Inhalt

VG München, Beschluss v. 23.10.2024 – M 15 E 24.5752
Titel:

Betreuung eines Kindes in einem Hort

Normenketten:
SGB VIII § 24
BayKiBiG Art. 5
BGB § 133, § 157
BayVwVfG Art. 38
VwGO § 123
GG Art. 3
Leitsätze:
1. § 24 Abs. 4 SGB VIII beinhaltet eine objektiv-rechtliche Verpflichtung, vermittelt jedoch keinen subjektiven, durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Zuweisung eines Betreuungsplatzes (in einer konkreten Einrichtung). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ebenso regelt Art. 5 BayKiBiG allein die Sicherstellung eines ausreichenden Betreuungsangebots, jedoch keinen individuellen Anspruch der Eltern auf Betreuung ihres Kindes. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zugang zu einer Kindertageseinrichtung, Bildungs- und Betreuungsvertrag, Aufnahme in den Hort bei vorheriger Betreuung im Kindergarten, außerhalb der Gemeinde wohnendes Kind, Kindertageseinrichtung, Zugang, Betreuungsplatz, subjektiver Anspruch, objektiv-rechtliche Verpflichtung, einstweilige Anordnung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 27.01.2025 – 4 CE 24.2023
Fundstelle:
BeckRS 2024, 41226

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten sich um die Betreuung eines Kindes in einem Hort.
2
Die Antragsteller sind Eltern einer im Jahr 2018 geborenen Tochter und leben mit dieser in …
3
Sie meldeten ihre Tochter mit undatiertem Schreiben („Anmeldung für die KiTa S. – Kinderkrippe“) zur Betreuung in der Kinderkrippe der Antragsgegnerin an. Am 1. September 2019 schlossen die Antragsteller mit der Kindertageseinrichtung S. einen Betreuungsvertrag, wonach Letztere mit Wirkung vom 1. September 2019 die Betreuung des Kindes der Antragsteller übernahm. Nach Nr. 6 des Vertrages erfolgt der Übertritt von der Krippengruppe in die Kindergartengruppe in der Regel mit Ablauf des Betreuungsjahres oder in Abstimmung mit der Leitung der Einrichtung.
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Mit undatiertem Schreiben („Anmeldung für die KiTa S. – Kindergarten“) meldeten die Antragsteller ihre Tochter für den Kindergarten an.
5
Am 23. September 2020 schlossen die Antragsteller mit der Antragsgegnerin einen Bildungs- und Betreuungsvertrag betreffend die Betreuung ihrer Tochter in der Kindertageseinrichtung der Antragsgegnerin „Haus für Kinder S. “. Darin wurde in § 1 Abs. 1 geregelt, dass die Antragsgegnerin ab dem 1. September 2019 die Tochter der Antragsteller in die Gruppe „M. “ der Einrichtung aufnimmt. Nach § 1 Abs. 2 läuft der Vertrag auf unbestimmte Zeit. Nach § 3 Abs. 1 des Vertrages hat der Träger eine Satzung der Kindertageseinrichtung, die weitere rechtlich relevante Bestimmungen enthält, und zu den pädagogischen Aspekten eine Einrichtungskonzeption erlassen bzw. erstellt, die in ihren jeweiligen Fassungen verbindliche Bestandteile dieses Vertrages sind.
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Mit E-Mail vom 8. Januar 2024 informierte das Haus für Kinder S. einen als „Kindergarten S. “ benannten Empfängerkreis mit der Anrede „Liebe Eltern“ unter anderem darüber, dass Kinder, die derzeit die Krippe besuchten und zum Herbst 2024 einen Betreuungsplatz im Kindergarten benötigten, unbedingt noch einmal angemeldet werden müssten. Allen “Gastfamilien“, die blieben und in den Kindergarten oder Hort wechseln möchten, werde dringend empfohlen, sich auch in der Heimatgemeinde anzumelden. Es sei absehbar, dass nicht alle gemeindefremden Kinder aufgenommen werden könnten.
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Im September 2024 wurde die Tochter der Antragsteller eingeschult.
8
Mit Antrag vom 24. Januar 2024 meldeten die Antragsteller ihre Tochter im Haus für Kinder der Antragsgegnerin für den Hort an. Im Antragsformular finden sich unter dem Abschnitt „Aufnahmekriterien (nur für Kinder, die nicht im Gemeindebereich wohnen)“ folgende Regelungen:
„(1) Die Aufnahme in den Kindergarten erfolgt nach Maßgabe der verfügbaren Plätze. Sind nicht genügend Plätze verfügbar, wird die Auswahl unter den nicht in der Gemeinde wohnenden Kindern nach folgenden Kriterien getroffen:
- Kinder, deren Mütter oder Väter alleinerziehend und berufstätig sind,
- Kinder, deren Familie sich in einer besonderen Notlage befindet,
- Kinder, deren Eltern beide berufstätig sind,
- Kinder, die im Interesse einer sozialen Integration der Betreuung bedürfen. […]
(2) Auswärtige Kinder werden nur zugelassen, soweit und solange freie Plätze verfügbar sind. […]“
Unter dem Punkt „Notwendige Betreuung aus sozialen Gründen“ trugen die Antragsteller ein, dass die Tochter „super integriert“ in S. sei. Unter dem Punkt „Besondere Notlagen“ trugen die Antragsteller ein, dass die Betreuung in der eigenen Gemeinde nicht gesichert sei.
In dem Formular wies das Kinderhaus darauf hin, dass ein Anspruch auf Aufnahme des Kinders in der Kindertageseinrichtung erst mit Abschluss des Bildungs- und Betreuungsvertrages bestehe.
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Mit Schreiben vom 7. August 2024 teilte die Verwaltungsgemeinschaft R. den Klägern mit, dass sie der Tochter der Antragsteller in der Kindertageseinrichtung S. ab September 2024 keinen Hortplatz anbieten könne.
10
Mit Schreiben vom 21. August 2024 wandte sich der Bevollmächtigte der Antragsteller an die Antragsgegnerin und forderte erneut zur Aufnahme der Tochter der Antragsteller in das Kinderhaus auf.
11
Mit Schreiben vom 29. August 2024 teilte die Verwaltungsgemeinschaft R. mit, dem Antrag könne nicht entsprochen werden. Nach § 5 Abs. 1 der Satzung bestehe kein Anspruch auf einen Wechsel innerhalb der Kindertageseinrichtung. Der Vertrag hätte damit spätestens zum 31. August 2021 geendet. Aufgrund der Belegungssituation habe die Tochter der Antragsteller jedoch nach der Krippenzeit in den Kindergarten übernommen werden können. Ein Rechtsanspruch habe somit längstens bis zum 31. August 2024 bestanden. Nach § 5 Abs. 4 der Satzung sei die Aufnahme für auswärtige Kinder auf das jeweilige Betreuungsjahr beschränkt. Die Aufnahme sei auf unbestimmte Zeit erfolgt, da zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht absehbar gewesen sei, wie sich die Belegung der Einrichtung entwickele. Es bestehe zudem kein Rechtsanspruch auf einen Hortplatz, für Schulkinder sei lediglich ein bedarfsgerechtes Angebot vorzuhalten und dieses erfülle die Gemeinde S. für ihre Bürger.
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Am 30. August 2024 beantragte der Bevollmächtigte der Antragsteller beim Amtsgericht …,
die Antragsgegnerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, für die Tochter der Antragsteller in der Kindertageseinrichtung Haus für Kinder S. in S. ab dem 10. September 2024 einen Hortplatz zur Verfügung zu stellen,
hilfsweise die Betreuung der Tochter der Antragssteller in der Kindertageseinrichtung Haus für Kinder S. in S. über den 9. September 2024 hinaus vorzunehmen.
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Die Antragsteller könnten einen Anspruch auf weitere Betreuung ihrer Tochter aus dem geschlossenen Bildungs- und Betreuungsvertrag herleiten. Der Vertrag sei ungekündigt. Er beziehe sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch nicht nur auf die Betreuung der Tochter in der Kinderkrippe. Auch die Betreuung der Tochter im Kindergarten sei über den Bildungs- und Betreuungsvertrag abgewickelt worden. Der Vertrag sei auch nicht wegen der Einschulung der Tochter beendet. Nach den Interessen beider Vertragsparteien und dem von ihnen verfolgten Zweck sei davon auszugehen, dass der Bildungs- und Betreuungsvertrag so lange laufe, bis die Tochter der Antragsteller die Kindertageseinrichtung mit Übertritt in die weiterführende Schule verlassen werde (unter Bezugnahme auf Rechtsprechung zu Privatschulverträgen). Es stehe außer Frage, dass der Betreuungsvertrag erst mit dem Übertritt des betreuten Kindes in die weiterführende Schule ende, ohne dass es einer Kündigung einer der Vertragsparteien bedürfe. Auch das Konzept der Kindertageseinrichtung sei darauf ausgerichtet, die Kinder bis zum Übertritt in die weiterführende Schule zu fördern. Die kindgerechte Förderung und den kindlichen Bedürfnissen entsprechende Geborgenheit erforderten eine Kontinuität des personellen und räumlichen Umfeldes; Kinder bräuchten verlässliche und vertrauensvolle Beziehungen. Dies entspreche auch § 1 Abs. 4 und § 7 Abs. 1 der Satzung. An diese Satzung sei die Antragsgegnerin unabhängig von ihrer wirksamen Einbeziehung in das Vertragsverhältnis rechtlich gebunden. Die Antragsgegnerin begründe ihre Weigerung der Weiterbetreuung im Schreiben vom 29. August 2024 mit einem Verweis auf die Satzung. Die Einbeziehung der Satzung in den Vertrag scheitere jedoch an § 305 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), da die Satzung als Allgemeine Geschäftsbedingungen dem Bildungs- und Betreuungsvertrag nicht als Anlage beigelegt worden sei und der Vertrag auch keinen Hinweis enthalte, wie von der Satzung in zumutbarer Weise Kenntnis genommen werden könne. Auch inhaltlich trage die Satzung die Argumentation der Antragsgegnerin nicht. Die Antragsteller seien auf die Betreuung der Tochter in der Kindertageseinrichtung angewiesen. Eine auch nur übergangsweise Betreuung durch die Antragsteller selbst sei aufgrund der beiden Beschäftigungen in Vollzeit nicht möglich. Darüber hinaus sei die Tochter eine Betreuung in der Kindertageseinrichtung gewöhnt und kenne diese soziale Umgebung. Es sei der Tochter nicht zumutbar, aus diesem gewohnten Umfeld herausgenommen zu werden. Es liege somit Dringlichkeit vor.
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Am 30. August 2024 versicherte die Antragstellerin an Eides statt unter anderem, ihre Tochter werde zum 10. September 2024 eingeschult werden. Bereits im April 2024 sei der Antragstellerin von der namentlich benannten Leiterin der Kindertageseinrichtung Haus für Kinder S. zugesagt worden, dass die Tochter dann in den dortigen Hort wechseln könne. Die Antragsteller seien beide in Vollzeit berufstätig. Sie seien spätestens ab dem 10. September 2024 (wieder) dringend darauf angewiesen, dass ihre Tochter in der Kindertageseinrichtung betreut werde.
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Mit Schreiben vom 12. September 2024 beantragte die Antragsgegnerin über ihre Bevollmächtigte, den Antrag zurückzuweisen.
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Das Amtsgericht … sei bereits unzuständig, der Verwaltungsrechtsweg sei gemäß § 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet. Zudem sei der Antrag unbegründet. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus dem Bildungs- und Betreuungsvertrag. Dieser Vertrag habe sich auf einen Betreuungsplatz in der Kinderkrippe und nicht auf den Platz in der Hortgruppe der Betreuungseinrichtungen bezogen. In § 1 Abs. 1 des Vertrages sei allein die Aufnahme in der Krippengruppe „M. Gruppe“ geregelt. Die Betreuung der Schulkinder werde als „Hort-Gruppe“ bzw. „W. “ bezeichnet. Die Antragsgegnerin betreibe gemäß § 1 Abs. 1 der Satzung für das Haus für Kinder der Gemeinde S. die Betreuungsstätte als öffentliche Einrichtung. Gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) seien alle Gemeindeangehörigen nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen zu benutzen. Gemeinden seien grundsätzlich nicht zur Aufnahme von Kindern verpflichtet, die außerhalb des durch den Bedarfsplan bezeichneten Einzugsgebiets des Kindergartens bzw. außerhalb des Gemeindegebietes wohnten. Vielmehr sei die Gemeinde dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass durch die Zulassung gemeindefremder Personen, denen kein Zulassungsanspruch zustehe, nicht der Zulassungsanspruch der Gemeindeangehörigen auf unzulässige Weise beschränkt werde.
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Nach Anhörung und Stellungnahmen der Beteiligten verwies das Amtsgericht … mit Beschluss vom 13. September 2024 den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht München.
18
Die Antragsgegnerin legte dem Verwaltungsgericht am 18. Oktober 2024 die Akten vor.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakte Bezug genommen (vgl. § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
II.
20
1. Der vom Amtsgericht verwiesene Hauptantrag richtet sich auf eine vorläufige Aufnahme der Tochter der Antragsteller in den Hort der Antragsgegnerin. Dieser Antrag nach § 123 VwGO ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
21
Eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO darf nur ergehen, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gefahren zu verhindern oder wenn sie aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Antragsteller hat sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Maßgeblich sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
22
a. Ein Anordnungsanspruch auf den begehrten Hortplatz in der Kindertageseinrichtung wurde nicht glaubhaft gemacht.
23
Ein Anordnungsanspruch besteht, wenn bei summarischer Prüfung überwiegende Erfolgsaussichten für das Hauptsacheverfahren bestehen (Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 123 Rn. 25).
24
aa) Ein Anordnungsanspruch lässt sich nicht auf § 24 Abs. 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) stützen. Danach hat ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, lediglich bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Ein Anspruch nach § 24 Abs. 4 SGB VIII kommt nicht Betracht, da diese Vorschrift eine objektiv-rechtliche Verpflichtung beinhaltet, jedoch keinen subjektiven, durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Zuweisung eines Betreuungsplatzes (in einer konkreten Einrichtung) vermittelt (vgl. hierzu bspw. SächsOVG, B.v. 25.10.2023 – 3 B 188/23, juris Rn. 6).
25
bb) Ebenso regelt Art. 5 Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) allein die Sicherstellung eines ausreichenden Betreuungsangebots, jedoch keinen individuellen Anspruch der Eltern auf Betreuung ihres Kindes (vgl. VG München, B.v. 23. August 2022 – M 17 E 22.3715 – juris Rn. 26; VG Ansbach, B.v. 17.2.2017 – AN 15 E 17.00226 – juris Rn. 31).
26
cc) Ein Anspruch auf Aufnahme in den Hort ergibt sich nicht aus dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Betreuungsvertrag vom 1. September 2019. Unabhängig davon, ob diesem durch Auslegung zu entnehmen sein könnte, dass die Tochter der Antragsteller unbefristet in die Kindertageseinrichtung aufgenommen werden sollte, wurde der Vertrag jedenfalls durch den späteren Bildungs- und Betreuungsvertrag vom 23. September 2020 aufgehoben bzw. modifiziert. Beide Parteien haben durch Unterzeichnung des späteren Vertrages deutlich zum Ausdruck gebracht, dass nunmehr dessen Bedingungen für die Betreuung der Tochter der Antragsteller gelten sollen, insbesondere da der Vertrag sich auf den Beginn der Betreuungszeit ab dem 1. September 2019 in der Krippengruppe der Einrichtung bezog.
27
bb) Der begehrte Anspruch ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerseite auch nicht aus diesem zwischen den Beteiligten geschlossenen Bildungs- und Betreuungsvertrag vom 23. September 2020. Denn in § 1 Abs. 1 des Vertrages verpflichtet sich die Antragsgegnerin allein dazu, das Kind der Antragsteller in der Gruppe „M. “ aufzunehmen. Der Wortlaut bezieht sich damit eindeutig nur auf diese Gruppe der Kindertageseinrichtung. Es ergibt sich auch nicht aus Auslegung aus dem objektiven Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass die Antragsgegnerin den Antragstellern einen Anspruch auf Aufnahme in alle Altersstufen der Kindertageseinrichtung einräumen wollten. Zwar enthält der Vertrag keine Befristung. Dies lässt allerdings nicht den Schluss zu, dass das Kind jede Altersstufe der Kindertageseinrichtung besuchen darf. Denn die unbefristete Aufnahme ist auch dann sinnvoll, wenn das Kind nur in die Krippe aufgenommen wird, da Krippenkinder je nach Verfügbarkeit von Kindergartenplätzen und Entwicklung des Kindes zu unterschiedlichen Zeitpunkten aus der Krippe ausscheiden. Der Vertrag wurde nachträglich geschlossen, umso mehr galt allerdings, dass die Antragsteller erkennen konnten, dass die Antragsgegnerin eine Aufnahme in alle Gruppen der Einrichtung nicht zusagen wollte. Zudem hat die Antragsgegnerin in § 3 Abs. 1 des Vertrages auf ihre Satzung für das Haus für Kinder der Gemeinde S. hingewiesen. Für einen objektiven Empfänger war daher erkennbar, dass die Antragsgegnerin sich nicht für die Aufnahme in den Kindergarten und den Hort binden wollte. Denn aus § 5 Abs. 4 der vorgelegten Fassung der Satzung ergibt sich, dass die Aufnahme von Kindern, die nicht im Gemeindegebiet wohnen, nur erfolgt, soweit und solange freie Plätze verfügbar sind. Einem objektiven Empfänger musste daher unabhängig von einer wirksamen Einbeziehung der Satzung bewusst sein, dass die Antragsgegnerin mit der Zusage zu einer Aufnahme in die Krippe eine Aufnahme in den Hort nicht verbinden wollte. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Kind in den Hort aufzunehmen, ist dem Vertrag auch deshalb nicht zu entnehmen, da es nach § 1 Abs. 3 Satz 3 des Vertrages einer Kündigung ausdrücklich für den Fall nicht bedarf, wenn das Kind in die Schule aufgenommen wird. Dass den Antragstellern auch bewusst war, dass es einer erneuten Antragstellung bedurfte, belegt nicht zuletzt das von den Antragstellern ausgefüllte Formular vom 24. Januar 2024, in dessen Vordruck die Antragsgegnerin ausdrücklich darauf hinwies, dass Kinder, die nicht in der Gemeinde leben, keinen Anspruch auf eine Übernahme in den Hort haben und die Antragsteller eine Begründung eingetragen haben, weshalb sie eine Aufnahme in ihrem Fall für geboten halten. Die Antragsteller verhielten sich somit widersprüchlich, soweit sie sich nun darauf berufen, von einem Anspruch auf den Verbleib in der Kindertageseinrichtung ausgegangen zu sein. Der vom Bevollmächtigten der Antragsteller zitierten Rechtsprechung lagen Fälle zugrunde, in denen es um Kündigungen von Schulverträgen, nicht von Verträgen betreffend Kindertageseinrichtungen ging. Es lässt sich dem Vertrag im Übrigen nicht entnehmen, dass erst der Übertritt auf die weiterführende Schule das Vertragsverhältnis beenden sollte.
28
cc) Ein Anspruch auf Betreuung des Kindes der Antragsteller ergibt sich auch nicht aufgrund einer etwaigen Zusage, die eine Mitarbeiterin nach der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin gemacht hat. Denn auch wenn es äußerst misslich für die Antragsteller ist, wenn sie sich auf diese Aussage verlassen haben und entsprechende Dispositionen getroffen haben, bedarf eine bindende Zusicherung gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) stets der Schriftform.
29
dd) Ein Anordnungsanspruch ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Grundgesetz (GG) i.V.m. einer Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin. Denn die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin etwa stets alle gemeindefremde Kinder in den Hort aufnimmt oder die Auswahlentscheidung über die Aufnahme nach Kriterien trifft, die ihr Kind ebenfalls erfüllt. Auf dem Antragsformular hat das Kinderhaus ausdrücklich auf ihre Auswahlkriterien hinsichtlich Kindern, die nicht in der Gemeinde S. wohnen, hingewiesen.
30
ee) Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus der vorgelegten Satzung für das Haus für Kinder der Gemeinde S. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Satzung wirksam in den Vertrag einbezogen wurde. Denn nach § 5 Abs. 4 der Satzung ist Voraussetzung für die Aufnahme von Kindern, die nicht in der Gemeinde wohnen, dass freie Plätze verfügbar sind. Dies haben die Antragsgegner nicht glaubhaft gemacht, es ergibt sich auch nicht aus der Aktenlage. Zudem räumt die Satzung der Antragsgegnerin Ermessen bei der Aufnahme von Kindern ein, die nicht in der Gemeinde wohnen.
Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
31
ff) Schließlich steht auch einem Anspruch aus Art. 21 GO entgegen, dass die Antragsteller nicht in der Gemeinde wohnen und eine Teilhabe an deren öffentlichen Einrichtungen daher nicht geltend machen können.
32
b. Der Hauptantrag hat somit keinen Erfolg.
33
2. Auch der Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragsteller haben keinen Anspruch glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin in anderer Weise als durch Zurverfügungstellung eines Hortplatzes die Betreuung der Tochter der Antragsteller sichern könnte. Aus keiner der genannten denkbaren Anspruchsgrundlagen ergibt sich ein Anspruch auf eine andere Form der Betreuung, insbesondere ist der Anspruch des Kindes auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung nach § 24 Abs. 3 SGB VIII durch den Schuleintritt beendet. Auch nach § 1 Abs. 3 Satz 3 des Bildungs- und Betreuungsvertrages bedarf es einer Kündigung nicht, wenn das Kind zum Ende des Betriebsjahres – wie im vorliegenden Fall geschehen – in die Schule aufgenommen wird, so dass auch kein Anspruch auf weitere Betreuung etwa in der Gruppe „M. “ besteht.
34
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO (vgl. VG München, B.v.23.8.2022 – M 17 E 22.3715 – juris Rn. 62 ff.).