Titel:
Normenkontrolle gegen Planfeststellungsbeschluss für Bundesstraße B304
Normenketten:
FStrG § 17
VwVfG § 73
Leitsätze:
1. Die Auslegung von Planunterlagen muss nicht alle Unterlagen umfassen. Sie kann sich auf die Unterlagen beschränken, die der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abzuschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange grundsätzlich auseinandersetzen muss. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Werden Landwirte auf neue Wegeverbindungen zu ihren Betriebsgrundstücken verwiesen, sind verbleibende Nachteile entschädigungslos im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums hinzunehmen, soweit die damit verbundenen Umwege zumutbar sind. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Planfeststellung, Beseitigung eines Bahnübergangs auf einer Bundesstraße, Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Betriebs, enteignungsrechtliche Vorwirkung, Planfeststellungsbeschluss, Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe, Normenkontrolle, Planrechtfertigung, Immissionen, Existenzgefährdung, Sozialbindung des Eigentums
Fundstelle:
BeckRS 2024, 43153
Tenor
I. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2022 für die Bundesstraße B 304 München – Wasserburg a. Inn, mit dem der Bahnübergang Reitmehring beseitigt und die B 304 anschließend tiefergelegt werden soll.
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Die Bundesstraße B 304 verläuft von München über Wasserburg a. Inn und Traunstein bis zur Landesgrenze nach Österreich. Bislang kreuzt die B 304 am Ortseingang von Reitmehring höhengleich den beschrankten Bahnübergang, der sich südlich des Bahnhofs Wasserburg a. Inn/Reitmehring befindet. Im Anschluss durchquert die B 304 die Ortslage von Reitmehring und verläuft am östlichen Ortsende über die B 15, so dass Fahrzeuge mit Zielrichtung Rosenheim nach der Abfahrt von der B 304 zunächst nach links auf die M. Straße abbiegen und dann als Linksabbieger auf die B 15 Richtung Süden auffahren müssen.
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Gegenstand des Vorhabens ist die Errichtung eines Bauwerks südlich des bestehenden Bahnübergangs mit Brücke über die Bahngleise und einer daran anschließenden Tieflage der B 304 in einem Tunnel- und Trogbauwerk durch die Ortslage bis ungefähr zur B …-Straße, von wo aus die B 304 im Bestand weiterführt. Die innerörtlichen Straßen (M …straße, B1. straße, Z.weg und B …-Straße), bei denen die Tieflage der Bundesstraße die bestehenden Einmündungen in die B 304 unterbricht, werden über ein teilplanfreies Rampensystem und einen Kreisverkehrsplatz an die neue B 304 angeschlossen. Zur B 15 in Fahrtrichtung Rosenheim soll eine Direktrampe errichtet werden. Der bestehende beschrankte Bahnübergang wird rückgebaut.
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Der Kläger führt zusammen mit seiner Ehefrau sowie einer mitarbeitenden Hofnachfolgerin einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit Milchviehhaltung und Aufzucht von Jungtieren bei eigener Futtermittelerzeugung. Die Hofstelle liegt südlich der B 304 auf der FlNr. 94.. Gemarkung A … Der Betrieb verfügt über landwirtschaftliche Eigentums- und Pachtflächen in einer Größe von insgesamt etwa 45 ha, von denen Teilflächen durch das geplante Vorhaben, insbesondere durch den Bau der Direktrampe zur B 15, dauerhaft in Anspruch genommen werden sollen.
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Am 8. August 2022 hat der Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, dass die Hofstelle zusammen mit den Hofanschlussflächen FlNr. 13..., 13 …2 Gemarkung A … am stärksten von der vorübergehenden und dauernden Grundabtretung betroffen seien und damit auch die dort befindlichen Grundstückseinrichtungen wie Hof- und Wirtschaftsgebäude, Stallungen, Garten, Privat straße sowie drei Fahrsilos. Bezogen auf seine Eigentumsfläche liege der Flächenverlust bei 9 bis 10%, so dass die Existenzgefährdung gutachterlich geprüft werden oder als wahr unterstellt werden müsse. Nach Verlust von etwa 1,7 ha Futterfläche könnten mindestens sechs Kühe nicht mehr mit Futter versorgt werden. Zur Vermeidung der Existenzgefährdung sei die Sicherstellung der Futterbeschaffung für den eigentumsrechtlich geschützten Milchkühebestand während der Bauzeit und auf Dauer erforderlich. Zudem sei in der Abwägung der Verlust der hofnahen und betriebsnotwendigen drei Fahrsilos völlig vernachlässigt worden. Die Silobewirtschaftung werde durch den heranrückenden Radweg erheblich erschwert. Problematisch seien auch die zu befürchtenden Mehrwegeschäden bei dem Verlust der Privatstraße von der Hofstelle bis zur Hofanschlussfläche. Hinzukämen während der Bauzeit immissionstechnische Beeinträchtigungen mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Wohn- und Wirtschaftsgebäude und auf die betriebliche Infrastruktur sowie insbesondere auf die Tiere im offenen Milchvieh-Freilaufstall.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
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I. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2022 für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024 und 9. April 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen wird aufgehoben.
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II. Hilfsweise: Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2024 für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024 und 9. April 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen ist rechtswidrig und nicht vollziehbar.
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III. Weiter hilfsweise: Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2022 für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024 und 9. April 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen ist bezüglich der Planung, den Eingriff in die Hofstelle und anschließenden Betriebsgrundstücken, FlNr. 94.., 13..., 13.. …2 der Gemarkung A … betreffend, rechtswidrig und nicht vollziehbar
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IV. Der Beklagte wird verurteilt, folgende verbindliche Auflagen in den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juni 2022 Abschnitt C Ziff. 6 aufzunehmen:
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1. Der Träger des Vorhabens hat aufgrund der enteignend vorwirkenden betrieblichen und eigentumsrechtlichen Eingriffe des Vorhabens für den Betrieb des Klägers ein Existenzgefährdungsgutachten mindestens 12 Monate vor Baubeginn (diesen Termin teilt der Baulastträger dem Kläger mit) durch einen qualifizierten Sachverständigen/eine qualifizierte Sachverständige einzuholen und vorzulegen.
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2. Der Träger des Vorhabens hat für den Betrieb des Klägers wertgleiches Pacht- oder Eigentums-Ersatzland mindestens 12 Monate vor Baubeginn (diesen Termin teilt der Baulastträger dem Kläger mit) zu stellen, um die Futtermittelproduktion des Betriebs auch während der Bauzeit nicht zu gefährden.
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Anstelle des ursprünglichen, nach Zusagen übereinstimmend für erledigt erklärten Antrags IV. Nr. 3 beantragt der Kläger nunmehr:
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3. Der Träger des Vorhabens hat für den Betrieb des Klägers für die Futtermittelflächenverluste während der Bauzeit und für die Gülleausbringungsflächenverluste während der Bauzeit in geeigneter Form Abhilfe zu schaffen, beispielsweise durch Verfügungstellung von Futtermitteln im Einvernehmen mit dem Kläger und/oder durch logistische Unterstützung bei der Gülleentsorgung.
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Der Beklagte verteidigt den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juni 2022, den er in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024 und 9. April 2024 durch Protokollerklärungen ergänzt hat. Er beantragt,
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Der Senat hat am 30. September 2024 in diesem und in weiteren Verfahren die Örtlichkeiten in Augenschein genommen. Auf den Inhalt des hierüber gefertigten Protokolls und die gefertigten Lichtbilder wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen ist die zulässige Klage weder im Haupt- noch in den Hilfsanträgen begründet.
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Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Dies folgt schon daraus, dass er Eigentümer von Grundstücken ist, welche für das Vorhaben in Anspruch genommen werden und auf die sich daher gemäß § 19 FStrG die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses erstreckt (BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 16).
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Die Klage hat im Hauptantrag (Ziffer I) sowie in ihren Hilfsanträgen (Ziffer II bis III) auf (Teil-)Aufhebung bzw. (teilweiser) Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Rechtsfehler aufgezeigt, der zu dessen vollständiger oder teilweiser Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrig- und Nichtvollziehbarkeit führt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Der Kläger ist hinsichtlich der planfestgestellten Straßenbaumaßnahme enteignungsbetroffen, sodass ihm ein Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch) zusteht, soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme seines Grundstücks kausal ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 Rn. 24; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 26 ff.).
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Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Juni 2022 (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 Rn. 21; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 14). Werden danach wie im vorliegenden Fall durch Protokollerklärungen nur punktuelle Planergänzungen vorgenommen mit der Folge, dass der festgestellte Plan und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Panfeststellungsbeschluss in der durch die Änderungen erreichten Gestalt verschmelzen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 5.08 – BVerwGE 136, 291 Rn. 29; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 14 m.w.N.; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 34). Dies hat zur Folge, dass vorliegend die Regelungen der §§ 17 ff. FStrG in der vor dem Änderungsgesetz vom 22. Dezember 2023 (BGBl. I S. 36) geltenden Fassung (im Folgenden FStrG a.F.) Anwendung finden.
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I. Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor.
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1. Dem Planfeststellungsbeschluss liegt ein wirksamer Antrag des für das Vorhaben zuständigen Vorhabenträgers auf Einleitung des Verfahrens zugrunde (vgl. Art. 22 Satz 2, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG; BayVGH, U.v. 22.1.2024 – 8 A 22.40040 – juris Rn. 30). Wer Vorhabenträger sein kann, ist mit Blick auf das jeweilige fachplanerische Regelungssystem zu bestimmen (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2007 – 9 VR 19.07 – Buchholz 442.09 § 18e AEG Nr. 1 = juris Rn. 6; U.v. 27.1.2011 – 7 A 18.10 – juris Rn. 12). Nach den für das Fernstraßenrecht geltenden Vorschriften ist dies als Träger der Straßenbaulast die Bundesrepublik Deutschland, die bei der Planung im Zeitpunkt des Planerlasses vom Staatlichen Bauamt Rosenheim vertreten wurde (§ 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG, Art. 90 Abs. 3 GG; Planfeststellungsbeschluss vom 30.6.2022 [im Folgenden PFB] S. 18). Der Planfeststellungsbeschluss erweist sich in diesem Punkt nicht als zu unbestimmt.
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2. Der Auslegung lagen keine unvollständigen Unterlagen zugrunde.
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Die Auslegung von Planunterlagen nach § 17a FStrG a.F. i.V.m. Art. 73 Abs. 2 BayVwVfG muss nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind. Sie kann sich vielmehr auf die Unterlagen beschränken, die der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abzuschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (Anstoßwirkung). Welche Unterlagen hierzu gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Unterlagen sind grundsätzlich dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen abwägungserhebliche Auswirkungen auf Belange potentiell Betroffener ergeben, diese also nur bei ihrer Kenntnis sachkundige Einwendungen erheben können. Ergänzt eine Unterlage dagegen nur ausgelegte Planungsunterlagen, muss sie nicht mit ausgelegt werden (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 Rn. 18, 23; U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 Rn. 32).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen musste der Auftrags- und Kostenteilungsvertrag nicht ausgelegt werden, da ihm keine Anstoßwirkung zukommt. Der Kläger konnte auch ohne diesen Vertrag erkennen, dass die Planung seine Interessen berührt, zumal sich die Kostentragung aus dem Regelungsverzeichnung ergibt (vgl. Planunterlage 11 T2 S. 9).
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Entsprechendes gilt für den Bauträgervertrag. Die aus Klägersicht klärungsbedürftige Frage, wer ihn enteignen darf, ist in diesem Sinne nicht planfeststellungsrelevant, da die Frage des Enteignungsberechtigten allein das Entschädigungsverfahren (Art. 9, 10 BayEG) betrifft und keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses hat. Eine Vorlage der Bauträgervereinbarung war daher auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht nach § 99 Abs. 1 VwGO veranlasst. Im Übrigen ist aus Spalte 13 des Grunderwerbsverzeichnisses (Planunterlage 10.2 T2) ablesbar, für wen der Grunderwerb der aufgeführten Fläche erfolgt. Dies ist entgegen dem Einwand des Klägers hinreichend bestimmt und nachvollziehbar.
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II. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf einen materiellen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung der Protokollerklärungen berufen.
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1. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben liegt vor. Sie scheitert insbesondere nicht an einer fehlenden Finanzierbarkeit, wie die Klägerseite entgegen § 17e Abs. 5 FStrG a.F. (entspricht § 17e Abs. 3 FStrG n.F.) erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024 und damit verspätet rügt.
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Die Art der Finanzierung eines Straßenbauvorhabens ist nicht Regelungsgegenstand des Planfeststellungsbeschlusses, sondern eine finanz- und haushaltspolitische Entscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555 = juris Rn. 43). Den Mangel der Finanzierbarkeit eines Vorhabens darf die Planungsbehörde dennoch nicht ignorieren. Denn einer aus finanziellen Gründen nicht realisierbaren Planung fehlt die Planrechtfertigung, weil sie nicht vernünftigerweise geboten ist. Die Planfeststellungsbehörde hat deshalb vorausschauend zu beurteilen, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen (stRspr, BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 6.19 – BVerwGE 170, 266 Rn. 15 m.w.N.). Für derartige unüberwindbare finanzielle Hürden fehlt es an konkreten Anhaltspunkten. Die pauschale Behauptung, es gebe allgemein bekannte unüberwindbare Finanzierungsprobleme, kann ebenso wenig Zweifel an der Finanzierbarkeit hervorrufen wie der Hinweis, dass das streitgegenständliche Vorhaben nicht im Bundesverkehrswegeplan enthalten sei.
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2. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss genügt dem fachplanerischen Abwägungsgebot.
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Ein Abwägungsfehler liegt insbesondere nicht hinsichtlich der Auswirkungen des planfestgestellten Straßenbauvorhabens auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen des Klägers und die Gefahr einer möglichen Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs vor.
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Es ist grundsätzlich gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG a.F. (entspricht § 17 Abs. 1 Satz 6 FStrG n.F.) Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sich in Ausübung der ihr übertragenen planerischen Gestaltungsfreiheit darüber schlüssig zu werden, ob und in welchem Umfang sie zur Verwirklichung eines von ihr für erforderlich gehaltenen planfeststellungsbedürftigen Vorhabens außer in öffentliche Belange auch in Rechte Dritter eingreifen will, und das Gewicht der mit diesen Eingriffen verbundenen Nachteile den mit dem Vorhaben verbundenen Vorteilen selbständig abwägend gegenüberzustellen. Hierbei muss sie bei Flächeninanspruchnahmen auch die Möglichkeit einer Existenzvernichtung oder -gefährdung vorhandener landwirtschaftlicher oder gewerblicher Betriebe und Unternehmungen in ihre Betrachtung und Abwägung einbeziehen (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 177 = juris Rn. 148; U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 28; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 Rn. 25; U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 Rn. 31). Wird die betriebliche Existenz weder vernichtet noch gefährdet, kann sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich damit begnügen, den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 28; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 Rn. 25; U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 Rn. 31).
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Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestgestellten Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, ist regelmäßig ein entsprechendes Existenzgefährdungsgutachten einzuholen, es sei denn, der Verlust an Eigentums- oder Pachtflächen bleibt in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 27; U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 Rn. 31 m.w.N.).
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In Anwendung dieser Grundsätze sind die betroffenen Eigentumsbelange des Klägers in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden. Die Planfeststellungsbehörde ist davon ausgegangen, dass der Kläger bei Umsetzung des Vorhabens mehr als fünf Prozent seiner bewirtschafteten Fläche verlieren wird (vgl. PFB S. 76 f.). Daher hat sie zur Ermittlung des Abwägungsmaterials die Frage der Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs durch einen qualifizierten Mitarbeiter des Staatlichen Bauamts begutachten lassen. Der diplomierte Agraringenieur kam zu dem Ergebnis, dass sowohl bei einer Berücksichtigung nur der langfristig gesicherten Betriebsflächen als auch bei einer Berücksichtigung sämtlicher Pachtflächen unabhängig von der verbleibenden Pachtdauer eine Existenzgefährdung nicht zu befürchten ist (vgl. PFB S. 76 ff.; Stellungnahme des Staatlichen Bauamtes vom 17.3.2022, Behördenakte [im Folgenden BA] S. 8454 f., Berechnungen BA S. 8342 ff.). Auch wenn der Tierbestand aufgrund des vorhabenbedingten Flächenverlustes zu reduzieren sei, verbleibe der zu erwartende Gewinn jeweils in einer Größenordnung, bei der neben der Deckung der Lebenshaltung eine ausreichende Eigenkapitalbildung erwirtschaftet werden könne, so dass die Existenz des Betriebes langfristig gesichert ist (PFB S. 77 f.; BA S. 8346 ff., S. 8373 ff.). Zur Absicherung dieses Ergebnisses wurde die östliche Restfläche aus dem Grundstück FlNr. 13... als dauerhaft entzogene Fläche in die Prüfung eingestellt, obwohl die Erreichbarkeit der Restfläche über Auflage A.6.1.3 sichergestellt wird (vgl. PFB S. 82; Stellungnahme vom 17.3.2022, BA S. 8455).
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a) Im Hinblick auf die plausiblen Aussagen in der Begutachtung der Existenzgefährdung und die auf der Software „InZept“ des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten basierenden, nachvollziehbaren Berechnungen bestand kein Anlass, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Die Klägerseite hat die fehlende Eignung der vorliegenden Begutachtung nicht hinreichend aufgezeigt (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 193). Allein die Gegenüberstellung eigener Berechnungen ohne belastbare Angaben und aussagekräftige Belege reicht dafür nicht aus. Die klägerische Angabe, der Betrieb befinde sich in der aktiven Umstellungsphase zum zertifizierten Biobetrieb, hat der Vorhabenträger bereits während des Planfeststellungsverfahrens überprüft, ohne dass sich entsprechende Hinweise darauf in den aktualisierten Unterlagen ergaben (vgl. PFB S. 76). Dem Einwand des Klägers, dass der errechnete Gewinn entgegen der betriebswirtschaftlichen Beurteilung geringer ausfalle wegen der unterbliebenen Berücksichtigung seiner Mitarbeiterin und Hofnachfolgerin, ist die Planfeststellungsbehörde entgegengetreten und hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Verwendung des Gewinns für Arbeitslöhne oder den Lebensunterhalt einer designierten Hofnachfolgerin jeweils eine private Entscheidung des Betriebsinhabers darstelle. Keinen Bedenken begegnet es ferner, dass die Betriebsanalyse durch einen für die Aufgabe und das Fachgebiet besonders qualifizierten Mitarbeiter des Staatlichen Bauamts erfolgte und nicht durch einen freiberuflich tätigen Sachverständigen (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 177 = juris Rn. 151 f.).
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b) Entgegen dem klägerischen Vortrag war die Planfeststellungsbehörde nicht verpflichtet, Ersatzland zu beschaffen. Das Bereitstellen von Ersatzland ist eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung, die in der Planfeststellung grundsätzlich nicht abschließend erörtert und beschieden werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 11.1.2001 – 4 A 13.99 – NuR 2002, 341 = juris Rn. 44; U.v. 2.9.2010 – 9 B 11.10 – NuR 2010, 799 = juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 30.9.2009 – 8 A 05.40050 u.a – NuR 2010, 355 = juris Rn. 139). § 19 FStrG weist sie vielmehr dem nachfolgenden Entschädigungsverfahren zu. Wird ein Betrieb durch die Planfeststellung beeinträchtigt, kann die Frage der Ersatzlandbereitstellung allerdings im Rahmen planerischer Abwägung dann rechtliche Bedeutung erlangen, wenn der Betrieb durch die Planung in seiner Existenz ernsthaft gefährdet ist oder vernichtet werden wird und Ersatzland zur Verfügung steht, um die Gefährdung oder Vernichtung zu vermeiden (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.1999 – 4 A 18.98 – NuR 1999, 510 = juris Rn. 25; U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.18 – BVerwGE 136, 332 Rn. 27; BayVGH, U.v. 20.7.2023 – 8 A 20.40024 – RdL 2024, 295 = juris Rn. 200). Nach diesem Maßstab konnte die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung die Frage einer Ersatzlandbereitstellung außer Acht lassen, da nach dem Ergebnis der Begutachtung das geplante Vorhaben den klägerischen Betrieb in seiner Existenz nicht ernsthaft gefährdet (vgl. BA S. 8454 f.). Die betriebswirtschaftliche Beurteilung zeigt damit zugleich, dass trotz Flächenverlustes die Futtermittelherstellung auch ohne Ersatzland weiterhin sichergestellt ist.
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c) Keinen Einfluss auf die Beurteilung der langfristigen und nachhaltigen Existenzfähigkeit des klägerischen Betriebs haben die geltend gemachten bauzeitbedingten immissionstechnischen Beeinträchtigungen auf das Milchvieh, da es sich bei durch den Bau hervorgerufenen Immissionen (wie Lärm, Luftschadstoffe und Schmutz) um kurzfristige und vorübergehende Auswirkungen handelt. Insofern war die beantragte Einholung eines Gutachtens zu der Frage, ob der klägerische Betrieb während der Bauzeit aufgrund immissionsschutzrechtlicher Probleme – hervorgerufen durch die Nähe der Baustraße zum Freilaufstall und zu den Kälberboxen – in seiner Existenz beeinträchtigt wird, nicht veranlasst. Hinzukommt, dass der Tunnel in Deckelbauweise ausgeführt wird (vgl. Erläuterungsbericht, Planunterlage 1 T2, S. 43 f.), was nach eigener Aussage des Klägers alle bauzeitlichen Probleme reduziert und den Stallbetrieb nur kurze Zeit stört.
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Das Interesse des Klägers auf Schutz vor unzumutbaren Lärm und Staub während der Bauphase hat die Planfeststellungsbehörde im Übrigen hinreichend bewältigt. Der Planfeststellungsbeschluss legt fest, dass die Bestimmungen der AVV Baulärm und der 32. BImSchV eingehalten werden müssen (vgl. A.3.3.2 PFB S. 10). Dem Vorhabenträger wurde zudem aufgegeben, die baubedingte Staubbelastung durch geeignete Minderungsmaßnahmen (z.B. ausreichende Befeuchtung bei staubenden Arbeiten, Befeuchtung/Abdeckung von Kies- oder Sandlagerungen etc.) soweit möglich zu reduzieren, wobei das Merkblatt zur Staubminderung bei Baustellen zu beachten ist (vgl. A.3.3.10 PFB S. 11). Dies sind der Sache nach verbindliche Vorgaben für den Vorhabenträger (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 177 = juris Rn. 113). In diesem Zusammenhang ist es unschädlich, dass die Einzelheiten des Vorgehens der Bauausführung überlassen werden (vgl. BVerwG, U.v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – BVerwGE 139, 150 Rn. 50).
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3. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich mit den ungünstigen Auswirkungen des Vorhabens auf den klägerischen Betrieb auseinander und erkennt die besondere Bedeutung der hofnahen Flächen und Fahrsilos an (PFB S. 79). Unter Abwägungsgesichtspunkten ist nicht zu bemängeln, dass die Planfeststellungsbehörde dem privaten Interesse des betroffenen Grundstückeigentümers und Betriebsinhabers an einem vollständigen Erhalt seines Eigentums dennoch eine geringere Bedeutung zugemessen und den für das Projekt sprechenden Gründen des öffentlichen Wohls den Vorrang eingeräumt hat. Dies ist vor dem Hintergrund der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums durch die gesetzlichen Regelungen des Fachplanungsrechts und der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG) nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, B.v. 3.4.1990 – 4 B 50.89 – NVwZ-RR 1990, 454 = juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 24.11.2010 – 8 A 10.40007 – juris Rn. 125; B.v. 29.7.2024 – 22 AS 24.40016 – juris Rn. 73).
42
Unabhängig davon sind die Beeinträchtigungen des Betriebs durch die im Rahmen der Tekturen vorgenommenen Änderungen gegenüber der Ausgangsplanung reduziert worden (vgl. PFB S. 78 ff.). Insbesondere stellt die Nebenbestimmung A.6.1.2 (PFB S. 17, 79, 81 f.) zusammen mit der Protokollerklärung vom 27. Februar 2024 sicher, dass die betriebsnotwendigen, über den Privatweg erreichbaren Fahrsilos mitsamt Wendeplatte erhalten und vollumfänglich benutzbar bleiben. Hinsichtlich der Verlegung der Gasleitung auf das klägerische Grundstück FlNr. 13... wurde im Rahmen der 2. Tektur ebenfalls eine einvernehmliche Lösung erarbeitet (vgl. PFB S. 55).
43
Den Verlust von Pachtflächen westlich der Bahnlinie hat die Planfeststellungsbehörde ebenfalls berücksichtigt, jedoch als unvermeidbar angesehen im Hinblick darauf, dass die dort zu realisierende artenschutzrechtliche CEF-Maßnahme nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Satz 3 BNatSchG im räumlichen Zusammenhang zu den bestehenden Brutplätzen des Kiebitzes umzusetzen ist (vgl. PFB S. 49, 78, S. 97).
44
4. Der Planfeststellungsbeschluss lässt keine durchgreifenden Abwägungsfehler in Bezug auf die vom Kläger vorgetragene Belastung durch Umwege und erschwerte Zufahrtmöglichkeiten erkennen.
45
a) Werden Landwirte auf neue Wegeverbindungen zu ihren Betriebsgrundstücken verwiesen, sind verbleibende Nachteile entschädigungslos im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums hinzunehmen, soweit die damit verbundenen Umwege zumutbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 21.12.2005 – 9 A 12.05 – BayVBl 2006, 353 = juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 7.10.2009 – 22 A 09.40002 – juris Rn. 26; ThürOVG, U.v. 19.5.2010 – 1 O 8/09 – juris Rn. 48). Der Kläger hat nicht dargelegt und es ist auch nicht ersichtlich, dass die befürchteten Um- und Mehrwege zu den Hofanschlussflächen sowie zu den Pachtflächen im Norden und Westen unzumutbar sind.
46
b) Die Planfeststellungsbehörde hat sich im Planfeststellungsbeschluss mit den weiteren Befürchtungen befasst und erläutert, dass die Zufahrtmöglichkeit zu den Fahrsilos über den geänderten Privatweg auf FlNr. 13 …2 erhalten bleibt (vgl. PFB S. 81). Zur Trennung des neben dem Privatweg verlaufenden Geh- und Radweges wurde in der Protokollerklärung vom 27. Februar 2024 festgelegt, dass im Bereich nördlich der Wendeplatte in dem ca. 1,5 m breiten Trennstreifen zwischen Privatweg und Geh- und Radweg auf einer Länge von ca. 25 m eine Schutzplanke mit einer Systemhöhe von ca. 1,15 m und einer Breite von ca. 0,5 m eingebaut wird.
47
c) Auch mit der Forderung nach einer Direktzufahrt von der verlegten B …-Straße zur Hofstelle und zu den hofnahen Flächen hat sich die Planfeststellungsbehörde auseinandergesetzt. Sie hat dies jedoch abgelehnt mit der Begründung, dass dadurch zum einen Grundstücke Dritter in Anspruch genommen werden müssten und dass dieser Planung zum anderen eine Entwässerungsmulde sowie eine dort vorgesehene Wartefläche für den Busverkehr entgegensteht (PFB S. 81). Aus dem Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs kann der Kläger ebenfalls keine Direktzufahrt ableiten, da seine Hofstelle ihre bisherige Zufahrt über die M …straße behält und auch die hofnahen Flächen weiterhin von Westen angefahren werden können. Der Anliegergebrauch schützt die Erreichbarkeit eines innerörtlichen Grundstücks nur beschränkt auf einen notwendigen Zugang von der Straße zum Grundstück, gewährt jedoch keinen Anspruch auf optimale Zufahrt oder eine zweite Zufahrtsmöglichkeit (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2023 – 8 ZB 22.2586 – juris Rn. 20; B.v. 23.6.2015 – 8 CE 15.1023 – BayVBl 2016, 100 = juris Rn. 10 f.).
48
d) Hinsichtlich der Bauphase hat der Beklagte durch Protokollerklärung vom 9. April 2024 klargestellt, dass auch während der Bauzeit sichergestellt wird, dass nicht nur landwirtschaftliche Grundstücke, sondern alle vom Straßenbau berührten und von ihren bisherigen Zufahrten abgeschnittenen Grundstücke eine ordnungsgemäße Anbindung an das öffentliche Wegenetz erhalten, notfalls über die vorübergehende Einrichtung provisorischer Zufahrten (i.V.m. A.3.4.8 PFB S. 12). Eine vollständige und ersatzlose Betriebszufahrtsunterbrechung ist entgegen der klägerischen Darstellung somit nicht zu befürchten.
49
e) Sofern sich der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024 gegen die Planung der Verkehrsführung während der Bauphase richtet, ist dieses Vorbringen verspätet (§ 17e Abs. 5 FStrG a.F., § 17e Abs. 3 FStrG n.F.) und überdies unsubstantiiert. Aus seinen Ausführungen zu der vom Beklagten vorgelegten Studie zum Bauablauf geht nicht hervor, welche konkreten Verschlechterungen er bei seinem Betrieb durch die bauzeitliche Verkehrsführung befürchtet. Soweit der Kläger eine monatelange Blockade seiner Grundstückszufahrt aufgrund einer vollständigen Sperrung der M …straße über einen Zeitraum von 1,5 Jahren geltend macht, ist aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Plan zum Bauabschnitt 2 eine derartige Vollsperrung nicht ersichtlich (vgl. eGerichtsakte S. 263). Auch wird während der gesamten Bauzeit eine ordnungsgemäße Anbindung des klägerischen Grundstücks an das öffentliche Wegenetz sichergestellt (vgl. Rn. 48).
50
Unabhängig davon besteht keine Verpflichtung, einen konkreten Bauablaufplan mit einem detaillierten Konzept zur Verkehrsführung während der Bauphase schon mit den Planunterlagen vorzulegen. Ein Verkehrskonzept kann im Detail erst erarbeitet werden, wenn nach Ausschreibung und Auftragsvergabe die Ausführungsplanung vorliegt. Diese muss ein Vorhabenträger jedoch grundsätzlich erst erstellen, wenn der Planfeststellungsbeschluss erlassen ist, da er mit diesem eine gesicherte Rechtsposition erlangt (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 = juris Rn. 29; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 42; U.v. 15.10.2020 – 7 A 9.19 – NVwZ 2021, 1145 = juris Rn. 97). Unabhängig davon ist es erforderlich, in den Planunterlagen Angaben auch zu den Beeinträchtigungen in der Bauphase zu machen. Sie müssen so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde aus ihnen ersehen kann, ob die bei Durchführung des Plans aufgeworfenen Probleme der Ausführungsplanung überlassen bleiben können oder bereits im Planfeststellungsbeschluss Regelungen zur Bauausführung getroffen werden müssen, weil in der Bauphase abwägungserhebliche Belange beeinträchtigt werden (BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 = juris Rn. 27; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 42). Diesem Gebot der Konfliktbewältigung wird der Lageplan zum Bauablauf gerecht (vgl. Planunterlage 16.3 T). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über die konkrete Verkehrsführung abwägungsrelevante Fragen etwa eines bisher nicht geregelten Grunderwerbs oder eines nicht mehr zumutbaren Ausmaßes an Verkehrsimmissionen aufwirft. Die während des Gerichtsverfahrens vorgelegte Studie zum Bauablauf in Form eines Arbeitsplans (Stand 19.1.2024) zeigt dies ebenfalls und erfordert auch deshalb keine Planergänzung, weil sie nur ein mögliches Verkehrskonzept und keine endgültige Planung darstellt. Aus dem Arbeitsplan ergibt sich zudem, dass die Anbindung der in Frage stehenden Grundstücke an das öffentliche Verkehrsnetz jedenfalls möglich ist und die Frage der Erreichbarkeit der Grundstücke in der Ausführungsplanung lösbar ist. Für die Ausarbeitung der Details der klein- und großräumigen Verkehrsführung während der Bauzeit sieht der Planfeststellungsbeschluss zudem im Rahmen der Ausführungsplanung eine Verkehrsbesprechung unter Beteiligung der Stadt, der Polizei und der Feuerwehr vor (vgl. A.3.7 PFB S. 15).
51
5. In Bezug auf seinen Einwand, dass die Hofstelle durch die Heranverlegung der B …-Straße stärker als bisher durch
„Emissionen“ belastet wird, hat der Kläger nicht aufgezeigt, auf welche veränderten Emissionsquellen er dies konkret zurückführt. Bereits derzeit verläuft die B 304 nördlich der Hofstelle mit den vom Kläger aufgeführten Gas-, Lärm- und/oder Staub- und sonstigen Immissionen. Er setzt sich in diesem Zusammenhang nicht auseinander mit den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses, wonach die Hofstelle in einem Bereich liegt, in welchem die B 304 nach Umsetzung des Vorhabens in Tunnel- und Troglage geführt wird. Nach der schalltechnischen Untersuchung folgen daraus deutliche Pegelminderungen an der bisherigen Ortsdurchfahrt (vgl. Planunterlage 17.1 T S. 23). Beim klägerischen Anwesen bedeutet dies eine Entlastung von -6 bis -7,9 dB(A), so dass sich die Lärmsituation an der Hofstelle durch das Vorhaben insgesamt verbessert (vgl. PFB S. 78, Planunterlage 17.1 T Anlagen 3 und 5). Die Planfeststellungsbehörde räumt zwar ein, dass sich nach ihrer Verlegung die B …-Straße der Hofstelle annähert. Eine Verschlechterung der Immissionen kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden, da die Straße nur den innerörtlichen Verkehr führt und der maßgebliche Durchgangsverkehr auf der B 304 in Tieflage verläuft. Insofern sind nach Einschätzung der Planfeststellungsbehörde auch die auf den Betriebsflächen produzierten Futtermittel nach wie vor zur Fütterung der Milchkühe geeignet (vgl. PFB S. 78).
52
6. Die Rüge des Klägers, wonach das Abwägungsgebot verletzt sei, weil bei einer Grobanalyse in Betracht kommende Trassenalternativen nicht in die ausgelegte Planung eingearbeitet worden seien, ist unsubstantiiert. Es wurde weder aufgezeigt, welche konkrete Alternativtrasse neben den im Planfeststellungsbeschluss dargestellten Planungsvarianten (vgl. PFB S. 26 ff.) im Vorfeld hätte betrachtet werden müssen, noch erläutert, inwiefern diese nach einer Grobanalyse eine detaillierte Untersuchung erfordert hätte. Unabhängig davon muss die Planfeststellungsbehörde bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials zwar alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einstellen. Sie braucht den Sachverhalt allerdings nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 Rn. 75; U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 Rn. 77).
53
a) Die vom Kläger präferierte Verlängerung des geplanten Tunnels um etwa 110 m wäre mit Mehrkosten von rund 3,6 Millionen € verbunden. Diese Kosten stehen nach plausibler Einschätzung der Planfeststellungsbehörde außer Verhältnis zu dem zu erzielenden Nutzen, da der Tunnel weder aus Gründen des Immissionsschutzes noch aus sonstigen technischen Gründen erforderlich ist (vgl. PFB S. 61).
54
b) Soweit der Kläger eine alternative Bauausführung des 130 m langen Tunnels in Schlitzwand-Deckelbauweise anstelle einer offenen Trogbauweise fordert, ist dieser Einwand unberechtigt, da die Deckelbauweise bereits Gegenstand der streitgegenständlichen Planung ist (vgl. Erläuterungsbericht Planunterlage 1 T2, S. 43 f.).
55
7. Die Feststellung des Klägers, dass Zusagen zwar wörtlich im Planfeststellungsbeschluss enthalten seien, nicht aber im Bauwerksverzeichnis, im Bauwerksplan und im Grunderwerbsplan, kann die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht in Frage stellen, da der Vorhabenträger diese Zusagen ebenso wie die anderen Nebenbestimmungen als verbindliche Vorgaben in der Ausführungsplanung umzusetzen hat (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 177 = juris Rn. 113). Die vereinbarte höhengleiche Querungsmöglichkeit über die Direktrampe zur östlichen Restfläche der FlNr. 13... (vgl. A.6.1.3 PFB S. 17) wurde nicht in die Pläne eingezeichnet, weil die Lage und Anordnung im Rahmen der Ausführungsplanung mit dem Kläger abgestimmt werden soll (vgl. PFB S. 82).
56
Die Zusage der Beweissicherung für die betroffenen Gebäude und Anlagen ist entgegen dem klägerischen Vortrag sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch vom Umfang her hinreichend bestimmt und geeignet, den angestrebten Beweissicherungszweck zu erfüllen. Hinsichtlich des Zeitpunkts legt der Planfeststellungsbeschluss unter A.3.3.6 fest, dass die Beweissicherung vor Beginn der Baumaßnahmen zu erfolgen hat (PFB S. 10, S. 80); weshalb dies ungenügend sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht.
57
III. Da entgegen dem klägerischen Vorbringen ein erheblicher Abwägungsmangel nicht vorliegt und der angefochtene Planfeststellungsbeschluss insofern rechtmäßig ist, ist der Kläger nicht in seinen Rechten, insbesondere nicht in seinen Grundrechten aus Art. 6 GG, Art. 12 GG, Art. 13 GG und Art. 14 GG verletzt.
58
Die weiteren Hilfsanträge (IV) haben ebenfalls keinen Erfolg, da der Kläger keinen Anspruch auf Planergänzung hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
59
Die auf die Einholung eines Betriebsgutachtens sowie auf eine Ersatzlandstellung bzw. Zurverfügungstellung von Futtermitteln gerichteten Hilfsanträge (IV Nr. 1 bis 3) sind aus den bereits ausgeführten Gründen (vgl. Rn. 35 ff.) unbegründet.
60
Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2024 in geeigneter Form Abhilfe in Bezug auf die Gülleausbringungsflächenverluste während der Bauzeit verlangt, ist dieses Vorbringen prozessual präkludiert, da es nicht innerhalb der Frist des § 17e Abs. 5 FStrG a.F. (entspricht § 17e Abs. 3 FStrG n.F.) vorgebracht wurde und eine genügende Entschuldigung nicht ersichtlich ist. Zudem ist der Vortrag nicht ausreichend substantiiert, da unklar bleibt, in welchem Umfang Probleme bei der Gülleentsorgung während der Bauzeit entstehen.
61
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Soweit das Verfahren nach einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses eingestellt wird, entspricht es der Billigkeit, dem Kläger gemäß § 161 Abs. 2 VwGO die Kosten aufzuerlegen. Zwar hat grundsätzlich derjenige Beteiligte die Verfahrenskosten zu tragen, der die Erledigung des Verfahrens aus eigenem Willensentschluss herbeigeführt und sich dadurch freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat (vgl. BVerwG, B.v. 3.4.2017 – 1 C 9.16 – NVwZ 2017, 1207 = juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 11.7.2024 – 9 C 5.23 – NVwZ-RR 2024, 796 = juris Rn. 9). Allerdings ist vorliegend das diesbezügliche Unterliegen des Beklagten als gering anzusehen.
62
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
63
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.