Titel:
Normenkontrolle gegen Planfeststellungsbeschluss für Bundesstraße B304
Normenketten:
FStrG § 17
VwVfG § 73, § 74
Leitsätze:
1. Die Auslegung von Planunterlagen muss nicht alle Unterlagen umfassen. Sie kann sich auf die Unterlagen beschränken, die der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abzuschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials muss die Planfeststellungsbehörde alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einstellen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange grundsätzlich auseinandersetzen muss. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Planfeststellung, Beseitigung eines Bahnübergangs auf einer Bundesstraße, Existenzgefährdung einer Gärtnerei mit Hofladen, Planfeststellungsbeschluss, Immissionen, Normenkontrolle, Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe, Planrechtfertigung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 43152
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens im Verhältnis ihrer Anteile am Gesamtstreitwert.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2022 für die Bundesstraße B 304 München – Wasserburg a. Inn, mit dem der Bahnübergang Reitmehring beseitigt und die B 304 anschließend tiefergelegt werden soll.
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Die Bundesstraße B 304 verläuft von München über Wasserburg a. Inn und Traunstein bis zur Landesgrenze nach Österreich. Bislang kreuzt die B 304 am Ortseingang von Reitmehring höhengleich den beschrankten Bahnübergang, der sich südlich des Bahnhofs Wasserburg a. Inn/Reitmehring befindet. Im Anschluss verläuft die B 304 durch die Ortslage von Reitmehring und am östlichen Ortsende über die B 15, sodass Fahrzeuge mit Zielrichtung Rosenheim nach der Abfahrt von der B 304 zunächst nach links auf die Münchner Straße abbiegen und dann als Linksabbieger auf die B 15 Richtung Süden auffahren müssen.
3
Gegenstand des Vorhabens ist die Errichtung eines Bauwerks südlich des bestehenden Bahnübergangs mit einer Brücke über die Bahngleise und einer daran anschließenden Tieflage der B 304 in einem Tunnel- und Trogbauwerk durch die Ortslage bis ungefähr zur B. -Straße, von wo aus die B 304 im Bestand weitergeführt wird. Die innerörtlichen Straßen (Meggle straße, Bahnhof straße, Z. weg und B. -Straße), bei denen die Tieflage der Bundesstraße die bestehenden Einmündungen in die B 304 unterbricht, werden über ein teilplanfreies Rampensystem und einen Kreisverkehrsplatz an die neue B 304 angeschlossen. Zur B 15 in Fahrtrichtung Rosenheim wird am Ortsende eine Direktrampe errichtet. Der bestehende beschrankte Bahnübergang wird rückgebaut.
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Die Planung sieht die dauerhafte sowie vorübergehende Inanspruchnahme von Flächen vor, die im Eigentum der Klägerin zu 1 stehen. Insgesamt gehören zu ihrem Eigentum 22,88 ha land- und forstwirtschaftliche Flächen, die sie größtenteils verpachtet hat. Auf dem nördlich der B 304 liegenden Grundstück FlNr. 93* der Gemarkung A. befindet sich die seit dem Jahr 1751 in Familienbesitz stehende landwirtschaftliche Hofstelle. Auf diesem Grundstück betreibt ihr Ehemann, der Kläger zu 2, einen Vollerwerbsgärtnereibetrieb mit einem Hofladen. Der Gärtnereibetrieb erzeugt über 50 verschiedene Gemüsearten und baut auf von der Klägerin zu 1 gepachteten Betriebsflächen Weizen, Roggen und Kleegras an. Zudem werden auf der Hofstelle etwa 25 Hühner und 5 Enten gehalten.
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Am 8. August 2022 haben die Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben. Sowohl der Verpachtungsbetrieb der Klägerin zu 1 als auch der Gärtnereibetrieb des Klägers zu 2 seien in ihrer Existenz gefährdet, weil der Eigentums- und Betriebsflächenverlust bei weit über 5% liege. Hinzukomme, dass während der Bauzeit alle Zufahrten zum Hofgrundstück unzugänglich seien und der Hofladen damit über drei Jahre für Kunden faktisch nicht erreichbar sei. Der Planfeststellungsbeschluss sei abwägungsfehlerhaft, weil ein beantragtes Sachverständigengutachten für die real schon während der Bauzeit zu erwartende Betriebsunterbrechung und Existenzgefährdung der Gärtnerei nicht eingeholt worden sei. Zudem führe die Beseitigung der südlichen Grenzbepflanzung zu dauernden Schäden, da ihr neben dem ökologischen auch ein immissionsschutztechnischer Wert zukomme als Abschirmung gegen den aktuellen Lärm und die Immissionen von der B 304. Die Bedeutung und Erhaltung der Schutzbepflanzung für den Produktions- und Direktvermarktungsbetrieb sei nicht ermittelt worden. Alternativplanungen wie ein kleinerer und geschlossener Kreisel und einer Verlängerung des Tunnelbauwerks nach Osten könnten hinsichtlich der Eingriffe in die wichtigen Produktionsflächen am Hof Entlastung bringen, seien in der Abwägung jedoch nicht berücksichtigt worden.
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I. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring, Az. 4354.32_02-16-2, vom 30. Juni 2022 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024, 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen wird aufgehoben.
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II. Hilfsweise zu Ziff. I:
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Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring, Az. 4354.32_02-16-2, vom 30. Juni 2022 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024, 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen wird bezüglich der Planung, den Eingriff in die FlNr. 98*/3, 93* und in die FlNr. 100*, 10**, 10**, 10**, 139* (Hofstelle, Gärtnerei mit Hofladen und baubedingter Betriebsund Eigentumseingriffe ab Beginn der Baumaßnahme) aufgehoben.
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III. Hilfsweise zu II:
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Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring, Az. 4354.32_02-16-2, vom 30. Juni 2022 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024, 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen ist rechtswidrig und nicht vollziehbar.
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IV. Hilfsweise zu III:
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Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern für den Ausbau der B 304 Wasserburg-Reitmehring, Beseitigung des Bahnübergangs Reitmehring, Az. 4354.32_02-16-2, vom 30. Juni 2022 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024, 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen ist bezüglich der Planung, den Eingriff in die Hofstelle mit FlNr. 139*, wegen des Eingriffs in die hofnahen Betriebsgrundstücke FlNr. 98*/3, 93* (Hofstelle, Gärtnerei) und wegen des Eingriffs in die weiteren Betriebsflächen FlNr. 100*, 10**, 10**, 10** rechtswidrig und nicht vollziehbar.
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V. Hilfsweise zu Ziff. I-IV werden folgende Verpflichtungsanträge gestellt:
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1. Der Beklagte wird verpflichtet, in den verfahrensgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juni 2022 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024, 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen zu Lasten des Antragsstellers und Baulastträgers (Bundesrepublik Deutschland) in Abschnitt A Ziff. 6, Entscheidungen über Einwendungen, die Auflage aufzunehmen, dass die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet wird, zugunsten der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 unverzüglich, hilfsweise datumsgemäß bestimmt, mindestens 1 Jahr vor Baubeginn, eine umfassende Grundstücks- und Gärtnereibetriebsbeweissicherung und ein Gärtnerei-Betriebsunterbrechungsgutachten in jeder Hinsicht vollständig, betriebstechnisch und betriebswirtschaftlich, mit allen zu Eigentum und Gärtnereibetrieb gehörenden Grundstücken (FlNr. 139*, 93*, 98*/3 100*, 1**5, 1**6, 108*) sofort und auf Kosten der Bundesrepublik Deutschland in Auftrag zu geben. Der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 ist ein Mitspracherecht (im Sinne eines Einvernehmens) bei der Auswahl des oder der Sachverständigen einzuräumen. Die technische und betriebswirtschaftliche Beweissicherung ist den Klägern zu 1 und 2 kostenfrei auszuhändigen.
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2. Der Beklagte wird verpflichtet, in den verfahrensgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juni 2022 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024, 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen zu Lasten des Antragsstellers und Baulastträgers (Bundesrepublik Deutschland) in Abschnitt A Ziff. 6, Entscheidungen über Einwendungen, die weitere Auflage aufzunehmen, dass die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet wird, zugunsten der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 auch während der Bauzeit die jederzeitige gefahrenfreie und immissionsfreie Zugänglichkeit des Gärtnereibetriebsgrundstücks und des Hofladens für Kunden im Bereich des Gärtnereibetriebs auf FlNr. 93*, 98**3 von Nordwesten (Z. weg) und von Südwesten (B. Straße) her sicherzustellen und eine Zugänglichkeitsbeschilderung zu ermöglichen. Die Wasserversorgung und sonstige Infrastruktureinrichtungen (Strom, digitale Versorgung, Abwasser u.a. lt. Beweissicherung) für den Gärtnereibetreib auf FlNr. 139*, 93*, 98*/3 dürfen nicht länger als 2 Stunden unterbrochen werden.
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3. Der Beklagte wird verpflichtet, in den verfahrensgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juni 2022 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024, 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen zu Lasten des Antragsstellers und Baulastträgers (Bundesrepublik Deutschland) in Abschnitt A Ziff. 6, Entscheidungen über Einwendungen, die weitere Auflage aufzunehmen, dass die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet wird, zugunsten der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 durch geeignete Maßnahmen während der Bauzeit sicherzustellen, dass auf FlNr. 139*, 93*, 98*/3 die Kleintierhaltung (Hühner, Gänse, Hasen usw.) auf dem Gärtnereibetrieb auch während der Bauarbeiten sicher und immer eingezäunt und gegen den unbefugten Zutritt durch Dritte geschützt möglich ist.
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4. Der Beklagte wird verpflichtet, in den verfahrensgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juni 2022 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024, 9. April 2024 und 22. Oktober 2024 zu Protokoll erklärten Ergänzungen zu Lasten des Antragsstellers und Baulastträgers (Bundesrepublik Deutschland) in Abschnitt A Ziff. 6, Entscheidungen über Einwendungen, die weitere Auflage gemäß § 74 Abs. 2 VwVfG (Art. 74 Abs. 2 BayVwVfG) aufzunehmen, dass die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet wird, zugunsten der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 eine Entschädigung für mittelbar auftretende Eigentums- und Betriebs-Nachteile bei FlNr. 139*, 93*, 98*/3 100*, 1**5, 1**6, 108* durch den Vollzug der Planfeststellung zu leisten hat.
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Der Beklagte verteidigt den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juni 2022, den er in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2024 und vom 22. Oktober 2024 durch mehrere Protokollerklärungen ergänzt hat. Er beantragt,
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Der Senat hat am 30. September 2024 in diesem und in weiteren Verfahren die Örtlichkeiten in Augenschein genommen. Auf den Inhalt des hierüber gefertigten Protokolls und die gefertigten Lichtbilder wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist weder im Haupt- noch in den Hilfsanträgen begründet.
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Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Dies folgt für die Klägerin zu 1 schon daraus, dass sie Eigentümerin von Grundstücken ist, welche für das Vorhaben in Anspruch genommen werden und auf die sich daher gemäß § 19 FStrG die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses erstreckt (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 16). Dem Kläger zu 2 steht – wie den im Laufe des Gerichtsverfahrens vorgelegten Unterlagen zu entnehmen ist – als Pächter von durch das Vorhaben teils dauerhaft, teils vorübergehend beanspruchter Grundstücke ebenfalls ein von Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Besitzrecht zu (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.1997 – 4 A 36.96 – BVerwGE 105, 178 = juris Rn. 25 ff.; U.v. 14.11.2012 – 9 C 14.11 – BVerwGE 145, 96 Rn. 10 ff; U.v. 16.3.2021 – 4 A 12.19 – juris Rn. 17; U.v. 4.7.2023 – 9 A 5.22 – juris Rn. 13).
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Die Klage hat im Hauptantrag (Ziffer I) sowie in ihren Hilfsanträgen (Ziffer II bis IV) auf (Teil-)Aufhebung bzw. (teilweiser) Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Juni 2022 in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen (im Folgenden: PFB) keinen Erfolg. Die Kläger haben keinen Rechtsfehler aufgezeigt, der zu seiner vollständigen oder teilweisen Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25
Die Klägerin zu 1 ist hinsichtlich der planfestgestellten Straßenbaumaßnahme enteignungsbetroffen, sodass ihr ein Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch) zusteht, soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme ihres Grundstücks kausal ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 Rn. 24; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 26 ff.). Dasselbe gilt für den Kläger zu 2 als Pächter von für das Vorhaben benötigter Grundstücke (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.1997 – 4 A 36.96 – BVerwGE 105, 178 = juris Rn. 25 ff.; U.v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649 Rn. 13).
26
Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Juni 2022 (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 Rn. 21; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 14). Werden danach wie im vorliegenden Fall durch Protokollerklärungen nur punktuelle Planergänzungen vorgenommen mit der Folge, dass der festgestellte Plan und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Panfeststellungsbeschluss in der durch die Änderungen erreichten Gestalt verschmelzen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 5.08 – BVerwGE 136, 291 Rn. 29; U.v. 27.6.2019 – 7 C 22.17 – NuR 2019, 846 = juris Rn. 14 m.w.N.; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – NuR 2020, 709 = juris Rn. 34). Dies hat zur Folge, dass vorliegend die Regelungen der §§ 17 ff. FStrG in der vor dem Änderungsgesetz vom 22. Dezember 2023 (BGBl. I S. 36) geltenden Fassung (Im Folgenden: FStrG a.F.) Anwendung finden.
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I.Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor.
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1. Dem Planfeststellungsbeschluss liegt ein wirksamer Antrag des für das Vorhaben zuständigen Vorhabenträgers auf Einleitung des Verfahrens zugrunde (vgl. Art. 22 Satz 2, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG; zur Anwendbarkeit der landesrechtlichen Verfahrensvorschriften vgl. BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – BayVBl 2019, 843 = juris Rn. 31). Wer Vorhabenträger sein kann, ist mit Blick auf das jeweilige fachplanerische Regelungssystem zu bestimmen (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2007 – 9 VR 19.07 – Buchholz 442.09 § 18e AEG Nr. 1 = juris Rn. 6; U.v. 27.1.2011 – 7 A 18.10 – juris Rn. 12). Nach den für das Fernstraßenrecht geltenden Vorschriften ist dies als Träger der Straßenbaulast die Bundesrepublik Deutschland, die bei der Planung im Zeitpunkt des Planerlasses vom Staatlichen Bauamt Rosenheim vertreten wurde (§ 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG, Art. 90 Abs. 3 GG; PFB S. 18).
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Der Planfeststellungsbeschluss erweist sich in diesem Punkt nicht als zu unbestimmt. Die von den Klägern in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage der Kostentragung nach dem Eisenbahnkreuzungsrecht (EBKrG) hat keinen Einfluss auf die Vorhabenträgerschaft. Unabhängig davon ergibt sich die Kostentragung aus dem Regelungsverzeichnis. Danach werden die Kosten für die Beseitigung des Bahnüberganges nach § 13 EKrG zwischen dem Straßenbaulastträger, der DB Regio Netz Infrastruktur GmbH – Südostbayernbahn und der Bundesrepublik Deutschland gedrittelt (vgl. Planunterlage 11 T2 S. 1, 9).
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2. Der Auslegung lagen keine unvollständigen Unterlagen zugrunde.
31
Nach § 17a FStrG a.F. i.V.m. Art. 73 Abs. 1 und 2 BayVwVfG muss die Auslegung nicht alle Planunterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind. Sie kann sich vielmehr auf die Unterlagen beschränken, die der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abzuschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (Anstoßwirkung). Welche Unterlagen hierzu gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Unterlagen sind grundsätzlich dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen abwägungserhebliche Auswirkungen auf Belange potentiell Betroffener ergeben, diese also nur bei ihrer Kenntnis sachkundige Einwendungen erheben können. Ergänzt eine Unterlage dagegen nur ausgelegte Planungsunterlagen, muss sie nicht mit ausgelegt werden (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 Rn. 18, 23; U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 Rn. 32).
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a) Ausgehend von diesen Grundsätzen musste die Bauträgervereinbarung nicht ausgelegt werden. Die von der Klägerseite im Bauträgervertrag vermuteten Informationen über die Arbeitsteilung, Zuständigkeit und Kostenbeteiligung sind in diesem Sinne nicht planfeststellungsrelevant. Entsprechendes gilt für die aus Klägersicht klärungsbedürftige Frage, wer sie enteignen darf, da die Frage des Enteignungsberechtigten allein das Entschädigungsverfahren (Art. 9, 10 BayEG) betrifft und keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses hat. Eine Vorlage des Bauträgervertrags war daher auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht nach § 99 Abs. 1 VwGO veranlasst. Im Übrigen ist aus Spalte 13 des Grunderwerbsverzeichnisses (Planunterlage 10.2 T2) ablesbar, für wen der Grunderwerb der aufgeführten Fläche erfolgt. Dies ist entgegen dem Einwand der Kläger hinreichend bestimmt und nachvollziehbar. Dem Planfeststellungsbeschluss ist zudem zu entnehmen, dass sowohl bei der Beigeladenen als auch bei der Regierung und beim Staatlichen Bauamt ein nicht anonymisiertes Grunderwerbsverzeichnis auslag. Durch Anfrage bei einer dieser Stellen war es allen Bürgern auf einfachem Weg möglich, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem Umfang sie grundbetroffen sind (vgl. PFB S. 69).
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b) Eine Auslegung des Auftrags- und Kostenteilungsvertrags war mangels Anstoßwirkung ebenfalls nicht erforderlich. Die Kläger konnten ohne diesen Vertrag erkennen, dass die Planung ihre Interessen berührt, zumal sich die Kostentragung aus dem ausgelegten Regelungsverzeichnung ergibt (vgl. Planunterlage 11 T2 S. 9).
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c) Entgegen der Auffassung der Kläger gehören Betriebsunterbrechungsgutachten nicht zu den auslegungsbedürftigen Unterlagen. Denn auch ohne solche Gutachten, die zudem schutzwürdige Daten zur speziellen betrieblichen Situation enthalten, ist es dem Einzelnen möglich, den Grad seiner Beeinträchtigung durch ein Vorhaben abzuschätzen.
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II.Die Kläger können sich nicht mit Erfolg auf einen materiellen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung der Protokollerklärungen berufen.
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1. Die Planrechtfertigung scheitert nicht an einer fehlenden Finanzierbarkeit.
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Die Art der Finanzierung eines Straßenbauvorhabens ist nicht Regelungsgegenstand des Planfeststellungsbeschlusses, sondern eine finanz- und haushaltspolitische Entscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555 = juris Rn. 43). Den Mangel der Finanzierbarkeit eines Vorhabens darf die Planungsbehörde dennoch nicht ignorieren. Denn einer aus finanziellen Gründen nicht realisierbaren Planung fehlt die Planrechtfertigung, weil sie nicht vernünftigerweise geboten ist. Die Planfeststellungsbehörde hat deshalb vorausschauend zu beurteilen, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen (stRspr, BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 6.19 – BVerwGE 170, 266 Rn. 15 m.w.N.). Für derartige unüberwindbare finanzielle Hürden fehlt es an konkreten Anhaltspunkten. Die pauschale Behauptung, es gebe allgemein bekannte unüberwindbare Finanzierungsprobleme bei der Bahn, kann ebenso wenig Zweifel an der Finanzierbarkeit hervorrufen wie der Hinweis auf eine fehlende Förderfähigkeit des Vorhabens durch öffentliche Zuwendungsgeber.
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2. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss genügt dem fachplanerischen Abwägungsgebot.
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Bei der Planfeststellung einer Bundesfern straße sind gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG a.F. (entspricht § 17 Abs. 1 Satz 6 FStrG n.F.) die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das fachplanerische Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – UPR 2023, 103 = juris Rn. 152; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 Rn. 200). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 14.2.1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56 = juris Rn. 37; U.v. 1.9.2022 – 7 A 7.21 – VRS 143, 200 = juris Rn. 15). Diese Maßstäbe wurden vorliegend eingehalten.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss weist hinsichtlich der Wahl und Ausgestaltung der Plantrasse als Brückenbauwerk mit sich anschließendem Tunnel- und Trogbauwerk keinen Abwägungsfehler auf.
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Die Auswahl unter verschiedenen Trassenvarianten ist abgesehen von rechtlich zwingenden Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials muss die Planfeststellungsbehörde alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einstellen. Sie braucht den Sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich die Vorzugswürdigkeit einer Trasse dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse, so muss sie die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen detaillierter untersuchen und vergleichen (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 Rn. 75; U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 Rn. 77). Die Planfeststellungsbehörde handelt aber nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Vielmehr sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2017 – 4 A 18.16 – NVwZ 2018, 332 = juris Rn. 25; U.v. 30.11.2020 – 9 A 5.20 – BVerwGE 170, 378 Rn. 39; U.v. 10.4.2024 – 11 A 4.23 – juris Rn. 41).
42
Ausgehend davon ist die gewählte Trassenvariante nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörde hat die ihr zustehende planerische Gestaltungsfreiheit nicht überschritten.
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aa) Im Planfeststellungsbeschluss befasst sich die Planfeststellungsbehörde mit dem von den Klägern bevorzugten Verlauf des planfestgestellten Vorhabens auf der Bestandsachse der alten B 304 im Teilbereich von Baukm 0+100 bis 0+400 und kommt abwägungsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass der Eingriff in die Flächen südwestlich der B 304 unvermeidbar ist (vgl. PFB S. 63). Dem liegt die nachvollziehbare Erwägung zugrunde, dass der Verkehr auf der B 304 auf diese Weise möglichst lange während der Bauzeit aufrechterhalten werden kann und der Schienenverkehr möglichst wenig durch die Baustelle beeinträchtigt wird. Um einen geordneten Bauablauf des Brückenbaus zu ermöglichen, ist es erforderlich, das Brückenbauwerk südlich neben dem bestehenden Bahnübergang zu errichten. Damit entsteht an dieser Stelle ein Zwangspunkt in der Trassierung, der zu einer Verschwenkung der Trasse nach dem Bauanfang nach Süden und einer Inanspruchnahme der klägerischen Flächen führt (vgl. PFB S. 63 f.).
44
Die Klägerseite setzt sich mit diesen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses nicht auseinander, sondern wiederholt nur die Einwände aus dem Planfeststellungsverfahren. § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG a.F. (entspricht § 17 Abs. 3 FStrG) erfordert jedoch, dass sich die Kläger in der fristgerecht vorzulegenden Klagebegründung mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss substantiiert auseinandersetzen; eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren wörtliche Wiederholung in der Klagebegründung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt diesen Begründungsanforderungen nicht. Denn Gegenstand der Klage sind nicht die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Einwände, sondern der Planfeststellungsbeschluss (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 4 A 16.16 – DVBl 2017, 1039 = juris Leitsatz und Rn. 37; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 89; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 Rn. 12 jeweils zu inhaltsgleichen Bestimmungen; vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2010 – 8 A 10.40011 – juris Rn. 18; U.v. 20.7.2023 – 8 A 20.40020 – juris Rn. 96).
45
Gleiches gilt für die Einwände der Kläger in Bezug auf die Zufahrt zum Versickerungsbecken auf FlNr. 100*, die Böschungsplanung bzw. den Damm ab Baukm 0+300, die schmalere Fahrbahnbreite und den vorgeschlagenen verkürzten Anstieg zur neuen Brücke mit alternativer Geh- und Radwegführung sowie die Linksabbiegerspur und das weiterhin mögliche Befahren der B 304 mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Auf diese Aspekte, die im Planfeststellungsbeschluss behandelt werden (vgl. PFB S. 62 ff.), geht die Klagebegründung nicht weiter ein.
46
bb) Die von der Klägerseite bevorzugte Alternative einer Verlängerung des Tunnelbauwerks nach Osten um etwa 110 m anstelle der dort geplanten Trogbauweise wurde ohne Abwägungsfehler nicht weiterverfolgt.
47
Die Planfeststellungsbehörde hat die Ablehnung dieser Variante darauf gestützt, dass nach Abschätzung des Staatlichen Bauamtes durch die Verlängerung Mehrkosten von rund 3,6 Millionen € entstünden. Diese Mehrkosten, die weder aus Gründen des Immissionsschutzes oder sonstigen technischen Gründen erforderlich sind, stehen nach Einschätzung der Planfeststellungsbehörde außer Verhältnis zu dem damit zu erzielenden Nutzen und sind daher wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen (vgl. PFB S. 61).
48
Mit dieser Argumentation des Planfeststellungsbeschlusses setzt sich die Klägerseite nicht substantiiert auseinander, sondern verlangt aufgrund der angezweifelten Höhe der geschätzten Kostensteigerung eine alternative Kosten-Nutzen-Berechnung inklusive volkswirtschaftlicher und sozialer Aspekte, wobei die in diesem Zusammenhang geltend gemachten negativen Folgen des Tunnel- und Trogbauwerks sich allein auf dessen zeitlich begrenzte Bauphase beziehen. Erhebliche Fehler bei der Kostenermittlung durch das Staatliche Bauamt werden dadurch nicht dargelegt. Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde sind berechtigt, ihrer Variantenprüfung Kostenschätzungen mit prognostischem Gehalt zu Grunde zu legen (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 144 f.; U.v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – juris Rn. 90; U.v. 24.11.2011 – 9 A 23.10 – juris Rn. 56; HessVGH, U.v. 9.7.2019 – 2 C 720/14.T – juris Rn. 132 ff.). Darüber hinaus gehört das Interesse an einer kostengünstigen Lösung zu den von dem Vorhaben berührten abwägungserheblichen öffentlichen Belangen, begründet im Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 der Bundeshaushaltsordnung. Dieses Kosteninteresse darf bei der Entscheidung für die eine oder andere Planungsvariante auch ausschlaggebend sein (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2005 – 4 A 4.04 – BVerwGE 123, 37 = juris Rn. 49; U.v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – BVerwGE 139, 150 Rn. 99; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 715; HessVGH, U.v. 9.7.2019 – 2 C 720/14.T – juris Rn. 132 ff.).
49
cc) Die geforderte kleinere Ausgestaltung des geplanten Kreisverkehrplatzes hat die Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerfrei verworfen.
50
Zum einen entspricht der Kreisverkehr mit einer Fahrbahnbreite von 7 m und einem Außendurchmesser von 35 m der kleinsten, nach den von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen erarbeiteten Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL, Ausgabe 2012, Nr. 6.4.12) zugelassenen Bauweise. Zum anderen sprechen Gründe der Verkehrssicherheit sowohl gegen einen Außendurchmesser von 22 m als auch gegen den Verzicht auf Fahrbahnteiler (vgl. PFB S. 60). Die Klägerseite hält diesen plausiblen Erwägungen nichts Substantielles entgegen. Die beim Kreisverkehr begehrte geschlossene Mittelinsel ist bereits in der 1. Tektur vom 27. März 2019 berücksichtigt worden.
51
dd) Die Bauausführung in bergmännischer Bauweise drängt sich nicht auf.
52
Die Planfeststellungsbehörde hat dargelegt, dass wegen der notwendigen Überdeckung bei der bergmännischen Bauweise ein Abstand von mindestens 16 m zwischen Gradiente und Geländeoberfläche eingehalten werden müsste anstelle der geplanten 7,4 m. Dieser Abstand sei mit den Zwangspunkten an der Brücke sowie am Bauanfang und Bauende nicht umsetzbar (PFB S. 65).
53
Die ebenfalls geforderte Ausführung des Tunnels in Deckelbauweise ist bereits Gegenstand der streitgegenständlichen Planung (vgl. Erläuterungsbericht Planunterlage 1 T2 S. 43).
54
b) Der Planfeststellungsbeschluss lässt keine fehlerhafte Abwägung der individuellen Belange der Kläger erkennen.
55
aa) Die Planfeststellungsbehörde ist abwägungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Klägerseite gerügte Grundinanspruchnahme durch das Verbleiben der Verpresskörper im Untergrund baulich unverzichtbar ist. Sie begründet dies damit, dass die Verpresskörper im Bereich des Trogbauwerks ab einer bestimmten Tiefe des Spundwandverbaus nötig sind, um die Spundwände rückzuverankern (vgl. PFB S. 65 f.). Damit haben sich die Kläger nicht weiter auseinandergesetzt. In Bezug auf die Ankerdienstbarkeiten hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2024 zugesagt, dass nach Abschluss der Baumaßnahmen eine Bewilligung in grundbuchmäßiger Form zur Löschung der Grunddienstbarkeit gemäß Grunderwerbsverzeichnis 1 Nr. 42.3 (Unterlage 10.2) auf Kosten des Vorhabenträgers erteilt wird, nachdem die Klägerin zu 1 den Vorhabenträger davon freigestellt hat, nach Abschluss der Baumaßnahmen die gekappten Rückanker und Verpresskörper aus dem Untergrund der FlNr. 93* zu entfernen.
56
bb) Ein Abwägungsmangel liegt auch nicht hinsichtlich der Auswirkungen des planfestgestellten Straßenbauvorhabens auf die wirtschaftlichen Belange der Kläger vor.
57
Es ist grundsätzlich Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sich in Ausübung der ihr übertragenen planerischen Gestaltungsfreiheit darüber schlüssig zu werden, ob und in welchem Umfang sie zur Verwirklichung eines von ihr für erforderlich gehaltenen planfeststellungsbedürftigen Vorhabens außer in öffentliche Belange auch in Rechte Dritter eingreifen will, und das Gewicht der mit diesen Eingriffen verbundenen Nachteile den mit dem Vorhaben verbundenen Vorteilen selbständig abwägend gegenüberzustellen. Hierbei muss sie bei Flächeninanspruchnahmen auch die Möglichkeit einer Existenzvernichtung oder -gefährdung vorhandener landwirtschaftlicher oder gewerblicher Betriebe und Unternehmungen in ihre Betrachtung und Abwägung einbeziehen (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 177 = juris Rn. 148; U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 28; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 Rn. 25; U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 Rn. 31). Wird die betriebliche Existenz weder vernichtet noch gefährdet, kann die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren verweisen (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 28; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 Rn. 25; U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 Rn. 31).
58
In Anwendung dieser Grundsätze sind die betroffenen Eigentumsbelange der Kläger in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.
59
(1) Von den 22,88 ha umfassenden Eigentumsflächen der Klägerin zu 1 werden aus verschiedenen Grundstücken insgesamt 8.951 m² dauerhaft und weitere 4.412 m² vorübergehend in Anspruch genommen (vgl. PFB S. 59).
60
Eine Existenzgefährdung der Klägerin zu 1 ist zu verneinen, da sie selbst keinen landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieb führt. Sie hat zwar nach eigenen Angaben im Jahr 1995 den Hof ihrer Eltern übernommen, führte deren landwirtschaftlichen Betrieb jedoch nicht weiter. Die Hofstelle sowie ein Teil der landwirtschaftlichen Flächen werden seitdem für den Gärtnereibetrieb des Klägers zu 2 genutzt. Soweit die Klägerin zu 1 sich auf die Beeinträchtigung eines von ihr geführten sogenannten „Verpachtungsbetriebs“ beruft, hat sie keine Pachtverträge oder sonstige Unterlagen für die geltend gemachte Bewirtschaftung der Flächen durch Verpachtung vorgelegt. Auch liegen sonst keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei dieser Art von Flächenbewirtschaftung um einen gewerblichen Betrieb handelt.
61
(2) In Bezug auf den Gärtnereibetrieb des Klägers zu 2 kann aus dem Flächenverlust ebenfalls keine Existenzgefährdung abgeleitet werden.
62
Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestgestellten Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, ist regelmäßig ein entsprechendes Existenzgefährdungsgutachten einzuholen, es sei denn, der Verlust an Eigentums- oder Pachtflächen bleibt in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 27; U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 Rn. 31 m.w.N.). Nach allgemeiner, durch Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden. Deshalb kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltwert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des in Rede stehenden Betriebs nicht eintritt (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 27; U.v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 – DVBl 2017, 1039 = juris Rn. 74).
63
Eine Existenzgefährdung ergibt sich vorliegend nicht aus einem Verlust von Eigentumsflächen, da die Gärtnereibetriebsflächen nicht im Eigentum des Klägers zu 2 stehen. Es ist auch nicht erkennbar, dass seine wirtschaftliche Existenz durch den Verlust von Pachtflächen bedroht wäre. Entsprechende Pachtvereinbarungen legte die Klägerseite während des Planfeststellungsverfahrens nicht vor. Es obliegt jedoch dem Betroffenen, der Planfeststellungsbehörde die Umstände seiner speziellen betrieblichen Situation zur Kenntnis zu bringen, die er im Planfeststellungsverfahren berücksichtigt wissen will (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 810). Es wurden zwar mehrere Grundstücke aufgeführt, die als Anbauflächen des nach eigenen Angaben insgesamt 8,4 ha bewirtschaftenden Gärtnereibetriebs genutzt werden, diesbezüglich bestehende Pachtverhältnisse wurden im Einzelnen jedoch nicht offengelegt. Der während des Gerichtsverfahrens vorgelegte, bis zum 31. Dezember 2009 laufende Einheitsvertrag für die Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebes vom 1. Januar 1995 nahm anderweitig verpachtete Flächen von der Verpachtung aus und gab als Gesamtpachtfläche 4,94 ha an, welche vor allem die Hoffläche und Hofanschlussfläche FlNr. 93* und 98*/3 umfasste.
64
Die Planfeststellungsbehörde ist deshalb zugunsten des Gärtnereibetriebs von einer Verpachtung unter Eheleuten im Umfang von 8,4 ha und einem vorhabenbedingten Flächenverlust der selbst bewirtschafteten Grundstücke FlNr. 93* und 98*/3 ausgegangen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, bedeutet aber einen dauerhaften Betriebsflächenverlust von lediglich 1.322 m², was etwa 1,57% der angegebenen Betriebsfläche entspricht (vgl. PFB S. 59). Der Flächenentzug liegt damit deutlich unter dem Schwellenwert von 5%. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Betroffenheit des Klägers zu 2 in diesem Umfang erkannt und ist zutreffend ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens von der Existenzfähigkeit des Gärtnereibetriebs ausgegangen. Welche Anforderungen an die Fachkompetenz eines Gutachters zu stellen sind, ist insofern ohne Belang.
65
Weitere Flächenverluste sind beim Gärtnereibetrieb nicht berücksichtigt worden, da diese Verluste auf Flächen entfallen, die nach Kenntnis der Planfeststellungsbehörde von der Klägerin zu 1 anderweitig verpachtet sind (vgl. PFB S. 59).
66
Die von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2024 vorgelegte Flächenaufstellung (2022) führt zu keinem anderen Ergebnis. Aus ihr ergibt sich, dass der Kläger zu 2 von seiner Ehefrau Flächen in einem Umfang von insgesamt 12,3743 ha gepachtet hat und für den Gärtnereibetrieb Flächen von insgesamt 9,064 ha nutzt. Selbst bei zusätzlicher Berücksichtigung des Flächenverlustes von 0,4719 ha bei den vom Kläger zu 2 als gepachtet aufgelisteten Grundstücken FlNr. 1**5 und 1**6, die dieser nach eigenen Angaben im 2-jährigen Flächenwechsel bewirtschaftet, verbleiben dem Gärtnereibetrieb Anbauflächen im Umfang von 8,4599 ha in Bezug auf die von der Klägerseite angegebenen Gärtnereinutzflächen von 9,064 ha bzw. 11,7702 ha im Verhältnis zur Gesamtpachtfläche von 12,3743 ha. Dem Gärtnereibetrieb stehen insofern weiterhin Anbauflächen in einem Ausmaß von über 8,4 ha zur Verfügung. Hinzukommt, dass nach der Aufstellung des Klägers zu 2 jeweils nur Teilflächen der Grundstücke FlNr. 1**5 und 1**6 als Anbauflächen der Gärtnerei genutzt werden (0,1615 ha bei FlNr. 1**5; 0,0385 ha bei FlNr. 1**6). Bei Betrachtung der nach dem vorhabenbedingten Flächenverlust entstehenden Restflächen (Restfläche von 0,4170 ha bei FlNr. 1**5; Restfläche von 1,8915 ha bei FlNr. 1**6) sind die verbleibenden Flächen so groß, dass sie vom Gärtnereibetrieb im bisherigen Umfang weitergenutzt werden können.
67
In die Abwägung der Planfeststellungsbehörde ist darüber hinaus eingeflossen, dass die Klägerseite auch nach Realisierung des Vorhabens noch über Flächen im Umfang von ca. 3,5 ha verfügt, die nicht selbst genutzt werden, sondern anderweitig verpachtet sind. Aus der von der Klägerseite übergebenen Aufstellung der Pachtflächen 2022 ergeben sich sogar insgesamt über 4,5 ha. Zur Erhaltung der Existenzfähigkeit des Betriebes ist es dabei entsprechend den Ausführungen der Planfeststellungsbehörde zumutbar, die Pachtverträge für einen Teil der Flächen zu kündigen, auch wenn dadurch Pachteinnahmen verloren gehen. So kann der vorhabenbedingte Flächenverlust abgefedert werden und die Klägerin zu 1 verfügt noch über mindestens 2 ha verpachteter Flächen (vgl. PFB S. 59).
68
(3) Den wirtschaftlichen Belangen der von den Klägern betriebenen Direktvermarktung über den ganzjährig geöffneten Hofladen trägt der Planfeststellungsbeschluss in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung.
69
In den Hofladen selbst wird im Zuge des Planvorhabens nicht unmittelbar eingegriffen. Die Planfeststellungsbehörde weist zurecht darauf hin, dass entgegen den klägerischen Befürchtungen die Hofstelle und der Hofladen auch während der Bauzeit erreichbar sein werden. Dies kommt auch in der Nebenbestimmung A.3.4.8 (vgl. PFB S. 12) und der Protokollerklärung des Beklagten vom 9. April 2024 zum Ausdruck, wonach während der Bauzeit sichergestellt wird, dass alle vom Straßenbau berührten und von ihren bisherigen Zufahrten abgeschnittenen Grundstücke eine ordnungsgemäße Anbindung an das öffentliche Wegenetz erhalten, notfalls über die vorübergehende Einrichtung provisorischer Zufahrten. Die Planfeststellungsbehörde hat erkannt, dass bauzeitliche Einschränkungen aufgrund der Lage des Grundstücks zwar nicht zu vermeiden, aus Gründen des für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Wohls jedoch hinzunehmen sind (vgl. PFB S. 61). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Betriebsunterbrechungen in dem von den Klägern beschriebenen Ausmaß und mit den geltend gemachten gravierenden Folgen für den Gärtnereibetrieb und den Hofladen zu erwarten sind, zumal der Hofladen nach den vorgelegten Unterlagen nur an zwei Tagen in der Woche geöffnet hat. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass der Anliegergebrauch keinen Schutz gegen den Wegfall einer bestimmten Wegeverbindung umfasst und nicht vor Einschränkungen oder Erschwernissen bei den Zufahrtsverhältnissen schützt, solange die Straße als Verkehrsmittler erhalten bleibt (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2023 – 8 ZB 22.2586 – juris Rn. 20; B.v. 23.6.2015 – 8 CE 15.1023 – BayVBl 2016, 100 Rn. 10 jeweils m.w.N.).
70
Im Übrigen handelt es sich bei den bauzeitlichen Einschränkungen lediglich um vorübergehende Beeinträchtigungen, die keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Existenzfähigkeit des Hofladens haben, da sie seine langfristige Ertragslage nicht beeinträchtigen (vgl. NdsOVG, U.v. 27.8.2019 – 7 KS 24/17 – juris Rn. 612). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens für die Beurteilung einer schon während der Bauzeit zu erwartenden Existenzgefährdung des Hofladens war daher nicht angezeigt.
71
Zu keiner anderen Beurteilung führen die betriebswirtschaftlichen Berechnungen der Klägerseite sowie die von ihr eingeholte betriebswirtschaftliche Betrachtung durch die zugezogene Fachberatung, da bezüglich der zugrunde gelegten Daten belastbare Angaben und aussagekräftige Belege fehlen. Unabhängig davon schützt Art. 14 Abs. 1 GG nicht bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten, auch wenn diese für einen Gewerbetreibenden von erheblicher Bedeutung sind. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn sich eine Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten und der damit verbundene Verlust der Lagegunst auf den Bestand des Kundenkreises negativ auswirkt (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2007 – 4 A 2004.05 – BVerwGE 129, 83 Rn. 14; U.v. 28.1.2004 – 9 A 27.03 – BayVBl 2004, 635 = juris Rn. 21; U.v. 10.7.2012 – 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 Rn. 74).
72
(4) Ebenfalls keinen Einfluss auf die Beurteilung der langfristigen und nachhaltigen Existenzfähigkeit des Gärtnereibetriebs hat die teilweise Entfernung der Schutzbepflanzung an der Südseite der FlNr. 93* und die dadurch befürchteten Immissionseinwirkungen auf die dortigen gärtnerischen Anbau- und Produktionsflächen.
73
Die Planfeststellungsbehörde hat die klägerische Betroffenheit als unvermeidbar beurteilt (vgl. PFB S. 60) und festgelegt, dass nach Bauabschluss Ersatzpflanzungen in Abstimmung mit den Klägern erfolgen werden (vgl. Maßnahme Nr. 12 G im Maßnahmeplan Planunterlage 9.2 T2 und im Maßnahmeblatt Planunterlage 9.3 T2 S. 24). Bei den geltend gemachten Immissionen (Luftschadstoffe und Staub) kann es sich daher nur um solche handeln, die durch den Bau des Vorhabens selbst hervorgerufen werden. Da es sich insofern nur um kurzfristige und vorübergehende Auswirkungen handelt, ist nicht nachvollziehbar, inwieweit die langfristige Ertragslage des Gärtnereibetriebs gefährdet sein soll. Die in diesem Zusammenhang beantragte Beweiserhebung war daher abzulehnen, zumal ein Teil der Sonderkulturen in Gewächshäusern, die sich im Nordosten des Grundstücks FlNr. 93* befinden, angebaut wird und insoweit vor zusätzlichen Staubimmissionen geschützt ist. Die vorgelegte Stellungnahme eines Gartenbauwisseneschaftlichen Sachverständigen- und Ingenierubüros zu den Auswirkungen einer Heckenentfernung auf den klägerischen Gemüseanbau führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Ausführungen berücksichtigen nicht, dass dem Gärtnereibetrieb weitere Anbauflächen auf anderen Grundstücken zur Verfügung stehen, auf die der Betrieb während der Bauphase ausweichen kann. Hinzukommt, dass die Planfeststellungsbehörde Minderungsmaßnahmen zur weitest möglichen Reduktion der baubedingten Staubbelastung (z.B. ausreichende Befeuchtung bei staubenden Arbeiten, Befeuchtung/Abdeckung von Kies- oder Sandlagerungen; Beachtung des Merkblatts zur Staubminderung bei Baustellen; vgl. PFB S.11 A.3.3.10) angeordnet hat. Dies sind verbindliche Vorgaben für den Vorhabenträger (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 177 = juris Rn. 113). Zudem werden während der Bauzeit auf FlNr. 93* erhaltenswerte Gehölze mit Hilfe eines Schutzzauns vom Baufeld abgegrenzt (vgl. Maßnahme Nr. 2 S im Maßnahmeplan Planunterlage 9.2 T2 und im Maßnahmeblatt Planunterlage 9.3 T2 S. 36 f.). Durch Protokollerklärung vom 27. Februar 2024 hat der Beklagte zudem zusätzlichen Staubschutz zugesagt, indem auf FlNr. 93* entlang des nördlichen Verlaufs der Fläche der vorübergehenden Inanspruchnahme zwischen der südlichen Hofzufahrt und der östlichen Grundstücksgrenze auf einer Länge von ca. 120 m während der Bauphase ein temporärer Staubschutzzaun mit einer Höhe von ca. 2 m zu errichten ist (vgl. PFB 6.1.5).
74
cc) Im Rahmen der planerischen Abwägungsentscheidung hat die Planfeststellungsbehörde die Immissionsschutzbelange der Wohnbevölkerung im Allgemeinen und des Klägers im Besonderen mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
75
Die Planfeststellungsbehörde hat die vorhabenbedingten Auswirkungen durch die baulichen Veränderungen der Straße geprüft. Bei den zu erwartenden Immissionen hat sie berücksichtigt, dass das klägerische Anwesen und der Gärtnereibetrieb bereits im Bestand unmittelbar an der stark befahrenen B 304 liegen und künftig abgeschirmt werden durch die Verlegung der B 304 in Tunnel- und Troglage. Die Verkehrsbelastung auf den verbleibenden, teils verlegten Ortsstraßen wird gegenüber der derzeitigen Belastung deutlich geringer, womit auch die Immissionsbelastung sinkt (vgl. PFB S. 62).
76
(1) Hinsichtlich der Schallimmissionen hat sich die Planfeststellungsbehörde bei der Abwägung an dem Schutzmodell des Bundes-Immissionsschutzgesetzes orientiert. Dabei ist sie zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anwendungsbereich der §§ 41 ff. BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV eröffnet ist (vgl. PFB S. 31 ff; Erläuterungsbericht Planunterlage 1 T2 S. 63 ff.). Zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führt dabei, dass die Planfeststellungsbehörde nicht wie von der Klägerseite gefordert von einem Straßenneubau (§ 1 Abs. 1 der 16. BImSchV) ausgegangen ist, sondern von einer wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße in Gestalt eines erheblichen baulichen Eingriffs (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchV). Nach dem Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung ist am Anwesen der Kläger nicht mit einer Pegelzunahme zu rechnen, sondern es werden Entlastungen von mindestens -6,8 dB(A) erwartet (vgl. Planunterlage 17.1 T1 Anlage 5). Der geltend gemachte Anspruch auf Lärmvorsorge ist daher im Planfeststellungsbeschluss zurecht zurückgewiesen worden (vgl. PFB S. 71).
77
Hinsichtlich des zu erwartenden Baulärms werden die klägerischen Belange hinreichend gewahrt, indem der Planfeststellungsbeschluss für die Zeit der Bauphase festlegt, dass die Bestimmungen der AVV Baulärm und der 32. BImSchV einzuhalten sind (vgl. PFB S. 10 A.3.3.2). Die pauschale Behauptung, die Einhaltung der dort festgelegten Werte sei hier technisch unmöglich, kann dies nicht infrage stellen.
78
(2) Eine Verschlechterung der Schadstoffbelastung ist ebenfalls nicht zu befürchten. Aus der Schadstoffuntersuchung geht hervor, dass nach Umsetzung des planfestgestellten Vorhabens die lufthygienischen Grenzwerte der 39. BImSchV und der EG-Richtlinien bzw. Orientierungswerte der technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) sowie der VDI-RL 2310 im Bereich der Wohnbebauung an der Trasse der B 304 eingehalten werden (vgl. PFB S. 37, 68; Erläuterungsbericht Planunterlage 1 T2 S. 70 ff. i.V.m. Planunterlage 17.3). Die Kläger setzen sich mit den dort aufgeführten Grenzwerten nicht auseinander, sondern sprechen nur die pauschale Vermutung aus, dass ihr Wohnhaus am nordwestlichen Tunnelportal nachteilig betroffen sein wird.
79
(3) Die Belange der Kläger werden hinreichend gewahrt in Bezug auf die zu erwartende Erschütterungsbelastung. Der Planfeststellungsbeschluss enthält diesbezüglich eine Auflage, nach der bei Durchführung erschütterungsrelevanter Baumaßnahmen und -verfahren die Anforderungen der DIN 4150 Teil 2 vom Juni 1999 (Erschütterungen im Bauwesen – Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden) und der DIN 4150 Teil 3 vom Februar 1999 (Erschütterungen im Bauwesen – Einwirkungen auf bauliche Anlagen) zu beachten sind (vgl. PFB S. 11 A.3.3.7). Ferner sind vor lärm- und erschütterungsintensiven Bauphasen die Anwohner in geeigneter Form zu informieren (vgl. PFB S. 10 A.3.3.5).
80
dd) Der Planfeststellungsbeschluss lässt keine durchgreifenden Abwägungsfehler in Bezug auf die von den Klägern vorgetragenen massiven Belastungen durch Um- und Mehrwege erkennen.
81
Werden Landwirte auf neue Wegeverbindungen zu ihren Betriebsgrundstücken verwiesen, sind verbleibende Nachteile entschädigungslos im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums hinzunehmen, soweit die damit verbundenen Umwege zumutbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 21.12.2005 – 9 A 12.05 – BayVBl 2006, 353 = juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 7.10.2009 – 22 A 09.40002 – juris Rn. 26; ThürOVG, U.v. 19.5.2010 – 1 O 8/09 – juris Rn. 48). Die Planfeststellungsbehörde hat sich im Planfeststellungsbeschluss mit dem Belang der Um- und Mehrwege befasst und ihn entsprechend berücksichtigt (vgl. PFB S. 61 f.). Sie hält trotz künftiger Mehrwege von maximal rund 1,5 km die wirtschaftliche Bewirtschaftung der Grundstücke weiterhin für geeignet, auch wenn man die geltend gemachten Anfahrten mehrmals täglich einbezieht (vgl. PFB S. 62). Dies haben die Kläger nicht substantiiert infrage gestellt.
82
ee) Zudem beanstanden die Kläger ohne Erfolg die Planung der Verkehrsführung während der Bauphase.
83
Der Beklagte hat durch Protokollerklärung vom 9. April 2024 nochmals klargestellt, dass auch während der Bauzeit sichergestellt wird, dass nicht nur landwirtschaftliche Grundstücke, sondern alle vom Straßenbau berührten und von ihren bisherigen Zufahrten abgeschnittenen Grundstücke eine ordnungsgemäße Anbindung an das öffentliche Wegenetz erhalten, notfalls über die vorübergehende Einrichtung provisorischer Zufahrten (i.V.m. PFB S. 12 A.3.4.8).
84
Es besteht keine Verpflichtung, einen konkreten Bauablaufplan mit einem detaillierten Konzept zur Verkehrsführung während der Bauphase schon mit den Planunterlagen vorzulegen. Ein Verkehrskonzept kann im Detail erst erarbeitet werden, wenn nach Ausschreibung und Auftragsvergabe die Ausführungsplanung vorliegt. Diese muss ein Vorhabenträger jedoch grundsätzlich erst erstellen, wenn der Planfeststellungsbeschluss erlassen ist, da er mit diesem eine gesicherte Rechtsposition erlangt (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 = juris Rn. 29; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 42; U.v. 15.10.2020 – 7 A 9.19 – NVwZ 2021, 1145 = juris Rn. 97). Unabhängig davon müssen bereits in den Planunterlagen Angaben zu den Beeinträchtigungen in der Bauphase enthalten sein. Diese müssen so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde aus ihnen ersehen kann, ob die bei Durchführung des Plans aufgeworfenen Probleme der Ausführungsplanung überlassen bleiben können oder bereits im Planfeststellungsbeschluss Regelungen zur Bauausführung getroffen werden müssen, weil in der Bauphase abwägungserhebliche Belange beeinträchtigt werden (BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 = juris Rn. 27; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 42).
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Dem Gebot der Konfliktbewältigung wird der Lageplan zum Bauablauf gerecht (vgl. Planunterlage 16.3 T). Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über die konkrete Verkehrsführung abwägungsrelevante Fragen etwa eines bisher nicht geregelten Grunderwerbs oder eines nicht mehr zumutbaren Ausmaßes an Verkehrsimmissionen aufwirft. Die während des Gerichtsverfahrens vorgelegte Studie zum Bauablauf in Form eines Arbeitsplans (Stand 19.1.2024) zeigt dies ebenfalls und erfordert auch deshalb keine Planergänzung, weil sie nur ein mögliches Verkehrskonzept und keine endgültige Planung darstellt. Aus dem Arbeitsplan ergibt sich zudem, dass die Anbindung der in Frage stehenden Grundstücke an das öffentliche Verkehrsnetz jedenfalls möglich und die Frage der Erreichbarkeit der Grundstücke in der Ausführungsplanung lösbar ist. Für die Ausarbeitung der Details der klein- und großräumigen Verkehrsführung während der Bauzeit sieht der Planfeststellungsbeschluss zudem im Rahmen der Ausführungsplanung eine Verkehrsbesprechung unter Beteiligung der Stadt, der Polizei und der Feuerwehr vor (vgl. PFB S. 15 A.3.7).
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ff) Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, dass während der Bauzeit dafür gesorgt werden muss, dass die freilaufenden Hühner und Enten nicht zu Schaden kommen.
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Die Planfeststellungsbehörde ist nachvollziehbar davon ausgegangen, dass die Kleintierhaltung nicht unzumutbar beeinträchtigt wird und die Tierhaltung im Verantwortungsbereich des Halters liegt (vgl. PFB S. 63). Wie der Senat sich beim Ortstermin überzeugen konnte, gibt es bereits derzeit Vorkehrungen, die ein Entlaufen der Tiere verhindert. Es ist nicht ersichtlich, warum während der Bauphase weitere Schutzzäune errichtet werden müssen.
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gg) Der Vorhabenträger hat den Klägern eine Beweissicherung für die Gebäude sowie für die Gewächshäuser zugesagt (vgl. PFB S. 63). Die Regelungen zur Beweissicherung sind hinreichend bestimmt und geeignet, den angestrebten Beweissicherungszweck zu erfüllen.
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Der Einwand der Kläger, dem Vorhabenträger werde es überantwortet, den Umfang der Beweissicherung – in zeitlicher und technischer Hinsicht – selbst zu bestimmen, trifft nicht zu. Hinsichtlich des Zeitpunkts legt der Planfeststellungsbeschluss in der Nebenbestimmung A.3.3.6 fest, dass die Beweissicherung vor Beginn der Baumaßnahmen zu erfolgen hat (PFB S. 10); weshalb dies ungenügend sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht.
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Im Hinblick auf die begehrte zusätzliche Beweissicherung von Gehölz und anderer Bepflanzung ist nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die gesetzlichen Beweislastregelungen als ausreichend erachtet und die Kläger für den Fall der Beschädigung oder notwendigen Fällung auf das Entschädigungsverfahren verweist (vgl. PFB S. 63).
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hh) Soweit die Klägerseite ohne nähere Begründung anzweifelt, dass die Wasserversorgung des Gärtnereibetriebs während der Bauzeit erhalten bleibt, können sie mit ihrem Einwand nicht durchdringen. Die Planfeststellungsbehörde hat dazu ausgeführt, dass die Wasserversorgung des Betriebs nicht gefährdet ist, auch wenn die Wasserleitung entlang des Z. wegs angepasst wird. Die Wasserleitung an der westlichen Grenze der FlNr. 98*/3 ist nicht betroffen (vgl. PFB S. 59).
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III. Da entgegen dem klägerischen Vorbringen keine erheblichen Abwägungsmängel vorliegen und der angefochtene Planfeststellungsbeschluss insofern rechtmäßig ist, sind die Kläger nicht in ihren Rechten, insbesondere nicht in ihren Grundrechten aus Art. 6 GG, Art. 12 GG, Art. 13 GG und Art. 14 GG verletzt.
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Die weiteren Hilfsanträge (V.) haben ebenfalls keinen Erfolg, da die Kläger keinen Anspruch auf Ergänzung des Plans um weitere Schutzauflagen haben (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Nach Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG steht den Klägern ein Anspruch nur auf solche Schutzmaßnahmen zu, die zur Vermeidung der durch das planfestgestellte Vorhaben bewirkten nachteiligen Beeinträchtigungen erforderlich sind. Eine ergänzende Entschädigungsregelung ergibt sich aus Art. 74 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass kein Anspruch auf Ausgleich aller Nachteile besteht, die ein Planvorhaben auslöst. Auszugleichen sind vielmehr nur die Nachteile, die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls die Grenze des Zumutbaren überschreiten (BVerwG, U.v. 9.2.1995 – 4 C 26.93 – BVerwGE 97, 367 = juris Rn. 23; U.v. 27.10.1999 – 11 A 31.98 – NVwZ 2000, 435 = juris Rn. 29; U.v. 10.7.2012 – 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 Rn. 73).
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Vorliegend sind die Hilfsanträge, die auf die Aufnahme von unterschiedlichen Auflagen gerichtet sind [Auflage zur umfassenden Grundstücks- und Gärtnereibetriebssicherung sowie zur Einholung eines Gärtnerei-Betriebsunterbrechungsgutachtens (Nr. 1), Auflagen zur Sicherstellung der Zugänglichkeit der Hofstelle und der Wasserversorgung samt sonstiger Infrastruktureinrichtungen (Nr. 2.), Auflage zum Schutz der Kleintierhaltung (Nr. 3), Auflage zur Leistung einer Entschädigung für mittelbar auftretende Eigentums- und Betriebsnachteile (Nr. 4) ] aus den bereits ausgeführten Gründen unbegründet (vgl. Rn. 54 ff.). Die Kläger haben darüber hinaus nicht dargelegt und es ist nicht ersichtlich, dass die Grenze des Zumutbaren überschritten wird.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.