Titel:
unzulässiger Abänderungsantrag mangels Antragsbefugnis, kein Anlass zur Abänderung von Amts wegen, Hinweis auf rechtsmissbräuchliches Verhalten, Überprüfung Dienstfähigkeit
Normenkette:
§ 123 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 7 VwGO analog
Schlagworte:
unzulässiger Abänderungsantrag mangels Antragsbefugnis, kein Anlass zur Abänderung von Amts wegen, Hinweis auf rechtsmissbräuchliches Verhalten, Überprüfung Dienstfähigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2024, 39708
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.
Gründe
1
Die am … geborene Antragstellerin steht als Oberstudienrätin (Besoldungsgruppe A14 der Anlage 1 zum Bayerischen Besoldungsgesetz) in Vollzeit an der … Schule – Staatliche FOSBOS – … im Dienst des Antragsgegners. Sie begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 19.01.2024 (Az. B 5 E 23.1069), sie von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung zur Überprüfung ihrer Dienstfähigkeit zu befreien.
2
Der Antragstellerin wurde am 04.05.2023 eine Anordnung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit ausgehändigt. Ein hiergegen gerichteter Eilantrag wurde mit Beschluss der Kammer vom 24.05.2023 (Az. B 5 E 23.391) abgelehnt. Nachdem die Antragstellerin gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt hatte, erklärten Antragstellerin und Antragsgegner den Rechtsstreit mit Schriftsätzen vom 13.07.2023 bzw. 28.07.2023 übereinstimmend für erledigt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Einstellungsbeschluss vom 31.07.2023 (Az. 3 CE 23.1033) aus, dass der Antrag der Antragstellerin nach § 123 VwGO ohne die zwischenzeitlich – mit Schreiben vom 05.07.2023 – erfolgte Aufhebung der Untersuchungsanordnung als statthaft und in der Sache voraussichtlich begründet anzusehen gewesen wäre.
3
Ab dem Beginn des Schuljahres 2023/24 (Montag, 11.09.2023) wurde die Antragstellerin nicht mehr für eigenverantwortliche Unterrichtstätigkeiten eingesetzt. Daraufhin ließ sie mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 21.09.2023 – bei Gericht eingegangen am selben Tag – um einstweiligen Rechtschutz nachsuchen und beantragte, den Antragsgegner zu verpflichten, die seinerzeit erteilte Anweisung der Schulleitung der … – Staatliche FOS/BOS aufzuheben und die Antragstellerin amtsangemessen als Oberstudienrätin (Besoldungsgruppe A14) mit der Erteilung von Unterricht mit vollem Deputat zu beschäftigen (Az. B 5 E 23.767). Das Gericht gab dem Antrag mit Beschluss vom 24.11.2023 teilweise statt. Zur Begründung führte die Kammer im Wesentlichen aus, dass sich die derzeitige Beschäftigung der Antragstellerin als nicht amtsangemessen darstelle. Zwar komme dem Dienstherrn hinsichtlich des Einsatzes der Antragstellerin ein Organisationsermessen zu, jedoch dürfe die Antragstellerin nicht ausschließlich mit außerunterrichtlichen Tätigkeiten betraut werden. Hingegen könne die Antragstellerin in der momentanen Situation nicht beanspruchen, eigenverantwortlich regulären Unterricht zu erteilen. Hierfür seien nach Lage der Akten die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Unterrichtstätigkeit und die Gefährdung der Erreichung der Unterrichtsziele zu gravierend, wobei nicht nur auf die vorhandenen Eltern- und Schülerbeschwerden zu rekurrieren sei, sondern insbesondere auch auf die fachaufsichtliche Würdigung der Ministerialbeauftragen für die Berufliche Oberschule in … vom 13.03.2023. Gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth hat die Antragstellerin Beschwerde erhoben, die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19.02.2024 zurückgewiesen wurde (Az. 3 CE 23.2239). Zur Begründung führt er an, dass der Arbeitsbereich einer mit Vertretungsunterricht betrauten Lehrkraft bei einer Gesamtwürdigung nicht durch unterwertige Beschäftigungen geprägt erscheint. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 18.03.2024 – bei Gericht eingegangen am 19.03.2024 – ließ die Antragstellerin erneut um einstweiligen Rechtschutz nachsuchen und beantragte, den Antragsgegner zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache amtsangemessen mindestens mit Vertretungsunterricht zu beschäftigen (Az. B 5 E 24.218). Die Antragstellerin werde bisher lediglich für Aufsichtstätigkeiten eingesetzt, bei denen keine inhaltliche Kommunikation mit den Schülern stattfinde.
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Mit Schreiben vom 11.10.2023 teilte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus (BayStMUK) der Antragstellerin mit, dass eine Untersuchung der Antragstellerin auf ihre Dienstfähigkeit angezeigt sei, weil die bisherigen Präventionsmaßnahmen, wie Mitarbeitergespräche oder Entbindung vom Unterricht, keine Wirkung gezeigt hätten. Das auffällige Verhalten der Antragstellerin gegenüber dem Kollegium und der Schulleitung lege eine gesundheitliche Ursache nahe, die die Antragstellerin an einer ordnungsgemäßen Dienstausübung hindere. Man habe die Medizinische Untersuchungsstelle (MUS) bei der Regierung von … mit der Durchführung einer Begutachtung beauftragt. Diese werde sich mit einer Einladung zur Untersuchung an die Antragstellerin wenden. Auf den auf denselben Tag datierten Untersuchungsauftrag an die Regierung von …, der der Antragstellerin ebenfalls zugegangen ist, wird Bezug genommen. Die MUS bat die Antragstellerin mit Schreiben vom 20.11.2023 zur Vorbereitung der amtsärztlichen Untersuchung um Vorlage aktueller Befunde, Berichte, Atteste der behandelnden Ärzte, sowie möglichst vieler persönlicher Angaben von ihrer Seite (Beurteilungsgrundlage) bis spätestens 11.12.2023. Das Formblatt „Beurteilungsgrundlage“ sei mit Datum und Unterschrift zu versehen.
5
Ein hiergegen gerichteter Eilantrag auf vorläufige Freistellung von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Anordnung des Antragsgegners zur „Überprüfung Dienstfähigkeit“ wurde mit Beschluss der Kammer vom 19.01.2024 (Az. B 5 E 23.1069) abgelehnt. Die daraufhin eingelegte Beschwerde wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 13.02.2024 (Az. 3 CE 24.112) zurückgewiesen. Den von der MUS mit Einladungsschreiben vom 08.01.2024 festgesetzten Untersuchungstermin am 22.01.2024 nahm die Antragstellerin wegen des anhängigen Beschwerdeverfahrens nicht wahr.
6
Mit Schreiben der Regierung von … vom 19.03.2024 erhielt die Antragstellerin, nachdem sie auch den „heutigen“ Termin nicht wahrnehmen konnte, einen erneuten Untersuchungstermin am 16.04.2024, 11:00 Uhr.
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10.04.2024, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, ließ die Antragstellerin erneut um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen und beantragen:
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 19.01.2024 (B 5 E 23.1069) in der Fassung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13.02.2024 (3 CE 24.112) wird abgeändert und die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund Anordnung zur „Überprüfung Dienstfähigkeit“ des Antragsgegners freigestellt.
8
Zur Begründung wurde vorgetragen, dass es in der Sache neue Feststellungen gebe und es daher analog § 80 Abs. 7 VwGO einer Abänderung des Beschlusses der Kammer vom 19.01.2024 bedürfe. Die Änderung der Umstände ergebe sich daraus, dass sich der Untersuchungsauftrag vom 11.10.2023 mit einem wörtlichen Zitat der fachaufsichtlichen Würdigung maßgeblich auf die Beobachtungen der Ministerialbeauftragten stütze und erhebliche Zweifel daran bestünden, dass diese „Tatsachenfeststellungen“ tatsächlich von der Ministerialbeauftragten stammen würden. Diese Bedenken resultierten daraus, dass die am 17.03.2023 an die Antragstellerin per E-Mail durch den Schulleiter Herrn OStD … übermittelte Datei „fachaufsichtliche Würdigung“ laut Prüfung der Dokumenteneigenschaft nicht identisch mit der fachaufsichtlichen Würdigung der Ministerialbeauftragten Frau Ltd OStDin … vom 13.03.2023 sei. Somit sei die fachaufsichtliche Würdigung nicht unabhängig durch die Schulaufsicht erstellt worden. Die Dokumenteneigenschaften würden beweisen, dass der Schulleiter OStD … Verfasserrechte gehabt habe, da vor der Übermittlung an die Antragstellerin ein Word-Dokument vorgelegen habe und der Schulleiter Herr OStD … selbst das Word-Dokument am 15.03.2023 um 11:10 erstellt bzw. als PDF-Datei abgespeichert und die unterdrückte Datei übermittelt habe. Diese Datei enthalte nicht alle Ausführungen der ihm vorliegenden fachaufsichtlichen Würdigung vom 13.03.2023, insbesondere fehle das „Fazit“ auf der letzten Seite. Herr OStD … habe damit gegen seine Garantenpflicht zur richtigen und vollständigen Aufklärung des Sachverhalts gegenüber der Antragstellerin und gegenüber dem BayStMUK verstoßen. Durch dieses Verhalten habe der Schulleiter die Entstehung eines Irrtums bei der Antragstellerin hervorgerufen. Daraus folge, dass die auf tatsächlichen Feststellungen beruhenden Zweifel an der Dienstfähigkeit der Antragstellerin nicht vorlägen bzw. die Untersuchungsordnung jedenfalls willkürlich ergangen sei. Die vom Schulleiter abgespeicherte Unterdrückung beweiserheblicher Daten der fachaufsichtlichen Würdigung stelle jedenfalls eine Täuschung im Verfahren dar. Die Untersuchungsanordnung sei auch deshalb rechtswidrig, weil die Antragstellerin den an die Regierung von … gerichteten Untersuchungsauftrag nicht im Original erhalten habe. Weiterhin seien der Antragstellerin alle Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen vorenthalten worden, jedoch dem Ministerium vor- bzw. in die Personalakte abgelegt worden. Außerdem seien der Antragstellerin hinsichtlich der Untersuchungsanordnung vom 18.09.2023 wesentliche Informationen vorenthalten worden, da sie die Anlagen dazu erst im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens am 21.12.2023 erhalten habe. Auch gegenüber dem Amtsarzt habe der Schulleiter relevante Informationen unterdrückt, da in dem Formblatt vom 18.09.2023 die Angaben über das derzeitige Anforderungsprofil gefehlt hätten. Die Bewertungen des Schulleiters vom 20.03.2023 und vom 19.09.2023 zur Gartenpflege und Gestaltung des Putzraums seien der Antragstellerin auch nicht mit einer Möglichkeit zur Stellungnahme vorgelegt worden und ließen im Übrigen auch keine ernsthaften Zweifel an der Gesundheit der Antragstellerin aufkommen. Insgesamt habe der Schulleiter willkürlich gehandelt und gegen die Wohlverhalts- und Fürsorgepflicht verstoßen.
9
Am 15.04.2024 erkundigte sich der Prozessbevollmächtigte telefonisch nach dem Sachstand des Verfahrens, insbesondere zur Frage, ob vor dem Untersuchungstermin am Folgetag mit einer Entscheidung zu rechnen sei, was von der zuständigen Berichterstatterin aufgrund der Kurzfristigkeit des eingelegten Eilantrags verneint wurde.
10
Das BayStMUK beantragte mit Schriftsatz vom 17.04.2024 für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
11
Es sei hervorzuheben, dass der Antragstellerin sämtliche Anlagen zur Untersuchungsanordnung vom 11.10.2023 bereits aus dem vorausgehenden Verwaltungsstreitverfahren unter dem Aktenzeichen B 5 E 23.391 und damit ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Schreibens des Staatsministeriums vom gleichen Tag wie die Untersuchungsanordnung selbst bekannt gewesen seien. Die von der Antragstellerin erhobenen Zweifel an der Authentizität des Dokuments „fachaufsichtliche Würdigung“ würden entschieden zurückgewiesen. Auch sonst habe der Schulleiter Herr OStD … nicht auf eine verzerrte Sachverhaltsdarstellung hingewirkt.
12
Mit Schriftsatz vom 22.04.2024 beantragte der Bevollmächtigte die Gewährung von Einsicht in die Personalakten der Antragstellerin, die ihm am 10.05.2024 gewährt wurde.
13
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin nahm mit Schriftsatz vom 16.05.2024 erneut Stellung. Dabei rügte er im Wesentlichen formelle und inhaltliche Aspekte der Untersuchungsanordnung. Im Einzelnen gehe es dabei um den verspäteten bzw. unvollständigen Erhalt der Anlagen, die unvollständige bzw. unzutreffende Darstellung der dienstlichen Entwicklung der Antragstellerin, die rechtswidrige Heranziehung der Schülerbeschwerde, eine unregelmäßige Aktenführung der Personalakte der Antragstellerin, Richtigstellungen zur fachaufsichtlichen Würdigung und vorgeblich weitere unzutreffende Aussagen in dem Untersuchungsauftrag. Den Untersuchungstermin am 16.04.2024 habe die Antragstellerin aus zwei Gründen nicht wahrgenommen. Einerseits sei sie erkrankt gewesen, was ein Attest belegen könne, und andererseits befinde sich die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung noch in der gerichtlichen Klärung. Daneben wurden Schreiben zur weiteren Kommunikation zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner vorgelegt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Behördenakten und der beigezogenen Akten der Verfahren B 5 E 23.391, B 5 E 23.767, B 5 E 23.1069 und B 5 E 24.218 Bezug genommen.
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1. Der Abänderungsantrag hat keinen Erfolg, weil er mangels Vorliegens der Antragsbefugnis i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog (a.) bereits unzulässig ist. Daneben sieht das Gericht auch keinen Anlass für eine Abänderung von Amts wegen i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO analog (b.). Im Übrigen sind Ausführungen zum Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die Stellung künftiger Abänderungsanträge angezeigt (c.).
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Für das Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO finden die Vorschriften des § 80 Abs. 7 VwGO entsprechende Anwendung (vgl. BVerfG, B.v. 23.03.1995 – 2 BvR 492/95 – juris Rn. 67; BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 11; B.v. 26.10.2020 – 4 CE 20.2238 – juris Rn. 16; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 77). Danach kann das Gericht der Hauptsache, hier also das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, auf Antrag eines Beteiligten wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände eine solche Änderung oder Aufhebung vornehmen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO) oder jederzeit von Amts wegen einen Eilbeschluss ändern oder aufheben (§ 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO).
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a. Die in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auch im Hinblick auf Beschlüsse nach § 123 VwGO gegebene Abänderungsmöglichkeit erlaubt eine Reaktion des Gerichts der Hauptsache auf Veränderungen der Sach- und Rechtslage, die nach seiner Entscheidung eingetreten sind. Das Abänderungsverfahren darf aber nicht als Rechtsmittelverfahren zur Überprüfung der ursprünglichen Richtigkeit der im vorangegangenen Verfahren getroffenen rechtskräftig gewordenen Entscheidung verstanden werden. Es geht vielmehr allein um die Fortdauer dieser Entscheidung. Das Abänderungsverfahren ist demzufolge kein Rechtsmittelverfahren, sondern ein gegenüber dem Ausgangsverfahren selbständiges und neues Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem eine abweichende Entscheidung (nur) mit Wirkung für die Zukunft getroffen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 10.03.2022 – 6 CE 22.407 – juris Rn. 22; NdsOVG, B.v. 30.06.2009 – 4 ME 168/09 – juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 06.12.2001 – 13 S 1824/01 – juris Rn. 5 m.w.N.). Im Falle eines zulässigen Abänderungsantrages wäre der im Abänderungsverfahren heranzuziehende Prüfungsmaßstab auch keine vollumfängliche Prüfung der beantragten Freistellung von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Anordnung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit, sondern nur eine Prüfung in Bezug auf die geltend gemachten neuen oder veränderten Umstände. Liegt aber keine Änderung derjenigen Umstände vor, auf die die frühere Entscheidung maßgeblich gestützt war, liefe eine Entscheidung des Gerichts in der Sache auf eine unzulässige Rechtsmittelentscheidung hinaus (vgl. BVerwG, B.v. 25.08.2008 – 2 VR 1/08 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 10.01.2020 – 16a DS 19.2142 – juris Rn. 9; VG Regensburg, B.v. 20.03.2023 – RN 10A DS 23.356 – juris Rn. 43). Den Rechtsmittelweg hat die Antragstellerin mit der beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegten Beschwerde, die mit Beschluss vom 13.02.2024 (Az. 3 CE 24.112) zurückgewiesen wurde, ausgeschöpft.
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Gemessen an diesen Grundsätzen trägt die Antragstellerin weder veränderte Umstände i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 2 Alt. 1 VwGO (aa.) noch ohne Verschulden im ursprünglichen Verfahren nicht geltend gemachte Umstände i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 VwGO (bb.) vor, welche die Abänderung des Beschlusses vom 19.01.2024 (Az. B 5 E 23.1069) auch nur als möglich erscheinen lassen. Eine Änderung der getroffenen Entscheidung aufgrund einer neuen Sach- oder Rechtslage oder schuldlos nicht vorgetragener Umstände ist schon offensichtlich und von vorneherein ausgeschlossen und das Vorliegen der Antragsbefugnis deshalb zu verneinen.
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aa. Zu veränderten Umständen i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 2 Alt. 1 VwGO analog gehören Änderungen der Sach- oder Rechtslage, aber auch der Prozesslage, sowie das Bekanntwerden neuer Gesichtspunkte und Beweismittel, die objektiv geeignet sind, die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens anders zu beurteilen oder die zumindest eine neue Interessenabwägung erfordern. Eine solche ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich die Umstände, von denen das Gericht im vorangegangenen Eilverfahren ausgegangen ist, nachträglich geändert haben (vgl. VG München, B.v. 07.02.2020 – M 12 E 20.410 – BeckRS 2020, 1696 Rn. 21; VGH BW, B.v. 14.02.2007 – 13 S 2969/06 – NVwZ-RR 2007, 419 m.w.N.). Aus den neu vorgetragenen Umständen muss sich zumindest die Möglichkeit einer Abänderung der früheren Eilentscheidung ergeben (vgl. BVerwG, B.v. 29.01.1999 – 11 VR 13/98 – BeckRS 1999, 15471 Rn. 2).
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Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Antragstellerin, dass „neue Feststellungen“ vorlägen (Antragsschrift vom 10.04.2024, S. 4 ff.), lässt das Vorbringen eine solche Änderung nicht erkennen. Soweit sich die Antragstellerin auf die fachaufsichtliche Würdigung vom 13.03.2023 bzw. eine E-Mail des Schulleiters vom 17.03.2023 sowie eine vorgeblich damit einhergehende Dokumentenunterdrückung bezieht, liegen die Sachverhalte in zeitlicher Hinsicht deutlich vor dem Entscheidungszeitpunkt des Beschlusses der Kammer vom 19.01.2024. Es ist in keiner Weise ersichtlich, wieso die Überprüfung der Dokumenteneigenschaft zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt eine neue Sachlage begründen sollte. Gleiches gilt für ein etwaig irreführendes Informationsverhalten des Schulleiters Herrn OStD … Eine neue Sachlage, die nicht bereits im ursprünglichen Verfahren hätte vorgebracht werden können, kann damit – unabhängig von der Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung – nicht begründet werden.
21
Ein von der MUS der Regierung von … anberaumter neuer Termin zur amtsärztlichen Untersuchung stellt auch keine neue Sachlage dar. Dabei handelt es sich um eine organisatorische Konsequenz des Untersuchungsauftrags vom 11.10.2023.
22
Die angebliche Verpflichtung der minderjährigen Kinder der Antragstellerin, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen (S. 11 des Schriftsatzes vom 16.05.2024), stellt schlichtweg eine Verkennung des Sachverhalts dar. Die StDin … bat in Ihrer E-Mail vom 05.05.2024 wegen vermehrter Fehlzeiten der Antragstellerin aufgrund der Erkrankung der Kinder um die Vorlage eines amtsärztlichen Attests über die Erkrankung der Kinder. Dieser Sachverhalt ist jedenfalls auch losgelöst vom vorliegenden Verfahren einzuordnen.
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bb. Nicht nachträglich entstandene Umstände sind nur berücksichtigungsfähig, wenn sie der Beteiligte im ursprünglichen Verfahren schuldlos nicht vorbringen konnte i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 VwGO analog. Vorliegend ist nicht ersichtlich, wieso die Antragstellerin die nun vorgebrachten Umstände nicht schon im ursprünglichen Verfahren (Az. B 5 E 23.1069) hätte geltend machen können. Für den Verschuldensmaßstab ist auf § 60 Abs. 1 VwGO zurückzugreifen, weshalb der Antragstellerin nicht nur eigenes Verschulden, sondern nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) auch ein verspäteter Vortrag ihres Bevollmächtigten – als ihr Verschulden – zuzurechnen ist (vgl. VGH BW, B.v. 06.12.2001 – 13 S 1824/01 – NVwZ-RR 2002, 908/909). Die E-Mail des Schulleiters vom 17.03.2023 mit dem vorgeblich unterdrückten Dokument lag der Antragstellerin bereits mit deren Zugang vor. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einem üblichen Zugang am selben Tag auszugehen. Die Prüfung der Dokumenteneigenschaft war ab diesem Zeitpunkt möglich. Die vorgebrachten Umstände im Zusammenhang mit dem etwaig irreführenden Informationsverhalten des Schulleiters sind mit Akteneinsichtnahme am Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth durch die Antragstellerin im Verfahren mit dem Az. B 5 E 23.391 am 12.06.2023 und im Verfahren mit dem Az. B 5 E 23.767 am 12.10.2023 als bekannt vorauszusetzen und hätten somit bereits im ursprünglichen Verfahren (Az. B 5 E 23.1069) vorgebracht werden können. Die Tatsache, dass der Bevollmächtigte der Antragstellerin erstmalig am 10.05.2024 selbst Akteneinsicht nahm, liegt jedenfalls im Verantwortungsbereich der Antragstellerseite. An dieser Stelle sei noch einmal klargestellt, dass es sich vorliegend um ein Abänderungsverfahren handelt. Es bestand im vorgehenden Verfahren, das mit Antragsschrift vom 11.12.2023 eingeleitet und mit Beschluss vom 19.01.2024 entscheiden wurde, ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme und zum Vorbringen der entscheidungserheblichen Tatsachen. Darüber hinaus bestand weiterhin Gelegenheit im Rechtsmittelverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, eingeleitet durch Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 19.01.2024 und entschieden durch Beschluss vom 13.02.2024. Ein in diesen beiden Verfahren etwaiges Vorenthalten entscheidungserheblicher Tatsachen und Feststellungen geht zulasten der Antragstellerin. Das hiesige Verfahren dient lediglich der Berücksichtigung einer neuen Sach- und Rechtslage seit der Entscheidung vom 19.01.2024, was nach Ansicht des Gerichts nicht der Fall ist.
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b. Das Gericht sieht daneben auch keinen Anlass für eine Änderung des Beschlusses vom 19.01.2024 von Amts wegen. Ein unzulässiger Antrag im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann in der Regel als zulässige Anregung zur Prüfung von Amts wegen gewertet werden und schließt nicht aus, dass das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen von seiner Änderungsbefugnis Gebrauch macht (vgl. BayVGH, B.v. 13.09.2006 – 11 AS 06.1413 – juris Rn. 10). Das Gericht hält – losgelöst vom Vorliegen veränderter Umstände – weiterhin an seiner Auffassung fest, dass die Untersuchungsanordnung den rechtlichen Anforderungen genügt, und sieht daher – wie schon im Beschluss vom 19.01.2024 – keinen Anordnungsanspruch für eine einstweilige Anordnung gegeben. Weder ist die Rechtslage anders zu beurteilen, noch stuft das Gericht die frühere Interessenabwägung nachträglich als korrekturbedürftig ein. Zur Begründung wird auf S. 8 ff. des Beschlusses vom 19.01.2024 verwiesen. Im Übrigen bezweifelt das Gericht das Vorbringen der Antragstellerin bezüglich der Dokumentenunterdrückung und dem irreführenden Informationsverhalten des Schulleiters. Es gibt weder Anhaltspunkte für Zweifel an der Dokumenteneigenschaft der fachaufsichtlichen Würdigung und den damit einhergehenden Tatsachenfeststellungen der Ministerialbeauftragten, noch ist der Vortrag der Antragstellerin zu einem etwaig irreführenden Informationsverhalten des Schulleiters schlüssig. Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf eine fehlende Sachverhaltsaufklärung berufen. Zum einen fand unmittelbar im Anschluss an den Unterrichtsbesuch am 15.02.2023 eine persönliche Nachbesprechung mit der Ministerialbeauftragten und dem Schulleiter statt. Zum anderen nahm die Antragstellerin am 12.06.2023 und 12.10.2023 Akteneinsicht am Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth. Wenn die Antragstellerin dem Schulleiter Herrn OStD … eine „unqualifizierte Bewertung“ (S. 8 der Antragsschrift vom 10.04.2024) ihrer Arbeit bei der Gestaltung des Putzraums und der Pflege des Innenhofs unterstellt, ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um ein (gerichtlich nur beschränkt überprüfbares) Werturteil handelt, das nicht auf Einzeltatsachen gestützt werden muss (vgl. dazu etwa BayVGH, B.v. 13.02.2024 – 3 CE 24.112 Rn. 6). Der Vorwurf einer „erschwerten Rechtsverteidigung“ (S. 14 der Antragsschrift vom 10.04.2024) aufgrund von Falschdarstellungen des Sachverhalts kann auch nicht nachvollzogen werden und entbehrt jeglicher Tatsachengrundlage. Bei der angeführten Kritik, dass die Untersuchungsanordnung keine tatsächlichen Feststellungen bzw. keinerlei Angaben zu Art und Umfang der Untersuchung enthalte und nicht bestimmt genug sei (Antragsschrift vom 10.04.2024, S. 14 ff.), wird auf den Beschluss der Kammer vom 19.01.2024, Az. B 5 E 23.1069 (S. 8 unter bb) zu den tatsächlichen Feststellungen und S. 11 unter cc) zu Art und Umfang der Untersuchung) sowie auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13.02.2024, Az. 3 CE 24.112 (Rn. 5 zu den tatsächlichen Feststellungen und Rn. 7 f. zur Bestimmtheit) verwiesen.
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c. Lediglich ergänzend sei in Bezug auf das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die Stellung künftiger Abänderungsanträge in dieser Sache Folgendes zu erwähnen: Grundsätzlich darf auch für einen erst kurzfristig vor der zu verhindernden behördlichen Maßnahme gestellten Eilantrag das Rechtsschutzbedürfnis nicht mit der Begründung verneint werden, der Betroffene habe die Eilbedürftigkeit selbst herbeigeführt (vgl. BVerfG, B.v. 21.02.2018 – 2 BvR 301/18 – BeckRS 2018, 2181 Rn. 5 m.w.N.). Etwas Anderes kann jedoch in Fällen gelten, die durch Besonderheiten gekennzeichnet sind, namentlich dadurch, dass der Antragsteller mehrere ihm zur Verfügung stehende Zeitpunkte verstreichen lässt, um Einwände gegen die Maßnahme geltend zu machen, und der späte Zeitpunkt der Antragstellung nicht nachvollziehbar ist (vgl. BVerfG, B.v. 17.01.2019 – 2 BvQ 1/19 – BeckRS 2019, 26369 Rn. 31). Angesichts des Vorverhaltens des Bevollmächtigten der Antragstellerin im ursprünglichen Verfahren (Az. B 5 E 23.1069 – S. 6 des Beschlusses vom 19.01.2024) und der Tatsache, dass der neue Untersuchungstermin im vorliegenden Verfahren bereits mit Schreiben vom 19.03.2024 mitgeteilt, der Abänderungsantrag allerdings erst am 10.04.2024 gestellt wurde, liegt der Schluss nahe, dass dies aus prozesstaktischen Gründen erfolgte. Der Versuch, weitere Untersuchungstermine mittels kurzfristiger Antragstellung zu verhindern, kann nur bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs zulässig sein. Es ist nicht Sinn und Zweck eines gerichtlichen Verfahrens, dass nach einem formell rechtskräftigen Beschluss beliebig oft weitere Abänderungsanträge gestellt werden können aufgrund vorgeblich neuer Umstände, die sich als letztlich nicht neu i.S.v. § 80 Abs. 7 VwGO herausstellen (vgl. dazu auch VG Regensburg, B.v. 20.03.2023 – RN 10A DS 23.356 – juris Rn. 42).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG), weil der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts liefert. Der Auffangstreitwert ist im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Anlehnung an Nummer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) zu halbieren.