Titel:
Widerruf von Waffenbesitzkarten
Normenketten:
WaffG § 36, § 46 Abs. 2 S. 1
AWaffV § 13
SprengG § 8 Abs. 1, § 34 Abs. 2 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5
Leitsatz:
Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die in § 36 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten führt zur Annahme eines zukünftigen verantwortungslosen oder nachlässigen Verhaltens im Zusammenhang mit der Aufbewahrung von Waffen und Munition und trägt damit die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenbesitzkarte, Widerruf, Waffen, Munition, Aufbewahrungspflichten, einmaliger Verstoß, Unzuverlässigkeit, Jagdschein, vorläufiger Rechtsschutz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 29.01.2025 – 24 CS 24.1884
Fundstelle:
BeckRS 2024, 42328
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird 29.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen waffen-, sprengstoff- und jagdrechtliche Anordnungen.
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Der Antragsteller ist Inhaber von neun Waffenbesitzkarten Nr. …1, ausgestellt am …1975 vom Landratsamt X … (im Weiteren: Landratsamt), Nr. …2, ausgestellt am …1976 vom Landratsamt, Nr. …3, ausgestellt am …1982 vom Landratsamt, Nr. …4, ausgestellt am …1990 vom Landratsamt, Nr. …5, ausgestellt am …1993 vom Landratsamt, Nr. …6, ausgestellt am …2001 vom Landratsamt, Nr. …7, ausgestellt am …12007 vom Landratsamt, Nr. …8, ausgestellt am …2021 vom Landratsamt und Nr. …9, ausgestellt am …2010 vom Landratsamt, in die insgesamt 49 Waffen eingetragen sind, sowie eines Dreijahresjagdscheines Nr. …10, erstmals ausgestellt am …2016 vom Landratsamt, zuletzt gültig bis …2026. Der Antragsteller hat eine Mitbenutzungserlaubnis Nr. …11, ausgestellt am …2019 vom Landratsamt, für die Waffen des Herrn …Y. Weiter ist der Antragsteller Inhaber der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis Nr. …12 zum Laden bzw. Wiederladen von Patronenhülsen, erstmals ausgestellt am …2016 vom Landratsamt, zuletzt gültig bis …2026.
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Im Rahmen der unangemeldeten Regelkontrolle am 3.4.2024 durch das Landratsamt wurde festgestellt, dass der Großteil der Waffen des Antragstellers in einem Waffenraum im Keller aufbewahrt wurde, der nicht gegenüber dem Landratsamt gemeldet worden war. Weiter wurde ein nicht eingetragener Wechsellauf mit der Serien-Nr. …1 aufgefunden. Die halbautomatische Pistole Nr. …2, Walther, .22LongRifle wurde nicht ordnungsgemäß in einem normalen, unversperrten Koffer außerhalb des Waffenraums aufbewahrt.
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Mit Schreiben vom 17.4.2024 wurde dem Antragsteller Gelegenheit zur Äußerung bis zum 10.5.2024 gegeben. Hiervon machte der Klägerbevollmächtigte am 2.8.2024 Gebrauch.
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Unter dem 23.7.2024 erließ der Antragsgegner folgenden Bescheid:
1. Die waffenrechtlichen Erlaubnisse, ausgestellt vom Landratsamt X … am …1975, …1976, …1982, …1990, …1993, …2001, …2007, …2010 und …2021 für Herrn …, geb. … in …, in Form von neun Waffenbesitzkarten (acht Standard-Waffenbesitzkarten und eine Waffenbesitzkarte für Sportschützen) mit den Nrn. …1, …2, …3, …4, …5, …6, …7, …9 und …8, werden hiermit widerrufen. Auch die in die Waffenbesitzkarte vom …2019, Nr. …11, des Herrn …Y, geb. …1979, eingetragene waffenrechtliche Mitbenutzungserlaubnis des Herrn …, geb. …, wird hiermit widerrufen.
2. Die sprengstoffrechtliche Erlaubnis, ausgestellt vom Landratsamt X … am …2016 mit der Dokumenten-Nr. …10, welche derzeit noch bis zum …2026 gültig ist, wird hiermit widerrufen.
3. Der Dreijahresjagdschein mit der Nr. …13 ausgestellt vom Landratsamt X … am …2020, zuletzt verlängert bis zum …2026, wird für ungültig erklärt und eingezogen.
4. Herr … wird verpflichtet, die unter Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 dieses Bescheides genannten waffen-, sprengstoff- und jagdrechtlichen Erlaubnisse binnen einer Frist von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides dem Landratsamt X … zur Einziehung vorzulegen.
5. Herr … hat die in seinem Besitz befindlichen erlaubnispflichtigen Schusswaffen einschließlich der Munition binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides einem anderweitigen Berechtigten (Waffenhändler, Waffenbesitzkarteninhaber) zur Verwahrung zu überlassen oder diese dauerhaft unbrauchbar machen zulassen und dies dem Landratsamt X … nachzuweisen.
6. Nach fruchtlosem Verstreichen der unter Nummer 5 genannten Frist wird die Sicherstellung nachfolgender sich im Eigentum des Herrn … befindlichen Waffen sowie der dazugehörigen Munition angeordnet: […]
7. Für den Fall, dass für die eingetragenen Waffen und die Munition nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung ein empfangsbereiter Berechtigter benannt wird, an den die Waffen und Munition unter Eintrag in dessen Waffenbesitzkarte ebenfalls innerhalb dieser Frist dauerhaft überlassen werden können, wird hiermit die Einziehung dieser Waffen angeordnet. Soweit die Waffen an mehrere Berechtigte überlassen werden sollen, gilt dies sinngemäß für jeden einzelnen Übernehmer.
8. Herr … hat das in seinem Besitz befindliche Nitrozellulosepulver binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides an einen Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen bzw. machen lassen. Dies ist dem Landratsamt X … unverzüglich nach Erledigung schriftlich anzuzeigen.
9. Bei fruchtlosem Verstreichen der unter Nr. 8 genannten Frist wird die Sicherstellung des vorhandenen Nitrozellulosepulvers angeordnet.
10. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 3 bis 9 dieses Bescheides wird angeordnet.
11. Für den Fall, dass die Waffenbesitzkarten, die sprengstoffrechtliche Erlaubnis oder der Jagdschein entgegen der Nr.4 dieses Bescheides nicht, nicht vollständig oder nicht fristgemäß vorgelegt werden, wird für jedes nicht vorgelegte Dokument ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € zur Zahlung fällig.
12. Die Kosten des Verfahrens hat der Betroffene als Verursacher zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 150,00 € erhoben. Auslagen werden gesondert festgesetzt.
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Der Widerruf der Waffenbesitzkarten sowie der waffenrechtlichen Mitbenutzungserlaubnis beruhe auf § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Waffengesetz (WaffG). Beim Antragsteller sei die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nicht mehr gegeben, da Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass er mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren würde. Die Befürchtung regelwidrigen Verhaltens setze eine Prognose voraus, die auf Tatsachen gestützt werden müsse. Im Rahmen der Waffenkontrolle sei festgestellt worden, dass der Antragsteller die Pistole mit der Serien-Nr. …2 nicht ordnungsgemäß verwahrt habe. Waffen seien nur dann sorgfältig verwahrt, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen oder Munition beachtet seien, die in § 36 WaffG sowie in § 13 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) geregelt seien. Gemäß § 36 Abs. 1 WaffG habe derjenige, der Waffen oder Munition besitze, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Die Aufbewahrung einer halbautomatischen Pistole in einem normalen Koffer, welcher nicht abgesperrt gewesen sei, stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Vorsichts- und Umgangsmaßregeln dar. Der Waffenbesitzer habe gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 WaffG verstoßen, der den Mindeststandard hinsichtlich der Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen festlege. Danach müssten solche Waffen mindestens in einem mit dem Widerstandsgrad 0 entsprechenden oder gleichwertigem Behältnis aufbewahrt werden. Dem genüge ein normaler Koffer nicht. Es handele sich bei dem konkreten Verstoß gegen die dem Waffenbesitzer obliegenden Aufbewahrungsvorschriften nicht lediglich um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts, die bei nur einmaligen Auftreten noch toleriert werden könne. Bereits eine äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffe und Munition könne ausreichen, um die Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen. Der Waffenbesitzer habe insoweit eine nicht hinzunehmende Sorglosigkeit bezüglich der zentralen waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften offenbart. Auch die Angaben des Waffenbesitzers, wonach er bereits vorgehabt habe zum Schützenheim zu fahren und nur deshalb die Waffe bereits rausgestellt habe, führe zu keiner anderen Bewertung. Bis zur Abfahrt zum Schützenheim hätte der Antragsteller die Waffe ordnungsgemäß verwahren müssen. Bereits das unstreitig festgestellte Unbeaufsichtigtlassen der Kurzwaffe durch das Verlassen des Raumes, in welchem der entsprechende Koffer gelegen habe, begründe den Vorwurf der nicht sorgfältigen Verwahrung. Waffen dürften grundsätzlich nur dann unbeaufsichtigt bleiben, wenn sie in einem sicheren Behältnis verwahrt würden. Eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit müsse dabei nicht vorgelegen haben. Es komme daher auch nicht darauf an, ob die Aussage des Antragstellers, dass er beabsichtigt habe mit dieser Waffe zum Schießstand fahren zu wollen, zutreffend sei. Bis zur direkten Abfahrt hätte die Waffe im Waffenschrank aufbewahrt werden müssen. Im Fall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG gehe es um die auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiere. Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose sei der allgemeine ordnungsrechtliche Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren. Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die in § 36 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten rechtfertige die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Habe ein Waffenbesitzer bereits einmal versagt, sei allein das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdiene. Daher müsse davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller auch zukünftig Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahren werde. Sein Verhalten könne auch nicht nur als situative Nachlässigkeit minderen Gewichts eingestuft werden, die bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden könne. Angesichts der gesamten zu berücksichtigen Umstände, insbesondere auch der weiteren festgestellten Verstöße müsse Anlass zu der Sorge geben, dass er auch künftig nicht sorgsam mit Waffen und Munition umgehen werde. Aufgrund der erheblichen Gefährlichkeit sei das hier verbleibende Restrisiko eines erneuten Verstoßes gegen die grundlegenden Vorsichtsmaßregeln als nicht hinnehmbar anzusehen. Dieser Prognose stehe auch nicht entgegen, dass es bislang keine Beanstandungen gegeben habe. Bei lebensnaher Betrachtung sprächen die äußeren Umstände sowie die weiteren Verstöße (Nutzung des Waffenraumes ohne vorherige Abnahme bzw. Zulassung sowie Auffinden eines Wechsellaufes ohne Eintragung) gegen die Annahme, dass es sich bei der vorgefundenen Aufbewahrungssituation nur um eine nicht repräsentative einmalige Momentaufnahme gehandelt haben könnte. Der Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis in Nr. 2 des Bescheides beruhe auf § 34 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 Sprengstoffgesetz (SprengG), wonach eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis insbesondere bei fehlender Zuverlässigkeit zu widerrufen sei. Der im Sprengstoffgesetz nicht näher definierte Begriff der Zuverlässigkeit entspreche dem des Waffengesetzes. Der Antragsteller sei waffenrechtlich unzuverlässig, sodass er auch sprengstoffrechtlich als unzuverlässig anzusehen sei, weshalb die sprengstoffrechtliche Erlaubnis zu widerrufen sei. Die Ungültigerklärung sowie Einziehung der jagdrechtlichen Erlaubnis in Nr. 3 des Bescheides beruhe auf § 18 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 Nr. 2 Bundesjagdgesetz (BJagdG). Danach sei der Jagdschein zwingend für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn Personen, wie der Antragsteller, die erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besäßen. Weiter habe der Antragsteller gröblich nach § 17 Abs. 4 Nr. 2 BJagdG gegen Bestimmungen des Waffenrechts verstoßen aufgrund des schwerwiegenden Aufbewahrungsverstoßes, sodass auch deshalb die notwendige Zuverlässigkeit nachträglich entfallen sei. Die Vorlageverpflichtung der Waffenbesitzkarten, der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis und des Jagdscheins in Nr. 4 des Bescheides binnen vier Wochen beim Landratsamt beruhe auf § 46 Abs. 1 WaffG, § 35 Abs. 2 SprengG, Nr. 35.1 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Sprengstoffgesetz (SprengVwV) i.V.m. Art. 52 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) und § 18 BJagdG. Es solle dadurch verhindert werden, dass ungültig gewordene Erlaubnisurkunden im Rechtsverkehr missbräuchlich verwendet werden könnten. Die Frist zur Rückgabe der Dokumente sei angemessen. Die Anordnung zur Überlassung an einen Berechtigten bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition beruhe auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Da die waffenrechtlichen Erlaubnisse widerrufen worden seien, sei der Tatbestand des § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG erfüllt. Die Anordnung verfolge den Zweck, dass der Widerruf unter Nr. 1 des Bescheides nicht wirkungslos bleibe und das waffenrechtlich nicht mehr legitimierte Eigentum an erlaubnispflichtigen Waffen und Munition beendet werde bzw. kein Unberechtigter diese erwerben könne. Der Besitz von erlaubnispflichtigen Waffen und Munition einer Person, die den strengen Anforderungen des Waffengesetzes nicht genüge, stelle eine ständige Gefahr für die Allgemeinheit dar. Die Anordnung sei angemessen. Die mit der Maßnahme einhergehende Beeinträchtigung stehe zum angestrebten Zweck nicht außer Verhältnis. Das öffentliche Interesse, die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu schützen, überwiege das private Interesse am Besitz von erlaubnispflichtigen Waffen und Munition. Darüber hinaus sei die unter Nr. 5 des Bescheidstenors gesetzte Frist von vier Wochen angemessen, um der Verpflichtung fristgerecht nachkommen zu können. Die Anordnung der Sicherstellung der Waffen und Munition nach Nr.6 des Bescheides stütze sich auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG als gesetzliche Folge des Widerrufs. Ein Widerruf der in den Waffenbesitzkarten eingetragenen waffenrechtlichen Erlaubnisse ohne Einziehung der Waffen wäre nicht sachgerecht und ermessensfehlerhaft. Die Anordnung sei im pflichtgemäßen Ermessen erfolgt, da der Antragsteller zuvor bereits ausreichend Zeit gehabt habe die Waffen an einen Berechtigten zu übergeben bzw. diese zu veräußern. Die Sicherstellung sei nicht nur geeignet und erforderlich, um gesetzmäßige Zustände herzustellen, sondern auch verhältnismäßig. Die Anordnung der Einziehung der Waffen und Munition in Nr. 7 des Bescheides, beruhe auf § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG. Das Landratsamt habe sein ihm zustehendes Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Bevor die Einziehung der betreffenden Waffen und Munition wirksam werden könne, habe der Antragsteller Gelegenheit, diese an einen Berechtigten dauerhaft zu überlassen. Die Anordnung zur Überlassung an einen Berechtigten bzw. Unbrauchbarmachung des Bestandes an Nitrozellulosepulver beruhe auf § 32 Abs. 5 Satz 1 SprengG. Demnach könne die zuständige Behörde anordnen, dass der explosionsgefährdete Stoff, über den der Betroffene die tatsächliche Gewalt noch ausübe, binnen angemessener Frist nachweislich unbrauchbar gemacht oder an Berechtigte überlassen werde, wenn die Erlaubnis für den Erwerb, Besitz und Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen widerrufen worden sei. Die sprengstoffrechtliche Erlaubnis sei widerrufen worden, sodass der Tatbestand des § 32 Abs. 5 Satz 1 SprengG erfüllt sei. Die Anordnung verfolge vorliegend den Zweck, dass der Widerruf unter Nr. 2 nicht wirkungslos bleibe und das sprengstoffrechtlich nicht mehr legitimierte Eigentum an Nitrozellulosepulver beendet werde bzw. kein Unberechtigter dies erwerben könne. Der Besitz von erlaubnispflichtigen Nitrozellulosepulver einer Person, die den strengen Anforderungen des Sprengstoffgesetzes nicht genüge, stelle eine ständige Gefahr für die Allgemeinheit dar. Das öffentliche Interesse, die Allgemeinheit vor den Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen zu schützen, überwiege das private Interesse am Besitz von Nitrozellulosepulver. Zudem sei die gesetzte Frist angemessen. Die Anordnung der Sicherstellung des Nitrozellulosepulvers in Nr. 9 des Bescheides für den Fall, dass die Nr. 8 des Bescheides nicht erfüllt werde, beruhe auf § 32 Abs. 5 Satz 2 SprengG als gesetzliche Folge des Widerrufs. Ein Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis ohne Sicherstellung vorhandenen Nitrozellulosepulvers wäre nicht sachgerecht und ermessensfehlerhaft. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 3 bis 9 des Bescheides sei im öffentlichen Interesse erfolgt. Die vorzunehmende Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der höchstmöglichen Sicherheit vor unzuverlässigen und damit ungeeigneten Besitzern von Waffen und explosionsgefährlichen Stoffen einerseits und den Interessen des Betroffenen an der Möglichkeit des Waffenerwerbs/-umgangs und dem Erwerb und Besitz von explosionsgefährlichen Stoffen müsse zu Ungunsten des Antragstellers ausfallen, da ein Sicherheitsrisiko für die Zukunft zu beseitigen sei. Den Ausgang einer gerichtlichen Überprüfung abzuwarten, sei nicht vertretbar. Die Allgemeinheit habe ein überragendes Interesse daran, dass allein nur zuverlässige Personen erlaubnispflichtige Waffen, Munition und explosionsgefährliche Stoffe erwerben und besitzen könnten, um die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch eine missbräuchliche Verwendung zu minimieren. Dies gelte ebenso für die sofortige Vollziehung der Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheines. Nur hierdurch könne sichergestellt werden, dass der unzuverlässige Jagdscheininhaber nicht mit Waffen umgehe, da ein Jagdscheininhaber jederzeit die Möglichkeit habe, Waffen zu erwerben und jederzeitig deren Gebrauchsmöglichkeit habe. Besondere Umstände, die ein weitergehendes Interesse am Besitz der erlaubnispflichtigen Waffen bzw. Munition und explosionsgefährlichen Stoffen sowie der jagd-, sprengstoff- und waffenrechtlichen Erlaubnisdokumente bis zu einer abschließenden Entscheidung des Gerichts begründen und den Sofortvollzug ausnahmsweise entbehrlich erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich. Es widerspreche dem Gedanken des Waffen-, Sprengstoff- und Jagdrechts, dass Personen, die i.S.d. Gesetze nicht zuverlässig seien, über die tatsächliche Gewalt eben bezeichneter Gegenstände verfügten. Die Androhung des Zwangsgeldes beruhe auf Art. 29, 30, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Die Kostenentscheidung stütze sich auf Art.1, 2, 5, 6 und 10 Kostengesetz (KG) i.V.m. lfd. Nr.2.II.7 Tarifstelle 39 Kostenverzeichnis (KVz).
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Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat gegen den Bescheid am 14.8.2024 Klage (Az. RO 4 K 24.1947) erhoben und am 30.8.2024 zusätzlich um einstweiligen Rechtschutz nachgesucht. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Bescheid bereits formell rechtswidrig sei, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO besonders (schriftlich) begründet worden sei. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung sei nur formelhaft begründet und genüge nicht den formellen Anforderungen einer Sofortvollzugsanordnung. Der Antragsteller sei weder im Sinne des Waffengesetzes, im Sinne des Sprengstoffgesetzes noch im Sinne des Bundesjagdgesetzes als unzuverlässig anzusehen, da er in keinster Weise die Schwelle einer nur situativen Nachlässigkeit minderen Gewichtes überschritten habe. Der Antragsteller habe den Waffenraum zur Meldung erst vollständig fertigstellen wollen. Die Abnahme sei zwischenzeitlich durch Herrn S …, Kriminalpolizeiinspektion (KPI) B … am 30.4.2024 erfolgt. Zusätzlich sei anzumerken, dass der Waffenraum ein wesentlich höheres Maß an Sicherheit biete als jeder herkömmliche Waffenschrank. Der Wechsellauf mit der Serien-Nr. …1 gehöre zu der Pistole S …, die unter der Waffenbesitzkarte Nr. …2, lfd. Nr. 3 von der Firma K … erworben worden sei. Die Pistole sei zum Zeitpunkt der Prüfung mit dem Wechselsystem Serien-Nr. …3 versehen gewesen. Der Originallauf mit der Nr. …1 habe gesondert im Regal gelegen. Die Waffe Walther .22LongRifle Nr. …2 sei in einem Waffenkoffer mit Zahlenschloss und zusätzlicher Möglichkeit der Schlüsselverriegelung aufbewahrt worden. Zum Zeitpunkt der Überprüfung sei der Koffer mit dem Zahlenschloss verriegelt gewesen. Da für die Öffnung kein Schlüssel benötigt worden sei, habe der Eindruck entstehen können, dass die Waffe darin offen gelagert worden sei. Sofern man hier von einer etwaigen geringfügigen Nachlässigkeit ausgehe, überschreite dies keinesfalls die Schwelle, welche zum Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse berechtige. Auch ein kurzfristiges Unbeaufsichtigtlassen führe zu keiner anderen Bewertung, da der Waffenkoffer verschlossen gewesen sei, sei auch ein kurzfristiges Abstellen in einem in unmittelbarer Nähe zum Waffenraum befindlichen Keller nicht als sorgfaltswidrig einzustufen. Die Vorwürfe würden allesamt nicht durchgreifen und könnten keine Unzuverlässigkeit begründen. Mangels Unzuverlässigkeit des Antragstellers ergebe sich hieraus auch kein Indiz für ein zukünftiges Fehlverhalten des Antragstellers, welches sich im Rahmen der für die Zulässigkeitsprüfung vorzunehmende Prognoseentscheidung für die Zukunft zulasten des Antragstellers auswirke. Der Antragsteller bewahre alle seine Waffen ordnungsgemäß und mit der erforderlichen Sorgfalt auf. Dies zeige auch der Waffenraum des Antragstellers, welcher durch eine gut 20 cm dicke Stahltür gesichert sei und ein weit höheres Maß an Sicherheit biete als herkömmliche Waffenschränke. Zudem sei der Widerruf der Erlaubnisse bei derartigen (wenn überhaupt nur geringfügigen) Verstößen absolut unverhältnismäßig. Der Antragsteller gehe mit seinen Erlaubnissen seit Jahren sorgsam um und berücksichtige alle gesetzlichen Vorgaben. Die Anordnung der Überlassung sämtlicher Schusswaffen einschließlich Munition an einen Berechtigten oder deren dauerhafte Unbrauchbarmachung in Nr. 5. des Bescheides sei absolut unverhältnismäßig. Bei einer Anzahl von ca. 50 Schusswaffen sei es dem Antragsteller nicht möglich, diese an einen Berechtigten abzugeben, da sich niemand finde, der eine Anzahl von 50 Schusswaffen verwahren könne. Im Übrigen sei auch die Frist von vier Wochen hierzu viel zu kurz und unangemessen. Auch die Alternative einer Unbrauchbarmachung sei aufgrund des erheblichen Wertes der Schusswaffen und dem Nichtvorliegen eines Verstoßes des Antragstellers gegen Aufbewahrungsvorschriften nicht verhältnismäßig. Zudem würde die Vollziehung des Bescheides zu Lasten des Antragstellers schwerwiegende, gegebenenfalls irreparable Folgen („vollendete Tatsachen“) bewirken. Der Antragsteller müsste seine Schusswaffen mangels Auffindbarkeit einer Person zur Aufbewahrung unbrauchbar machen, was bei 50 Waffen einen erheblichen Sachschaden darstellen würde, der nicht einfach rückgängig gemacht werden könne.
8
Der Bevollmächtigte des Antragstellers beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 14.8.2024 gegen den Bescheid des Landratsamts X … vom 23.7.2024 (Az. … ) wiederherzustellen.
9
Der Antragsgegner beantragt,
10
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausreichend sei. Hieran seien in Fällen von waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Dies gelte analog für den Vollzug des Sprengstoffs- und Jagdrechts. Eine waffenrechtliche Erlaubnis sei zu widerrufen, wenn der Waffenbesitzer nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit aufweise. Der Antragsteller habe die halbautomatische Pistole fehlerhaft lediglich in einem Koffer aufbewahrt. Nach Angaben des Antragstellers habe es sich um einen Waffenkoffer mit Zahlenschloss gehandelt, weshalb dieser keinen waffenrechtlichen Aufbewahrungsverstoß sehe. Jedoch stelle die Verwahrung einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe in einem verschlossenen Waffenkoffer anstatt in einem Tresor einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Aufbewahrungspflichten nach § 36 Abs. 2 Satz 1 WaffG dar. Danach müssten solche Waffen mindestens in einem der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997) entsprechenden oder gleichwertigen Behältnis aufbewahrt werden, wobei als gleichwertig insbesondere ein Behältnis der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 (Stand Mai 1995) gelte. Dem genüge ein Transportkoffer bzw. Waffenkoffer nicht. Es handele sich bei dem Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten auch nicht lediglich um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts. Es sei zwar zu berücksichtigen, dass die Waffe nicht vollkommen ungesichert einem Zugriff durch beliebige Dritte ausgesetzt gewesen sei, da der Transportkoffer eigenen Angaben zu Folge verschlossen gewesen sei. Allerdings könne bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen oder Munition ausreichen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen. Die Gesamtumstände des Einzelfalls ließen nicht erwarten, dass der Waffenbesitzer in Zukunft seiner Pflicht im Umgang mit Waffen und Munition mit äußerster Sorgfalt nachkommen werde. Bei lebensnaher Betrachtung sprächen die äußeren Umstände sowie die weiteren Verstöße des Antragstellers (Nutzung des Waffenraumes ohne vorherige Abnahme bzw. Zulassung und Auffinden eines Wechsellaufes ohne vorhandene Eintragung) im Rahmen der Kontrolle gegen die Annahme, dass es sich bei der vorgefundenen Aufbewahrungssituation nur um eine nicht repräsentative einmalige Momentaufnahme gehandelt haben könnte. Auch der Umstand, dass es sich (nur) um einen nachweislichen Aufbewahrungsverstoß handele, führe angesichts der deutlichen Rechtsprechungskriterien nicht zu einer anderen Bewertung. Sofern sich der Antragsteller darauf berufe, dass der Widerruf der waffen-, sprengstoff- und jagdrechtlichen Erlaubnissen unverhältnismäßig sei, werde darauf hingewiesen, dass es sich bei den entsprechenden Rechtsgrundlagen um gebundene Entscheidungen handele. Weiter sei Nr. 5 des Bescheides rechtmäßig und ermessensgerecht. Die Waffen müssten selbstverständlich nicht gesammelt an einen Berechtigten überlassen werden. Es sei durchaus möglich, dass diese auch an mehrere Berechtigte überlassen würden. Die gesetzte Frist von vier Wochen sei ermessensgerecht, da dem Antragssteller bereits seit April dieses Jahres das eingeleitete Widerrufsverfahren bekannt sei und er sich zwischenzeitlich bereits um entsprechende Möglichkeiten zur Überlassung seiner Waffen kümmern hätte können. Weiter sei die Stellungnahme des Antragstellers vom 2.8.2024 vor Bescheidserlass nicht abgewartet worden, da dem Antragsteller mit der erfolgten Anhörung eine Frist zur Stellungnahme bis zum 10.5.2024 gewährt worden sei. Mit Schreiben vom 29.4.2024 habe der Bevollmächtigte des Antragstellers Akteneinsicht, nicht aber Fristverlängerung beantragt.
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Mit weiterem Schriftsatz erwidert der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass die Waffe Walther.22 Long Rifle Nr. …2 des Antragstellers nicht dauerhaft, sondern nur kurzfristig außerhalb des Waffenraums in dem Waffenkoffer verwahrt worden und im Keller zum Abtransport bereitgestellt worden sei. Dabei handle es sich nicht um einen schwerwiegenden Aufbewahrungsverstoß i.S.d. § 36 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Die Waffe sei nicht dauerhaft dem Zugriff Dritter ausgesetzt gewesen. Eine vermeintliche und geringfügige Gewahrsamslockerung müsse im Rahmen des Transports möglich sein, da ansonsten ein solcher nicht mehr erfolgen könnte. Ein Zugriffsmöglichkeit durch dritte Personen habe allenfalls in der Theorie für einen äußerst kurzfristigen Moment bestanden. Der Antragsteller wohne alleine in dem Haus. Der Waffenraum und der Raum, in dem der gegenständliche Transportkoffer gefunden worden sei, befänden sich in einem räumlich abgeschlossenen Zimmer des Hauses, zu dem ein (zufälliger) Zugang durch Dritte nahezu ausgeschlossen sei. Der nicht abgenommene Waffenraum sei durch eine 20 cm dicke Stahltür gesichert und entspreche weitaus höheren Sicherheitsvorkehrungen als ein Blechschrank. Dieser vermeintliche Verstoß spreche daher vielmehr für eine besondere Sorgfalt, die der Antragsgegner an den Tag lege. Hinsichtlich des Vorwurfs des nicht eingetragenen Wechsellaufes wird klargestellt, dass dieser Wechsellauf der Lauf einer eingetragenen Pistole sei. Sowohl auf diesem Lauf als auch auf der Pistole sei dieselbe Seriennummer eingetragen. Hinsichtlich der Anordnung in Nr. 5 des Bescheides wird ausgeführt, dass auch das Auffinden von 50 Berechtigten für den Antragssteller in der gesetzten Frist kaum möglich sei. Er habe sich auch nicht seit Anfang April um entsprechende Möglichkeiten kümmern müssen, da er sich im Recht befinde. Die Frist sei daher als unverhältnismäßig und nicht ermessensgerecht anzusehen.
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Für den Sachverhalt und das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte mit den wechselseitigen Schriftsätzen und die Behördenakte. Die Akte des Verfahrens RO 4 K 24.1947 wurde beigezogen.
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1. Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Den Antrag des anwaltlich vertretenen Antragstellers legt das Gericht gemäß § 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dahingehend aus, dass er hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 1, 2, 11 und 12 des Bescheides die Anordnung und hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 3 bis 9 des Bescheides die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehrt.
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Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt allerdings nach § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO dann, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist (hier für die Nr. 1, 2, 11 und 12 des Bescheides gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 5 WaffG bzw. Art. 21a VwZVG und § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) oder die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders anordnet (hier für die Nr. 3 bis 9 des Bescheides). In diesen Fällen kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch anordnen (wenn diese aufgrund Gesetzes ausgeschlossen ist) oder wiederherstellen (wenn eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorliegt). Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die gebotene summarische Prüfung, dass Rechtsbehelfe gegen den angefochtenen Bescheid keinen Erfolg versprechen, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung regelmäßig hinter das Vollziehungsinteresse zurück und der Antrag ist unbegründet. Erweist sich die erhobene Klage hingegen bei summarischer Prüfung als zulässig und begründet, dann besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids und dem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist stattzugeben. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht ausreichend absehbar, muss das Gericht die widerstreitenden Interessen im Einzelnen abwägen. Die Begründetheit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann sich daneben auch daraus ergeben, dass die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig ist, weil sie den formellen Anforderungen nicht genügt.
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Vor dem Hintergrund dieser Maßstäbe stellt sich der Antrag als unbegründet dar. Zum einen genügt die Begründung des angeordneten Sofortvollzugs den formellen Anforderungen (dazu 1.1). Zum anderen wird die erhobene Klage bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben (dazu 1.2).
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1.1 Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt den formellen Anforderungen. Insbesondere ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Genüge getan. Diese Begründungspflicht verlangt von der zuständigen Behörde, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheids unter Bezugnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalls darzustellen (BayVGH, B.v. 14.2.2002 – 19 ZS 01.2356 – NVwZ-RR 2002, 646). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat unter anderem eine Warnfunktion für die handelnde Behörde. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters ihrer Anordnung bewusst wird und die konkret betroffenen Interessen sorgsam prüft und abwägt (BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2). Nichtssagende, formelhafte Wendungen reichen deshalb nicht aus. Allerdings genügt dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, dass die Behörde diese Interessenlage aufzeigt und deutlich macht, dass sie auch im vorliegenden Fall gegeben ist. Dies kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts, zu dem auch der streitgegenständliche Bescheid gehört, in Betracht (BayVGH, B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
18
Gemessen an diesen Maßstäben ist die zu prüfende Begründung des Sofortvollzugs ausreichend. Der Antragsgegner hat sich in genügender Weise auf die hier widerstreitenden Interessen des betroffenen Antragstellers und das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit bezogen und erläutert, warum er dem öffentlichen Interesse den Vorrang einräumt. Insbesondere hat die Behörde dargelegt, dass ein Ausgang einer gerichtlichen Überprüfung nicht abgewartet werden und nicht hingenommen werden kann, dass der Antragsteller, der nach dem Waffen-, Sprengstoff- und Jagdrecht nicht zuverlässig ist, über die tatsächliche Gewalt erlaubnispflichtiger Waffen, Munition und explosionsgefährlicher Stoffe verfügen kann. Dies erachtet das Gericht als ausreichend. Ob diese Begründung auch in der Sache trägt, ist eine Frage des materiellen Rechts.
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1.2 Bei summarischer Prüfung stellt sich die erhobene Klage als unbegründet dar. Der in Nr. 1 erfolgte Widerruf der Waffenbesitzkarten und der Mitbenutzungserlaubnis (dazu a)), der in Nr. 2 erfolgte Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis (dazu b)), die in Nr. 3 erfolgte Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins (dazu c)), die Rückgabeverpflichtungen in Nr. 4 (dazu d)), die weiteren waffenrechtlichen Nebenanordnungen in Nr. 5, 6 und 7 (dazu e)), die weiteren sprengstoffrechtlichen Nebenanordnungen in Nr. 8 und 9 (dazu f)), die Zwangsgeldandrohungen in Nr. 11 (dazu g)) sowie die Kostenentscheidung in Nr. 12 des Bescheides (dazu h)) sind danach voraussichtlich rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20
a) Der in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides ausgesprochene Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers – vorliegend der Waffenbesitzkarten und der Mitbenutzungserlaubnis – stützt sich in nicht zu beanstandender Weise auf § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine waffenrechtliche Erlaubnis unter anderem voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG stellt es unter anderem einen absoluten Unzuverlässigkeitsgrund dar, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Personen mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahrt werden. Die Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt demnach eine auf zutreffend ermittelte Tatsachen gestützte Prognose des zukünftig zu erwartenden Verhaltens des Betroffenen voraus (Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 5 Rn. 18). An die Prognose dürfen indes keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, denn das Zuverlässigkeitserfordernis dient dem Zweck, die mit jedem Waffenbesitz verbundenen Risiken nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das uneingeschränkte Vertrauen verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30/13 – NJW 2015, 1127). Ein Restrisiko braucht folglich nicht hingenommen zu werden (BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 Cs 13.1564 – juris Rn. 10). Die behördliche Prognose der Unzuverlässigkeit ist in Anlegung dieses Maßstabs nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt wird, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – NJW 2015, 3594/3596).
21
Unter Beachtung dieser Maßgaben ist die Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass eine unsorgfältige Verwahrung der Waffe Nr. …2 des Antragstellers gegeben war (dazu aa)). Aufgrund dieser Tatsache und den weiteren dazukommenden Umständen hat der Antragsgegner in nicht zu beanstandender Weise auf die Unzuverlässigkeit des Antragstellers geschlossen (dazu bb)).
22
aa) Hinsichtlich § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ist ein Umgang mit Waffen und Munition nur dann vorsichtig und sachgemäß, wenn alle Sicherungsmöglichkeiten ausgenutzt werden (BayVGH, B.v. 28.11.2013 – 21 CS 13.1758 – juris Rn. 10). Die Anforderungen an eine sorgfältige Verwahrung folgen aus § 36 WaffG. Nach § 36 Abs. 1 WaffG hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Näher konkretisiert werden die Anforderungen an eine sichere Aufbewahrung durch § 36 Abs. 5 WaffG i.V.m. § 13 AWaffV. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AWaffV sind Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz erlaubnispflichtig sind, ungeladen und in einem Behältnis aufzubewahren, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 mit dem in Absatz 2 geregelten Widerstandsgrad und Gewicht entspricht.
23
Dieser Aufbewahrungspflicht ist der Antragsteller nicht nachgekommen, da während der Kontrolle am 3.4.2024 die halbautomatische Pistole Nr. …2 in seinem Keller außerhalb des Waffenraumes oder eines Waffenschrankes aufgefunden worden ist. Der Waffenkoffer, in dem die Waffe aufbewahrt worden ist, genügt diesen gesetzlichen Mindestanforderungen hinsichtlich der Aufbewahrung nicht (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2015 – 21 CS 15.2130 – juris Rn. 20). Der Antragsteller hat hierdurch ersichtlich gegen die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Satz 1 AWaffV verstoßen, die den Mindeststandard hinsichtlich der Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen festlegt. Daher hat der Antragsteller auch gegen die Verpflichtung aus § 36 Abs. 1 WaffG verstoßen hat, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen oder Munition unbefugt an Dritte gelangen können.
24
Auch wenn es sich bei dem Koffer, wie vom Bevollmächtigten des Antragstellers vorgetragen, um einen Waffenkoffer gehandelt hat, der durch ein Zahlenschloss gesichert war, entspricht dies nicht den in § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV normierten Anforderungen. Die unstreitige Aufbewahrung der erlaubnispflichtigen Pistole darin stellt daher einen Verstoß des Antragstellers gegen die sich aus § 36 Abs. 1 WaffG ergebende Pflicht dar.
25
Es handelt sich bei dem konkreten Verstoß gegen die dem Antragsteller als Waffenbesitzer obliegenden Aufbewahrungspflichten – entgegen dessen Vorbringen – auch nicht lediglich um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts, die bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30/13 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 31.7.2015 – 21 CS 15.1156 – juris Rn. 12; VG München, B.v. 9.9.2019 – M 7 S 19.3198 – juris Rn. 29). Auch wenn es sich bei hierbei nicht um die dauerhafte Aufbewahrung der Waffe gehandelt hat und diese nur kurzfristig außerhalb des Waffenraumes stand, ändert dies nichts an der rechtlichen Bewertung, dass die Aufbewahrung in diesem Zeitraum nicht vorschriftsgemäß gewesen ist.
26
Es ist zwar zu berücksichtigen, dass die Waffe nicht vollkommen ungesichert einem Zugriff durch beliebige Dritte ausgesetzt war, da der Waffenkoffer verschlossen in dem Keller gestanden hat. Allerdings kann bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen oder Munition ausreicht, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2018 – 21 B 15.2434 – juris Rn. 20). Dementsprechend dienen die Aufbewahrungsvorschriften der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes, nämlich das Abhandenkommen oder die unbefugte Ansichnahme von Waffen durch Dritte zu verhindern (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2015 – 21 ZB 15.2418 – juris Rn. 12). Diese sollen mit Blick auf bekannt gewordene Missbrauchsfälle aus der Vergangenheit einen Zugriff gerade auch durch die Personen verhindern, die sich fortwährend im räumlichen Umfeld der Waffen aufhalten (Hausgenossen, Mitbewohner, Familienangehörige) (vgl. VGH BW, B.v. 3.8.2011 – 1 S 1391/11 – juris Rn. 6). Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang durch eine Verletzung der Aufbewahrungspflicht im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Der Schutz der Allgemeinheit vor von Waffen oder Munition ausgehenden Gefahren soll gerade durch die geltenden Aufbewahrungsvorschriften erreicht werden. Dementsprechend berührt jeder Verstoß gegen diese Regelungen zugleich das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefahr (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2015 – 21 CS 15.2130 – juris Rn. 21). Denn die geforderte sichere Aufbewahrung dient keineswegs nur dazu, unbefugt in der Wohnung befindlichen Personen den Zugriff zu erschweren, sondern sie gewährleistet ebenso, dass Personen bei rechtmäßigem Aufenthalt in der Wohnung, also Familienangehörige, Besucher und Gäste, nicht unkontrolliert an Waffen und Munition gelangen können (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.1996 – 21 CS 95.3505 – BayVBl 1996, 534). Zielrichtung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist es, die unkontrollierte Sachherrschaft über Waffen und Munition solchen Personen nicht zu ermöglichen, die nicht ausdrücklich die Erlaubnis zum Besitz von Schusswaffen haben (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.1996 a.a.O.). Der Antragsteller hat insoweit eine nicht hinzunehmende Sorglosigkeit bezüglich der zentralen waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften offenbart, da er die Waffe in dem verschlossenen Waffenkoffer und nicht in einem Behältnis, welches dem Mindeststandard gemäß § 13 Abs. 1 AWaffV entsprochen hat, aufbewahrt hat. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn der Antragsteller – wie vorgetragen – alleine in dem Haus lebt und sich sowohl der Waffenraum als auch der streitgegenständliche Koffer in einem räumlich abgeschlossenen Zimmer des Hauses befinden, da jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich Dritte unbefugt hierzu Zugang verschaffen und so deren Zugriff auf die Waffe ermöglicht wird.
27
Auch die Angaben des Waffenbesitzers, wonach er auf dem Weg zum Schützenheim gewesen sei und nur deshalb die Waffe bereits herausgestellt habe, führt zu keiner anderen Bewertung. Bis zur Abfahrt zum Schützenheim hätte der Antragsteller die Waffe ordnungsgemäß verwahren müssen. Bereits das unstreitige, kurze Unbeaufsichtigtlassen des Koffers samt Waffe im Keller, als dem Kontrollpersonal die Tür geöffnet wurde, begründet diesen Verstoß. Es kann auch nicht von einer nur geringfügigen Gewahrsamslockerung ausgegangen werden. Nach den gesetzgeberischen Vorgaben müsste die Waffe für den Zeitraum, in dem der Waffeninhaber keine tatsächliche Kontrolle über sie hat, (wieder) in einen Waffenschrank bzw. in einem den Anforderungen des § 13 AWaffV entsprechenden Behältnis eingeschlossen werden. Dies gilt hier umso mehr, da der Waffenkoffer im Keller abgestellt wurde, in dem sich in unmittelbarer Nähe auch der Waffenraum des Antragsteller befand. Danach ist es schon nicht nachvollziehbar, weshalb es nicht naheliegend bzw. ihm zuzumuten gewesen wäre, den Koffer anstatt ihn im Keller abzustellen wieder zurück in den Waffenraum zu legen, zumal ihm nicht bekannt sein konnte, wie lange der für ihn überraschende Besuch dauern und ob er anderen Personen Zutritt zum Haus gewähren würde (vgl. VG Ansbach, B.v. 17.10.2023 – AN 16 S 23.1917 – juris Rn. 31).
28
bb) Die festgestellte Tatsache rechtfertigt die behördliche Prognose, dass der Antragsteller Waffen und Munition auch zukünftig nicht sorgfältig verwahren wird.
29
Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die in § 36 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten führt nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich die Kammer in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat (vgl. B.v. 25.5.2021 – RN 4 K 19.2072 – juris Rn. 37f.; B.v. 12.11.2020 – RN 4 S 20.1456 – juris Rn. 25), zur Annahme eines zukünftigen verantwortungslosen oder nachlässigen Verhaltens im Zusammenhang mit der Aufbewahrung von Waffen und Munition und trägt damit die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 26.5.2021 – 24 ZB 20.2295 – nicht veröffentl.; B.v. 28.11.2013 – 21 CS 13.1758 juris Rn. 11). Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass diese Normen zentrale Bestimmungen des Waffenrechts sind, weil die sichere Lagerung von Waffen und Munition eine unberechtigte Nutzung durch Dritte und die damit verbundenen massiven Gefahren für die Allgemeinheit verhindern soll (BayVGH, B.v. 24.11.2017 – 21 CS 17.1531 – juris Rn. 15; VG Regensburg, U.v. 25.5.2021 – RN 4 K 19.2072 – juris Rn. 37).
30
Es sind vorliegend auch keine Tatsachen ersichtlich, die den Antragsteller hinsichtlich einer unsorgfältigen Aufbewahrung entlasten und so die Prognose erneuter Verstöße in Frage stellen würden. Es ist auch weder von einem Bagatellverstoß noch von einer situativen Nachlässigkeit minderen Gewichts auszugehen, die noch hingenommen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 22.10.2014 – 6 C 30.13 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 20.5.2015 – 21 ZB 14.2236 – juris Rn. 15). Der Vortrag des Antragstellers, dass es sich um einen Waffenkoffer gehandelt habe, der mit Zahlenschloss versperrt gewesen sein soll, und es sich nur um einen kurzfristigen Zeitraum gehandelt habe, ändert, wie unter aa) bereits ausgeführt, nichts an dieser rechtlichen Bewertung im vorläufigen Rechtsschutz. Er macht vielmehr deutlich, dass sich der Antragsteller seiner ihm obliegenden Aufbewahrungspflichten nicht bewusst ist. Daher ist die behördliche Prognose in Bezug auf weitere Verstöße nicht zu beanstanden.
31
Darüber hinaus treten noch weitere Anhaltspunkte dazu, die die Prognose der Waffenbehörde stützen. Im Rahmen der Kontrolle am 3.4.2024 wurde festgestellt, dass sich der Waffenbestand des Antragstellers in einem zu diesem Zeitpunkt nicht zugelassenen Waffenraum befunden hat. Gemäß § 36 Abs. 5 WaffG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 3 AWaffV kann die zuständige Behörde eine andere gleichwertige Aufbewahrung zulassen. Der Waffenraum des Antragstellers stellt zwar ausweislich des Berichts vom Herrn S …, KPI B … vom 14.5.2024, eine gleichwertige Aufbewahrung dar, dies ist im Rahmen der Prognose aber unbeachtlich, da der bereits genutzte Waffenraum keine Zulassung hatte und somit nicht ohne Weiteres von einer sicheren, gleichwertigen Aufbewahrung ausgegangen werden konnte. Dieses Verhalten bestärkt die Prognose der Waffenbehörde darin, dass sich der Antragsteller auch zukünftig nicht an die gesetzlichen Vorgaben einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung halten wird.
32
Vor diesem Hintergrund war weiter eine günstige Prognose auch nicht deshalb veranlasst, weil der Antragsteller im Zeitpunkt der durchgeführten Kontrolle die übrigen Waffen ordnungsgemäß verwahrte und sich bislang jedenfalls aktenkundig nichts zuschulden kommen lassen hat.
33
b) Der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides ausgesprochene Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis des Antragstellers stützt sich in nicht zu beanstandender Weise auf § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG. Danach sind eine Erlaubnis, eine Zulassung und ein Befähigungsschein nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 8 Abs. 1 SprengG ist die sprengstoffrechtliche Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Hierzu bestimmt § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b SprengG, dass unter anderem Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit explosionsgefährlichen Stoffen nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese nicht sorgfältig aufbewahren.
34
Da die Gefahren, die von dem Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen ausgehen, ebenso schwerwiegend sind wie Gefahren im Umgang mit Waffen, die Allgemeinheit also in gleichem Maß gefährdet und schutzwürdig ist, können die Anforderungen an die Zuverlässigkeit im sprengstoffrechtlichen Sinne nicht geringer sein als an die Zuverlässigkeit im Waffenrecht, was sich auch aus der gesetzlichen Wertung durch die Gleichstellung der waffen- und sprengstoffrechtlichen Regelungen ergibt (vgl. BT-Drs. 19.15875, S. 41 zu § 8a Abs. 2 Nr. 3 SprengG; VG München, B.v. 21.2.2018 – M 7 S 17.3502 und M 7 S 17.4504 – juris Rn. 37 zu § 8a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c SprengG; VG Ansbach, B.v. 17.10.2023 – AN 16 S 23.1917 – juris Rn. 38 zu § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b SprengG; Adolph in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, § 8a SprengG Ziff. II m.w.N.). Danach sind entsprechend den vorstehenden Ausführungen unter a) auch die Voraussetzungen für die Bejahung einer sprengstoffrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers und den damit nach dem Gesetz zwingend zu erfolgenden Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis gegeben.
35
c) Die in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides enthaltene Ungültigerklärung sowie die Einziehung des Jagdscheins des Antragstellers beruhen auf § 18 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 BJagdG. Nach § 18 Satz 1 BJagdG ist die Behörde in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten. Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BJagdG ist der Jagdschein Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen, was nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG der Fall ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
36
Da die Behörde in nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen ist, dass der Antragsteller Waffen auch zukünftig nicht sorgfältig verwahren werde und damit waffenrechtlich unzuverlässig sei, ist – um diesbezüglich einen Gleichlauf zwischen Waffenrecht und Jagdrecht herzustellen – auch von der jagdrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers auszugehen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter a) Bezug genommen.
37
d) Die Rückforderung der jagdsowie sprengstoffrechtlichen Erlaubnisdokumente in Nr. 4 des Bescheides binnen einer Frist von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides, stützt sich in nicht zu beanstandender Weise auf Art. 52 Satz 1 und 2 BayVwVfG, wonach die Behörde im Fall eines unanfechtbaren Widerrufs oder wenn die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts aus anderen Gründen nicht oder nicht mehr gegeben ist, die aufgrund dieses Verwaltungsakts erteilten Urkunden zurückfordern kann. Insoweit folgt das Gericht der Auffassung, dass eine Rückforderung bereits dann nach Art. 52 BayVwVfG erfolgen kann, wenn Widerruf, Rücknahme bzw. ein anderer die Unwirksamkeit auslösender Verwaltungsakt nach § 80 Abs. 2 VwGO sofort vollziehbar sind, so dass einem Widerspruch oder einer Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung zukäme (Ramsauer in Kopp, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 52, Rn. 7). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die gewährte Frist ist angemessen.
38
Gleiches gilt für die Verpflichtung zur Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnisdokumente binnen einer Frist von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides in Nr. 4 des Bescheides. Die Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG, wonach der Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse im Falle der Rücknahme oder des Widerrufs ihrer Erlaubnisse verpflichtet ist, alle Ausfertigungen und die Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Die gewährte Frist ist dabei aus Sicht des Gerichts angemessen, da mit der Rückgabeverpflichtung zum einen nur ein geringer Aufwand für den Antragsteller einhergeht und zum anderen die Norm die Rückgabe „unverzüglich“ fordert.
39
e) Hinsichtlich der mit dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse weiteren zusammenhängenden Nebenentscheidungen in Nr. 5, 6 und 7 des Bescheides sind keine Anhaltspunkte für deren Rechtswidrigkeit ersichtlich.
40
Die Anordnung der Überlassung oder Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition samt Nachweis hierüber gegenüber der Behörde in Nr. 5 des Bescheides binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides als Nebenanordnung stützt sich in nicht zu beanstandender Weise auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach kann die zuständige Behörde, wenn jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen hat, und sie noch besitzt, anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Dem Kläger wurde ein Wahlrecht zwischen der dauerhaften Unbrauchbarmachung und der Überlassung an empfangsbereite berechtigte Personen eingeräumt. Zudem erachtet das Gericht die gesetzte Frist auch in Anbetracht der Anzahl der Waffen des Antragstellers als angemessen, insbesondere da dieser nicht verpflichtet ist, seinen Waffenbestand lediglich einem einzigen anderweitigen Berichtigten zu überlassen, sondern diesen auch aufgeteilt an mehrere Berechtigte übergeben kann.
41
Die in Nr. 6 und 7 des Bescheides enthaltenen Anordnungen, dass im Falle des fruchtlosen Verstreichens der unter Nr. 5 genannten Frist die Sicherstellung der sich im Eigentum des Antragstellers befindlichen Waffen samt dazugehöriger Munition sowie im Fall, dass für die eingetragenen Waffen samt Munition nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung ein empfangsbereiter Berechtigter benannt wird, an den die Waffen und Munition unter Eintrag in dessen Waffenbesitzkarte ebenfalls innerhalb dieser Frist dauerhaft überlassen werden können, die Einziehung dieser Waffen angeordnet wird, stützen sich in nicht zu beanstandender Weise auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG und § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
42
f) Gegen die mit dem Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis weiteren zusammenhängenden Nebenentscheidungen in Nr. 8 und 9 des Bescheides wurden keine Einwände vorgetragen. Anhaltspunkte für deren Rechtswidrigkeit sind auch nicht ersichtlich.
43
Die in Nr. 8 des Bescheides enthaltene Verpflichtung des Antragstellers, dem Landratsamt binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides nachzuweisen, dass das in seinem Besitz befindliche Nitrozellulosepulver an einen Berechtigten überlassen oder unbrauchbar gemacht hat, hat ihre Grundlage in § 32 Abs. 5 Satz 1 SprengG. Die gewährte Frist ist angemessen.
44
Die in Nr. 9 des Bescheides enthaltene Anordnung, dass im Falle des fruchtlosen Verstreichens der unter Nr. 8 genannten Frist die Sicherstellung des Nitrozellulosepulvers angeordnet wird, stützt sich in nicht zu beanstandender Weise auf § 32 Abs. 5 Satz 2 SprengG.
45
g) Keinen Bedenken begegnet bei summarischer Prüfung auch die Zwangsgeldandrohung in Höhe von jeweils 500,00 € in Nr. 11 des Bescheides.
46
Insbesondere bestehen gegen die Zwangsgeldhöhe bei summarischer Prüfung keine Bedenken. Bei der Bestimmung der Höhe des Zwangsgelds ist nach Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen zu schätzen. Um den nötigen Nachdruck zu erzielen, soll das Zwangsgeld so bemessen werden, dass der Pflichtige keinen Vorteil aus der Nichterfüllung der Anordnung ziehen kann. Hierbei steht der Behörde innerhalb des gesetzlichen Rahmens (15 € bis 50.000 €) ein weiter Entscheidungsspielraum zu, bei dem die Umstände des Einzelfalls und die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen zu berücksichtigten sind. Eine besondere Begründung für die geschätzte Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich. Nach Sinn und Zweck muss das Zwangsgeld darauf gerichtet sein, den Pflichtigen effektiv zur Befolgung einer Anordnung anzuhalten (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.11.2021 – 9 ZB 19.1586 – juris Rn. 10; B.v. 3.4.2023 – B.v. 3.4.2023 – juris Rn. 9).
47
Unter Heranziehung dieser Grundsätze sind Fehler bei der Bestimmung der Zwangsgeldhöhe im Ergebnis nicht zu erkennen.
48
h) Keinen Bedenken begegnet bei summarischer Prüfung auch die Kostenentscheidung in Nr. 12 des Bescheides. Die Entscheidung, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, beruht auf Art. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und Art. 5 KG und ist Folge dessen, dass er durch sein Verhalten den Anlass für das behördliche Tätigwerden gesetzt hat. Die erhobenen Gebühren halten sich in dem von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG, Nr. 2.II.7/39 KVz gezogenen Rahmen.
49
2. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
50
3. Rechtsgrundlage der Streitwertfestsetzung sind § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Gerichtskostengesetz. Die Kammer hat Nr. 20.3, 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bei ihrer Entscheidung berücksichtigt. Bei der Festsetzung des Streitwertes wurden die Waffenbesitzkarten samt einer Waffe mit 5.000,00 €, die übrigen 48 Waffen mit jeweils 750,00 €, der Jagdschein mit 8.000,00 € sowie die sprengstoffrechtliche Erlaubnis und die Mitbenutzungserlaubnis mit jeweils dem Auffangstreitwert (5.000,00 €) berücksichtigt.