Inhalt

OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss v. 18.11.2024 – 14 U 2275/22
Titel:

Sitzungsniederschrift, Hinweispflichten, Treu und Glauben im, Vermögensgefährdung, Warnpflichten, Sparkonten, Parteivorbringen, Mißbrauch der Vertretungsmacht, Überweisungsverkehr, Girokonto, Berufungsrücknahme, Barabhebung, Kontoinhaber, Verdachtsmomente, Informatorische Anhörung, Urteilszustellung, Abweichende Vereinbarung, Auszahlung, Banken, Berufungsinstanz

Leitsätze:
1. Eine allgemeine Pflicht der Bank zur Prüfung, ob die Abwicklung eines Zahlungsverkehrsvorgangs Risiken für einen Beteiligten begründet, besteht nicht. (…) Auch für das Girokonto gilt, dass im Grundsatz im Zahlungsverkehr nur Warn- und Hinweispflichten dort existieren, wo sie gesetzlich normiert sind. (Rz. 17-19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hinweis- und Warnpflichten einer Bank im Zahlungsverkehr können dann bestehen, wenn Treu und Glauben es nach den Umständen des Falles gebieten, den Zahlungsauftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Kunden auszuführen, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren, wobei sich die Warn- und Hinweispflichten auf objektive Evidenz aufgrund massiver Verdachtsmomente beschränken. Kennzeichnend für die Ausnahmefälle, in denen aus Treu und Glauben eine Warnpflicht der Bank angenommen wird, ist insbesondere die fehlende Kenntnis des Auftraggebers von den die Warnpflicht begründenden Umständen. Dieser soll, weil er anders als die Bank nicht über die entsprechenden Informationen verfügt, durch den Hinweis in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zu ergreifen, um einen Schaden abzuwenden. Für die vorliegende Fallgestaltung (“erhebliche Bargeldabhebungen durch einen betagten Kunden“) ist kein hiervon abweichender Schutzmaßstab im Sinne einer allgemeinen Warn-/Schutzverpflichtung zu bestimmen. (Rz. 26-27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Pflichtverletzung
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 22.07.2022 – 10 O 1384/22
Fundstellen:
BeckRS 2024, 40042
BKR 2025, 361
LSK 2024, 40042

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22.07.2022, Az. 10 O 1384/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten, seiner kontoführenden Bank, Schadensersatz wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen der Beklagten anlässlich von zwei Barabhebungen des Klägers.
2
Am 21.01.2021 hob der zu diesem Zeitpunkt voll geschäftsfähige 84 – jährige Kläger am Schalter in der Filiale der Beklagten am N. Hauptbahnhof – jeweils in bar – um 16.24 Uhr 38.000,00 € von seinem Sparkonto Nr. … sowie am selben Nachmittag nach 17:45 Uhr 40.000,00 € von seinem Girokonto Nr. … und erneut 5.000,00 € von seinem Sparkonto Nr. … ab.
3
Der Kläger behauptete, dass er am 21.01.2021 Opfer des sog. „Enkeltricks“ geworden sei. Für die Schalterangestellte der Bank habe es zum Zeitpunkt der Abhebungen hierfür auch offenkundige Anhaltspunkte gegeben. Trotzdem seien ihm die Geldbeträge ausgehändigt worden, wodurch die Beklagte, der das Handeln der Schalterangestellten zuzurechnen sei, gegen ihr obliegende Schutz- und Warnpflichten verstoßen habe. Ebenso habe die Beklagte gegen Organisationspflichten verstoßen, indem sie keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen bzw. Mitarbeiterschulungen zur Abwendung der Enkeltrickgefahren von ihren Kunden durchgeführt habe. Die abgehobenen Bargeldbeträge habe der Kläger an unbekannte Kriminelle übergeben.
4
Die Beklagte hat bestritten, dass die Barabhebungen des Klägers durch Enkeltrickbetrüger veranlasst worden seien und der Kläger diesen die abgehobenen Geldbeträge übergeben habe. Die Beklagte meinte, dass die zuständige Schalterangestellte im Rahmen der Barabhebungen keine Sorgfaltspflichten verletzt habe. Für diese habe bereits keine Verpflichtung zur Abfrage des Verwendungszwecks einer Barabhebung bestanden. Im Übrigen habe die Schalterangestellte den Kläger aber sogar tatsächlich auf die Möglichkeit eines sog. Enkeltricks angesprochen. Dieser habe verneint, einem Enkeltrick aufzusitzen, und eine plausible Erklärung für die Verwendung des abgehobenen Geldes geliefert.
5
Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts und erstinstanzlichen Parteivorbringens und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des 22.07.2022 verkündeten Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth Bezug genommen.
6
Mit diesem Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Klagepartei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von 83.000,00 € zustehe.
7
Hiergegen haben die Klägervertreter nach Urteilszustellung am 25.07.2022 mit Schriftsatz vom 11.08.2022, eingegangen bei Gericht am 12.08.2022, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 23.09.2022, eingegangen bei Gericht am 23.09.2022, begründet.
8
In der Berufungsinstanz wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen und wendet insbesondere die Fehlerhaftigkeit der Beweiswürdigung ein.
9
Der Kläger beantragt,
1.
Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22.07.2022 – Az.: 10 O 1384/22 – wird aufgehoben.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 83.000,- € zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2021 zu bezahlen.
10
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
11
Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
12
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird im Übrigen auf sämtliche gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
13
Die Berufung des Klägers ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
14
Das Erstgericht hat zu Recht einen Schadensersatzanspruch des Klägers verneint.
15
1. Der Kläger, der am 21.01.2021 zwei Barabhebungen von seinem Sparkonto Nr. … sowie eine Abhebung von seinem Girokonto Nr. … getätigt hat, hat bereits nicht nachgewiesen, dass er am 21.01.2021 tatsächlich Opfer des Enkeltricks geworden ist und die infolgedessen abgehobenen Bargeldbeträge durch die Übergabe an kriminelle Unbekannte verloren hat. Die Beklagte hat einen solchen Handlungsablauf bestritten. Für die Richtigkeit des klägerischen Vorbringens liegen nur die Angaben des Klägers im Rahmen seiner informatorischen Einvernahme (Sitzungsniederschrift vom 03.06.2022, Seiten 2/3, Bl. 44/45 d. LG-Akte) vor, die allein keine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der klägerischen Darstellung und mithin ein Vorgehen nach § 448 ZPO begründen können. Weiteren tauglichen Beweis bietet der Kläger nicht an. Der Antrag auf eine mögliche Beiziehung der (gegen Unbekannt geführten) staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte (s. Klageschrift vom 09.03.2022, Seite 9, Bl. 9 d. LG-Akte) ohne Vortrag dazu, welche Urkunden oder Aktenteile der Kläger zum Beweis für die Richtigkeit seines Vorbringens für erheblich hält, genügt nicht den gesetzlichen Erfordernissen (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.2023 – III ZR 104/21, juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 12.11.2003 – XII ZR 109/01, juris Rn. 16). Der Kläger trägt im Übrigen selbst vor, dass die Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft aktuell mangels weiterführender Beweise eingestellt worden sind.
16
2. Auch unter der Prämisse, dass der Kläger am fraglichen Tag tatsächlich Opfer eines Enkeltricks geworden sein sollte, kann nicht zugrunde gelegt werden, dass die Beklagte im Rahmen der nachweislich erfolgten Bargeldauszahlungen zum Schutz des Klägers bestehende Warn- oder Hinweispflichten verletzt hat.
17
a. Eine allgemeine Pflicht der Bank zur Prüfung, ob die Abwicklung eines Zahlungsverkehrsvorgangs Risiken für einen Beteiligten begründet, besteht nicht.
18
So ist anerkannt, dass es beim Sparkontovertrag im Grundsatz nicht zu den – auf § 242 BGB beruhenden – Nebenpflichten gehört, dass sich die Bank um die Verwendung vom Kunden abgehobener Gelder kümmert (BGH, Urteil vom 19.10.1989 – III ZR 92/88, juris Rn. 14).
19
Auch für das Girokonto gilt, dass im Grundsatz im Zahlungsverkehr nur Warn- und Hinweispflichten dort existieren, wo sie gesetzlich normiert sind (vgl. Aufsatz Dr. Kai Zahrte: Warnpflichten der Banken zum Schutz ihrer Kunden, BKR 2024, 593). Der insoweit gesetzlich festgelegte Pflichtenkreis (z.B. in § 675o Abs. 1, § 675r Abs. 3 BGB) ist für die vorliegende Fallgestaltung nicht einschlägig.
20
b. Die Bank trifft im Gegenteil grundsätzlich die Verpflichtung, die vom Kunden abgerufenen Beträge an diesen auszuzahlen.
21
Das Recht des Klägers auf Auszahlung von Barbeträgen von seinem Sparkonto folgt aus § 700 Abs. 1 Satz 1, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2022 – XI ZR 380/20, juris Rn. 27). Der Kläger konnte – mangels abweichender Vereinbarung – die Auszahlung dieser Barbeträge jederzeit verlangen (§ 695, § 700 Abs. 1 Satz 3 BGB).
22
Für die Barabhebung des Klägers vom Girokonto, die einen Zahlungsdienst nach § 675c Abs. 3 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZAG darstellt, begründen § 675f Abs. 2 Satz 1, § 675o Abs. 2 eine generelle Ausführungspflicht der Beklagten. Ein Recht zur Ablehnung besteht nur in den – vorliegend nicht gegebenen – Fällen des § 675o Abs. 2 BGB. Auch eine bloße Abweichung der konkreten Transaktion vom sonstigen Zahlverhalten des Kunden suspendiert diese Ausführungspflicht nicht [vgl. Aufsatz Dr. Kai Zahrte: Warnpflichten der Banken zum Schutz ihrer Kunden, BKR 2024, 593 (599); Schmieder in: Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl. 2022, § 26 Girovertrag und Kontokorrent, Rn. 22].
23
c. Durch die Rechtsprechung wurden nur in Einzelfällen Hinweis- und Warnpflichten von Banken bei der Abwicklung eines Zahlungsverkehrsvorgangs anerkannt.
24
So wurde beim Sparkontovertrag eine Warnpflicht bejaht, wenn die Bank selbst den Kunden zu einer bestimmten Verwendung veranlasst hat und die Bank besondere Gefahren dieser Verwendung aufgrund eines konkreten Wissensvorsprungs besser kennt als der Kunde (BGH, Urteil vom 19.10.1989 – III ZR 92/88, juris Rn. 14).
25
Für den Überweisungsverkehr wurde eine Warn- und Hinweispflicht z.B. in Fällen angenommen, in denen der Überweisungsbank der ersichtlich unmittelbar bevorstehende wirtschaftliche Zusammenbruch des Überweisungsempfängers oder der Empfängerbank bekannt gewesen ist, in denen unklar war, ob die erteilte Weisung fortbesteht, in denen eine Bank aufgrund massiver Anhaltspunkte den Verdacht hegte, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch eine Straftat einen anderen schädigen will oder in denen sich der Verdacht des Missbrauchs der Vertretungsmacht aufdrängen musste (s. hierzu BGH, Urteil vom 14.05.2024 – XI ZR 327/22, juris Rn. 26; BGH, Urteil vom 06.05.2008 – XI ZR 56/07, juris Rn. 14; jeweils m.w.Nachweisen).
26
d. Quintessenz hieraus ist, dass Hinweis- und Warnpflichten einer Bank im Zahlungsverkehr dann bestehen können, wenn Treu und Glauben es nach den Umständen des Falles gebieten, den Zahlungsauftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Kunden auszuführen, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren, wobei sich die Warn- und Hinweispflichten auf objektive Evidenz aufgrund massiver Verdachtsmomente beschränken (vgl. BGH, a.a.O.). Kennzeichnend für die Ausnahmefälle, in denen aus Treu und Glauben eine Warnpflicht der Bank angenommen wird, ist insbesondere die fehlende Kenntnis des Auftraggebers von den die Warnpflicht begründenden Umständen. Dieser soll, weil er anders als die Bank nicht über die entsprechenden Informationen verfügt, durch den Hinweis in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zu ergreifen, um einen Schaden abzuwenden (BGH, Urteil vom 14.05.2024, XI ZR 327/22, juris Rn. 26).
27
e. Anders als der Kläger meint, ist für die vorliegende Fallgestaltung (“erhebliche Bargeldabhebungen durch einen betagten Kunden“) kein hiervon abweichender Schutzmaßstab im Sinne einer allgemeinen Warn-/Schutzverpflichtung zu bestimmen.
28
Es ist kein Grund ersichtlich, von der – maßgeblich anhand von Fällen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs entwickelten – Rechtsprechung in Fällen von Bargeldauszahlungen abzuweichen, die ebenso dem Massenverkehr der Banken – verbunden mit einer Reduktion des Kontakts zum konkreten Kunden – zuzurechnen sind. Jeglichen speziellen Besonderheiten eines Falls kann im Rahmen der Prüfung einer etwaigen Annahme von Hinweis- und Warnpflichten aus Treu und Glauben im Einzelfall umfassend Rechnung getragen werden.
29
f. Der Kläger konnte die Verletzung von aus Treu und Glauben resultierenden Warn- und Hinweispflicht der Beklagten nicht nachweisen.
30
aa. Der Umstand allein, dass sich ein betagter, voll geschäftsfähiger Kontoinhaber von seinen Konten, ggfs. mehrfach am Tag, erhebliche Bargeldbeträge auszahlen lässt, stellt keinen zur Rückfrage der Bankangestellten verpflichtenden Verdachtsmoment dar. Die Bank ist zur Auszahlung der Kontoguthabensbeträge an den Kontoinhaber verpflichtet (s. hierzu oben), der über die Verwendung dieser ihm zustehenden Beträge keine Rechenschaft abzulegen hat.
31
Der Kläger zeigte im Rahmen der Abhebungen auch kein auffälliges Verhalten. So hat er selbst angegeben, sich trotz seines innerlichen Ausnahmezustandes in der Bank bemüht zu haben, ruhig und seriös zu wirken (Sitzungsniederschrift vom 03.06.2022, Seite 3, Bl. 45 d. LG-Akte). Diese Angaben spiegeln sich in der Aussage der Zeugin K wider, wonach der Kläger während seines Aufenthaltes in der Bank sehr höflich, zuvorkommend, ruhig und sachlich gewesen sei und kein auffälliges Benehmen gezeigt habe (Sitzungsniederschrift vom 03.06.2022, Seite 4, Bl. 46 d. LG-Akte).
32
Eine etwaige persönliche Vertrautheit zwischen einer Bankangestellten und dem Kläger wurde durch diesen ebenfalls nicht behauptet; der Kläger hatte vielmehr zum Zwecke der Bargeldauszahlungen die Hauptfiliale der Beklagten erstmals aufgesucht. Soweit der Kläger weiter Ungereimtheiten bei der Ausstellung des Belegs (für die vom Kläger gewollte) Umbuchung vorbringt, erschließt sich nicht, inwieweit sich hieraus Indizien für eine Verdachtslage einer Vermögensgefährdung des Klägers ergeben sollen.
33
Der Umstand, dass der Kläger unstreitig trotz der beabsichtigten erheblichen Barabhebung beim ersten Bankbesuch weder seine PIN für das Sparkonto parat noch die konkret vorhandenen Guthabenbeträge auf seinen verschiedenen Konten im Kopf hatte und deshalb eine Umbuchung vom Sparkonto auf das Girokonto vorgenommen wurde, lässt die Handlungen des Klägers zwar wenig geplant erscheinen. Eine Gesamtsituation, nach der massive Verdachtsmomente für eine Vermögensgefährdung des Bankkunden vorliegen, ergibt sich hieraus aber nicht, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich unstreitig auf den klägerischen Konten insgesamt ein Guthabenbetrag befunden hat, der die erwünschten Bargeldabhebungen der Höhe nach ermöglicht hat.
34
bb. Aufgrund der zweiten erheblichen Barabhebung, die der Kläger nach seinem Vorbringen gegenüber der Schalterangestellten damit begründete, dass er das Geld dringend brauche, um ein Haus für seine Tochter zu ersteigern (Sitzungsniederschrift vom 03.06.2022, Seite 2, Bl. 44 d. LG-Akte), könnten sich – auch wenn diese klägerseits vorgeschobene Schilderung vom eigentlich behaupteten Trickbetrugsachverhalt (Notlage der Enkelin wegen eines Unfalls) abweicht – massive Verdachtsmomente für die Schalterangestellte für das Vorliegen eines Enkeltrickbetrugs ergeben (hier: Geldnotlage eines Verwandten wegen eines Immobilienkaufs, vgl. z.B. hierzu https://www.berlin.de/polizei/aufgaben/praevention/betrug/artikel.788562.php). Insoweit bestätigte auch die Schalterangestellte K, dass der Kläger ihr gegenüber bei der zweiten Bargeldabhebung eine dringliche Notlage einer Verwandten wegen der Ersteigerung eines Hauses geschildert habe [auch wenn es sich nach der Aussage der Zeugin bei der Verwandten abweichend von den klägerischen Angaben um die Enkelin des Klägers gehandelt haben soll (s. Sitzungsniederschrift vom 03.06.2022, Seite 4, Bl. 46 d. LG-Akte) ].
35
Der für das Vorliegen einer Pflichtverletzung beweispflichtige Kläger konnte jedoch nicht den Nachweis führen, dass die Beklagte, vertreten durch die Schalterangestellte, daraufhin nicht ihren Warnpflichten nachgekommen ist. Die Schalterangestellte K hat im Rahmen ihrer Einvernahme ausgeführt, dass sie den Kläger im Rahmen der beiden Abhebungen mehrfach auf den Enkeltrick angesprochen habe, woraufhin dieser ihr erklärt habe, dass ihm der Enkeltrick bekannt sei und sie sich keine Sorgen machen müsse, er habe direkt mit seiner Enkelin bzw. seiner Tochter telefoniert (s. Sitzungsniederschrift vom 03.06.2022, Seiten 3/4, Bl. 45/46 d. LG-Akte) ]. Eine weitere Nachfragepflicht wäre nach diesen klägerischen Antworten von der Schalterangestellten nicht zu fordern. Angesichts einer eindeutigen Ansprache des Enkeltricks und des Inhalts der hierauf gegebenen Antworten würde auch die Forderung nach einer weiteren Plausibilitätsprüfung des angegebenen Verwendungszwecks (Ersteigerung) gegenüber einem Kontoinhaber, der über den Verwendungszweck des ihm zustehenden Guthabensbetrages grundsätzlich nicht rechenschaftspflichtig ist, die Sorgfaltspflichten der Bank überspannen. Aufgrund der informatorischen Anhörung des Klägers ergibt sich gegenteilig kein Anfangsbeweis für die (streitige) Behauptung über eine Verletzung der Warnpflicht, insbesondere da der Kläger sogar zugegeben hat, dass die Schalterangestellte ihn bei der zweiten Barabhebung gefragt habe, ob er auf telefonische Anweisung handele (Sitzungsniederschrift vom 03.06.2022, Seite 3, Bl. 45 d. LG-Akte). Die vom Kläger behauptete unzureichende Warnung ist deshalb nicht bewiesen.
36
g. Erörterungen zu einem etwaigen Organisationsverschulden der Beklagten erübrigen sich angesichts einer für den hiesigen Einzelfall anzunehmenden fehlenden Verletzung von Hinweis- und Warnpflichten der Beklagten.
III.
37
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
38
Der Senat beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 83.000,00 € Euro festzusetzen.
39
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.