Titel:
Vorläufige Aussetzung einer dienstlichen Weisung zur Vorlage eines amtsärztlichen, Attestes ab dem ersten Krankheitstag des Kindes bei daraus resultierender Dienstbefreiung, keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel am Wahrheitsgehalt der Erkrankung des Kindes, fehlerhafte Ermessensausübung, keine Einzelfallprüfung
Normenketten:
VwGO § 123
BayVwVfG Art. 35 S. 1
BayBG Art. 95
UrlMV § 10 Abs. 3 S. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2
Schlagworte:
Vorläufige Aussetzung einer dienstlichen Weisung zur Vorlage eines amtsärztlichen, Attestes ab dem ersten Krankheitstag des Kindes bei daraus resultierender Dienstbefreiung, keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel am Wahrheitsgehalt der Erkrankung des Kindes, fehlerhafte Ermessensausübung, keine Einzelfallprüfung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 39712
Tenor
1. Die dienstliche Weisung vom 05.05.2024 zur Vorlage eines amtsärztlichen Attests ab dem ersten Krankheitstag eines der Kinder wird bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den in der Hauptsache eingelegten Widerspruch einstweilen ausgesetzt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die am … geborene Antragstellerin steht als Oberstudienrätin (Besoldungsgruppe A14 der Anlage 1 zum Bayerischen Besoldungsgesetz – BayBesG) in Vollzeit an der … Schule – Staatliche FOSBOS – … im Dienst des Antragsgegners. Sie begehrt die vorläufige Aussetzung einer dienstlichen Weisung zur Vorlage eines amtsärztlichen Attests ab dem ersten Krankheitstag eines ihrer beiden Kinder.
2
Der Antragstellerin wurde am 04.05.2023 eine Anordnung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit ausgehändigt. Ein hiergegen gerichteter Eilantrag wurde mit Beschluss der Kammer vom 24.05.2023 (Az. B 5 E 23.391) abgelehnt. Nachdem die Antragstellerin gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt hatte, erklärten Antragstellerin und Antragsgegner den Rechtsstreit mit Schriftsätzen vom 13.07.2023 bzw. 28.07.2023 übereinstimmend für erledigt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Einstellungsbeschluss vom 31.07.2023 (Az. 3 CE 23.1033) aus, dass der Antrag der Antragstellerin nach § 123 VwGO ohne die zwischenzeitlich – mit Schreiben vom 05.07.2023 – erfolgte Aufhebung der Untersuchungsanordnung als statthaft und in der Sache voraussichtlich begründet anzusehen gewesen wäre.
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Mit Schreiben vom 11.10.2023 teilte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus (BayStMUK) der Antragstellerin mit, dass eine Untersuchung der Antragstellerin auf ihre Dienstfähigkeit angezeigt sei, weil die bisherigen Präventionsmaßnahmen, wie Mitarbeitergespräche oder Entbindung vom Unterricht, keine Wirkung gezeigt hätten. Das auffällige Verhalten der Antragstellerin gegenüber dem Kollegium und der Schulleitung lege eine gesundheitliche Ursache nahe, die die Antragstellerin an einer ordnungsgemäßen Dienstausübung hindere. Man habe die Medizinische Untersuchungsstelle (MUS) bei der Regierung von … mit der Durchführung einer Begutachtung beauftragt. Diese werde sich mit einer Einladung zur Untersuchung an die Antragstellerin wenden. Auf den auf denselben Tag datierten Untersuchungsauftrag an die Regierung von …, der der Antragstellerin ebenfalls zugegangen ist, wird Bezug genommen. Die MUS bat die Antragstellerin mit Schreiben vom 20.11.2023 zur Vorbereitung der amtsärztlichen Untersuchung um Vorlage aktueller Befunde, Berichte, Atteste der behandelnden Ärzte, sowie möglichst vieler persönlicher Angaben von ihrer Seite (Beurteilungsgrundlage) bis spätestens 11.12.2023. Das Formblatt „Beurteilungsgrundlage“ sei mit Datum und Unterschrift zu versehen. Ein hiergegen gerichteter Eilantrag auf vorläufige Freistellung von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Anordnung des Antragsgegners zur „Überprüfung Dienstfähigkeit“ wurde mit Beschluss der Kammer vom 19.01.2024 (Az. B 5 E 23.1069) abgelehnt. Die daraufhin eingelegte Beschwerde wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 13.02.2024 (Az. 3 CE 24.112) zurückgewiesen. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10.04.2024 ließ die Antragstellerin erneut um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen und beantragen, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 19.01.2024 (B 5 E 23.1069) in der Fassung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13.02.2024 (3 CE 24.112) abzuändern und die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Anordnung zur „Überprüfung Dienstfähigkeit“ des Antragsgegners freizustellen. Dieser Eilantrag wurde von der Kammer mit Beschluss vom 23.05.2024 (Az. B 5 E 24.273) abgelehnt, da er mangels Vorliegens der Antragsbefugnis i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog bereits unzulässig war und das Gericht auch keinen Anlass für eine Abänderung von Amts wegen i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO analog gesehen hat. Die bisher mehrfach von der MUS festgesetzten Untersuchungstermine nahm die Antragstellerin wegen verschiedener Gründe, insbesondere wegen des laufenden Rechtsschutzverfahrens, nicht wahr.
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Die stellvertretende Schulleiterin, Frau Studiendirektorin (StDin) …, teilte der Antragstellerin mit E-Mail vom 05.05.2024 Folgendes mit:
„Angesichts des Umstands, dass Sie bereits seit Ende Januar diesen Jahres insgesamt elf Tage Dienstbefreiung wegen Krankheit Ihrer beiden Kinder in Anspruch genommen haben, möchten wir Sie bitten, bei zukünftigen Anträgen auf Dienstbefreiung aus diesem Grund ein amtsärztliches Attest über die Erkrankung Ihrer Kinder beizubringen.“
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Daraufhin wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schreiben vom 14.05.2024 an das BayStMUK und forderte es dazu auf, der Antragstellerin gegenüber zu bestätigen, dass sie im Falle einer Erkrankung eines ihrer Kinder nicht dazu verpflichtet sei, diese beim Amtsarzt vorzustellen und/oder ein amtsärztliches Attest beizubringen. Nach Angaben der stellvertretenden Schulleiterin solle die Antragstellerin bereits wegen der Erkrankung ihrer beiden Kinder insgesamt elf Dienstbefreiungstage in Anspruch genommen haben. Dies sei nicht korrekt, da zwei Tage hiervon Betreuungstage gewesen seien. Unabhängig von der Höhe der tatsächlich in Anspruch genommenen Dienstbefreiungen stelle eine solche Weisung einen rechtswidrigen Eingriff in die durch Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützte Sphäre der Familie dar und verletze zudem die Persönlichkeitsrechte der Antragstellerin und ihrer …jährigen Kinder in schwerer Weise. Dass Kinder in diesem Alter häufiger erkranken würden, insbesondere in den Wintermonaten, werde als bekannt unterstellt.
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Hierauf antwortete das BayStMUK mit E-Mail vom 16.05.2024, dass die Antragstellerin im Zeitraum vom 22.01.2024 bis 09.02.2024 insgesamt elf Dienstbefreiungstage wegen Erkrankung ihrer Kinder in Anspruch genommen habe. Hinzu seien zwei Kinderbetreuungstage am 15.03.2024 und 09.04.2024 gekommen. Zugleich habe die Antragstellerin am 06.05.2024 erneut einen Antrag auf Dienstbefreiung wegen Betreuung eines Kindes gestellt. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 der Bayerischen Urlaubs- und Mutterschutzordnung (UrlMV) in Verbindung mit § 10 Abs. 3 Satz 3 UrlMV könne der Dienstvorgesetzte die Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses auch bei Beantragung von Dienstbefreiungen anlässlich der Erkrankung der Kinder des Beamten oder der Beamtin anfordern. Aufgrund der Vielzahl der Kinderkrankentage innerhalb eines Zeitraums von nur wenigen Wochen habe die … Schule … von dem ihr zustehenden Ermessen bei der Anordnung einer Beibringung von amtsärztlichen Attesten in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht. Vor diesem Hintergrund könne keine Bestätigung erfolgen, dass sie im Falle der Erkrankung ihrer Kinder nicht dazu verpflichtet sei, ein amtsärztliches Attest beizubringen.
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Mit Schriftsatz vom 31.05.2024 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen die Weisung vom 05.05.2024 ein.
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 31.05.2024, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, ließ die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen und beantragen, vorläufig festzustellen, dass die Antragstellerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den mit Schreiben vom 31.05.2024 eingelegten Widerspruch der Antragstellerin gegen die in der E-Mail der stellvertretenden Schulleiterin der … Schule … vom 05.05.2024 enthaltene Weisung nicht verpflichtet ist, bei zukünftigen Anträgen auf Dienstbefreiung ein amtsärztliches Attest über die Erkrankung ihrer Kinder beizubringen.
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Mit Schriftsatz vom 07.06.2024 präzisierte der Bevollmächtigte der Antragstellerin den gestellten Antrag wie folgt:
„Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig aufgegeben, die Weisung zur Vorlage eines amtsärztlichen Attests ab dem ersten Krankheitstag eines der Kinder auszusetzen.“
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Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Antragstellerin zwei Kinder … habe. Bei Erkrankung eines oder beider Kinder beantrage die Antragstellerin die Dienstbefreiung, sofern eine anderweitige Betreuung nicht ermöglicht werden könne. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass der eingelegte Widerspruch keine aufschiebende Wirkung besitze und der Antragstellerin nicht zuzumuten sei, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache bei jeder Erkrankung eines ihrer beiden Kinder ab dem ersten Tag ein amtsärztliches Zeugnis beizubringen. Der damit verbundene Aufwand sei im Vergleich zur Beschaffung eines privatärztlichen Attests deutlich höher. Hinsichtlich der Ermächtigungsgrundlage für die Weisung bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Mit Verordnung vom 09.04.2024 (GVBl. S. 70) habe der Antragsgegner erst kürzlich den nun neu gefassten § 10 Abs. 3 Satz 3 UrlMV geschaffen. Dabei sei verkannt worden, dass diese Regelung nicht nur in die (Privat-)Sphäre seiner Beamtinnen und Beamten eingreift, sondern auch in die Grundrechte deren Kinder auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Vorstellung der Kinder beim Amtsarzt stelle zudem einen Eingriff in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG dar, wonach nur den Eltern das Recht zustehe, über die gesundheitliche Fürsorge ihrer Kinder zu entscheiden. Diese elterliche Sorge dürfe zwar durch ein Gesetz oder auf Grundlage eines Gesetzes eingeschränkt werden, jedoch könne eine an so geringe Voraussetzungen geknüpfte Einschränkung des Elternrechts zugunsten des Dienstherrn nicht verhältnismäßig sein. Es möge sein, dass der Dienstherr auch Zweifel an privatärztlichen Attesten bzgl. der Erkrankung von Kindern haben könne. Allerdings sei hier zum einen zu berücksichtigen, dass die Dienstbefreiung in solchen Fällen bereits durch den Verweis auf § 45 des Sozialgesetzesbuches Fünftes Buch (SGB V) beschränkt werde und zum anderen stünden die Kinder nicht in einem (Dienst-)Verhältnis zum Dienstherrn, sodass die generelle (beamtenrechtliche) Verpflichtung aus Art. 95 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) nicht greife. Eine andere Wertung hätte die durchaus als absurd zu bezeichnende Konsequenz, dass der Dienstherr schon nach zehn gemeldeten Kinderkrankentagen darüber bestimmen könne, welchen (Amts-)Arzt die Kinder seiner Beamten aufzusuchen hätten. Selbst wenn § 10 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 UrlMV als ermächtigende Rechtsgrundlage angewandt werden könnte, lägen die (dann) erforderlichen Voraussetzungen nicht vor. Außerordentlich hohe Fehlzeiten seien nicht vorhanden. Der Antragsgegner beziehe sich einzig darauf, dass die Antragstellerin im Zeitraum vom 22.01.2024 bis 09.02.2024 insgesamt elf Dienstbefreiungstage wegen Erkrankung ihrer Kinder in Anspruch genommen habe. Der Zeitraum vom 10.02.2024 bis zum 05.05.2024 sei dabei nicht in der Weise berücksichtigt worden, dass die Frequenz der Dienstbefreiungen nicht angehalten habe. Darüber hinaus habe sich der Antragsgegner aber weder mit den (freiwillig) vorgelegten privatärztlichen Attesten auseinandergesetzt, noch habe er berücksichtigt, dass die Antragstellerin … im Alter von … Jahren habe. Zwei … Kinder im Kleinkindalter seien anders zu beurteilen als ein Kind im Alter von zehn Jahren. Kinder im gleichen Alter würden sich schneller gegenseitig anstecken. Der Antragsgegner setze sich überhaupt nicht mit der Anzahl der Kinder auseinander. Der Antragsgegner ignoriere zudem, dass gerade in den Wintermonaten bei vielen Kindern noch immer zu Tage komme, dass sie aufgrund der Corona-Pandemie und des damit verbundenen Infektionsschutzes keinen Immunschutz hätten aufbauen können.
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Mit Schriftsatz vom 18.06.2024 beantragte das BayStMUK für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
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Im Zeitraum vom 22.01.2024 bis 06.05.2024 habe die Antragstellerin an insgesamt elf Tagen Dienstbefreiung wegen Erkrankung ihrer Kinder und zusätzlich an drei Tagen Dienstbefreiung wegen notwendiger Betreuung ihrer Kinder in Anspruch genommen. Angesichts der Vielzahl der beantragten Dienstbefreiungstage innerhalb nur weniger Wochen wegen Erkrankung der Kinder der Antragstellerin habe die stellvertretende Schulleiterin mit E-Mail vom 05.05.2024 gegenüber der Antragstellerin angeordnet, dass bei künftigen Anträgen auf Dienstbefreiung aus diesem Grund ein amtsärztliches Attest über die Erkrankung der Kinder beizubringen sei. Zugleich habe Frau StDin … die Antragstellerin zu einem persönlichen Gespräch eingeladen, um Unterstützungsmöglichkeiten vor allem im Hinblick auf die Betreuungssituation zu eruieren. Von diesem Gesprächsangebot habe die Antragstellerin nach Auskunft der … Schule … keinen Gebrauch gemacht. Die Rechtsgrundlage für die Weisung der … Schule … vom 05.05.2024 sei § 10 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 UrlMV. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vorgenannten Vorschriften der UrlMV bestünden nicht. Es möge zwar sein, dass das Anfordern eines amtsärztlichen Zeugnisses über die Erkrankung der Kinder eines Beamten oder einer Beamtin auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht eben dieser tangiere. Ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit erscheine bei einer Untersuchung zum Zwecke der Erstellung eines amtsärztlichen Zeugnisses eher fernliegend. Im Rahmen einer Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung einer funktionierenden öffentlichen Verwaltung, hier dem staatlichen Schuldienst, und dem berechtigten Informationsinteresse des unmittelbaren Dienstvorgesetzten bzw. des Dienstherrn sei der Eingriff jedoch in die vorstehend zitierten Grundrechte berechtigt. Zu berücksichtigen sei hier vor allem, dass § 10 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 16 UrlMV das Anfordern eines amtsärztlichen Zeugnisses in das Ermessen des Dienstvorgesetzten stelle, wohingegen im Rahmen von § 45 SGB V, auf den § 10 Abs. 3 UrlMV verweise, die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses konstituierende Voraussetzung für den Anspruch gesetzlich Versicherter auf Freistellung von der Arbeitsleistung bei notwendiger Betreuung sei. Die im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21.03.2022, Az. M 5 E 21.5809 (vgl. BeckRS 2022, 20157 Rn. 26 bis 28), getroffenen Feststellungen im Hinblick auf § 16 Abs. 2 UrlMV würden über den Verweis in § 10 Abs. 3 Satz 3 UrlMV entsprechend auch für den Fall gelten, dass der Dienstvorgesetzte ein amtsärztliches Zeugnis über die Erkrankung der Kinder der Beamtin fordert, sofern die Beamtin aus diesem Grund Dienstbefreiung beantragt habe. Zusätzlich sei hier auch noch der Umstand tragend hinzugekommen, dass die Antragstellerin bislang nicht zu den Untersuchungsterminen bei der MUS der Regierung von … erschienen sei. So habe die Antragstellerin beispielsweise auch am 22.01.2024, für den eine Untersuchung bei der MUS angeordnet gewesen sei, einen Tag Dienstbefreiung wegen Erkrankung ihrer Kinder in Anspruch genommen.
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Mit Schriftsatz vom 28.06.2024 nahm der Bevollmächtigte der Antragstellerin erneut Stellung, worauf Bezug genommen wird. Es würde dem Antragsgegner nur darum gehen, die Antragstellerin unter Druck zu setzen. Die Ausfallzeiten hätten auch in Bezug auf die gesamte bisherige Dienstzeit an der FOSBOS … betrachtet werden müssen. Er beanstandete auch eine unterbliebene Anhörung der Antragstellerin hinsichtlich der angeblich hohen oder auffälligen Ausfallzeiten.
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Die Antragsgegnerseite äußerte sich im Rahmen der eingeräumten Stellungnahmefrist bis 08.07.2024 nicht mehr.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Behördenakten und der beigezogenen Akten der Verfahren B 5 E 23.391, B 5 E 23.767, B 5 E 23.1069, B 5 E 24.273 und B 5 E 24.218 Bezug genommen.
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Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.
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1. Die mit Schriftsatz vom 07.06.2024 erfolgte Änderung des am 31.05.2024 gestellten Antrags war gem. § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig, im Übrigen ist die Einwilligung der Antragsgegnerseite analog § 91 Abs. 2 VwGO anzunehmen. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist auch statthaft. Bei der streitgegenständlichen E-Mail des Antragsgegners vom 05.05.2024, mit dem dieser die Antragstellerin verpflichtet, ab dem ersten Tag einer Dienstunfähigkeit aufgrund Erkrankung eines ihrer Kinder ein amtsärztliches Attest vorzulegen, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt i.S.v. Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG), sondern um eine dienstliche Weisung ohne unmittelbare rechtliche Außenwirkung (vgl. BVerwG, B.v. 10.04.2014 – 2 B 80.13 – juris Rn. 8; U.v. 26.04.2012 – 2 C 17.10 – juris Rn. 14 zur Untersuchungsanordnung; BayVGH, B.v. 11.02.2019 – 6 CS 19.92 – juris Rn. 9; B.v. 22.04.2005 – 15 CS 05.806 – juris Rn. 13; VG Ansbach, B.v. 14.04.2008 – AN 1 S 08.00242 – juris Rn. 32; VG Augsburg, U.v. 01.02.2006 – Au 2 K 04.716 – juris Rn. 13; B.v. 18.05.2004 – Au 2 S04.717 – juris Rn. 2; VG Bayreuth, B.v. 13.03.2015 – B 5 E 15.35 – juris Rn. 23; VG München, B.v. 21.03.2022 – M 5 E 21.5809 – juris Rn. 20; B.v. 29.11.2019 – M 5 E 19.3624 – juris Rn. 38; B.v. 10.08.2016 – M 5 E 16.2120 – juris Rn. 21; a.A. Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juni 2024, Art. 95 BayBG, Rn. 33; VG Aachen, B.v. 24.02.2016 – 1 L 70/16 – juris Rn. 5; VG Düsseldorf, B.v. 15.07.2014 – 2 L 951/14 – juris Rn. 5).
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2. Der Eilantrag hat auch in der Sache Erfolg.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse einer Wahrung des behaupteten streitbefangenen Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO.
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a. Gemessen an diesen Voraussetzungen hat die Antragstellerin vorliegend einen Anordnungsanspruch geltend gemacht. Nach der im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen und möglichen summarischen Prüfung der in Rede stehenden Weisung des Antragsgegners bestehen hinsichtlich deren Rechtmäßigkeit erhebliche Bedenken.
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aa. Nach Art. 95 Abs. 1 Satz 1 BayBG dürfen Beamte dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. § 10 Abs. 3 Satz 1 UrlMV ermöglicht die Bewilligung einer Dienstbefreiung zur Betreuung eines erkrankten Kindes, das das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist sowie zur Begleitung eines solchen Kindes bei einer stationären Behandlung bei entsprechendem Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB V bis zu 80% des Ausmaßes, auf das Arbeitnehmer Anspruch auf Freistellung von der Arbeit nach § 45 SGB V geltend machen können. Nach § 10 Abs. 3 Satz 3 UrlMV gilt § 16 Abs. 2 für den nach § 45 Abs. 1 SGB V erforderlichen Nachweis entsprechend. § 16 Abs. 2 Satz 1 UrlMV regelt als Ausfluss von Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BayBG, wonach Dienstunfähigkeit wegen Krankheit auf Verlangen nachzuweisen ist, für den Fall einer länger als drei Kalendertage dauernden Dienstunfähigkeit, dass spätestens am vierten Kalendertag bei Fortbestehen der Dienstunfähigkeit ein ärztliches Zeugnis vorzulegen ist. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 UrlMV kann der Dienstvorgesetzte die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses auch früher verlangen oder die Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses anordnen. Vorliegend wurde die Antragstellerin mit E-Mail der stellvertretenden Schulleiterin vom 05.05.2024 gebeten, bei zukünftigen Anträgen auf Dienstbefreiung aus diesem Grund ein amtsärztliches Attest über die Erkrankung ihrer Kinder beizubringen. Die zunächst in der E-Mail vom 05.05.2024 formulierte „Bitte“ stellt sich angesichts der E-Mail des BayStMUK vom 16.05.2024, in der von der „Anordnung der Beibringung“ und „Anweisung“ die Rede ist sowie die Bestätigung einer Nichtverpflichtung zur Vorlage eines amtsärztlichen Attestes verneint wird, als eine Weisung nach § 10 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 UrlMV dar.
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Die Vereinbarkeit dieser Regelung mit höherrangigem Recht kann an dieser Stelle offenbleiben, da in materieller Hinsicht durchgreifende Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Weisung bestehen, worauf die Antragstellerin ihren Anordnungsanspruch stützen kann.
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bb. In formeller Hinsicht ist die Weisung vom 05.05.2024 nicht zu beanstanden. Grundsätzlich sind an die vorliegende Weisung hinsichtlich ihrer einschneidenden Folgen gewisse formelle Anforderungen zu stellen, auch wenn es sich bei ihr nicht um einen Verwaltungsakt handelt (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.2012 – 2 C 17.10 – juris Rn. 20 zur Anordnung einer ärztlichen Untersuchung). Jedoch kann dahingestellt bleiben, ob eine Anordnung zur Vorlagepflicht einer amtsärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Kindes ähnlich tiefgreifend in den Rechtskreis des Beamten eingreift und sich aus der Fürsorgepflicht eine Anhörungspflicht des Dienstherrn ergibt. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Antragstellerin das Angebot eines persönlichen Gespräches – wohlgemerkt im Nachgang zur streitgegenständlichen Weisung – wahrgenommen hat. Denn eine möglicherweise bestehende Anhörungspflicht wurde in entsprechender Anwendung des Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG im Behörden- und Gerichtsverfahren nachgeholt und ein etwaiger Verfahrensfehler somit geheilt.
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cc. Allerdings gibt die Weisung vom 05.05.2024 in materieller Hinsicht Anlass zu durchgreifenden Bedenken bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit. Die im Hinblick auf § 16 Abs. 2 UrlMV bisher in der Rechtsprechung aufgestellten Maßstäbe sind über den Verweis in § 10 Abs. 3 Satz 3 UrlMV jedenfalls in ihren Grundsätzen entsprechend auch auf den hier vorliegenden Fall anwendbar, dass der Dienstvorgesetzte ein amtsärztliches Zeugnis über die Erkrankung der Kinder der Beamtin für eine daraus resultierende Dienstbefreiung fordert.
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(1.) Tatbestandlich setzt die Weisung zur Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses ab dem ersten Krankheitstag voraus, dass der Beamte nach eigener Einschätzung infolge Krankheit dienstunfähig ist und dass der Dienstherr Zweifel an dieser (Selbst-)Einschätzung hat. Entsprechend gilt dies vorliegend für die Erkrankung eines betreuungspflichtigen Kindes, welche eine Dienstbefreiung begründen kann. Diese Zweifel dürfen nicht aus der Luft gegriffen, sondern müssen durch konkrete Umstände veranlasst sein (vgl. BVerwG, B.v. 23.03.2006 – 2 A 12.04 – juris Rn. 3; B.v. 28.05.1984 – 2 B 205.82 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 11.02.2019 – 6 CS 19.92 – juris Rn. 12; B.v. 14.07.2008 – 3 ZB 07.2138 – juris Rn. 4; VG München, B.v. 21.03.2022 – M 5 E 21.5809 – juris Rn. 27; B.v. 29.11.2019 – M 5 E 19.3624 – juris Rn. 50; B.v. 10.08.2016 – M 5 E 16.2120 – juris Rn. 23). Die Anordnung der Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses nach § 10 Abs. 3 Satz 3 UrlMV i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 UrlMV wurzelt in der Gehorsams- und Treuepflicht des Beamten. Sie setzt voraus, dass Tatsachen vorliegen, die zu Zweifeln an privatärztlichen Gutachten bezüglich der Erkrankung des Kindes Anlass geben, wobei diese nicht sehr gravierend sein müssen, vielmehr das Vorhandensein eines sachbezogenen Grundes ausreicht (vgl. VG Bayreuth, B.v. 13.03.2015 – B 5 E 15.35 – juris Rn. 30). Ein Widerspruch zwischen amtsärztlichen Feststellungen und privatärztlichen Bescheinigungen kann ausreichend Anlass sein, an einer privatärztlich bescheinigten Dienstunfähigkeit zu zweifeln und einen Nachweis in entsprechender Form zu fordern (vgl. BVerwG, B.v. 23.03.2006 – 2 A 12.04 – juris Rn. 3). Diese Konstellation dürfte in Bezug auf eine Dienstbefreiung wegen Erkrankung des Kindes höchst selten vorkommen. Daneben liegen konkrete Umstände, die die oben dargestellten Zweifel begründen können, in der Regel bereits bei einer überdurchschnittlichen Erkrankungshäufigkeit oder einem Erkranken zu bestimmten Konstellationen nach dem Kalender vor (vgl. Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juni 2024, Art. 95 BayBG, Rn. 33).
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Solche etwaigen Anhaltspunkte wurden von der Antragsgegnerseite nicht zur Überzeugung des Gerichts vorgebracht. Bei dem von der stellvertretenden Schulleiterin in Bezug genommenen Zeitraum „seit Ende Januar diesen Jahres“ bis zum Zeitpunkt der E-Mail am 05.05.2024 handelt es sich um gute drei Monate. Die in diesem Zeitraum angefallenen elf Tage Dienstbefreiung wegen Erkrankung der Kinder, die sich auf den 22.01.2024 bis 09.02.2024 konzentrierten, rechtfertigen jedenfalls nicht das pauschale Abstellen auf die lediglich „hohe“ Anzahl als einzige Begründung. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, woraus sich die Betrachtung gerade dieses Zeitraums rechtfertigt. Es wurde weder auf die Verteilung der Krankheitstage noch auf etwaige Verdachtsmomente, welche die Zweifel am Wahrheitsgehalt der Erkrankung der Kinder der Antragstellerin ausgelöst haben könnten, Bezug genommen. Unabhängig davon, dass eine Heilung des Begründungsmangels auch nicht nachträglich im Behörden- und Gerichtsverfahren stattfinden kann (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.2012 – 2 C 17/10 – juris Rn. 22), wurden auch dort keine tragfähigen Gründe für Zweifel am Wahrheitsgehalt der Atteste der Kinder dargelegt. Auch das Gericht vermag weder eine Systematik oder Regelmäßigkeit bei den Dienstbefreiungen wegen Krankheitstagen der Kinder zu erkennen, noch gibt es konkrete Anlässe, die auf Widersprüche schließen ließen. Vielmehr verwundert es, dass parallel ein Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit der Antragstellerin läuft, jedoch ihr gegenüber - jedenfalls dem Gericht nicht bekannt – bis heute keine Pflicht zur Vorlage eines amtsärztlichen Attests aufgegeben wurde, wo sie selbst im Kalenderjahr 2024 doch häufiger – laut der vom Antragsgegner vorgelegten Abwesenheitsliste waren es 13 Arbeitstage – dienstunfähig erkrankte, als die Summe der Dienstbefreiung für die Erkrankung ihrer zwei Kinder beträgt. In den Akten finden sich auch keine Hinweise darauf, dass am Wahrheitsgehalt der Dienstbefreiungen wegen Erkrankung der Kinder bereits zuvor Zweifel bestanden. Aus dem Umstand, dass die Antragstellerin einen Untersuchungstermin zur Überprüfung ihrer eigenen Dienstfähigkeit bei der MUS der Regierung von … wegen einer Dienstbefreiung aufgrund der Erkrankung eines ihrer Kinder nicht wahrgenommen hat, auf begründete Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Erkrankung zu schließen, überzeugt das Gericht nicht.
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(2.) Die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Attests nach § 10 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 UrlMV steht im Ermessen des Dienstherrn. Auf Rechtsfolgenseite ist die Weisung daher als Ermessensentscheidung entsprechend § 114 Satz 1 VwGO durch das Gericht nur eingeschränkt auf Ermessensfehler hin überprüfbar. Vorliegend ist allem Anschein nach von der Fehlerhaftigkeit der Ermessensentscheidung auszugehen.
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Zum einen ist schon nicht erkennbar, dass die stellvertretende Schulleiterin den ihr zustehenden Ermessensspielraum überhaupt erkannt hat. Es wurde lediglich auf die Inanspruchnahme von elf Tagen Dienstbefreiung wegen Krankheit der beiden Kinder seit Ende Januar diesen Jahres verwiesen und darum gebeten, bei zukünftigen Anträgen auf Dienstbefreiung aus diesem Grund ein amtsärztliches Attest über die Erkrankung ihrer Kinder beizubringen. Zwar kann sich, auch wenn die Behörde in ihrer Begründung keine Ermessenserwägungen mitgeteilt oder angegeben hat, aus dem Gesamtzusammenhang dennoch ergeben, dass sie eine Ermessensentscheidung getroffen und welche Ermessenserwägungen sie angestellt hat (vgl. BVerwG, B.v. 15.01.1988 – 7 B 182.87 – juris Rn. 5 ff.). Vorliegend ist jedoch – neben der Anzahl der Dienstbefreiungstage – kaum anzunehmen, dass eine Würdigung des Einzelfalls stattgefunden hat. Es ist nicht ersichtlich, dass grundlegende Tatsachen wie die Verteilung der Krankheitstage, die Anzahl der Kinder, die – krankheitsanfälligere – (Winter-)Jahreszeit oder die persönliche Betreuungssituation in die Ermessensentscheidung einbezogen wurden. Zum anderen entsteht der Eindruck, dass der angegriffenen Weisung von dem Erkenntnisgewinn losgelöste, sachfremde Motive zugrunde gelegen haben und sie deshalb an einem Ermessensfehler leidet. Die Tatsache, dass bereits seit Längerem ein Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit der Antragstellerin läuft und sie (mehrfach) nicht zu ihrem Termin bei der MUS der Regierung von … erschienen ist, hat im Ausgangspunkt nichts mit den Dienstbefreiungen wegen Erkrankung der Kinder zu tun. Vielmehr entsteht der Eindruck, dies als Druckmittel gegen die Antragstellerin zu verwenden, was als sachwidrige Erwägung zu werten ist. Im Übrigen erschließt sich dem Gericht auch nicht, wieso der Antragsgegner auf die drei Tage Dienstbefreiung wegen Kinderbetreuung – wohl aufgrund § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. d Doppelbuchst. bb UrlMV – am 15.03.2024, 09.04.2024 und 06.05.2024 (Schriftsatz vom 17.06.2024, S. 2) Bezug nimmt, wenn streitgegenständlich doch die Dienstbefreiungen wegen Erkrankung der Kinder sind, zumal es zum Zeitpunkt der Weisung nur zwei gewesen sind.
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b. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der von der Antragstellerin eingelegte Widerspruch ist zwar gem. § 54 Abs. 2 Satz 1 und 3 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) statthaft, hat jedoch mangels Verwaltungsaktqualität der dienstlichen Weisung keine aufschiebende Wirkung. Der Anordnungsgrund ergibt sich aus den drohenden besoldungs- und disziplinarrechtlichen Konsequenzen (vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayBesG, Art. 95 Abs. 2 BayBG) für die Antragstellerin bei Nichtbefolgung der dienstlichen Weisung. Angesichts des mit einer amtsärztlichen Untersuchung einhergehenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kinder ist der Antragstellerin ein Zuwarten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten. Obwohl mit der Aufrechterhaltung einer funktionierenden öffentlichen Verwaltung, hier dem staatlichen Schuldienst, ein gewichtiges öffentliches Interesse auf Antragsgegnerseite vorliegt, überwiegen im Rahmen einer Folgenabwägung der hier gegenüberstehenden Interessen in Bezug auf die Notwendigkeit der Regelung diejenigen der Antragstellerin. Aufgrund der erheblichen Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Weisung stehen ihr keine stärker zu gewichtenden Vollzugsinteressen gegenüber.
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Der begehrten vorläufigen Entscheidung steht auch nicht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen, denn sie kommt faktisch nicht einer endgültigen Entscheidung gleich. Die vorläufige Aussetzung einer belastenden Maßnahme wie sie vorliegend begehrt wird, entfaltet ihre Wirkung nur bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache und die streitgegenständliche Weisung kann bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder in Geltung gesetzt werden. Die bloße Tatsache, dass die vorübergehende Aussetzung als solche nicht wieder rückgängig gemacht werden kann, macht die vorläufige Regelung in einem solchen Fall nicht zu einer faktisch endgültigen (vgl. VG München, B.v. 21.03.2022 – M 5 E 21.5809 – juris Rn. 23 mit Verweis auf BVerfG, B.v. 31.03.2003 – 2 BvR 1779/02 – juris Rn. 4).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1 und 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist.