Inhalt

VG München, Beschluss v. 28.03.2024 – M 8 K 22.3674
Titel:

Beweisbeschluss, Gutachten zur Denkmaleigenschaft eines Wohnhauses

Normenkette:
VwGO § 86
Schlagworte:
Beweisbeschluss, Gutachten zur Denkmaleigenschaft eines Wohnhauses
Fundstelle:
BeckRS 2024, 42979

Tenor

I. Es ist Beweis zu erheben zur denkmalfachlichen Bedeutung des Gebäudes …straße …, Fl.Nr. 3298/3 Gem. … … in M. (Denkmalliste für die Landeshauptstadt M. Az.: …*) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Folgende Fragen sind zur Klärung der Denkmaleigenschaft i.S.v. Art. 1 Abs. 1 und 2 BayDSchG zu beantworten:
1. Kommt der baulichen Anlage aus denkmalfachlicher Sicht geschichtliche Bedeutung zu? Wenn ja, welche?
2. Kommt der baulichen Anlage aus denkmalfachlicher Sicht künstlerische Bedeutung zu? Wenn ja, welche?
3. Kommt der baulichen Anlage aus denkmalfachlicher Sicht städtebauliche Bedeutung zu? Wenn ja, welche?
4. Ist der Erhalt des Gebäudes bei Berücksichtigung der unter Fragen 1 bis 3 genannten denkmalrechtlichen Bedeutungskategorien aus denkmalfachlicher Sicht im Interesse der Allgemeinheit?
II. Mit der Erstellung des Gutachtens wird
Herr Prof. Dr. A. P. TU … . … … … … … … … beauftragt.

Gründe

I.
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis zum vollständigen Abbruch des Anwesens …straße …, Fl.Nr. 3298/3 Gemarkung … … in M. , hilfsweise die Feststellung, dass der Abbruch keiner denkmalrechtlichen Erlaubnis bedarf. Er wendet sich damit gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2018, mit dem die Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis für den Abbruch versagt wurde.
2
In dem Klageverfahren ist zu klären, ob es sich bei dem Anwesen um ein Baudenkmal im Sinne von Art. 1 Abs. 2 i.V.m Art. 1 Abs. 1 BayDSchG handelt. Das Objekt wurde auf Grundlage einer Beurteilung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (im Folgenden: „Landesamt“) vom 6. März 2017 unter dem Az. … in die Denkmalliste (Teil A: Baudenkmäler – Landeshauptstadt M. ) eingetragen. In der Stellungnahme des Landesamtes wird die Denkmaleigenschaft mit der geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung des Anwesens begründet. Die Klägerseite bestreitet die Denkmaleigenschaft und hat hierzu mehrfach, auch unter Hinzuziehung eines Gutachters Stellung genommen. In seinem denkmalfachlichen Gutachten vom 12. Juni 2018 kommt der Gutachter Dr. G. D. zum Ergebnis, dass eine Eintragung des Anwesens in die Denkmalliste nicht gerechtfertigt sei, da weder geschichtliche, künstlerische oder städtebauliche Gründe für eine Erhaltung vorliegen würden. Die Begründung des Landesamts sei fachlich unzureichend und sachlich fehlerhaft. Auf Aufforderung des Gerichts vom 16. September 2019 nahm das Landesamt zu den im gerichtlichen Schreiben aufgeworfenen Fragen am 24. Februar 2023 Stellung. Der Beurteilung trat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 12. Mai 2023 unter Darlegung einzelner Kritikpunkte entgegen.
3
Zum Streitstand wird im Übrigen auf die Gerichtsakten (Verfahren M 8 K 18.769 und M 8 K 22.3674) und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
4
Ob die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Denkmals in Art. 1 Abs. 1 BayDSchG gegeben sind, hat das Gericht in Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe selbst zu entscheiden. Für die fachliche Beurteilung kommt der Stellungnahme des Landesamtes erhebliches Gewicht zu. Das Gericht ist jedoch nicht daran gebunden und hat deren Aussage und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen (BayVGH, U.v. 18.10.2022 – 1 B 21.672 – juris Rn. 20). Die Klägerseite hat durch die Vorlage des denkmalfachlichen Gutachtens und den weiteren Klagevortrag die historischen Grundlagen der Beurteilung des Landesamtes in Zweifel gezogen und die Überzeugungskraft der Beurteilung gemindert. Das Gericht hält es deshalb für erforderlich, für die rechtliche Beurteilung der Denkmaleigenschaft ein schriftliches Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, in dem eine denkmalfachliche Einschätzung zur geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung des Anwesens sowie des Erhaltungsinteresses abgegeben wird.
5
Inhalt des Gutachtens soll eine fachliche Einschätzung des Sachverständigen sein, die unabhängig von der bisherigen Beurteilung durch das Landesamt und die Klägerseite erfolgt. Die Begutachtung dient nicht dazu, die Richtigkeit des Vortrags der Parteien zu beurteilen, sondern soll selbstständig zum Vorliegen der abgefragten denkmalfachlichen Bedeutungskategorien Stellung beziehen. Bei der Frage der künstlerischen Bedeutung ist auch dazu Stellung zu nehmen, ob das Anwesen unabhängig vom Vorhandensein von Elementen des „Neuen Bauens“ und der „Neuen Sachlichkeit“ denkmalfachlich bedeutsam ist. Zur Frage der städtebaulichen Bedeutung ist zu beurteilen, ob sich diese aus einer historisch bewusst gewählten Gebäudeanordnung und Gebäudegestaltung ergibt. Im Rahmen der Erörterung des Erhaltungsinteresses wäre auch eine Einordnung des Seltenheitswertes des Gebäudes vorzunehmen.
6
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 146 Abs. 2 VwGO