Titel:
Externe Teilung des Anrechts aus einer privaten Rentenversicherung
Normenketten:
VersAusglG § 14 Abs. 4
FamFG § 222 Abs. 3
Leitsätze:
1. Die Durchführung der externen Teilung „nach Maßgabe“ einer Teilungsordnung des Quellversorgungsträgers stellt einen Eingriff in die Rechtsstellung des Zielversorgungsträgers dar, weil die Teilungsordnung Anordnungen über die Berechnung des konkreten Zahlbetrags enthalten kann. (Rn. 11 und 13)
2. Bei einer konventionellen Rentenversicherung kann bei gewöhnlicher Verfahrensdauer die Verzinsung des gesamten Ausgleichswerts mit dem Garantiezins angeordnet werden, auch wenn hierin an sich nicht zu verzinsende Überschussanteile und Bewertungsreserven enthalten sind. (Rn. 16)
Schlagworte:
Versorgungsausgleich, Versorgungsträger, Teilungsordnung, Verzinsung, private Rentenversicherung, externe Teilung
Vorinstanz:
AG Nürnberg, Endbeschluss vom 25.09.2023 – 105 F 4029/21
Fundstellen:
VersR 2024, 772
FamRZ 2024, 1017
FuR 2024, 330
LSK 2024, 3981
BeckRS 2024, 3981
NJOZ 2024, 558
Tenor
1. Auf die Beschwerde der D… R… B… vom 20.10.23 wir der Endbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 25.09.2023, Az 105 F 4029/21, in Ziffer 2 Absatz 4 aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
„Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der …Versicherung AG (Vers. Nr. …) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 5.268,56 Euro bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31. 12. 2021, begründet. Die …Versicherung AG wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 1,25% Zinsen seit dem 01. 01. 2022 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen.“
2. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
1
Auf den am 13.01.2022 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht Nürnberg mit Endbeschluss vom 25.09.2023 die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
2
Bezüglich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der …Lebensversicherungs AG (Vers. Nr. …) hat das Amtsgericht im Wege der externen Teilung angeordnet, dass zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 5.268,56 € bei der D… R… B… nach Maßgabe der Teilungsanordnung für die Lebensversicherung Stand 01.01.2015, bezogen auf den 31.12.2021, begründet wird. Die …Lebensversicherungs AG wurde verpflichtet, diesen Betrag an die D… R… B… zu zahlen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Endbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 25.09.2023 Bezug genommen.
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Gegen diesen ihr am 27.09.2023 zugestellten Endbeschluss wendet sich die D… R… B… mit ihrer am 20.10.2023 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde und moniert den Verweis des Amtsgerichts auf die Teilungsordnung der Quellversorgung. Sie bringt vor, dass nicht alle fondsbasierten Anrechte in der Bezugsgröße „Fondsanteile“ geteilt werden könnten. Die Bezugnahme auf die Teilungsanordnung führe zur Unklarheit, ob und in welcher Höhe die Rentenversicherung Kapitalbeträge beim Versorgungsträger vollstrecken dürfe. Sie sei damit nicht bestimmt genug. Infolge der Tenorierung würden die Versorgungsträger häufig die Wertentwicklung des Anrechts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft des Versorgungsausgleichs berücksichtigen und einen geringeren als den vom Familiengericht festgestellten Kapitalbetrag einzahlen. Sie beriefen sich auf die in der Beschlussformel genannte Teilungsanordnung.
4
Die …Lebensversicherungs AG widersetzt sich der Beschwerde und führt aus, die vom Amtsgericht vorgenommene Tenorierung entspreche der üblichen Tenorierung im Falle einer externen Teilung. Die Gesellschaft zahle genau den Kapitalbetrag aus, der im Beschluss tenoriert sei. Die Aussage, dass Versorgungsträger geringere Kapitalbeträge auszahlten, sei zumindest in Bezug auf die eigene Versicherung falsch.
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Auf Anforderung des Senats nach Aktualisierung ihrer Auskunft hat die… Lebensversicherung AG mitgeteilt, bei der ursprünglich erteilten Auskunft sei ein Fehler unterlaufen. Tatsächlich handele es sich bei dem fraglichen Vertrag nicht um eine fondsgebundene Rentenversicherung, sondern um eine rein konventionelle Lebensversicherung der privaten Altersvorsorge. In der Ehezeit habe die Antragsgegnerin ein Anrecht von 10.537,12 Euro, hiervon 160,03 € anteilige Bewertungsreserven, erlangt. Die externe Teilung werde weiter gewählt und ein Ausgleichswert von 5.268,56 Euro vorgeschlagen. Für die Versorgung gelte ein Zinssatz (Rechnungszins) von 1,25%. Sie hat zudem mitgeteilt, dass der auf die Antragsgegnerin abgeschlossene Vertrag mit der Versicherungsnummer … mit Wirkung zum 20.10.2023 im Wege der Abspaltung auf die …Versicherung AG (Deutschland) übergegangen sei Der Antragsteller hatte bereits mit Schreiben vom 02.05.2023 gegenüber dem Amtsgericht mitgeteilt, dass für das extern zu erteilende Anrecht der Antragsgegnerin bei der …Lebensversicherung AG die D… R… als Zielversorgungsträger gewählt wird.
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Die Beteiligten haben gegen die Ankündigung des Senats, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, keine Einwände erhoben, bzw. hat die D… R… sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
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Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der D… R… B… ist begründet. Der Tenor des Endbeschlusses des Amtsgerichts Nürnberg vom 25.09.2023 in Ziffer 2 Absatz 4 aufzuheben und neu zu fassen.
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1. Die Teilanfechtung des Versorgungsausgleichs ist zulässig (BGH FamRZ 2016, 794; 2011, 547). Der Überprüfung durch den Senat unterliegt daher die Entscheidung des Amtsgerichts nur in Bezug auf das von der Beschwerde erwähnten Anrecht.
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Ein Versorgungsträger ist bereits dann beschwerdebefugt, wenn die Entscheidung mit einem als unrichtig gerügten Eingriff in seine Rechtsstellung verbunden ist, ohne dass es auf eine – feststellbare – wirtschaftliche Mehrbelastung des Versorgungsträgers ankommt (BGH FamRZ 2013, 612 Rn. 11).
10
Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung abgesehen, da die Beteiligten rechtliches Gehör hatten und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 68 Abs. 3, § 221 Abs. 1 FamFG).
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2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Nennung der Teilungsordnung des Quellversorgungsträgers bei der externen Teilung führt zu einem Eingriff in die Rechtsstellung des Zielversorgungsträgers, ohne dass hierfür eine rechtliche Grundlage gegeben ist.
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2.1. Zur Nennung der Teilungsordnung bei der externen Teilung geht der Senat mit dem Bundesgerichtshof (BGH FamRZ 2013, 611 Rn. 9 f.), dass zwar bei der internen Teilung die Benennung der maßgeblichen Versorgungsordnung im Tenor der gerichtlichen Entscheidung geboten ist, um den § 11 Abs. 1 VersAusglG entsprechenden konkreten Inhalt des für den Ausgleichsberechtigten bei dem Versorgungsträger geschaffenen Anrechts klarzustellen. Einer solchen Klarstellung bedarf es demgegenüber bei der externen Teilung nach § 14 VersAusglG nicht. Denn diese vollzieht sich dadurch, dass das Familiengericht die Teilung des ehezeitlich erworbenen Versorgungsanteils anordnet, und dass der Versorgungsträger, bei dem das auszugleichende Anrecht besteht, den Ausgleichswert als Zahlbetrag an den Zielversorgungsträger entrichtet (§ 14 Abs. 4 VersAusglG). Den Zahlbetrag setzt das Gericht bei seiner Entscheidung fest (§ 222 Abs. 3 FamFG). In der Anordnung der Teilung und in der Festsetzung des Zahlbetrags erschöpft sich – in Bezug auf das auszugleichende Anrecht – die Wirkung der gerichtlichen Entscheidung bei der externen Teilung. Durch die Festsetzung des Zahlbetrags wird die künftige Versorgung des Ausgleichsberechtigten von den bisherigen Rechtsgrundlagen entkoppelt und ein neues Rechtsverhältnis mit dem Zielversorgungsträger nach dessen Versorgungsordnung begründet. Zwar nimmt der Ausgleichsberechtigte auch nach dem Ehezeitende noch an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts teil. Diese Teilhabe findet ihren Ausdruck jedoch nicht in einer Konkretisierung der Versorgungsordnung in der Beschlussformel, sondern im Ausspruch einer Verzinsung des nach § 14 Abs. 4 VersAusglG zu leistenden Zahlbetrags in Höhe des Rechnungszinses bis zur Rechtskraft der Entscheidung.
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Zudem muss bedacht werden, dass Teilungsordnungen wie von der Beschwerdeführerin angegeben auch Änderungen des zu zahlenden Betrags insbesondere im Hinblick auf die Wertentwicklung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Versorgungsausgleichsentscheidung enthalten können. Bei der konventionellen privaten Rentenversicherung betrifft dies insbesondere die anteiligen Bewertungsreserven. Würde in einem solchen Fall die Teilungsordnung in der Beschlussformel und gleichzeitig ein konkreter Zahlbetrag genannt, wird die Entscheidung möglicherweise in sich widersprüchlich und nicht bestimmt genug (BGH FamRZ 2018, 1745 Rn. 24; FamRZ 2021, 581 Rn. 11). Der Zielversorgungsträger müsste zudem, um Streitigkeiten vorzubeugen, die Teilungsordnung der Quellversorgung dahingehend überprüfen, ob dort die angesprochenen Regelungen enthalten sind. Das ist aber nicht die Aufgabe des Zielversorgungsträgers, dem die Unterlagen zur Quellversorgung im gerichtlichen Verfahren regelmäßig auch nicht übersandt werden. Dem Zielversorgungsträger muss deshalb die Möglichkeit eingeräumt werden, sich bereits gegen die Nennung der Teilungsordnung als einer nicht gesetzmäßigen Regelung zu wenden.
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Erfolgt die Teilung „nach Maßgabe“ einer Teilungsordnung, so stellt sich zudem die zwischen dem Bundesarbeitsgericht (BAG FamRZ 2016, 535 Rn. 20) und dem Bundesgerichtshof (BGH FamRZ 2018, 894 Rn. 42) für die interne Teilung umstrittene Frage, ob damit auch in ihr enthaltene Regelungen zur Kürzung des auszugleichenden Anrechts, namentlich die hierzu aufgeführten Berechnungsgrundlagen, in Rechtskraft erwachsen und die Zivil- und Fachgerichte binden. Der Wortlaut einer so tenorierten Entscheidung spräche jedenfalls für die vom Bundesarbeitsgericht angenommene „erweiterte Bindungswirkung“ auch bei der externen Teilung.
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2.2. Bei der (jetzt) …Versicherung AG hat die Antragsgegnerin gemäß der aktualisierten Auskunft des Versorgungsträgers vom 12.12.23 ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 10.537,12 Euro aus einer privaten klassischen Rentenversicherung erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 14 VersAusglG die externe Teilung gefordert. Der nach § 14 Abs. 4 VersAusglG zu übertragende Ausgleichswert beträgt 5.268,56 Euro. Weil der Ausgleichswert die Beitragsbemessungsgrenze von 7.896,00 Euro nicht überschreitet, ist für die externe Teilung eine Vereinbarung mit dem Antragsteller nicht erforderlich. Der Antragsteller hat die D… R… B… als Zielversorgung gewählt. Eine Zustimmung des gewählten Zielversorgungsträgers liegt nicht vor, ist aber auch nicht erforderlich, da die gewählte gesetzliche Rentenversicherung ohnehin nach § 15 Abs. 5 S. 1 verpflichtet wäre, den Beitrag aufzunehmen.
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2.3. Da nunmehr geklärt ist, dass das Anrecht bei der …Versicherung AG ein Anrecht aus einer konventionellen Rentenversicherung ist, war ergänzend noch die Verzinsung des Ausgleichsbetrags ab Ende der Ehezeit (hier: 31.12.2021) bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des dem auszugleichenden Anrecht zugrundeliegenden Rechnungszins anzuordnen (BGH FamRZ 2011, 1785 Rn. 17; FamRZ 2013, 773 Rn. 20 ff.). Der Rechnungszins wurde mit 1,25% angegeben. Mit der Verzinsung des Zahlbetrags in Höhe des Rechnungszinses wird die Wertentwicklung des Anrechts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung gerade bei einem wie hier relativ niedrigen Garantiezins zwar nicht vollständig abgebildet, weil darüber hinaus mit Änderungen bei dem zugeteilten Überschussanteil, bei den Schlussüberschussanteilen und dem volatilen (hälftigen) Anteil an den Bewertungsreserven (§ 153 Abs. 3 Satz 2 VVG) zu rechnen ist (vgl. Senat FamRZ 2014, 396 juris Rn. 12; OLG Frankfurt FamRZ 2015, 1799). Die auf die Verzinsung des gesamten Ausgleichswerts (vgl. BGH FamRZ 2011, 1785 Rn. 17) beschränkte Anordnung ist aber jedenfalls bei gewöhnlicher Verfahrensdauer geeignet, ein dem Massengeschäft des Versorgungsausgleichs entsprechendes praktikables Ergebnis zu erzielen. Sie umfasst damit auch eine Verzinsung der Überschüsse und der Bewertungsreserven (a. A. Frankfurt FamRZ 2017, 871 juris Rn. 19; Siede; in Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 14 VersAusglG Rn. 14), obwohl diese vertragsgemäß nicht mit dem Garantiezins zu verzinsen, vielmehr stets volatil und von der Kapitalmarktentwicklung abhängig sind (a. A. insoweit Recknagel, in: MünchKomm-BGB, 9. Aufl., § 14 VersAusglG Rn. 45). Die zweifellos genauere Ermittlung des Zeitwerts der Überschussanteile und der Bewertungsreserven auf den Zeitpunkt der voraussichtlichen Rechtskraft (wie bei nicht veröffentlichten Fondsanteilswerten) ist bei gewöhnlicher Verfahrensdauer aus Sicht des Senats nicht erforderlich.
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III) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 150 FamFG i.V.m. 20 FamGKG. Die Festsetzung eines Verfahrenswertes war nicht veranlasst.
18
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):
Übergabe an die Geschäftsstelle der Geschäftsstelle am 09.02.2024