Titel:
Berichtigung der Abstammung des Kindes und Gegenstandsloserklärung der Folgebeurkundung
Normenketten:
PStG § 48
FamFG § 108, § 109
ukrFamFG Art 123 Abs.2
Leitsatz:
Mit Geburt kraft Gesetzes wird nach ukrainischem Recht eine wirksame rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung lediglich festgestellt. Stellt die anzuerkennende ausländische Entscheidung eine mit Geburt bestehende Elternschaft der Wunscheltern fest, wirkt dies im Zweifel auf die Geburt zurück, es sei denn, aus der Entscheidung ergibt sich etwas andere. Das Ergebnis steht auch im Einklang mit der aus der vorgelegten ukrainischen Geburtsurkunde ersichtlichen, kurz nach der Geburt erfolgten standesamtlichen Eintragung der Antragsteller als Kindeseltern. Der anerkannten Auslandsentscheidung kommen im Inland grundsätzlich dieselben Wirkungen zu, die sie auch in dem Staat hat, in dem sie ergangen ist. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berichtigungsantrag, rechtliche Elternschaft, Leihmutterschaft, Registerwahrheit, Geburtenregister, Namensbestimmungsrecht
Fundstelle:
BeckRS 2024, 41142
Tenor
Gemäß § 48 des Personenstandsgesetzes wird nach Anhörung der Beteiligten und nach Äußerung der Stadtverwaltung – Standesamtsaufsicht – M. gebührenfrei angeordnet:
Dem Geburtenregistereintrag beim Standesamt M. Nr. G ... vom ... ist folgender Vermerk beizuschreiben:
Berichtigung der Abstammung des Kindes und Gegenstandsloserklärung der Folgebeurkundung 1:
Die Folgebeurkundung 1 ist gegenstandslos.
Gründe
1
Der zulässige Berichtigungsantrag von Herrn G... P... und Frau B... K... ist begründet.
2
Mit Urteil vom ...2024 hat das Makariwer Kreisgericht des Kyjiewer Gebiets, Ukraine, die rechtliche Elternschaft der Antragsteller festgestellt. Bei dem Urteil handelt es sich um eine ausländische Entscheidung i.S.d. § 108 FamFG, über deren Anerkennung gemäß Abs. 1 grundsätzlich ohne besonderes Verfahren, also inzident, von derjenigen Stelle zu entscheiden ist, für deren eigene Entscheidung dies relevant wird. Ausweislich der Urteilsbegründung hat sich das ukrainische Gericht eingehend mit der Sach- und Rechtslage befasst. Anerkennungshindernisse nach § 109 FamFG sind nicht festzustellen. Insbesondere hat sich das ukrainische Gericht anhand von Bescheinigungen, DNA-Befunden und der notariell beglaubigten Erklärung der Leihmutter von der genetischen Abstammung des Kindes von den Wunscheltern überzeugt, so dass kein Verstoß gegen den deutschen ordre public vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.2014, Az. XII ZB 463/13). Aus dem somit inzident anzuerkennenden ukrainischen Urteil ergeben sich die Antragsteller Frau B... K... als rechtliche Mutter und der bereits eingetragene Herr G... Pa... als rechtlicher Vater des Kindes. Der hinsichtlich der Mutter abweichende Geburtenregistereintrag ist insoweit unrichtig und daher antragsgemäß zu berichtigen.
3
Mit Beschluss vom 12.01.2022, Az. XII ZB 142/20, hat der BGH bestätigt, dass Wunscheltern im Haupteintrag zu registrieren sind, wenn eine vorgeburtliche Abstammungsentscheidung vorliegt, dies jedoch für nachgeburtliche Entscheidungen – wie im vorliegenden Fall – offengelassen. Das Gericht folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Köln, Beschluss vom 19.06.2024, Az. 26 Wx 1/24, wonach die Anerkennung einer erst nach der Geburt ergangenenen ausländischen Entscheidung – je nach deren Inhalt – eine Elternschaft der Wunscheltern ex tunc bewirken kann.
4
Die Beurkundung der Auslandsgeburt hat aufgrund Anerkennung der Auslandsentscheidung mit dem Inhalt zu erfolgen, wie er sich aus der Entscheidung ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022, Az. XII ZB 142/20). Da aus dem Feststellungsurteil des ukrainischen Gerichts vom ...2024 auf Grundlage des Art. 123 Abs. 2 des ukrainischen Familiengesetzbuchs eine bereits zum Zeitpunkt der Geburt bestehende rechtliche Elternstellung der Antragsteller folgt, sind diese entsprechend in den Haupteintrag als Eltern aufzunehmen. Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass durch die Entscheidung eine zuvor bestehende abweichende Rechtslage bzw. Familienbeziehung konstitutiv ex nunc abgeändert worden sein könnte. Vielmehr wurde eine bereits mit Geburt kraft Gesetzes wirksame rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung lediglich festgestellt. Stellt die anzuerkennende ausländische Entscheidung eine mit Geburt bestehende Elternschaft der Wunscheltern fest, wirkt dies im Zweifel auf die Geburt zurück, es sei denn, aus der Entscheidung ergibt sich etwas anderes (vgl. OLG Köln, a.a.O.; Anm. Dutta zu AG Düsseldorf, Beschluss vom 30.06.2023, Az. 98 III 8/23). Dies ist hier nicht der Fall. Das Ergebnis steht auch im Einklang mit der aus der vorgelegten ukrainischen Geburtsurkunde ersichtlichen, kurz nach der Geburt erfolgten standesamtlichen Eintragung der Antragsteller als Kindeseltern. Der anerkannten Auslandsentscheidung kommen im Inland grundsätzlich dieselben Wirkungen zu, die sie auch in dem Staat hat, in dem sie ergangen ist (vgl. BGH, a.a.O.). Auch im Fall einer nachgeburtlichen Abstammungsentscheidung, die das rechtliche Eltern-Kind-Verhältnis mit ex-tunc-Wirkung verbindlich festgestellt hat, fordert der Grundsatz der Registerwahrheit, dass die bestehende Rechtslage zutreffend wiedergegeben wird, so dass für die Beurkundung der Geburt die rechtliche Eltemstellung zum Zeitpunkt der Geburt maßgeblich ist. Eine vorherige Beurkundung der Leihmutter als Mutter im Haupteintrag wäre rechtlich unzutreffend und würde gegen die Registerwahrheit verstoßen (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Das Geburtenregister dient nur der Dokumentation der rechtlichen, nicht aber (auch) einer davon abweichenden biologischen oder genetischen Elternschaft (vgl. BGH, a.a.O.).
5
Auch der zulässige Berichtigungsantrag des Standesamtes München ist begründet.
6
Die Folgebeurkundung 1 aus Anlass der Neubestimmung des Familiennamens des Kindes ist für gegenstandslos zu erklären. Frau K... V... Fe... ist wie dargelegt nicht als rechtliche Mutter anzusehen und konnte daher nicht wirksam über den Namen des Kindes verfügen.