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OLG München, Hinweisbeschluss v. 16.09.2024 – 16 UF 666/24e
Titel:

Aufteilung einer Steuernachzahlung

Normenketten:
AO § 270
BGB § 426 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Aufteilung einer nach der Trennung fällig gewordenen Steuerschuld und der sich hieraus ergebenden Erstattungs- bzw. Nachzahlungsansprüche zusammen veranlagter Ehegatten hat im Innenverhältnis grundsätzlich unter entsprechender Heranziehung des § 270 AO auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagung der Ehegatten zu erfolgen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Aufteilung analog § 270 AO erfolgt nur für den Nachforderungsbetrag, der nach der Trennung für einen vor der Trennung gelegenen Zeitraum gefordert wird. (Rn. 8) (red. LS Axel Burghart)
3. Beantragt ein Ehegatte einen Aufteilungsbescheid, der sich auf die Zeit des Zusammenlebens bezieht, entsteht dem anderen ein Schadensersatzanspruch. (Rn. 9) (red. LS Axel Burghart)
Schlagworte:
Lohnsteuerklasse V, Nachforderung, Getrenntleben, Trennung, Aufteilungsbescheid
Vorinstanz:
AG Landshut, Beschluss vom 24.05.2024 – 5 F 231/24
Fundstellen:
FamRZ 2025, 259
LSK 2024, 40785
BeckRS 2024, 40785

Tenor

1. Der Antrag der Antragsgegnerin vom 06.09.2024 auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.
2. Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Landshut vom 24.05.2024, Az. 5 F 231/24, gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG unter Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung schriftlich zurückzuweisen, weil von der erneuten Vornahme einer mündlichen Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind und das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg verspricht.
3. Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme sowie ggf. zur Rücknahme der Beschwerde binnen zwei Wochen.

Entscheidungsgründe

1
Zur Begründung ist folgendes auszuführen:
I.
2
Die Erwägungen des Amtsgerichts erweisen sich rechtlich als zutreffend und entsprechen der überwiegenden Rechtsprechung und Literaturmeinung.
3
Richtigerweise haben sich die Beteiligten steuerlich zusammen veranlagt, wogegen auch nichts erinnert wird. Hiervon zu trennen ist die Frage der internen Aufteilung der jeweiligen (nachträglichen) Steuerlast.
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Dabei ist zunächst festzuhalten, dass wie hier vorliegend, der Ehegatte, der eine schlechtere Lohnsteuerklasse V wählt, hierfür für die Zeit des Zusammenlebens keinen Ausgleich erhält (Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 7. Auflage 2022, 7. Kapitel Rn. 98f.; Born/Linderer, Unterhaltsrecht, 65. EL Mai 2024; 42. Kapitel Rn. 25; BGH FamRZ 2002, 1024; OLG Koblenz FamRZ 2018, 1493).
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Hiervon zu trennen ist die Frage der Aufteilung einer etwaigen Nachzahlung. Dabei ist es anerkannt, dass diese analog § 270 AO erfolgt (BGH NJW 2002, 1570; BGH NJW 2006, 2623; Pasche: Aufteilung der Steuerlast und der Steuererstattungen, FPR 2012, 312; Born/Linderer, Unterhaltsrecht, 65. EL Mai 2024; 42. Kapitel Rn. 48; Grüneberg/Siede BGB, 83. Aufl 2024, § 1353 Rn. 12d).
6
Aus diesen beiden Grundsätzen folgt, dass die von der Beschwerdeführerin im Jahr 2021 bezahlte Steuer nicht über den Umweg eines Aufteilungsbescheides zurückverlangt werden kann. Die Trennung der Beteiligten ist erst Anfang 2023 erfolgt.
7
Zuzugeben ist der Beschwerdeführerin, dass für den Nachforderungsbetrag mit Steuerbescheid vom 18.10.2023 in Höhe von 1.395 € aufgrund der zuvor erfolgten Trennung, von den ehelichen Lebensverhältnissen im Jahr 2021 abgewichen werden kann.
8
Allerdings beschränkt sich dies auf den Nachforderungsbetrag selbst. Nur für diesen erfolgt eine Aufteilung analog § 270 AO. Könnte die Aufteilung zwischen den Eheleuten schlicht durch die Beantragung eines Aufteilungsbescheides erfolgen, hätte es der BGH-Rechtsprechung und einer der analogen Anwendung des § 270 AO nicht bedurft, da dann eine direkte Anwendung hätte erfolgen können. Durch die Beantragung des Aufteilungsbescheides erhält die Beschwerdeführerin nicht nur die Aufteilung des Nachzahlungsbetrages, sondern auch die bereits im Jahr 2021 erfolgten Zahlungen werden nachträglich ausgeglichen, obwohl die Eheleute hier im Falle des intakten Zusammenlebens eine anderweitige Vereinbarung i.S.d. § 426 Abs. 1 BGB über die Verwendung der streitigen 3271,47 € getroffen haben.
9
Entsprechend ergibt sich damit eine Schadensersatzpflicht der Antragsgegnerin bei Beantragung eines Aufteilungsbescheides, da für die Zeit des Zusammenlebens eine andere Vereinbarung i.S.d. § 426 Abs. 1 BGB getroffen worden war (Münch, Familienrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 4. Auflage 2023, § 6 Rn. 484; OLG Karlsruhe FamRZ 2021, 19).
10
Daran ändert der Einwand der Beschwerdeführerin nichts, wonach sich der Antragsteller ebenfalls nicht seiner ehelichen Solidarität nach § 1353 BGB entsprechend verhält und keinen Ehegattenunterhalt zahlt. Gegenüber diesem allgemeinen auf § 242 BGB gestützten Einwand wäre die Aufrechnung mit einem Unterhaltsanspruch in entsprechender Höhe vorrangig. Die Antragsgegnerin hat aber weder einen Anspruch auf Getrenntlebensunterhalt in dieser Höhe dargelegt, noch mit diesem aufgerechnet.
11
Soweit die Beschwerdeführerin schlussendlich noch auf die anderweitig zu erfolgende unterhaltsrechtliche Berücksichtigung von Steuerzahlungen verweist, übersieht sie, dass die bisherigen Lohnsteuervorauszahlungen bereits inzident und einvernehmlich im damaligen Familienunterhalt 2021 gemäß § 1360 BGB berücksichtigt wurden. Folglich bedarf es nur noch der unterhaltsrechtlichen Auswirkung der Nachzahlung aus dem Jahr 2023 in 2023. Zudem kann es aufgrund unterhaltsrechtlicher Besonderheiten dazu kommen, dass im Falle eines nicht geschuldeten Unterhalts keine Verrechnung stattfindet.
12
Mithin ist es der Beschwerdeführerin verwehrt, erfolgte steuerliche Zahlungen aus dem Jahr 2021 neu aufzuteilen und den Antragssteller auf eine unterhaltsrechtliche Verrechnung zu verweisen.
13
Da die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Beschwerde nahe. Im Falle der Beschwerderücknahme tritt eine Gebührenermäßigung um zwei Gebühren ein (KV FamGKG Nr. 1224).
II.
14
Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung wie dargestellt keine Aussicht auf Erfolg verspricht, war der Verfahrenskostenhilfeantrag zurückzuweisen.
15
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 70 FamFG. Denn vorliegend handelt es sich um ein Einzelverfahren, dass keine über den Fall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung hat. Der Senat weicht in seiner Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ab.