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LG Landshut, Endurteil v. 25.04.2024 – 82 O 3005/23
Titel:

Fehlerhafte Widerrufsbelehrung, Ausübung des Widerrufsrechts, Widerrufserklärung, Widerrufsformular, Telefonischer Widerruf, Widerrufsfall, Rechtsfolgen des Widerrufs, Beginn der Widerrufsfrist, Widerrufsverfahren, Versicherungsnehmer, Vorvertragliche Informationspflichten, Rücktrittsrecht, Willenserklärungen, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche, Verbraucher, Richtlinienkonforme Auslegung, Vertragsschluss, Pkw-Kaufvertrag, Pflichtangaben

Schlagworte:
Widerrufsrecht, Fernabsatzvertrag, Widerrufsfrist, Verbraucherinformation, Widerrufsbelehrung, Rückabwicklung, Vertragsrücktritt
Fundstelle:
BeckRS 2024, 42796

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 58.424,24 € festgesetzt. 

Tatbestand

1
Die Klägerin fordert von der Beklagten nach dem Widerruf eines PKW-Kaufvertrages eine vollständige Kaufpreiserstattung.
2
Die Klägerin schloss am 28.10.2022 mit der Beklagten einen Kaufvertrag über einen PKW Tesla Model Y zum Gesamtpreis von 61.370,00 €. Der Vertragsschluss erfolgte über das Internet. Die Beklagte erteilte der Klägerin eine Widerrufsbelehrung, die keine Telefonnummer enthält. Wegen der Einzelheiten der Widerrufsbelehrung wird auf die Anlage K4 Bezug genommen.
3
Die Klägerin bezahlte den Kaufpreis. Sie veranlasste die Zulassung und nutzte das Fahrzeug.
4
Mit E-Mail vom 03.05.2023 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Widerruf des Kaufvertrags. Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.08.2023 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Erstattung des Kaufpreises bis zum 09.08.2023 auf.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie ein Widerrufsrecht nach § 312g BGB zustünde und die Widerrufsfrist aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht zu laufen begonnen habe, so dass der Widerruf rechtzeitig erfolgt sei. Die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, weil sie keine Telefonnummer enthalte, obwohl die Beklagte auf ihrer Web-Seite Telefonnummern ausweise und mit Dritten telefonisch Verträge geschlossen habe.
6
Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass sie keinen Wertersatz schulde, weil auch dieser eine zutreffende Information in der Widerrufsbelehrung voraussetze. Ebenso wenig könne sich die Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, weil sie die tatsächlich angebotene Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs abgelehnt habe.
7
Die Klägerin beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, 58.424,24 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Tesla Model Y mit der Fahrzeugidentnummer zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 03.05.2023 zu bezahlen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in Höhe von 2.147,83 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2023.
III. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug bezüglich der Rücknahme und der Annahme der Rückübereignung des Tesla Model Y mit der Fahrzeugidentnummer befindet.
8
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
9
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Widerruf der Klägerin nicht fristgerecht erklärt worden sei. Die Beklagte habe der Klägerin bei Vertragsschluss alle nach § 356 Abs. 3 BGB notwendigen Informationen über das Widerrufsrecht bereit gestellt. Der Angabe einer Telefonnummer habe es nicht bedurft, denn die technischen Mitarbeiter der Beklagten, die die auf der Web-Seite angegebene technische Hot-Line bedienten, seien nicht empfangsberechtigt für die Entgegennahme vertragsrelevanter Erklärungen.
10
Die Widerrufsbelehrung sei somit ordnungsgemäß.
11
Vorsorglich erhebt die Beklagte die Einrede nach § 357 Abs. 4 BGB und rechnet hilfsweise mit einem Wertersatzanspruch gegen den mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruch auf.
12
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteivertreter nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2024 verwiesen.

Entscheidungsgründe

13
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
A.
14
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung von 58.424,24 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Models Tesla Y gemäß § 357 Abs. 1 BGB.
15
Gemäß § 357 Abs. 1 BGB, der die Rechtsfolgen des Widerrufs von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen regelt, sind die empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen zurück zu gewähren. Dazu würde auch die Anzahlung/Bestellgebühr zählen, deren Rückerstattung die Beklagte im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts in Aussicht gestellt hat.
16
Die Klägerin hat zwar mit der Beklagten über den Tesla einen Kaufvertrag im Wege eines Fernabsatzvertrages im Sinne von § 312c BGB geschlossen. Ihr stand als Verbraucherin nach § 312g Abs. 1 BGB dafür auch ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu. Die Klägerin hat ihren Fernabsatzvertrag mit der Beklagten aber nicht wirksam nach § 355 BGB widerrufen.
I.
17
Die Klägerin hat ihren Widerruf nicht fristgerecht gemäß §§ 355, 356 BGB erklärt.
18
Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer, § 355 Abs. 1 S.1 und 2 BGB. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage, § 355 Abs. 2 S. 1 BGB. Abweichend von § 355 Abs. 2 S. 2 BGB beginnt die Widerrufsfrist bei einem Verbrauchsgüterkauf, zu dem der vorliegende Kaufvertrag zählt, sobald der Verbraucher die Waren erhalten hat, § 356 Abs. 2 Nr. 1a) BGB.
19
Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin den Widerruf nicht fristgerecht erklärt, denn sie hat das Fahrzeug am 07.11.2022 erhalten und nicht binnen 14 Tagen, sondern erst mehrere Monate später am 03.05.2023 den Widerruf erklärt.
II.
20
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Widerrufsfrist gemäß § 356 Abs. 3 BGB noch nicht zu laufen begonnen habe und ihr Widerruf damit rechtzeitig vor Ablauf der Frist aus § 356 Abs. 3 S. 2 BGB erfolgt sei.
21
Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat, § 356 Abs. 3 S. 1 BGB. In solch einem Fall erlischt das Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem in Absatz 2 oder § 355 Absatz 2 Satz 2 genannten Zeitpunkt, § 356 Abs. 3 S. 2 BGB. Ob die Klägerin die Frist nach S. 2 eingehalten hat, kann dahinstehen, denn jedenfalls liegen die vorgenannten Voraussetzungen gemäß § 356 Abs. 3 S. 1 BGB nicht vor.
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1. Der Umstand, dass die Widerrufsbelehrung keine Telefonnummer auswies, hinderte den Beginn des Widerrufsfristlaufs nicht.
23
a) Wortlaut, Systematik, Gesetzesmaterialien und Kontext der einschlägigen Normen in BGB und EGBGB geben keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Angabe der Telefonnummer verpflichtend wäre.
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aa) Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu, ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher zu informieren über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2, Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB. Weder diese Regelung noch der darin erwähnte § 355 Abs. 1 BGB sehen vor, dass der Verbraucher über den Kommunikationsweg für die Ausübung des Widerrufsrechts aufgeklärt werden müsste. Die Angabe einer Telefonnummer ist im Wortlaut von Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB, § 355 Abs. 1 BGB nicht erwähnt.
25
bb) Die Systematik der Norm führt zu keinem anderen Ergebnis. Art. 246a § 1 EGBGB verpflichtet den Unternehmer an anderer Stelle, nämlich in Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EGBGB durchaus zur Angabe einer Telefonnummer als Teil der vorvertraglichen Informationen. Diesen Absatz nimmt § 356 Abs. 3 BGB für die Angaben in der Widerrufsbelehrung aber nicht in Bezug, sondern verweist explizit und enggefasst nur auf Abs. 2 S. 1 Nr. 1 des § 246a EGBGB.
26
Die Möglichkeit, durch eine weitgefasste Verweisung alle (vorvertraglichen) Pflichtinformationen – wie die Telefonnummer – auch zu Pflichtangaben für die Widerrufsbelehrung werden zu lassen, hat der Gesetzgeber bewusst nicht ergriffen. Dies wird insbesondere deutlich bei einem Vergleich mit der abweichenden Verweisungstechnik, die hinsichtlich der Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen gewählt wurde. § 312d Abs. 1 BGB verweist wegen der Informationspflichten für Fernabsatzverträge allgemein auf Art. 246a EGBGB, § 312d Abs. 2 BGB für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen hingegen gesondert auf Art. 246b EGBGB.
27
Anders als bei § Art. 246a EGBGB, der zwischen den vorvertraglichen Informationspflichten in § 1 Abs. 1 und den Pflichtangaben zum Widerruf in Abs. 2 trennt, bezieht Art. 246b § 2 Abs. 1 EGBGB, auf den auch § 356 Abs. 3 BGB für den Beginn der Widerrufsfrist Bezug nimmt, die (vorvertraglichen) Informationspflichten gemäß Art. 246b § 1 Abs. 1 EGBGB ein. Diese Verweisungstechnik hat der Gesetzgeber für die vorliegende Konstellation hingegen nicht gewählt.
28
cc) Ferner ergibt sich kein anderslautender Hinweis aus den Gesetzgebungsmaterialien. Ausweislich der Drucksache nimmt der Gesetzgeber schriftliche bzw. textliche Varianten des Widerrufs in den Blick, etwa per Post, E-Mail oder Telefax, nicht hingegen mündliche per Telefon (BT-Drs. 17/12637, S. 60). Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass der Verbraucher im Zweifelsfall die rechtzeitige Ausübung seines Widerrufs darlegen und beweisen müsste und dies für verkörperte Erklärungen leichter fällt. Dementsprechend ist auch hier nicht ersichtlich, dass der Unternehmer spiegelbildlich zur Angabe einer Telefonnummer verpflichtet wäre.
29
dd) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass in den Gestaltungshinweisen Ziff. 2 zur Musterbelehrung in Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB Anlage 1 die Angabe einer Telefonnummer erwähnt ist. Die Verwendung der Musterbelehrung ist nicht zwingend, sondern optional. Der Unternehmer kann die Informationspflichten zum Widerruf dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt in Textform übermittelt, (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB, Hervorhebung durch das Gericht). Wie schon in den Gesetzesmaterialien wird auch in der Musterwiderrufsbelehrung beispielhaft ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail als Kommunikationsmittel für die Widerrufserklärung aufgezählt.
30
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung.
31
Den vorgenannten Vorschriften in BGB und EGBGB liegt die RL 2011/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher zugrunde. Gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c) RL 2011/83/EG informiert der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen den Verbraucher vor Vertragsschluss über die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, und ggf. seine Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse. Dies entspricht der Umsetzung in § 246a § 1 Abs. 1 EGBGB. Weiter sieht Art. 6 Abs. 1 lit.h) RL 2011/83/EG vor, dass der Unternehmer den Verbraucher im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts über die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung des Rechts gemäß Artikel 11 Abs. 1 sowie über das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B informiert. Dies entspricht Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB. Die Angabe einer Telefonnummer gehört auch hier dem Wortlaut nach nicht zu den Pflichtangaben für die Widerrufsbelehrung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Erwägungsgrund 44, der zwar beispielhaft den Telefonanruf als möglichen Kommunikationsweg für eine Widerrufserklärung nennt, aber zugleich auch in den Blick nimmt, dass dem Verbraucher die Beweislast für den rechtzeitigen Widerruf obliegt und daraus die Konsequenz zieht, dass es „im Interesse des Verbrauchers [ist], für die Mitteilung des Widerrufs an den Unternehmer einen dauerhaften Datenträger zu verwenden.“ Eine zwingende Angabe einer Telefonnummer legt auch der Erwägungsgrund nicht nahe. 
32
c) Schließlich führt auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu keiner anderen Einschätzung. Der dortige Urteilsausspruch stellt zwar nicht nur auf die vorvertraglichen Informationspflichten gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c) RL 2011/83/EG ab, sondern bezieht sich auch auf die Angaben zur Widerrufsbelehrung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. h) RL 2011/83/EG. Er trifft aber keine Entscheidung darüber, ob die etwaig erforderliche, aber fehlende Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung zur Folge hat, dass die reguläre Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt.
33
Der EuGH hat indes wenige Monate zuvor in Urteilen vom 19. Dezember 2019 (C-355/18 bis C357/18 und C-479/18, C-355/18, C-356/18, C-357/18, C-479/18) zum Rücktrittsrecht entschieden, dass die Rücktrittsfrist bei einem Lebensversicherungsvertrag auch dann ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist, wenn in den Informationen, die der Versicherer dem Versicherungsnehmer mitteilt, nicht angegeben ist, dass die Erklärung des Rücktritts nach dem auf den Vertrag anwendbaren nationalen Recht keiner besonderen Form bedarf oder eine Form verlangt wird, die nach dem auf den Vertrag anwendbaren nationalen Recht oder den Bestimmungen des Vertrags nicht vorgeschrieben ist, solange dem Versicherungsnehmer durch die Informationen nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Rücktrittsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben.
34
Diese Überlegungen lassen sich auf den vorliegenden Fall übertragen, denn dort wie hier gab die Richtlinie vor, dass der Verbraucher vor Vertragsabschluss über die Modalitäten der Ausübung des Widerrufs- und Rücktrittsrechts zu informieren ist (Rz 64 der o.g. Urteile). Ferner hält der EuGH fest, dass eine fehlerhafte schriftliche Belehrung zwar ggf. geeignet sein kann, den Verbraucher im Hinblick auf sein Rücktrittsrecht irrezuführen, und daher einer fehlenden Belehrung zu diesem Punkt gleichzusetzen wäre. Er hebt aber zugleich hervor, dass nicht jede unrichtige Information über die Form der Erklärung des Rücktritts, die in der Belehrung, die der Versicherungsnehmer vom Versicherer erhält, enthalten ist, als fehlerhafte Belehrung anzusehen ist (Rz. 78 der o.g. Urteile). Wird dem Versicherungsnehmer durch die Belehrung, auch wenn diese fehlerhaft ist, nicht die Möglichkeit genommen, sein Rücktrittsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben, wäre es unverhältnismäßig, es ihm zu ermöglichen, sich von den Verpflichtungen aus einem in gutem Glauben geschlossenen Vertrag zu lösen (Rz. 79 der o.g. Urteile).
35
Nach diesen Maßstäben hätte im vorliegenden Fall jedenfalls das Fehlen einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung nicht zur Folge, dass die Widerrufsbelehrung als fehlerhaft anzusehen wäre und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen hätte. Denn die konkrete Widerrufsbelehrung enthielt eine Postanschrift und eine E-Mail-Adresse (Anlage K4) und ermöglichte der Klägerin eine leichte Ausübung ihres Widerrufsrechts. Dass mit dem Fehlen einer Telefonnummer eine relevante Verkürzung ihrer Handlungsoptionen einherginge, ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass ein telefonischer Widerruf den Vorteil des sofortigen Zugangs der Erklärung hätte, ist dies auch durch Versand des Widerrufs per E-Mail gewährleistet. Die Klägerin hat diese Möglichkeit der schnellen Übermittlung ihrer Widerrufserklärung per E-Mail unstreitig problemlos genutzt.
36
Dass die Klägerin im telefonischen Widerruf zusätzlich den Vorteil erblicken will, dass zugleich ein Rückgabetermin abgestimmt werden kann, führt zu keiner anderen Einschätzung. Denn dies geht über die gesetzlichen Vorgaben für die Widerrufsbelehrung hinaus. Die Widerrufsbelehrung selbst weist bereits als Information über das Widerrufsverfahren hinreichend klar aus, innerhalb welcher Frist das Fahrzeug an welchen Orten zurückzugeben ist (vgl. Anlage K 4: Adresse in Berlin „oder Ihr örtliches Tesla Delivery Center“). Eine telefonische Ankündigung oder Terminvereinbarung wird dort nicht vorgegeben. Sofern sich die Rückgabe des Fahrzeugs vor Ort tatsächlich schwierig gestaltet haben sollte, wie von der Klägerin vorgetragen, ließe dies nicht die die Wirksamkeit des Widerrufs entfallen, wenn der Verbraucher – wie hier allerdings nicht geschehen – die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für den Widerruf eingehalten und die Rückgabe des Fahrzeugs an einem der angegebenen Orte angeboten hätte.
37
4. Der Lauf der Widerrufsfrist ist auch nicht dadurch blockiert worden, dass die Widerrufsbelehrung keine Information über Kosten der Rücksendung enthielt.
38
Zwar ist der Unternehmer gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB verpflichtet, den Verbraucher gegebenenfalls darüber zu informieren, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat, und bei Fernabsatzverträgen zusätzlich über die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können. Allerdings wird diese Nr. 2 von § 356 Abs. 3 S. 1 BGB nicht in Bezug genommen. § 356 Abs. 3 S. 1 regelt nur, dass die Widerrufsfrist nicht beginnt, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat.
B.
39
Mangels eines berechtigten Hauptanspruchs bestehen auch keine Ansprüche auf Verzugszinsen gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB und auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 249 ff. BGB.
C.
40
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
41
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.