Inhalt

VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 13.11.2024 – B 7 K 23.247
Titel:

Überbrückungshilfe IV, weltweite Herstellung und Vertrieb von Sicherheitssystemen, ausländische Infektionsschutzmaßnahmen, Personalausfall in der eigenen Belegschaft auf Grund von Quarantäne, Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs (verneint), Willkürfreiheit der Verwaltungspraxis (bejaht), Atypischer Fall (verneint)

Normenketten:
GG Art. 3
BayHO Art. 53
Schlagworte:
Überbrückungshilfe IV, weltweite Herstellung und Vertrieb von Sicherheitssystemen, ausländische Infektionsschutzmaßnahmen, Personalausfall in der eigenen Belegschaft auf Grund von Quarantäne, Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs (verneint), Willkürfreiheit der Verwaltungspraxis (bejaht), Atypischer Fall (verneint)
Fundstelle:
BeckRS 2024, 42771

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin, welche gewerblich Sicherheitssysteme herstellt und vertreibt, wendet sich gegen einen Ablehnungsbescheid der Beklagten betreffend eine Überbrückungshilfe IV im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.
2
Der von der Klägerin beauftragte prüfende Dritte stellte am 09.06.2022 über das elektronische Antragsportal einen Antrag auf Gewährung einer Überbrückungshilfe IV auf Grundlage von Art. 53 BayHO, der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften und der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV) für den Zeitraum Januar bis Juni 2022 in Höhe von 92.283,35 EUR. Als Branche wurde „Herstellung von Metallkonstruktionen“ angegeben. Für die Fördermonate 2022 wurde im Vergleich zum jeweiligen korrespondierenden Monat aus dem Jahr 2019 ein Umsatzrückgang von -9,00% (Januar),- 118,13% (Februar), 38,95% (März), 31,49% (April), -25,82% (Mai) und -19,27% (Juni) angegeben. Die Frage, ob die Klägerin von Schließungsanordnungen betroffen gewesen sei, wurde verneint, während die Frage, ob die angegebenen Umsatzeinbrüche coronabedingt seien, bejaht wurde. Im Antragsformular war die Abgabe einer zusätzlichen Begründung zur Coronabedingtheit möglich.
3
Auf die dortige Frage, von welchen staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie das Unternehmen aktuell betroffen sei, wurde vom prüfenden Dritten Folgendes erklärt: „Aufgrund der aktuellen Corona-Maßnahmen insbesondere in China (staatlich angeordneter Lockdown) und den damit verbundenen Produktionsausfällen und Lieferengpässen (Shanghai) können Vorprodukte und Elektrokomponenten nicht geliefert werden. Das gleiche trifft auf unsere Lieferanten, z. B. … Elektrobauteile zu, welche voraussichtlich erst wieder Anfang/Mitte Dezember lieferfähig sind. Dadurch können einzelne Produkte, bzw. Produktgruppen nicht komplett produziert werden. Dadurch entstehen Umsatzverschiebungen verbunden mit entsprechenden Liquiditätsengpässen und höheren Kosten in Form von Überziehungszinsen.“
4
Zur weiteren Frage, von welchen branchenweiten Schwierigkeiten im Zuge der Corona-Pandemie das Unternehmen aktuell betroffen sei, wurde Folgendes angegeben: „Die Corona Pandemie und ihre folgenden [gemeint wohl: Folgen] auf die Lieferketten und Preise sind aktuell weiterhin sehr stark spürbar. Die Kurzarbeit und die geschlossenen Unternehmen Deutschland und weltweit während der Pandemie haben zu starken Produktions- und Lieferverzögerungen von Materialien und Elektrokomponenten gefüllt. Die rückständige Produktion und Lieferung ist ein ständiges Problem und konnten bisher noch nicht aufgeholt werden. Der Lieferverzug von Materialien und Komponenten, besonders im Halbleiterbereich, sorgt weiterhin für Verzug in unserer Produktion. Neben dem Stillstand bei Aufträgen, als auch starker Belastung der Liquidität durch Vorfinanzierungen von Projekten, entstehen höhere Kosten in der Produktion selbst. Stark steigende Preise und verbindliche Verträge mit öffentlichen Institutionen wie Banken, Gerichten und dem Auswärtigen Amt sorgen für eine stark sinkende Marge. Projekte werden durch den Verzug bei Lieferproblemen immer stärker unrentabler.“
5
Die Frage, von welchen unternehmensindividuellen Auswirkungen der Corona-Pandemie das Unternehmen aktuell betroffen sei, wurde wie folgt beantwortet: „Die in den vergangenen zwei Jahren entstandenen hohen Krankheits- und Quarantäne-Zeiten sorgen weiterhin für Probleme. Viele Aufträge sowie Wartungen und Reparaturen konnten nicht durchgeführt werden. Um den entstandenen Schaden und den Verzug weiterhin zu reduzieren, und die Kunden nicht weiterhin zu verärgern, wird versucht mit Überstunden und Samstagsarbeit entgegenzuwirken. Hierdurch entstehen allerdings deutlich höhere Kosten. Der Wartungs- und Reparaturbereich befindet sich circa bei einem Dreivierteljahr Rückstand. Aktuell werden die ausgesetzten Wartungen und Reparaturen aus Oktober und November 2021 durchgeführt.“
6
Mit Bescheid vom 16.06.2022 wurde der Klägerin die beantragte Überbrückungshilfe IV dem Grunde nach vorläufig für den beantragten Zeitraum gewährt. Dieser Bescheid erging allein, um die mit Ablauf des befristeten Rahmens der Europäischen Kommission am 30.06.2022 endende Frist für die Gewährung von Überbrückungshilfe zu wahren. Die vorliegende Festsetzung wurde unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der vollständigen Prüfung der Antragsberechtigung und Berechnung der Antragshöhe gestellt (Ziff. 1).
7
Am 29.09.2022 stellte die Beklagte an den prüfenden Dritten über das elektronische Antragsportal neben anderen Fragen folgende Frage betreffend den Umsatzrückgang im April 2022: „Der Umsatzeinbruch liegt mit 31,49% des Monats April knapp über der Schwelle von 30%, ab der ein Förderanspruch besteht. Bitte bestätigen Sie uns, dass der Umsatzeinbruch gemäß den FAQ korrekt und nachweislich durch die Corona-Pandemie und nicht durch wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art bedingt ist.“ Hierauf antwortete der prüfende Dritte am 05.10.2022, dahingehend, dass der Umsatzeinbruch gemäß den FAQ ermittelt worden und er nachweislich durch die Corona-Pandemie bedingt sei. Hierbei verwies er auf eine „Anlage 2“, bei der es sich nach Lage der Akten um ein undatiertes Schreiben des Geschäftsführers der Klägerin handelt, dessen Inhalt sich in der wortgleichen Wiedergabe der im Förderantrag zur „zusätzlichen Begründung der Coronabedingtheit“ gegebenen Antworten erschöpft.
8
Daneben wurde am 29.09.2022 folgende weitere Frage betreffend die Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs gestellt: „Das Unternehmen hat im Förderzeitraum mehr Umsatz erzielt als im Vergleichszeitraum. Gem. FAQ 1.2 ist deshalb davon auszugehen, dass etwaige monatliche Umsatzschwankungen des Unternehmens nicht Coronabedingt sind. Bitte begründen Sie, warum in Ihrem Fall der Umsatzrückgang in den Monaten März und April auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Bitte übermitteln Sie uns ferner eine Auflistung der Monatsumsätze der Jahre 2019, 2020 und 2021.“ Hierauf antwortete der prüfende Dritte am 26.10.2022 durch Übersendung der geforderten Auflistung der Umsätze und eines Schreibens des Geschäftsführers der Klägerin vom 26.10.2022. In diesem wurde im Wesentlichen ausgeführt, seit Beginn der Pandemie habe es durch Corona sowohl bei der Klägerin als auch bei ihren Kunden massive Terminverschiebungen gegeben. Eine Kapazitätsplanung mit daraus folgender Umsatzplanung wie vor Corona sei durch interne Ausfälle speziell an Produktions- und Servicemitarbeitern zu Coronaspitzen nur noch bedingt möglich. Insbesondere im November und Dezember 2021 seien fast 1/5 der Belegschaft – 18 Mitarbeiter – wegen Corona ausgefallen. Geplante Termine von größeren Projekten und Wartungstouren würden sich seitdem ständig verschieben. In Hamburg habe beispielsweise das gesamte Montageteam der Klägerin wegen Corona ausgetauscht werden müssen. In einigen Ländern (Singapur, Buenos Aires und Tel Aviv) habe es Einreiseverbote und Quarantänebeschränkungen gegeben, so dass die Klägerin die Arbeiten an ihren Projekten/Baustellen teilweise um Monate nach hinten habe verschieben müssen. Die Klägerin benannte einige Projekte, die sich coronabedingt verschoben hätten und gab dabei jeweils den ursprünglichen Termin und den Termin der Fertigstellung an. Konkret werde der Umsatzrückgang im März und April 2022 an den Beispielen in Zusammenhang mit den Projekten betreffend die Deutsche Botschaft in …, in … und in … deutlich. Hinsichtlich der Botschaft in … sei eine planmäßige Fertigstellung in der KW 14 vorgesehen gewesen. Coronabedingt habe wegen Personalengpässen und Einreiseproblemen erst am 22.04.2022 eine Abschlagsrechnung erfolgen können. Die Zahlung dieser Rechnung durch den Kunden sei am 23.05.2022 erfolgt. Da erst bei Bezahlung und nicht bereits bei Stellung einer Abschlagsrechnung ein Umsatz im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung erfasst werde, habe sich dieser Umsatz in den Mai verschoben. Die Fertigstellung des Projekts sei dann am 30.06.2022 erfolgt, ebenfalls mit erheblicher Verzögerung. In Bezug auf die Deutsche Botschaft in … habe es „Coronaverschiebungen“ gegeben, sodass die erste Abschlagsrechnung – entgegen der klägerischen Umsatzplanung – erst am 31.05.2022 habe gestellt werden können. Hinsichtlich der Deutschen Botschaft in … sei die Teilleistung betreffend die 3. Abschlagsrechnung vom 11.04.2022 schon im Februar erbracht worden. Umsatzwirksam sei die Leistung allerdings erst im Mai 2022 durch Zahlung am 16.05.2022 geworden. Ohne Corona wäre der Umsatz wohl im März/April 2022 verbucht worden. Bei allen Einreisen nach Singapur habe am Flughafen ein PCR-Test gemacht werden müssen. Die Monteure der Klägerin hätten sich so lange in Quarantäne begeben müssen, bis ein negatives Ergebnis vorgelegen habe. Durch Corona habe die Ware nicht termingerecht gelöscht werden können, da es zu Personalproblemen beim Entladen, Lagern und Verzollen der Waren gekommen sei. Dadurch habe sich ein Containerstau gebildet.
9
Trotz rechtzeitiger Verschiffung sei das Material der Klägerin dadurch erst verspätet auf der Baustelle eingetroffen. Entsprechende Terminverschiebungen seien die Folge gewesen. Aufgrund von Corona-Beschränkungen vor Ort hätten bauseitige Arbeiten und behördliche Freigaben (Brandschutz) nicht wie geplant erfolgen können. Zudem sei die Klägerin bis heute noch mit Wartungsverpflichtungen, die bereits in den Jahren 2020, 2021 und im ersten Quartal 2022 hätten durchgeführt werden müssen, im Rückstand. Wie aus obigen Ausführungen entnommen werden könne, seien die Umsatzschwankungen der Klägerin coronabedingt. Der Umsatzrückgang in den Monaten März und April lasse sich durch die massiven Terminverschiebungen, die seit Beginn der Pandemie den kompletten Arbeitsablauf der Klägerin erheblich stören würden, erklären. Der daraus resultierende Auftragsstau habe bis heute noch nicht abgearbeitet werden können.
10
Weitere Rückfragen und Erklärungen im behördlichen Verfahren hinsichtlich der Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs erfolgten nicht.
11
Mit Ablehnungsbescheid vom 27.02.2023 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 09.06.2022 auf Gewährung einer Überbrückungshilfe IV ab (Ziff. 1). In Ziff. 2 wurde der Bescheid vom 16.06.2022, der allein zur beihilferechtlichen Fristwahrung erging, ersetzt.
12
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 09.06.2022 wurde ein Antrag auf Überbrückungshilfe IV gestellt. Im Antrag habe der prüfende Dritte angegeben, dass das klägerische Unternehmen im Bereich „Herstellung von Metallkonstruktionen“ tätig sei und dieses einen Umsatzeinbruch erlitten hätte, weil durch Einreiseverbote und Quarantänebeschränkungen die Arbeiten an Projekten und Baustellen um Monate nach hinten hätten verschoben werden müssen. Zudem habe es Termin- und Umsatzverschiebungen sowie Produktionsausfälle und Lieferengpässe gegeben. Auch ergäben sich aus den gemachten Angaben im Antrag und den vom prüfenden Dritten eingereichten Unterlagen stark schwankende Umsätze auch im Zeitraum 2019 bis 2021 sowie in mehreren Fördermonaten eine Umsatzsteigerung von bis zu 118%.
13
Es sei nach Ziff. 2.1 Satz 3 der Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV eine konkrete und individuelle Einschränkung durch coronabedingte Umstände zu versichern. Material- oder Lieferengpässe in der gesamten Branche würden hierfür nicht ausreichen. Nach Ziff. 1.2 der FAQ des Bundes müsse für jeden Fördermonat ein coronabedingter Umsatzeinbruch nachgewiesen werden. Nicht gefördert würden Umsatzausfälle, die zum Beispiel nur aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen aufträten. Die ausgeführten Umstände zur Darlegung eines coronabedingten Umsatzrückgangs würden dem Maßstab an der Begründung der Coronabedingtheit nicht gerecht. Die Klägerin habe den Umsatzeinbruch mit Termin- und Umsatzverschiebungen, sowie Produktionsausfällen und Lieferengpässen begründet. Mangels eines Vortrags individueller Einschränkungen werde dem Maßstab an der Begründung der Coronabedingtheit nicht genügt. Die Überbrückungshilfe IV sei nach Ziff. 1 der Richtlinie eine außerordentliche Wirtschaftshilfe, mit der Unternehmen gefördert werden sollten, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten hätten. Dieser Zweck werde nicht mehr erreicht, wenn Umsatzausfälle ausgeglichen würden, die auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art zurückzuführen seien. Materialengpässe und Lieferschwierigkeiten seien ein unabhängig von der Pandemie bestehendes Geschäfts- und Unternehmerrisiko der Klägerin. Auch sei das Unternehmen nicht selbst von Schließungsanordnungen betroffen. Die bestehenden Zweifel am Fehlen des auf Corona beruhenden Umsatzrückgangs, hätten nicht ausgeräumt werden können. Eine Antragsberechtigung sei daher mangels Nachweises eines coronabedingten Umsatzeinbruchs nicht gegeben. Damit seien die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe nicht erfüllt. Es entspreche daher der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, den Antrag insoweit abzulehnen. Die Entscheidung über die Ablehnung stehe im pflichtgemäßen Ermessen. Bei haushaltsrechtlich relevanten Ermessensentscheidungen über die Erteilung und Aufhebung von Bewilligungsbescheiden verpflichte Art. 7 BayHO zur sorgfältigen Beachtung des Gebots der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel. Diese Vorschrift enge den Ermessenspielraum der Vorbemerkung der Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV bei der Entscheidung über die Gewährung der Überbrückungshilfe erheblich ein. Gründe, die gegen diese Entscheidung sprechen oder eine Abweichung von der regelmäßigen Entscheidungspraxis begründen würden, seien nicht ersichtlich.
14
Die im Bescheid vom 16.06.2022 vorbehaltene Prüfung der Antragsberechtigung sei somit nun erfolgt, so dass der vorliegende Bescheid an die Stelle des vorläufigen Bescheids vom 16.06.2022 trete.
15
Mit am 23.03.2023 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten hat dieser für die Klägerin Klage erhoben und stellt folgende Anträge:
1. Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 27.02.2023 wird diese verpflichtet, dem Antrag der Klägerin vom 09.06.2022 auf Gewährung einer Überbrückungshilfe IV stattzugeben und die Überbrückungshilfe IV in Höhe von 92.283,35 EUR zu gewähren.
2. Hilfsweise zu Antrag 1: Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 27.02.2023 wird die Beklagte verpflichtet unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag der Klägerin vom 09.06.2022 auf Gewährung einer Überbrückungshilfe IV neu zu entscheiden.
16
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 30.06.2023 im Wesentlichen ausgeführt, eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Beantwortungen der Fragen durch den prüfenden Dritten habe ausweislich des Bescheids und des Akteninhalts nicht erkennbar stattgefunden. Zu der Argumentation der Klägerseite werde seitens der Beklagten im Ablehnungsbescheid nicht ansatzweise eingegangen. Die Branche der Klägerin sei zwar nicht von Schließungsanordnungen im Inland direkt betroffen gewesen, dennoch sei hier durch entsprechende Beantwortung der Nachweis erbracht worden, dass coronabedingte Maßnahmen letztlich zu dem entsprechenden Umsatzrückgang geführt hätten. Eine im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erhöhte Umsatzzahl liege für die zu betrachtenden Bewilligungsmonate „im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2020 für das Jahr 2021 lediglich im April vor“. Der Gesamtjahresumsatz des Jahres 2020 sei deutlich hinter dem Jahresumsatz 2019 zurückgeblieben und im Zusammenhang mit der Antragstellung sei durch die Klägerin auch umfangreich begründet worden, wie sich die unterschiedlichen Zahlen und die coronabedingte Einschränkung darstellten. Die Klägerin sei in einer Branche tätig, bei der sie umfangreich Auslandseinsätze wahrzunehmen habe und insbesondere Projekte und Baustellen schlichtweg deshalb nicht bedienen habe können, da in einigen Ländern wie Singapur, Argentinien und Israel Einreiseverbote und Quarantänebeschränkungen bestanden hätten, die es verhindert hätten, dass Montagetrupps vor Ort hätten tätig werden können. Hierdurch bedingt hätten sich Projekte und Baustellen um Monate verzögert. Im Übrigen hätten sich coronabedingt Projekte, die coronabedingt bereits verschoben worden seien, durch Terminabsagen der Kunden weiter verzögert. Die diesbezügliche im behördlichen Verfahren übersandte Liste der Klägerin sei eindrücklich. Dabei sei auch ausgeführt worden, dass aufgrund von Coronabeschränkungen vor Ort bauseitige Arbeiten und behördliche Freigaben nicht oder nur massiv coronabedingt verzögert hätten erfolgen können. Zudem habe die Erfüllung der Wartungsverpflichtungen und der Reparaturen coronabedingt gelitten, so dass sich die Umsatzschwankungen allein aus diesen Umständen als coronabedingt darstellen würden. Bedingt durch die Pandemie seien Aufträge wie z.B. die Deutsche Botschaft in … aus dem Jahr 2018 weit nach hinten in einen Zeitraum verlegt worden, der über den ursprünglichen Liefertermin deutlich hinausgegangen sei. So hätten dort Montagearbeiten erst im Juni und Juli 2022 letztlich eingeplant werden können, da bis dahin die Tätigkeit vor Ort auch wegen fehlender Freigaben des Materials und wegen Einreisebeschränkungen nicht möglich gewesen sei. Gleiches habe sich in weiteren Standorten umfangreich abgespielt, z.B. bei der Deutschen Botschaft in … Am 05.03.2020 sei für diesen Bereich dem Auswärtigen Amt mitgeteilt worden, dass coronabedingt – aus reiner Angst vor dem Virus – den Mitarbeitern der Firma der Zugang verweigert worden sei. Die Absicht, derartige Verzugszeiten im Nachgang durch Wochenendarbeit und Überstunden auszugleichen, sei letztlich dann pandemiebedingt daran gescheitert, dass Ende November 2022 bis Mitte Dezember 2022 nahezu 25% der Belegschaft coronabedingt krankgeschrieben gewesen sei und sich dieser Trend mit Quarantäne und Krankschreibungen auch weit bis in das Jahr 2023 hinein fortgesetzt habe. Der Klägerbevollmächtigte legte hierzu Tagesmeldungen zu erkrankten Mitarbeitern betreffend den Zeitraum März 2022 vor (Anlage K5). Es sei nicht erkennbar, wie anhand der pauschalierten Ausführungen der Beklagten behauptet werde, dass die Klägerin keinen hinreichenden Nachweis auf coronaberuhenden Umsatzrückgang darstellen habe können.
17
Mit Schriftsatz vom 01.08.2023 stellt die Prozessbevollmächtigte der Beklagten für diese den Antrag,
die Klage abzuweisen.
18
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, ein Förderanspruch könne sich vor diesem Hintergrund nur aus einer durch den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) begründeten Selbstbindung der Verwaltung ergeben. Maßgeblich für deren Entstehung sei ausschließlich die tatsächliche Handhabung der Förderrichtlinien in der Verwaltungspraxis; auf etwaig andere Auslegungsmöglichkeiten dieser Richtlinien oder der zu ihrer Ausfüllung und Erläuterung veröffentlichten FAQ komme es nach der subventionsrechtlichen Rechtsprechung nicht an. Dem Zuwendungsgeber stehe es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die allein relevante Willkürgrenze werde selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liege nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten. Ein Anspruch auf die streitgegenständliche Förderung könne somit nur dann bestehen, wenn die in den Förderrichtlinien dargelegten Voraussetzungen ausgehend von der Vollzugspraxis der Bewilligungsstelle und deren Interpretation der Förderrichtlinien vorlägen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis positiv verbeschieden würden.
19
Ein gesetzlicher Anspruch auf die streitgegenständliche Förderleistung in Form der Überbrückungshilfe IV bestehe nicht. Der Beklagten sei auch kein anspruchsbegründender Ermessensfehlgebrauch vorzuwerfen. Die Klägerin ist, wie in der Begründung des angefochtenen Bescheids zutreffend dargelegt werde, nicht vom Kreis der förderberechtigten Unternehmen erfasst. Dies beruhe auf einer politischen Abwägung der zuständigen Organe des Bundes, gegen die verfassungsrechtlich nichts zu erinnern sei. Es fehle insofern an der nach Ziff. 2.1 lit. e) der Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV erforderlichen Antragsberechtigung. Die Klägerin unterfalle nicht dem Kreis derjenigen Unternehmen, deren Umsatz in dem entsprechenden Monat März 2022 sowie April 2022 coronabedingt um mindestens 30% gegenüber dem jeweiligen Monat des Jahres 2019 zurückgegangen sei.
20
Als objektiven Anknüpfungspunkt für die Förderberechtigung stelle die Beklagte in ihrer ständigen Verwaltungspraxis diesbezüglich auf die Betroffenheit von Infektionsschutzmaßnahmen, wie etwa die Zugehörigkeit oder die Nähe zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche ab. Nicht als coronabedingt würden beispielsweise Umsatzeinbrüche gelten, die zurückzuführen seien auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art (wie Liefer- oder Materialengpässe) oder die sich erkennbar daraus ergeben würden, dass Umsätze beziehungsweise Zahlungseingänge sich lediglich zeitlich verschieben würden. Der Antragsteller habe entsprechend zu versichern und soweit wie möglich darzulegen, dass die ihm entstandenen Umsatzeinbrüche, für die die Überbrückungshilfe IV beantragt werde, coronabedingt seien (vgl. Ziff. 1.2 der FAQ des Bundes zur Überbrückungshilfe IV). Nach dem vorgenannten Maßstab sei von der Klägerin nicht hinreichend dargelegt worden, dass die angegebenen Umsatzeinbußen in den Fördermonaten März 2022 bis April 2022 coronabedingt entstanden seien. Ihr Umsatzrückgang sei danach u.a. auf ausländische Infektionsschutzmaßnahmen, insbesondere in China, zurückzuführen. Die Überbrückungshilfe IV ersetze jedoch ausschließlich Umsatzrückgänge, die dem antragstellenden Unternehmen aufgrund inländischer Infektionsschutzmaßnahmen und Schließungsverordnungen entstanden seien. Umsatzeinbrüche, die auf unabhängig von inländischen Infektionsschutzmaßnahmen eingetretenen weltweiten Marktverwerfungen beruhen würden, würden mit der Überbrückungshilfe IV hingegen nicht ersetzt. Dasselbe gelte für Umsatzeinbrüche die auf Material- oder Lieferengpässen beruhen würden, denn hierbei handele es sich um wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art, die mit der Überbrückungshilfe IV nicht ausgeglichen würden. Dies gelte unabhängig davon, dass diese gestörten Lieferketten mittelbar (z.B. durch die teilweisen Hafenschließungen in Asien) auch mit der Corona-Pandemie zusammenhängen mögen. Denn die gestörten Lieferketten würden sich nicht allein auf die Pandemie zurückführen lassen. Sie seien vielmehr aufgrund zahlreicher weiterer Faktoren wie Materialmangel (etwa Halbleiter), Produktionsengpässen und dem Fachkräftemangel entstanden. Umsatzeinbrüche aufgrund von Lieferengpässen würden deshalb auch dann nicht mit der Überbrückungshilfe IV gefördert, wenn sie neben anderen Faktoren auch mittelbar auf die Corona-Pandemie zurückzuführen seien.
21
Mit Schriftsatz vom 25.09.2023 führte die Klägerin im Wesentlichen ergänzend aus, eine Selbstbindung der Verwaltung entstehe allein dadurch, wenn entsprechende Förderrichtlinien zugrunde zu legen seien „und die Vorgaben und Voraussetzungen entsprechender Förderansprüche darlegen“ würden. Die Selbstbindung der Verwaltung ergebe sich aus dem Inhalt dieser Förderrichtlinien und nicht etwa zusätzlich aus der tatsächlichen, möglicherweise rechtswidrigen Verwaltungspraxis. Denn die Darstellung, einem Zuwendungsgeber sei es freistehend, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben, also auch entgegen dem Wortlaut der Förderrichtlinien, sei sicherlich mit dem Willkürverbot und den rechtstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.
22
Bei Bauprojekten, noch dazu für staatliche Stellen würden erlöswirksame Umsätze erst durch eine Gesamtfertigstellung und Abnahme des Kunden generiert, durch die Erstellung einer Schlussrechnung. Die entsprechende Bauleistung als erfolgsorientierte Werkleistung und die entsprechende Leistungserbringung vor Ort an der Baustelle fänden daher nicht zeitgleich auch nicht unbedingt zeitlich naheliegend zu der tatsächlichen umsatzerlöswirksamen Zahlungsphase statt. Hierbei würden sich Projekte, insbesondere für die Klägerin, in mehrere zeitliche Phasen unterteilen (Definitionsphase, Beschaffungs- und Fertigungsphase, Montageeinsätze vor Ort, Abnahme; wurde näher ausgeführt). Erst nach der Abnahme durch Kunden könne eine erlöswirksame und somit umsatzauslösende Rechnung gestellt werden. Erst zu diesem Zeitpunkt zeige sich der Umsatz. Der Möglichkeit, nach den jeweiligen Montageeinsätzen Abschlagsrechnungen zu stellen, sei entgegengehalten, dass Abschlagszahlungen und Abschlagsrechnungen keinen Umsatz darstellen würden, sie würden allerdings die Kosten für Material und Fertigung ausgleichen.
23
Auch bei anderen Branchen möge dies so sein, dass ein zeitlicher Versatz stattfinde, allerdings sei gerade im Baubereich dieser Zeitversatz grundsätzlich so stark ausgeprägt wie in keiner anderen Branche. Für die Klägerin, die Projekte im Ausland realisiere, trete insbesondere durch einen langen Lieferweg eine zusätzliche Verzögerung der oben geschilderten Abfolge ein.
24
Der gleiche Betrachtungszeitraum werde offensichtlich zweimal beurteilt, jedoch unterschiedlich. Während für 2021 entsprechende Bewilligungen erfolgt seien, würden diese für 2022 abgelehnt. Auch bei der Beantragung für das Jahr 2021 würden einzelne Monate mit großem projektbezogenen Umsatz abweichen und den Referenzwert aus dem Jahr 2019 übersteigen. So sei im Februar 2019 ein Umsatz in Höhe von 419.291 EUR ermittelt worden, der entsprechende im Jahr 2021 in Höhe von 1.460.454 EUR. Für 2021 habe dies keine Auswirkung für eine Bewilligung gehabt.
25
Montageeinsätze könnten sich durch die dazwischenliegenden Tätigkeiten anderer Hersteller verzögern. Soweit auch diese sich z.B. coronabedingt verzögern würden, führe dies auch zu Verzögerungen bei der Klägerin. In diesem Kontext sei zu berücksichtigen, dass coronabedingt Montageeinsätze innerhalb Deutschlands nicht hätten durchgeführt werden können. Die Verzögerung der Montageeinsätze und anderer Gewerke wirke sich aber, wie dargelegt, nicht zwangsweise auf den Umsatz der nächsten Folgemonate aus, wohl aber auf die Umsatzrealisierung deutlich später liegender Zeiträume, die zu Verzögerungen über Monate, wenn nicht Jahre, führen könne.
26
Die Annahme, dass sich durch Corona die Umsatzgenerierung lediglich zeitlich verschiebe, sei nicht korrekt. Unter der Annahme, es gebe konstant weitere Aufträge mit geplanten Fertigstellungsterminen nach Corona, bedeute dies, dass zeitgleich mit den verzögerten Aufträgen auch die neuen Aufträge abgeschlossen werden könnten. Dies würde dann zu einem enormen Umsatzplus führen. Dies sei jedoch nicht möglich, da die Durchführung ausgefallener Montagen nicht zeitgleich mit denen neuer Aufträge erfolgen könne, zumindest nicht mit dem allgemeinen und normalen Personal- und Materialeinsatz. Derartige „Aufholungen“ zeitlicher Verluste könnten nur durch den Einsatz zusätzlicher Arbeitskräfte kompensiert werden, was jedoch bereits anhand des Arbeitskräftemangels nicht darstellbar sei. Coronabedingte Verzögerungen würden zu einem dauerhaften Verlust führen, der auch in der Zukunft nicht durch Aufholen mit neuen Aufträgen kompensiert werden könne, ohne dass die Kapazitäten deutlich erhöht würden.
27
Soweit darauf abgestellt werde, dass Lieferkettenprobleme und daraus bedingte Umsatzeinbußen nicht von den Fördermitteln auszugleichen seien, könne dies nicht nachvollzogen werden. Ein Großteil der produzierenden deutschen Wirtschaft als Exportwirtschaft habe auch vor 2022 coronabedingt Einbußen gerade durch Lieferkettenprobleme. Es hätte dann vor 2022 auch für diese Industrien und Betriebe keinen Anspruch auf Hilfen gegeben, wenn diese Sichtweise zugrunde zu legen wäre.
28
Des Weiteren sei die Sichtweise der Beklagten, dass nur deutsche Corona-Einschränkungen zu entsprechenden Förderungen führen könnten, zu eng und nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe z.B. für das Auswärtige Amt einen VOB-Auftrag für die Fertigung und Montage von Trennwänden und Türen im Sicherheitsbereich des IT-HUB … durchzuführen. Derartige Tätigkeiten dürften nach den Richtlinien und aus Sicherheitsgründen nur von deutschen Fachfirmen durchgeführt werden. Schwere Türen und Panzergläser würden mit einem Containerschiff an den Hafen des Bestimmungsorts geliefert. Der Ablauf der Montagen sei stark mit dem Zeitpunkt der Lieferung verknüpft. Eine Containerlagerung könne enorme Kosten in Höhe von bis zu 1.000 EUR am Tag betragen, so dass das Eintreffen des Montagepersonals zeitgleich mit dem Container zu planen sei. Durch die Sperrung des Hafens infolge Corona habe nun mehrmals die Anreise der Monteure storniert werden müssen. Es seien Kosten für Flug- und Hotelstornierung entstanden. Andererseits hätten durch diese Verzögerungen auch andere Projekte verschoben werden müssen, was weitere Kosten verursache. In diesem Zusammenhang darzustellen, dass Corona-Maßnahmen im Ausland keine Bedeutung für Überbrückungsmaßnahmen hätten, obwohl es sich um einen deutschen öffentlichen Auftraggeber handele, der den Ausführungsort, z.B. Deutsche Botschaft, gemäß deutscher Gesetzgebung „betrachte“, sei lebensfremd. Schließlich werde für den Ausführungsort ebenfalls die Beachtung der VOB gefordert. Die Betrachtungsweise der Beklagtenseite, dass Umsatzeinbrüche bedingt durch ausländische Corona-Maßnahmen nicht gelten gemacht werden könnten, werde auch durch die entsprechenden Richtlinien und FAQ selbst widerlegt. Schließlich werde bei den antragsberechtigten Unternehmen von einem weltweiten Umsatz als Grenze für die Berechtigung bei 750.000.000 EUR im Jahr 2020 gesprochen.
29
Das gegenständliche – ursprünglich unter dem Az. B 8 K 23.247 geführte – Verfahren wurde gemäß Beschluss des Präsidiums des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 22.11.2023 mit Wirkung zum 01.12.2023 von der 7. Kammer übernommen.
30
Mit Schreiben vom 20.09.2024, den Beteiligten jeweils am 23.09.2024 zugestellt, wurden diese zum Erlass eines Gerichtsbescheids angehört.
31
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und elektronisch geführten Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

32
Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
33
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
34
Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf die begehrte Förderung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) noch einen Anspruch auf Neuverbescheidung ihres Förderantrags vom 09.06.2022 (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
35
1. In rechtlicher Hinsicht ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass eine Rechtsnorm, die einen Anspruch auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, nicht existiert. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis. Innerhalb dieser Grenzen ist die Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei und findet ihre Grenze erst bei einer Verteilung nach unsachlichen, also willkürlichen Kriterien. Nur der Zuwendungsgeber bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben er dem Fördergegenstand zuordnet und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Es ist allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten einer Förderung festzulegen, seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen sowie seine Förderpraxis nach seinen Vorstellungen entsprechend auszurichten.
36
Die Prüfung der Verwaltungsgerichte beschränkt sich demnach darauf, ob im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Beurteilungsgrundlage ist dabei allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie in ständiger, zu einer Selbstbindung führender, Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten. Insbesondere kommt es für die Bedeutung der verwendeten Begriffe nicht auf den allgemeinen Sprachgebrauch oder das Verständnis des Antragstellers an, sondern allein auf das Verständnis und die ständige Verwaltungspraxis der Beklagten (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 9.1.2024 – 22 ZB 23.1018 – juris Rn. 14; B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris Rn. 23; VG Würzburg, U.v. 1.12.2023 – W 8 K 23.611 – juris; U.v. 15.4.2024 – W 8 K 23.788 – juris; VG Augsburg, U.v. 28.2.2024 – Au 6 K 22.1491 – juris).
37
Maßgeblicher Zeitpunkt für Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Überbrückungshilfe IV ist nach der geübten und gerichtsbekannten Verwaltungspraxis der Beklagten der Zeitpunkt des Bescheidserlasses. Über bloße Erläuterungen des bisherigen Vorbringens hinausgehender Vortrag neuer Tatsachen und die Vorlage neuer, nicht bis zum Bescheidserlass vorgelegter Unterlagen ist daher unbeachtlich (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 14; B.v. 9.1.2024 – 22 ZB 23.1018 – juris Rn. 14).
38
Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung der Antragsteller im Rahmen des Zuwendungsverfahrens, insbesondere von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Die Anforderung geeigneter Nachweise für die Anspruchsberechtigung ist auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayHO) gerade im Bereich der Leistungsverwaltung sachgerecht und nicht zu beanstanden. Ferner entspricht die Verpflichtung zur Mitwirkung seitens der Antragsteller allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen, Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.4.2021 – W 8 K 20.1487 – juris Rn. 31 m.w.N.). Bei den verwaltungsrechtlichen Verfahren betreffend die Corona-Wirtschaftshilfen der Beklagten handelt es sich um Massenverfahren, deren Bewältigung ein gewisses Maß an Standardisierung auf behördlicher Seite erfordert und zulässt (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 13.7.2020 – W 8 E 20.815 – juris Rn. 28 f.; BayVGH, B.v. 31.5.2023 – 22 C 23.809 – juris Rn. 13). Dabei ist weiterhin zu beachten, dass dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Effektivitäts- und Zügigkeitsgebot (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) bei der administrativen Bewältigung des erheblichen Förderantragsaufkommens im Rahmen der Corona-Beihilfen besondere Bedeutung zukommt; dies gerade auch deswegen, um Antragstellern möglichst schnell Rechtssicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten ihrer Förderanträge und damit über die (Nicht-)Gewährung von Fördermitteln zu geben (VG München, U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 23; U.v. 23.2.2022 – M 31 K 21.418 – juris Rn. 28). Zu beachten ist dabei, dass die möglicherweise erhöhte (verfahrensmäßige) Fürsorgebedürftigkeit eines einzelnen Antragstellers vorliegend zugunsten der quasi „objektiven“, materiellen/finanziellen Fürsorgebedürftigkeit einer Vielzahl von Antragstellern, denen ein existenzbedrohender Liquiditätsengpass drohen würde, wenn ihnen nicht zeitnah staatliche Zuwendung in Form von Corona-Soforthilfen gewährt werden, zurückzutreten hat bzw. mit letzteren zum Ausgleich zu bringen ist, zumal die Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine letztlich aus § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB resultierende, zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben trifft. Die Anforderungen an ein effektiv und zügig durchgeführtes Massenverfahren sind dabei nicht zu überspannen (BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 und 21).
39
2. Nach den vorstehenden Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Neuverbescheidung über die abgelehnte Gewährung der Überbrückungshilfe IV und damit erst recht keinen Anspruch auf Gewährung dieser.
40
Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO nur beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist die Antragsablehnung vom 27.02.2023 unter Verweis auf die fehlende Antragsberechtigung mangels nachgewiesener Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs im Verständnis der Verwaltungspraxis der Beklagten nicht zu beanstanden.
41
a) Gemäß Ziffer 2.1 Satz 1 lit. e) der Zuwendungsrichtlinie, auf der die maßgebliche ständige Zuwendungspraxis der Beklagten beruht, sind Unternehmen für die Überbrückungshilfe IV antragsberechtigt, deren Umsatz in dem entsprechenden Monat im Zeitraum Januar bis Juni 2022 um mindestens 30% gegenüber dem jeweiligen Monat des Jahres 2019 zurückgegangen ist. Zur Frage der Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs ist in der Zuwendungsrichtlinie in Ziffer 2.1 Sätze 3 bis 5 weiter geregelt: Der Nachweis des Antragstellers, individuell von einem coronabedingten Umsatzeinbruch betroffen zu sein, kann zum Beispiel geführt werden, wenn der Antragsteller in einer Branche tätig ist, die von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen ist. Nicht gefördert werden Umsatzausfälle, die z.B. nur aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen auftreten; ausgenommen von diesem Ausschluss sind kleine und Kleinstunternehmen (gemäß Anhang I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (EU) Nr. 651/2014), Soloselbstständige und selbstständige Angehörige der freien Berufe, welche von dem Wahlrecht Gebrauch machen, den jeweiligen monatlichen Durchschnitt des Jahresumsatzes 2019 zur Bestimmung des Referenzumsatzes heranzuziehen. Nicht als coronabedingt gelten beispielsweise Umsatzeinbrüche, die zurückzuführen sind auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art oder die sich erkennbar daraus ergeben, dass Umsätze bzw. Zahlungseingänge sich lediglich zeitlich verschieben, die sich aufgrund von Schwierigkeiten in der Mitarbeiterrekrutierung ergeben oder auf Betriebsferien zurückzuführen sind. Nach Ziff. 1.2 der FAQ ist ein Umsatzeinbruch ferner coronabedingt, wenn der Geschäftsbetrieb eines Antragstellers durch Quarantäne-Fälle oder Corona-Erkrankungen in der Belegschaft nachweislich stark beeinträchtigt ist.
42
In ihrer ergänzend geschilderten Verwaltungspraxis stellt die Beklagte auf die Betroffenheit von Infektionsschutzmaßnahmen, wie etwa die Zugehörigkeit oder die Nähe zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche ab. Die Beklagte konkretisierte die Zuwendungspraxis schriftsätzlich ferner dahingehend, ausschließlich Umsatzrückgänge, die dem antragstellenden Unternehmen aufgrund inländischer Infektionsschutzmaßnahmen und Schließungsverordnungen entstanden sind, zu fördern. Umsatzeinbrüche, die auf unabhängig von inländischen Infektionsschutzmaßnahmen eingetretenen weltweiten Marktverwerfungen beruhen, würden mit der Überbrückungshilfe IV hingegen nicht ersetzt. Dasselbe gelte nach der geschilderten Verwaltungspraxis der Beklagten für Umsatzeinbrüche, die auf Material- oder Lieferengpässen beruhten, da die Beklagte diese als wirtschaftlichen Faktor allgemeiner Art ansehe. Dies gelte nach der Verwaltungspraxis der Beklagten unabhängig davon, dass gestörte Lieferketten mittelbar (z.B. durch die teilweisen Hafenschließungen in Asien) auch mit der Corona-Pandemie zusammenhängen mögen.
43
b) Ausgehend von dem Vorstehenden hat die Beklagte unter Heranziehung der Richtlinie und der FAQ zur Überbrückungshilfe IV ihre Verwaltungspraxis konkret dargestellt und nachvollziehbar erläutert, dass sie die streitgegenständlichen Umsatzrückgänge nicht als coronabedingt ansehe. Zweifel am Vorliegen der von der Beklagtenseite plausibel dargelegten Förderpraxis bestehen nicht.
44
Das klägerische Vorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.
45
Soweit die Klägerseite die Coronabedingtheit ihrer Umsatzeinbrüche vorwiegend mit der Situation im Ausland (u.a. in …, … bzw. in den jeweiligen Ländern, in denen sich die Deutsche Auslandsvertretung als Kunde der Klägerin befindet) und den dortigen Lockdowns, (Ein-)Reisebeschränkungen sowie Quarantäneanordnungen usw. – selbst unter Berücksichtigung einer gewissen Vorlaufzeit zur Abwicklung ihres Projektgeschäfts – begründet und deshalb eine Förderung begehrt, legt sie ihr eigenes Verständnis der Richtlinie und FAQ zugrunde, auf das es nicht ankommt. Vielmehr obliegt – obigen Maßstäben entsprechend – allein der Beklagten die Auslegung der Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV samt FAQ, insbesondere des Begriffs der „Coronabedingtheit“ des Umsatzrückgangs (vgl. VG München, U.v. 10.3.2023 – M 31 K 22.1123 – juris Rn. 31; VG Würzburg, U.v. 3.7.2023 – W 8 K 23.189 – juris Rn. 80).
46
Zwar begründen nach der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten auch nationale Quarantäneanordnungen oder Corona-Erkrankungen betreffend die Belegschaft des Antragstellers die Coronabedingtheit, wenn der Ausfall der Belegschaft zu Umsatzeinbrüchen führt (vgl. VG Würzburg, U.v. 3.7.2023 – W 8 K 23.189 – juris Rn. 83). Auch hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren auf die betreffende Nachfrage zur Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs hin auch Ausfälle ihrer Belegschaft „wegen Corona“ erwähnt (vgl. Schreiben des Geschäftsführers der Klägerin vom 26.10.2022). Insoweit erscheint es bereits fraglich, ob mit dem Hinweis im Schreiben von 26.10.2022 auf coronabedingte Ausfälle der Belegschaft überhaupt dem Erfordernis eines substantiierten Vortrages hinsichtlich einer eigenen Betroffenheit von Corona-Quarantäne-Fällen Rechnung getragen wurde. Unabhängig von dem Umstand, dass im Klageverfahren neu eingeführte Tatsachen nicht mehr berücksichtigungsfähig sind, dürften die vorgelegten „Tagesmeldungen zu erkrankten Mitarbeitern“ (Anlage K5) auch inhaltlich nicht geeignet sein, maßgebliche coronabedingte Ausfälle der Belegschaft zu begründen, denn insoweit wird nur in wenigen Fällen die Abwesenheit im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion ersichtlich.
47
Es bleibt jedoch jedenfalls bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Bescheidserlasses offen, inwieweit die im Förderzeitraum liegenden Umsatzrückgänge konkret auf den vorgetragenen Ausfall von „fast 1/5 der Belegschaft im November und Dezember 2021“ zurückzuführen sind und nicht auf anderen, nach der Verwaltungspraxis der Beklagten nicht förderfähigen Umständen (ausländische Infektionsschutzmaßnahmen, Lieferengpässen…) beruhen. Auch die ausdrücklich im betreffenden Schreiben des Geschäftsführers der Klägerin vom 26.10.2022 zur Plausibilisierung der streitgegenständlichen Umsatzrückgänge im März und April 2022 angegebenen „Beispiele“ (Projekte bei der Deutschen Botschaft in …, … und …*) vermögen dies nicht darzulegen. Dort werden neben „Personalengpässen“ auch „Einreiseprobleme“ genannt und es ist dort allgemein von „Coronaverschiebungen“ die Rede. Im Gegenteil deutet der zum Projekt bei der Deutschen Botschaft in … gemachte Vortrag auf einen Umsatzrückgang aufgrund von Lieferengpässen aufgrund von ausländischen Infektionsschutzmaßnahmen hin (vgl. die diesbezüglichen Angaben der Klägerin im Schreiben vom 26.10.2022: „Bei allen Einreisen nach … musste am Flughafen ein PCR-Test gemacht werden. Unsere Monteure mussten sich so lange in Quarantäne begeben, bis ein negatives Ergebnis vorlag. Durch Corona konnte die Ware nicht termingerecht gelöscht werden, da es zu Personalproblemen beim Entladen, Lagern und Verzollen der Waren kam. Dadurch bildete sich ein Containerstau. Trotz rechtzeitiger Verschiffung ist unser Material dadurch erst verspätet auf der Baustelle eingetroffen. Die Folge waren entsprechende Terminverschiebungen. Aufgrund von Coronabeschränkungen vor Ort konnten bauseitige Arbeiten und behördliche Freigaben (Brandschutz) nicht wie geplant erfolgen.“). Ungeachtet der fehlenden Substantiierung der Rückführung des Umsatzrückgangs auf coronabedingte Belegschaftsausfälle durfte die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses zu Recht davon ausgehen, dass der gesamte Klägervortrag zu den Umsatzrückgängen im Verwaltungsverfahren lediglich „Terminverschiebungen“ zur Folge hatte, woraufhin der Schluss, dass sich auch die Umsätze lediglich verschieben würden, nicht zu beanstanden war.
48
Nach alledem war nach der plausibel dargelegten Förderpraxis die Förderfähigkeit der streitgegenständlichen Umsatzrückgänge zu verneinen.
49
c) Des Weiteren ist die von der Beklagten angewandte Verwaltungspraxis innerhalb des für die gerichtliche Überprüfung maßgeblichen Willkürverbots rechtlich vertretbar, da durch sachgerechte Gründe von der Beklagtenseite gerechtfertigt.
50
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 32). Geboten ist so eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Nicht erlaubt ist eine uneinheitliche und damit objektiv willkürliche Förderpraxis. Auch in der vorliegenden Subventionssituation ist es allein Sache des Richtlinien- bzw. Zuwendungsgebers, den Kreis der Antragsberechtigten und den Kreis der förderfähigen Aufwendungen nach seinem eigenen autonomen Verständnis festzulegen. Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt – auch bei Corona-Beihilfen – mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG Bayreuth, Gb.v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 35; BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 13; VG Würzburg, U.v. 3.7.2023 – W 8 K 23.189 – juris Rn. 94; jeweils m.w.N.).
51
Der Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit ihm die mit der Funktion der Zuwendungsbehörde beauftragte Beklagte (vgl. § 47b ZustV) sind nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken (VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26). Dies gilt gleichermaßen für die sachliche Eingrenzung einer Zuwendung und die Festlegung der relevanten Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe einer Zuwendung. Denn nur der Zuwendungsgeber bzw. die Zuwendungsbehörde bestimmen im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit diesen die Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 – juris Rn. 19; VG München, B.v. 31.10.2022 – M 31 E 22.5178 – juris Rn. 24; U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris Rn. 26; U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.982 – juris Rn. 25 f.; U.v. 14.6.2021 – W 8 K 20.2138 – juris Rn. 30).
52
Es ist ohne Weiteres vertretbar und naheliegend, wenn die Beklagte zur Abgrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger eine Antragsberechtigung für die Überbrückungshilfe IV voraussetzt und diese insbesondere davon abhängig macht, dass für den jeweils beantragten Förderungszeitraum ein „unmittelbar“ coronabedingter Umsatzrückgang in bestimmtem Umfang besteht. In der richtliniengeleiteten Zuwendungspraxis sind – wie bereits ausgeführt – maßgebliche Anhaltspunkte für die Feststellung einer Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs im konkreten Einzelfall einerseits etwa die Betroffenheit von Schließungsanordnungen, andererseits die Betrachtung der Entwicklung der Jahresumsätze im einschlägigen Zeitraum (Ziffer 2.1 Sätze 3 bis 5 der Zuwendungsrichtlinie). Indem für die Frage einer Coronabedingtheit eines Umsatzrückgangs maßgeblich auf Kriterien wie insbesondere die Geltung von Schließungsanordnungen, Quarantänefälle in der Belegschaft und die Entwicklung der Jahresumsätze abgestellt wird, bewegt sich die Beklagte als Zuwendungsgeberin innerhalb der ihr offenstehenden Befugnis zu einer typisierenden Erfassung der maßgeblichen Zuwendungssachverhalte. Denn dem Zuwendungs- und Richtliniengeber bzw. der Zuwendungsbehörde ist ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz ein bestimmtes Maß an Typisierung zuzugestehen. Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen. Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, den Förderungsgegenstand nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Dies gilt umso mehr deswegen, weil ihm – wie bereits ausgeführt – sachbezogene Gesichtspunkte dabei in einem sehr weiten Umfang an die Hand gegeben sind (VG München, U.v. 17.10.2022 – M 31 K 21.4328 – juris Rn. 34).
53
Die maßgebliche Anknüpfung eines coronabedingten Umsatzrückgangs an unmittelbare innerstaatliche Beschränkungen der wirtschaftlichen Betätigung in Abgrenzung zu mittelbaren Auswirkungen der Pandemiesituation weltweit, wie z.B. vorliegend Verzögerungen in Material- und Lieferketten im Ausland und dortige Infektionsschutzmaßnahmen, die wiederum dazu führten, dass die Klägerin Aufträge verschieben musste, begegnet vor diesem Hintergrund keinen Bedenken. Es handelt sich um ausreichende sachliche Gründe, die eine willkürfreie Differenzierung ermöglichen, da mithin auf eine unterschiedliche*Nähe*zu coronabedingten Einschränkungen abgestellt wird (VG München, U.v. 31.3.2023 – M 31 K 22.3509 – juris Rn. 25; vgl. zur parallelen Fragestellung im Rahmen der Antragsberechtigung zur November- bzw. Dezemberhilfe BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris Rn. 24; VG Würzburg, U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 44; VG München, U.v. 15.11.2022 – M 31 K 22.539 – juris Rn. 32 ff.).
54
Der konkrete Zuschnitt des Kundenprofils der Klägerin, welches (auch) einige deutsche Auslandsvertretungen aufweist, die Auftragsabwicklung vor Ort und der Umstand der Vereinbarung der Geltung deutschen Rechts stellen keine Besonderheiten dar, die dazu zwingen, eine andere subventionsrechtliche Bewertung vorzunehmen. Hieraus wird allein ein (überwiegender) Bezug zu einem (auch) im Ausland tätigen Auftraggeber deutlich. Die Realisierung der Gefahr von ausländischen Infektionsschutzmaßnahmen – unabhängig, ob im Auftragsverhältnis die Geltung deutschen Rechts vereinbart wurde oder nicht – ist einem Geschäftsmodell mit Auslandsbezug immanent und kein Grund, die auf inländische Infektionsschutzmaßnahmen abstellende Verwaltungspraxis der Beklagten in Bezug auf die Klägerin als nicht mehr vertretbar einzuordnen.
55
Schließlich dringt die Klägerin auch nicht mit dem sinngemäßen Verweis durch, ihr seien bei gleichbleibenden Sachverhalten in der Vergangenheit bereits Überbrückungshilfe III und III Plus gewährt worden, sodass ihr auch die streitgegenständliche Förderung gewährt werden müsse. Denn – aufgrund zahlreicher auch am hiesigen Gericht anhängiger Verfahren – als gerichtsbekannt unterstellt werden kann bereits die Tatsache, dass die betreffenden Bewilligungen aller Voraussicht nach vorläufig erteilt und unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid gestellt wurden, so dass auch vor diesem Hintergrund gegebenenfalls entsprechende Änderungen noch ohne weiteres möglich sind (vgl. VG München, U.v. 23.2.2024 – M 31 K 22.5466 – juris Rn. 34). Ein Schluss auf die (endgültige) Förderfähigkeit der Umsatzrückgänge kann allein deshalb nicht angenommen werden, da es sich jeweils um eigenständig zu beurteilende Förderprogramme handelt, bei denen grundsätzlich auch eine jeweils eigenständige Handhabung der Verwaltungspraxis möglich ist.
56
Nach alledem war die Klage vollumfänglich abzuweisen.
57
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.