Titel:
waffenrechtlich unzuverlässig, gewerberechtlich unzuverlässig, Waffenhandelserlaubnis, Unbedenklichkeitsbescheinigung, Waffenraum, Waffeneigenschaft, Faustmesser, verbotene Waffen
Normenketten:
WaffG § 21 Abs. 1 S. 3
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 5
WaffG § 45
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2
StPO § 153 Abs. 2
AWaffV § 13
Leitsätze:
1. Die Zuverlässigkeit nach § 21 WaffG geht weiter als nach § 5 WaffG.
2. An die Unbrauchbarmachung einer Waffe sind hohe Anforderungen zu stellen.
Schlagworte:
waffenrechtlich unzuverlässig, gewerberechtlich unzuverlässig, Waffenhandelserlaubnis, Unbedenklichkeitsbescheinigung, Waffenraum, Waffeneigenschaft, Faustmesser, verbotene Waffen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 42766
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Landratsamts … (Landratsamt) vom 26. November 2019, mit dem sein Antrag auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Teilnahme an der Waffenfachkundeprüfung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) … abgelehnt wurde.
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Am 26. Oktober 2018 beantragte der Kläger die Erteilung der Erlaubnis zum Waffenhandel für die Neugründung der Firma … Er beabsichtigte, die Fachkundeprüfung bei der IHK … für den Waffenhandel nach § 22 Waffengesetz (WaffG) zu absolvieren und forderte dafür zunächst eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“.
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Nach diversem Schriftverkehr und Ermittlungen des Landratsamtes, sowie einer beim Kläger durchgeführten Kontrolle der Waffenaufbewahrung am 14. August 2019 wurde mit Bescheid vom 26. November 2019 der Antrag auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Teilnahme an einem Vorbereitungslehrgang für die Waffenfachkundeprüfung bezüglich des angestrebten Waffenhandels abgelehnt (Ziff. 1). Dem Kläger wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziff. 2). Es wurde eine Gebühr in Höhe von 150 EUR festgesetzt (Ziff. 3).
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass im Rahmen der Zuverlässigkeitsüberprüfung mehrere strafrechtliche Verfahren gegen den Kläger bekannt wurden (werden aufgeführt). Zudem sei durch den 2. Vorstand der Schießleistungsgruppe … für den Kläger als 1. Vorstand eine (Vereins-)Waffenbesitzkarte beantragt worden. Dabei sei angegeben worden, dass die Vereinswaffen im Waffenraum des Klägers gelagert werden sollten. Der Kläger habe ebenfalls von einem Waffenraum gesprochen. Dieser sei bei der durchgeführten Aufbewahrungskontrolle jedoch nicht existent gewesen. Lediglich der gemeldete Waffenschrank sei vorgefunden wurden. Bei der Kontrolle sei zudem bei zwei Vereinswaffen und einer Waffe, die auf der Waffenbesitzkarte des Klägers eingetragen gewesen sei, aufgefallen, dass die Herstellungsnummern nicht mit den in der Waffenbesitzkarte hinterlegten Herstellungsnummern übereinstimmten. Weiter sei der Kammerbeitrag bei der Handwerkskammer (HWK) … auf Antrag des Klägers reduziert und dennoch die Forderung vom 29. August 2019 bis Bescheiderlass nicht beglichen worden. Entgegen der Angaben des Klägers habe sein Ausschluss vom Amt als Landesschießwart wegen Vortäuschung falscher Tatsachen sowie unkameradschaftlichen und verbandsschädigenden Verhaltens stattgefunden.
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In summarischer Betrachtung der Gesamtumstände sei daher die für den Waffenhandel erforderliche Zuverlässigkeit nicht gegeben. Der Kläger sei bislang 29 Mal polizeilich in Erscheinung getreten. Die im Bescheid aufgeführten Verfahren seien nicht aus Gründen der Unschuld, sondern aufgrund von Geringfügigkeit oder nach § 170 Abs. 2 StPO aus rechtlichen Gründen eingestellt worden. Der rückständige Kammerbeitrag lasse darauf schließen, dass keine geordneten Vermögensverhältnisse vorlägen. Wenn der Kläger schon keine Gewähr dafür bieten könne, die persönlichen waffenrechtlichen Erlaubnisse ordnungsgemäß vorzuhalten, könne seine Zuverlässigkeit und diese Sorgfalt vor allem im Hinblick auf die im Waffenhandel anfallende Menge an durchlaufenden Waffen nicht unterstellt werden.
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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 18. Dezember 2019 zu Protokoll der Rechtsantragsstelle des Verwaltungsgerichts Bayreuth Klage und begründete diese mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 2. Juni 2020. Er beantragte zuletzt,
den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die mit Schreiben vom 26.10.2018 (nicht 29.10.2018) beantragte Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Teilnahme an einem Vorbereitungslehrgang für die Waffensachkundeprüfung zu erteilen und den Bescheid des Landratsamtes … vom 26. November 2019, Z. 22 – 1350/11, aufzuheben.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass es der Sachbearbeiterin des Landratsamts um einen persönlichen Rachefeldzug gegen den Kläger gehe und von einer objektiven Beurteilung des Sachverhalts keine Rede sein könne.
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Zwar könne die Behörde wegen § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG Erkundigungen aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister des Generalbundesanwalts beim Bundesgericht einholen, das Landratsamt habe jedoch eine Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister über alle von der Staatsanwaltschaft gegen den Kläger in die Wege geleitete Strafverfahren im Zeitraum von 2005 bis 31. Oktober 2018 eingeholt. Im Auszug aus dem Gewerbezentralregister vom 13. November 2018 sei im Hinblick auf den Kläger keine Eintragung vorhanden. Der Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis enthalte keinen negativen Eintrag für den Kläger. Die IHK … habe mit Schreiben vom 9. Juni 2019 mitgeteilt, dass Tatsachen, die auf eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers schließen ließen, nicht bekannt seien. Gegen die Erteilung der beantragten Erlaubnis würden keine Einwendungen erhoben. In den genannten Strafverfahren sei es nicht zu einer Verurteilung des Klägers, sondern zu einer Einstellung bzw. Verweisung auf den Privatklageweg gekommen (wird im Einzelnen ausgeführt). Der Kläger selbst habe nie von einem Waffenraum gesprochen und im Anwesen des Klägers in … befände sich kein Waffenraum. Dieser sei, wie im Antrag vom 26. Oktober 2018 angegeben, im Anwesen des Klägers in … zu finden. Es sei zutreffend, dass bei drei Waffen die Herstellungsnummer nicht mit der in der Waffenbesitzkarte hinterlegten Herstellungsnummer übereinstimme. Der Verkäufer dieser Waffen, Herr ..., habe die Herstellungsnummer dem Landratsamt fehlerhaft mitgeteilt. Auch im Aktenvermerk des Landratsamts vom 15. August 2019 sei von einem Schreibfehler die Rede, weshalb dies nicht dem Kläger angelastet werden könne, sondern ein Fehler des Landratsamts bzw. Herrn ... sei. Weiterhin habe der Kläger als Geschäftsführer der Firma … die Reduzierung des Handwerkskammerbeitrages beantragt, da er diese mit seiner Firma … fusioniert habe und zwar nicht wie geplant bereits 2019, sondern erst im Jahre 2020. Da beide Firmen-Mitglieder der HWK … waren bzw. sind, habe der Kläger eine Reduzierung des Kammerbeitrages auf 0 bzw. 50% beantragt. Der Kläger habe dem Landratsamt zudem erklärt, dass er noch nicht bestandskräftig als Vorstand abberufen sei, da schiedsgerichtliche und gerichtliche Verfahren noch nicht beendet gewesen seien.
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Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz des Landratsamts vom 13. August 2020,
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Begründet wird dies mit der Einstufung des Klägers im Gesamtbild seines Verhaltens als nicht zuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG. Insbesondere spreche die Tatsache, dass der Kläger die notwendige Sorgfalt bezüglich der Herstellernummern schon bei wenigen Waffen nicht walten lasse, gegen die Zuverlässigkeit im Hinblick auf die Erteilung einer Erlaubnis zum Waffenhandel.
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Mit Beschluss des Gerichts vom 18. Januar 2021 wurde das Gerichtsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des von der Staatsanwaltschaft … gegen den Kläger wegen des Betreibens illegalen Waffenhandels und illegalen Besitzes einer Kurzwaffe geführten Strafverfahrens (Az. …) ausgesetzt.
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Nach der Mitteilung des Landratsamts vom 24. November 2020, dass mit Beschluss des Amtsgerichts … vom 9. November 2022 das Strafverfahren gegen den Kläger gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, wurde das Gerichtsverfahren wiederaufgenommen.
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Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2022 legte das Landratsamt dar, dass der Kläger wiederholt und gröblich gegen waffenrechtliche Vorschriften verstoßen habe und damit unzuverlässig im waffenrechtlichen Sinne nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG sei. Der Kläger habe mit Frau ... sowie Herrn ... am 2. Dezember 2019 eine Kommanditgesellschaft gegründet, in welcher er und Herr ... als Kommanditisten, Frau ... als Komplementärin fungierten. Die KG sei am 22. Januar 2020 beim Amtsgericht … eingetragen worden und habe am 1. Dezember 2019 bei der Gemeinde … ein Gewerbe zum Handel mit Waffen und Munition unter dem Namen … Waffenhandel KG mit Hauptniederlassung in … und einer Zweigniederlassung in … angemeldet. Zur Gewerbeanmeldung sei die bestehende Waffenhandelserlaubnis des Herrn ... angegeben worden. Dem Kläger sei durch die Anmeldung einer Zweigniederlassung an seinem Zweitwohnsitz maßgeblich Einfluss auf den Geschäftsbetrieb, nämlich den Betrieb einer Zweigniederlassung eingeräumt worden. Er habe in diesem Zeitpunkt nicht die für den Waffenhandel erforderliche Erlaubnis besessen.
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Der Kläger habe wissentlich und ohne entsprechende Erlaubnis versucht, vom Waffenhandel ... am 6. März 2020 zwei erlaubnispflichtige Repetierbüchsen für die Kommanditgesellschaft zu erwerben. Das diesbezüglich eingeleitete Strafverfahren (Az. …) sei nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Ferner habe er die tatsächliche Gewalt über eine halbautomatische Kurzwaffe über den gesetzlichen vorgeschriebenen Zeitraum von einem Monat hinaus entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a WaffG ausgeübt. Diese sei im Rahmen der Durchsuchung am 7. Mai 2020 sichergestellt worden.
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Der Kläger habe vorsätzlich über die Konstruktion der KG, die bereits am 1. Dezember 2019 als Gewerbe angemeldet wurde, trotz ablehnendem Bescheid des Landratsamtes vom 26. November 2019 verschleiern wollen, dass er nicht über die notwendigen waffenrechtlichen Erlaubnisse verfüge. Dies wiege insbesondere aufgrund seines Vorwissens nach dem Ablegen des Theorieteils und der Anmeldung zur Fachkundeprüfung schwer und könne nur als Vorsatz gewertet werden. Ferner beweise der Umstand, dass der Kläger sich von seiner eigenen KG eine Waffe mittels Leihschein über die gesetzlich verankerte Monatsfrist hinaus lieh, dass er bewusst versucht habe, die gesetzlich vorgeschriebene Erwerbs- und Besitzerlaubnis willentlich und wissentlich zu umgehen. Zudem sei seit Ende 2019/Anfang 2020 beim Landratsamt … ein Gewerbeuntersagungsverfahren anhängig, da Ausstände beim Finanzamt in Höhe von ca. 20.000 EUR, bei der Berufsgenossenschaft in Höhe von ca. 2.500 EUR und bei den Stadtwerken … in Höhe von ca. 50.000 EUR bekannt wurden.
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Auf Nachfrage des Gerichts teilte das Landratsamt mit Schriftsatz vom 20. Juni 2024 mit, dass dem Kläger am 7. Mai 2024 sämtliche waffenrechtliche Erlaubnisse u.a. aufgrund von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG mündlich widerrufen worden seien und dies noch schriftlich erfolge. Am 26. Juni 2024 übersandte das Landratsamt einen Bescheid, mit dem diese Anordnung schriftlich bestätigt wird und dem Kläger der Erwerb und Besitz nicht erlaubnispflichtiger und erlaubnispflichtiger Waffen untersagt wird, da er unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG sei. Bei der Waffenkontrolle am 7. Mai 2024 seien verbotene Waffen aufgefunden worden und diverse Waffen entgegen der geltenden Aufbewahrungsvorschriften aufbewahrt worden, wodurch ein erneuter Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften vorliege. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Verfahrens B 1 K 24.647.
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Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 2. Juli 2024 und 15. Oktober 2024 verwiesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakte Bezug genommen, auch im Verfahren B 1 K 24.647, sowie das klageabweisende Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2024 im Verfahren B 1 K 24.627.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
19
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Unbedenklichkeitsbescheinigung auf Grundlage von § 21 WaffG. Der Kläger wird durch den ablehnenden Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 VwGO.
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Zwar ist § 21 WaffG nicht unmittelbar Rechtsgrundlage für die Anforderung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung. Da jedoch auch nach Angaben des Beklagten regelmäßig von den Industrie- und Handelskammern in Deutschland im Rahmen einer Vorprüfung eine solche Bescheinigung gefordert wird, ist ein Rechtschutzbedürfnis des Klägers zu bejahen und die Prüfung der Voraussetzungen des § 21 WaffG entsprechend schon auf den Zeitpunkt vor Ablegen der Waffenfachkundeprüfung nach § 22 WaffG vorzuverlegen.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf die versagte Unbedenklichkeitsbescheinigung, da er unzuverlässig im Sinne des § 21 Abs. 3 Nr. 1 WaffG ist.
22
In diesem Verpflichtungsklageverfahren ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BayVGH, U.v. 29.6.2016 – 21 B 16.527 – juris Rn. 21; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 42 Rn. 39).
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1. Die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken.
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Insbesondere sind Anhaltspunkte für eine etwaige Befangenheit der zuständigen Sachbearbeiterin nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) nicht erkennbar.
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Zwar hat das Landratsamt umfangreiche Ermittlungen vorgenommen und einige Auskünfte aufgrund der Aktualität mehrfach angefordert. Die in § 5 Abs. 5 Satz 1 WaffG vorliegende Aufzählung der pflichtgemäß einzuholenden Auskünfte ist jedoch nicht abschließend. Weitere Erkundigungen können eingeholt werden (vgl. König/Papsthart, WaffG, 2. Aufl. 2012, § 5 Rn. 24). Zudem ist eine Aktualisierung der Auskünfte im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung bei einem länger andauernden Verfahren – wie vorliegend – aus Sicherheitsgründen opportun.
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Weiter bestehen unter dem Gesichtspunkt des Art. 24 Abs. 2 BayVwVfG keine Bedenken im Hinblick auf die Ausführungen der gegen den Kläger sprechenden Erwägungen im Ablehnungsbescheid, da diese denknotwendig heranzuziehen sind, um die ablehnende Entscheidung zu stützen. Wie sich jedoch insbesondere aus der Behördenakte ergibt, wurden gleichermaßen für den Kläger sprechende Auskünfte eingeholt und berücksichtigt, wie etwa die Auskunft aus dem Gewerbezentralregister oder das Schuldnerverzeichnis. Dass diese keinen Eingang in die Begründung des ablehnenden Bescheids fanden, ist nicht zu beanstanden.
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2. Dem Kläger ist die begehrte Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht zu erteilen, da er aufgrund waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit nach § 5 WaffG unzuverlässig nach § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WaffG ist. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung, dem Beklagten steht kein Ermessen zur Verfügung.
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a) Der Kläger ist aufgrund verschiedener Verstöße bei der Waffenkontrolle am 7. Mai 2024 waffenrechtlich unzuverlässig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG. Danach besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dabei ist in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2008 – 21 ZB 08.655 – juris Rn. 7). Dies hat, wie sich von selbst versteht, auch für den Umgang mit Waffen und Munition bei der Ausübung des Waffenhandels zu gelten (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – juris Rn. 10). Bei der Prognose ist dann, wenn eine Erlaubnis zur Ausübung des Waffenhandels begehrt wird, zu berücksichtigen, dass gerade den Waffenhändler nach § 42 Abs. 1 S. 1 WaffG besondere Verpflichtungen hinsichtlich der Aufbewahrung von Waffen treffen, da er erfahrungsgemäß im Rahmen seines Gewerbes ständig eine Vielzahl von Waffen aufbewahren und jederzeit die Gewähr dafür bieten muss, dass diese Waffen sicher und für Unbefugte unzugänglich verwahrt werden. Verstöße gegen derartige Vorschriften sind im Rahmen der Prognose im besonderen Maße geeignet, begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit zur Ausübung des Waffenhandels aufkommen zu lassen (vgl. OVG Saarland, U.v. 15.9.1993 – 3 R 3/93 – juris Rn. 60).
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Vorsichtig und sachgemäß im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ist der Umgang mit Waffen und Munition nur dann, wenn alle zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten ausgenutzt werden, die Waffe so zu verwahren, dass ein Zugriff Unberechtigter nach Möglichkeit verhindert wird (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2021 – 24 ZB 20.3095 – juris Rn. 15).
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Der Kläger ist hiernach waffenrechtlich unzuverlässig i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG.
31
aa) Er bewahrte zwei Faustmesser entgegen der Aufbewahrungsvorschriften auf. Es handelt sich ausweislich des Untersuchungsprotokolls der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) … vom 2. Juli 2024 bei den beim Kläger aufgefundenen Faustmessern um zwei Faustmesser nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 b WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 2.1.3 zum WaffG. Diese sind verbotene Waffen nach Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.2 zum WaffG.
32
Für die Aufbewahrung gilt daher nach § 36 Abs. 5 Satz 1 WaffG i.V.m. § 13 Abs. 1 AWaffV, dass sie in einem Behältnis aufzubewahren sind, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 (Stand Mai 1997, Oktober 2002, Februar 2006, Januar 2010, Juli 2012 oder Juli 2019) mit dem in Absatz 2 geregelten Widerstandsgrad und Gewicht entspricht und zum Nachweis dessen über eine Zertifizierung durch eine akkreditierte Stelle gemäß § 13 Abs. 10 AWaffV verfügt.
33
Das vom Kläger vorgenommene Einbringen in eine Halterung, mit der die Faustmesser auf dem Fensterbrett aufgestellt bzw. an der Wand angebracht wurden, genügt diesen Anforderungen zweifelsohne nicht.
34
Die Halterungen führten allerdings nicht dazu, dass die Waffeneigenschaft der beiden Faustmesser als solche aufgehoben worden wäre und sie nicht mehr als Faustmesser einzuordnen wären. Zwar können Waffen durch Umbau zu reinen Gebrauchsgegenständen werden und ihre Waffeneigenschaft verlieren, z.B. wenn bei einem Dolch die Klinge stumpf geschliffen wird (vgl. Gade, 3. Aufl. 2022, WaffG § 1 Rn. 13 ff.).
35
Das Gericht hat jedoch insbesondere nach Einvernahme des Zeugen ... in der mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2024 keine Zweifel, dass die Waffeneigenschaft der Faustmesser vorliegend fortbestand.
36
Das an der Wand aufgefundene Faustmesser konnte der Zeuge ohne größeren Kraftaufwand aus der Halterung entnehmen. Zudem war dessen Spitze nicht, wie vom Kläger behauptet, in Acryl eingegossen. Wie sich aus den Lichtbildern 14 und 15 (Bl. 2334 f. BA) und der glaubwürdigen Zeugenaussage ergibt, war an diesem Faustmesser lediglich von einer Seite ein Plättchen aus Plastik aufgeklebt. Im Protokoll der KPI … ist von einer Kunststoffkappe die Rede, welche leicht entfernt werden konnte und für die waffenrechtliche Beurteilung ohne Belang sei.
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Gleiches gilt für das andere Faustmesser, welches zwar mit zwei Schrauben an der Holzhalterung befestigt gewesen sein mag. Nach dem Lösen der Schrauben und Entfernen der Halterung handelte es sich jedoch, wie auf Lichtbild 16 (Bl. 2335 BA) ersichtlich, eindeutig um ein Faustmesser. Hinzu kommt, dass bei diesem Messer auch ausladende Klingen zu beiden Seiten ohne jegliche Sicherung stetig vorhanden waren (Lichtbild 5, Bl. 2330 BA). Anhaltspunkte für die vom Kläger angegebene in Acryl eingegossene Spitze ergeben sich weder aus den Lichtbildern, noch aus der Zeugenaussage. In der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2024 und der Klagebegründung gab der Kläger selbst noch an, dass die Spitze in Holz steckte (vgl. Seite 2 des Protokolls). Selbst wenn das Gericht davon ausgehen würde, dass die beiden Faustmesser an der Spitze in Acryl eingelassen waren, wäre die Waffeneigenschaft nicht entfallen, da beide Messer von diesem Acryl unstreitig ohne den Einsatz von Werkzeug, mit mehr oder minder großem Kraftaufwand durch Herausziehen hiervon getrennt werden konnten. Das Gericht ist überzeugt, dass die Halterungen die Waffeneigenschaft nicht berührten und lediglich der Praktikabilität der Aufbewahrung dienten.
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Eine Unbrauchbarmachung kommt im Übrigen nur für Schusswaffen in Betracht, vgl. Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 8.3 zum WaffG. Die mit langen, scharfen Klingen versehenen Faustmesser sind keine Dekoartikel. Sie unterliegen in vollem Umfang dem Waffengesetz, hier den Aufbewahrungsvorschriften (vgl. VG München, U.v. 24.7.2013 – M 7 K 13.443 – juris Rn. 24).
39
bb) Der Kläger bewahrte zudem Hiebwaffen (Baseballschläger mit Stacheldraht umwickelt, Klingenpeitsche) entgegen der gesetzlichen Aufbewahrungsvorschriften auf.
40
Bei dem Baseballschläger, der mit Stacheldraht umwickelt war und der Klingenpeitsche handelt es sich ausweislich des Untersuchungsprotokolls der KPI … jeweils um eine Hiebwaffe nach § 1 Abs. 2 Nr. 2a WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitte 2 Nr. 1.1 zum WaffG (Bl. 2625 f. BA). Der Klagepartei ist zuzugeben, dass der aufgefundene Morgenstern eine zu Dekorationszwecken hergestellte Nachbildung und damit keine Waffe im Sinne des Waffengesetzes ist.
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Die Hiebwaffen sind nach § 36 Abs. 5 Satz 1 WaffG i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 1 AWaffV mindestens in einem verschlossenen Behältnis aufzubewahren. Da die Hiebwaffen an der Wand hingen, ohne dass es auf die konkrete Art der Befestigung ankommt, genügte der Kläger nicht diesen gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung.
42
cc) Das unter bb) Ausgeführte gilt gleichermaßen für den dreischneidigen Dolch mit gedrehten Klingen, der allerdings nicht im Bescheid, sondern erstmals in der Klageerwiderung Erwähnung findet.
43
dd) Es genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aufbewahrung nicht, dass sich die o.g. Waffen in einem abgeschlossenen Raum, der mit einer T-30 Türe gesichert war befanden. Zwar eröffnet § 13 Abs. 1 Satz 4 AWaffV die Option der Gesamtraumsicherung. Anhaltspunkt für den einzuhaltenden Standard kann etwa die Sicherung von Waffenkammern bei der Bundeswehr sein. Allerdings handelt es sich wie bei § 13 Abs. 1 Satz 3 AWaffV um einen Fall der vollzugsbehördlichen Einzelentscheidung (vgl. Papsthart in Steindorf, Waffenrecht, 11. Aufl. 2022, AWaffV § 13 Rn. 10). Der Waffeninhaber darf nicht nach Gutdünken von den gesetzlichen Vorgaben zur Waffenaufbewahrung abweichen, sondern erst und nur dann, wenn diese von der Waffenbehörde geprüft werden konnten und zugelassen sind (vgl. VG München, U.v. 24.7.2013 – M 7 K 13.443 – juris Rn. 25). Eine solche Zulassung lag für den „Waffenraum“ des Klägers nicht vor.
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b) Der Kläger ist zudem waffenrechtlich unzuverlässig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG. Das Landratsamt stützt die Unzuverlässigkeit des Klägers im Bescheid vom 26. November 2019 und der Klageerwiderung vom 13. August 2020 auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG.
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Danach besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (Buchst. a) bzw. Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
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Während nach Auffassung des Gerichts Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG weder vorgetragen noch ersichtlich sind, ist der Kläger unzuverlässig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG.
47
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG hat den Zweck, bei einer auf Tatsachen gestützten Prognostizierbarkeit eines spezifischen waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens den Eintritt von Schäden an hohen Rechtsgütern zu verhindern. In Anbetracht des Gefahren vorbeugenden Charakters der Regelung und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die Prognose eine auf der Lebenserfahrung beruhenden Einschätzung ausreichend und ein Restrisiko muss nicht hingenommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 8.9.2011 – 21 ZB 11.1286 – juris Rn. 7). Es reicht hierfür bereits das Vorliegen von Tatsachen aus, welche die Annahme eines unsachgemäßen Umgangs mit der Waffe oder Munition rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 8.9.2011 – 21 ZB 11.1286 – juris Rn. 10).
48
Der Kläger hat durch sein Verhalten unzweifelhaft Tatsachen geschaffen, die die Annahme rechtfertigen, dass er auch in Zukunft Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird. Seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit ist daher zu Recht als nicht mehr gegeben angesehen worden (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2010 – 21 ZB 10.444 – juris Rn. 5). Er versuchte, ohne die erforderliche Erlaubnis mit Schusswaffen zu handeln, strafbar als unerlaubter Handel mit Schusswaffen gem. § 52 Abs. 1 Nr. 2c WaffG, § 2 Abs. 2 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 zum WaffG i.V.m. §§ 21 Abs. 1 Satz 1, 21a WaffG, § 52 Abs. 2 WaffG, §§ 22, 23 Abs. 1, Abs. 2 StGB (Bl. 2128 ff. BA).
49
Auch wenn dieses Strafverfahren gegen den Kläger nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt wurde (Bl. 2216 BA), durfte der Beklagte den Sachverhalt für die Feststellung der Regelunzuverlässigkeit des Klägers heranziehen. Die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 StPO hindert die Behörden und Gerichte nicht, die festgestellten Tatsachen als gewichtig einzustufen. Die Bindung der Behörde an eine Einstellung des Strafverfahrens aus bestimmten Gründen sieht das Gesetz nicht vor. Einer Straftat kann ordnungsrechtlich größeres Gewicht als in strafrechtlicher Hinsicht zukommen. Dabei ist von dem ordnungsrechtlichen Zweck des Waffengesetzes auszugehen, die Allgemeinheit vor dem Schaden zu bewahren, der aus einem Umgang mit Schusswaffen durch nicht in jeder Hinsicht hierfür vertrauenswürdige Personen droht. Dass im Einzelfall bei einer waffenrechtlichen Verfehlung die Schuld im strafrechtlichen Sinn als gering anzusehen ist, bedeutet demnach nicht zugleich, dass die Verfehlung ordnungsrechtlich, d.h. im Hinblick auf den Schutz der Allgemeinheit nicht zur fehlenden Zuverlässigkeit führen kann. Es kommt somit nicht darauf an, ob das strafrechtliche Ermittlungsverfahren nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt wurde (vgl. BayVGH B.v. 8.9.2011 – 21 ZB 11.1286 – juris Rn. 11).
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Insgesamt offenbart das Verhalten des Klägers – wie zutreffend durch das Landratsamt dargestellt (vgl. hierzu auch unter a)) – ein problematisches Verhältnis zur Rechtsordnung, so dass eine i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG zu treffende Prognoseentscheidung zu seinen Ungunsten ausfallen muss (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2012 – 21 ZB 12.31 – juris Rn. 23).
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c) Der Kläger ist zudem im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG waffenrechtlich unzuverlässig. Danach besitzen die nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen haben. Gröblich meint gem. 5.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) eine schuldhafte (vorsätzliche oder fahrlässige), nach objektivem Gewicht und Vorwerfbarkeit schwerwiegende, womöglich mit Nachdruck begangene Zuwiderhandlung.
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aa) Dies ist beim Kläger der Fall. Er verstieß mit dem Besitz von zwei Faustmessern gröblich gegen § 2 Abs. 3 WaffG. Danach ist der Umgang und damit schon der Besitz (§ 1 Abs. 3 WaffG) der Faustmesser verboten, weil sie in Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.2 zum WaffG genannt sind. Es handelt sich nach objektivem Gewicht und Vorwerfbarkeit um einen schwerwiegenden und damit gröblichen Verstoß (vgl. Heinrich in Steindorf, Waffenrecht 10. Aufl. 2015, § 5 Rn. 25). Der Kläger hat mit § 2 Abs. 3 WaffG eine zentrale Vorschrift des Waffenrechts missachtet. Sie dient dem Schutz der Allgemeinheit vor einem missbräuchlichen Umgang mit solchen Waffen und Gegenständen, von denen aufgrund ihrer Zweckbestimmung, der Bedrohungswirkung, der Häufigkeit einer missbräuchlichen Verwendung oder der besonderen Geeignetheit, die Aggressionsbereitschaft zu provozieren, (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 53) typischerweise eine im Vergleich zu anderen Waffen gesteigerte Gefahr ausgeht. Verstöße, die vorsätzliche Straftaten darstellen, sind in aller Regel als gröblich einzustufen (BVerwG, U.v. 26.3.1996 – 1 C 12.95 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 11). Der vorsätzliche Besitz einer verbotenen Waffe führt daher in der Regel zur Unzuverlässigkeit (VG Köln, B.v. 6.5.2009 – 20 L 183/09 – juris Rn. 9; VG Münster, U.v. 29.11.2019 – 1 K 1385/17 – juris Rn. 31 ff.). Das Gewicht des vom Kläger begangenen Verstoßes zeigt sich auch daran, dass mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird, wer (vorsätzlich) entgegen § 2 Abs. 3 WaffG die verfahrensgegenständlichen Waffen besitzt (§ 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG). Das Gericht geht hier von einem vorsätzlichen Verstoß aus. Ein gröblicher Verstoß läge allerdings auch dann vor, wenn der Kläger lediglich fahrlässig handelte, denn auch ein fahrlässig begangener Verstoß gegen § 2 Abs. 3 WaffG ist strafbewehrt und wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft (§ 52 Abs. 4 WaffG).
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Unabhängig von dem Gewicht der Zuwiderhandlung hat der Kläger den Tatbestand der Regelunzuverlässigkeit des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG auch dadurch erfüllt, dass er zwei Faustmesser besaß und so wiederholt das Waffenbesitzverbot missachtete (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2019 – 21 CS 18.1579 – juris Rn. 12 f.).
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bb) Der Kläger wurde diesbezüglich bereits mit Strafbefehl vom 15. Juli 2024 wegen vorsätzlichem Besitz von zwei verbotenen Waffen nach §§ 52 Abs. 3 Nr. 1, 54 WaffG zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Unabhängig vom Ausgang eines Strafverfahrens unterliegt die behördliche Prognose der Unzuverlässigkeit jedoch der vollen gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2023 – 24 CS 23.495 – juris Rn. 20). Die zuständigen Verwaltungsgerichte stellen eigenständig fest, welche Gesetzesverletzungen der Betroffene begangen hat und bewerten rechtlich, ob diese als gröbliche oder wiederholte Verfehlungen qualifizierbar sind (vgl. BayVGH B.v. 20.7.2020 – 24 ZB 19.1204 – juris Rn. 13), ohne dass es darauf ankommt, ob die Behörde von der Möglichkeit des § 5 Abs. 4 WaffG Gebrauch gemacht hat. Zudem ist im vorliegenden Verfahren auf den Zeitpunkt des (mündlichen) Bescheiderlasses abzustellen, in dem der Sachverhalt unabhängig von einem etwaigen Ausgang des Strafverfahrens gegen den Kläger zu bewerten war und zutreffend bewertet wurde.
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cc) Weitere wiederholte Verstöße gegen die Vorschriften des Waffengesetzes liegen vor, da der Kläger wie unter a) dargestellt auch bezüglich der Hiebwaffen mehrfach gegen Aufbewahrungsvorschriften nach § 36 Abs. 5 WaffG i.V.m. § 13 AWaffV verstieß. Dies stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 53 Abs. 1 Nr. 23 WaffG i.V.m. §§ 34 Abs. 12, 13 Abs. 2 AWaffV dar.
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dd) Ein weiterer Verstoß liegt zudem in dem unter b) dargestellten versuchten unerlaubten Handel mit Schusswaffen.
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ee) Anhaltspunkte, die ein Abweichen von dieser Regelvermutung rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Nach ständiger Rechtsprechung kommt eine Abweichung von der Vermutung nur dann in Betracht, wenn die Umstände des Verhaltens bzw. Verstoßes die Verfehlung des Betroffenen ausnahmsweise derart in einem milden Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Verfehlung begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2008 – 3 B 12/08 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 18.4.2011 – 21 CS 11.373 – juris Rn. 8). Erforderlich ist danach eine Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck kommt (vgl. Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Aufl. 2020, Rn. 774 f.).
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Der Kläger, der einen Waffenhandel eröffnen wollte, hat bereits Stunden im Vorbereitungskurs bei der Waffenschule … für die Waffenfachkundeprüfung bei der IHK … absolviert. Er war über viele Jahre in diversen Funktionen in Schützenvereinen, u.a. als Vereinsvorsitzender und Schießwart des von ihm gegründeten „…“ und als Landesschießwart tätig. Es ist daher davon ausgegangen, dass der Kläger in voller Kenntnis der Rechts- und Tatsachenlage handelte, was die Regelvermutung nicht entkräftet, sondern verstärkt.
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d) Auf diverse weitere Aspekte potenzieller Unzuverlässigkeit des Klägers, wie die Existenz eines Waffenraums, die Abberufung des Klägers als Landesschießwart, die Eintragung der privaten Waffe des Klägers auf der Vereinswaffenbesitzkarte der Schießsportgruppe … oder die nicht übereinstimmenden Herstellungsnummern auf drei Waffen mit den in den Waffenbesitzkarten eingetragenen bei der Aufbewahrungskontrolle am 14. August 2019, sowie die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Kurzwaffe über den gesetzlichen vorgeschriebenen Zeitraum von einem Monat hinaus entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a WaffG kommt es aufgrund der nach obigen Ausführungen feststehenden Unzuverlässigkeit des Klägers nicht mehr entscheidungserheblich an.
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Der Kläger ist zudem nicht nur unter waffenrechtlichen Gesichtspunkten unzuverlässig, sondern auch im Hinblick auf das Führen eines Gewerbes bestehen erhebliche Bedenken.
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Die für eine Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Handel mit Schusswaffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit ist gewerbebezogen und stellt weitergehende Anforderungen als die für die allgemeinen waffenrechtlichen Erlaubnistatbestände nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2018 – 21 ZB 16.1783 – juris Rn. 29). Nach Ziffer 21.7.1 WaffVwV sind im Zusammenhang mit der Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit von den dafür zuständigen Stellen (z.B. Gewerbezentralregister, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer) Angaben zu gewerberechtlichen Fragen (z.B. Niederlassungen, Qualifikation, Ausbildereignung) einzuholen.
62
Ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen den Kläger, das zunächst ruhte, wurde seitens des Beklagten wiederaufgenommen und der Kläger mit Schreiben vom 24. September 2024 zu einer beabsichtigten Gewerbeuntersagung angehört (Bl. 2684 f. BA). Da erhebliche Schulden gegenüber der Gemeinde … und den Stadtwerken … bestünden, lägen begründete Zweifel an seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit vor.
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Der Kläger hatte bzw. hat erhebliche Rückstände bei der HWK …, der Gemeinde … und den Stadtwerken …
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a) Zunächst gab die HWK … mit Schreiben vom 28. Juni 2019 Rückstände von 692,00 EUR und ein gegen die Firma … eingeleitetes Ordnungswidrigkeitenverfahren bekannt (Bl. 563 BA). Dieser ursprüngliche Handwerkskammerbeitrag wurde mit Korrekturbescheid vom 29. Augst 2019 um die Hälfte ermäßigt und mit Fristsetzung bis zum 15. Dezember 2019 eine Summe in Höhe von 343,50 Euro in Rechnung gestellt. Letztlich wurde der Beitrag am 8. Januar 2020 bei der HWK für … verbucht (Bl. 1119 BA). Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestanden keine Rückstände bei der HWK … (vgl. Protokoll und Bl. 55 GA).
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b) Bei der Gemeinde … waren Stand 19. September 2024 diverse Forderungen in Höhe von 9.709,89 EUR, 7.391,45 EUR, 3.216,80 EUR und 2.579,82 EUR gegenüber dem Kläger bzw. dessen Firmen offen (Bl. 2666 ff. BA). Diese wurden teilweise angemahnt, teilweise wurde die Vollziehung ausgesetzt und teilweise wurde ein Gerichtsvollzieher beauftragt bzw. erfolgen Zahlungen über den Gerichtsvollzieher. Dies deckt sich mit den Angaben des Klägers, eine Zahlungsvereinbarung mit dem Gerichtsvollzieher getroffen zu haben (Bl. 101 GA).
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c) Mit E-Mail vom 20. September 2024 bestätigt das Forderungsmanagement der Stadtwerke … unter Bezugnahme auf die Nachricht vom 3. Juli 2024, dass sich an den Außenständen nichts geändert habe, jedoch Ratenzahlung vereinbart worden sei (Bl. 2677 BA). Am 3. Juli 2024 wurde ein Zahlungsrückstand von 68.000,00 EUR mitgeteilt (Bl. 2531 BA).
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Auch wenn der Kläger diesen Zahlungsrückstand vehement unsubstantiiert bestreitet, ohne jegliche Nachweise für seine Behauptungen vorzulegen, räumt er selbst einen vormaligen Rückstand von etwa 25.000,00 EUR ein und einen aktuellen Rückstand von etwa 6.000,00 EUR bis 7.000,00 EUR.
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d) Im Ergebnis sind und waren nicht unerhebliche Forderungen gegen den Kläger bzw. seine Firmen offen, die Gegenstand von Klageverfahren waren und nicht fristgerecht beglichen wurden oder erst nach Beauftragung des Gerichtsvollziehers. Das Gericht teilt daher die Bedenken des Landratsamtes im Hinblick auf die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Klägers, ohne dass es hierauf noch streitentscheidend ankäme.
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Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger als unterliegende Partei, § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO hinsichtlich der Vollstreckung durch den Beklagten bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen nicht, zumal er auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.