stand 19.1.2024) zeigt dies ebenfalls und erfordert auch deshalb keine Planergänzung, weil sie nur ein mögliches Verkehrskonzept und keine endgültige Planung darstellt. Aus dem Arbeitsplan ergibt sich zudem, dass die Anbindung der in Frage stehenden Grundstücke an das öffentliche Verkehrsnetz jedenfalls möglich ist und die Frage der Erreichbarkeit der Grundstücke in der Ausführungsplanung lösbar ist. Für die Ausarbeitung der Details der klein- und großräumigen Verkehrsführung während der Bauzeit sieht der Planfeststellungsbeschluss zudem im Rahmen der Ausführungsplanung eine Verkehrsbesprechung unter Beteiligung der Stadt, der Polizei und der Feuerwehr vor (vgl. A.3.7 PFB S. 15).
66
g) Die Regelungen zur Beweissicherung sind hinreichend bestimmt und geeignet, den angestrebten Beweissicherungszweck zu erfüllen. Der Einwand der Kläger, dem Vorhabenträger werde es überantwortet, den Umfang der Beweissicherung – in zeitlicher und technischer Hinsicht – selbst zu bestimmen, geht fehl. Hinsichtlich des Zeitpunkts legt der Planfeststellungsbeschluss in der Nebenbestimmung A.3.3.6 fest, dass die Beweissicherung vor Beginn der Baumaßnahmen zu erfolgen hat (PFB S. 10); weshalb dies ungenügend sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht.
67
Der Vortrag der Kläger, mit dem sie die landwirtschaftlichen Auflagen in Abschnitt A 3 des Planfeststellungsbeschlusses als zu unbestimmt bemängeln, ist zu pauschal und unsubstantiiert.
68
h) Die von den Klägern geäußerte Befürchtung einer dreijährigen Trennungswirkung, da während der Bauphase des Tunnels- und Trogbauwerks die Ortschaft in Nord und Süd geteilt ist, zeigt keinen Abwägungsfehler auf. Der Planfeststellungsbeschluss hat sich damit auseinandergesetzt und eingeräumt, dass sich bauzeitliche Einschränkungen der Verbindung zwischen den Teilen Reitmehrings nördlich und südlich der B 304 nicht vermeiden lassen; sie sind jedoch auf das Notwendigste reduziert (vgl. PFB S. 66). Zudem verweist die Planfeststellungsbehörde auf die temporäre Natur der Erschwernisse sowie auf die Zusage des Vorhabenträgers, die Wegeführung während der Bauzeit und insbesondere die Erreichbarkeit der südlichen Ortsteile mit der Beigeladenen abzustimmen (vgl. PFB S. 52). Unabhängig davon wären die Kläger nicht berechtigt, den als verletzt geltend gemachten öffentlichen Belang zu rügen, da er für ihre Eigentumsbetroffenheit nicht kausal ist und ihnen keine Befugnis zusteht, sich zum Sachwalter von Rechten zu machen, die nach der Rechtsordnung bestimmten anderen Rechtsinhabern zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung und Konkretisierung zugewiesen sind (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 27; U.v. 21.11.2023 – 9 A 11.21 – NVwZ 2024, 589 = juris Rn. 39; U.v. 20.6.2024 – 11 A 3.23 – juris Rn. 203).
69
Der Umstand, dass die Kläger für das Allgemeinwohl (Schulhaus, Feuerwehr, Kirche) bereits im großen Umfang Flächen ihres Betriebs zur Verfügung gestellt haben, ist ebenfalls nicht geeignet, den Planfeststellungsbeschluss infrage zu stellen.
70
i) Soweit die Klägerseite pauschal auf die im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwände Bezug nimmt, fehlt die Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss als Klagegenstand. Dies genügt ebenso wenig wie ein bloßes Bestreiten tatsächlicher Feststellungen der Planung (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 177, 138 Rn. 17; BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris Rn. 35; U.v. 12.9.2024 – 22 A 24.40007 – juris Rn. 19).
71
III. Da entgegen dem klägerischen Vorbringen ein erheblicher Abwägungsmangel nicht vorliegt und der angefochtene Planfeststellungsbeschluss insofern rechtmäßig ist, sind die Kläger nicht in ihren Rechten, insbesondere nicht in ihren Grundrechten aus Art. 6 GG, Art. 12 GG, Art. 13 GG und Art. 14 GG verletzt.
C.
72
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 und 4 ZPO. Die Kläger haben aus Billigkeitsgründen nach § 162 Abs. 3 VwGO die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, weil diese durch Antragstellung ein Kostenrisiko eingegangen ist.
73
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.
74
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.