Inhalt

VG München, Beschluss v. 17.12.2024 – M 9 SN 24.5557
Titel:

Vorläufiger Rechtsschutz, Baugenehmigung, Nachbarantrag, Drittschutz, Vorhabenbezogener Bebauungsplan

Normenketten:
VwGO § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 5
BauGB § 30 Abs. 2
BauBG § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 5 und 7
Schlagworte:
Vorläufiger Rechtsschutz, Baugenehmigung, Nachbarantrag, Drittschutz, Vorhabenbezogener Bebauungsplan
Fundstelle:
BeckRS 2024, 39911

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen gegen die der Beigeladenen erteilten Teilbaugenehmigung (Erdarbeiten, Herstellung der Baustelleneinrichtung und die Errichtung einer Lärmschutzwand) und Baugenehmigung für die Errichtung eines Paketzentrums mit Verwaltung, Parkhaus, Nebengebäude, Kläranlage, Lärmschutzwänden und Werbeanlagen auf den FlNrn. 175, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 242/1, 243, 243/1, 244, 245, 266, 268, 269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278, 1806/23, 1806/26, 267, Gemarkung W… (Vorhabengrundstück).
2
Für das Vorhabengrundstück existiert ein vorhabenbezogener Bebauungsplan „Paketzentrum W…“ vom ... Mai 2024. Mit Beschluss vom 30. September 2024 (Az. 1 NE 24.805) lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO ab. Ein in Bezug auf den Bebauungsplan beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig gemachtes Normenkontrollverfahren wurde mit Beschluss vom 11. November 2024 nach Rücknahme des Normkontrollantrags eingestellt (Az. 1 N 24.1247).
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Mit Bescheid vom ... Mai 2024 erteilte das Landratsamt N. der Beigeladenen zunächst eine Teilbaugenehmigung für Erdarbeiten, die Herstellung der Baustelleneinrichtung und die Errichtung einer Lärmschutzwand zur Errichtung eines Paketzentrums mit Verwaltung, Parkhaus, Nebengebäude, Kläranlage, Lärmschutzwänden und Werbeanlagen auf dem Vorhabengrundstück. Auf den Inhalt des Bescheids vom … Mai 2024 im Übrigen wird Bezug genommen.
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Der Antragsteller ist Eigentümer eines nach seinen Angaben mit einem Einfamilienhaus und einer Garage bebauten Grundstücks, FlNr. 579/10 der Gemarkung B… (Anschrift: …, …). Das Wohngebäude auf dem Grundstück des Antragstellers befindet sich in ca. 955 m Entfernung zum Vorhabengrundstück.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 3. Juni 2024, bei Gericht am selben Tag eingegangen, ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom ... Mai 2024 erheben (Az. M 9 K 24.3177)
6
Mit Bescheid vom … Juni 2024 erteilte das Landratsamt N. der Beigeladenen die Baugenehmigung für die Errichtung eines Paketzentrums mit Verwaltung, Parkhaus, Nebengebäude, Kläranlage, Lärmschutzwänden und Werbeanlagen auf dem Vorhabengrundstück. Auf den Inhalt des Bescheids vom … Juni 2024 im Übrigen wird Bezug genommen.
7
Das Landratsamt N. legte mit Schreiben vom 11. Juli 2024 die Behördenakten vor.
8
Die Klage gegen den Bescheid vom ... Mai 2024 mit Schriftsatz vom … August 2024 wird im Wesentlichen damit begründet, dass der Bebauungsplan unwirksam sei. Dadurch und durch die Unbestimmtheit der Planvorlagen werde das Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten des Antragstellers verletzte. Es sei anzunehmen, dass die Tatsachengrundlagen in Bezug auf Immissionen und Verkehr nicht ausreichend bzw. fehlerhaft ermittelt worden seien. Der genaue Umfang der zu erwartenden Immissionen sei unklar. Der geplante Ausbau der B ... sei nicht ausreichend berücksichtigt worden und der Gesundheitsschutz der betroffenen Anwohner werde als zu gering erachtet, da die Zumutbarkeitsschwelle in Teilen bereits durch die vorliegende Situation überschritten gewesen sei. Des Weiteren passe sich die Planung entgegen § 1 Abs. 4 BauGB nicht den Zielen der Raumordnung an, da sie gegen das Anbindungsgebot der Nr. 3.3 des Landentwicklungsprogramms verstoße. Als nichtprivilegiertes Außenbereichsvorhaben beeinträchtige das Bauvorhaben die öffentlichen Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Nr. 5 und Nr. 7 BauGB. Das Vorhaben könne schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen, da erhebliche Schallimmissionen durch die Zunahme des Zu- und Abfahrtsverkehrs zu erwarten seien, deren Umfang noch nicht prognostiziert werden könne. Es werde beispielhaft auf den Ausbau der Bundesstraße B ... verwiesen. Durch das Vorhaben werde das Landschaftsbild verunstaltet und die natürlich Eigenart der Landschaft sowie ihr Erholungswert beeinträchtigt. Es sei zu befürchten, dass durch das Bauvorhaben eine Splittersiedlung entstehe. Aus der Unbestimmtheit der Baugenehmigung ergebe sich eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme. Die Auswirkungen des Vorhabens auf den Wert des Grundstücks des Klägers, dessen Nutzbarkeit aufgrund der bestehenden Lärmbelastung bereits teilweise eingeschränkt sei und mit zunehmender Lärmbelastung weiter eingeschränkt werde, seien derzeit noch nicht abschätzbar. Der Umstand, dass zwischen dem Baugrundstück und dem Anwesen des Klägers keine direkte Flurgrenze bestehe, stehe seiner Nachbareigenschaft nicht entgegen. Auf den Inhalt des Schriftsatzes im Übrigen wird Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 12. August 2024, bei Gericht am selben Tag eingegangen, ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom … Juni 2024 erheben (Az. M 9 K 24.4869) Auf den Inhalt des Schriftsatzes wird Bezug genommen.
10
Mit Schriftsatz vom 13. September 2024 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers,
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die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 03.06.2024 erhobenen Klage (Az. M 9 K 24.3177) gegen die vom Antragsgegner erteilte Teilbaugenehmigung vom …05.2024 anzuordnen.
und
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einen „Hängebeschluss“ dahingehend zu erlassen, die Bauarbeiten auf dem Vorhabengrundstück vorläufig zu unterlassen.
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Auf den Inhalt des Schriftsatzes wird Bezug genommen.
14
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragt mit Schriftsatz vom 4. November 2024, hinsichtlich der Begründung ergänzt mit Schriftsatz vom 18. November 2024,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass in der Klagebegründung völlig offenbleibe, worin die Unbestimmtheit der Planunterlagen bestehe und weshalb die Tatsachengrundlagen in Bezug auf Immissionen und Verkehr nicht ausreichend bzw. fehlerhaft ermittelt worden sein sollten oder warum der genaue Umfang der zu erwartenden Immissionen unklar sei. Unabhängig davon bestünden keine unzumutbaren Lärmimmissionen für das Grundstück des Antragstellers, welches ca. einen Kilometer entfernt vom äußersten Rand des Baugebiets des Paketzentrums liege. Bei der Untersuchung der Anlagengeräusche auf dem Betriebsgrundstück seien die möglichen Immissionsorte im 500-m-Radius geprüft worden. Die TA-Lärm werde eingehalten, was durch die im Bebauungsplanverfahren eingeholte schalltechnische Untersuchung bestätigt werde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Beschluss ausgeführt, dass keine Abwägungsfehler im Bebauungsplan in Bezug auf den Lärm erkennbar seien. Auf den Inhalt der Schriftsätze im Übrigen wird Bezug genommen.
17
Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 11. November 2024, eingegangen bei Gericht am 13. November 2024,
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den Antrag abzulehnen.
19
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO keine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans bestünden. Im Bebauungsplanverfahren seien auch die Auswirkungen des Paketzentrums auf den Verkehr, die Lärmentwicklung und die Feinstaubbelastung untersucht worden. Das Wohnhaus des Antragstellers sei mehr als 1000 m vom Vorhabenstandort entfernt. Zwischen dem Wohnhaus und dem Vorhabenstandort befänden sich der gesamt Ortsteil M… und die Stadt N… und somit eine Vielzahl von Immissionsorten, bei denen die zulässigen Lärmwerte gemäß dem im Bauleitplanverfahren vorgelegten Gutachten eingehalten seien. Es sei nicht schlüssig dargelegt, wie es auch auf der vorhabenabgewandten Seite von M… zu Beeinträchtigungen, die in die Rechte des Antragstellers eingriffen, kommen solle. Auf den Inhalt des Schriftsatzes im Übrigen wird Bezug genommen.
20
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch in den jeweiligen Klageverfahren M 9 K 24.3177 und M 9 K 24.4869, und der vorgelegten Behördenakten samt Bebauungsplan Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen (M 9 K 24.3177 und M 9 K 24.4869) hat keinen Erfolg. Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 03.06.2024 erhobenen Klage (Az. M 9 K 24.3177) gegen die vom Antragsgegner erteilte Teilbaugenehmigung vom 03.05.2024 anzuordnen, ist bei sachgerechter Würdigung als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sowohl der Klage gegen die Teilbaugenehmigung vom ... Mai 2024 und als auch der Klage gegen die Baugenehmigung … Juni 2024 auszulegen (§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO). Der so zu verstehende Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Der Antrag ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft, weil den in der Hauptsache erhobenen Klagen gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung zukommt.
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Gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bzw. § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag eines Dritten, hier des Antragstellers, die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Var. 1 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB grundsätzlich ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessungsentscheidung darüber, ob die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechenden Interessen oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Hauptsache als Indiz heranzuziehen, wie sie sich aufgrund der summarischen Prüfung im Zeitpunkt der Entscheidung darstellen. Sind die Erfolgsaussichten hingegen offen, so kommt es darauf an, ob das Interesse eines Beteiligten es verlangt, dass die Betroffenen sich so behandeln lassen müssen, als ob der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar sei.
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2. Dies zugrunde gelegt, überwiegt vorliegend das Vollzugsinteresse gegenüber dem entgegenstehenden Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da die Klagen des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben werden. Denn die mit den Klagen angegriffene Teilbaugenehmigung vom ... Mai 2024 und Baugenehmigung vom … Juni 2024 verletzen nach summarischer Prüfung den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall, dass Nachbarn – wie sich aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt – die einem Dritten erteilte Genehmigung nur dann mit Erfolg anfechten können, wenn sie hierdurch in einem ihnen zustehenden subjektiven öffentlichen Recht verletzt werden. Es genügt daher nicht, wenn die Teilbaugenehmigung bzw. Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Genehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt sind (statt aller VG München, B.v. 26.10.2017 – M 9 S 17.3585 – juris m.w.N.).
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Solche Vorschriften sind im vorliegenden Fall jedoch aller Voraussicht nach nicht verletzt.
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Hinsichtlich der Prüfungsdichte in Bezug auf den Bebauungsplan wird vorab auf Folgendes hingewiesen: Es handelt sich in der Hauptsache jeweils um eine Anfechtungsklage gegen die bauaufsichtlichen Zulassungen eines Vorhabens auf der Grundlage eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes. Schon aus dem Umstand, dass die VwGO eine konkrete Normenkontrolle zur Überprüfung einer Satzung, wie sie der zugrundeliegende Bebauungsplan darstellt, in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO vorsieht, ergibt sich, dass im Rahmen der Anfechtungsklage zwar eine inzidente, jedoch keine umfassende Kontrolle des Bebauungsplanes erfolgen muss bzw. darf bzw. kann. Nichts Anderes kann(erst recht) im vorliegenden Antragsverfahren mit seinem gegenüber der Hauptsache eingeschränkten Prüfungsmaßstab gelten, der gerade keine umfassende und abschließende, sondern nur eine summarische Überprüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache gebietet. Dies steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, da auch die Normenkontrolle in § 47 Abs. 6 VwGO ein Eilverfahren zur Verfügung stellt, und nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die inzidente Überprüfung des Bebauungsplans nur eingeschränkt dahingehend erfolgt, dass offensichtliche Fehler vorliegen müssen und für die geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe eine hohe Wahrscheinlichkeit sprechen muss (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2024 – 1 CS 23.2032 – juris Rn. 12).
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a. Im Falle der Wirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Paketzentrum W…“ richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen nach § 30 Abs. 2 i.V.m. § 12 BauGB. Das Bauvorhaben hält – vom Antragsteller nicht bestritten – die Festsetzungen dieses vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein, so dass eine Verletzung drittschützender Festsetzungen von vornherein nicht in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 23).
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Der der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugrundeliegende vorhabenbezogene Bebauungsplan „Paketzentrum W…“ leidet – nach der hier auf offensichtliche Fehler beschränkten vorzunehmenden Inzidentprüfung – an keinen Mängeln, die zu seiner Unwirksamkeit und somit zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung vom … Juni 2024 führen würden.
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Insoweit kann auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 30. September 2024 (Az. 1 NE 24.805 – juris 24 ff.), die auf alle, vom Antragsteller auch im vorliegenden Verfahren, unabhängig davon, dass er als Dritter viele dieser Umstände gar nicht erfolgreich geltend machen kann, vorgetragenen, Rügen im Hinblick auf den vorhabenbezogenen Bebauungsplan eingehen, Bezug genommen werden. Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen an.
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Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan widerspricht oder die Erschließung nicht gesichert ist, sind nicht ersichtlich und wurden durch den Antragsteller auch nicht dargelegt.
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b. Selbst wenn man unterstellt, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan unwirksam wäre, verletzt die Baugenehmigung voraussichtlich keine dem Antragsteller zustehenden Nachbarrechte einschließlich des Rücksichtnahmegebots, soweit dieser vorträgt, dass das Bauvorhaben die öffentlichen Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Nr. 5 und Nr. 7 BauGB beeinträchtige.
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aa. Von dem Vorhaben gehen voraussichtlich keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB aus, die zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Antragstellers führen könnten.
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Ein sonstiges Vorhaben ist nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig, wenn öffentliche Belange beeinträchtigt werden. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB darf ein Außenbereichsvorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen. Diese Vorschrift stellt eine Konkretisierung des im Einzelfall nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme dar (vgl. BVerwG 28.10.1993 – 4 C 5.93 – NVwZ 1994, 686). Schädliche Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG). Zu den Immissionen zählen insbesondere Geräusche.
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Für die Frage, ob und inwieweit Lärmimmissionen der Nachbarschaft zumutbar sind, werden die Bestimmungen der TA Lärm bzw. die darin enthaltenen Immissionsrichtwerte herangezogen. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA-Lärm nur insoweit Raum, als diese Verwaltungsvorschrift selbst durch Kann-Vorschriften und Bewertungsspannen Spielräume belässt (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 18 m.w.N.; BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1624 – juris Rn. 10).
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Da das Grundstück des Antragstellers sich, was insoweit nicht bestritten wird, in einem allgemeinen Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO befindet, kann der Antragsteller grundsätzlich die Einhaltung der in Nr. 6.1 TA Lärm unter Buchst. e) festgelegten Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) beanspruchen.
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Es ist Sache des die Genehmigung Beantragenden, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die Zumutbarkeitskriterien der TA Lärm für jeden bestimmungsgemäßen Betriebszustand, also auch für eine Maximalauslastung, einhält. Dabei sind an die Einschätzung der Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien hohe Anforderungen zu stellen. Um im Genehmigungsverfahren „auf der sicheren Seite zu sein“, sind mögliche Unsicherheiten durch entsprechende Sicherheitszuschläge auszugleichen. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei nachträglichen Kontrollen zu Lasten der zu schützenden Betroffenen gehen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U.v. 31.5.2005 – 1 LB 4/05 – juris Rn. 39).
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Dieser Nachweis ist der Beigeladenen nach summarischer Prüfung, insbesondere in Form der Schalltechnischen Untersuchung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Paketzentrum W…“ in … W…, Fortschreibung, Stand Mai 2023 des TÜV R. E. GmbH gelungen. Die Einwände des Antragstellers sind nicht geeignet, diesen Nachweis zu erschüttern. Insoweit wird zunächst auch insofern auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 30. September 2024 (Az. 1 NE 24.805 – juris Rn. 43 ff.) zu einer vorgetragenen Abwägungsdisproportionalität hinsichtlich der Belange des Gesundheitsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes, Bezug genommen, die sich auf eine vorgetragene Verletzung von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB übertragen lassen und denen sich das Gericht anschließt. Die Einwände des Antragstellers, dass der genaue Umfang der zu erwartenden Immissionen unklar sei, erhebliche Schallimmissionen durch die Zunahme des Zu- und Abfahrtsverkehrs zu erwarten seien, deren Umfang noch nicht prognostiziert werden könne und die Zumutbarkeitsschwelle in Teilen bereits durch die vorliegende Situation überschritten gewesen sei, sind unsubstantiiert und werden durch die Schalltechnische Untersuchung widerlegt. In der Schalltechnischen Untersuchung werden unter Berücksichtigung der von der Bundesstraße B … und der Bahnlinie herrührenden Emissionen die Anlagengeräusche auf dem Betriebsgrundstück, die Änderung der Kreisstraße sowie die Verkehrslärmbelästigung im weiteren Umfeld untersucht und bewertet. Insbesondere werden die Geräuscheinwirkungen auf das Plangebiet und die Geräuschvorbelastung durch bestehenden Nutzungen auf das allgemeine Wohngebiet, in dem sich das Grundstück des Antragstellers befindet (= Immissionsgebiet 1), anhand der maßgeblichen Immissionsorte untersucht und es wird dann nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass innerhalb des Immissionsgebiets 1 keine relevanten Geräusche umliegender Betriebe einwirken (vgl. S. 25 ff. der Schalltechnischen Untersuchung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Paketzentrum W…“ in … W…, Fortschreibung, Stand Mai 2023 des TÜV R. E. GmbH). Weiter werden im Hinblick auf die Geräuschemissionen durch Verkehrslärm die Bundesstraße B … mit Ein- und Ausfädelungsstreifen, die Kreisstraße ND … unter Berücksichtigung ihrer Verlegung und die Straße „…“, welche südlich des klägerischen Grundstücks liegt, berücksichtigt und die Veränderung der Verkehrsgeräuschimmissionen durch das Paketzentrum im Immissionsgebiet 1 ermittelt (vgl. S. 52 ff. der Schalltechnischen Untersuchung).
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Auch der Einwand, dass der geplante Ausbau der Bundesstraße B … nicht ausreichend berücksichtigt sei, verfängt nicht. Für diesen Ausbau liegt keine Zulassungsentscheidung vor, so dass dieser auch weder im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens noch in der durch den Beigeladenen in Auftrag gegebenen Schalltechnischen Untersuchung Berücksichtigung finden musste und der Antragsteller dadurch nicht in seinen Rechten verletzt werden kann.
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bb. Eine Nachbarrechtsverletzung ergibt sich auch nicht soweit der Antragsteller vorträgt, dass das Bauvorhaben die öffentlichen Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 7 BauGB beeinträchtige. Denn der Antragsteller kann sich insofern nicht auf das objektive Vorliegen der Voraussetzungen für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Außenbereich berufen. Die öffentlichen Belange der Entstehung bzw. Verfestigung einer Splittersiedlung und auch die Anforderungen, die natürliche Eigenart der Landschaft nicht zu beeinträchtigen, sowie die Belange des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und 7 BauGB) sind Ausfluss der gesetzgeberischen Intention, den Außenbereich bestmöglich zu schonen und von Bebauung grundsätzlich freizuhalten. Sie bestehen damit im öffentlichen Interesse und vermitteln dem Kläger keinen Drittschutz. Ein allgemeiner Schutzanspruch des Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit ein Abwehranspruch gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind, besteht – abgesehen von dem im Falle der konkreten Betroffenheit Drittschutz vermittelnden Gebot der Rücksichtnahme, abgeleitet insbesondere aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB – nicht (vgl. etwa BayVGH, B.v. 14.5.2012 – 15 ZB 10.1047 – juris Rn. 6; B.v. 1.6.2016 – 15 CS 16.789 – juris Rn. 24; B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309 – juris Rn. 4).
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Nach alledem wird der Antrag abgelehnt, da die Teilbaugenehmigung und die Baugenehmigung nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen und das Vollzugsinteresse wegen des voraussichtlich fehlenden Erfolgs der Anfechtung in der Hauptsache das Aussetzungsinteresse überwiegt.
42
3. Soweit eine Zwischenregelung beantragt wurde, besteht hierfür jedenfalls kein Bedürfnis mehr, da mit vorliegendem Beschluss umfassend über den Eilantrag des Antragstellers entschieden worden ist.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie aus § 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. dem Rechtsgedanken des § 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nummern 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.