Inhalt

VG München, Urteil v. 11.12.2024 – M 12 K 23.4415
Titel:

Ausweisung eines ivorischen Staatsangehörigen mit Schutzstatus in Italien wegen Körperverletzungs- und Tötungsdelikten 

Normenketten:
AufenthG § 53 Abs. 1, Abs. 2, § 54 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 1a, § 55
GG Art. 6 Abs. 1, Abs. 2
EMRK Art. 8 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. § 53 Abs. 3 AufenthG erfasst nicht in die Bundesrepublik Deutschland weitergewanderte Drittstaatsangehörige, die eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU in einem anderen Mitgliedstaat erhalten haben und aus dem Bundesgebiet ausgewiesen werden sollen, wenn ihnen (nur) die Abschiebung in den anderen Mitgliedstaat angedroht wird. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sind Straftaten auch aufgrund einer bestehenden Suchtmittelproblematik begangen worden, entfällt eine konkrete Wiederholungsgefahr regelmäßig erst dann, wenn eine entsprechende Therapie erfolgreich abgeschlossen und nach dem Therapieende die Erfüllung der damit verbundenen Erwartung glaubhaft gemacht wurde. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausweisung, Ivorischer Staatsangehöriger, Tötungs- und Körperverletzungsdelikte, Wiederholungsgefahr, Schutzstatus in Italien., Drittstaatsangehöriger mit Schutzstatus in Italien, Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU, Suchtproblematik, nicht abgeschlossene Therapie, besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse
Fundstelle:
BeckRS 2024, 41240

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der am … Dezember 1979 geborene Kläger ist ivorischer Staatsangehöriger. Nach strafgerichtlichen Feststellungen ist er als Sohn einer ivorischen Mutter und eines senegalesischen Vaters in der Elfenbeinküste aufgewachsen. Er hat noch drei lebende ältere Geschwister und 40 weitere Halbgeschwister. Ende der 80er Jahre reiste er in den Senegal, kehrte jedoch 1990 in die Elfenbeinküste zurück, wo er im Handel arbeitete. Nach dem Staatsstreich 1999 entschloss er sich zur Flucht und reiste über den Senegal und Paris nach Italien, wo ihm internationaler Schutz gewährt wurde. Zwischen 2006 und 2016 pendelte er regelmäßig zwischen den Niederlanden und Italien, bevor er 2016 dauerhaft nach Italien zurückkehrte. Sein Vater ist 2017 verstorben. Der Kläger hat zwei in Afrika lebende Kinder aus einer dortigen Beziehung, einen 2011 geborenen Sohn aus einer Beziehung mit einer Niederländerin und hatte seit 2015 eine spanische Lebensgefährtin, mit der er in den Niederlanden zusammengelebt hatte. In Deutschland führt er seit einigen Wochen eine Beziehung mit einer ungarischen Staatsangehörigen.
2
1998 begann der Kläger mit dem Konsum von Marihuana. Nach seiner Flucht nach Europa begann er, regelmäßig Haschisch zu rauchen. In Deutschland rauchte er im Schnitt 2g/Tag. Nach seiner Ankunft in Europa begann er, Alkohol zu konsumieren, zunächst Bier und Wein, zuletzt ca. 10 Bier pro Tag. Seit 2003 konsumierte er Schnaps und Wodka.
3
In Italien wurde der Kläger am … November 2010 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 50 Tagen verurteilt, die in eine Geldstrafe von 12.500 € umgewandelt wurde. Am … April 2011 wurde er erneut wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 15 Tagen verurteilt, die in eine Geldstrafe von 3.000 € umgewandelt wurde. Am … Juli 2017 wurde er wegen Handels mit gestohlenen Waren zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt, die in eine Geldstrafe von 150 € umgewandelt wurde.
4
Am … Dezember 2018 wurde dem Kläger in Italien eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU erteilt. Zudem ist er im Besitz einer am … Januar 2020 ausgestellten Carta d'Identità.
5
Zum ... Februar 2020 hat sich der Kläger in der M.straße ... in … D. angemeldet und am … Juli 2020 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit beantragt. Ihm wurde daraufhin vom Landratsamt D. eine bis 23. Juli 2021 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG mit der Erlaubnis der Beschäftigung als Hilfskraft bei der M. H. GmbH, N.straße ... in … M., erteilt. Am … Juni 2021 hat der Kläger die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beantragt, woraufhin die Aufenthaltserlaubnis bis … Mai 2022 mit der Erlaubnis zur Beschäftigung bei der Firma Ma. GmbH, B.straße ... in … P. verlängert wurde.
6
Mit Urteil des Landgerichts München II vom 16. August 2022 wurde der Kläger wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde angeordnet.
7
Hintergrund war, dass der Kläger mit drei weiteren Personen, darunter dem Geschädigten, in einer Arbeiterunterkunft wohnte. Das Zusammenleben war von verbalen Auseinandersetzungen und Verständigungsschwierigkeiten geprägt. Der Kläger war nüchtern freundlich und gesellig. Sobald er Alkohol konsumierte, wurde er unfreundlich und oft verbal aggressiv. Zu Tätlichkeiten kam es jedoch nicht. Am … September 2021 trank der Kläger nach der Arbeit zwei Flaschen Wein und eine Flasche Wodka. Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung über den Müll, die wegen der Sprachbarriere nicht geklärt werden konnte. Der Kläger wurde zunehmend aggressiv, stieß Mülltonnen in der Küche um und bezeichnete den Geschädigten als Mariusz kurwa (Hurensohn). Dieser packte den Kläger, drückte ihn gegen den Kühlschrank und zuletzt auf den Boden, wo er über ihm kniete und drohend eine Faust gehoben hatte, ohne zuzuschlagen. Der Kläger begab sich daraufhin zunächst in sein Zimmer, während die Mitbewohner einen Grillabend vorbereiteten. Der Geschädigte setzte sich in einen Campingstuhl mit Blick in den Vorgarten. Der Kläger war über seine Niederlage wütend und verärgert und fasste den Plan, sich zu rächen. Er zerbrach eine Weinflasche derart, dass ein gezackter Flaschenrand blieb und er zugleich die Flasche am Hals fest greifen konnte. Nachdem er nochmal mindestens zwei Minuten über sein Vorgehen nachgedacht hatte, nahm er noch eine vier bis fünf cm große Scherbe auf und steckte sie in die Hosentasche als letzte Verteidigungsmöglichkeit. So bewaffnet begab er sich in den Vorgarten, um den Geschädigten anzugreifen. Er holte mit dem abgebrochenen Flaschenhals aus und stach damit dem Geschädigten schwungvoll mittig ins Gesicht, wobei er die Gefahr schwerwiegender Verletzungen großer Blutgefäße im Kopf-/ Gesichtsbereich als möglich erkannte und zumindest billigend in Kauf nahm, den Geschädigten tödlich zu verletzen, ihm das Augenlicht zu nehmen oder zumindest nicht unerheblich zu verletzen. Der Stich traf zwischen Nasenansatz, linker Augenbraue, Lid und oberer Wange. Der Geschädigte, der sich keines Angriffs versah, machte keine Abwehr- oder Ausweichbewegung. Nachdem der erste Schlag getroffen hatte, senkte der Geschädigte den Kopf weit nach vorne unten über seine Knie. Der Kläger setzte mit einer zweiten schwungvoll geführten Stichbewegung nach und traf den Geschädigten am rechten Hinterkopf in der Nähe des rechten Ohrs. Der Geschädigte stand auf und versuchte zu fliehen. Der Kläger folgte ihm umgehend und hob den Flaschenhals, als ein Zeuge eingriff und dem Kläger die Flasche entwand. Der Kläger erkannte angesichts des Verlusts des Tatwerkzeugs und der Überlegenheit der drei weiteren Männer, dass er seinen Plan nicht mehr vollständig umsetzen kann, und flüchtete. Der Geschädigte erlitt eine Nasenbeinimpressionsfraktur, eine Schnittverletzung am linken Lid, der linken Augenbraue und der linken oberen Wange, wobei zwei Äste des Trigeminusnervs durchtrennt wurden, so dass der Geschädigte seither an Gefühlsstörungen leidet. Das Augenlid musste mit 9 Stichen genäht werden. Narben sind erkennbar. Durch den zweiten Stich erlitt er eine blutende Schnittwunde. Eine konkrete Lebensgefahr bestand nicht. Der Kläger hatte eine Blutalkoholkonzentration von 1,95 Promille. Er war zwar alkoholbedingt enthemmt, in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit aber nicht erheblich vermindert.
8
Im Rahmen der Strafzumessung bejahte das Strafgericht einen sonstigen minderschweren Fall aufgrund des vertypten Milderungsgrunds des Versuchs. Zugunsten des Klägers wurden sein Teilgeständnis, die Entschuldigung und die Zahlung eines Betrags von 800 € an den Geschädigten, das fehlende Strafverfolgungsinteresse des Geschädigten, die erhebliche alkoholbedingte Enthemmung, dem Grunde nach das Versuchsstadium des Totschlagsdelikts und die Tatsache gewertet, dass es eine relativ spontane Tat war. Zulasten des Klägers wurden die Vorstrafen in Italien, die bleibenden Schäden des Geschädigten sowie die Tatsache gewertet, dass er drei Straftatbestände tateinheitlich verwirklichte und in objektiver Hinsicht die Nähe zur Heimtücke gegeben war. Es bestehe ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen, und der Tat. Ohne Therapie seien vom Kläger mit großer Wahrscheinlichkeit auch zukünftig vom Schweregrad vergleichbare erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten. Ohne Therapiemaßnahme könne nicht erwartet werden, dass der Kläger seine Abhängigkeit überwindet, so dass er aller Voraussicht nach weiter erheblich Alkohol konsumieren und enthemmt straffällig würde.
9
Der Kläger befindet sich in dieser Sache seit … September 2021 in Haft, seit … November 2022 im Maßregelvollzug.
10
Mit Schreiben vom … September 2022 wurde der Kläger zur beabsichtigten Ausweisung angehört.
11
Mit Schreiben vom ... April 2023 führte der Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen aus, vorliegend sei von einem Bleibeinteresse im Sinne des § 55 AufenthG auszugehen. Der Kläger sei seit … November 2016 in Deutschland. Er halte sich somit seit einem erheblichen Zeitraum in Deutschland auf, insgesamt über sechs Jahre. Bei der Heranziehung der Dauer des Aufenthalts komme es nicht mehr auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts an. Folglich sei dieser Aspekt zugunsten des Klägers in die Abwägung einzubinden. Zudem sei der Kläger im Besitz eines Aufenthaltstitels. Der italienische Aufenthaltstitel sei noch gültig. Der Kläger sei stets einer regelmäßigen Arbeit nachgegangen. Zudem sei er der deutschen Sprache mächtig. Er sei somit in sonstiger Weise an die Bundesrepublik gebunden und gut integriert. Er habe sich sehr gut in Deutschland integriert und eingelebt. Es sei ein hoher Grad an Integration gegeben. Er strebe für seine Zukunft ein eigenständiges Leben an. Zwar könne die Ausländerbehörde eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr treffen. Sie müsse sich jedoch an die im Einzelfall gegebenen Umstände halten lassen. Es sei anzumerken, dass der Kläger bereits die Lockerungsstufe A im Maßregelvollzug erhalten und somit in Personalbegleitung Ausgang habe. Des Weiteren sei aus der Stellungnahme der Münchner Zentralstelle für Straffälligenhilfe vom … Juni 2022 ersichtlich, dass sich der Kläger bereits in der JVA mit seinem Suchtproblem auseinandergesetzt und Hilfe in Anspruch genommen habe. Er zeige eine deutliche Veränderungsbereitschaft und wünsche sich professionelle Unterstützung für seine vollständige abstinente Lebensweise. Er sei somit motiviert, Veränderungen vorzunehmen, um künftig ein straffreies und eigenverantwortliches Leben zu führen. Der Kläger habe bereits vor über 15 Jahren sein Heimatland verlassen. Es könne somit bereits von einer Entwurzelung gesprochen werden. Von einer Wiederholungsgefahr könne somit nicht ausgegangen werden. Das Interesse an der Ausreise sei gegenüber dem Bleibeinteresse als gering zu bewerten. Beigefügt waren eine Sprachstandsbestätigung über das Niveau A2 des …-Klinikums Region München vom … März 2023, eine Bestätigung über die Lockerungsstufe A des …-Klinikums Region M. vom ... März 2023 sowie ein Schreiben der M. Zentralstelle für Straffälligenhilfe vom … Juni 2022, in dem bestätigt wird, dass der Kläger aus eigener Initiative Kontakt zur externen Suchtberatung in der JVA M. aufgenommen hat, seit … November 2022 regelmäßig Beratungstermine wahrnimmt und eine deutliche Veränderungsbereitschaft zeigt.
12
Mit Bescheid vom ... August 2023 wurde der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Nr. 1 des Bescheids) und die Wirkung der Ausweisung auf acht Jahre ab der Ausreise befristet (Nr. 2 des Bescheids). Die Abschiebung aus der Haft in die Elfenbeinküste frühestens eine Woche nach Zustellung des Bescheids wurde angekündigt (Nr. 3 des Bescheids). Für den Fall der vorherigen Haftentlassung wurde dem Kläger unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Haftentlassung die Abschiebung in die Elfenbeinküste oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht (Nr. 4 des Bescheids).
13
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe mit seinem Verhalten erheblich gegen die hier geltende Rechtsordnung verstoßen. Mit Urteil des Landgerichts München II vom … August 2022 sei der Kläger wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung zu 5 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Somit erfülle er die Voraussetzungen nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 1a Buchst. a und b AufenthG. Das Ausweisungsinteresse wiege besonders schwer. Er erfülle nicht die Voraussetzungen für ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse. Vielmehr wiege das Bleibeinteresse gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG schwer. Er sei am … November 2016 als Erwachsener in die Bundesrepublik eingereist und befinde sich demzufolge zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides seit mehr als sechs Jahren in Deutschland. Bis zum … Mai 2022 sei er im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG gewesen. Im Hinblick auf die Schwere der zu erwartenden Rechtsgutsverletzungen sei die Ausweisung des Klägers aus spezialpräventiven Gründen zulässig und erforderlich, um weitere Straftaten, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren, zu verhindern. Er habe keine persönlichen Bindungen im Bundesgebiet. Er stehe derzeit auch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis. Die konkrete Gefährdung höchster Rechtsgüter durch die vom Kläger zu erwartenden Straftaten bilde einen Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht und begründe eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre und der nur durch die Ausweisung und die sich daran anschließende Abschiebung begegnet werden könne. Laut dem Rechtsanwalt des Klägers befinde sich dieser bereits für einen erheblichen Zeitraum in der Bundesrepublik, weswegen es nicht mehr auf die Rechtmäßigkeit der Aufenthaltserlaubnis ankäme; ebenso sei er im Besitz einer gültigen Daueraufenthaltserlaubnis aus Italien. Die zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis gemäß § 38a AufenthG sei bis … Mai 2022 gültig gewesen. Eine Verlängerung sei nach Aktenlage nicht beantragt worden. Somit verfüge der Kläger derzeit nicht mehr über eine gültige Aufenthaltserlaubnis. Auf die Dauer des bisherigen Aufenthalts komme es nicht an. Auch sei er gemäß Art. 9 Abs. 4 Satz 2 der RL 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 nicht mehr im Besitz eines gültigen langfristigen Aufenthaltsrechts-EU aus Italien. Dieses erlösche mit Ablauf von sechs Jahren nach Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Die Anerkennung und das Handeln nach den Werten, Normen und sozialen Konventionen in der Bundesrepublik zähle zu den Kernelementen der Integration. Durch sein Verhalten, das zur Verurteilung durch das Landgericht München II geführt habe, habe er hinreichend belegt, dass eine Integration in keinem der zentralen Punkte erfolgt sei. Zwar habe er ein Sprachniveau A2 erreicht und sich wohl in einer regulären Beschäftigung befunden, jedoch werde bei einem regelmäßigen Besuch des Sprach- und Integrationskurses ein Sprachniveau B1 binnen sechs Jahren bei einem Aufenthaltsberechtigten erwartet. Somit sei zwar ein anfänglicher Schritt zur Integration zu erkennen, jedoch stehe dies weit außer Verhältnis zur Zuwiderhandlung gegen die in der Bundesrepublik geltenden Gesetze. Das Delikt zeige deutlich, wie die Einstellung des Klägers die öffentliche Sicherheit und Ordnung in besonderem Maße bedrohe. Aufgrund der Schwere der Tat könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine einmalige Überschreitung der Gesetze handle. Offensichtlich bestehe keine hohe Schwelle bei der Begehung von Straftaten. Dass die Behandlung der Suchprobleme eine eventuell erfolgreiche Resozialisierung zur Folge haben könnte, sei nicht garantiert. Somit könne auch in Zukunft nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass keine weiteren Straftaten begangen werden. Ferner erfolge die Ausweisung auch aus generalpräventiven Gründen, da sie geeignet sei, andere Ausländer von der Begehung derartiger Straftaten abzuhalten und damit der vorbeugenden Verhinderung von Straftaten diene. Die schwere gefährliche Körperverletzung stelle die extreme Missachtung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit dar. Ein Verbot der Abschiebung gemäß § 60 AufenthG bestehe nicht. Familiäre Bindungen lägen nicht vor. Die Entscheidung stehe mit Art. 8 EMRK in Einklang. Die Ausweisung sei gesetzlich vorgesehen und stelle eine Maßnahme dar, die in der demokratischen Gesellschaft der Bundesrepublik zur Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen notwendig sei. Individuelle Besonderheiten, die den Kläger daran hinderten, in die Elfenbeinküste zu reisen, seien nicht ersichtlich. Die Aufrechterhaltung des Kontakts zu möglicherweise im Bundesgebiet lebenden Freunden und Bekannten sei mithilfe gängiger Kommunikationsmittel möglich. Der Kläger verfüge nicht mehr über eine gültige Aufenthaltserlaubnis in der Bundesrepublik. Nachdem er nicht mehr im Besitz einer gültigen Daueraufenthaltserlaubnis-EU aus Italien sei, könne auch die deutsche Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG nicht mehr verlängert werden und müsste in eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG umgewandelt werden. Die hierfür notwendigen Erteilungsvoraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Die Lebensunterhaltssicherung könne derzeit nicht geprüft werden und das benötigte Sprachniveau B1 liege nicht vor. Vor Inhaftierung habe er wohl über eine geregelte Arbeit verfügt. Jedoch sei die Wiederaufnahme einer Beschäftigung ohne gültige Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Der Kläger gehöre nicht zum Personenkreis der faktischen Inländer. Demgegenüber sei eine Rückkehr und Wiedereingliederung in seinen Herkunftsstaat Elfenbeinküste möglich und zumutbar. In den dort verlebten 26 Jahren sei er integriert worden und spreche die dortige Sprache. Daher sei es ihm möglich und zumutbar, eine Wohnung zu beziehen, jegliche Art von Erwerbstätigkeit anzunehmen und somit der Eingliederung in das dortige Gesellschaftsleben weiteren Vorschub zu leisten. Eine potenziell drohende Arbeitslosigkeit in der Elfenbeinküste sei nicht geeignet, vom Erlass dieser Maßnahme abzusehen. Höherrangige Rechtsnormen stünden der Entscheidung nicht entgegen. Die gesetzte Ausreisefrist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung sei im Hinblick auf die bisherige Aufenthaltsdauer angemessen und entspreche pflichtgemäßer Ermessensausübung. Sie ermögliche es dem Kläger, die zur Ausreise erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Die Pflicht zur Ausreise sei gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar, weil sich der Kläger unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte.
14
Mit Schreiben vom … August 2023 teilte der Beklagte dem …-Klinikum Region M. mit, dass der Bescheid noch nicht rechtskräftig und der Kläger nach Eintritt der Rechtskraft des Ausweisungsbescheides vollziehbar ausreisepflichtig sei.
15
Mit Schriftsatz vom 21. August 2023, bei Gericht am 24. August 2023 eingegangen, hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid vom ... August 2023 erhoben (M 12 K 23.4300).
16
Mit Schriftsatz vom 6. September 2023, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat der Bevollmächtigte des Klägers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
17
den Bescheid des Beklagten vom ... August 2023 aufzuheben, hilfsweise die Einreise- und Aufenthaltssperre herabzusetzen.
18
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Abschiebung aus der Haft sei innerhalb einer Woche nach Zustellung der Verfügung angeordnet worden. Auch sei bei Haftentlassung ohne vorherige Abschiebung die Ausreisefrist auf eine Woche begrenzt. Des Weiteren sei zu erwähnen, dass der Kläger bereits die Lockerungsstufe A erhalten habe. Danach sei ersichtlich, dass dieser an der Suchtproblematik arbeite. Es könne somit nicht der Schluss gezogen werden, dass von ihm weiter eine Wiederholungsgefahr ausgehe. Aus der Suchtproblematik ergebe sich auch eine Beeinträchtigung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2d AufenthG. Zuletzt sei zu erwähnen, dass die Begründung des Bescheides widersprüchlich sei. Im Tenor werde von einer Ausreisefrist von einer Woche gesprochen, in der Begründung von einem Monat. Es sei folglich anzunehmen, dass die Ausreisefrist von einer Woche nicht als verhältnismäßig anzusehen sei.
19
Mit Schriftsatz vom 12. September 2023 hat der Beklagte beantragt,
20
die Klage abzuweisen.
21
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei der Erstellung des Bescheids seien versehentlich die falschen Textbausteine bezüglich der Ausreisefrist eingefügt worden. Die konkrete Gefährdung höchster Rechtsgüter durch die vom Kläger zu erwartenden Straftaten stelle ein Ausweisungsinteresse von besonderem Gewicht dar. Das geahndete Verhalten begründe eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre und dem nur durch die Ausweisung wirkungsvoll begegnet werden könne.
22
Gleichzeitig hat er klargestellt, dass die Frist in Nr. 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids nicht eine Woche, sondern einen Monat nach Zustellung bzw. Haftentlassung beträgt.
23
Mit Schriftsatz vom 11. November 2024 hat der Kläger die Klage im Verfahren M 12 K 23.4300 zurückgenommen, woraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 14. November 2024 eingestellt wurde.
24
Im Therapiebericht des kbo …-Klinikums Region M. vom ... Dezember 2024 werden eine Alkohol- und Cannabisabhängigkeit diagnostiziert. Der Kläger habe sich freundlich, angepasst, respektvoll und teilweise fordernd verhalten. Seit Erhalt der Stufe B sei er regelmäßig und zuverlässig in der Arbeitstherapie gewesen. Konflikte habe er vernünftig klären können. In den therapeutischen Einzelgesprächen sei es ihm gelungen, sein Delikt zu bearbeiten, die auslösenden Faktoren zu erörtern und adäquate Lösungsstrategien zu erlernen. Er sei zunehmend besser in der Lage, Kritik anzunehmen. Er habe bisher gut von der Therapie profitiert. Trotz der ausländerrechtlichen Situation habe die Lockerungsstufe C umgesetzt werden können. Es sei geplant gewesen, ihn für Lockerungsstufe D (Probewohnen) vorzuschlagen. Er habe bei seiner Freundin in N. einziehen wollen; die Beziehung bestehe seit wenigen Wochen. Die Lockerungen seien ausgesetzt worden, als die Staatsanwaltschaft die Klinik am ... Dezember 2024 informiert habe, dass § 456a StPO verfügt worden sei.
25
Die Beklagtenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung den Zielstaat der Abschiebung in Nr. 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids von der Elfenbeinküste auf Italien abgeändert. Der Klägerbevollmächtigte hat beantragt, den Bescheid vom ... August 2023 in der Fassung aufzuheben, die er in der mündlichen Verhandlung gefunden hat.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
27
Nach Rücknahme der zuvor in gleicher Sache eingereichten Klage (M 12 K 23.4300) ist die Klage im Verfahren M 12 K 23.4415 nunmehr zulässig geworden, aber unbegründet.
28
Der streitgegenständliche Bescheid in der Fassung, die er am … September 2023 und zuletzt in der mündlichen Verhandlung gefunden hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29
Maßgeblicher Zeitpunkt zur rechtlichen Überprüfung der Ausweisung sowie der weiteren durch den Beklagten getroffenen Entscheidungen ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. BVerwG, U.v. 30.7.2013 – 1 C 9.12 – juris Rn. 8).
30
1. Die in Nr. 1 des Bescheids vom ... August 2023 verfügte Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.
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a) Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.
32
Dem Kläger kommt ein erhöhter Ausweisungsschutz nach § 53 Abs. 3, 3a und 4 AufenthG nicht zu, da er keiner der dort genannten Personengruppen angehört. Insbesondere erfasst die Privilegierung nach § 53 Abs. 3 AufenthG nicht den Fall, dass in die Bundesrepublik Deutschland weitergewanderte Drittstaatsangehörige, die eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU in einem anderen Mitgliedstaat erhalten haben, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und ihnen die Abschiebung nicht in ihren Herkunftsstaat, sondern in den anderen Mitgliedstaat angedroht wird (BayVGH, B.v. 12.4.2019 – 10 ZB 19.275 – juris). Sofern – wie im vorliegenden Fall – (nur) die Ausweisung in den anderen Mitgliedstaat inmitten steht, gilt der abgesenkte Maßstab des Art. 17 der RL 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, die vorliegend ohne Weiteres erfüllt sind.
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b) Vom Kläger geht eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
34
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose hinsichtlich der Wiederholungsgefahr zu treffen, ohne dass sie an die Feststellungen der Strafgerichte rechtlich gebunden sind (vgl. zum Erfordernis etwa BVerwG, U.v. 26.2.2002 – 1 C 21/00 – juris Rn. 22). Bei der insoweit anzustellenden Gefahrenprognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 – 10 B 11.2744 – juris Rn. 33 m.w.N.). Dabei gilt für die im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.11 – juris Rn. 16 m.w.N.). Der Rang des bedrohten Rechtsguts bestimmt dabei die mögliche Schadenshöhe, wobei jedoch keine zu geringen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden dürfen (BVerwG, U.v. 10.7.2012, a.a.O. Rn. 18).
35
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe geht vom Kläger eine erhebliche Wiederholungsgefahr aus. Sein persönliches Verhalten stellt gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Die der Ausweisungsentscheidung und der Verurteilung des Landgerichts München II vom 16. August 2022 zu Grunde liegenden Straftaten, nämlich versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher und schwerer Körperverletzung, sind besonders schwerwiegend. Die betroffenen Schutzgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen besonders hohen Rang ein und lösen staatliche Schutzpflichten aus. Insbesondere die Begehung von Tötungs- und Körperverletzungsdelikten begründet eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.11 – juris). Bei den begangenen Gewaltdelikten hat der Kläger aus einem Rachemotiv heraus ein erhebliches Aggressionspotential und eine niedrige Hemmschwelle an den Tag gelegt, indem er dem arglosen Geschädigten eine abgebrochene Weinflasche wuchtig mitten ins Gesicht gestoßen hat. Dass der Geschädigte hierbei keine tödlichen Verletzungen erlitten oder sein Augenlicht verloren hat, ist allein dem Zufall zu verdanken. Dauerhafte Beeinträchtigungen hat er aber durch die Verletzung des Trigeminusnervs dennoch davongetragen. Zwar handelt es sich um die erste und bislang einzige Verurteilung des Klägers in Deutschland. Dieser lag jedoch ein massives Gewaltverbrechen zugrunde. Zudem ist der Kläger bereits in Italien dreimal, wenn auch nicht einschlägig, strafrechtlich in Erscheinung getreten. Dass den Kläger die erstmalige Hafterfahrung derart beeindruckt hätte, dass er künftig keine Gewaltdelikte mehr begeht, kann derzeit nicht angenommen werden. Beim Kläger besteht eine Alkohol- und Cannabisabhängigkeit. Zwischen dem Hang, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen und der Tat besteht nach den Feststellungen des Landgerichts München II ein symptomatischer Zusammenhang, so dass ohne Therapie vom Kläger mit großer Wahrscheinlichkeit auch künftig vom Schweregrad vergleichbare erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. In Fällen, in denen Straftaten – wie vorliegend – auch aufgrund einer bestehenden Suchtmittelproblematik begangen worden sind, geht die Rechtsprechung regelmäßig davon aus, dass die konkrete Wiederholungsgefahr erst entfällt, sobald der Kläger eine entsprechende Therapie erfolgreich abgeschlossen und darüber hinaus die damit verbundene Erwartung künftigen drogen- und straffreien Verhaltens auch nach dem Therapieende glaubhaft gemacht hat (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2014 – 10 ZB 13.71 – juris Rn. 6 m.w.N.). Zwar war der Kläger in der JVA seit 22. November 2021 regelmäßig bei der externen Suchtberatung und befindet sich derzeit aufgrund einer Unterbringung im Maßregelvollzug in Therapie, die anerkennenswerterweise bislang positiv verläuft; der Kläger hat inzwischen die Lockerungsstufe C abgeschlossen. Die Therapie ist jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder abgeschlossen noch hat sich der Kläger bislang über eine gewisse Zeit in Freiheit bewährt. Eine erhebliche Wiederholungsgefahr, an die vor dem Hintergrund der bedrohten Rechtsgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit ohnehin keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind, liegt demnach vor.
36
Abgesehen davon bestehen auch erhebliche generalpräventive Gründe für die Ausweisung. § 53 Abs. 1 AufenthG verlangt nach seinem Wortlaut nur, dass der weitere „Aufenthalt“ des Ausländers eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt. Vom weiteren Aufenthalt eines Ausländers kann auch dann eine solche Gefahr ausgehen, wenn von ihm selbst keine (Wiederholungs-)Gefahr mehr ausgeht, im Fall des Unterbleibens einer ausländerrechtlichen Reaktion auf sein Fehlverhalten andere Ausländer aber nicht wirksam davon abgehalten werden, vergleichbare Verstöße zu begehen. Diese Auslegung des Wortlauts wird systematisch durch § 53 Abs. 3 ff. AufenthG, die ausdrücklich für bestimmte ausländerrechtlich privilegierte Personengruppen verlangen, dass das „persönliche Verhalten des Betroffenen“ eine schwerwiegende Gefahr darstellt, sowie die Gesetzgebungsgeschichte (BTDrs. 18/4097 S. 49) bestätigt. Auch aus weiteren Regelungen des Aufenthaltsgesetzes, z.B. § 54 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a AufenthG, ergibt sich, dass es generalpräventive Ausweisungsinteressen berücksichtigt sehen will (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – BeckRS 2019, 16744 Rn. 17). Dem Gedanken der Generalprävention liegt zugrunde, dass ein besonderes Bedürfnis besteht, durch die Ausweisung andere Ausländer von Taten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Erforderlich ist regelmäßig, dass eine Ausweisungspraxis, die an die Begehung ähnlicher Taten anknüpft, geeignet ist, auf potentielle weitere Täter abschreckend zu wirken. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Heranziehung generalpräventiver Gründe bei einer Ausweisungsentscheidung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.1985 – 2 BvR 1642/83; B.v. 17.1.1979 – 1 BvR 241/77; B.v. 10.8.2007 – 2 BvR 535/06; B.v. 22.8.2000 – 2 BvR 1363/2000 – juris). Es liegt vorliegend im öffentlichen Interesse, Tötungs- und Körperverletzungsdelikte mit dem Mittel der Ausweisung zu bekämpfen, um auf diese Weise andere Ausländer von der Nachahmung eines solchen Verhaltens abzuschrecken. Es soll anderen Ausländern vor Augen geführt werden, dass derartige Straftaten mit der Aufenthaltsbeendigung und mit einem damit einhergehenden Aufenthaltsverbot bedacht werden. Diesem Zweck wird durch eine einheitlich verlässliche Verwaltungspraxis der Ausländerbehörden Rechnung getragen.
37
c) Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefahrenlage i.S.d. § 53 Abs. 1 AufenthG zu treffende Abwägung ergibt, dass das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Klägers überwiegt.
38
§ 53 AufenthG gestaltet die Ausweisung als Ergebnis einer umfassenden, ergebnisoffenen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus. Sofern das öffentliche Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt, ist die Ausweisung rechtmäßig. In die Abwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG sind die in §§ 54, 55 AufenthG vorgesehenen Ausweisungs- und Bleibeinteressen mit der im Gesetz vorgenommenen grundsätzlichen Gewichtung einzubeziehen. Neben den dort explizit aufgeführten Interessen sind aber noch weitere, nicht ausdrücklich benannte sonstige Bleibe- oder Ausweisungsinteressen denkbar. Die Katalogisierung in den §§ 54, 55 AufenthG schließt die Berücksichtigung weiterer Umstände nicht aus (BT-Drs. 18/4097, S. 49). Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei der Abwägung nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. Die Aufzählung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien ist aber nicht abschließend (BT-Drs. 18/4097, S. 50). Es sind für die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung maßgeblich auch die Kriterien des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte heranzuziehen (vgl. nur EGMR, U.v. 18.10.2006 – Üner, Nr. 46410/99 – juris; EGMR, U.v. 2.8.2001 – Boultif, Nr. 54273/00 – InfAuslR 2001, 476-481). Hiernach sind vor allem die Art und die Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten, die Dauer des Aufenthaltes in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll, die seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeit und das seitherige Verhalten des Ausländers, die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen, die familiäre Situation des Ausländers, ob zu der Familie Kinder gehören und welches Alter diese haben, sowie die Ernsthaftigkeit der Schwierigkeiten, welche die Familienangehörigen voraussichtlich in dem Staat ausgesetzt wären, in den der Ausländer ausgewiesen werden soll, die Belange und das Wohl der Kinder und die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland zu berücksichtigen (VG Oldenburg, U.v. 11.1.2016 – 11 A 892/15 – juris Rn. 24).
39
(1) Es bestehen besonders schwerwiegende Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 1a AufenthG, da der Kläger mit Urteil des Landgerichts München II vom 16. August 2022 wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher und schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt wurde.
40
Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht kein vertyptes Bleibeinteresse gem. § 55 AufenthG gegenüber. Insbesondere war der Kläger zum Zeitpunkt der Ausweisung weder im Besitz einer Niederlassungserlaubnis noch einer Aufenthaltserlaubnis. Die Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG war lediglich bis 11. Mai 2022 gültig. Das Merkmal „Besitz“ verdeutlicht, dass dem Ausländer im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens der Ausweisungsverfügung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sein muss (BayVGH, B.v. 3.4.2019 – 10 C 18.2425 – juris). Das Vorliegen der Voraussetzungen für deren Erteilung oder gar die bloße Antragstellung, die vorliegend nicht einmal erfolgt ist, genügt insoweit nicht.
41
(2) Bei der nach § 53 Abs. 1 AufenthG erforderlichen Abwägung zwischen Ausweisungs- und Bleibeinteresse unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien sowie aller sonstigen Umstände überwiegt das öffentliche Interesse an der Ausreise das Bleibeinteresse des Klägers, insbesondere sprechen Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht gegen die Ausweisung des Klägers.
42
Nach der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG hat der Staat die Pflicht, die Familie zu schützen und zu fördern. Jedoch ergibt sich auch hieraus kein unmittelbarer Anspruch auf Aufenthalt (vgl. nur BVerfG, B.v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – juris Rn. 14). Vielmehr verpflichtet Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG die Ausländerbehörde wie auch die Gerichte, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Klägers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen bei der Entscheidung zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 23.1.2006 – 2 BvR 1935/05 – juris – Rn. 16; BVerfG, B.v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – juris Rn. 14).
43
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Die Behörde darf nach Art. 8 Abs. 2 EMRK in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff wie durch die §§ 53 ff. AufenthG gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Da Art. 8 Abs. 2 EMRK eindeutig Ausnahmen von den in Art. 8 Abs. 1 EMRK zugesicherten Rechten vorsieht, kann aus Art. 8 Abs. 1 EMRK kein absolutes Recht auf Nichtausweisung abgeleitet werden (Bauer in Bergmann/Dienelt, AuslR, 14. Aufl. 2022, Vorbem. §§ 53-56 Rn. 116 ff.). Vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung, in die sämtliche Aspekte des Einzelfalls einzustellen sind.
44
Entgegen der Auffassung der Beteiligten ist der Kläger – wie er selbst in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat – erst im Februar 2020 dauerhaft in das Bundesgebiet eingereist und lebt somit erst seit knapp fünf Jahren in Deutschland. In dieser Zeit hat er sich allerdings nur gut 1½ Jahre in Freiheit befunden. Bereits am 24. September 2021 wurde der Kläger massiv straffällig und befindet sich seither in Haft bzw. im Maßregelvollzug. Auch wenn eine gewisse wirtschaftliche Integration als Hilfskraft im Gastgewerbe bzw. als Fliesenleger stattgefunden und der Kläger grundlegende Deutschkenntnisse erworben hat, ist es ihm angesichts der Schwere der begangenen Straftaten im Bereich der Tötungs- und Körperverletzungsdelikte und der von ihm auch weiterhin ausgehenden erheblichen Wiederholungsgefahr zumutbar, nach Italien zu übersiedeln, wo er einen internationalen Schutzstatus genießt und über eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU verfügt. Zwar erlischt die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU in dem diese erteilenden Mitgliedstaat gem. Art. 9 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2003/109/EG, wenn sich die betreffende Person sechs Jahre lang nicht in dem dieses Recht gewährenden Mitgliedstaat aufgehalten hat, sofern der Mitgliedstaat keine abweichende Regelung gem. UAbs. 3 getroffen hat. Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU wurde dem Kläger jedoch erst am 19. Dezember 2018 erteilt. Nachdem dieser Italien erst im Februar 2020 dauerhaft verlassen hat, ist die Frist von sechs Jahren zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts bei Weitem noch nicht abgelaufen.
45
Eine Reintegration in Italien ist dem Kläger sowohl in wirtschaftlicher als auch sozialer Hinsicht zumutbar. Der Kläger hat sich ca. 20 Jahre, z.T. unterbrochen durch Aufenthalte in den Niederlanden, in Italien aufgehalten, bevor er nach Deutschland gezogen ist. Unüberbrückbare sprachliche oder kulturelle Hürden sind nach der erst wenige Jahre währenden Abwesenheit von Italien bei einer Rückkehr dorthin nicht zu erwarten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er auch in Italien in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu erwirtschaften, z.B. im Bereich Touristik, zumal er nunmehr auch über grundlegende Deutschkenntnisse verfügt. Sofern er wegen seiner Cannabis- und Alkoholabhängigkeit noch medizinischer Maßnahmen bedarf, kann er diese in Italien über den Servizio Sanitario Nazionale erlangen. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet hat der Kläger keine. Zwar hat er seit einigen Wochen eine ungarische Lebensgefährtin in Deutschland. Dieser Beziehung kommt jedoch angesichts der Tatsache, dass sie in Kenntnis der ungesicherten aufenthaltsrechtlichen Situation des Klägers eingegangen wurde, kein entscheidendes Gewicht zu. Den Kontakt zu seiner Lebensgefährtin kann der Kläger auch von Italien aus über Fernkommunikationsmittel oder Besuchsaufenthalte in Italien aufrechterhalten. Zudem kann die Lebensgefährtin als ungarische Staatsangehörige auch in Italien von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machen und die Lebensgemeinschaft mit dem Kläger in Italien führen.
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(3) Vor diesem Hintergrund, unter Berücksichtigung der Schwere der vom Kläger begangenen Taten und der von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr fällt die nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG zu treffende Gesamtabwägung zu Lasten des Klägers aus. Das Ausweisungsinteresse überwiegt das Bleibeinteresse. Die Ausweisung steht auch mit Art. 8 EMRK im Einklang, da sie gesetzlich vorgesehen ist (§ 53 Abs. 1 AufenthG) und einen in dieser Bestimmung aufgeführten legitimen Zweck, nämlich die Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und die Verhinderung von Straftaten, verfolgt. Die Ausweisung ist die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um den beabsichtigten Zweck durchzusetzen. Durch ein anderes, milderes Mittel kann der mit ihr verfolgte Zweck vorliegend nicht erreicht werden, zumal der Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach die Chance hatte, zu einem rechtstreuen Verhalten zurückzukehren. Im Ergebnis ist die Ausweisung des Klägers daher verhältnismäßig und rechtmäßig und zur Wahrung des mit ihr verfolgten Interesses unerlässlich.
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2. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, die dessen Anordnung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mitumfasst, auf acht Jahre ist nicht zu beanstanden.
48
Nach § 11 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 AufenthG wird über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Ermessen entschieden. Sie darf gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 AufenthG fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Die Frist soll in diesem Fall zehn Jahre nicht überschreiten. Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen; es bedarf einer prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. In einem zweiten Schritt ist die so ermittelte Frist an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK, zu überprüfen und gegebenenfalls zu verkürzen; dieses normative Korrektiv bietet den Ausländerbehörden und den Gerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2015 – 10 B 13.715 – juris Rn. 56). Diese vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze (BVerwG, U.v. 14.5.2013 – 1 C 13.12 – juris Rn. 32; U.v. 13.12.2012 – 1 C 14/12 – InfAuslR 2013, 141 Rn. 13 ff.; U.v. 14.5.2013 – 1 C 13/12 – NVwZ-RR 2013, 778 Rn. 32 f.) gelten auch im Rahmen der geänderten Fassung des § 11 AufenthG fort (BayVGH, B.v. 13.5.2016 – 10 ZB 15.492 – juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 28.6.2016 – 10 B 15.1854 – juris).
49
Ausgehend davon ist die Befristung nicht zu beanstanden. Ermessensfehler im Sinne von § 114 VwGO sind nicht ersichtlich. Die in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG genannte Höchstfrist ist vorliegend bedeutungslos, weil der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen wurde. Die behördliche Entscheidung hält sich in dem von § 11 Abs. 5 AufenthG festgelegten Rahmen. Der Beklagte hat zutreffend das Gewicht des Ausweisungsgrundes und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck sowie die persönlichen Bindungen des Klägers berücksichtigt. Angesichts des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit und der erheblichen Wiederholungsgefahr einerseits und der geringen Bindungen im Bundesgebiet andererseits ist eine Frist von acht Jahren nicht zu beanstanden. Gegebenenfalls bestehende besondere Härten können durch die Ausnahmegenehmigung nach § 11 Abs. 8 AufenthG gemildert werden.
50
3. Die Ankündigung der Abschiebung unmittelbar aus der Haft beruht auf § 58 Abs. 1 Satz 1, § 59 Abs. 5 AufenthG. Die Abschiebungsandrohung und die dem Kläger gesetzte Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids entspricht § 59 Abs. 1 AufenthG. Der Kläger ist – unabhängig von der Ausweisung – gem. § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig, da er nicht mehr im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist. Seine Aufenthaltserlaubnis war lediglich bis 11. Mai 2022 gültig. Die Ausreisepflicht des Klägers ist gem. § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG auch vollziehbar, da er bislang nicht die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beantragt hat.
II.
51
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
52
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).