Titel:
Bayerisches Oberstes Landesgericht, Testamentsvollstrecker, Restitutionsgründe, Verletzung des rechtlichen Gehörs, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Verfahrensrechtlicher ordre public, Kostenentscheidung, Aufhebung des Schiedsspruchs, Rechtsmittelbelehrung, Vollstreckbarerklärungsverfahren, Schiedsvereinbarung, Antrag auf Vollstreckbarerklärung, Elektronischer Rechtsverkehr, Arglistige Täuschung, Rechtsbeschwerde, Vollstreckungstitel, Gläubigerverzug, Schlichtungsverfahren, Kostenausgleichung, Beweisangebote
Schlagworte:
Schiedsverfahren, Vollstreckbarerklärung, Bauverzögerung, Schiedsspruch, Befangenheit, Prozessbetrug, ordre public
Fundstelle:
BeckRS 2024, 42419
Tenor
I. Der im Schiedsverfahren zwischen den Antragstellern als Schiedskläger und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagte vom Einzelschiedsrichter Prof. L. am 5. April 2023 erlassene Schiedsspruch wird in nachfolgender Ziffer 1., Satz 1 für vollstreckbar erklärt:
1. Auf die Schiedsklage der Schiedskläger wird die Schiedsbeklagte verurteilt zu zahlen:
a) an die Schiedsklägerin zu 2) einen Betrag von 118.454,18 €,
b) an den Schiedskläger zu 3) einen Betrag von 94.325,35 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. April 2022.
II. Der im Schiedsverfahren zwischen den Antragstellern als Schiedskläger und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagte vom Einzelschiedsrichter Prof. L. am 7. April 2023 ergangene und am 17. Mai 2023 berichtigte Ergänzungsschiedsspruch wird in nachfolgenden Ziffern 1., 2., und 3. für vollstreckbar erklärt:
1. Der von der Schiedsbeklagten der Schiedsklägerin zu 1) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 38.108,05 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.
2. Der von der Schiedsbeklagten der Schiedsklägerin zu 2) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 5.227,08 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.
3. Der von der Schiedsbeklagten dem Schiedskläger zu 3) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 4.667,78 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.
III. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1
Die Antragsteller begehren die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs und eines berichtigten Ergänzungsschiedsspruchs, soweit die Antragsgegnerin zur Zahlung an die Antragsteller verurteilt worden ist.
2
Die Antragsteller und Schiedskläger, auf deren Seite zudem N. R. als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des W. W., sowie die Antragsgegnerin und Schiedsbeklagte führten am Schiedsort M. ein Schiedsverfahren über wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit der Verzögerung eines Bauvorhabens mit der Projektbezeichnung „F.A.“ in der M.-straße X in M. Die Antragsgegnerin machte im Schiedsverfahren im Wege der Widerklage (nur) gegenüber der Antragstellerin zu 1) Zahlungsansprüche geltend.
3
Hintergrund des Schiedsverfahrens war folgender Sachverhalt:
4
Die Antragstellerin zu 1) war Inhaberin eines Erbbaurechts am Grundstück M.-straße X, das durch notariell beurkundeten Vertrag vom 16. November 2016 unter Beteiligung der Antragstellerin zu 1), des sie damals als Geschäftsführer vertretenden W. W., der Antragstellerin zu 2) (damalige Ehefrau des W. W.) und der Antragsgegnerin gemäß § 8 WEG in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt wurde. Auf dieser Grundlage schlossen die vorbezeichneten Parteien ebenfalls am 16. November 2016 einen notariellen Kaufvertrag, mit dem sich die Antragstellerin zu 1) verpflichtete, bestimmte mit der vorerwähnten Teilungserklärung gebildete Wohnungs- und Teilerbbaurechte nach Maßgabe der vertraglichen Bestimmungen auf die Antragsgegnerin gegen Zahlung eines Kaufpreises von 7.341.348,00 € sowie auf W. W. und die Antragstellerin zu 2) zu übertragen, während die Antragstellerin zu 1) die übrigen Einheiten behielt. Die Antragsgegnerin übernahm mit Abschluss des Kaufvertrags die Verpflichtung, die Wohnungs- und Teileigentumseinheiten der Antragstellerinnen zu 1) und 2) sowie des W. W. nebst anteiligem Gemeinschaftseigentum schlüsselfertig herzustellen. Die im Kaufvertrag vorgesehene Baumaßnahme sollte im Jahr 2017 beginnen und dergestalt durchgeführt werden, dass die Antragsgegnerin zunächst in einem ersten Bauabschnitt einen Neubau mit Tiefgarage erstellen sollte. Die in diesem Bauabschnitt zu errichtenden Praxiseinheiten sollten bis 28. Februar 2018 bezugsfertig sein, um den im Bestandsbau (Altbau) untergebrachten (gewerblichen) Mietern die Möglichkeit zu eröffnen, ab dem 1. März 2018 in den Neubau umzuziehen. Im Anschluss daran sollte die Antragsgegnerin den Altbau abreißen und die den Antragstellern laut Kaufvertrag zugewiesenen Wohnungseinheiten neu errichten (zweiter Bauabschnitt). Für die bezugsfertige Erstellung bestimmter Einheiten war eine Frist bis zum 30. April 2018 festgelegt, weitere Einheiten und das Gemeinschaftseigentum hatte die Antragsgegnerin bis spätestens 31. Dezember 2019 vollständig fertig zu stellen. Bei Behinderungen bei der Herstellung des Objekts aus nicht von der Antragsgegnerin zu vertretenden Umständen verlängerte sich die Herstellungsfrist um die Dauer der Behinderung.
5
Der notarielle Kaufvertrag vom 16. November 2016 sah einen Besitzübergang an die Antragsgegnerin unabhängig von der Kaufpreiszahlung zum 31. Dezember 2016 vor. Gemäß Abschnitt B. IV. 3. des Kaufvertrags übernahm die Antragsgegnerin ab Besitzübergabe die Mietverhältnisse. Zugleich war vertraglich festgelegt, dass die Antragstellerin zu 1) bis 28. Februar 2018, jedoch frühestens ab Erteilung der Baugenehmigung, dafür zu sorgen habe, dass das Vertragsobjekt in einer Weise mietfrei gestellt werde, dass die Mietverträge der geplanten Bebauung nicht mehr entgegenstünden. Hierzu müssten die bisherigen Praxen bis zum 28. Februar 2018 geräumt sein und könnten neue Praxen im ersten Bauabschnitt der geplanten Bebauung, die den Mietern angeboten würden, ab dem 1. März 2018 bezogen werden.
6
Weiter war geregelt, dass Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche aus der Verletzung der Pflichten aus dieser Ziffer 3. von der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin zu 1) nur bis zur Höhe von insgesamt 1,5 Millionen Euro geltend gemacht werden können. Über diesen Betrag hinausgehende Ansprüche wurden ausgeschlossen, soweit die Antragstellerin zu 1) nicht vorsätzlich oder arglistig handelt.
7
Tatsächlich verzögerte sich die Fertigstellung von Einheiten sowohl des ersten als auch des zweiten Bauabschnitts.
8
Am 27. Mai 2018 verstarb W. W. und wurde durch die Antragstellerin zu 2) und den Antragsteller zu 3) beerbt. Testamentsvollstrecker über den Nachlass des W. W. ist N. R., der in dieser Funktion als Schiedskläger zu 4) im Rubrum des Schiedsspruchs aufgeführt ist.
9
Im Hinblick auf die Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Bauverzögerung schlossen die Parteien unter dem 6./17. Mai 2021 eine Schlichtungs- und Schiedsvereinbarung. Sie einigten sich darauf, Prof. L. als Schlichter zu bestellen, der auch als Einzelschiedsrichter tätig werden sollte, falls es im Schlichtungsverfahren nicht zu einer gütlichen Einigung über die in der Schlichtungs- und Schiedsvereinbarung näher bezeichneten Ansprüche komme. Für das Schiedsverfahren bestimmten die Parteien die Geltung der Vorschriften der Zivilprozessordnung über das schiedsrichterliche Verfahren (§§ 1025 bis 1066 ZPO).
10
Im Schlichtungsverfahren schlug Prof. L. eine gütliche Einigung auf der Basis einer Verantwortung für die Bauverzögerung von 60% auf Seiten der Antragsgegnerin und von 40% auf Seiten der Antragstellerin zu 1) vor, ohne dass sich die Parteien hierauf verständigen konnten. Die Antragsteller griffen den Vorschlag des Schlichters im nachfolgenden Schiedsverfahren auf und machten nur 60% des von ihnen berechneten Schadens geltend, nämlich die Antragstellerin zu 1) 681.286,90 € (= 1.135.478,18 € x 0,6), die Antragstellerin zu 2) 118.454,18 € (= 197.423,64 € x 0,6) und der Antragsteller zu 3) 94.325,35 € (= 157.208,92 € x 0,6). Die Antragsgegnerin forderte ihrerseits mit Schiedswiderklage von der Antragstellerin zu 1) die Zahlung von Schadensersatz wegen Mehrkosten und verzögerter Bauausführung in Höhe von 3.711.370,17 €. Da sich die Antragstellerin zu 1) insoweit einen Betrag in Höhe von 40% des im Kaufvertrag genannten Höchstbetrags von 1,5 Millionen Euro (= 600.000,00 €) anrechnen ließ, beantragte sie im Schiedsverfahren, die Antragsgegnerin zur Zahlung eines Betrags von 81.286,90 € (statt der errechneten 681.286,90 €) zu verurteilen.
11
Im Schiedsverfahren vertraten die Antragsteller unter Verweis auf die unstreitig zugesagten und nicht eingehaltenen Übergabetermine den Standpunkt, dass die Schiedsbeklagte in Verzug geraten sei. Aus der Regelung in Abschnitt B. IV. 3. des Kaufvertrags vom 16. November 2016 könne die Schiedsbeklagte nichts herleiten, da sie mit der Besitzübernahme und dem Eintritt in die Mietverhältnisse im Dezember 2016 die Möglichkeit erhalten habe, selbst für die Entmietung zu sorgen. Spätestens ab Mai 2017 habe sie die Verhandlungen mit den Altmietern geführt, damit sei auf Schiedsklägerseite eine Verpflichtung, für die Entmietung zu sorgen, entfallen. Die Schiedsbeklagte habe die Verhandlungen mit den Altmietern nur schleppend geführt und darüber hinaus schon während des ersten Bauabschnitts die Baustelle völlig unzureichend organisiert.
12
Die Antragsgegnerin war dagegen der Ansicht, die Gründe für die Bauverzögerung lägen in der Verantwortungssphäre der Schiedsklägerin zu 1). Die Schiedsbeklagte habe Ausführungspläne und eine Baubeschreibung erarbeitet, die Bestandteil des Kaufvertrags gewesen seien. Allerdings hätten Ausstattungs- und Ausbauwünsche der Mieter dabei keine Berücksichtigung gefunden. Diese seien erst später an die Schiedsbeklagte herangetragen worden und deren Umsetzung habe maßgeblich dazu beigetragen, dass die Baumaßnahme in Schieflage geraten sei. Die Schiedsbeklagte habe den ersten Bauabschnitt erst nach aufwändigen Verhandlungen über die Ausstattungs- und Ausbauwünsche der Mieter beginnen können, die sie nur übernommen habe, um gravierendere Schäden zu vermeiden. Unabhängig davon hätten die Schiedskläger im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen wahrheitswidrig und arglistig den Eindruck erweckt, die Verhältnisse mit den Altmietern seien geklärt und die Auflösung der bestehenden Mietverhältnisse stelle kein Problem dar. Weil die Schiedskläger ihrer im Abschnitt B. VI. 3. geregelte Verpflichtung, das Bestandsobjekt bis zum 28. Februar 2018 mietfrei zu stellen, nicht nachgekommen seien, habe sich die Überleitung der bestehenden Mietverträge und damit das gesamte Bauvorhaben stark verzögert.
13
Zum Vorwurf einer arglistigen Täuschung bot die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11. Juni 2022 und vom 5. August 2022 Zeugenbeweis an. Am 2. September 2022 erließ der Schiedsrichter unter Bezugnahme auf die Hinweise zur Sach- und Rechtslage einen umfangreichen Hinweis- und Auflagenbeschluss, mit dem er u. a. das Beweisangebot der Schiedsbeklagten zur Behauptung, die Schiedsklägerin zu 1) habe bewusst den falschen Eindruck erweckt, die Entmietung der Altmieter sei geregelt und stelle kein Problem dar, als „unsubstantiiert und einer geordneten Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung […] nicht zugänglich“ bezeichnete. Zudem müsse die Schiedsbeklagte im Einzelnen darlegen, in welcher Weise eine eventuelle Täuschung sich kausal auf die Abwicklung des Bauvorhabens und in Bezug auf die in Rede stehenden Schäden ausgewirkt habe. Außerdem wies der Schiedsrichter in dem genannten Hinweis- und Auflagenbeschluss darauf hin, dass die von den Schiedsklägern aus dem Vergleichsvorschlag des Schlichters im Schlichtungsverfahren abgeleitete pauschale Mithaftungsquote von 40% im Schiedsverfahren unter Umständen keinen Bestand haben werde.
14
Nach Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung erließ der Einzelschiedsrichter Prof. L. am 5. April 2023 am Schiedsort M. folgenden Schiedsspruch:
15
1. Auf die Schiedsklage der Schiedskläger wird die Schiedsbeklagte verurteilt zu zahlen:
a) an die Schiedsklägerin zu 2) einen Betrag von 118.454,18 €
b) an den Schiedskläger zu 3) einen Betrag von 94.325,35 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. April 2022.
16
Im Übrigen wird die Schiedsklage abgewiesen.
17
2. Auf die Schiedswiderklage der Schiedswiderklägerin wird die Schiedsklägerin zu 1) und Schiedswiderbeklagte verurteilt, einen Betrag von 274.548,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juni 2022 an die XX Beteiligungs-Gesellschaft mbH, …, zu zahlen.
18
Im Übrigen wird die Schiedswiderklage abgewiesen.
19
3. Die Kosten des Schiedsverfahrens werden den Beteiligten wie folgt auferlegt:
a) Kosten des Schiedsgerichts und außergerichtliche Kosten der Schiedsbeklagten
- der Schiedsklägerin zu 1) zu 9%
- der Schiedsbeklagten und Schiedswiderklägerin zu 91%;
b) außergerichtliche Kosten der Schiedsklägerin zu 1)
- der Schiedsklägerin zu 1) zu 9%
- der Schiedsbeklagten zu 91%;
c) die außergerichtliche Kosten der Schiedskläger zu 2) und 3) trägt die Schiedsbeklagte.
20
Ausweislich der Gründe des Schiedsspruchs bejahte der Einzelschiedsrichter einen Verzug der Schiedsbeklagten mit der bezugsfertigen Herstellung von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten im Zuge des ersten Bauabschnitts. Den Beweis einer nicht von ihr zu vertretenden Versäumung der Vertragsfristen habe sie nicht geführt. Nach dem Wortlaut der Vertragsklausel hätten die Schiedskläger keine Verpflichtung übernommen, deren Erfüllung Voraussetzung für die Ausführung der Bauverpflichtung im ersten Bauabschnitt gewesen sei. Die aufzuhebenden Mietverträge hätten allenfalls der geplanten Baumaßnahme im zweiten Bauabschnitt entgegengestanden, nicht jedoch der Bebauung im ersten Bauabschnitt. Zwar werde nicht verkannt, dass die fristgerechte Fertigstellung des ersten Bauabschnitts faktisch nicht unabhängig von der durch das Vorhandensein von Altmietern und deren Umzug beeinflussten Gesamtsituation habe erfolgen können. Insoweit habe die Schiedsklägerin zu 1) aber keine vertragliche Verpflichtung übernommen.
21
Bezugspunkt für die von den Schiedsklägern übernommene Entmietungsverpflichtung sei die Räumung des Altbaus gewesen, um diesen im zweiten Bauabschnitt abreißen und an seiner Stelle einen Neubau errichten zu können. Allenfalls die mit der Auflösung der Mietverhältnisse verknüpfte Festlegung von Rahmenbedingungen für die neu zu begründenden Nachfolgemietverhältnisse hätte Einfluss auf die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts haben können. Es sei nach den kaufvertraglichen Regelungen jedenfalls im Ausgangspunkt Sache der Schiedsbeklagten gewesen, diese Rahmenbedingungen eigenverantwortlich mit den Altmietern zu klären und festzulegen.
22
Auch mit der versprochenen Bauleistung für den zweiten Bauabschnitt sei die Schiedsbeklagte in Verzug geraten. Es sei nicht dargetan und erst recht nicht bewiesen, dass die Versäumung der vereinbarten Vertragsfristen auf Umständen beruhe, die die Schiedsbeklagte nicht zu vertreten habe. Es hätte der Schiedsbeklagten oblegen, sich durch eine konkret bauablaufbezogene Darstellung des gestörten Bauablaufs von dem Vorwurf einer schuldhaften Versäumung der Vertragsfrist zu entlasten, was sie nicht getan habe. Es komme deshalb nicht darauf an, dass die Schiedskläger trotz gerichtlichen Hinweises den Vorwurf einer mangelhaften Organisation des Bauablaufs durch die Schiedsbeklagte und kausal verursachte Schäden nicht hinreichend konkret und nachvollziehbar dargelegt hätten.
23
Zwar seien die Schiedskläger ihrer vertraglich übernommenen Pflicht, bis zum 28. Februar 2018 für eine Entmietung des Altbaus zu sorgen, nicht nachgekommen. Sie hätten diese Pflicht auch nicht rechtswirksam auf die Schiedsbeklagte übertragen. Erklärbar werde das Verhalten der Schiedsbeklagten vielmehr durch die vertraglich geschaffene Situation, in der sie formal als Vertragspartner der Altmieter für die Konsolidierung der Mietverhältnisse, namentlich für den Abschluss von Neuverträgen mit den Bestandsmietern, verantwortlich gewesen sei und mit Blick auf die übernommene Bauverpflichtung auch ein eigenes Interesse daran gehabt habe, die Entmietung des Altbaus zu gewährleisten. Es sei deshalb nachvollziehbar und naheliegend, dass die Schiedsbeklagte „die Verhandlungen mit den Altmietern im offenkundigen Einvernehmen mit den Schiedsklägern an sich gezogen hat“.
24
Demgegenüber seien die Schiedskläger in der „durch die unglücklichen Regelungen des Kaufvertrages geschaffenen Situation nach Besitzübergang auf die Schiedsbeklagte und deren Eintritt in die seinerzeit bestehenden Mietverhältnisse“ nicht in die Lage versetzt gewesen, eigenständig die Entmietung zu betreiben. Zwar habe es gleichwohl dem Einfluss der Schiedskläger unterlegen, Mietverträge mit den Bestandsmietern auszuhandeln und die planerische Umsetzung der durch diese Mietverträge geschaffenen Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Andererseits habe es mit Blick auf die Bauverpflichtung der Schiedsbeklagten nahegelegen, diese frühzeitig mit den sich aus den Neuverträgen, etwa durch Sonderwünsche der Mieter ergebenden baulichen Anforderungen, zu befassen.
25
Vor dem Hintergrund der vertraglichen Regelungen sei festzustellen, dass eine fristgerechte „Umsiedlung“ der Bestandsmieter faktisch nur im Zusammenwirken der Schiedsparteien sinnvoll habe bewerkstelligt werden können, die auch dementsprechend agiert hätten. Da es die Schiedsbeklagte spätestens in den ersten Monaten des Jahres 2017 übernommen habe, die Verhandlungen mit den Mietern zu führen, ohne erkennbar beanstandet zu haben, damit eine Aufgabe wahrzunehmen, die den Schiedsklägern oblegen hätte, wäre ein deren Mitverantwortung nach § 254 BGB begründender Pflichtverstoß der Schiedskläger „nur dann gegeben gewesen, wenn diese die Schiedsklägerin [richtig: Schiedsbeklagte] bei der Führung der rechtmäßig übernommenen Vertragsverhandlungen behindert oder ihr eine erforderliche Mitwirkungshandlung schuldhaft unter Außerachtlassung ihrer vertraglichen Sorgfalts- und Treuepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) versagt hätten“. Eine solche unzureichende Mitwirkung, die kausal zu einer Verzögerung des Entmietungsprozesses bis zum 23. November 2018 geführt haben müsste, sei jedoch nicht festzustellen. Deshalb bleibe es im Ergebnis dabei, dass die Schiedsbeklagte faktisch die Verantwortung für die Mietvertragsverhandlungen übernommen und es damit maßgebend in der Hand gehabt habe, die für den Beginn des zweiten Bauabschnitts erforderliche Räumung des Altbaus fristgerecht zu gewährleisten.
26
Soweit die Schiedsbeklagte der Schiedsklägerin zu 1) Arglist vorwerfe und vortrage, diese habe wahrheitswidrig behauptet, Grundrisse und Quadratmeterpreise seien auf der Grundlage der allgemeinen Baubeschreibung mit den Mietern bereits abgestimmt gewesen, dringe die Schiedsbeklagte damit nicht durch. Sie habe nicht dargelegt, welche Personen die behaupteten Erklärungen unter welchen Umständen abgegeben haben sollen. Zudem finde die Behauptung der Schiedsbeklagten keinen hinreichenden Anklang in der hierzu vorgelegten Korrespondenz. Vielmehr belege gerade die E-Mail der Eheleute W. vom 17. Oktober 2016, dass die Schiedsparteien gemeinsam mit der Entwicklung der Mietverträge befasst gewesen seien und noch keine endgültigen Parameter bestimmt und schon gar nicht mit den Bestandsmietern vereinbart gewesen seien. Es habe auch kein vernünftiger Grund bestanden, den Zeitraum für die Entmietung im Vertrag bis zum 28. Februar 2018 zu erstrecken, wenn bereits vor Kaufvertragsabschluss eine konsolidierte Mietvertragslage bestanden hätte. In Erwägung all dessen sei der Sachvortrag der Schiedsbeklagten zu angeblich wahrheitswidrigen Zusicherungen der Schiedsklägerin zur Vermietungssituation „einer geordneten Beweisaufnahme nicht zugänglich, solcherart unsubstantiiert und deshalb letztlich unbeachtlich“. Hierauf habe das Schiedsgericht bereits in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2022 hingewiesen.
27
Folgerichtig könne die Schiedsbeklagte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Schiedskläger arglistig gehandelt hätten.
28
Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau sei ein Mitverschulden der Schiedskläger an der in Rede stehenden Bauverzögerung nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen. Unter den gegebenen Umständen hätten diese ihre Vertragspflicht, dass das Vertragsobjekt zum 28. Februar 2018 mietfrei sein werde, bereits dadurch erfüllt, dass sie die Schiedsbeklagte bei den Verhandlungen mit den Altmietern in angemessener Weise unterstützt und begleitet hätten. Es könne nicht festgestellt werden, dass sie die so verstandene Vertragspflicht in schuldhafter Weise verletzt hätten.
29
Die Schiedsklägerin zu 2) könne aus den dargelegten Gründen von der Schiedsbeklagten als Verzugsschaden einen Betrag von 118.454,18 € verlangen, der Schiedskläger zu 3) einen Betrag von 94.325,35 €.
30
Von den von der Schiedsbeklagten im Wege der Widerklage geltend gemachten Ansprüchen hielt der Einzelschiedsrichter eine Forderung in Höhe von 580.544,43 € unter dem Gesichtspunkt einer berechtigten Geschäftsführung nach §§ 683, 670 BGB für begründet. In dieser Höhe habe die Schiedsbeklagte Anspruch auf Aufwendungsersatz wegen der mit den Altmietern verhandelten Zuschusszahlungen und den im Zusammenhang mit den Mietvertragsverhandlungen entstandenen Rechtsberatungskosten. Dagegen könne die Schiedsbeklagte keine Erstattung von Aufwendungen für die Realisierung von Sonderwünschen der Mieter verlangen. Die vertragliche „Entmietungsverpflichtung“ der Schiedsklägerin zu 1) umfasse nicht die Pflicht, auf eigene Kosten die Voraussetzungen für die Überleitung von Bestandsmietverhältnissen nach den Vorstellungen der Altmieter zu gewährleisten.
31
Die Verantwortung und Entscheidung über die Durchführung solcher Sonderwünsche habe vielmehr der Schiedsbeklagten oblegen. Den Ersatz von Verzugsschäden könne die Schiedsbeklagte ebenfalls nicht geltend machen, da aus den dargelegten Gründen eine Mitverantwortung der Schiedskläger für die Bauverzögerung nicht festgestellt werden könne.
32
Mit einer im Betrag von 580.544,43 € enthaltenen Forderung von 2.504,65 € habe die Schiedsbeklagte die Aufrechnung gegenüber berechtigten Forderungen der Schiedsklägerin zu 1) erklärt. Damit verbleibe eine berechtigte Forderung der Schiedsklägerin zu 1) in Höhe von 303.491,69 € und eine Gegenforderung der Schiedsbeklagten in Höhe von 578.039,78 €. Da die Schiedsklägerin zu 1) ihrerseits erklärt habe, sie rechne gegen berechtigte Forderungen der Schiedsbeklagten bis zu einer Höhe von 600.000,00 € auf, seien ihre mit der Schiedsklage geltend gemachten Forderungen insgesamt erloschen. Es verbleibe als berechtigte Widerklageforderung ein Betrag von 274.548,09 € (578.039,78 € – 303.491,69 €), der wegen der von der Schiedsbeklagten zugestandenen Abtretung der XX Beteiligungs-Gesellschaft mbH zustehe.
33
Zu den zu erstattenden Kosten erließ der Einzelschiedsrichter am 7. April 2023 folgenden Ergänzungsschiedsspruch:
34
1. Der von der Schiedsbeklagten der Schiedsklägerin zu 1) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 34.349,22 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.
35
2. Der von der Schiedsbeklagten der Schiedsklägerin zu 2) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 5.227,08 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.
36
3. Der von der Schiedsbeklagten dem Schiedskläger zu 3) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 4.667,78 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.
37
Diesen berichtigte der Einzelschiedsrichter am 17. Mai 2023 in Ziffer 1. wie folgt:
„Der von der Schiedsbeklagten der Schiedsklägerin zu 1) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 38.108,05 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.“
38
Mit an das Oberlandesgericht München gerichtetem Schriftsatz vom 11. April 2023 beantragten zunächst die Antragsteller zu 2) und 3) mit Zustimmung des Schiedsklägers zu 4),
der von dem Einzelrichter Prof. S. L., … am 5. April 2023 erlassene Schiedsspruch wird in Bezug auf folgenden Inhalt für vollstreckbar erklärt:
auf die Schiedsklage der Schiedskläger wird die Schiedsbeklagte verurteilt zu zahlen:
a) an die Schiedsklägerin zu 2) einen Betrag von 118.454,18 €
b) an den Schiedskläger zu 3) einen Betrag von 94.325,35 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. April 2022.
39
Das Oberlandesgericht gab das Verfahren antragsgemäß an das Bayerische Oberste Landesgericht ab.
40
Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2023 stellten die Antragsteller zu 1), 2) und 3) mit Zustimmung des Schiedsklägers zu 4) folgende weiteren Anträge:
41
1. Für die Schiedsklägerin zu 1) wird beantragt, den Ergänzungsschiedsspruch vom 7. April 2023 entsprechend der Berichtigung vom 17. Mai 2023 unter Ziff. I. 1. mit folgendem Inhalt für vollstreckbar zu erklären:
42
Der von der Schiedsbeklagten der Schiedsklägerin zu 1) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 38.108,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.
43
2. Für die Schiedsklägerin zu 2) wird gem. Ziff. 2. des Tenors des Ergänzungsschiedsspruchs vom 7. April 2023 folgender Inhalt für vollstreckbar erklärt:
44
Der von der Schiedsbeklagten der Schiedsklägerin zu 2) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 5.227,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.
45
3. Für den Schiedskläger zu 3) wird gem. Ziff. 3. des Tenors des Ergänzungsschiedsspruchs vom 7. April 2023 folgender Inhalt für vollstreckbar erklärt:
46
Der von der Schiedsbeklagten dem Schiedskläger zu 3) im Rahmen der Kostenausgleichung zu erstattende Betrag wird festgesetzt auf 4.667,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27. April 2023.
47
Die Antragsgegnerin beantragte zunächst,
- 1.
-
Die Anträge werden unter Aufhebung des Schiedsspruchs vom 5. April 2023, des Ergänzungsschiedsspruchs vom 7. April 2023 sowie des Ergänzungsschiedsspruchs vom 17. Mai 2023 jeweils des Einzelschiedsrichters Prof. S. L. (….) abgelehnt.
- 2.
-
Hilfsweise, nur für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1.:
48
Der Schiedsspruch vom 5. April 2023, der Ergänzungsschiedsspruchs vom 7. April 2023 sowie der Ergänzungsschiedsspruch vom 17. Mai 2023 jeweils des Einzelschiedsrichters Prof. S. L. (…) werden aufgehoben.
49
Die Antragsgegnerin wandte ein, es lägen Aufhebungsgründe gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d) ZPO vor. Der Einzelschiedsrichter sei befangen gewesen, wie die Ausführungen im Schiedsspruch offenbart hätten. Er habe im Schlichtungsverfahren eine schnelle Billigkeitslösung vorgeschlagen, die er ohne nähere Begründung im Schiedsspruch übernommen habe. Auch in den Details seiner Argumentation zeige sich, dass der Einzelschiedsrichter sowohl hinsichtlich des Verfahrensgegenstands als auch zugunsten der Antragsteller befangen gewesen sei. Der unmissverständliche Wortlaut des notariellen Kaufvertrags werde über eine rechtsdogmatisch unverständliche Argumentation außer Kraft gesetzt. Außerdem habe der Einzelschiedsrichter das rechtliche Gehör der Antragsgegnerin verletzt, indem er den Sachvortrag und die Beweisangebote der Antragsgegnerin zum Vorwurf einer arglistigen Täuschung vor Abschluss des Kaufvertrags, wie in den Schriftsätzen vom 11. Juni 2022 und 5. August 2022 vorgetragen, nicht ausreichend gewürdigt habe. Darüber hinaus sei der Schiedsspruch in den tragenden Argumentationsbestandteilen widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Er leide damit an einem gravierenden Begründungsmangel. Schließlich sei der Schiedsspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB aufzuheben. Bei einer Vollstreckung des Schiedsspruchs würde die Kausalkette der arglistigen Täuschung der Antragsgegnerin, wie in der Schiedswiderklage geltend gemacht, fortgesetzt. Aus den genannten Gründen könne auch der Ergänzungsschiedsspruch keinen Bestand habe.
50
In der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2024 hat die Antragsgegnerin im Anschluss an die Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt, sie erkenne die Anträge auf Vollstreckbarerklärung an. Über die Kosten des Verfahrens haben die Parteien einen Vergleich geschlossen.
51
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
52
Dem Antrag auf (teilweise) Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs und des Ergänzungsschiedsspruchs in der berichtigten Fassung ist stattzugeben.
53
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist in Bezug auf beide Schiedssprüche statthaft und auch im Übrigen zulässig.
54
a) Für den Antrag ist das Bayerische Oberste Landesgericht nach § 1025 Abs. 1, § 1043 Abs. 1 Satz 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i. V. m. § 7 GZVJu zuständig. Der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt ausweislich des Schiedsspruchs in M., mithin in Bayern.
55
b) Den besonderen Beweismittelanforderungen des § 1064 Abs. 1 ZPO ist Genüge getan. Die Antragsteller haben den Schiedsspruch vom 5. April 2023 und den Ergänzungsschiedsspruch vom 7. April 2023 sowie die Berichtigungsentscheidung des Schiedsgerichts vom 17. Mai 2023, jeweils versehen mit einer anwaltlichen Beglaubigung, als Anlagen zu den elektronisch signierten Schriftsätzen per beA vorgelegt. Die Antragsgegnerin hat ihrerseits die Authentizität der Schiedssprüche nicht in Abrede gestellt.
56
c) Die für vollstreckbar zu erklärenden Entscheidungen des Schiedsgerichts entsprechen auch den formellen Voraussetzungen des § 1054 ZPO, insbesondere sind sie ausweislich der eingereichten Anlagen jeweils vom Einzelschiedsrichter unterzeichnet.
57
d) Der Vollstreckbarerklärung steht nicht entgegen, dass die Antragsteller jeweils eine Teilvollstreckung begehren, nämlich nur insoweit, als im Schiedsurteil den Schiedsklägern Zahlungsansprüche gegenüber der Antragsgegnerin zuerkannt worden sind.
58
Die Vollstreckbarerklärung kann auf Teile des Schiedsspruchs beschränkt werden, die gegenüber dem Rest des entschiedenen Streitstoffs einen selbständig abgrenzbaren Teil darstellen. Insoweit gelten dieselben Grundsätze wie für die Teilaufhebung eines Schiedsspruchs. Eine Teilaufhebung ist möglich, wenn der selbständig angegriffene Teil vom übrigen Schiedsspruch getrennt werden kann (BayObLG, Beschluss vom 13. Dezember 2023, 101 Sch 112/22, juris Rn. 141 m. w. N.). Das ist der Fall, wenn das Aufhebungsbegehren nach den allgemein für die Zulässigkeit von Teilklagen geltenden Grundsätzen auf einen Teil des Schiedsspruchs beschränkt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juni 2020, I ZB 108/19, SchiedsVZ 2021, 341 Rn. 9; BayObLG, Beschluss vom 20. Januar 2023, 102 Sch 115/21, juris Rn. 126 m. w. N.).
59
Eine Teil- und Abgrenzbarkeit in diesem Sinne ist vorliegend hinsichtlich der von den Anträgen auf Vollstreckbarerklärung umfassten Teile der Schiedssprüche gegeben.
60
2. Den Anträgen auf Vollstreckbarerklärung ist stattzugeben, da keine Gründe für eine Ablehnung der Vollsteckbarerklärung bzw. für eine Aufhebung der Schiedssprüche vorliegen.
61
a) Gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Eine Ablehnung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs kommt zum einen in Betracht, wenn innerhalb der Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO begründet Aufhebungsgründe gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) bis d) geltend gemacht worden sind oder das Gericht (von Amts wegen) Aufhebungsgründe gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO feststellt.
62
b) Auch wenn die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2024 die Anträge auf Vollstreckbarerklärung anerkannt hat, entfällt damit die Prüfungspflicht des Gerichts nicht gänzlich.
63
Da das Vollstreckbarerklärungsverfahren ein Erkenntnisverfahren besonderer Art ist, finden die allgemeinen Vorschriften über das erstinstanzliche Erkenntnisverfahren, somit auch die in den allgemeinen Vorschriften des ersten Buchs der Zivilprozessordnung enthaltenen Bestimmungen, ergänzend Anwendung, soweit dies mit dem Charakter des Verfahrens vereinbar ist (jeweils zum Vollstreckbarerklärungsverfahren: BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023, I ZB 33/22, WM 2023, 443 Rn. 17 m. w. N.; Beschluss vom 27. März 2002, III ZB 43/00, NJW-RR 2002, 933 [juris Rn. 6]; BayObLG, Beschluss vom 6. Mai 2024, 101 Sch 40/24 e, juris Rn. 13; Geimer in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 1060 Rn. 3). Demnach kommt grundsätzlich auch in Betracht, einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung entsprechend § 307 ZPO anzuerkennen (vgl. BayObLG, Beschl. 4. Juli 2023, 101 Sch 28/22, GmbHR 2024, 88 [juris Rn. 102]; OLG München, Beschluss vom 24. Juni 2014, 34 Sch 1/14, juris Rn. 19; OLG München, Beschluss vom 26. März 2009, 34 Sch 26/09, juris Rn. 15; OLG Frankfurt, Beschluss vom 31. Mai 2001, 8 Sch 1/01, juris Rn. 2). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es einer Partei freisteht, ob sie Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) bis d) ZPO gegenüber einem Schiedsspruch geltend macht. Es sind keine aus den Besonderheiten des Vollstreckbarerklärungsverfahren resultierenden Gründe erkennbar, die dagegensprächen, einmal erhobene Einwände nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) bis d) ZPO im Verlauf des Verfahrens wieder aufzugeben mit der Folge, dass diese vom Gericht auch nicht mehr zu prüfen sind. Soweit es allerdings um Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO geht, sind solche Gründe unabhängig von erhobenen Einwänden der Gegenseite von Amts wegen zu beachten und führen zu einer Aufhebung, soweit ein Verstoß anhand der Akten festzustellen ist. Vor diesem Hintergrund entbindet ein Anerkenntnis nicht von der diesbezüglichen Prüfungspflicht (vgl. BayObLG, GmbHR 2024, 88 [juris Rn. 102] m. w. N.; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 1060 Rn. 6; für einen geringeren Prüfungsumfang dagegen Geimer in Zöller, ZPO, § 1059 Rn. 82). Dementsprechend kann trotz des erklärten Anerkenntnisses auch nicht auf Gründe entsprechend § 313 b ZPO verzichtet werden.
64
b) Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.
65
aa) Zweifelsfrei ist der Gegenstand des Streits nach deutschem Recht objektiv schiedsfähig, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) ZPO. Gemäß § 1030 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann jeder vermögensrechtliche Anspruch Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein, somit auch die wechselseitigen finanziellen Ansprüche der Parteien im Zusammenhang mit der strittigen Bauverzögerung.
66
bb) Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) ZPO.
67
(1) Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) ZPO liegt ein Aufhebungsgrund vor, wenn das Gericht feststellt, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Dies setzt voraus, dass das Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Das ist der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen (BGH, Beschluss vom 27. September 2022, KZB 75/21, BGHZ 234, 288 Rn. 12 m. w. N.). Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar. Vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2020, I ZB 88/19, juris Rn. 16).
68
Zu den unverzichtbaren Grundlagen für ein ordnungsgemäßes rechtsstaatliches Verfahren gehört etwa der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG oder der verfassungsrechtliche Grundsatz prozessualer Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG, der für das Schiedsverfahren einfachrechtlich in § 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelt ist (BGH, a. a. O., juris Rn. 17, 19). „Waffengleichheit“ als Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes ist im Zivilprozess zu verstehen als die verfassungsrechtlich gewährleistete Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Gericht, das – auch im Blick auf die grundrechtlich gesicherte Verfahrensgarantie aus Art. 103 Abs. 1 GG – den Prozessparteien im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen hat, alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbständig geltend zu machen. Ihr entspricht die Pflicht des Gerichts, diese Gleichstellung der Parteien durch eine objektive, faire Verhandlungsführung, durch unvoreingenommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens, durch unparteiische Rechtsanwendung und durch korrekte Erfüllung seiner sonstigen prozessualen Obliegenheiten gegenüber den Prozessbeteiligten zu wahren. Allerdings führt nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit (BGH a. a. O., juris Rn. 19).
69
(2) Eine Verletzung der dargelegten elementaren Grundsätze ist nicht ersichtlich.
70
(a) Soweit die Antragsgegnerin schriftsätzlich geltend gemacht hat, der Einzelschiedsrichter sei sowohl hinsichtlich des Verfahrensgegenstands als auch zugunsten der Antragsteller befangen gewesen, könnte dies einen Verstoß gegen die prozessuale Waffengleichheit darstellen, wobei im Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren nur noch besonders schwerwiegende und eindeutige Ablehnungsgründe geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023, I ZB 41/22, juris Rn. 30).
71
Ob für die Bejahung eines Verstoßes gegen den ordre public darüber hinaus nachgewiesen sein muss, dass der befangene Schiedsrichter gegenüber einer Partei voreingenommen war und sich bei seiner Entscheidung hiervon hat leiten lassen (so BGH, Urt. v. 1. Februar 2001, III ZR 332/99, juris Rn. 21 in einem Verfahren über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs), kann dahinstehen, da schon keine hinreichenden objektiven Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit des Einzelschiedsrichters vorliegen.
72
Die Behauptung der Antragsgegnerin, der Schiedsrichter habe „ohne nähere Begründung“ die im Schlichtungsverfahren von ihm vorgeschlagene Quotelung der Haftung im Schiedsspruch fortgeführt, findet bereits keine Stütze im Schiedsspruch. Tatsächlich hat der Einzelschiedsrichter, worauf er schon im Auflagen- und Hinweisbeschluss vom 2. September 2022 hingewiesen hat, gerade nicht an der im Schlichtungsverfahren vorgeschlagenen vereinfachten Berechnung festgehalten. Vielmehr hat er, gestützt auf eine eingehende inhaltliche Begründung, angenommen, dass allein die Antragsgegnerin die haftungsrechtliche Verantwortung für die strittige Bauverzögerung treffe. Es findet sich im Schiedsspruch auch kein Hinweis darauf, dass „eine oberflächliche, vage Schätzung des Schiedsrichters“ den Schiedsspruch in seinem Tenor geprägt oder der Einzelschiedsrichter „lebensfremd eine überschlägige Quotelung aus Billigkeitserwägungen nach tiefgehender Prüfung der Sach- und Rechtslage präzise bestätigt“ hätte. Gleiches gilt für die Annahme der Antragsgegnerin, es habe bereits zu Beginn des Schiedsverfahrens zugunsten der Antragsteller festgestanden, wie das Ergebnis aussehe. Es war allein Sache der Antragsteller, dass sie den Vorschlag aus dem Schlichtungsverfahren aufgegriffen und von vornherein nur 60% der errechneten Schäden gegenüber der Antragsgegnerin im Schiedsverfahren geltend gemacht haben.
73
Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass der Einzelschiedsrichter das Schiedsklagebegehren am Maßstab der Bestimmtheit „gezwungen und tendenziös“ zugunsten der Antragsteller ausgelegt hätte, anstatt die Antragsteller mit einem rechtlichen Hinweis zur eigenen Darlegung zu veranlassen, ob überhaupt und gegebenenfalls welche Ansprüche zur Aufrechnung gestellt werden. Der Einzelschiedsrichter hat im Schiedsspruch auf Seite 11 unter Angabe der genauen Fundstelle ausgeführt, die Schiedsklägerin zu 1) habe „hinsichtlich eines Teilbetrags von 600.000,00 € die Aufrechnung mit ihren Schiedsklageforderungen erklärt“. Dieser Feststellung ist die Antragsgegnerin nicht konkret (etwa durch Vorlage des fraglichen Schriftsatzes der Gegenseite) entgegengetreten. Es besteht damit kein Anlass für die Annahme, im Schiedsspruch sei einfach „eine Aufrechnung unterstellt“ worden.
74
Zum Vorwurf der Antragsgegnerin, der Einzelschiedsrichter hätte mangels Bestimmung der Reihenfolge § 366 Abs. 2 BGB anwenden müssen, ist anzumerken, dass die Aufrechnung ausweislich der Gründe (S. 32) zu einem vollständigen Erlöschen der Forderungen der Antragstellerin zu 1) und einem Saldo zugunsten der Antragsgegnerin in Höhe von 274.548,09 € geführt hat. Weshalb bei dieser Sachlage § 366 Abs. 2 BGB hätte herangezogen werden müssen und zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, erschließt sich nicht. Darüber hinaus lassen schon im Rahmen von § 42 ZPO unrichtige bzw. für unrichtig gehaltene Rechtsansichten eines Richters in aller Regel nicht den Schluss auf Willkür oder Voreingenommenheit zu. Dies gilt erst recht für rechtliche Ausführungen im Rahmen eines Schiedsurteils, zumal die materielle Entscheidungsfindung durch das Schiedsgericht grundsätzlich nicht der Überprüfung durch das staatliche Gericht unterliegt (Verbot der révision au fond, vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014, III ZB 41/13, juris Rn. 6).
75
Aus diesem Grund führen auch die Ausführungen der Antragsgegnerin zu der – ihrer Ansicht nach fehlerhaften – Beurteilung der vertraglichen Regelungen und der daraus resultierenden Verantwortlichkeit der Parteien für die fristgerechte Entmietung des Altbaus nicht weiter. Der Einzelschiedsrichter hat sich mit den Regelungen in der notariellen Kaufvertragsurkunde befasst und im Einzelnen dargelegt, weswegen er trotz des Wortlauts des Vertrags aufgrund der Gesamtumstände lediglich einen sehr eingeschränkten Pflichtenkreis der Antragsteller angenommen hat, den diese nicht verletzt hätten. Auch insoweit ergeben die Ausführungen keinen Anhalt dafür, dass seine Auslegung und Beurteilung dieser zentralen Streitfrage von Parteilichkeit und Ergebnisorientierung zugunsten der Antragsteller bestimmt gewesen wären.
76
(b) Ebenso wenig rechtfertigt das Vorbringen der Antragsgegnerin, der Einzelschiedsrichter habe ihr Vorbringen und ihre Beweisangebote in Bezug auf eine arglistige Täuschung der Antragsteller übergangen und dadurch das rechtliche Gehör der Antragsgegnerin verletzt, die Ablehnung der beantragten Vollstreckbarerklärung. Ein Verstoß gegen den ordre public im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) ZPO, der zu einer Ablehnung der Vollstreckbarerklärung und Aufhebung der Schiedssprüche Anlass geben würde, liegt nicht vor.
77
Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Er ist allerdings erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung der Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, wenn ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, Beschluss vom 30. August 2023, 1 BvR 1654/22, juris Rn. 25 m. w. N.). Entsprechendes gilt für die rechtlichen Ausführungen einer Partei, die den Kern des Parteivorbringens darstellen und für den Prozessausgang eindeutig von entscheidender Bedeutung sind. Diese Maßstäbe gelten für ein staatliches Gericht ebenso wie für ein Schiedsgericht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2022, I ZB 36/21, SchiedsVZ 2023, 59 Rn. 19 m. w. N.).
78
Es kann nicht festgestellt werden, dass das Schiedsgericht das rechtliche Gehör der Antragsgegnerin verletzt hätte. Der Einzelschiedsrichter hat sich mit der Behauptung der Antragsgegnerin, die Gegenseite habe bewusst den falschen Eindruck erweckt, die Entmietung der Altmieter sei geregelt und stelle kein Problem dar, im Verfahren und im Schiedsspruch befasst und seine diesbezügliche Beurteilung dargelegt. So hat er das Vorbringen im Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 2. September 2022 als „unsubstantiiert und einer geordneten Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung […] nicht zugänglich“ qualifiziert. Außerdem hat er darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin im Einzelnen darlegen müsse, in welcher Weise eine eventuelle Täuschung sich kausal auf die Abwicklung des Bauvorhabens und in Bezug auf die in Rede stehenden Schäden ausgewirkt habe. Auch im Schiedsspruch ist der Einzelschiedsrichter auf den diesbezüglichen Vortrag der Antragsgegnerin und deren Beweisangebote eingegangen und hat insbesondere auf den Seiten 23 und 24 des Schiedsspruchs ausgeführt, weswegen nach seiner Beurteilung das Vorbringen unsubstantiiert, einer geordneten Beweisaufnahme nicht zugänglich und deshalb letztlich unbeachtlich ist. Hierauf sei schon in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2022 hingewiesen worden.
79
Die Antragsgegnerin hat im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht vorgetragen, ob und gegebenenfalls in welcher Weise sie zu den gerichtlichen Hinweisen in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2022 und im Auflagen- und Hinweisbeschluss vom 2. September 2022 Stellung genommen hat. Weder ist ersichtlich, dass sie ihren Vortrag im Schiedsverfahren nach ihrem Schriftsatz vom 5. August 2022 näher präzisiert hätte (etwa in Bezug auf die nunmehr im Vollstreckbarerklärungsverfahren genannten Gesprächsdaten und die beteiligten Personen), noch ist dargetan, dass sie den Ausführungen zur mangelnden Substantiierung ihres Vortrags widersprochen hätte.
80
Genau genommen behauptet die Antragsgegnerin auch nicht ein gänzliches „Ignorieren“ ihres Vortrags und der Beweisangebote, sondern wendet sich gegen die rechtliche Beurteilung des Einzelschiedsrichters, das Vorbringen sei als unsubstantiiert zu qualifizieren. Ob die rechtliche Beurteilung des Einzelschiedsrichters in einem Verfahren vor den ordentlichen Gerichten im Rechtsmittelzug tragfähig gewesen wäre, kann dahinstehen. Das Schiedsgericht ist mangels anderweitiger Vereinbarung der Parteien nicht an die strengen Regeln der Zivilprozessordnung gebunden. Es entscheidet mithin autonom, ob ein Vorbringen die Anforderungen an eine Beweiserhebung erfüllt. Es gilt der Grundsatz des Freibeweises (OLG Köln, Beschluss vom 4. August 2017, 19 Sch 6/17, juris Rn. 40), selbst eine antizipierte Beweiswürdigung und eine daraus abgeleitete Ablehnung des Beweisantrags ist in größerem Umfang als bei staatlichen Gerichten möglich (vgl. Geimer in Zöller, ZPO, § 1042 ZPO Rn. 34; Thümmel in Schütze/Thümmel, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 7. Aufl. 2021, § 11 Rn. 27). Das Übergehen eines Beweisantrags rechtfertigt daher für sich genommen in der Regel noch nicht die Aufhebung eines Schiedsspruchs (vgl. OLG Köln, a. a. O., juris Rn. 40 m. w. N.; Thümmel, a. a. O., Rn. 27). Auch vorliegend haben die Parteien in der Schlichtungs- und Schiedsvereinbarung nur auf § 1042 ff. ZPO verwiesen. Damit war der Einzelschiedsrichter nach § 1042 Abs. 4 Satz 2 ZPO berechtigt, über die Zulässigkeit einer Beweiserhebung zu entscheiden, diese durchzuführen und das Ergebnis frei zu würdigen. Im vorliegenden Fall hat er seine Entscheidung, die angebotenen Beweise nicht zu erheben, zum einen darauf gestützt, der unter Beweis gestellte Vortrag sei zu unsubstantiiert. Auf die nach Ansicht des Einzelschiedsrichters unzureichende Substantiierung ist die Antragsgegnerin, wie ausgeführt, zweimal hingewiesen worden.
81
Zum anderen hat der Einzelschiedsrichter mit näherer Begründung darauf abgestellt, die Behauptungen stünden in Widerspruch zu der von der Schiedsbeklagten hierzu vorgelegten Korrespondenz. Hierbei handelt es sich um Erwägungen des Schiedsgerichts in der Sache, die – seien sie richtig oder nicht – von den staatlichen Gerichten – jedenfalls bis zur hier keinesfalls überschrittenen Grenze der Willkür – grundsätzlich zu respektieren und keiner inhaltlichen Kontrolle unterworfen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1989, III ZR 44/89, juris Rn. 5; OLG Köln, a. a. O., Rn. 39; Geimer in Zöller, ZPO, § 1042 ZPO Rn. 11a). Die unterbliebene Erhebung der insofern angebotenen Beweise begründet deshalb keinen Verstoß gegen den ordre public in Form einer Verletzung des rechtlichen Gehörs.
82
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich bezüglich des Vorbringens der Antragsgegnerin, die Schiedskläger hätten bezogen auf ihre eigenen Wohnungen zusätzliche Änderungswünsche vorgetragen, die ebenfalls zu Verzögerungen geführt hätten, schon nicht erschließt, weswegen dies den Vorwurf einer arglistigen Täuschung rechtfertigen könnte. Ebenso wenig ist erkennbar, welche mögliche Entscheidungsrelevanz der diesbezügliche, gänzlich pauschale Vortrag im Schriftsatz vom 5. August 2022, Seite 4, haben soll. Auch insoweit kann ein Verstoß gegen den ordre public nicht angenommen werden.
83
(c) Auch der Ansicht der Antragsgegnerin, der Schiedsspruch leide an gravierenden Begründungsmängeln im Sinne von § 1054 Abs. 2 Halbsatz 1 ZPO und sei deshalb aufzuheben, kann nicht gefolgt werden.
84
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss die Begründung eines Schiedsspruchs lediglich gewissen Mindestanforderungen entsprechen, soweit die Parteien – wofür es vorliegend keine Anhaltspunkte gibt – nicht anderes vereinbart haben. Die Begründung darf nicht offenbar widersinnig sein oder im Widerspruch zur Entscheidung stehen und sich nicht auf inhaltsleere Redensarten beschränken. Es genügt, wenn das Schiedsgericht in seiner Begründung eine kurze Zusammenfassung der den Schiedsspruch tragenden Erwägungen gibt. Auf die aus seiner Sicht für den Ausgang des Schiedsverfahrens zentralen Fragen muss das Schiedsgericht aber eingehen.
85
Darüber hinaus muss es in seiner Begründung zu den wesentlichen Verteidigungsmitteln der Parteien Stellung nehmen, sich aber nicht mit jedem Punkt des Parteivorbringens befassen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2021, I ZB 21/21, WM 2022, 576, Rn. 51 m. w. N.)
86
Den dargelegten Anforderungen wird der Schiedsspruch vom 5. April 2023 jedenfalls gerecht. Der Einzelschiedsrichter hat sich mit den wesentlichen Einwänden der Parteien befasst und seine diesbezüglichen rechtlichen Überlegungen, insbesondere zur Frage der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit für die fristgerechte Entmietung des Altbaus, dargelegt. Er hat sich mit dem Vertragsinhalt befasst, hieraus sehr wohl eine Verpflichtung der Antragstellerin zu 1) abgeleitet, deren konkreten Inhalt jedoch aufgrund der besonderen Umstände (Besitzübernahme und Eintritt der Antragsgegnerin in die Mietverhältnisse Ende 2016, faktische Übernahme der Verhandlungen ab Mai 2017, Verantwortlichkeit für die Rahmenbedingungen der neuen Mietverhältnisse und Berücksichtigung beim Neubau) darauf reduziert, dass sie die Antragsgegnerin nicht habe behindern oder erforderliche Mitwirkungshandlungen nicht habe unterlassen dürfen. Soweit die Antragsgegnerin Ausführungen zu einem Gläubigerverzug vermisst, verkennt sie, dass das Schiedsgericht gerade keine Pflichtverletzung der Antragsteller angenommen hat, insoweit gab es auch keinen Anlass, einen Gläubigerverzug der Antragsteller zu erörtern. Im Übrigen ist auch in diesem Zusammenhang auf das Verbot einer révision au fond im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu verweisen, wonach die rechtliche und tatsächliche Würdigung des Gerichts nicht einer inhaltlichen Überprüfung unterliegt. Die inhaltlichen Einwände der Antragsgegnerin gegen die rechtliche Argumentation im Schiedsurteil sind vor diesem Hintergrund unbehelflich.
87
(d) Schließlich steht auch der Einwand der Antragsgegnerin, die Antragsteller hätten die beiden Schiedssprüche erschlichen, indem sie den im Schiedsverfahren unter Zeugenbeweis gestellten Sachvortrag der Antragsgegnerin zu den arglistigen Täuschungen im Vorfeld des Abschlusses des Kaufvertrags bestritten hätten, einer Vollstreckbarerklärung nicht entgegen.
88
Einem durch Prozessbetrug erwirkten Schiedsspruch ist die Anerkennung und Vollstreckung unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zum einen dann zu versagen, wenn sämtliche Voraussetzungen für die Geltendmachung des Restitutionsgrundes des § 580 Nr. 4 ZPO erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016, I ZB 13/15, WM 2016, 2372 Rn. 58; OLG Frankfurt, Beschluss vom 7. September 2020, 26 Sch 2/20, juris Rn. 40). Das ist hier nicht der Fall, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass wegen der behaupteten Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen wäre oder die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht erfolgen konnte, § 581 Abs. 1 ZPO.
89
Ein Verstoß gegen den ordre public kann zum anderen auch in Betracht kommen, wenn die Erwirkung des Schiedsspruchs oder das Gebrauchmachen von diesem Titel nach den für die Anwendung des § 826 BGB auf ein Urteil staatlicher Gerichte geltenden Maßstäben als sittenwidrige vorsätzliche Schädigung zu werten ist. Danach kann einem Gläubiger die Vollstreckung eines rechtskräftigen, aber materiell unrichtigen Titels in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen, in denen es mit dem Gerechtigkeitsempfinden schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt, nach § 826 BGB zu versagen sein. Das setzt neben der materiellen Unrichtigkeit des Vollstreckungstitels und der Kenntnis des Gläubigers hiervon zusätzliche besondere Umstände voraus, die die Erlangung oder die Ausnutzung des Vollstreckungstitels als sittenwidrig erscheinen lassen (BGH WM 2016, 2372 Rn. 60; Urt. v. 1. Dezember 2011, IX ZR 56/11, WM 2012, 144 Rn. 15). Eine Durchbrechung der Rechtskraft unter dem Aspekt des § 826 BGB ist dabei aber in Fällen, in denen das Erschleichen eines Urteils durch eine strafbare Handlung behauptet wird, nur unter den Voraussetzungen des § 582 ZPO gerechtfertigt (OLG Köln, Beschluss vom 9. September 2022, 19 Sch 13/22, juris Rn. 100; OLG Frankfurt, Beschluss vom 7. September 2020, 26 Sch 2/20, juris Rn. 41 m. w. N.). Erforderlich ist danach für die Durchbrechung der einem Schiedsspruch gemäß § 1055 ZPO zukommenden Rechtskraft, dass die Partei ohne ihr Verschulden außer Stande war, den Einwand des Erschleichens des Schiedsspruchs durch eine strafbare Handlung bereits in dem Schiedsverfahren geltend zu machen. Vorliegend trägt die Antragsgegnerin selbst vor, sie habe bereits im Schiedsverfahren behauptet und unter Beweis gestellt, dass die Antragstellerin zu 1) sie arglistig vor Abschluss des Kaufvertrags getäuscht habe. Die Antragsgegnerin hatte damit im Schiedsverfahren nicht nur die Gelegenheit, all diejenigen Umstände vorzutragen und unter Beweis zu stellen, auf die sie nunmehr den Vorwurf eines angeblichen Prozessbetrugs der Gegenseite stützt, sondern hat diese Gelegenheit auch wahrgenommen. Dass das Schiedsgericht aus den dargelegten Gründen – nach vorangegangenem Hinweis – den Vortrag als unzureichend qualifiziert und deshalb keine Beweisaufnahme durchgeführt hat, ist unerheblich. Hätte eine Partei bei dieser Sachlage die Möglichkeit, im Vollstreckbarerklärungsverfahren den Einwand des § 826 BGB wegen versuchten Prozessbetrugs zu erheben, würde dies auf eine unzulässige Überprüfung des Schiedsspruchs auf seine inhaltliche Richtigkeit durch die staatlichen Gerichte hinauslaufen. Da die Antragsgegnerin bereits im Schiedsverfahren einen möglichen Prozessbetrug geltend machen konnte, kann sie sich im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht erneut unter dem Gesichtspunkt des § 826 BGB auf diesen Vorwurf stützen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014, IX ZB 26/13, juris Rn. 6 m. w. N.; Beschluss vom 24. September 2015, IX ZB 84/13, juris Rn. 10, wonach eine Partei im Exequaturverfahren mit Tatsachenvortrag ausgeschlossen ist, den sie bereits im Verfahren vor dem ausländischen Gericht eingebracht hat oder hätte einbringen können).
90
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da die Parteien einen Kostenvergleich geschlossen haben.
91
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 ZPO anzuordnen.