Titel:
Gewährung öffentlicher Finanzierungshilfen an die gewerbliche Wirtschaft
Normenketten:
BayHO Art. 23, Art. 44
GG Art. 3 Abs. 1
BayVwVfG Art. 25 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1, Art. 32
BV Art. 118 Abs. 1
AVG Nr. 1.2, Nr. 3.2
BRF Nr. 4.2, Nr. 6.1.5, Nr. 12.2
Leitsätze:
1. Eine Förderrichtlinie dient allein dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten, was eine gerichtliche Auslegung ausschließt. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Regelung des Art. 32 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG ist als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch auf Fristen in Verwaltungsvorschriften, an die die bearbeitende Behörde gebunden ist, entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht, soweit es sich bei der versäumten Frist um eine materielle Ausschlussfrist handelt. (Rn. 82) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die behördliche Pflicht zur Sachverhaltsermittlung wird durch die Mitwirkungsobliegenheit der Beteiligten ergänzt. (Rn. 91) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
fehlende und unvollständige Unterlagen, Zweckbestimmung, Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen, vorzeitiger Maßnahmebeginn, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Anhörung bei Nichtgewährung einer Billigkeitsleistung, Auskunfts- und Beratungspflicht der Behörde, Richtlinien zur Durchführung des bayerischen regionalen Förderprogramms für die gewerbliche Wirtschaft - BRF -, Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Gewährung von Zuwendungen an die gewerbliche Wirtschaft - AVG -, Förderantrag, Verwaltungspraxis, KMU-Erklärung, Arbeitsplätze
Fundstelle:
BeckRS 2024, 41561
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Verfahren.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt für die Verlagerung und den Neubau ihres Betriebsstandortes Fördermittel gemäß der Richtlinie zur Durchführung des bayerischen regionalen Förderprogramms für die gewerbliche Wirtschaft in Höhe von 800.000,00 EUR.
2
1. Die Klägerin ist ein im Jahr 2020 gegründetes Unternehmen im Bereich Hausmeisterdienstleistungen, Hausverwaltung, Renovierungsleistungen sowie Immobilienverkäufe. Geschäftsführer sind … sowie …, welcher unter anderem zugleich auch Geschäftsführer der … ist.
3
2. Mit Antrag auf Gewährung öffentlicher Finanzierungshilfen an die gewerbliche Wirtschaft datierend vom 9. Juni 2021, ausweislich des Poststempels bei dem Beklagten (in einem unfrankierten Brief) eingegangen am 18. August 2021, beantragte die Klägerin die Gewährung eines Investitionszuschusses für die Verlagerung und den Neubau ihres Betriebsstandortes in der Stadt … „in Höhe von 20% des Fördersatzes“ bzw. 664.000,00 EUR. Angegeben wurden unter anderem 1 vorhandener Arbeitsplatz sowie die Schaffung von 2,5 zusätzlichen Arbeitsplätzen und ein Durchführungszeitraum von September 2021 bis Dezember 2022.
4
Ausgeführt wurde ferner, dass sich das Unternehmen im Umkreis von 50 bis 100 km vergrößern wolle und zusätzliche Mitarbeiter benötige. Der derzeitige Standort sei für dieses Vorhaben zu klein, weshalb ein Bürogebäude mit etwa 900 qm und eine Lagerhalle mit rund 1.400 qm errichtet sowie zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. Die Lagerhalle solle im Anschluss zur Hälfte vermietet werden.
5
3. Mit E-Mail vom 19. August 2021 bestätigte die Regierung von Mittelfranken den Eingang der Unterlagen und wies darauf hin, dass ab dem 18. August 2021, dem Tag des Eingangs der Antragsunterlagen, erste Aufträge beihilfeunschädlich seien. Übermittelt wurde ferner eine standardisierte Auflistung der zur Bearbeitung des Antrages erforderlichen Unterlagen (nebst Hinweisen hierzu).
6
4. Im Verlauf des Verfahrens änderte bzw. aktualisierte die Klägerin den Förderantrag mehrfach (u.a. hinsichtlich des Investitionszuschusses, des Durchführungszeitraums, der Anzahl der neuzuschaffenden sowie vorhandenen Arbeitsplätze). In der letzten Fassung vom 12. Juli 2022 (Bl. 825ff. d.A.) wurde ein Investitionszuschuss in Höhe von 800.000,00 EUR beantragt. Zuletzt angegeben wurden in dem Antragsformular unter anderem Eigenmittel in Höhe von 500.000,00 EUR, 0 vorhandene Arbeitsplätze sowie die Schaffung von 2,5 zusätzlichen Arbeitsplätzen und ein Durchführungszeitraum von 15. Dezember 2021 bis 1. September 2022. Ausgeführt wurde ferner, dass mit einer auf dem Dach der Lagerhalle befindlichen Photovoltaikanlage das komplette Bürogebäude sowie die Lagerhalle beheizt und mit Strom versorgt werden sollen.
7
Mit zahlreichen E-Mails sowie postalisch wurden klägerseits folgende Unterlagen (teilweise aktualisiert und wiederholend) vorgelegt:
- Erklärung zum Antrag auf Gewährung einer Zuwendung aus dem bayerischen regionalen Förderprogramm zuletzt vom 19. Oktober 2021 – Erklärung für die Einstufung als kleines und mittleres Unternehmen zuletzt vom 21. Juli 2022 (KMU-Erklärung)
- Anlage zur KMU-Erklärung in der Fassung vom 18. August 2021 mit Angaben für die Jahre 2019 und 2020 – Darlehensvertrag über 3.000.000,00 EUR mit der … 10. August 2021 – ein Kontoauszug der … über einen Kontostand am 28. Mai 2021 in Höhe von 583.809,31 EUR
- Finanzierungsbestätigung über ein Hausbankdarlehen in Höhe von 3.000.000,00 EUR sowie ein Bankguthaben in Höhe von 500.000,00 EUR als Eigenmittel, ausgestellt durch die … am 12. Juli 2022 – der Erstellungsbericht über den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2020 durch die Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei … nebst D. -Auszügen vom 7. Oktober 2021 zu „Vorjahresvergleich August 2021“ sowie „Summen und Salden (pro Monat) August 2021“
- Erstellungsbericht über den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2020 der Firma …
- kurzfristige Erfolgsrechnung für Dezember 2021 sowie Vorjahresvergleich für Januar und Februar 2022 gemäß D. -Auszügen
- kurzfristige Erfolgsrechnung Juni und Juli 2022 – Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 2021 (kein vollständiger Jahresabschluss)
- halbseitiger Businessplan mit Umsatzzielen für die Jahre 2022 bis 2024 – einseitige Erläuterung über Unternehmensgegenstand und Beteiligungen von … und … unter Angabe von Mitarbeitern
- Bestätigung Höhe Einkünfte aus Gewerbebetrieb von …, ausgestellt durch die Steuerkanzlei … am 19. Juli 2022 – zweiseitige Auflistung der angebotenen Dienstleistungen
- Gesellschaftsvertrag, Anmeldung der Klägerin zur Eintragung ins Handelsregister des Amtsgerichts … – Registergericht
- Handelsregisterauszug, Abruf am 14. Februar 2022 – die bauaufsichtliche Genehmigung der Stadt … für die Errichtung einer Lagerhalle mit Sozialräumen sowie den Neubau eines Bürogebäudes mit Betriebswohnung vom 15. Oktober 2021
– Grundrissplan Obergeschoss Bürogebäude, Übersichtsplan, Pläne Außenansichten des baulichen Vorhabens vom 29. April 2021 – geänderter Grundrissplan Obergeschoss mit handschriftlichen Ergänzungen
- Grundrissplan Erdgeschoss des Bürogebäudes mit handschriftlichen Eintragungen
- Übersichtsplan vom 15. Juni 2021, Grundrisspläne Ober- und Dachgeschoss vom 15. Juni 2021, Außenansichten
- Übersichtsplan vom 6. Juli 2021 mit und ohne handschriftliche Eintragungen
- Lageplanentwurf vom 2. August 2022 – Aufstellungen über den Zweck der Lagerhallennutzung und Berechnung der eigengenutzten Flächenanteile von Lagerhalle und Bürogebäude
- Bestätigungen der Steuerkanzlei … vom 21. Juli 2022 über
- fremdvermieteten Flächenanteil an Lagerhalle und Bürogebäude
- Kostenübersicht netto von Lagerhalle und Bürogebäude
- Umsatzaufteilung auf Tätigkeitsbereiche in 2021 und 2022 und Bestätigung überregionaler Absatz o Bestätigung über Art und Höhe weiterer Einkünfte von … in 2020 und 2021
- Bestätigung Vermögensverhältnisse (ohne Nennung von Gesellschaftern, lediglich adressiert an die …*)
- je ein Mietvertrag über Geschäftsräume zwischen der Klägerin als Vermieterin und … als Mieter bzw. … als Mieterin sowie der … (zwei Mietverträge), weiterhin der Firma …, jeweils datierend vom 7. März 2022 – zahlreiche Rechnungen, darunter
- Rechnung der Firma … vom 24. Januar 2022 über Lieferung und Montage einer Aufzugsanlage lt. Bauvertrag vom 6. Juli 2021 (Bl. 693 d.A.)
- 1. Abschlagsrechnung vom 17. August 2021 unter Angabe des Leistungszeitraums „August 2021“ und 2. Abschlagsrechnung vom 11. Oktober 2021 unter Angabe des Leistungszeitraums „Aug.-Sept. 2021“ (sowie weitere Abschlagsrechnungen) der Firma … (Bl. 774ff. d.A.)
- Rechnung der Firma … vom 12. November 2021 betreffend den Leistungszeitraum 2. September 2021 bis 1. Oktober 2021 (Bl. 769 der Behördenakte)
- zahlreiche Rechnungen der ...
8
5. Mit E-Mails des Beklagten vom 25. August 2021, 17. September 2021, 2. Februar 2022, 6. April 2022 sowie 8. Juli 2022 nebst Vordrucken und Hinweisen als Anlagen wurde die Klägerin aufgefordert, noch fehlende Unterlagen vorzulegen bzw. bereits übermittelte Dokumente zu vervollständigen. Des Weiteren fanden ausweislich der Behördenakte Telefonate zwischen den Beteiligten am 21. September 2021, 6. April 2022, 29. April 2022 sowie 19. Juli 2022 statt.
9
Mit weiterer E-Mail des Beklagten vom 8. Juli 2022 wurde die Klägerin über die beabsichtigte Ablehnung des Förderantrags informiert und angehört. Ihr wurde mitgeteilt, dass trotz wiederholter Aufforderung zur Vervollständigung die bisher vorgelegten Unterlagen unzureichend, unvollständig und zum Teil schwer leserlich seien. Der Klägerin wurde unter Ankündigung der Antragsablehnung zur Nachreichung eine Frist bis zum 22. Juli 2022 gewährt.
10
Mit E-Mail vom 19. Juli 2022 bat der Beklagte die Klägerin um Vorlage unter anderem folgender Unterlagen: vollständig ausgefüllte und unterschriebene KMU-Erklärung für die Jahre 2020 und 2021 samt vollständiger KMU-Anlage, tabellarische Kostenübersicht mit Unterlegung durch entsprechende Angebote/Rechnungen, BWA erstes Halbjahr 2022, Grundrisse des Bürogebäudes und der Lagerhalle (mit detaillierten Größenangaben sowie Quadratmeterzahlen für jedes Stockwerk) mit nachvollziehbarer Einzeichnung, welche Flächen von welcher Firma genutzt werden, Darstellung der nicht förderfähigen Geschäftsführerwohnungen nebst Angabe der Kosten in der vorzulegenden tabellarischen Kostenübersicht, Kenntlichmachung der Gemeinschaftsflächen, welche nicht eindeutig der Klägerin zuzuordnen sind, eine übersichtliche tabellarische Aufstellung der Gesamtnutzfläche in Quadratmeter (Bürogebäude und Lagerhalle) sowie der Aufteilung auf die entsprechenden Firmen, die Geschäftsführerwohnungen und sonstigen Fremdnutzungen, durch einen Steuerberater erstellte und unterschriebene Übersicht, aus welcher alle einzelnen Tätigkeitsbereiche der Klägerin aus dem Jahr 2021 sowie die absoluten Beträge und prozentualen Anteile am Gesamtumsatz hervorgehen.
11
6. Mit Schreiben des Beklagten vom 1. August 2022 wurde die Klägerin erneut zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört. Mitgeteilt wurde, dass bei Sichtung der eingereichten Unterlagen ein förderschädlicher Vorbeginn bei den baulichen Kosten in mindestens zwei Fällen festgestellt worden sei (unter Verweis auf die Rechnungen der Firma … vom 24. Januar 2022 sowie der Firma … vom 17. August 2021). Die bislang nicht nachgewiesenen Kosten des Kostenplans betreffend Einrichtung und Maschinen in Höhe von 70.000,00 EUR sowie sonstige Kosten in Höhe von 100.000,00 EUR würden indes nicht die Mindestinvestitionssumme von 200.000,00 EUR erreichen. Gelegenheit zur Stellungnahme wurde der Klägerin bis zum 12. August 2022 gewährt (Bl. 868 d.A.).
12
Daraufhin übermittelte die Klägerin mit E-Mail vom 8. August 2022 eine „Auftragsbestätigung …“ der Firma … vom 1. September 2021 über eine Gesamtsumme in Höhe von 660.000,00 EUR mit dem handschriftlichen Vermerk „Original“ (Bl. 846-852 d.A.) sowie eine weitere „Auftragsbestätigung …“ dieser Firma mit identischen Positionen, handschriftlich datiert auf den 1. August 2021 (ursprünglich 14. Juli 2021) nebst Vermerk „Antrag wird angenommen“ und Stempel der Klägerin sowie weiteren handschriftlichen Vermerken „KW 45 wird Halle begonnen […] 16.10.2021“, „Mehrpreis Farbe […] Festpreis 702.394,04“ und „Besprochen am 16.10.2021“ sowie Stempel der Klägerin (Bl. 853 – 859 d.A.). Entsprechend wurde hierzu durch die Firma … ein Nachtrag, datiert auf den 6. Oktober 2021, erstellt (Bl. 947 d.A.).
13
Des Weiteren übersandt wurden ein Bauvertrag zwischen der Klägerin und der Firma …, datiert mit „…, den 019.08.2021“ und „…, den 1.9.2021“ sowie ein Onlinebankauszug über eine Anzahlung in Höhe von 16.065,00 EUR an die Firma …, datierend vom 31. Januar 2022. Mit E-Mails vom 10. August 2022 wurden an den Beklagten zudem Rechnungen über den Kauf zweier PKW mit der Bitte um Aufnahme der Kosten in den Antrag sowie weitere Rechnungen „zur Bearbeitung“ übermittelt.
14
7. Mit Bescheid vom 10. August 2022, mittels Einwurfeinschreiben zur Post gegeben am 11. August 2022, lehnte die Regierung von Mittelfranken den klägerischen Antrag sodann ab. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, dass gemäß Nr. 12.2 BRF unvollständig ausgefüllte Anträge sowie Anträge, denen die erforderlichen Unterlagen nicht vollzählig beigelegt sind, abzulehnen seien, sofern der Antragsteller sie trotz Aufforderung nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Antragseingang bei der Regierung vervollständigt. In den vergangenen 13 Monaten habe der Beklagte die Klägerin mehrfach konkret um Vorlage der zur Beurteilung des Förderantrages erforderlichen, vollständigen Unterlagen und Angaben gebeten, zuletzt mit E-Mail vom 8. Juli 2022. In dieser wurde zugleich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Förderantrag abzulehnen, falls die zur Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen und Angaben nicht oder nicht vollständig bis spätestens 22. Juli 2022 eingereicht werden. Es sei gemäß Art. 28 BayVwVfG die Möglichkeit eingeräumt worden, zu den entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen. Am 21. Juli 2022 habe die Klägerin Unterlagen eingereicht, welche allerdings immer noch unvollständig gewesen seien. Insbesondere fehlten bzw. unvollständig seien: KMU-Erklärung samt KMUAnlage, Businessplan, Planunterlagen mit Abgrenzung Fremdvermietungen/Gemeinschaftsflächen/nicht förderfähige Bereiche, Kosten- und Finanzierungsplan, Finanzierungsbestätigung der Hausbank.
15
Nach Nr. 9.1 BRF müssten Anträge indes vor Beginn des Vorhabens bei der Regierung gestellt werden. Beginn sei grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags. Aus den am 21. Juli 2022 eingereichten Unterlagen sei ersichtlich, dass bei zwei Rechnungen ein förderschädlicher Vorbeginn erfolgt sei. Die 1. Abschlagszahlung der Firma … sei auf den 17. August 2021 datiert. Die Rechnung der Firma … vom 24. Januar 2022 nehme Bezug auf einen Bauvertrag vom 6. Juli 2021. Der Klägerin sei mit Schreiben vom 1. August 2022 mitgeteilt geworden, dass ein förderschädlicher Vorbeginn in mindestens zwei Fällen festgestellt worden sei und bei den bislang nicht nachgewiesenen Kosten des Kostenplans (Maschinen/Einrichtung sowie sonstige Kosten) die Mindestinvestitionssumme in Höhe von 200.000,00 EUR nicht erreicht werde. Des Weiteren seien auf die beabsichtigte Ablehnung des Förderantrags aufgrund des förderschädlichen Vorbeginns hingewiesen sowie die Möglichkeit zur Stellungnahme bis zum 12. August 2022 eingeräumt worden. Bezugnehmend auf das Anhörungsschreiben vom 1. August 2022 habe die Klägerin am 8. August 2022 zwei E-Mails mit weiteren Unterlagen übermittelt. Aus diesen Unterlagen gehe im Wesentlichen hervor, dass eine Auftragsbestätigung der Firma … bereits am 14. Juli 2021 (bzw. handschriftliche Angebotsannahme am 1. August 2021 durch …*) erfolgt sei. Ferner sei ein am 1. September 2021 geschlossener Bauvertrag zwischen der Klägerin und der Firma … vorgelegt worden, die erste Abschlagsrechnung der Firma … vom 24. Januar 2022 basiere jedoch auf einem am 6. Juli 2021 geschlossenen Bauvertrag.
16
8. Am 18. August 2022 bat die Klägerin telefonisch um Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. Verlängerung der Frist zur Vorlage weiterer Unterlagen.
17
Mit E-Mail vom 18. August 2022 leitete die Klägerin eine (undatierte) Mail der Firma … weiter, wonach der Auftrag für den Aufzug am 1. September 2021 erteilt worden sei.
18
Am 22. August 2022 übermittelte die Klägerin per E-Mail ein Überweisungsformular über eine Buchung vom 8. September 2021 betreffend die 1. Abschlagsrechnung sowie nochmals die Auftragsbestätigung der Firma …, welche handschriftlich auf den 1. August 2021 datiert und einen Vertragsschluss zwischen … sowie … zum 26. Oktober 2021 belegen solle (Bl. 939ff. d.A.).
19
9. Mit Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 30. August 2022 wurde der telefonische Antrag der Klägerin zur Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. Verlängerung der Frist zur Vorlage der erforderlichen Unterlagen abgelehnt. In der Bescheidbegründung wurde unter anderem ausgeführt, dass die inmitten stehende Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen habe. Für eine Fristverlängerung spreche, dass ein Ausbleiben der beantragten Förderung finanziell negative Folgen für das Projekt und die Klägerin haben könnte. Auf der anderen Seite würden die bereits genannten Gründe nach wie vor für die Annahme sprechen, dass eine Auftragserteilung vor Antragseingang vorgelegen habe. Selbst wenn man über diesen Punkt hinwegkäme, stünde immer noch nicht fest, ob und in welchem Umfang das Vorhaben förderfähig sei. Die Klägerin sei mehrfach auf die Vervollständigung ihres Förderantrags hingewiesen worden. Selbst ein Jahr nach Antragseingang seien immer noch wesentliche für eine Bewilligung erforderliche und wiederholt angeforderte Unterlagen nicht oder unvollständig vorgelegt worden, insbesondere: Kostenaufstellung (in Übereinstimmung mit dem Antrag), Abweichung Investitionssumme/Finanzierungssumme, Abgrenzung Fremdvermietung/Gemeinschaftsflächen/nicht förderfähige Bereiche, Übereinstimmung Gesamtflächenberechnung mit Planunterlagen, Finanzierungsbestätigung etc. Nach den Erfahrungen der letzten zwölf Monate könne auch nicht verlässlich prognostiziert werden, wann mit vollständigen Unterlagen und damit einer inhaltlich abschließenden Entscheidung über die Förderfähigkeit des Vorhabens gerechnet werden könne. Pro Förderfall stünde bei der Regierung von Mittelfranken nur eine begrenzte Bearbeitungszeit zur Verfügung, da die personellen Kapazitäten begrenzt seien. Eine über Gebühr lange Bearbeitungszeit ginge zu Lasten anderer Antragsteller und würde dem Grundsatz der Chancengleichheit zuwiderlaufen. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte bestehe keine Möglichkeit, die Frist zur Vorlage der relevanten Unterlagen zu verlängern und die ablehnende Entscheidung aufzuheben.
20
10. Mit Schreiben an den Beklagten vom 8. September 2022 bat die Klägervertretung um erneute Prüfung sowie anschließende Erteilung der begehrten Förderung. Etwa fehlende Unterlagen seien spätestens mit Schreiben vom 21. Juli 2022 eingereicht worden. Maßgeblicher Zeitpunkt sei indes der 9. Juni 2021, auf welchen der Antrag datiere. Sollte der Eingang bei dem Beklagten erst zum 18. August 2021 erfolgt sein, was bestritten werde, seien die genannten Vertragsschlüsse mit der Firma … sowie der Firma … gleichwohl nicht förderschädlich. Ein Vertragsschluss mit dem Unternehmen … sei frühestens zum 1. September 2021 erfolgt. Das Bestätigungsschreiben der Klägerin an das Unternehmen datiere auf den 24. August 2021 und damit ebenfalls auf einen Zeitpunkt nach Antragsstellung. Der Vertrag mit der Firma … sei erst im Oktober 2021 geschlossen worden. Vorangegangene Korrespondenz sei nicht maßgeblich. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei selbst ein vor dem Förderantrag abgegebenes Vertragsangebot unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes förderunschädlich, das – auf welche rechtstechnische Weise auch immer – so gestaltet ist, dass der Antragsteller für den Fall der Versagung der beantragten Zuwendung an sein Angebot oder den bereits geschlossenen Vertrag nicht gebunden ist. Unter „Angebot“ in diesem Sinn könnten auch die in verschiedenen Schriftstücken enthaltenen Erklärungen verstanden werden, wenn diese Schriftstücke zusammengehören und dies für die Vertragsparteien nach dem objektiven Empfängerhorizont erkennbar ist (unter Verweis auf BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840). Damit habe bis Oktober 2021 keine bindende Auftragserteilung vorgelegen, die zu einer Förderschädlichkeit hätte führen können. Maßgeblich zu berücksichtigen sei zudem, dass ein Förderanspruch selbst bei unterstellter vorzeitiger Auftragsvergabe an das Unternehmen … gegeben sei. Die Arbeiten beträfen einen in sich abgeschlossenen Investitionsbereich des Projekts. Die Förderfähigkeit der Gesamtmaßnahme bleibe insoweit auch bestehen, wenn der Auftrag an das Unternehmen … nicht als förderfähig berücksichtigt werden sollte.
21
11. Die Klägerbevollmächtigte hat schließlich am 12. September 2022 gegen den Bescheid vom 10. August 2022 sowie am 30. September 2022 gegen den Bescheid vom 30. August 2022 Klage erhoben.
22
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Förderung habe und die Ablehnung des Förderantrags rechtswidrig sei. Die Klägerin habe mehrfach per E-Mail sowie mittels persönlicher Übergabe die geforderten Unterlagen eingereicht, stets mit dem Hinweis, gegebenenfalls fehlende oder fehlerhafte Unterlagen zu benennen und nachzufordern. Die Dokumente seien durch eine qualifizierte Steuerkanzlei vorbereitet worden und hätten den maßgeblichen Anforderungen entsprochen. Etwa fehlende Unterlagen seien spätestens mit Schreiben vom 21. Juli 2022 eingereicht worden.
23
Bis zum 12. August 2022 nachgeforderte Dokumente habe die Klägerin ebenfalls vorgelegt, darunter Grundrisse des Bürogebäudes und der Lagerhalle für jedes Stockwert mit detaillierten Größenangaben und Quadratmeterzahlen (bereits Bl. 69 ff. 240, 245, 255, 510 d.A.) sowie Einzeichnung, welche Flächen von welcher Firma genutzt werden (Bl. 240, 245, 320, 509, 782, 819 d.A.). Geschäftsführerwohnungen seien benannt (Bl. 512 d.A.) sowie Gemeinschaftsflächen, welche nicht eindeutig der Klägerin zuzuordnen seien, seien entsprechend kenntlich gemacht worden (Bl. 509 d.A.). Eine übersichtliche tabellarische Aufstellung der Gesamtnutzfläche in Quadratmeter (Bürogebäude und Lagerhalle), der Aufteilung auf die entsprechenden Firmen sowie sonstige Fremdnutzungen sei vorgelegt worden (vgl. insoweit bereits Mietverträge Bl. 224 ff. sowie u.a. Bl. 505, 507, 788 u.a. d.A.). Eine durch den Steuerberater erstellte und unterschriebene Übersicht, aus welcher alle Tätigkeitsbereiche der Klägerin aus dem Jahr 2021 hervorgingen, sowohl mit absoluten Beträgen als auch prozentualen Anteilen am Gesamtumsatz, sei übersandt worden (Bl. 506 d.A.). Eine Bestätigung des Steuerberaters, dass in den förderfähigen Tätigkeitsbereichen 2021 jeweils überregionaler Umsatz vorgelegen hätten, liege ebenfalls vor (Bl. 506 d.A.). Unter Nr. 3.3 des Antrags seien die privaten Vermögensverhältnisse beider Gesellschafter jeweils dargelegt (u.a. Bl. 539, 783, 786, 828 d.A. sowie auch Bl. 521 ff.).
24
Vorliegend seien die Fördervoraussetzungen erfüllt. Die zuständige Bewilligungsbehörde müsse Fördervoraussetzungen der Förderrichtlinien gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV sowie im Einklang mit dem Haushaltsrecht gemäß dem Förderzweck anwenden. Die Verwaltungsgerichte hätten insoweit maßgeblich zu prüfen, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Ein Anspruch auf die Förderung bestehe dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden. Die Klägerin habe alle geforderten Unterlagen vorgelegt. Damit sei nach ständiger Behördenpraxis der Antrag auf gewerbliche Zuwendungen zu genehmigen. Auch eine förderschädliche Auftragserteilung liege nicht vor. Der inmitten stehende Antrag der Klägerin datiere auf den 9. Juni 2021. Dieses Datum sei maßgeblich. Sollte ein Eingang bei der Regierung von Mittelfranken tatsächlich erst zum 18. August 2021 erfolgt sein, was bestritten werde, seien die benannten Vertragsabschlüsse mit der Firma … sowie der Firma … gleichwohl nicht förderschädlich. Ein Vertragsschluss mit der Firma … sei frühestens zum 1. September 2021 erfolgt. Das Bestätigungsschreiben der Klägerin an das Unternehmen datiere auf den 24. August 2021 und damit auf einen Zeitpunkt nach Antragsstellung (Bl. 916ff. d.A.). Der Vertrag mit der Firma … sei ebenfalls erst im September 2021 geschlossen worden (Bl. 845ff., insbes. Bl. 846 d.A.). Die einzelnen Positionen seien zwischen den Vertragsparteien über mehrere Wochen ausgehandelt worden, sodass es zu einem Vertragsabschluss mit übereinstimmenden Willenserklärungen erst im September 2021 gekommen sei. Beweis hierfür sei die E-Mail des Bauunternehmens … vom 30. September 2021 (Anlage K1). Es obliege allein dem anbietenden Unternehmen, Angebote zu erstellen. Wie einzelne Schreiben bezeichnet werden, liege nicht im Einflussbereich des Vertragspartners. Die Klägerin habe insbesondere im Hinblick auf die 1. Abschlagsrechnung mehrfach um Rücknahme bzw. Korrektur des Datums gebeten. Dies sei nicht erfolgt. Ein erster Abschlag sei jedenfalls erst am 8. September 2021 überwiesen worden (zum Beweis: Umsatzübersicht, Anlage K2). Dies bestätige, dass es vorher nicht zu einem Vertragsschluss oder einer Tätigkeit des Unternehmens gekommen sei. Zudem sei es auch nachfolgend zu erheblichen Unstimmigkeiten zwischen den Vertragsparteien gekommen, die inzwischen gerichtlich geklärt werden müssten (unter Verweis auf ein Schreiben der … vom 19. Dezember 2022, Anlage K3). Bereits aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten liege ein vorzeitiger Maßnahmebeginn nicht vor. Überdies wäre ein etwaiger Vertragsschluss unbeachtlich. Insoweit wird nochmals auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Oktober 2019 (22 B 19.840) verwiesen. Bis zum September 2021 habe keine bindende Auftragserteilung vorgelegen, die zu einer Förderschädlichkeit hätte führen können. Vorliegend sei überdies maßgeblich zu berücksichtigen, dass ein Förderanspruch selbst bei unterstellter vorzeitiger Auftragsvergabe an die Firma … gegeben sei, da die Arbeiten einen in sich abgeschlossenen Investitionsbereich des Projekts, nämlich nur die Halle, betreffen würden. Die Klägerin errichte schließlich auch ein von der Halle vollständig baulich getrenntes Bürogebäude (unter Verweis auf eine Fotodokumentation, Anlagenkonvolut K4). Die Förderfähigkeit der Gesamtmaßnahme bleibe insoweit auch bestehen, wenn der Auftrag an die Firma … nicht als förderfähig berücksichtigt werden sollte.
25
Auch die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens sei rechtswidrig. Die Regierung von Mittelfranken habe mit Schreiben vom 19. Juli 2022 (Bl. 841 d.A.) die Klägerin unter Fristsetzung zum 12. August 2022 aufgefordert, ergänzende Unterlagen vorzulegen. Bereits am 10. August 2022 sei gleichwohl der hier gegenständliche Ablehnungsbescheid erlassen worden. Es sei eine – überdies rechtswidrige – Entscheidung noch vor Abschluss des Anhörungsverfahrens getroffen worden, welche die Rechte der Klägerin auf ein rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren verletzt habe. Der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, insoweit jedenfalls das Verfahren wiederaufzunehmen.
26
Dem Schriftsatz beigefügt wurde eine E-Mail des … an die Klägerin bzw. Frau … vom 30. September 2021, wonach die Halle Ende Oktober 2021 gestellt werde. Ferner habe er „heute“ den unterschriebenen Vertrag von … zurückbekommen. Er könne erst mit deren Unterschrift das Baustahl bestellen. Die Lieferung erfolge wahrscheinlich in KW 40/2021. Das Schnurgerüst und die Erdarbeiten seien für die kommende Woche geplant. Vor Baubeginn sei zudem noch die schriftliche Bestätigung betreffend einer Tekturplanung erforderlich.
27
Übermittelt wurde ferner die Umsatzauflistung eines Girokontos der Klägerin, ausweislich derer jeweils an die … am 8. September 2021 eine 1. Abschlagsrechnung über 32.999,95 EUR, am 18. Oktober 2021 eine 2. Abschlagsrechnung über 132.000,00 EUR sowie am 22. November 2021 eine 3. Abschlagsrechnung über 221.317,27 EUR überwiesen wurden.
28
Des Weiteren wurde ein Schreiben der … an die Klägerin vom 19. Dezember 2022 vorgelegt, worin bestätigt wird, dass sie die Halle zum Oktober 2022 fertiggestellt habe, nachdem die Firma … die Baustelle verlassen habe. Klage sei eingereicht worden.
29
Die Klägerin beantragt,
1. Der Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 10.08.2022, Az. …, wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, dem Antrag der Klägerin auf Förderung nach dem Bayerischen regionalen Förderprogramm für die gewerbliche Wirtschaft stattzugeben;
über den Antrag der Klägerin auf Förderung nach dem Bayerischen regionalen Förderprogramm für die gewerbliche Wirtschaft unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
2. Der Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 30.08.2022, Aktenzeichen …, wird aufgehoben.
und der Beklagte verpflichtet, dem Antrag der Klägerin auf Fristverlängerung stattzugeben;
über den Antrag der Klägerin auf Fristverlängerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
30
Der Beklagte beantragt
31
Zur Begründung wird unter Wiederholung der Bescheidbegründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die beantragte Förderung abzulehnen sei, da die zum Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung vorliegenden Unterlagen und Angaben nicht für eine Prüfung der Fördervoraussetzungen ausreichten und eine Förderung rechtlich nicht zuließen.
32
Gemäß Nr. 12.2 BRF seien unvollständig ausgefüllte Anträge sowie Anträge, denen die erforderlichen Unterlagen nicht vollzählig beigelegt sind, abzulehnen, sofern der Antragsteller sie trotz Aufforderung nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Antragseingang bei der Regierung vervollständigt. Seit Eingang der Antragsunterlagen am 18. August 2021 habe die Regierung von Mittelfranken mehrfach und unter konkreter Angabe der benötigten Dokumente um Vorlage der zur Beurteilung des Förderantrages erforderlichen, vollständigen Unterlagen und Angaben gebeten. Die Klägerin habe wiederholt Unterlagen in beträchtlichem Umfang per E-Mail sowie postalisch eingereicht. Hierbei seien auch vielfach immer wieder identische Unterlagen übermittelt worden. Eingereicht worden seien auch nicht angeforderte Unterlagen. Die angeforderten Unterlagen hingegen seien nicht oder zum Teil unvollständig, widersprüchlich oder schwer leserlich vorgelegt worden. Dies habe wiederholte Unterlagenanforderungen und Nachfragen bedingt. Die Art der Unterlagenaufbereitung seitens der Klägerin habe einen im Vergleich zu anderen Antragstellern über das normale Maß hinausgehenden zeitlichen Aufwand bei der Antragsbearbeitung verursacht. Bis zuletzt habe mangels Vorlage entscheidungserheblicher Unterlagen und Angaben nicht geprüft werden können, ob und in welcher Höhe ein Zuschuss bewilligt werden könne. Ein Jahr nach Antragseingang fehlten bzw. seien unvollständig:
- eine vollständig ausgefüllte KMU-Erklärung samt KMU-Anlage
- ein aussagekräftiger Businessplan
- konkrete Planunterlagen mit Abgrenzung Fremdvermietungen/Gemeinschaftsflächen/nicht förderfähige Bereiche
- Übereinstimmung der Gesamtflächenberechnung mit den Planunterlagen
- ein aussagekräftiger und übereinstimmender Kosten- und Finanzierungsplan
- eine Kostenaufstellung in Übereinstimmung mit dem Antrag
- vollständiger Nachweis der Kosten (im Förderantrag angegebene bauliche Kosten seien teils nur durch Rechnungen und Angebote nachgewiesen; die Kostenarten „Maschinen/Einrichtungen“ sowie „sonstige Kosten“ seien weder dargestellt noch nachgewiesen
- eine Finanzierungsbestätigung der Hausbank
- transparente Umsatz- und Ertragsvorschau (vgl. Nr. 4 des Antrages)
- Vermögensverhältnisse der beiden Gesellschafter (vgl. Nr. 3.3 des Antrages)
33
Der von der Klägerin vorgelegte Businessplan sei zu unbestimmt und oberflächlich, als dass ein klares, förderfähiges Konzept erkennbar wäre. So fehlten insbesondere konkrete Aussagen und Informationen zu den Geschäftsfeldern, Geschäftsgebaren und -verwicklungen der weiteren Firmen der beiden Gesellschafter (* …, …, …, welche den geplanten Neubau zum Teil ebenfalls nutzen sollen) untereinander sowie mit der Klägerin selbst, Analysen zu Markt- und Wettbewerbssituation, Marketing- und Vertriebsstruktur, zur Umsetzung erforderliche Personal- und Organisationsstruktur, schlüssige Beschreibung des angestrebten überregionalen Absatzes sowie tragfähiges Gesamtfinanzierungskonzept.
34
Aus den vorgelegten Unterlagen lasse sich indes keine Prognose ableiten, wie die Klägerin die für ihre Verhältnisse doch nicht unwesentlichen finanziellen Belastungen des Vorhabens stemmen könne. Gemäß Nr. 1.2 AGV sei eine Anfinanzierung von Vorhaben, deren Gesamtfinanzierung nicht hinreichend gesichert ist, unzulässig. Bis zuletzt seien die Eigenmittelherkunft bzw. nicht (ausreichend) vorhandenen Eigenmittel zusammen mit der bislang vorgelegten (teilweisen) Bilanz für 2021, den Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) für das Jahr 2021 sowie Januar bis Juni 2022 unklar. Aus der vorgelegten Bilanz 2020 sei ein Jahresfehlbetrag in Höhe von circa 4.300,00 EUR ersichtlich. 2021 habe die Firma ein negatives Eigenkapital in Höhe von circa 19.000,00 EUR bei einem Jahresverlust in Höhe von 40.000,00 EUR verzeichnet, die BWA 2022 habe ein bisheriges Ergebnis in Höhe von minus 85.000,00 EUR.
35
Überdies bemesse sich nach Nr. 4.2 BRF die Höhe der förderfähigen Kosten grundsätzlich auch nach der Anzahl der gesicherten bzw. neu geschaffenen Arbeitsplätze (Investitionsgrenze 250.000,00 EUR pro gesichertem, 500.000,00 EUR pro neuem Dauerarbeitsplatz). Die in der letzten Antragsversion vom 12. Juli 2022 avisierten zehn neuen Vollzeitarbeitsplätze seien nicht glaubhaft. In der das Antragsverfahren begleitenden Korrespondenz (die Klägerin sei explizit und mehrfach auf den Sachverhalt und die förderrechtlichen Auswirkungen der Dauerarbeitsplätze sowie ggf. eintretende Verstöße und deren Konsequenzen hingewiesen worden) sowie den dürftig vorgelegten Angaben dazu sei die Rede von einigen 450 EUR (Teilzeit-)Kräften wie etwa Hausmeister, welche quantitativ nicht als Vollzeitarbeitsplätze gewertet werden könnten, sondern nach Vollzeitäquivalenten angegeben werden müssten. Selbst wenn sich – wie klägerseits behauptet – die Zahl der Mitarbeiter pro Kopf verdreifachen würde, wäre fraglich, ob es aufgrund der durch die geschaffene Anzahl neuer Arbeitsplätze maximal möglichen förderfähigen Kosten (Investitionsgrenze) nicht zu einer weiteren Kürzung des Zuschusses käme. Um beispielsweise förderfähige Kosten in Höhe von mindestens 4.000.000,00 EUR zu erreichen, müssten spätestens zum Ende des Investitionszeitraumes (1. September 2022) bei einem zu sichernden Arbeitsplatz mindestens 7,5 Vollzeitarbeitsplätze (nicht nach Köpfen, sondern nach Vollzeitäquivalenten) geschaffen und besetzt sein. Der Investitionszeitraum sei laut letzter Antragsversion zum 1. September 2022 abgelaufen. Zu diesem Zeitpunkt hätten die zehn neuen Vollzeitarbeitsplätze komplett geschaffen und besetzt sein müssen. Das Arbeitsplatzziel müsse auch fünf Jahre nach Ende der Investitionsmaßnahme durchgehend eingehalten werden (sog. Bindungsfrist, Nr. 4.2 BRF).
36
Ebenso würden sich, bedingt durch die angegebenen Fremdvermietungen und vorhandenen gemeinschaftlichen Benutzungsflächen, aber auch die eigenen, nicht förderfähigen Bereiche, alleine hierdurch die förderfähigen Kosten erheblich verringern mit der Folge, dass sich auch ein möglicher Zuschuss erheblich verringere. Im Ergebnis könne auf Basis der vorliegenden Unterlagen und Angaben keine Aussage getroffen werden, ob und in welcher Höhe das Vorhaben förderfähig wäre. Der Beklagte betrachte es angesichts der bisherigen Dauer sowie des Ergebnisses der Unterlagen- und Auskünfteanforderung und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber anderen Antragstellern als wenig zielführend, weiterhin die Vorlage bereits mehrfach erbetener Unterlagen und Auskünfte anzufordern.
37
Der Klägerin stehe indes auch materiell-rechtlich kein Anspruch auf die beantragte Förderung zu. Die inmitten stehenden Fördermöglichkeiten bestünden ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Die Klägerin habe daher einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung sowie auf Gleichbehandlung im Rahmen der Vergabe der entsprechenden Mittel. Die Klägerin habe bereits vor Eingang des Förderantrags bei der Regierung von Mittelfranken am 18. August 2021 förderschädlich mit dem antragsgegenständlichen Vorhaben begonnen. Als Beginn des Investitionsvorhabens gelte grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Leistungs- oder Lieferungsvertrages. Gemäß Nr. 9.1 BRF müssten Anträge vor Beginn des Vorhabens bei der Regierung gestellt werden. Hinsichtlich zweier Rechnungen liege ein förderschädlicher Vorbeginn vor. Die 1. Abschlagszahlung der Firma … sei auf den 17. August 2021 datiert. Das im weiteren Verlauf übersandte Überweisungsformular über die 1. Abschlagsrechnung, belegend eine Buchung vom 8. September 2021, könne keinen anderen Zeitpunkt eines Vertragsschlusses belegen. Die Rechnung der Firma … vom 24. Januar 2022 nehme ferner Bezug auf einen geschlossenen Bauvertrag vom 6. Juli 2021. Aus den im weiteren Verlauf übersandten Unterlagen gehe im Wesentlichen hervor, dass eine Auftragsbestätigung der Firma … bereits am 14. Juli 2021 (bzw. handschriftliche Angebotsannahme am 1. Augst 2021 durch die Klägerin) erfolgt sei. Es sei zudem ein am „019.08.2021“ bzw. „01.09.2021“ geschlossener Bauvertrag zwischen der Klägerin und der Firma … vorgelegt worden.
38
Entgegen der im Schreiben vom 8. September 2022 geäußerten Auffassung der Klägerbevollmächtigten sei für die Beurteilung des vorzeitigen Beginns nicht das Datum des 9. Juni 2021 maßgeblich. Gemäß Nr. 9.1 BRF, Nr. 1.3, 1.3.1 AVG müssten Anträge vor Beginn des Vorhabens bei der Regierung gestellt werden, so dass stets auf das Datum des dortigen Zugangs abzustellen sei. Dies sei unstreitig der 18. August 2021. Daneben seien im selben Brief dem Antrag auch eine formal erforderliche und mit Datum 18. August 2021 unterschriebene KMU-Erklärung sowie das mit Datum 18. August 2021 rechtsverbindlich unterschriebene Beiblatt „Unternehmen in Schwierigkeiten“ beigelegt worden. Soweit vorgetragen werde, dass ein tatsächlicher Vertragsschluss erst nach diesem Zeitpunkt stattgefunden habe, sei dies nicht nachvollziehbar. Die 1. Abschlagsrechnung der Firma … datiere vom 17. August 2021. Da eine Rechnungsstellung in der Regel auf Basis eines abgeschlossenen Vertrages erfolge, sei davon auszugehen, dass der Auftrag spätestens zum 17. August 2021 und damit vor Antragseingang am 18. August 2021 erteilt worden sein müsse. Dafür spreche auch, dass die nachträglich vorgelegte, auf den 14. Juli 2021 datierte Auftragsbestätigung der Firma („…vielen Dank für Ihren Auftrag. Nachstehend bestätigen wir…“) seitens der Klägerin handschriftlich auf den 1. August 2021 angepasst und durch Firmenstempel sowie Unterschrift angenommen/bestätigt worden sei.
39
Die am 18. August 2022 übermittelte E-Mail der Klägerin betreffend den Zeitpunkt der Auftragserteilung an die Firma … stelle keinen authentifizierten Beleg für einen Nachweis einer Auftragserteilung am 1. September 2021 dar. Dem widerspreche auch das in der ersten Abschlagsrechnung der Firma … vom 24. Januar 2022 genannte Datum des Abschlusses des Bauvertrages am 6. Juli 2021.
40
Nicht zutreffend sei zudem der Vortrag, dass eine Förderfähigkeit der Gesamtmaßnahme auch dann bestehen bleibe, wenn der Auftrag an die Firma … als nicht förderfähig berücksichtigt werden sollte. Eine Abgrenzung einzelner Teilvorhaben in Bezug auf einen förderschädlichen Vorbeginn sei bei den ausgeführten Gewerken nicht möglich. Die Klägerin habe einen Zuschuss für das Investitionsvorhaben „Neubau einer Lagerhalle und eines Bürogebäudes“ beantragt. Mit der Auftragserteilung an die Firma … zum Neubau der Lagerhalle sei das (Teil-)Investitionsvorhaben „Neubau einer Lagerhalle“ begonnen worden. Aufgrund des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs könne die Beauftragung der Arbeiten nicht als in sich abgeschlossener Investitionsbereich des Vorhabens „Neubau einer Lagerhalle“ gewertet werden.
41
Der Beklagte übermittelte ferner eine tabellarische Übersicht der erforderlichen, eingereichten sowie fehlenden Unterlagen und Anlagen. Nicht erfolgt sei die Vorlage der erforderlichen KMU-Anlage. Diese sei mit fehlerhaftem bzw. unklarem Inhalt per E-Mail eingereicht worden. Erforderlich sei jedoch eine Vorlage in physischer Form, worüber die Klägerin auch mehrfach informiert worden sei.
42
Fehlerhaft bzw. unvollständig oder unklar eingereicht worden seien ferner das Antragsformular, die Kostenzusammenstellung, Angebote für Kostenpositionen über 25.000,00 EUR netto, die Finanzierungsbestätigung der finanzierenden (Haus-)Bank, die Steuerbilanzen der Jahre 2020 und 2021, der Grundriss für Bürogebäude und Lagerhalle, die Übersicht aller Tätigkeitsbereiche der Klägerin durch einen Steuerberater, ein aussagekräftiger Businessplan sowie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse. Zwar gebe es keine zwingenden inhaltlichen Anforderungen an einen Businessplan. Die Unternehmen seien grundsätzlich frei in der Gestaltung von Inhalt und Umfang. Zweck eines Businessplans sei es jedoch, etwa Investoren, Banken oder auch Fördermittelgebern darzulegen, dass bei Unternehmensneugründungen die Geschäftsidee „Hand und Fuß“ hat, um eine Risikoeinschätzung zu ermöglichen. Der Businessplan beschreibe die Geschäftsidee sowie deren Umsetzung und stelle unter anderem die Wettbewerbs- und Marktsituation, die Marketing- und Vertriebsstruktur, die Unternehmensorganisation sowie die Finanzierung des konkreten Projekts dar. Diesen Anforderungen genüge der durch die Klägerin vorgelegte Businessplan in keinerlei Hinsicht.
43
Im Ergebnis seien weniger als die Hälfte der Unterlagen bzw. erforderlichen Angaben in der Form korrekt eingereicht worden, als dass sie eine taugliche Grundlage für die Förderentscheidung darstellen könnten. Die korrekterweise eingereichten Unterlagen reichten indes nicht für eine Prüfung der Fördervoraussetzungen aus. Letztlich könne der tatsächliche Maßnahmebeginn auch dahinstehen, da eine positive Förderentscheidung schon allein aufgrund der unvollständigen Unterlagen bzw. Angaben nicht möglich sei.
44
12. Die Klägerbevollmächtigte repliziert hierzu, dass der Beklagte nun erstmals vortrage, der Kosten- und Finanzierungsplan sei unklar oder falsch. Hierauf sei die Klägerin im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zu keinem Zeitpunkt hingewiesen worden. Sie habe jedoch darauf vertrauen müssen, dass sie bei etwaigen Unklarheiten eine Nachfrage erhalten würde (vgl. ausdrücklich E-Mai vom 19.01.2022, Bl. 103 d.A.). Ferner seien auch die weiteren Unterlagen vollständig eingereicht worden, insbesondere die KMU-Erklärung (Bl. 17, 51, 158, 304 d.A.).
45
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
46
Die zulässigen Klagen sind unbegründet.
47
Die streitgegenständlichen Bescheide vom 10. August 2022 sowie vom 30. August 2022 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
48
1. Der Antrag auf Verpflichtung zum Erlass eines Bewilligungsbescheides bzw. auf Neuverbescheidung hat keinen Erfolg (§ 113 Abs. 5 VwGO), da die Klägerin keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten hat, ihr die beantragten Förderleistungen zu gewähren bzw. ihren Antrag neu zu verbescheiden.
49
1.1. Dem Grundsatz nach gewährt alleine die Bereitstellung von Fördermitteln im Haushaltsplan in Verbindung mit der entsprechenden Förderrichtlinie in Form einer Verwaltungsvorschrift – im vorliegenden Fall die Richtlinien zur Durchführung des bayerischen regionalen Förderprogramms für die gewerbliche Wirtschaft vom 1. Juli 2014, Az. III/2-3541/191/3 (AllMBl. S. 376) in der Fassung vom 8. Juni 2021, Az.: 52-3541/191/11 (BayMBl. Nr. 428) (BRF) i.V.m. der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung – AGVO) i.V.m. den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Gewährung von Zuwendungen an die gewerbliche Wirtschaft (AVG) – keinen Rechtsanspruch auf Gewährung der Förderung (vgl. hierzu auch die Präambel der BRF).
50
Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde unter Beachtung von Art. 3 GG und Art. 118 Abs. 1 BV gleichmäßig, im Einklang mit Art. 23 und Art. 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in der jeweiligen Richtlinie zum Ausdruck kommt.
51
Die Verwaltungsgerichte haben sich bei der Kontrolle der Förderentscheidung auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der Förderrichtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Als entscheidend erweist sich insoweit, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine Förderrichtlinie nicht, wie Gesetze oder Rechtsverordnungen, gerichtlich ausgelegt werden; die Richtlinie dient vielmehr allein dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten. Auch die Ausgestaltung des zu beachtenden Förderverfahrens obliegt allein dem Zuwendungsgeber; ihm kommt auch insoweit die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften zu.
52
Ausgangspunkt für die Frage, ob auf der Basis der entsprechenden Förderrichtlinie und auf der Grundlage von Art. 3 GG ein Anspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht, bildet daher die ständige Verwaltungspraxis der zuständigen Behörde in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt.
53
Die Handhabung der Förderrichtlinie muss stets Raum für die Berücksichtigung atypischer Besonderheiten eines Einzelfalles lassen. Verstößt die Verwaltungspraxis des Zuwendungsgebers gegen einschlägiges Recht, ist sie außer Betracht zu lassen (zu alledem BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 12 B 21.3169 – juris Rn. 31 m.w.N.).
54
1.2. Gemessen an dem vorstehend Dargelegten ist die vorliegend erfolgte Ablehnung der beantragten Zuwendung rechtlich nicht zu beanstanden. Die streitgegenständliche Entscheidung orientierte sich rechtsfehlerfrei an der maßgeblichen Förderrichtlinie BRF und der sich daran ausrichtenden Behördenpraxis. Es wurden keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, noch ist sonst ersichtlich, dass der Beklagte die klägerseits beantragte Zuwendung unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz abgelehnt hat. Vielmehr wäre eine ausnahmsweise Gewährung trotz Nichterfüllung der Fördervoraussetzungen gleichheitswidrig und damit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das Vorliegen eines atypischen Ausnahmefalles ist nicht erkennbar.
55
a) Gemäß Nr. 3.2 AVG müssen Anträge auf Zuwendungen die zur Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Zuwendung erforderlichen Angaben enthalten. Auf Verlangen der Bewilligungsbehörde sind die Angaben durch geeignete Unterlagen nach Maßgabe der Förderrichtlinien, sonstiger für die Bewilligung geltender Verwaltungsanweisungen und nach den Verhältnissen im Einzelfall zu belegen. Nach Nr. 1.2 AVG ist eine Anfinanzierung von Vorhaben, deren Gesamtfinanzierung nicht hinreichend gesichert ist, unzulässig.
56
Gemäß Nr. 12.2 BRF werden unvollständig ausgefüllte Anträge sowie Anträge, denen die erforderlichen Unterlagen nicht vollzählig beigelegt sind, von der Regierung in der Regel abgelehnt, sofern der Antragsteller sie trotz Aufforderung nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Antragseingang bei der Regierung vervollständigt. Dabei bedeutet „in der Regel“, dass das Ermessen der Bewilligungsbehörde dahingehend eingeschränkt wird, bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen im Regelfall eine Ablehnung vorzunehmen und (nur) im Ausnahmefall (z.B. bei Vorliegen eines atypischen Sachverhalts) hiervon abzuweichen.
57
Vorliegend waren die für die Prüfung der Förderfähigkeit des inmitten stehenden Vorhabens erforderlichen Unterlagen unvollständig. Sie wurden vom Beklagten (mehrfach) nachgefordert, jedoch trotz angemessener Frist nicht vorgelegt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines atypischen Sachverhalts sind nicht gegeben.
58
Insoweit ist zu beachten, dass das gewählte Förderinstrument zwar, wie aus der Nummer 2.1.4 BRF folgt, der Schaffung neuer (sowie zusätzlich der Sicherung bestehender) Arbeitsplätze dient. Hierin erschöpft sich seine Zweckbestimmung indes nicht. Gleichrangig sind daneben die in der Nummer 1 Sätze 1 und 3 BRF zum Ausdruck gebrachten regional- und strukturpolitischen Zielsetzungen sowie allgemein das Anliegen der Stärkung der Wettbewerbs- und Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft (Nummer 1 Satz 2 BRF). Vor allem aber zeigt die Nummer 2.1 BRF, dass es dem Richtliniengeber nicht um die bloße Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen unabhängig davon zu tun ist, welches Wirtschaftssubjekt in diesem Sinn tätig wird. Diese Bestimmung macht die Förderfähigkeit vielmehr davon abhängig, dass das Investitionsvorhaben eines kleinen oder mittleren Unternehmens im Sinn des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung; ABl EU Nr. L 214 S. 3) inmitten steht. Die Tatsache, dass nach der Nummer 4.2 Satz 4 BRF Unternehmen, bei denen die mögliche Bezuschussung angesichts ihrer eigenen Finanzkraft wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt, im Regelfall von der Förderung ausgeschlossen sind, bestätigt zusätzlich, dass diese Richtlinie in maßgeblicher Hinsicht auch eine mittelstandspolitische Zwecksetzung verfolgt. Die in der Nummer 4.2 Satz 2 und 3 BRF getroffenen Regelungen zeigen ebenfalls, dass die Förderfähigkeit wesentlich von „subjektiven“, die Beschaffenheit des antragstellenden Unternehmens betreffenden Merkmalen abhängt. Denn der Bewerber um eine Zuwendung nach dieser Richtlinie hat entsprechend seiner Vermögens-, Liquiditäts- und Ertragslage in angemessenem Umfang Eigen- oder nicht subventionierte Fremdmittel einzusetzen (vgl. zu alledem BayVGH, B.v. 22.1.2019 – 22 ZB 18.1098 – juris Rn. 21ff.)
59
Dementsprechend sind insbesondere die Angaben und Vorlage der auszufüllenden Vordrucke zur Überprüfung eines kleinen bzw. mittleren Unternehmens sowie die angeforderten Unterlagen auch der verbundenen Unternehmen für die Jahre 2019 bis 2021 notwendig, um das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Nr. 2.1 BRF i.V.m. Art. 17 Nr. 1 AGVO und dem Anhang „KMU Definition“ prüfen zu können. In diesem Zusammenhang steht auch die Forderung unter anderem nach Vorlage der Angaben zu den beiden Gesellschaftern, zur Höhe der Beteiligungen und der Herkunft der Eigenmittel.
60
Die vorliegend mehrfach übermittelte KMU-Erklärung nebst KMU-Anlage ist unvollständig. Die Klägerin übermittelte lediglich im August 2021 eine KMU-Anlage mit Angaben zu den Jahren 2019 und 2020. Im Hinblick auf den mehrfach in erheblichem Maße geänderten Förderantrag in der zuletzt maßgeblichen Fassung vom 12. Juli 2022 (Bl. 825ff. d.A.) wäre insoweit jedenfalls eine Aktualisierung bzw. Vervollständigung auch für das Jahr 2021 erforderlich gewesen. Die KMU-Anlage wurde trotz mehrfacher Aufforderung gleichwohl im Nachgang stets komplett unausgefüllt übermittelt. Auch die Herkunft der Eigenmittel blieb bis zuletzt unklar; der insoweit übermittelte Kontoauszug war insoweit unbehelflich.
61
Des Weiteren dient auch die – vorliegend nicht vollständig erfolgte – Vorlage von (jeweils rechtswirksam unterschriebenen) Jahresabschlüssen aller beteiligten Unternehmen für die Jahre 2019 bis 2021 sowie von Jahresüberschüssen aller beteiligten Firmen für die gleichen Jahre der Überprüfung der Einstufung der Klägerin als KMU als auch beispielsweise der Klärung von Nr. 9.4 BRF.
62
Der angeforderte Businessplan mit ausführlicher Beschreibung des Vorhabens – etwa unter Eingehen auf die Markt- und Wettbewerbssituation, Marketing- und Vertriebsstruktur, zur Umsetzung erforderliche Personal- und Organisationsstruktur, schlüssige Beschreibung des angestrebten überregionalen Absatzes sowie das tragfähiges Gesamtfinanzierungskonzept – dient der Prüfung der Voraussetzungen nach Nr. 6 BRF („Förderfähige Ausgaben“) i.V.m. Art. 6 („Anreizeffekt“) und Art. 17 („Investitionsbeihilfen für KMU“) AGVO. Dem genügen der klägerseits übermittelte halbseitige „Businessplan“ sowie die einseitige Erläuterung über Unternehmensgegenstand und Beteiligungen von … und … nicht im Ansatz. Ob diese Angaben von der Hausbank der Klägerin als ausreichend erachtet wurden, ist für den hier zu entscheidenden Fall indes völlig unerheblich.
63
In diesem Zusammenhang müssen ferner ein übereinstimmender Kostenund Finanzierungsplan sowie die Übereinstimmung der Kostenaufstellung mit den Angaben im Förderantrag gegeben sein. Hieran fehlt es vorliegend. So sind in der Kostenübersicht weniger Kosten aufgelistet als beantragt. Ferner stimmen der Kosten- und Finanzierungsplan betragsmäßig nicht überein. Auch mangelt es an einem vollständigen Nachweis der Kosten; die in dem Förderantrag angegebenen baulichen Kosten wurden nur teilweise durch Rechnungen und Angebote nachgewiesen.
64
Die Frage nach neuen Arbeitsplätzen beruht auf Nrn. 4.2 und 6.1.5 BRF i.V.m. Art. 17 Nr. 2 b, Nr. 5 AGVO. Insoweit machte die Klägerin in den immer wieder aktualisierten Antragsformularen teilweise sehr divergierende Angaben zur Anzahl der vorhandenen und neuzuschaffenden Arbeitsplätze. Während die Klägerin in dem Antragsformular zuletzt angab, dass 0 Arbeitsplätze vorhanden seien, erklärte sie in der einseitigen Erläuterung über Unternehmensgegenstand und Beteiligungen, dass sie seit Januar 2021 über einen Mitarbeiter verfüge. Auch weist der klägerische Erstellungsbericht über den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2020 Verbindlichkeiten aus Lohn und Gehalt auf.
65
Unter anderem in Bezug auf das zu prüfende Vorliegen förderfähiger Ausgaben gemäß Nr. 6 BRF i.V.m. Art. 17 AGVO ist des Weiteren die Vorlage von Planunterlagen unter nachvollziehbarer Darstellung der Fremdvermietungen, Gemeinschaftsflächen und nicht förderfähige Bereiche notwendig. Die handschriftlichen und überdies unvollständigen Notizen der Klägerin insoweit genügen dem nicht. Auch stimmt die Gesamtflächenberechnung nicht mit den Planunterlagen überein.
66
Mithin waren die nachgeforderten Unterlagen für die Entscheidung erforderlich und keinesfalls willkürlich verlangt worden. Gegen die Nachforderung der Unterlagen hat die Klägerin indes auch keine Einwände erhoben.
67
Die erforderlichen Unterlagen wurden seitens des Beklagten ferner mehrfach unter angemessener Fristsetzung nachgefordert und trotz mehrmaliger Fristverlängerungen und Fristerinnerungen nicht vervollständigt. Zwischen Antragseingang und Verbescheidung vergingen fast 12 Monate. Die immer wieder gewährten Fristen können in der Gesamtschau aller Umstände, auch in Anbetracht der fehlenden Angaben von Gründen für die Versäumung, keinesfalls als unangemessen kurz angesehen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte in vergleichbaren Fällen über die der Klägerin gewährten Fristen hinausgehende Vorlagefristen gewährt hat oder grundsätzlich von der Möglichkeit in Nr. 12.2 BRF keinen Gebrauch macht, bestehen nicht und wurden auch nicht vorgetragen. Des Weiteren ist ein atypischer Fall erkennbar nicht gegeben. Ein solcher liegt vor, wenn der Sachverhalt erheblich vom vorgesehenen Normalfall abweicht und deshalb Ausnahmeregelungen oder -entscheidungen gerechtfertigt erscheinen lässt bzw. wenn der Einzelfall auf Grund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände, die einer Förderentscheidung zugrunde liegen, signifikant abweicht.
68
b) Darüber hinaus hat der Beklagte den Antrag der Klägerin in nicht zu beanstandender Weise mit der Begründung abgelehnt, dass die inmitten stehende Maßnahme bereits vor Antragstellung begonnen wurde.
69
aa) Gegen Art. 23 BayHO wird verstoßen, wenn Zuwendungen einem Empfänger gewährt werden, der zeigt, dass er das staatliche Interesse an der Zweckerfüllung auch befriedigen, mithin sein an sich förderfähiges Vorhaben verwirklichen würde, ohne dass ihm hierfür staatliche Zuwendungen gewährt würden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 6.12.2016 – 22 ZB 16.2037 – juris Rn. 18). Diesem förderrechtlichen Grundsatz dient es auch, dass ein vorzeitiger Maßnahmebeginn der staatlichen Zustimmung bedarf, damit der Staat auf die Ausgestaltung des Vorhabens noch Einfluss nehmen und so das Erreichen des staatlicherseits erwünschten Zwecks sicherstellen kann. Bei einem Maßnahmebeginn vor der Prüfung der Maßnahme wäre ein solcher Einfluss nicht mehr möglich. Dementsprechend bestimmt Nr. 1.3 der Verwaltungsvorschriften (VV) zu Art. 44 BayHO, dass Zuwendungen nur für solche Vorhaben bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind.
70
Gemäß Nr. 9.1 BRF müssen Anträge vor Beginn des Vorhabens bei der Regierung gestellt werden. Beginn ist grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags. Bei Baumaßnahmen gelten Planung und Bodenuntersuchung nicht als Beginn des Vorhabens.
71
Gemäß Nrn. 1.3 und 1.3.1 AVG dürfen Zuwendungen nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die bei Stellung des Antrags auf Gewährung der Zuwendung (siehe Nr. 3.1) noch nicht begonnen worden sind. Als Vorhabenbeginn ist grundsätzlich die Abgabe einer verbindlichen Willenserklärung zum Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages zu werten. Nicht als Beginn des Vorhabens gilt der Abschluss von Verträgen, die der Vorbereitung oder Planung des Projekts (einschließlich der Antragsvorbereitung und -erstellung) dienen. Bei Baumaßnahmen gelten dementsprechend Planungsaufträge bis einschließlich Leistungsphase 7 HOAI, Baugrunduntersuchungen, Grunderwerb und Herrichten des Grundstücks (z.B. Planieren) nicht als Beginn des Vorhabens, es sei denn, sie sind alleiniger Zweck der Zuwendung.
72
Die Beweislast, dass im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht mit der Baumaßnahme begonnen wurde, trägt dabei der Antragsteller. Dies zeigen auch die „positiven“ Formulierungen der BRF und AVG (VG Ansbach, U.v. 18.3.2022 – AN 2 K 20.01650 – juris Rn. 34).
73
bb) Vorliegend scheidet auf Grundlage der Förderrichtlinien in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz bzw. der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten eine Förderung aus, da aufgrund materieller Beweislast davon auszugehen ist, dass die Klägerin bereits im Zeitpunkt der Antragstellung einen der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrag abgeschlossen hat.
74
Als Stichtag anzunehmen ist hier – trotz des in weiten Teilen unvollständigen Antragformulars sowie der zahlreichen, grundlegenden Änderungen (hinsichtlich des Durchführungszeitraums, der Anzahl der Arbeitsplätze etc.), welches unter Umständen als neuer Antrag ausgelegt werden könnten – zugunsten der Klägerin der 18. August 2021, an welchem ausweislich des Eingangsstempels auf dem unfrankierten Briefumschlag der streitgegenständliche Antrag erstmalig bei dem Beklagten eingegangen ist. Das klägerseits auf dem Antragsformular eingetragene Datum ist entgegen dem Vortrag der Klägerseite insoweit völlig irrelevant und ohne jeglichen Beweiswert. Die Klägerin konnte nicht ansatzweise darlegen, dass der Antrag bereits vor dem 18. August 2021 bei dem Beklagten eingegangen ist. Die Klägerin hat das entsprechende Datum im Kern lediglich bestritten.
75
Mit Schreiben vom 14. Juli 2021 (Auftragsbestätigung 0164/21) bestätigte die Firma … der Klägerin den Auftrag für den Neubau einer Halle (Gesamtsumme 660.000,00 EUR). Selbst wenn man entgegen diesem ausdrücklichen Schreiben die handschriftliche Ergänzung seitens der Klägerin „Auftrag wird angenommen“ nebst Stempel sowie das handschriftlich auf den 1. August 2021 korrigierte Datum heranziehen würde (Bl. 876 d.A.), wäre ein Vertragsschluss vor dem 18. August 2021 erfolgt. Weshalb eine weitere identische Auftragsbestätigung auf den 1. September 2021 datiert wurde, erschließt sich der Kammer nicht. Auch dass der Vertrag erst mit der handschriftlichen Ergänzung vom 16. Oktober 2021 zustande gekommen sein soll, erscheint nicht ansatzweise nachvollziehbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass seitens der Firma … am 17. August 2021 bzw. am 1. September 2021 (welches Rechnungsdatum insoweit stimmt, ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren letztlich unerheblich) die 1. Abschlagsrechnung (* …*) sowie am 11. Oktober 2021 die 2. Abschlagsrechnung (* …*) ausgestellt wurden. Bei den nachträglichen Änderungen, welche zu einem Mehrpreis geführt haben, handelt es sich indes vielmehr um einen Nachtrag in Form einer vertraglichen Ergänzung bzw. Anpassung zu dem bereits bestehenden Auftragsverhältnis. Entsprechend erstellte die Firma … am 6. Oktober 2021 einen Nachtrag über die Mehrkosten in Höhe von 47.734,40 EUR. Im Übrigen widerspricht sich die Klägerseite selbst, indem mit Schreiben der Klägervertretung vom 8. September 2022 vorgetragen wird, dass der Vertrag im Oktober 2021 geschlossen worden sei, während im Schriftsatz vom 12. September 2022 ausgeführt wird, dass der Vertrag im September 2021 geschlossen worden sei. Und schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die 1. Abschlagsrechnung den Leistungszeitraum August 2021 benennt.
76
Auf die Frage, ob der Vertrag mit der Firma … über die Lieferung und Montage einer Aufzugsanlage für das Bürogebäude gemäß der bis zuletzt insoweit nicht geänderten Rechnung vom 24. Januar 2022 (Bl. 693 d.A.) am 6. Juli 2021 oder erst am 1. September 2021 geschlossen wurde, kommt es demnach nicht mehr an.
77
Entgegen dem klägerischen Vorbringen kommt im Hinblick auf die zwei separaten Bauten (Halle und Bürogebäude) eine Aufspaltung des vorliegend einheitlich zu betrachtenden Fördervorhabens nicht in Betracht. Das inmitten stehende Vorhaben „Erweiterung und Verlagerung des Betriebsstandortes“ umfasst erkennbar sowohl die Halle als auch das unmittelbar daneben befindliche Bürogebäude. Es handelt sich gerade nicht um zwei eigenständige Fördervorhaben. Aufgrund des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs betrifft die Beauftragung der Firma … entgegen dem klägerischen Vorbringen mithin nicht lediglich ein vermeintlich eigenständiges Vorhaben „Neubau einer Lagerhalle“. Dafür spricht letztlich auch, dass gemäß der Angaben der Klägerin über die auf dem Dach der Lagerhalle befindliche Photovoltaikanlage auch das komplette Bürogebäude beheizt und mit Strom versorgt werden soll (Bl. 831 d.A.). Im Übrigen sehen weder die BRF noch die AVG eine derartige Einschränkung im Hinblick auf einen vorzeitigen Maßnahmebeginn vor.
78
Ohne dass es hieraus noch ankäme, ist im Übrigen auffällig, dass zu zahlreichen Rechnungen keine Verträge oder Auftragsbestätigungen vorgelegt wurden, darunter unter anderem die Rechnung der Firma … vom 12. November 2021 betreffend die über das bloße Herrichten des Grundstückes hinausgehenden Arbeiten im Leistungszeitraum 2. September 2021 bis 1. Oktober 2021 (Bl. 769 d.A.).
79
2. Auch der Antrag auf Verpflichtung zur Gewährung einer Fristverlängerung bzw. auf Neuverbescheidung hat keinen Erfolg (§ 113 Abs. 5 VwGO), da die Klägerin keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten hat, ihr die beantragte Fristverlängerung zu gewähren bzw. ihren Antrag neu zu verbescheiden.
80
Im Hinblick auf den Erlass des Bescheides am 10. August 2022 noch vor Ablauf der mit Schreiben des Beklagten vom 1. August 2022 bis zum 12. August 2022 gewährten Frist war der Klägerin keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
81
2.1. Gemäß Art. 32 Abs. 1 und 2 BayVwVfG ist einem Verfahrensbeteiligten auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
82
2.2. Zu der Frage, ob auf durch Verwaltungsvorschriften festgelegte Fristen trotz des eindeutigen Wortlautes des Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG („gesetzliche Frist“) in analoger Anwendung die Grundsätze der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand überhaupt zur Anwendung kommen (z.B. ausdrücklich offen gelassen BayVGH, B.v. 17.12.2009 – 3 CE 09.2494 – juris Rn. 37), führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 20. Juli 2022 (12 B 21.3169 – juris Rn. 52) Folgendes aus:
„Zwar bezieht sich die Regelung des Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zunächst nur auf gesetzliche Fristen; sie ist aber als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch auf Fristen in Verwaltungsvorschriften, an die die bearbeitende Behörde gebunden ist, entsprechend anzuwenden […]. Handelt es sich bei einer versäumten Antragsfrist der Sache nach um eine materielle Ausschlussfrist, käme eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zwar grundsätzlich nach Art. 32 Abs. 5 BayVwVfG nicht in Betracht.“
83
Fraglich ist in dem inmitten stehenden Fall jedoch bereits das Vorliegen eines „Hindernisses“ im Sinne des Art. 32 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG. Als weggefallenes Hindernis käme allenfalls ein Anhörungs- oder Beratungsfehler in Betracht.
84
a) In Fällen der Nichtgewährung der Billigkeitsleistung muss eine Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG nicht erfolgen. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist hinsichtlich der Versagung der von der Klägerin begehrten Leistung nicht eröffnet, weil lediglich der Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt wird, welcher erst eine Rechtsposition gewähren soll. Art. 28 BayVwVfG gilt nach dem Wortlaut ausdrücklich nur für Verwaltungsakte, die in Rechte eines Beteiligten eingreifen. Die Ablehnung einer beantragten Förderung ist kein solcher Verwaltungsakt, der in die Rechte des Klägers eingreift, da er keine diesen durch Eingriff in den vorhandenen Rechtskreis belastende Regelung enthält, sondern stattdessen lediglich eine zusätzliche Begünstigung ablehnt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 14.10.1982 – 3 C 46/81 – juris Rn. 35; BayVGH B.v. 31.5.2019 – 10 ZB 19.613 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 4.12.2023 – 22 ZB 22.2621 – juris Rn. 22).
85
Sofern man zugunsten der Klägerin annehmen wollen würde, dass der Beklagte durch die gleichwohl erfolgte, weitere Anhörung bei der Klägerin das Vertrauen erweckt haben könnte, dass er bis zu der genannten Frist den Förderantrag nicht verbescheidet, ist auszuführen, dass selbst im Rahmen einer gemäß Art. 28 BayVwVfG vorzunehmenden Anhörung eine Verbescheidung vor dem gewährten Fristende möglich ist, wenn – wie hier mit Blick auf das Verhalten der Klägerin im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, auch zuletzt mit ihren E-Mails vom 8. August 2022 sowie vom 10. August 2022 – anzunehmen ist, dass nach einer erfolgten Rückmeldung nichts mehr weiter zu erwarten ist (BayVGH, B.v. 20.10.2022 – 11 ZB 22.1446 – juris Rn. 17). Beachtlich ist insoweit auch, dass der Bescheid vom 10. August 2022 erst am Folgetag zur Post gegeben wurde und bis zu dem gewährten Fristende am 12. August 2022 keine weiteren Unterlagen bei dem Beklagten eingegangen sind. Im Hinblick auf die Unvollständigkeit der Unterlagen wurde die Klägerin indes bereits mit Schreiben vom 8. Juli 2022 angehört. Die erneute Anhörung betraf den vorzeitigen Maßnahmebeginn als weiteren Ablehnungsgrund für die beantragte Förderung. Im Hinblick auf die insoweit eindeutigen Unterlagen wäre kein weiterer Vortrag denkbar gewesen, welcher objektiv geeignet gewesen wäre, die Sachentscheidung der Behörde insoweit noch zu beeinflussen.
86
b) Der Beklagte hat auch nicht gegen die ihm gemäß Art. 25 Abs. 1 BayVwVfG (i.V.m. BRF und AVG) obliegende Auskunfts- und Beratungspflicht verstoßen.
87
Nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG soll die Behörde die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten am Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten, Art. 35 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG. Art und Umfang der von der Behörde einem Verfahrensbeteiligten zu leistenden Beratung sind nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Zwar erfasst die Auskunfts- und Beratungspflicht keine generelle Pflicht dahingehend, einen Antragsteller ohne gegebenen Anlass über den drohenden Ablauf einer Frist aufgrund fehlender Unterlagen hinzuweisen bzw. die Abgabe entsprechender Unterlagen anzuregen. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn ein Antragsteller sich explizit bei der Behörde nach dem Stand des Verfahrens erkundigt und so einen konkreten Anlass für eine entsprechende Beratung und Auskunftserteilung der Behörde setzt. Hier obliegt es dem um Auskunft ersuchten Bediensteten, sollten Unterlagen fehlen und der Ablauf einer Frist drohen, dem Antragsteller einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und ihn damit bei der fristgerechten Antragstellung zu unterstützen. Der antragstellende Bürger soll gerade nicht „sehenden Auges“ seines Rechtes verlustig gehen. Führt die unvollständige oder unzutreffende Auskunft der Behörde auf eine Sachstandsanfrage zur Fristversäumnis, ist dem Antragsteller nach Art. 32 BayVwVfG gegebenenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. zu alledem BayVGH, B.v. 21.12.2021 – 12 ZB 20.2694 – juris Rn. 31f.)
88
Vorliegend hat der Beklagte ausweislich der Behördenakte mit mehreren, teilweise ausführlichen E-Mails, der Übermittlung von Listen und Vordrucken sowie überdies auch telefonisch die Klägerin ganz erkennbar und letztlich über das Erforderliche hinausgehend immer wieder unterstützend beraten. Es erscheint glaubhaft, wenn der Beklagte vorträgt, dass in dem hier zu entscheidenden Fall letztlich sogar mehr Aufwand als in anderen Verfahren betrieben worden und insoweit zugunsten der Klägerin eine Ungleichbehandlung erfolgt sei.
89
Darüber hinaus erweist sich der klägerische Vortrag hierzu als widersprüchlich. Einerseits wurde in der mündlichen Verhandlung von … ausgeführt, dass der Beklagte nicht hilfsbereit gewesen sei. Andererseits wurde vorgetragen, dass der zuständige Sachbearbeiter die Anlage zur KMU-Erklärung gemeinsam mit ihr am Telefon durchgegangen sei.
90
Im Übrigen ergibt sich aus Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG keine umfassende (Rechts-)Beratungspflicht, wie sie die Klägerin hier begehrt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AGO (Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern), wonach den Bürgern soweit wie möglich Rat und Hilfe zu gewähren ist und sie bei der Abgabe von Anträgen und Erklärungen zu unterstützen und über Zuständigkeiten, notwendige Unterlagen oder Möglichkeiten zur Gestaltung und Beschleunigung des Verfahrens zu informieren sind.
91
Indes verpflichtet auch der Untersuchungsgrundsatz gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG die Behörde nicht zu einem unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwand (BayVGH, B.v. 11.1.2013 – 8 ZB 12.326 – juris). Ergänzt wird die behördliche Pflicht zur Sachverhaltsermittlung durch die Mitwirkungsobliegenheit der Beteiligten (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG). Die Behörde ist deshalb, soweit es ein Beteiligter unterlässt, zur Klärung der für ihn günstigen Tatsachen beizutragen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar wäre, in der Regel nicht gehalten, von sich aus allen sonstigen Aufklärungsmöglichkeiten nachzugehen. Dies gilt insbesondere in Verfahren zur Gewährung freiwilliger Maßnahmen wie dem vorliegenden.
92
Letztlich ist die Klägerin ihren eigenen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, indem sie trotz mehrfacher Aufforderungen erforderliche Unterlagen nicht vorgelegt hat. Es hat den Anschein, dass die Klägerin mit dem inmitten stehenden Förderverfahren überfordert war und insoweit dieses von Anfang an hätte professionell begleiten lassen sollen.
93
Nach alledem waren die Klagen mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.