Titel:
Minderung der Förderungsdauer infolge Teilnahme des Zeitsoldaten an einem Studium
Normenkette:
SVG § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 S. 1, Abs. 10 S. 1, S. 2 (idF bis zum 31.12.2024)
Leitsätze:
1. Die Minderung der Förderungsdauer nach dem Studium eines Zeitsoldaten wird durch eine krankheitsbedingte Nichtteilnahme am Studium nicht eingeschränkt. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch das endgültige Nichtbestehen der Abschlussprüfung hat auf die Minderung der Förderungsdauer keinen Einfluss. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Soldatenversorgungsrecht, Förderung der schulischen und beruflichen Bildung nach der Wehrdienstzeit eines Soldaten auf Zeit, Minderung der Förderungsdauer wegen Teilnahme an einem Studiengang der Universität der Bundeswehr, tatsächliche Teilnahme bei Krankheit bzw. gesundheitlichen Einschränkungen, krankheitsbedingtes Nichterreichen des Abschlusses, Zeitsoldat, Berufsförderung, Förderungsdauer, Studienteilnahme, Minderung, Krankheit, Nichtbestehen, Abschlussprüfung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 39790
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Heraufsetzung der Dauer seines Anspruchs auf Förderung schulischer und beruflicher Bildung (§ 5 SVG) von sechs auf 24 Monate. Er stand als Soldat auf Zeit mit einer Dienstzeit von sechs Jahren vom 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2024 im Dienste der Beklagten; zuletzt verrichtete er seinen Dienst in ... .
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Mit Bescheid vom 7. November 2023 setzte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Förderung seiner schulischen und beruflichen Bildung nach der Wehrdienstzeit auf sechs Monate und null Tage fest. Der Förderanspruch betrage nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 SVG grundsätzlich bis zu 24 Monate. Jedoch sei der Anspruch nach § 5 Abs. 10 SVG wegen der Teilnahme des Klägers am Hochschulstudiengang „Wirtschaftsingenieurwesen“ an der Universität der Bundeswehr ... vom 1. Oktober 2019 bis 19. April 2022 auf die Mindestdauer von sechs Monaten (§ 5 Abs. 10 Satz 2 SVG) zu kürzen.
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Der Kläger legte hiergegen Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, dass er beträchtliche Zeit studierunfähig geschrieben gewesen sei, so dass er nicht die Chance gehabt habe, zu studieren oder an Prüfungen teilzunehmen.
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Mit Beschwerdebescheid vom 9. Januar 2024 wies die Beklagte die Beschwerde zurück. Zur Begründung führte sie über den Bescheid vom 7. November 2023 hinaus aus, die Kürzung entfalle gem. § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG nur dann, wenn die Teilnahme an dem Studiengang aus dienstlichen Gründen vor Erreichen des Abschlusses habe beendet werden müssen. Dies sei hier nicht der Fall. Weitere Ausnahmetatbestände – z.B. die Nichtteilnahme an Vorlesungen, Prüfungen etc. aus zwingenden persönlichen oder auch (selbst ärztlich bestätigten) gesundheitlichen Gründen oder gar eine anteilige Minderung – seien vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Auf eine rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts München (U.v. 27.10.2017 – M 21 K 16.3839) werde verwiesen.
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Der Kläger ließ am 9. Februar 2024 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben. Er beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2023 in Gestalt des Beschwerdebescheids vom 9. Januar 2024 dahin abzuändern, dass unter Aufhebung der Kürzung des Anspruchs des Klägers auf Förderung schulischer und beruflicher Bildung auf 6 Monate der Anspruch des Klägers auf Förderung schulischer und beruflicher Bildung auf 24 Monate festgesetzt wird.
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Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus: Sein Förderanspruch betrage gem. § 5 Abs. 4 Nr. 3 SVG grundsätzlich 24 Monate. Der Verweis der Beklagten darauf, dass eine Minderung des Förderanspruchs gem. § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG nur entfallen könne, wenn die Teilnahme an dem Studiengang aus dienstlichen Gründen vor Erreichen des Abschlusses beendet worden sei, sei letztlich nicht relevant. Die tatsächliche Teilnahme des Klägers am Studium habe sich krankheitsbedingt auf einen viel kürzeren Zeitraum beschränkt. Das Studium habe am 1. Oktober 2019 begonnen; zum 19. April 2022 sei er exmatrikuliert worden. Aus ärztlichen Bestätigungen ergebe sich, dass der Kläger bereits ab 19. Februar 2020 und dann bis 31. August 2021 gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei, am Studium und an Prüfungen teilzunehmen. Nach einem weiteren Arztbrief habe sich die diagnostizierte Depression des Klägers bereits seit Dezember 2019 entwickelt. Mit Verfügung vom 22. Juni 2021 sei der Kläger für den Zeitraum 29. Juni 2021 bis 24. September 2021 zur Wiedereingliederung an die FüAkBw in ... kommandiert worden. Von einem regulären Studienverlauf könne mithin nicht ausgegangen werden. Eine tatsächliche Teilnahme i.S.d. § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG könne maximal für zwölf Monate angenommen werden. Jedoch seien auch die verbleibenden Zeiträume nicht geeignet gewesen, tatsächlich ein reguläres Studium zu führen; daher könne überhaupt nicht von einer berücksichtigungsfähigen Teilnahme ausgegangen werden. Ein mit der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vergleichbarer Fall sei nicht gegeben. Der Kläger habe angesichts der für 18 Monate bescheinigten Unmöglichkeit, am Studium teilzunehmen, nicht die Möglichkeit gehabt, Ausbildungsressourcen in Anspruch zu nehmen; diese mussten ihm auch nicht zur Verfügung gestellt werden. Die vom Verwaltungsgericht München gezogene Schlussfolgerung, der Gesetzgeber habe ausschließlich daran anknüpfen wollen, ob und für welche Zeitspanne der Dienstherr dem Soldaten finanzielle und zeitliche Ausbildungsressourcen zur Verfügung gestellt habe, ohne Rücksicht darauf, ob der Berechtigte diese Ressourcen erfolgreich dazu genutzt habe, den mit ihrer Inanspruchnahme planmäßig verbundenen Bildungsabschluss zu erreichen, sei von der Gesetzesbegründung nicht gedeckt.
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Die psychische Erkrankung des Klägers (Depressionen) habe sich durch seinen Dienst bei der Bundeswehr ergeben und entwickelt. Noch im November 2019 habe seine Untersuchung durch das Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe ergeben, dass Verwendungsausschlüsse nicht bestünden. Zum Zeitpunkt der Untersuchung sei er bereits von seiner damaligen Partnerin getrennt gewesen. Dieser Umstand habe somit keine negativen Auswirkungen auf seinen Gesundheitszustand gehabt. Dieser habe sich erst später angesichts seines Dienstes bei der Bundeswehr geändert. Der Aufenthalt an der Universität sei von ständigem Druck von militärischer und von akademischer Seite geprägt gewesen; Hilfegesuche des Klägers seien abgetan worden. Mit ärztlichem Attest vom 19. September 2020 sei bescheinigt worden, dass der Kläger an Schlafstörungen leide (Einschlaf- und Durchschlafstörungen), an Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Antriebsverlust, Anhedonie, Grübelneigung. Eine teilstationäre Behandlung und Abklärung sei eingeleitet worden. Aus der Erkrankung habe sich eine stark eingeschränkte körperliche und eine aufgehobene psychomentale Belastbarkeit ergeben. Die bei dem Kläger entstandene gesundheitsbedingte Unmöglichkeit, das Studium weiterzuführen, sei demgemäß durch die Umstände des Dienstes bei der Bundeswehr entstanden.
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Die Beklagte beantragt,
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Sie verteidigt die von ihr getroffene Entscheidung.
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Kläger und Beklagte (Schriftsätze vom 7.8.2024 bzw. vom 29.7.2024) erklärten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage konnte gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 27./30. September 2024 und die dortigen Beweisangebote gebieten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung trotz des diesbezüglich zuvor erklärten Verzichts nicht; es ist auch keine Beweisaufnahme erforderlich (vgl. näher 2.1.3).
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Dauer der Förderung seiner schulischen und beruflichen Bildung auf 24 Monate festgesetzt wird. Die Beklagte hat im Bescheid vom 7. November 2023 in Gestalt des Beschwerdebescheids vom 9. Januar 2024 die Förderungsdauer zu Recht auf sechs Monate festgesetzt (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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1. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 SVG haben Soldaten auf Zeit, die nicht Inhaber eines Eingliederungsscheins sind, Anspruch auf Förderung ihrer schulischen und beruflichen Bildung nach der Wehrdienstzeit, wenn die Wehrdienstzeit auf mindestens vier Jahre festgesetzt worden ist. Die Förderung wird auf Antrag gewährt. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass dem Kläger, der für sechs Jahre (1.7.2018 – 30.6.2024) als Soldat auf Zeit im Dienste der Beklagten stand, dieser Förderanspruch dem Grunde nach zusteht.
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2. Gem. § 5 Abs. 4 Nr. 3 SVG beträgt die Förderungsdauer nach einer Wehrdienstzeit von – wie beim Kläger – sechs und weniger als sieben Jahren bis zu 24 Monate. Gem. § 5 Abs. 5 Satz 1 SVG wird die Förderungsdauer nach § 5 Abs. 4 SVG jedoch nach Maßgabe u.a. des § 5 Abs. 10 SVG vermindert. Vorliegend hat Beklagte die Dauer des Förderanspruchs des Klägers rechtsfehlerfrei auf die Mindestdauer nach § 5 Abs. 10 Satz 2 SVG festgesetzt.
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2.1 Nach § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG (in der Fassung des insoweit zum 1.10.2021 in Kraft getretenen Gesetzes über die Entschädigung der Soldatinnen und Soldaten und zur Neuordnung des Soldatenversorgungsrechts vom 20.8.2021, BGBl I S. 3932; vgl. Art. 2 Nr. 6 Buchst. f, Art. 90 Abs. 4 dieses Gesetzes) wird für die Teilnahme an Studiengängen oder vergleichbaren Bildungsgängen an einer staatlichen Hochschule, an einer staatlich anerkannten Hochschule oder an einer vergleichbaren Bildungseinrichtung im Rahmen der militärischen Ausbildung der Soldaten auf Zeit und der Unteroffiziere des Militärmusikdienstes die Förderungsdauer nach § 5 Abs. 4 SVG auch dann im Umfang der Dauer der tatsächlichen Teilnahme vermindert, wenn der vorgesehene Abschluss nicht erreicht wurde, es sei denn, die Teilnahme musste aus dienstlichen Gründen vor Erreichen des Abschlusses beendet werden.
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Vorliegend hat der Kläger an einem Studiengang i.S.d. § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG tatsächlich teilgenommen und den vorgesehenen Abschluss nicht erreicht (2.1.1). An seiner tatsächlichen Teilnahme ändern die von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Gründe nichts (2.1.2). Die Verminderung der Förderungsdauer hatte nicht deshalb zu unterbleiben, weil die Teilnahme aus dienstlichen Gründen vor Erreichen des Abschlusses beendet werden musste (2.1.3).
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2.1.1 Der Kläger hatte für 30 Monate und 19 Tage an einem Studiengang an einer staatlichen bzw. staatlich anerkannten (vgl. § 112 Hamburgisches Hochschulgesetz) Hochschule i.S.d. § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG teilgenommen und den vorgesehenen Abschluss nicht erreicht. Er war ab 1. Oktober 2019 an der Universität der Bundeswehr ... im Bachelor-Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen immatrikuliert und wurde mit Ablauf des 19. April 2022 wegen endgültig nicht bestandener Bachelorprüfung exmatrikuliert.
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Dass der Kläger nicht durchgehend „tatsächlich“ an dem Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen teilgenommen hat, ist nicht anzunehmen. Vielmehr weist die vom Kläger (Anlage K7) vorgelegte Exmatrikulationsbescheinigung den genannten Studiengang sowie als Studienbeginn den 1. Oktober 2019 und als Exmatrikulationsdatum den Ablauf des 19. April 2022 aus. Es wird bescheinigt, dass der Kläger an der Universität der Bundeswehr studiert habe, und dass Exmatrikulationsgrund das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung gewesen sei. Anders, als dass der Kläger an dem in der Bescheinigung genannten Studiengang tatsächlich durchweg teilgenommen hat, lässt sich die Bescheinigung nicht verstehen. Aber auch die wiederholte Einreichung von Formularen betreffend den Einfluss von Gesundheitsstörungen auf das Studium – insbesondere Prüfungen – des Klägers (vgl. Anlagenkonvolut K4) sprechen für eine tatsächliche Teilnahme am Studiengang. Ausweislich der Formularaufdrucke wurden diese von der betreffenden Universität ausgegeben und waren dort (Prüfungsamt) einzureichen. Dieser wiederholten Einreichung von Formularen zum Gesundheitszustand des Klägers hätte es nicht bedurft, hätte der Kläger nicht mehr tatsächlich an dem Studiengang teilgenommen. Dementsprechend ist in den Formularen jeweils der betreffende Studiengang und der angestrebte Abschluss aufgeführt.
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2.1.2 Die Minderung der Förderungsdauer nach § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG hatte nicht – auch nicht teilweise – aus in der Gesundheit des Klägers liegenden Gründen zu unterbleiben. Der Kläger macht insoweit geltend, seit Dezember 2019 habe sich eine Depression entwickelt, vom 19. Februar 2020 bis 31. August 2021 sei er nicht in der Lage gewesen, am Studium und an Prüfungen teilzunehmen und vom 29. Juni 2021 bis 24. September 2021 sei er zur Wiedereingliederung kommandiert worden (vgl. Klagebegründung S. 3 mit Anlagen K4 bis K6).
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2.1.2.1 Nach § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG wird die Förderungsdauer nach § 5 Abs. 4 SVG „im Umfang der Dauer der tatsächlichen Teilnahme“ an Studien- oder vergleichbaren Bildungsgängen vermindert. Der Wortlaut der Norm bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass es nur auf Zeiträume ankäme, in denen der Soldat auf Zeit ein „reguläres“ Studium führen, insbesondere also Bildungsveranstaltungen (Vorlesungen, Seminare etc.) besuchen, sonstige Studientätigkeiten durchführen oder an Prüfungen teilnehmen konnte. Vielmehr ist in der Norm abstrakt von der Teilnahme an einem „Studiengang“ die Rede; an einer tatsächlichen Teilnahme des Klägers an dem Studiengang Wirtschaftsingenieurwissenschaften bestehen aber, wie ausgeführt, keine Zweifel. Ziel der Teilnahme an einem Studiengang ist das Erreichen eines Abschlusses (vgl. auch § 10 HRG); gerade dessen Nichterreichen – und nicht die konkrete Ausgestaltung oder der Verlauf des Studiums – ist Anknüpfungspunkt für das Eingreifen der Minderungsvorschrift des § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG.
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2.1.2.2 Auch der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 10 Satz 1 Halbs. 2 SVG („es sei denn, die Teilnahme musste aus dienstlichen Gründen vor Erreichen des Abschlusses beendet werden“) lässt erkennen, dass es nicht auf die konkrete Ausgestaltung oder den Verlauf des Studiums ankommt. Denn mit der Beendigung der „Teilnahme“ ist angesichts der Inbezugnahme des Abschlusses ebenfalls der Studiengang als solches gemeint.
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Zu Recht verweist die Beklagte zudem darauf, dass § 5 Abs. 10 Satz 1 Halbs. 2 SVG als einzigen Grund für das Unterbleiben der Minderung die Beendigung der Teilnahme vor Erreichen des Abschlusses aus dienstlichen Gründen vorsieht. In der Person des Soldaten liegende Gründe – wie Erkrankungen – schließen also die Minderung der Förderdauer nicht aus. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber solchen Gründen über das Merkmal der „tatsächlichen“ Teilnahme in § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG dennoch Relevanz zumessen wollte. Vielmehr bestünde dann – wie gerade der vorliegende Fall zeigt – die Gefahr, dass die Minderungsvorschrift insbesondere bei längerer Erkrankung (weitgehend) leerliefe und sich damit faktisch ein weiterer Ausnahmetatbestand ergäbe. Nur der dienstlich bedingte Studienabbruch soll zu Lasten des Dienstherrn gehen (§ 5 Abs. 10 Satz 1 Halbs. 2 SVG). Das Risiko, Studienveranstaltungen tatsächlich wahrnehmen bzw. Studientätigkeiten tatsächlich ausüben zu können, hat der Gesetzgeber mithin dem Soldaten zugewiesen; dies entspricht auch der mit einem Studium verbundenen Freiheit (vgl. § 4 Abs. 4 HRG).
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2.1.2.3 Dass für die „tatsächliche“ Teilnahme an einem Studiengang Krankheiten des Soldaten keine Rolle spielen sollen, lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien ableiten.
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Der Gesetzgeber ist angesichts der Änderung des § 5 Abs. 10 Satz 2 SVG zum 1. Oktober 2021 (vgl. 2.1) davon ausgegangen, dass „die erfolglose Studienzeit“ der Soldaten auf Zeit auf den Anspruch nach § 5 Abs. 4 SVG „vollumfänglich angerechnet“ werde, so dass für diese Fälle ein Mindestanspruch auf Förderung von sechs Monaten bestehe, um einen beruflichen Wiedereinstieg zu unterstützen (vgl. BT-Drs. 19/27523 S. 239). Der volle Ansatz der Studienzeit – wie vorliegend erfolgt – entspricht also dem Willen des Gesetzgebers. Auch insoweit hat der Gesetzgeber im Übrigen zu erkennen gegeben, dass entscheidend für die Anrechnung, d.h. die Minderung der Förderdauer, das Nichterreichen des Abschlusses des Studiengangs ist („erfolglose Studienzeit“). Die Gründe hierfür sollen, wenn keine dienstliche Veranlassung vorliegt (§ 5 Abs. 10 Satz 1 Halbs. 2 SVG), unerheblich sein.
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Zudem wollte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der soldatenversorgungsrechtlichen Berufsförderung vom 4. Mai 2005 (BGBl I S. 1234; Berufsförderungsfortentwicklungsgesetz – BfFEntwG), in dessen Rahmen § 5 SVG seine bis heute gültige Struktur erhielt (vgl. Art. 1 Nr. 9 des vorgenannten Gesetzes), u.a. die Ansprüche auf Förderung der schulischen und beruflichen Bildung am Ende und nach der Wehrdienstzeit vereinheitlichen und vereinfachen; er ging davon aus, dass die durch dieses Gesetz vorgesehenen Änderungen der soldatenversorgungsrechtlichen Bestimmungen zu einer Verwaltungsvereinfachung führen würden (vgl. BT-Drs. 15/4639 S. 1 f., S. 14). Diesem gesetzgeberischen Ziel liefe es zuwider, wenn bei der Prüfung des Anspruchs nach § 5 Abs. 10 SVG im Einzelnen untersucht werden müsste, inwieweit der Soldat auf Zeit insbesondere aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich Studienveranstaltungen besuchen und sonstige Studientätigkeiten ausüben konnte. Gerade das Argument des Klägers, dass aufgrund seiner langen Ausfallzeit überhaupt nicht von einer berücksichtigungsfähigen tatsächlichen Teilnahme ausgegangen werden dürfe, da die verbleibenden Zeiträume angesichts der Entwicklung seiner Krankheit nicht geeignet gewesen sein konnten, ein reguläres Studium zu führen, verdeutlicht, dass die Berücksichtigung von Krankheiten und die Beurteilung ihrer Konsequenzen auf das Studium zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führen würde, was dem vom Gesetzgeber verfolgten Vereinfachungszweck erkennbar zuwiderlaufen würde (vgl. zur Berücksichtigung der Gesetzesbegründung betreffend den Verwaltungsaufwand bei der Normauslegung BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – juris Rn. 81).
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2.1.2.4 Dementsprechend wird auch in der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der tatsächlichen Teilnahme i.S.d. § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG überzeugend vertreten, dass das Risiko krankheitsbedingter Beeinträchtigungen der Berechtigte trägt, eine krankheitsbedingte Nichtteilnahme am Studium also nicht zu einem Absehen von der Minderung der Förderungsdauer führt (vgl. VG München, U.v. 27.10.2017 – M 21 K 16.3839 – juris Rn. 23 ff.)
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2.1.3 Die Verminderung der Förderungsdauer hatte nicht deshalb zu unterbleiben, weil die Teilnahme des Klägers am Studiengang vor Erreichen des Abschlusses aus dienstlichen Gründen beendet werden musste (§ 5 Abs. 10 Satz 1 Halbs. 2 SVG).
31
2.1.3.1 Die Teilnahme des Klägers wurde vorliegend ausweislich der von ihm vorgelegten Exmatrikulationsbescheinigung nicht vor, sondern wegen Nichterreichen des Abschlusses (endgültiges Nichtbestehen der Bachelorprüfung) beendet. Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 10 Satz 1 Halbs. 2 SVG ergibt sich indes, dass nur der (dienstbedingte) Studienabbruch, nicht aber ein ohne Erfolg abgeschlossenes Studium zum Unterbleiben der Minderung führt. Die Gesetzesformulierung enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass eine über den Umstand der Beendigung des Studiums hinausgehende Kausalität für das Nichterreichen des Abschlusses beachtlich sein könnte; insbesondere ist die Norm nicht (weitergehend) dahin gefasst, dass (jedes) dienstbedingte Nichterreichen des Abschlusses relevant wäre.
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2.1.3.2 Selbst wenn jedoch davon ausgegangen wird, dass § 5 Abs. 10 Satz 1 Halbs. 2 SVG jenseits eines Studienabbruchs das dienstbedingte Nichterreichen des Abschlusses aus anderen Gründen (namentlich wegen Krankheit) umfasst, greift die Norm nicht zu Gunsten des Klägers ein.
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Offen kann dabei bleiben, welche Anforderungen an die Annahme zu stellen sind, das Nichterreichen des Abschlusses sei krankheitsbedingt. Konkreter Vortrag des Klägers fehlt insoweit ebenso wie ein fachlicher (ärztlicher) Beleg; aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen betreffend seiner Studier- bzw. Prüfunfähigkeit kann ein solcher Zusammenhang allenfalls mittel-, aber nicht hinreichend belastbar geschlossen werden.
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Denn jedenfalls bestehen, selbst nach den vom Kläger vorgelegten (auch ärztlichen Unterlagen), keine Anhaltspunkte dafür, seine Krankheit sei durch den Dienst verursacht worden. Die Bescheinigungen im Anlagenkonvolut K4 wurden jeweils durch Ärzte unterschrieben, die im Dienste der Beklagten stehen; diese haben in die Formulare nichts eingetragen, was für eine dienstliche Verursachung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers spricht. Auch der Bericht einer Tagesklinik für Psychotherapie vom 13. November 2020 (Anlage K5) enthält in dieser Hinsicht keinerlei Anhaltspunkte; vielmehr deuten die Ausführungen in den Abschnitten zur aktuellen und sozialen Anamnese auf ausschließlich außerdienstliche Gründe hin. Ein schlichter Vergleich des Gesundheitszustands zu Studienbeginn (psychiatrischer Untersuchungsbefund vom 20.11.2019) mit demjenigen, der im Verlauf des Studiums aufgetreten ist (Bescheinigungen zur Prüfungs-/Studierfähigkeit ab. 19.2.2020), wie vom Kläger mit Schriftsatz vom 27./30. September 2024 vorgenommen, ist nicht aussagekräftig. Die vom Kläger nunmehr schriftsätzlich geschilderten Umstände betreffend Druck aus dem studienbegleitenden sozialen und dem Lehrbereich mögen für ihn persönlich – durchaus nachvollziehbar – belastend gewesen sein; sie lassen aber darauf schließen, dass der Kläger mit den Rahmenbedingungen des Studiums und dem persönlichen Verhalten von Personen, auf die er während seines Studiums traf, nicht zu Recht kam. Für eine Zurechnung an den Dienstherrn mit der Folge, dass eine Verminderung um den Zeitraum der Teilnahme am Studiengang zu unterbleiben hätte, fehlt es an jeglicher Grundlage.
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2.1.3.3 Angesichts des Vorstehenden war auch keine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, veranlasst. Eine solche war schon aus Rechtsgründen (vgl. 2.1.3.1) nicht erforderlich. Zudem fehlt es auch (und gerade) unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Schriftsatz vom 27./30. September 2024 und der damit vorgelegten Unterlage selbst an einer gewissen Wahrscheinlichkeit für eine dienstbedingte Erkrankung des Klägers, so dass es sich um eine bloße Ausforschung handeln würde (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2022 – 24 ZB 20.442 – juris Rn. 19 m.w.N.).
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2.2 Da mithin die Dauer der tatsächlichen Teilnahme des Klägers an einem Studiengang i.S.d. § 5 Abs. 10 Satz 1 SVG die Höchstförderungsdauer nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 SVG überstieg, hat die Beklagte zu Recht den bei einer sechsjährigen Wehrdienstzeit bestehenden Mindestanspruch von sechs Monaten gem. § 5 Abs. 10 Satz 2 SVG festgesetzt.
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3. Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.