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AG München, Endurteil v. 01.02.2024 – 223 C 15954/23
Titel:

Schadenminderungspflicht, Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, außergerichtliche Anwaltskosten, Streitwert, Elektronischer Rechtsverkehr, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Schadensersatzpflicht, Wert des Beschwerdegegenstandes, Kostenentscheidung, Anderweitige Erledigung, Sicherheitsleistung, Geschäftsgebühr, Rücktritt vom Kaufvertrag, Qualifizierte elektronische Signatur, Klageabweisung, Umweltprämie, Formlose Mitteilung, Aufgabe zur Post, Geltendmachung

Schlagworte:
Schadensersatzanspruch, Kaufvertrag, Lieferverzug, Erfüllungsgehilfe, Ersatzbeschaffung, Umweltprämie, Schadensminderungspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2024, 42696

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.924,04 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.04.2023 sowie weitere 280,60 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 59 % und die Beklagte 41 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 4.722,44 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag.
2
Der Kläger hat bei der Beklagten im Juni 2022 einen Pkw Hyundai Kona Elektro bestellt. Die Beklagte hat die Bestellung angenommen. Als unverbindlicher Liefertermin hat die Beklagte das Jahr 2022 angegeben, Anlage K1.
3
Nachdem keine Lieferung des Fahrzeugs erfolgte hat der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 20.2.2023 eine Frist zur Lieferung bis spätestens 8.03.2023 gesetzt, Anlage K 2. Nachdem auch nach Ablauf der Frist keine Lieferung erfolgte und auch seitens der Beklagten kein verbindlicher Liefertermin genannt wurde ist der Kläger mit Schreiben vom 13.03.2023 vom Vertrag zurückgetreten, Amlage K 3. Dieser Rücktritt ist seitens der Beklagten mit Email vom 14.03.2023, Anlage K4, bestätigt worden.
4
Der Kläger hat sich ein anderes Fahrzeug, einen Volvo XC 40 Recharge, gekauft und per Leasing finanziert.
5
Zum Zeitpunkt der Bestellung des Kona Elektro bei der Beklagten gab es eine Umweltprämie in Höhe von 6000 €, ab dem 01.01.2023 belief sich diese nurmehr auf 4500 €.
6
Der Kläger trägt vor, durch die Nichtlieferung des Fahrzeugs durch die Beklagte seien ihm folgende Schäden entstanden:
Reduzierte Umweltprämie: 1500 €
Zusätzliche Leasingskosten: 2798,40 €
Fahrzeugbereitstellungskosten: 140 €
Kosten der Fahrzeugabholung: 284,04 €.
7
Es ergibt sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 4722,44 €, welcher mit der vorliegenden Klage geltend macht wird.
8
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4722,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2023 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 540,50 € zu bezahlen
9
Die Beklagtenseite beantragt:
Klageabweisung
10
Die Beklagtenseite bestreitet eine Schadensersatzpflicht der Beklagten, die Lieferung sei vor dem Rücktritt des Klägers schon nicht fällig gewesen, da kein fester Lieferzeitpunkt vereinbart worden ist. Desweiteren liege das für einen Verzug vorausgesetzte Verschulden nicht vor. Die Lieferverzögerungen seien von der Beklagten nicht zu vertreten.
11
Im Übrigen habe der Kläger seine Schadensminderungspflicht verletzt, denn die Beklagte habe dem Kläger schon im Jahr 2022 das gleiche Modell wie das erwartete Neufahrzeug als vorübergehendes Mietfahrzeug zu weit unter dem Marktpreis liegenden Konditionen zur Verfügung gestellt. Der gesamte Schaden wäre dem Kläger nicht entstanden, wenn er den Mietwagen der Beklagten weiterhin in Anspruch genommen und am Kauf festgehalten hätte.
12
Zur Ergänzung wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Partei nebst Anlagen sowie die sonstigen Aktenbestandteile, insbesondere das Sitzungsprotokoll von 14.12.2023.

Entscheidungsgründe

A.
13
Die zulässige Klage ist in der Hauptsache teilweise begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagtenseite ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1924,04 € zu. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
14
Der Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich aus §§ 433 BGB i.V.m. 280, 281, 286, 249 BGB.
15
I. Die Beklagte hat vorliegend ihre aus dem Kaufvertrag vom Juni 2022 geschuldete Leistung, nämlich die Lieferung des PKW Hyundai KONA Elektro nicht erfüllt. Diese Pflicht war zum Zeitpunkt des Rücktritts des Klägers auch fällig, da der Kläger, wie es die als Anlage B 2 vorgelegten AGB der Beklagten vorschreiben (dort unter IV.), der Beklagten sechs Wochen nach Überschreitung des unverbindlichen Liefertermins eine Lieferfrist gesetzt hat und die Beklagten auch innerhalb dieser Frist nicht geleistet haben.
16
II. Das Verschulden der Beklagtenseite wird nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Eine Exkulpation ist der Beklagtenseite vorliegend nicht gelungen.
17
Die Beklagte beruft sich pauschal auf Lieferverzögerungen und Produktionsengpässe beim Hersteller, ohne dieser näher darzustellen oder zu belegen. Die Beklagtenseite hat insbesondere nicht vorgetragen, welche Anstrengungen sie unternommen hat, um im vorliegenden konkreten Einzelfall ihre Pflichten aus dem Kaufvertrag zu erfüllen.
18
Zudem gilt der Hersteller des Fahrzeugs auch als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers nach § 278 BGB, so dass sich die Beklagten auch dessen Verschulden zurechnen lassen muss. Auch eine Exkulpation des Herstellers ist vorliegend nicht erfolgt.
19
III. Als Rechtsfolge kann der Kläger Schadensersatz statt der Leistung verlangen, § 281 BGB. Dieser bemisst sich nach § 249 BGB.
20
a) In Folge der Nichtlieferung des Fahrzeugs durch die Beklagte hat sich der Kläger ein Ersatzfahrzeug angeschafft. Da zum Zeitpunkt dieser Ersatzbeschaffung die Umweltprämie nur mehr 4500 € betrug, anstatt wie um Juni 2022 noch 6000 €, kann der Kläger die Differenz von 1500 € als Schadensersatz statt der Leistung geltend machen.
21
b) Gleiches gilt für die Fahrzeugbereitstellungskosten und die Kosten der Fahrzeugabholung. Auch diese wären bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten aus dem Kaufvertrag durch die Beklagte nicht angefallen.
22
c) Die seitens des Klägers geltend gemachten höheren Leasingkosten sind seitens der Beklagten nicht zu ersetzen. Zum einen ist als Anlage K 11 nur der Leasingantrag der Ehefrau des Klägers vorgelegt worden, ob der Vertrag dann tatsächlich zu diesen Konditionen zustande gekommen ist, ist gerade nicht nachgewiesen. Sollte der Leasingvertrag tatsächlich zustande gekommen sein, so wäre dessen Vertragslaufzeit noch nicht abgelaufen, so dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht ersichtlich ist, welcher konkrete Schaden beim Kläger entstanden ist.
23
Zudem ergibt sich aus der Anlage K 10, dass der Kläger beim Leasingvertrag für den Kona eine Sonderzahlung in Höhe von 6000 € leisten wollte, die im Leasingantrag für den Volvo nicht aufgeführt ist. Von daher sind bereits die Konditionen der Verträge nicht vergleichbar.
24
d) Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht des Klägers nach § 254 BGB liegt nicht vor. Dem Kläger war es nicht zuzumuten, bis zur Lieferung seines Neuwagens den ihm zur Verfügung gestellten Mietwagen weiter zu nutzen. Der Mietwagen stellte in diesem Fall keinen gleichwertigen Ersatz dar, da mit einem Mietvertrag nicht nur Rechte sondern auch Pflichten des Mieters verbunden sind, auf die sich der Kläger nicht längerfristig einlassen musste. Dies insbesondere als ein Liefertermin für den bestellten Kona nicht absehbar war.
B.
25
Zinsen aus der berechtigten Schadensersatzforderung stehen dem Kläger wie beantragt seit dem 14.04.2023 zu, §§ 286, 288 BGB.
26
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann der Kläger in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus der berechtigten Klageforderung plus Pauschale plus Mehrwertsteuer geltend machen, mithin 280,60 €.
C.
27
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nummer 11, 711, 709 ZPO.
D.
28
Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung ohne die Nebenforderungen.