Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 07.03.2024 – B 2 K 21.896
Titel:

Erfolglose Klage der Standortgemeinde gegen Güllelagune

Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4, Abs. 3, § 36 Abs. 1 S. 1, § 201
GG Art. 28 Abs. 2
BV Art. 11 Abs. 2
Leitsätze:
1. Für eine Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bedarf es einer Personenidentität zwischen Bauherrn und Betreiber des landwirtschaftlichen Betriebes. Eine bloße Kooperation mehrerer landwirtschaftlicher Betriebe kann als eigene Rechtspersönlichkeit deshalb nicht die Voraussetzungen des Privilegierungstatbestands des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfüllen. (Rn. 92 – 99)
2. Möglich bleibt für eine solche Kooperation landwirtschaftlicher Betriebe als eigene Rechtspersönlichkeit aber eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. (Rn. 101 – 102)
3. Ein gemeinsam betriebenes großflächiges Folienerdbecken zur Lagerung von tierischen Exkrementen als Wirtschaftsdünger („Güllelagune“) erfüllt die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. (Rn. 104 – 110)
Schlagworte:
Landwirtschaft, Kooperation landwirtschaftlicher Betriebe, GbR, Personenidentität, Außenbereichsaffinität, Gülle, Jauche, Folienerdbecken, Güllelagune, Baugenehmigung, Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens, landwirtschaftlicher Betrieb, Kooperation, Geruchsemissionen, Dienen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 39701

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene jedoch nur gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 v. H. des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich als Standortgemeinde gegen eine der Beigeladenen unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilte Baugenehmigung für den Neubau einer Güllelagune.
2
Mit Bauantrag vom 09.05.2020, bei der Klägerin am 20.05.2020 eingegangen, beantragte der Gesellschafter … zunächst für sich eine Baugenehmigung für den Neubau einer Güllelagune auf dem Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung …, … (vgl. Bl. 1 ff. der Behördenakte I).
3
Mit Beschluss des Bau- und Umweltsenates der Klägerin vom 21.07.2020 verweigerte die Klägerin ihr gemeindliches Einvernehmen. Grund hierfür seien ausweislich des Sitzungsprotokolls die für den eingesetzten Fahrzeugverkehr nicht geeigneten Erschließungsstraßen (vgl. Bl. 35 der Behördenakte I).
4
Mit Schreiben vom 02.11.2020 wurde ein Bauherrenwechsel auf die Beigeladene, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR, beantragt. (vgl. Bl. 62 der Behördenakte I). Zuvor hatten die drei Gesellschafter …, … und … die Beigeladene durch Gesellschaftsvertrag vom 19.07.2020 gegründet (vgl. Bl. 63 ff. der Gerichtsakte I). Überdies war zwischen der Beigeladenen und dem Gesellschafter … ein Nutzungsvertrag abgeschlossen worden (vgl. Bl. 79 ff. der Gerichtsakte I).
5
Mit Beschluss des Bau- und Umweltsenates der Klägerin vom 23.02.2021 verweigerte die Klägerin nach dem Bauherrnwechsel erneut ihr gemeindliches Einvernehmen. Grund hierfür sei ausweislich des Sitzungsprotokolls, dass das Vorhaben aufgrund der fehlenden Privilegierung im Außenbereich nicht zulässig und damit nicht genehmigungsfähig sei (vgl. Bl. 108 der Behördenakte I).
6
Mit Schreiben vom 26.05.2021 wurde die Klägerin vom Beklagten zur Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens angehört (vgl. Bl. 158 ff. der Behördenakte I).
7
Mit Beschluss des Bau- und Umweltsenates der Klägerin vom 29.06.2021 hielt die Klägerin unter Verweis auf den bisherigen Schriftverkehr an ihrer Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens fest (vgl. Bl. 168 der Behördenakte I).
8
Mit Bescheid vom 22.07.2021 (Az.: …*), der Klägerin laut Empfangsbekenntnis am 27.07.2021 zugestellt, erteilte die Beklagte unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens die beantragte Baugenehmigung (vgl. Bl. 182 ff. der Behördenakte I; Bl. 5 ff. der Gerichtsakte). Laut den gestempelten Planunterlagen beträgt die Bruttofüllmenge der Anlage 6.490 m³ (vgl. Bl. 8 der Behördenakte I).
9
Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, dass die Klägerin ihr gemeindliches Einvernehmen rechtswidrig versagt habe, sodass dieses unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 des Baugesetzbuches – BauGB – i.V.m. Art. 67 der Bayerischen Bauordnung – BayBO – ersetzt werde. Das gemeindliche Einvernehmen dürfte nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden. Solche Gründe lägen nicht vor.
10
Es handele sich nach den Feststellungen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … – AELF – um ein privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Hierzu beziehe sich das AELF auf die gemeinsame Bekanntmachung der Bayer. Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.12.2016, Az. IIB5-4606-001/13 und A2/Z6-7241-1/7. Nach dem angezeigten Bauherrenwechsel sei das gemeinsame Vorhaben auf Grundlage der einzelnen Gesellschafter beurteilt worden. Jeder der Gesellschafter bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb. Das Vorhaben habe den Zweck, landwirtschaftliche Wirtschaftsgüter zu lagern. Wegen der Umsetzung der Düngemittelverordnung sei die Schaffung von zusätzlichen Lagerraum für die Betriebe zwingend notwendig und in diesem Umfang auch dienlich. Der Zusammenschluss der drei Landwirte sei in dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag geregelt. Die darin beschriebenen Abläufe seien branchenüblich, plausibel und belastbar. Eine gemeinsame Lagerung und Wirtschaft sei insbesondere für die Schonung des Außenbereichs (Flächenverbrauch für Becken mit Erschließung) positiv zu werten. Die Entfernung der Betriebe der Gesellschafter … (* …*) und … (* …*) werde mit ca. 5 km angegeben, wobei beide Landwirte auch Betriebsflächen rund um das Folienerdbecken bewirtschaften würden, welche dann direkt bedient werden könnten. Derartige Gülletransportwege seien nicht unüblich und durch die teilweise Bewirtschaftung im Umgriff des Lagers ohnehin notwendig.
11
Hinsichtlich der sonstigen Bedenken der Klägerin sei festzuhalten, dass es sich bei der Baugenehmigung grundsätzlich um eine anlagenbezogene Genehmigung handele. Die Betriebsweise des Folienerdbeckens sei in einem Vertrag geregelt. Das Lagervolumen werde durch die beantragte Größe des Beckens begrenzt. Etwaige Erweiterungen würden nicht automatisch erfolgen, sondern seien genehmigungspflichtig. Um Baurecht im Außenbereich zu erlangen, müsse jedes Bauvorhaben einzeln beurteilt werden und für jedes einzelne Vorhaben sei eine Privilegierungsaussage seitens des AELF zu treffen.
12
Beeinträchtigungen von öffentlichen Belangen seien nicht gegeben. Insbesondere rufe das Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervor, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Die zuständigen Fachstellen seien hierzu gehört worden und hätten dem Vorhaben unter Nennung entsprechender Nebenbestimmungen zugestimmt.
13
Auch die Erschließung sei ausreichend gesichert, § 35 Abs. 1 BauGB. Nach Rücksprache mit dem Fachbereich Wasserrecht sei die Niederschlagswasserbeseitigung geregelt; das anfallende Niederschlagswasser könne vor Ort versickern. Die Entwässerung des Platzes erfolge durch Einleitung in das Folienerdbecken. Die Bedenken hinsichtlich der Zuwegung seien bereits während des Verfahrens beseitigt worden.
14
Infolgedessen legte die Beigeladene der Klägerin verschiedene Tekturpläne vor und beantragte mit Bauantrag vom 08.08.2022, bei der Klägerin am 16.08.2022 eingegangen, eine Tektur zum Neubau eines Gülleerdbeckens (vgl. Bl. 1, 10 ff. der Behördenakte II).
15
Mit Beschlüssen des Bau- und Umweltsenates der Klägerin vom 23.11.2021 und 22.02.2022 verweigerte die Klägerin für die jeweils vorgelegten Tekturpläne ihr gemeindliches Einvernehmen. Zur Begründung verwies die Klägerin ausweislich der Sitzungsprotokolle auf das laufende Klageverfahren und darauf, dass die bisher vorgetragenen Argumente und Einwendungen zum ursprünglichen Bauantrag auch für die jeweils vorgelegten Tekturpläne gelten würden. Diese würden ebenfalls keine Aussagen zum Sammeln und Abführen des Niederschlagswassers treffen. Die Zu- und Abfahrt sei scheinbar wieder getrennt und beim Abfüllplatz würden keine Aussagen zu möglichen Verunreinigungen ausgeführt werden (vgl. Bl. 5, 9 der Behördenakte II).
16
Mit Schreiben vom 11.08.2021 wurde die Klägerin vom Beklagten zur Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens angehört (vgl. Bl. 46 f. der Behördenakte II).
17
Mit Beschluss des Bau- und Umweltsenates der Klägerin vom 29.06.2021 hielt die Klägerin unter Verweis auf das laufende Klageverfahren sowie auf die vorgelegte Klagebegründung an ihrer Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens fest (vgl. Bl. 52 der Behördenakte II).
18
Mit Bescheid vom 23.12.2022 (Az.: …*), der Klägerin laut Empfangsbekenntnis am 29.12.2022 zugestellt, erteilte die Beklagte unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens die beantragte Tektur zum Neubau eines Gülleerdbeckens entsprechend den vorgelegten Tekturplänen vom 20.06.2022 (vgl. Bl. 14 ff., 75 ff. der Behördenakte II; Bl. 270 ff. der Gerichtsakte). Im Vergleich zur ursprünglichen Baugenehmigung erfolgte eine Erhöhung des Folienerdbeckens. Laut den gestempelten Planunterlagen beträgt die (Netto-)Füllmenge der Anlage 5.475 m³ (vgl. Bl. 15 der Behördenakte II).
19
Zur Begründung wurde zusätzlich u.a. ausgeführt, dass die Tektur aufgrund einer wasserrechtlichen Nebenbestimmung im Ausgangsbescheid erforderlich sei.
20
Vorliegend habe die Klägerin ihr gemeindliches Einvernehmen aufgrund des anhängigen Klageverfahrens verweigert, wodurch sich bereits hieraus die Rechtswidrigkeit der Versagung ergebe, da es sich bei der Anhängigkeit des Klageverfahrens nicht um einen bauplanungsrechtlichen Belang handele. Sollte mit Verweis auf die Klagebegründung der Inhalt dieser als Rechtfertigung für das Nichterteilen des Einvernehmens herangezogen werden, so führe dies ebenfalls nicht zu einer rechtmäßigen Versagung, denn das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig.
21
Die Nebenbestimmungen hinsichtlich der öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB seien bereits in der Baugenehmigung vom 22.07.2021 aufgenommen worden und würden, soweit zutreffend, auch für die Tekturgenehmigung gelten.
22
Entsprechend der Ausführungen in der Baugenehmigung vom 22.07.2021 zur Erschließung sei auch mit keiner Grundwasserverunreinigung in der Nähe des Folienerdbeckens zu rechnen. Die Zu- und Abfahrt der Lkw zur Be- und Entladung erfolge über die neu zu erstellende Straße zwischen der Kreisstraße … (* …*) und dem Folienerdbecken.
23
Die im Rahmen des Klageverfahrens vorgebrachten Argumente der Klägerin, die zur Ablehnung des Vorhabens geführt hätten, seien bei der Beurteilung der Tekturplanung berücksichtigt worden.
24
Mit Schriftsatz vom 11.08.2021, bei Gericht am 12.08.2021 eingegangen, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zunächst Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 22.07.2021 (Az.: …*) erhoben (vgl. Bl. 2 der Gerichtsakte) und außerdem die Klage mit Schriftsatz vom 27.01.2023, bei Gericht am selben Tag eingegangen, auf den Bescheid vom 23.12.2022 (Az.: …*) erweitert (vgl. Bl. 268 der Gerichtsakte).
25
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung die Klägerin in ihren subjektiven Rechten, insbesondere in ihrer Planungshoheit gemäß Art. 28 des Grundgesetzes – GG – verletze. Denn das streitgegenständliche Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig.
26
Mit den Ausführungen der Beigeladenen zur Klagebefugnis vertrete diese eine nicht maßgebliche Mindermeinung. Die Klägerin habe gegen den gesamten Bescheid Klage erhoben. Dieser umfasse auch die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens.
27
Es handele sich abweichend von der Begründung der streitgegenständlichen Baugenehmigung um kein privilegiertes Bauvorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, welches einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb diene und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche dieses land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einnehme. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Bauherrin eine eigene, juristische Person darstelle, bestehend aus den drei Gesellschaftern. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Betriebsteil, der zwar in funktionalem Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb stehe, aber keine Landwirtschaft, also keine unmittelbare Bodenertragsnutzung darstelle, an der Privilegierung eines landwirtschaftlichen Betriebs teilnehmen und „mitgezogen“ werden könne. Für die Teilnahme an der Privilegierung sei aber Voraussetzung, dass die betreffende Betätigung – äußerlich erkennbar – dem land-, forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieb zu- und untergeordnet sei und ihm zu seiner Erhaltung und Existenzsicherung eine zusätzliche Einnahme verschaffen solle. Bei dem vorhandenen Betrieb müsse es sich um eine bodenrechtliche Nebensache handeln. Dies sei umso weniger der Fall, als zwischen dem Betrieb und der hinzugekommenen Betätigung nur entfernt ein betrieblicher Zusammenhang bestehe. Zu berücksichtigen sei dabei, dass das Erscheinungsbild eines landwirtschaftlichen Betriebes gewahrt bleibe. Dabei komme es auf die Umstände des Einzelfalles an. Die Frage des „mitgezogen seins“ stelle sich aber nur dann, wenn überhaupt ein landwirtschaftlicher Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb vorliege, der die nicht privilegierte Betätigung mitziehen könne. Falls die sonstigen Betätigungen allein den Betrieb prägen würden, sei keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB möglich. Für die Prüfung einer solchen Betätigung komme es darauf an, ob in einer Gesamtschau die sonstigen Betätigungen den eigentlichen Schwerpunkt des Betriebes bilden, wobei es stets auf die konkrete Ausgestaltung des Betriebes im Einzelfall ankomme. Auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB könnten sich solche Neubauvorhaben regelmäßig nicht stützen. Beispiele für mitgezogene Betätigungen seien nach der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Wohnen, Bau und Verkehr sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 7. Juli 2021, Az. 25-4611.10-6-43 und A2/Z5-7241-1/7 unter Ziffer 3.4 etwa die Vermietung von Ferienzimmern und Wohnungen, die Verarbeitung und Vermarktung eigenerzeugter Produkte sowie landwirtschaftliche Lohnunternehmen und die Vermietung von Lagerkapazitäten.
28
Bei der Beigeladenen als solcher lägen – wohl unstreitig – die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht vor. Die Beigeladene habe als solche keinen eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Ihre einzige Betriebsfläche sei das Vorhabengrundstück. Das streitgegenständliche Folienerdbecken diene nicht einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen und nehme auch nicht nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche der Beigeladenen ein. Für die Beigeladene selbst handele es sich bei der Lagerung von Gülle auch nicht um eine „mitgezogene Betätigung“, weil diese Betätigung für die Beigeladene nicht nur untergeordnete Bedeutung habe, sondern die alleinige Betätigung der Beigeladenen sei. Die Kooperation landwirtschaftlicher Betriebe in den Bereichen des Einsatzes gemeinsamer Anlagen, wie hier der streitgegenständlichen Güllelagune, erfülle nicht die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebes, weil der Faktor Boden, der mit den Faktoren Betriebsmittel und menschliche Arbeit verbunden sein müsse, bei einer solchen Kooperation nicht vorliege. Insoweit dürfe nicht auf die einzelnen Gesellschafter der GbR abgestellt werden.
29
Aber auch wenn man auf die einzelnen Gesellschafter der Beigeladenen abstellen sollte, wäre die streitgegenständliche Gülleanlage nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert.
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Dies schon deshalb, da der in der Akte befindliche Gesellschaftsvertrag (vgl. Bl. 63 ff. der Behördenakte I) nicht gewährleiste, dass die derzeitigen Gesellschafter auf Dauer in der GbR bleiben würden. So könnten ohne weiteres die derzeitigen Gesellschafter aus der GbR ausscheiden und neue Gesellschafter, welche keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb betreiben, in die GbR aufgenommen werden. Dabei sei weder dem Gesellschaftervertrag noch dem Bescheid zu entnehmen, dass dies ausgeschlossen sei bzw. zu einem Entfall der Privilegierung führe, mit einem hieraus resultierenden, vollumfänglichen Rückbau des Folienerdbeckens wegen eines dann nicht mehr privilegierten Bauvorhabens im Außenbereich.
31
Unabhängig davon enthalte der ebenfalls (allerdings ohne Unterschriften) in der Akte befindliche Nutzungsvertrag (vgl. Bl. 79 ff. der Behördenakte I) zwischen der Beigeladenen und dem Gesellschafter … unter Ziffer 4.1 die Regelung, dass das Nutzungsverhältnis zum 01.07.2020 beginne und auf unbestimmte Zeit geschlossen werde. Dieses könne aber innerhalb der gesetzlichen Kündigungsfristen von den Parteien des Nutzungsvertrages gekündigt werden mit der Folge, dass dann gegebenenfalls die Privilegierung entfalle. Außerdem ende das Nutzungsverhältnis gemäß Ziffer 4.2 mit der Auflösung der GbR. Wenn das Nutzungsverhältnis ende, sei das Folienerdecken gemäß Ziffer 4.3 nach Wahl des Eigentümers entweder zurückzubauen oder zu belassen. Im letzteren Fall habe der Eigentümer eine angemessene Entschädigung in Höhe des Zeitwertes zu bezahlen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass spätestens mit Ablauf des Nutzungsverhältnisses auch die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entfallen könne. Auch diesbezüglich sei weder dem Nutzungsvertrag noch dem Bescheid eine Regelung zu entnehmen, was dann mit der Güllelagune geschehe. Unabhängig davon könne der Eigentümer gemäß Ziffer 6.1 unter bestimmten Voraussetzungen eine Übertragung des Nutzungsrechts auf sich oder einen von ihm benannten Dritten verlangen. Auch dann könnte aber die Privilegierung gegebenenfalls entfallen.
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Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Gesellschafter … nicht ausschließlich einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb betreibe. Seine Hauptbetätigung liege im landwirtschaftlichen Lohnunternehmen. Aktuell werde keine Tierhaltung mehr betrieben, wobei bestritten werde, dass diese nur kurzfristig ausgesetzt sei. Es würden zwar eigene und gepachtete Flächen bewirtschaftet werden, allerdings nicht als Futterbasis für die Tierhaltung. Somit liege auf Seiten des Gesellschafters … keine klassische landwirtschaftliche Betätigung mit Tierhaltung vor. Vielmehr handele es sich bei dessen Betätigung ausschließlich um eine sogenannte „mitbezogene Betätigung“, welche aber nicht untergeordnet zu einem landwirtschaftlichen Betrieb sei, sondern zusammen mit dem Betrieb des streitgegenständlichen Folienerdbeckens auf seinem Grundstück durch die Beigeladene dessen Haupttätigkeit sei. Darüber hinaus befinde sich nur der Betrieb des Gesellschafters … in unmittelbarer Nähe zum streitgegenständlichen Folienerdbecken. Dieses sei ca. 300 m von dessen Wohngebäude entfernt. Eine Hauptbetätigung des Gesellschafters … sei der Transport der Gülle für die Beigeladene von den landwirtschaftlichen Betrieben der weiteren Gesellschafter … und …, welche sich ca. 6,8 km bzw. ca. 4 km von dem streitgegenständlichen Folienerdbecken entfernt befänden. Dabei handele es sich aber nur um ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen, somit eine „mitgezogene Betätigung“, welche nicht die Hauptbetätigung des Gesellschafters … darstellen dürfe. Auch gebe es mit der … GbR eine eigene Rechtspersönlichkeit, die nicht Gesellschafter der Beigeladenen sei, jedoch das landwirtschaftliche Lohnunternehmen betreibe.
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Das streitgegenständliche Folienerbecken „diene“ auch nicht den landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieben der Gesellschafter … und …, weil es mit ca. 6,8 km bzw. ca. 4 km zu weit von deren Betrieben entfernt sei. Diese Position werde durch die Stellungnahme des AELF gestützt. In dieser werde das „Dienen“ des Folienerdbeckens für die Betriebe befürwortet, da diese alle nicht weiter als 5 km entfernt seien. Dies treffe aber in keinem Fall für den Betrieb des Gesellschafters … zu. Diese falsche Einschätzung der Entfernung habe das Landratsamt … scheinbar erkannt, aber nicht die Genehmigungsfähigkeit infrage gestellt, sondern im Bescheid entgegen der Stellungnahme des AELF eine „ca. 5 km“-Entfernung für angemessen bezeichnet. Der Betrieb des Gesellschafters … verfüge auch ausweislich der in der Akte befindlichen Übersicht (vgl. Bl. 119 ff. der Behördenakte I) über keine Flächen in der Nähe der Güllelagune, diese seien 6 bis 10 km entfernt.
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Unabhängig davon „diene“ das streitgegenständliche Folienerdbecken auch deshalb nicht den Betrieben der Gesellschafter, weil ein Fassungsvermögen von 6.490 m³ überdimensioniert und damit nicht erforderlich sei. Für den Betrieb des Gesellschafters … sei das schon deshalb der Fall, weil mangels Tierhaltung im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung am 22.07.2021 keine Gülle mehr anfalle. Somit könne für diesen kein Gülleanfall in Höhe von 3.028 m³ angenommen werden. Darüber hinaus seien bei der Ermittlung des Fassungsvermögens von 6.490 m³ die bereits vorhandenen Güllegruben der Gesellschafter nicht berücksichtigt worden. Nach den Unterlagen der Klägerin seien beim Betrieb des Gesellschafters … derzeit Lagerkapazitäten von 1.382 m³ vorhanden. Die Kapazitäten der vorhandenen Güllegruben der weiteren Betriebe seien der Klägerin nicht bekannt. Das Fassungsvermögen dieser vorhandenen Güllegruben hätte bei der Ermittlung des erforderlichen Fassungsvermögens in Abzug gebracht werden müssen. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens seien von der Klägerin mehrfach Berechnungsgrundlagen von dem Beklagten angefordert worden, wie sie für jeden Betrieb zum Nachweis der Lagerkapazitäten vorliegen müssen. Diese seien nicht nur der Klägerin nicht zugeleitet, sondern wohl auch vom Landratsamt … nicht angefordert worden. Man habe sich bei der Beurteilung lediglich auf die Stellungnahme des AELF verlassen, welches sich jedoch nur pauschal für das Vorhaben ausspreche. Mangels Bereitstellung solcher für die Bewertung notwendiger Unterlagen habe die Klägerin mittels öffentlich verfügbarer Excel-Tabellen eine eigene Berechnung des Bedarfs vorgenommen. Selbst wenn man bei dem Betrieb des Gesellschafters … die angegebenen Mastschweine von 1100 zugrunde legen würde, wäre bei dessen Betrieb nur mit einem Gülleanfall von ca. 2.100 m³ im Jahr zu rechnen und damit mit einem hieraus resultierenden, notwendigen Zwischenlagervolumen von ca. 1.000 m³ im Jahr. Hinzu komme das Lagervolumen für die Betriebe der Gesellschafter … und … mit 83 bzw. 90 Rindern und einem hieraus resultierenden, weiteren Gülleanfall von ca. 1.100 und 1.200 m³ im Jahr, somit einem weiteren Zwischenlagervolumen von ca. 1.200 m³ im Jahr. Auf einen zusätzlichen Lagerbedarf für die Zukunft wegen eventueller, nicht absehbarer Viehaufstockung könne dagegen nicht abgestellt werden. Selbst wenn man die bereits vorhandenen Güllegruben der Betriebe der Gesellschafter der Beigeladenen nicht in Abzug bringen sollte, ergebe sich somit ein höchstens erforderliches Zwischenlagervolumen von ca. 2.300 m³ und nicht von 6.490 m³. Diese mangels bereitgestellter Unterlagen nur überschlägige Berechnung des Lagerbedarfs belege doch die zu große Dimensionierung des Folienerdbeckens und stütze die Beurteilung, dass das Folienerdbecken mittelfristig nicht in erster Linie der GbR und deren Gesellschaftern dienen solle, sondern einer nicht privilegierten, gewerbsmäßigen Betätigung. Durch die Ausnutzung der vorhandenen Güllebehälter im Bereich der Gesellschafter würde der Außenbereich geschont und es benötige keinen Flächenverbrauch im Außenbereich mit kostenintensiven Erschließungsmaßnahmen.
35
Hinsichtlich des „Dienens“ sei deshalb wegen den weiten Transportwegen sowie dem zu großen Lagervolumen ein Sachverständigengutachten nach Auswahl des Gerichts einzuholen.
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Das Bauvorhaben sei auch nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert. Auf diesen Privilegierungstatbestand werde der streitgegenständliche Bescheid schon gar nicht gestützt. Unabhängig davon sei dieser Privilegierungstatbestand aus den schon dargestellten Gründen auf sogenannte „mitgezogene Betätigungen“ nicht anwendbar. Es handele sich bei der Güllelagune nicht um ein Vorhaben, welches nur im Außenbereich ausgeführt werden solle. Eine bauliche Anlage zur Lagerung von Gülle könne auch im Innenbereich, insbesondere in einem Dorf- oder Mischgebiet, direkt neben der Hofstelle errichtet werden. Hierfür gebe es eine Vielzahl von gleichgelagerten Fällen. Die Geruchsbelästigung sei nicht so erheblich, als dass diese in einem Dorfgebiet nicht hingenommen werden könnte. Unabhängig davon sei das Vorhaben für die Lagerung der Gülle im Hinblick auf die landwirtschaftlichen Betriebe der Gesellschafter aus den oben dargestellten Gründen nicht erforderlich. Außerdem hätten bis dato weder die Beigeladene noch ihre Gesellschafter eine Erklärung gegenüber dem Landratsamt … abgegeben, dass das Bauvorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückgebaut werde.
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Die Erschließung des Bauvorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB sei nicht gesichert. Die Erschließung des Vorhabengrundstück solle von der vielbefahrenen Kreisstraße … erfolgen, was seitens der Klägerin aus Gründen der Verkehrssicherheit für nicht ausreichend erachtet werde. Es gebe keine Geschwindigkeitsbegrenzung und keine Linksabbiegerspur, die unter Berücksichtigung der Frequenz und der Fahrzeugart (Lkw-Verkehr) zwingend erforderlich wäre. Hierzu sei zwar eine Stellungnahme des Tiefbauamtes des Landratsamtes … eingeholt worden, nicht jedoch von der hierfür maßgeblichen Fachbehörde, insbesondere der Polizeiinspektion … oder aber der Abteilung Straßenverkehr des Landratsamtes … Nach alledem sei das Bauvorhaben nicht privilegiert und damit als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Als solches verstoße es gegen mehrere öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB; es liege ein Widerspruch gegen die Darstellungen des Flächennutzungsplanes vor, es würden erhebliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen, es werde die natürliche Eigenart der Landschaft und deren Erholungswert beeinträchtigt sowie das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet und die Belange der Wasserwirtschaft gefährdet.
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Im Flächennutzungsplan der Klägerin sei das Vorhabengrundstück als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen. Aus den schon dargestellten Gründen handele es sich jedoch bei dem Folienerdbecken um keine bauliche Anlage, welche einem landwirtschaftlichen Betrieb diene.
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Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Bauvorhaben erhebliche negative Umwelteinwirkungen auf die Wohnbebauung in der näheren Umgebung hervorrufe, insbesondere im Hinblick auf die vom Folienerdbecken ausgehenden Geruchsemissionen für die Wohnbebauung in einem Abstand von ca. 600 m im klägerischen Ortsteil … Insoweit lägen zwar befürwortende Stellungnahmen des Immissionsschutzes des Landratsamts … sowie des AELF vor, jedoch sei vom Landratsamt … kein Gutachten eines Fachingenieurbüros hierzu eingeholt worden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass das Folienerdbecken den nach der Geruchsimmissionsrichtlinie – GIRL – notwendigen Abstand zu einer benachbarten Wohnbebauung einzuhalten habe. Nach Vorliegen eines Sachverständigengutachtens eines Fachingenieurbüros werde sich herausstellen, dass von dem Folienerdbecken eine unzumutbare Geruchsbelästigung für die benachbarte Wohnbebauung im klägerischen Ortsteil … ausgehe und diese nicht den notwendigen Abstand einhalte. Die Lagermenge von 6.490m³ liege nur knapp unterhalb des Anhangs 1 der Ziffer 9.36 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes – 4. BImSchV. Ab dieser Grenze wäre ein vereinfachtes Immissionsschutzgenehmigungsverfahren durchzuführen.
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Auch die Eigenart der Landschaft und deren Erholungswert sowie das Orts- und Landschaftsbild würden durch das streitgegenständliche Bauvorhaben verunstaltet. Dies sei schon augenscheinlich bei einer Güllelagune im Außenbereich.
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Darüber hinaus sei eine ordnungsgemäße Niederschlagswasserbeseitigung nicht gewährleistet. Dabei handele es sich um einen öffentlichen Belang nach § 35 Abs. 2 BauGB, welcher durch das streitgegenständliche Bauvorhaben beeinträchtigt werde. Das Folienerdbecken sei nicht abgedeckt, sondern nach oben offen, es könne also in großem Umfang Niederschlagswasser in das Folienerdbecken einbringen. Das Folienerdbecken verfüge nicht über einen eigenen Abfluss, sondern sei – falls ein Überlauf drohte – abzupumpen. Dies sei aber bei starken Regenfällen, welche derzeit nicht unüblich seien, kurzfristig nicht möglich mit der Folge, dass bei Starkregenereignissen die Gülle über den Beckenrand austrete, in das Erdreich/Grundwasser eindringe und eine nicht hinzunehmende Grundwasserverunreinigung verursache. Es bestehe somit eine erhebliche Gefahr für das Grundwasser. Außerdem könne mit Gülle verunreinigtes Niederschlagswasser im Bereich der befestigten Flächen unbehandelt versickern und ebenfalls in das Grundwasser eindringen, was zu einer erheblichen Gefährdung für das Grundwasser führe. Zum Bauvorhaben sei zwar die Abteilung Wasserrecht des Landratsamtes … angehört worden, nicht jedoch das zuständige Wasserwirtschaftsamt … als Fachbehörde. Dies wäre jedoch zwingend erforderlich, um die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Wasserwirtschaft, insbesondere das Grundwasser im Bereich des Baugrundstücks, ordnungsgemäß beurteilen zu können.
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Außerdem sei das Folienerdbecken auch nicht ausreichend verkehrssicher. Dieses verfüge nicht über eine Einzäunung. Es sei somit zu befürchten, dass Menschen und Tiere in das Becken fallen und dort zu Tode kommen. Dies hätte jedenfalls gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB bei der Wirtschaftlichkeit der Aufwendungen für die Sicherheit oder Gesundheit berücksichtigt werden müssen.
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Auch für den Änderungsbauantrag habe die Klägerin ihr gemeindliches Einvernehmen verweigert, da der Damm nun deutlich höher errichtet werden solle, als in der ursprünglichen Baugenehmigung geplant. Hintergrund sei eine Auflage im Bescheid, die wegen zu hoch anstehenden Grundwasser nicht erfüllt werden könne. Somit könne das Bauwerk tatsächlich nicht entsprechend der ursprünglichen Genehmigung errichtet werden. Die weiteren klägerischen Einwendungen würden damit ebenfalls nicht gelöst.
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Die Klägerin beantragt,
die Bescheide vom 22.07.2021 und 23.12.2022 in der Fassung vom 07.03.2024 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Klage jedenfalls unbegründet sei. Das Einvernehmen der Gemeinde dürfe nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden. Solche Gründe seien vorliegend nicht gegeben.
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Vorwegzuschicken sei dabei, dass der Baugenehmigung nicht die Annahme einer mitgezogenen Privilegierung zugrunde liege. Erläuterungen zu den klägerischen Ausführungen seien daher hierzu nicht angezeigt. Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert.
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Die gewählte Gesellschaftsform der GbR stehe dem nicht entgegen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Umfasst seien Vorhaben, die einem „landwirtschaftlichen Betrieb dienen“. Die konkrete Inhaberschaft sei dabei nicht maßgeblich. Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes könnten daher nicht nur natürliche Personen als Einzelpersonen sein, sondern auch Gesellschaften. Dies gelte vorliegend umso mehr, da die Privilegierung in jeder Person der Gesellschafter vorliege.
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Auch der Einwand, dass eine Privilegierung bereits deshalb nicht vorliege, da weder im Gesellschaftsvertrag noch in der Baugenehmigung ein dauerhafter Fortbestand der Gesellschaft zwingend festgelegt sei, verfange nicht. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung des Gerichts in Anfechtungssituationen sei grundsätzlich der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung. Sollte sich im Nachhinein die tatsächliche Situation ändern, namentlich Zweifel an der Privilegierung bestehen, gehe dies regelmäßig mit einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung einher.
50
Der Klägerseite sei vor diesem Hintergrund auch nicht zuzustimmen, dass beispielsweise eine Rückbauverpflichtung unmittelbar Gegenstand des Bescheides sein müsse. Zum einen hänge die Anwendung bauaufsichtlicher Maßnahmen stark vom konkreten Einzelfall und den tatsächlichen Gegebenheiten ab. Für alle Fälle könne gerade nicht im Vorgriff eine zutreffende Ermessensentscheidung antizipiert werden. Zum anderen sehe das BauGB die Aufnahme einer solchen in dem vorliegenden Privilegierungsfall nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gerade nicht vor. § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB nehme hier die Fälle landwirtschaftlicher Privilegierungen explizit aus dem Regelungsgehalt heraus. Es handele sich somit gerade nicht um eine (zusätzliche) Zulässigkeitsvoraussetzung.
51
Ausweislich der Feststellungen des AELF vom 14.04.2021 bewirtschafte jeder Gesellschafter einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb. Das Vorhaben habe den Zweck, landwirtschaftliche Wirtschaftsgüter zu lagern. Die Eigenschaft eines landwirtschaftlichen Betriebs sei für alle Gesellschafter der GbR geprüft worden. Insbesondere liege entgegen der klägerischen Auffassung diese auch bei dem Gesellschafter … vor und nicht nur bei der … GbR. Dieser habe eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert und erfolgreich mit dem „Agrarbetriebswirt“ abgeschlossen. Der Betrieb werde im Haupterwerb geführt und bestehe schon seit einigen Generationen. Mit dessen Sohn stehe ein Hofnachfolger parat, der nach Abschluss der Mittleren Reife bereits für die landwirtschaftliche Ausbildung gemeldet sei. Auf dem Betrieb würden bis zu 1,6 Arbeitskräfte arbeiten. Die Arbeitsschwerpunkte des Betriebs seien Ackerbau und Schweinemast. Ein kurzfristiges Aussetzen der Schweinemast aufgrund einer momentanen ruinösen Gewinnsituation stehe dem nicht entgegen. Eine desolate Marktsituation betreffe hier auch immens gestiegene Kosten, weshalb die Unternehmerentscheidung nachvollziehbar sei. Der Betrieb verfüge überdies über relativ neue Stallungen, die den aktuellen Haltungsstandards entsprächen. Ein Ausstieg aus der Schweinemast sei daher nicht zu befürchten und werde auch nicht angestrebt. Auch die Flächensituation könne als äußerst stabil angesehen werden. So seien über die Jahre Flächenankäufe festzustellen, die zu Eigentumsflächen von ca. 45 ha geführt hätten. Den maßgeblichen Zeitpunkt für Beurteilung habe die Klägerin mit Erteilung der Baugenehmigung zutreffend dargestellt, jedoch dabei verkannt, dass zur Beurteilung der Privilegierung zu eben diesem Zeitpunkt eine Prognoseentscheidung stattzufinden habe. Andernfalls könnten Neugründungen oder auch – wie hier – bloße Erweiterungen niemals genehmigt werden.
52
Auch die Dienlichkeit sei zu bejahen. Durch die Umsetzung der Düngeverordnung sei die Schaffung von zusätzlichen Lagerraum für die Betriebe zwingend notwendig und in diesem Umfang auch dienlich.
53
Die Klägerseite gehe fehl in der Annahme, dass der Privilegierung die Entfernung der Betriebe entgegenstünde. Dies gelte unabhängig davon, ob diese 5 km oder 6,8 km entfernt seien. Die Entfernung der Betriebe werde mit ca. 5 km angegeben, wobei beide Landwirte auch Betriebsflächen rund um das Folienerdbecken bewirtschaften würden. Maßgeblich seien bei dieser Bewertung stets die räumliche Nähe zu den Schwerpunkten der betrieblichen Abläufe, die für das konkrete Vorhaben auch in der Feldbewirtschaftung liegen könnten. Dies werde auch durch einschlägige Rechtsprechung bestätigt, die die Zulässigkeit eines Güllebehälters in einer Entfernung von 25 km bzw. 27 km zur Hofstelle mit Verweis auf die Nähe zu den Feldern, auf denen die Gülle ohnehin auszubringen sei, bejaht. Die sich stetig ändernden Vorgaben und Restriktionen zur Ausbringung der Gülle aus der Düngerverordnung würden größtmögliche Flexibilität erfordern. Die Nähe zur Hofstelle sei vor diesem Hintergrund weit weniger wichtig als die zu den Feldern. Hinzu komme, dass die Betrachtung der Dienlichkeit insbesondere unter dem Aspekt der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs zu erfolgen habe. Eine gemeinsame Lagerung von Wirtschaftsdünger sei insbesondere für die Schonung des Außenbereichs (Flächenverbrauch für Erdbecken mit Erschließung) positiv zu werten.
54
Auch das konkrete Fassungsvermögen sei der Annahme der Dienlichkeit nicht abträglich. Die Berechnungsgrundlagen seien Gegenstand der Akte (vgl. Bl. 169 der Behördenakte I). Bereits der derzeit ermittelte Bedarf entspreche dem Volumen des Erdfolienbeckens (brutto) unter Berücksichtigung des notwendigen Freibords. Auch seien vorhandene Lagerkapazitäten berücksichtigt worden. Die ausführliche Darstellung sei insgesamt schlüssig und nachvollziehbar. Anders liege der Fall bei den klägerischen Ausführungen zum Volumen. Eine pauschale Abschätzung sei hier keineswegs zielführend. Im Rahmen der Ermittlung sei zu berücksichtigen, dass nach der Düngeverordnung landwirtschaftliche Betriebe mit Anfall von organischen Düngern eine sog. Lagerraumberechnung für Gülle, Jauche und Stallmist durchführen müssten. Das Berechnungsprogramm werde hierfür von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft – LfL – zur Verfügung gestellt. Neben den vorhandenen Tieren, welche aus der HIT-Datenbank für Rinder bzw. aus der TAM-Datenbank (Arzneimitteldatenbank) für Schweine ermittelt würden, müssten tierspezifische Parameter verrechnet werden. So seien Tierleistungen aus verschiedenen Leistungsprüfungen zusammenzuführen. Auch die Niederschläge des Standorts seien zu berücksichtigen. Diese Bewertung habe vorliegend dazu geführt, dass für alle Gesellschafter der GbR von einer Privilegierung auszugehen sei.
55
Für den Fall, dass wider Erwarten eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vorliege, sei jedenfalls als Auffangtatbestand auch eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB möglich. Hierzu werde auf die Ausführungen der Beigeladenen verwiesen.
56
Auch die Erschließung sei gemäß § 35 Abs. 1 BauGB ausreichend gesichert. Nicht unerwähnt bleiben solle hierbei das widersprüchliche Verhalten der Klägerin, auf deren Wunsch in die ursprünglich angedachte Erschließung geändert worden sei. Die nunmehr geplante Erschließung über die bereits bestehende Zufahrt begegne jedenfalls keine Bedenken. Seitens des Fachbereichs Tiefbau würden durch das geringfügig erhöhte landwirtschaftliche Verkehrsaufkommen zur Bewirtschaftung des Folienerdbeckens keine gravierenden negativen Auswirkungen auf Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf der Kreisstraße erwartet. Zudem werde die bereits vorhandene und damit bestandsgeschützte Zufahrt aufgrund des höheren Verkehrsaufkommens entsprechend verbessert. So werde die Zufahrt verbreitert und auch auf eine längere Strecke befestigt. Dies sei im Rahmen der Nebenbestimmungen unter Ziffer 2.17 entsprechend vorgegeben worden. Mit dem Betrieb der Güllelagune werde insbesondere auch kein öffentlicher Verkehr auf der Zufahrt eröffnet. Es sei unzutreffend, dass hierfür die Stellungnahme der Polizei oder der Verkehrsbehörde zwingend erforderlich sei. Der Straßenbaulastträger sei ohne weiteres in der Lage, aufgrund seiner originären Zuständigkeit und Erfahrung Auswirkungen auf Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs fachgerecht beurteilen zu können. So seien für die Zufahrt die Sichtverhältnisse der Anfahrsicht einbiegender Fahrzeuge und auch die Haltesichtweite für Fahrzeuge auf der Kreisstraße untersucht worden. Die ermittelten Werte seien für die auf der Kreisstraße zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h größer als die in den Richtlinien geforderten Mindestwerte. Damit seien die Belange der Verkehrssicherheit vom Fachbereich Tiefbau erschöpfend untersucht worden.
57
Ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB liege nicht vor, da es sich um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB handele, sodass die Darstellungen im Flächennutzungsplan („landwirtschaftliche Nutzfläche“) nicht entgegenstünden.
58
Insbesondere rufe das Vorhaben auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hervor. Die zuständigen Fachstellen seien hierzu gehört worden und hätten dem Vorhaben unter Nennung entsprechender Nebenbestimmungen zugestimmt. Somit seien die vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Geruchs- und Lärmbelästigungen auszuschließen. Anlagen zur Lagerung von Gülle seien erst ab einer Lagermenge von 6.500 m³ (Anhang 1 Ziffer 9.36 4. BImSchV) nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. Bei dem streitgegenständlichen Folienerdbecken werde diese Mengen bei weitem nicht erreicht, weshalb ein Baugenehmigungsverfahren statthaft sei. Im Baugenehmigungsverfahren würden die relativ kostenintensiven Geruchsgutachten nach der GIRL nicht gefordert, wenn die Berechnung durch das AELF ergebe, dass die nach in der VDI 3894 Bl. 2 (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen – Methode zur Abstandsbestimmung – Geruch) ermittelten Mindestabstände sicher eingehalten würden. Dies sei hier der Fall. Durch einen ausreichend großen Anteil von Rindergülle bilde sich eine natürliche Schwimmdecke, die gerade die Emission von Geruchsstoffen sicher unterbinde. In Ziffer 2.10 des Bescheids sei als Nebenbestimmung zudem festgesetzt worden, dass in dem Fall, dass sich keine natürliche Schwimmdecke bilden sollte, eine künstliche Schwimmdecke durch entsprechende Zugabe von geeignetem Tongranulat herzustellen sei. Überdies seien auch keine konkreten Einwände gegen die Berechnung des AELF vorgetragen worden.
59
Auch der Einwand, dass die natürliche Eigenart der Landschaft und deren Erholungswert beeinträchtigt sei sowie das Ort- und Landschaftsbild i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB verunstaltet sei, sei unzutreffend. Die Klägerseite belasse es hier bei der pauschalen Behauptung, weshalb eine substantiierte Erwiderung obsolet sei. Selbstverständlich sei auch die Untere Naturschutzbehörde beteiligt worden, die die vorgetragenen Bedenken nicht bestätigt habe. Die natürliche landwirtschaftliche Bodennutzung könne durch ein landwirtschaftlich privilegiertes Bauvorhaben nicht in Zweifel gezogen werden.
60
Auch liege gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB keine Beeinträchtigung der Belange der Wasserwirtschaft vor. Die Klägerseite stelle hierbei offenbar auf Starkregenereignisse ab, die im Fall des Überlaufens das Grundwasser gefährden würden. Das streitgegenständliche Bauvorhaben entspreche den Anforderungen zum Lagern wassergefährdender Stoffe, also den Anforderungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Wasserhaushaltsgesetzes – WHG. Eine Eignungsfeststellung sei wegen § 63 Abs. 2 Satz 1 WHG nicht notwendig. Es sei eine allgemeine Bauartgenehmigung des DIBt, Nr. Z-59.25-438 erteilt worden. Ziffer 1 Abs. 5 regele die Verwendung in Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften – JGS-Anlagen. Die allgemeine Bauartgenehmigung berücksichtige ebenfalls die wasserrechtlichen Anforderungen an JGS-Anlagen. Der Zulassungsgegenstand dürfe gemäß Abschnitt 2.1 der Anlage 7 der AwSV in JGS-Anlagen verwendet werden. Hier sei unter Ziffer 2.1 Abs. 12 festgesetzt, dass ein Freibord von mindestens 50 cm einzuhalten sei. Im Vergleich zu sonstigen offenen Lageanlagen für Jauche und Gülle seien hier die Anforderungen bei Erdwerken bereits deutlich höher. Die gesetzlichen Anforderungen lägen demnach vor. Eine weitere Stellungnahme durch das Wasserwirtschaftsamt sei hierfür nicht erforderlich. Die fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft am Landratsamt … habe wasserwirtschaftliche Prüfungen als Sachverständige durchgeführt (vgl. Bl. 43 der Behördenakte I). Eine Beteiligung des Wasserwirtschaftsamtes sei in diesem Zusammenhang nicht geboten, weil die fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft am Landratsamt … gem. Art. 24 Abs. 1, 26 Abs. 1 Nr. 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – BayVwVfG – i.V.m. Nr. 7.4.5.3.1 b) der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wasserrechts – VVWas – Sachverständiger für den fachlichen Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sei.
61
Die von der Klägerseite vorgebrachte Rüge bezüglich der fehlenden Verkehrssicherheit sei nicht im Prüfungsumfang des Art. 60 BayBO enthalten und demzufolge im Genehmigungsverfahren nicht Gegenstand der Prüfung. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB beziehe sich ausschließlich auf Aufwendungen der öffentlichen Hand.
62
Die mit Beschluss vom 12.08.2021 beigeladene Bauherrin beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
63
Zur Begründung trägt sie vor, dass die Klage bereits unzulässig sei, jedenfalls aber unbegründet.
64
Grundsätzlich folge die Klagebefugnis der Klägerin aus der Ersetzung des von der Klägerin versagten Einvernehmens nach § 36 BauGB. Es sei allerdings fraglich, ob die Klägerin ihre Klagebefugnis verloren habe. Denn die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens stelle im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin einen für die Klägerin anfechtbaren Verwaltungsakt dar. Soweit die Einvernehmensersetzung unter gleichzeitiger Erteilung der Baugenehmigung erfolge, müsse die Genehmigung nach zutreffender Auffassung – um die Bestandskraft beider Bescheide zu verhindern – gegen beide Entscheidungen mit Anfechtungsrechtsbehelfen vorgehen. Versäume die Gemeinde dies, werde die Ersetzung bestandskräftig, sodass ihr Einvernehmen endgültig feststehe und insoweit die mögliche Fehlerhaftigkeit der Genehmigung entfalle. Deshalb werde der Gemeinde, deren Einvernehmen aus Sicht der Gemeinde rechtswidrig ersetzt worden sei, auch generell geraten, einerseits die Entscheidung über das ersetzte Einvernehmen und andererseits die erteilte Baugenehmigung anzufechten, weil ohne doppelte Anfechtung ansonsten einer der Bescheide in Rechtskraft erwachse. Zwar sei es eine Gemeinde im Rahmen einer objektiven Klagehäufung nach § 44 VwGO möglich, in einem einheitlichen Klageverfahren sowohl die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens als auch die Erteilung der Baugenehmigung anzufechten. Dies erfordere aber zumindest, dass sich die objektive Klagehäufung aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe und eine inhaltliche Beschränkung des Rechtsschutzbegehrens nicht erfolgt sei. Eine solche inhaltliche Beschränkung des Klagebegehrens habe die Klägerin allerdings bereits mit dem Klageschriftsatz vom 11.08.2021 durch die Formulierung der Klageanträge vorgenommen. Klagegegenständlich sei nach dem Klageantrag Ziffer 1 nur die Aufhebung der Baugenehmigung, die der Beklagte der Beigeladenen erteilt habe, nicht jedoch die hiervon zu unterscheidende ebenfalls bescheidsgegenständliche Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens. Die bereits bei Klageerhebung anwaltlich vertretene Klägerin muss diese von ihr selbst vorgenommene Beschränkung ihres Klagebegehrens gegen sich gelten lassen. Eine nachträgliche Erweiterung des Klagebegehrens nach Ablauf der Anfechtungsfrist sei nicht möglich. Da die Klägerin somit nur die erteilte Baugenehmigung, nicht indessen zugleich auch die Ersetzung des Einvernehmens mit Rechtsmitteln angefochten habe, stehe für das hiesige Verwaltungsstreitverfahren mit Bindungswirkung fest, dass der Beklagte das von der Klägerin versagte Einvernehmen bestandskräftig ersetzt habe. Das habe aus Sicht der Beigeladenen bereits zur Folge, dass die Klage aufgrund eines verlorenen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden sei. Denn wenn für das Verwaltungsstreitverfahren zu unterstellen sei, dass das gemeindliche Einvernehmen zu Recht ersetzt worden sei, mangele es der Klägerin am Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Anfechtung der Baugenehmigung.
65
Unbeschadet dessen sei die Klage allerdings in jedem Fall auch unbegründet. Die Klägerin werde durch den streitgegenständlichen Bescheid nicht in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung – BV – verfassungsrechtlich garantierten und einfachgesetzlich durch § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB konkretisierten kommunalen Planungshoheit verletzt.
66
Die Ersetzung des Einvernehmens sei formell rechtmäßig. Der Beklagte sei nach Art. 110, 113 der Gemeindeordnung – GO, Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG für die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens zuständig. Die nach Art. 67 Abs. 4 BayBO erforderliche Anhörung mit Gelegenheit binnen angemessener Frist erneut über das gemeindliche Einvernehmen zu entscheiden, sei nach Aktenlage durch den Beklagten unter Setzung einer Frist zur erneuten Entscheidung durch Schreiben vom 26.05.2021 durchgeführt worden.
67
Die Ersetzung sei auch materiell rechtmäßig, da sich das Vorhaben nach § 35 BauGB als planungsrechtlich zulässig darstelle und insoweit für die Beigeladene gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ein Genehmigungsanspruch bestehe.
68
Soweit die Klägerin geltend mache, dass die Beigeladene selbst als „juristische Person“ keinen landwirtschaftlichen Betrieb betreibe, sei zunächst gesagt, dass es sich bei der Beigeladenen als GbR um eine Personengesellschaft und keine juristische Person handele. Zwar sei zutreffend, dass die Beigeladene, deren Zweck nach dem Gesellschaftsvertrag (vgl. Bl. 65 der Behördenakte I) das Einlagern von Wirtschaftsdünger sei, selbst keine Bodenbewirtschaftung betreibe. Soweit in der Kommentarliteratur jedoch die Auffassung vertreten werde, die Kooperation landwirtschaftlicher Betriebe in den Bereichen des Einsatzes gemeinsamer Anlagen erfülle nicht die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebes, weil der Faktor Boden, der mit den Faktorenbetriebsmitteln und menschliche Arbeit verbunden sein müsse, einer solchen Kooperation ermangele, so sei zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Kommentarauffassung höchstrichterlich bisher nicht bestätigt worden sei. Die sei auch fragwürdig und unrichtig, denn § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfordere schon von seinem Wortlaut nicht, dass der Vorhabenträger selbst Landwirt sei, sondern lediglich, dass das Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Durch das Merkmal des Dienens solle sichergestellt werden, dass keine landwirtschaftsfremden Nutzungen an der Privilegierung teilnehmen könnten. Daher sei die Anspruchsvoraussetzung für die Privilegierung auch in diesem Sinne zu verstehen. Aus dem gleichen Gedanken heraus – der insoweit auch im Genehmigungsverfahren Beachtung gefunden habe – seien auch sogenannte mitgezogene Nutzungen von der Teilhabe an der Privilegierung erfasst. In diesem Fall müsse es sich um eine bodenrechtliche Nebensache der landwirtschaftlichen Nutzung handeln. Zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und der hinzukommenden Betätigung müsse ein betrieblicher Zusammenhang bestehen. Schließlich müsse die mitgezogene Nutzung dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet sein. Entscheidend sei, dass durch die mitgezogene Nutzung der Privilegierungszweck nicht ausgehöhlt und zweckentfremdet werde. Aus den gleichen Gründen könnten dann aber auch eine Kooperation landwirtschaftlicher Betriebe in Form einer zu diesem Zweck von mehreren für sich betrachtet privilegierten Landwirten gegründeten Gesellschaft an der Privilegierung der Betriebe der Gesellschafter teilnehmen. Dies müsse gerade für einen Fall wie den vorliegenden, in dem es um ein Folienerdbecken für die gemeinsame Lagerung der in den Betrieben anfallenden Gülle gehe, welches den sich ändernden Vorgaben der Verordnung zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Pflanzenversorgung, einem verantwortungsvollen Gewässer- und Grundwasserschutz und einer emissionsarmen Düngerapplikation diene (vgl. Bl. 169 ff. der Gerichtsakte), gelten. Derartige Vorhaben seien zukunftsträchtig, sinnvoll, notwendig und vor allem umweltschonend und würden vermeiden, dass die an der Kooperation beteiligten Landwirte jeder für sich eine eigene Düngerlagerstätte mit einer damit einhergehenden umfangreicheren Versiegelung der Landschaft herstellen müssen. Vor diesem Hintergrund sei kein nachvollziehbarer Grund dafür erkennbar, dass die Kooperation mehrerer privilegierter Landwirte in Form einer Gesellschaft nicht ebenfalls an der Privilegierung der Einzelbetriebe teilhaben könne.
69
Soweit die Klägerin ausführe, dass dann, wenn man die Kooperation mehrerer Landwirte in Form einer GbR für zulässig ansehe, sichergestellt sein müsse, dass der Privilegierungstatbestand nicht durch einen Wechsel im Bestand der Gesellschafter ausgehöhlt werden könne, so sei dies in rechtlicher Hinsicht durchaus nicht falsch. Allerdings sichere der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen, der am 08.12.2020 geändert worden sei (vgl. Bl. 78 der Behördenakte I), dieses Erfordernis ausdrücklich ab. Nach Ziffer X. des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 08.12.2020 seien Gesellschaftsanteile nämlich nur mit Zustimmung der anderen Gesellschafter veräußerlich und belastbar; die Zustimmung zur Veräußerung oder Belastung sei zu versagen, wenn der Erwerber kein Landwirt sei, was für alle anderweitigen Übertragungen in gleicher Weise Geltung beanspruche. Durch diese Regelung des Gesellschaftsvertrages sei also sichergestellt, dass eine zunächst privilegierte Nutzung nicht durch eine Änderung im Bestand der Gesellschafter beispielsweise den bodenrechtlichen Bezug zu den Mitgliedsbetrieben der Gesellschaft verliere. Soweit es – wie nicht – gleichwohl dazu kommen sollte, dass durch einen Wechsel im Bestand der Gesellschafter oder durch eine Änderung des Gesellschaftszwecks die Privilegierung verlustig gehen sollte, so würde dies automatisch eine für sich betrachtet zum Verlust der Genehmigung führende Nutzungsänderung darstellen, wie dies im Ergebnis für jedes andere ursprünglich privilegierte Vorhaben, das durch ein Ereignis die Privilegierung verliere, in gleicher Weise gelte.
70
Gleiches gelte im Übrigen, falls es aufgrund einer Beendigung des Nutzungsvertrages zu einer „Entprivilegierung“ kommen sollte, weil der Eigentümer des Baugrundstückes im Rahmen seiner landwirtschaftlichen Nutzung – was derzeit ja überhaupt nicht absehbar sei – für das konkrete Folienerdbecken keine Privilegierung mehr beanspruchen könnte. Diese nur theoretisch denkbaren zukünftigen Entwicklungen würden sich aber der rechtlichen Bewertung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigung entziehen, da es insoweit auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bzw. der mündlichen Verhandlung in diesem Verwaltungsstreitverfahren ankomme und die von der Klägerin befürchteten Veränderungen jedenfalls bis heute nicht eingetreten seien und auch absehbar nicht eintreten würden.
71
Obwohl es im Ergebnis hierauf nicht ankomme, sei rein vorsorglich darauf hinzuweisen, dass die Behauptung der Klägerin, der Gesellschafter … betreibe nicht ausschließlich einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb, weil die Hauptbetätigung im landwirtschaftlichen Lohnunternehmen liege, unrichtig sei. Es sei auch unrichtig, dass der Betrieb des Gesellschafter … keine Mastschweinehaltung vornehme, was sich schon aus den Stellungnahmen des AELF vom 25.09.2020 (vgl. Bl. 50 der Behördenakte I) oder vom 30.12.2020 (vgl. Bl. 86 der Behördenakte I) ergebe. Die Coronabedingt zwischenzeitlich temporär aufgegebene Tierhaltung sei in der Zwischenzeit wiederaufgenommen worden und der Bestand an gehaltenen Schweinen nunmehr sukzessive aufgestockt – derzeit würden ca. 900 Schweine gehalten.
72
Soweit die Klägerin ausführe, der Betrieb des Gesellschafters … befinde sich in einer Entfernung vom geplanten Folienerdbecken, die eine Privilegierung ausschließe, sei rein vorsorglich darauf hinzuweisen, dass es insoweit nicht nur auf die Entfernung vom Stammsitz eines Landwirts zum Vorhaben, sondern auch auf die Entfernung des Vorhabens zu den Feldern, auf denen die Gülle ausgebracht werden solle, ankomme. Tatsächlich lägen einige Felder des Gesellschafters … ausweislich der Verfahrensakten (vgl. Bl. 100 der Behördenakte I) durchaus in der räumlichen Nähe zum Bauort. Zudem stelle eine von der Klägerin behauptete Entfernung von 6,8 km zwischen dem Betrieb des Gesellschafters … und dem Bauort keine Entfernung da, die unter Berücksichtigung der heutigen technischen Möglichkeiten und der Entwicklungen in der Landwirtschaft, die durchaus dadurch gekennzeichnet seien, dass die Landwirtschaft nicht mehr ausschließlich in engster Nähe zur Betriebsstelle betrieben werde, sondern sehr häufig auf weiter entfernt liegenden Feldern, die Annahme einer Privilegierung ausschließen würde.
73
Nach der in den Akten befindlichen fachtechnischen Stellungnahme des AELF vom 15.07.2021 (vgl. Bl. 169 der Behördenakte I) sei das geplante Volumen des Folienerdbeckens keinesfalls überdimensioniert. Der notwendige Lagerbedarf belaufe sich danach auf rund 7.413 m³. Die Klägerin übersehe, dass der bereits vorhandene Lagerraum nach der Stellungnahme nicht ausreichend sei, um den Bedarf der drei Gesellschafter der Klägerin an Einlagerungsmöglichkeiten abzudecken.
74
Im Übrigen sei rein vorsorglich darauf hinzuweisen, dass das Vorhaben im Übrigen entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin auch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei. Denn eine Güllelagerstätte sei auf einen Standort im Außenbereich angewiesen. Bei wertender Betrachtung solle eine Güllelagerstätte nur im Außenbereich ausgeführt werden, da sie im Innenbereich zu bodenrechtlichen Spannungen führen würde. Diese letztentscheidende Voraussetzung für die Bejahung des Privilegierungstatbestandes des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB verenge die relative Weite der drei Merkmale „besondere Anforderungen an die Umgebung“, „nachteilige Wirkung auf die Umgebung“ und „besondere Zweckbestimmung“, die in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB angelegt seien, auf ein sachangemessenes Maß. Und genau unter diesem Blickwinkel würden Folienerdbecken zu den Anlagen gehören, die nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen und deshalb den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB für sich beanspruchen könnten, wobei es insoweit nicht darauf ankomme, ob die Güllelagerung mit der anderweitig privilegierten landwirtschaftlichen Nutzung in Verbindung stehe oder nicht. Der Umstand, dass die Beigeladene selbst nach ihrem Gesellschaftszweck keine Landwirtschaft betreibe, sei somit für den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB völlig unerheblich. Wenn – wie die Klägerin meine – das Bauvorhaben keine sogenannte „mitgezogene Betätigung“ darstelle, stelle sich die von der Klägerin problematisierte Frage des Verhältnisses der beiden Privilegierungstatbestände nicht. Unbeschadet dessen sei es keinesfalls ausgeschlossen, dass mehrere Privilegierungstatbestände für ein Bauvorhaben nebeneinander Geltung beanspruchen.
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Die Erschließung des Bauvorhabens sei hinreichend gesichert. In der angefochtenen Baugenehmigung sei – entsprechend der eingeholten Stellungnahme der Kreisstraßenmeisterei (vgl. Bl. 179 der Behördenakte I) – ausdrücklich in Ziffer 2.17 beauflagt, dass die Zu- und Abfahrt zur Kreisstraße dem erhöhten Verkehrsaufkommen entsprechend zu verbessern und in einer Breite von mindestens 5 m auf einer Länge von mindestens 15 m in Asphaltbauweise zu befestigen sei. Eine Beteiligung der Polizeiinspektion … am Baugenehmigungsverfahren sei aufgrund der fachtechnischen Stellungnahme der Straßenmeisterei nicht erforderlich.
76
Schließlich wäre das Vorhaben auch nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig, weil öffentliche Belange entgegen der klägerischen Auffassung von dem Vorhaben nicht beeinträchtigt würden.
77
Die Ausweisung des Baugrundstückes als Fläche für die Landwirtschaft im Flächennutzungsplan stehe der Genehmigung nicht entgegen, da sich eine Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder 4 BauGB stets durchsetze. Aber selbst wenn es – wie nicht – auf eine reine Beurteilung nach 35 Abs. 2 BauGB ankäme, müsste – damit die Darstellung des Flächennutzungsplanes dem Vorhaben entgegengehalten werden könnte – der Planungswillen der Gemeinde soweit konkretisiert sein, dass der Plan mit seinen Darstellungen positiv eine mit dem Vorhaben nicht zu vereinbarende Bestimmung treffe bzw. ein negativer Planungswillen mit der erforderlichen Deutlichkeit entnommen werden könne. Insbesondere die – hier vorliegende – allgemeine Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“ sei regelmäßig nicht geeignet, sondern vielmehr nur unter besonderen Voraussetzungen als konkrete, standortbezogene Aussage des Flächennutzungsplanes mit dem Gewicht eines öffentlichen Belanges anzusehen. Im Übrigen stelle die Lagerung von Gülle eine landwirtschaftliche Tätigkeit dar, selbst wenn sie – wie nicht – keinem landwirtschaftlichen Betrieb im Rechtssinne dienen sollte.
78
Entgegen den auch insoweit nur pauschalen Ausführungen der Klägerin würden von dem Folienerdbecken nach Aktenlage auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen für die Wohnbebauung im klägerischen Ortsteil … drohen. Wie die Klägerin selbst ausführe, habe die Untere Immissionsschutzbehörde eine Gefährdung durch eine unzumutbare Geruchsbeeinträchtigung ausgeschlossen (vgl. Bl. 52 der Behördenakte I). Soweit die Klägerin meint, der Beklagte habe Gutachten eines Fachingenieursbüros einholen müssen, verkenne die Klägerin auch insoweit, dass dazu kein Anlass bestanden habe. Die Klägerin ihrerseits trage auch nicht konkretisiert vor, inwieweit die Feststellungen der Unteren Immissionsschutzbehörde unrichtig sein könnten. Eine allgemeine und nicht konkretisierte Emissionsbefürchtung veranlasse weder die Baugenehmigungsbehörde noch die Kammer zur Einholung ergänzender Gutachten.
79
Es liege auch kein Verstoß gegen wasserrechtliche Vorschriften vor. Durch die Bauweise des Folienerdbeckens könne unter normalen Umständen Niederschlagswasser nicht in einer solchen Menge in das Becken eindringen, dass ein Überlauf drohen würde. Die klägerischen Ausführungen seien damit rein theoretischer Natur, weshalb auch die Beteiligung einer weiteren Fachbehörde, nämlich des Wasserwirtschaftsamts …, am Baugenehmigungsverfahren keinesfalls erforderlich gewesen sei.
80
Die Behauptung der Klägerin, das Folienerdbecken verfüge nur über eine unzureichende Verkehrssicherung, sei ebenfalls unrichtig. Unbeschadet dessen stelle die Verkehrssicherung einer Anlage eine sicherheitsrechtliche Frage dar, aber keinen öffentlichen Belang i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB.
81
Aufgrund Beweisbeschlusses vom 01.02.2024 sind die örtlichen Verhältnisse im Bereich des klägerischen Grundstücks am 15.02.2024 in Augenschein genommen worden.
82
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Protokolle des Augenscheintermins vom 01.02.2024 und der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2024 sowie der vorgelegten Behördenakten (§ 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).

Entscheidungsgründe

83
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid verstößt gegen keine zu Gunsten der Klägerin drittschützend wirkenden Vorschriften (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
84
Die Klage ist zulässig. Insbesondere können die Klagebefugnis bzw. das Rechtschutzbedürfnis der Klägerin bejaht werden. Entgegen der Rechtsauffassung der Beigeladenen ist eine Klage ausschließlich gegen die Baugenehmigung erforderlich und ausreichend. Eine separate, ausdrückliche Klage auch gegen die Ersetzungsentscheidung ist dagegen gemäß § 44a VwGO nicht notwendig, da diese Entscheidung im Verhältnis zu dem eigentlichen Rechtsschutzziel der Klägerin, die Verwirklichung des Vorhabens zu verhindern, als eine bloße Verfahrenshandlung zu qualifizieren ist, die nur im Zusammenhang mit der eigentlichen Sachentscheidung überprüft werden kann (vgl. VGH Mannheim, U.v. 21.2.2017 – 3 S 1748/14 – BauR 2017, 1012 m.w.N.; Dirnberger in Busse/Kraus, 152. EL Oktober 2023, BayBO Art. 67 Rn. 134).
II.
85
Die Klage ist mangels Verletzung zu Gunsten der Klägerin drittschützend wirkenden Vorschriften jedoch unbegründet.
86
Die Klage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann ohne Rücksicht auf die etwaige objektive Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung nur dann Erfolg haben, wenn die erteilte Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die gerade auch dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Ist der Dritte eine Gemeinde, kann diese auch bei Fehlen einer sie betreffenden drittschützenden Nachbarstellung darüber hinaus geltend machen, dass sie durch den streitgegenständlichen Bescheid entweder in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV verfassungsrechtlich garantierten und einfachgesetzlich durch § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB konkretisierten kommunalen Planungshoheit oder in ihrem ebenfalls in Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV wurzelnden Recht auf Schutz und Gestaltung des Ortsbildes, das in Art. 81 BayBO einfachgesetzlich ausgeformt ist, verletzt ist (vgl. VG Bayreuth, U.v. 17.6.2021 – B 2 K 20.555 – BeckRS 2021, 31090 Rn. 10).
87
Über die Zulässigkeit von Bauvorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB wird von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden, § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Das in § 36 Abs. 1 BauGB geregelte Mitwirkungsrecht der Gemeinde dient der Sicherung der kommunalen Planungshoheit aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG, 11 Abs. 2 BV (vgl. VG Bayreuth, U.v. 17.6.2021 – B 2 K 20.555 – BeckRS 2021, 31090 Rn. 11). Durch das Erfordernis des Einvernehmens wird die Gemeinde als sachnahe und fachkundige Behörde und als Trägerin der Planungshoheit im Genehmigungsverfahren dort, wo sie noch nicht geplant hat bzw. wo von den Festsetzungen einer städtebaulichen Satzung abgewichen werden soll, mitentscheidend an der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens beteiligt (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2008 – 1 ZB 08.1462 – juris Rn. 14; BVerwG, B.v. 11.8.2008 – 4 B 25.08 – juris). Da die Gemeinde ihr Einvernehmen nur aus den in § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB genannten Gründen versagen darf, sind die Voraussetzungen der §§ 31, 33 bis 35 BauGB auf das Rechtsmittel der Gemeinde hin in vollem Umfang nachzuprüfen (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2019 – 9 CS 19.581 – juris Rn 19). Dies bedeutet für den hiesigen Fall im Außenbereich, dass die Voraussetzungen des § 35 BauGB zu prüfen sind. Die Gemeinde beruft sich insoweit auf eigene Rechte (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2008 – 1 ZB 08.1462 – juris Rn. 14).
88
Das Vorhaben ist gemäß § 35 Abs. 1 BauGB zulässig, da öffentliche Belange nicht entgegenstehen (4.), die ausreichende Erschließung gesichert ist (3.) und das Vorhaben zwar keinem landwirtschaftlichen Betrieb dient (1.), jedoch wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll (2.).
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1. Es liegt keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vor, da das Vorhaben keinem landwirtschaftlichen Betrieb dient.
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Nach § 201 BauGB ist Landwirtschaft insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei. Der Begriff der Landwirtschaft ist demnach dadurch gekennzeichnet, dass es sich um unmittelbare Bodenertragsnutzung handeln muss.
91
Ein landwirtschaftlicher Betrieb erfordert darüber hinaus eine Nachhaltigkeit und Ernsthaftigkeit der Bewirtschaftung; es muss sich um ein auf Dauer gedachtes und auch lebensfähiges Unternehmen handeln (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2024 – 2 ZB 22.1429 – BeckRS 2024, 1377 Rn. 4 m.w.N.).
92
a. Die Beigeladene hat selbst keinen landwirtschaftlichen Betrieb.
93
Grundvoraussetzung für Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB sind landwirtschaftliche Flächen. Nur dadurch ist die erforderliche Bodennutzung durch den Betrieb sichergestellt. Für die erforderliche Nachhaltigkeit und Ernsthaftigkeit der Bewirtschaftung muss der Zugriff auf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche dauerhaft gesichert sein (BVerwG, B.v. 19.7.1994 – 4 B 140/94 – BeckRS 1994, 12914 Rn. 2 m.w.N.). Die Flächen müssen dem landwirtschaftlichen Betrieb in zivilrechtlich gesicherter Weise zugeordnet sein, also in den Betrieb eingebracht sein. Ist die Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs eine Gesellschaft, müssen die Flächen in die Gesellschaft eingebracht worden sein (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 151. EL August 2023, BauGB § 35 Rn. 30, 30b m.w.N.). Eine Gesellschaft ohne zivilrechtlich in gesicherter Weise zugeordnete Flächen, deren Gesellschafter das Recht haben, die in die Gesellschaft „eingebrachten“, aber in ihrem Eigentum verbliebenen Flächen nach eigenen Vorstellungen, auf eigene Rechnung und für eigene Projekte zu nutzen, kann dagegen kein landwirtschaftlicher Betrieb sein. Vielmehr handelt es sich dann um eine bloße Kooperation landwirtschaftlicher Betriebe (vgl. OVG NW, B.v. 02.09.2022 – 8 A 1574/19 – juris Rn. 14; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 151. EL August 2023, BauGB § 35 Rn. 33).
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Gesellschaftszweck der Beigeladenen ist allein das Einlagern von Wirtschaftsdünger (vgl. Bl. 64 der Behördenakte I). Die einzige Betriebsfläche der Beigeladenen ist das Vorhabengrundstück, das der Beigeladenen vom Gesellschafter … lediglich schuldrechtlich gegen Entgelt zur Nutzung überlassen wurde (vgl. Bl. 81 der Behördenakte I). Weitere Flächen sind der Beigeladenen weder sachen- noch schuldrechtlich zugeordnet, sondern ausschließlich den einzelnen Betrieben der Gesellschafter der Beigeladenen.
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b. Das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs kann auch nicht über die einzelnen Betriebe der Gesellschafter der Beigeladenen hergeleitet werden.
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Da die Sicherung einer dauerhaften Verfügbarkeit der landwirtschaftlichen Flächen zur Definition des Betriebsbegriffs zählt, ist klar, dass eine Fläche nicht zugleich zu verschiedenen Betrieben gehören kann (vgl. OVG NW, B.v. 02.09.2022 – 8 A 1574/19 – juris Rn. 17). Diese sind damit eindeutig ausschließlich den Betrieben der einzelnen Gesellschafter der Beigeladenen zugeordnet.
97
Ein Vorhaben darf aber nicht nur (irgend-)einem fremden landwirtschaftlichen Betrieb dienen, sondern dem konkreten landwirtschaftlichen Betrieb des Bauherrn. Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 201 BauGB ohne weiteres, dass ein Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht von einem anderen als dem Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebs zur Genehmigung gestellt werden kann, weil es anderenfalls an der nötigen Zuordnung der Flächen zu dem privilegierten Betrieb fehlen würde (vgl. OVG NW, B.v. 02.09.2022 – 8 A 1574/19 – juris Rn. 32).
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Aus dem Erfordernis der Nachhaltigkeit, durch das die dauerhafte Errichtung eines Bauvorhabens mit dem ebenfalls auf Dauer angelegten landwirtschaftlichen Betrieb verknüpft ist, sowie aus der zur Vermeidung von Missbrauch geregelten zwingenden Voraussetzung für die Zulassung eines Vorhabens im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs, dass dieses Vorhaben „diesem Betrieb dient“, folgt ebenfalls ohne weiteres, dass ein Vorhaben, das einem fremden landwirtschaftlichen Betrieb dient, bauplanungsrechtlich im Außenbereich nicht privilegiert ist. Nur durch die konkrete funktionale Verknüpfung von Betrieb, dessen eigenen Flächen und dem Vorhaben ist auf Dauer sichergestellt, dass die Voraussetzungen des Privilegierungstatbestands zugunsten eines landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetriebs im konkreten Fall erfüllt sind (vgl. OVG NW, B.v. 02.09.2022 – 8 A 1574/19 – juris Rn. 33).
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Dieses Ergebnis ergibt sich überdies insbesondere auch aus einem grammatikalischen, historischen, systematischen und teleologischen Vergleich mit § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, bei dem die Rechtsprechung keine Personenidentität zwischen dem Betreiber der Biogasanlage und dem Betreiber des landwirtschaftlichen Betriebs voraussetzt und damit eine Kooperation privilegierter Betriebe möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2013 – 22 CS 13.1984 – NJW-Spezial 2014, 78; BayVGH, U.v. 2.11.2017 – 2 BV 15.2712 – BeckRS 2017, 133278 Rn. 30). Die grammatikalische Auslegung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zeigt deutliche Unterschiede zwischen diesem Privilegierungstatbestand und dem schon seit langem bestehenden Privilegierungstatbestand für landwirtschaftliche Betriebe in § 35 Absatz 1 Nr. 1 BauGB auf: Während ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nur privilegiert ist, wenn es einem landwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, insgesamt also dem landwirtschaftlichen Betrieb untergeordnet ist, setzt die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB gerade keine solche Unterordnung voraus. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 a) und b) BauGB genügt vielmehr, dass die Biogasanlage „im Rahmen“ eines landwirtschaftlichen Betriebs geführt wird, also in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang zu diesem landwirtschaftlichen Betrieb steht und die verwendete Biomasse überwiegend aus diesem oder aus nahe gelegenen landwirtschaftlichen Betrieben stammt (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2013 – 22 CS 13.1984 – ZUR 2014, 179 Rn. 16). Die historische Betrachtung unterstreicht diesen Befund insofern, als der Gesetzgeber mit der Novelle des § 35 Abs. 1 BauGB den Strukturwandel in der Landwirtschaft unterstützen wollte und dabei dem Gebot des Schutzes des Außenbereichs soweit als möglich Rechnung tragen wollte. Die Privilegierung sollte ausdrücklich auch die Kooperation mehrerer landwirtschaftlicher Betriebe erfassen; die Einschränkung auf nahegelegene Betriebe sollte aus ökologischen und volkswirtschaftlichen Gründen (lediglich) einen überregionalen Transport der Biomasse verhindern und gegenüber dem Merkmal des „Dienens“ in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB die speziellere und abschießende Vorschrift darstellen (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2013 – 22 CS 13.1984 – ZUR 2014, 179 Rn. 17). Dass § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB eine gegenüber dem engeren Wortlaut der allgemeinen landwirtschaftlichen Privilegierung in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB selbständige Funktion haben soll, ergibt sich auch aus der Systematik der Regelungen, denn anderenfalls hätte die Privilegierung von Biogasanlagen als Nebenbetrieb zu landwirtschaftlichen Betrieben auch als Unterpunkt in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB geregelt werden können, wovon der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich abgesehen hat (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2013 – 22 CS 13.1984 – ZUR 2014, 179 Rn. 18). Schließlich stützt auch die teleologische Auslegung diesen Befund. Das Anliegen des Gesetzgebers, den Ausbau regenerativer Energien durch eine über die bisherige allgemeine Privilegierung landwirtschaftlicher Betriebe hinausgehende Sonderprivilegierung von Biogasanlagen im Außenbereich zu unterstützen, liefe funktional ins Leere, würden an die Zuordnung der Biogasanlage zu einem landwirtschaftlichen Betrieb die engeren Maßstäbe des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB angelegt (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2013 – 22 CS 13.1984 – ZUR 2014, 179 Rn. 19). Der Gesetzgeber hat mit § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB gerade nur für Biogasanlagen die Möglichkeit einer Kooperation privilegierter Betriebe geschaffen, die zuvor über § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht möglich gewesen wäre.
100
2. Es liegt jedoch eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB vor, da das Vorhaben wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll.
101
a. Der Anwendbarkeit des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB wird entgegen der Rechtsansicht der Klägerin weder dadurch ausgeschlossen, dass er auf sogenannte „mitgezogene Betätigungen“ nicht anwendbar sei, noch dadurch, dass der streitgegenständliche Bescheid gar nicht auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 gestützt sei.
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Unabhängig davon, dass die Klägerin gleichzeitig an anderer Stelle selbst vorträgt, dass es sich bei dem Vorhaben um keine in den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB fallende „mitgezogene Betätigung“ handele, ist der § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB gerade auch grundsätzlich auf alle übrigen, nicht unter einen spezielleren Privilegierungstatbestand fallende Konstellationen anwendbar. Der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB bezeichnet anders als die übrigen Privilegierungstatbestände keine bestimmten Vorhaben, sondern umschreibt sie mit den benannten Merkmalen abstrakt. Auf diese Weise kann der Privilegierungstatbestand der Nr. 4 als Auffangtatbestand für solche privilegierten Vorhaben dienen, die von den übrigen Privilegierungstatbeständen nicht erfasst werden oder deren Voraussetzungen nicht erfüllen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 151. EL August 2023, BauGB § 35 Rn. 55). Dies zeigt überdies auch der Wortlaut des Privilegierungstatbestands mit seinem Verweis auf baulichen Anlage zur Tierhaltung, die nicht (schon) dem Anwendungsbereich der Nr. 1 unterfallen. Eine positive Bewertung enthält § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB insbesondere gerade im Einzelfall für Betriebe, die mit der Landwirtschaft verwandt sind, weil sie nicht mehr als landwirtschaftliche, sondern als Gewerbebetriebe anzusehen sind (vgl. Spieß in Jäde/Dirnberger, 9. Auflage 2018, BauGB § 35 Rn. 72 m.w.N.).
103
Das Gericht prüft die Privilegierung des Vorhabens von Amts wegen, unabhängig davon, welcher Privilegierungstatbestand zur Begründung herangezogen wird. Bei der Genehmigungserteilung nach § 35 Abs. 1 BauGB handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, die Frage ihrer formellen Begründung gemäß Art. 39 BayVwVfG ist nicht drittschützend. Die Klägerin kann sich lediglich darauf berufen, dass kein Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 BauGB einschlägig ist, nicht jedoch darauf, dass der falsche Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 BauGB gewählt wurde.
104
b. Als Grundvoraussetzung ist zu verlangen, dass das Vorhaben eine besondere Beziehung zum Außenbereich aufweist (sog. Außenbereichsaffinität). Die besondere Beziehung zum Außenbereich ergibt sich zunächst aus den drei umgebungsbezogenen Merkmalen – besondere Anforderungen an die Umgebung, nachteilige Wirkung auf die Umgebung oder besondere Zweckbestimmung. Für Vorhaben, die mindestens eines dieser Merkmale erfüllen, kann insoweit davon ausgegangen werden, dass sie ihren Zweck vorteilhaft und auch am Besten im Außenbereich erfüllen können (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 151. EL August 2023, BauGB § 35 Rn. 55a m.w.N.).
105
Insbesondere angesichts der von dem Vorhaben ausgehenden Geruchsemissionen liegen hier nachteilige Wirkung auf die Umgebung vor. Insoweit gilt ähnliches wie bei Abfallbehandlungsanlagen, Tierkörpersammelstellen und -verwertungsanlagen, gewerblichen Tierhaltungsanlagen der Intensivhaltung oder Kompostwerken (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 151. EL August 2023, BauGB § 35 Rn. 57 m.w.N.; Kment in Jarass/Kment, 3. Aufl. 2022, BauGB § 35 Rn. 26). Gleiches gilt für die besondere Zweckbestimmung, gemeinsam unvergorene tierische Exkremente als Wirtschaftsdünger einzulagern.
106
c. Für die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ist nicht nur erforderlich, dass einer der dort genannten Gründe – besondere Anforderungen an die Umgebung, nachteilige Wirkung auf die Umgebung oder besondere Zweckbestimmung – vorliegt, sondern zudem, dass das Vorhaben nicht auch in einem Baugebiet untergebracht werden könnte. Das Tatbestandsmerkmal des „Sollens“ setzt dabei eine Wertung voraus, ob das Vorhaben in einer Weise billigenswert ist, die es rechtfertigt, es bevorzugt im Außenbereich zuzulassen. Maßgebend hierfür sind die konkreten örtlichen Gegebenheiten der jeweiligen Gemeinde, also die „Beschaffenheit des Innenbereichs hier und so“. Wenn ein Bauvorhaben auf einen Standort im Innenbereich verwiesen werden kann, ist es nicht auf die Inanspruchnahme des Außenbereichs angewiesen (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2021 – 9 ZB 19.1543 – BeckRS 2021, 6129 Rn. 6; BVerwG, B.v. 26.3.2014 – 4 B 3.14 – juris Rn. 12 m.w.N; BVerwG, B.v. 12.4.2011 – 4 B 6.11 – juris Rn. 4; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 151. EL August 2023, BauGB § 35 Rn. 55c m.w.N.). Das Vorhaben muss entweder bereits abstrakt in keinem der in der Baunutzungsverordnung – BauNVO – typisierten Baugebieten untergebracht werden können oder aber zumindest konkret aufgrund der örtlichen Gegebenheiten im jeweiligen Gemeindegebiet oder dessen Umgebung nicht im beplanten oder unbeplanten Innenbereich untergebracht werden können. Entscheidend ist damit letztlich die Beschaffenheit in der jeweiligen Gemeinde, also, ob das Vorhaben „hier und so“ nur im Außenbereich untergebracht werden kann (vgl. BVerwG U.v. 1.11.2018 – 4 C 5.17 – ZfBR 2019, 153; Spieß in Jäde/Dirnberger, 9. Auflage 2018, BauGB § 35 Rn. 50, 52; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, 15. Aufl. 2022, BauGB § 35 Rn. 33).
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Unter Anwendung dieser Grundsätze ist bereits abstrakt nicht ersichtlich, dass das Vorhaben mit einem in der Baunutzungsverordnung typisierten Baugebieten verträglich wäre. Soweit die Klägerin geltend macht, eine bauliche Anlage zur Lagerung von Gülle könne insbesondere auch in einem Dorf- oder Mischgebiet errichtet werden, verkennt die Klägerin, dass es sich bei dem Vorhaben um keine „klassische“ Jauchegrube oder Güllebehälter handelt, sondern um ein offenes, großflächiges Folienerdbecken zur gemeinsamen Einlagerung von unvergorenen tierischen Exkrementen als Wirtschaftsdünger. Auch wenn in einem Dorfgebiet gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 oder 6 BauNVO eine geringfügige Lagerung von Gülle grundsätzlich möglich ist, ist jedenfalls die Lagerung in einem offenen, großflächigen Folienerdbecken insbesondere bereits aufgrund der Geruchsemissionen, jedenfalls aber auch wegen der Unvereinbarkeit mit dem Gebietscharakter von Dorfgebieten – eine Mischung von Nutzungen, die an dörfliche Strukturen anknüpft (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 152. EL Oktober 2023, BauNVO § 5 Rn. 1) – dort nicht zulässig. Die Annahme der verträglichen Koexistenz eines solchen Vorhabens in direkter Nachbarschaft zu den in § 5 Abs. 2 BauNVO genannten Nutzungen ist mehr als lebensfremd. Das Vorhaben unterscheidet sich von anderen wirtschaftlichen Betätigungen gerade dadurch, dass es auch bei Einhaltung der nach dem Stand der Technik möglichen Begrenzung seiner nachteiligen Wirkungen auf die Umgebung kaum in Einklang mit städtebaulichen Grundsätzen in zusammenhängend bebauten Ortslagen oder in einem der nach der Baunutzungsverordnung planbaren allgemeinen Baugebiete unterzubringen ist; es kann insbesondere nicht mit anderen gewerblichen oder industriellen Vorhaben verglichen werden, die der Gesetzgeber gerade nicht in den Außenbereich, sondern in Gewerbe- und Industriegebiete des beplanten oder unbeplanten Innenbereichs verwiesen hat (vgl. BVerwG, B.v. 27.6.1983 – 4 B 206/82 – NVwZ 1984, 169). Soweit die Klägerin geltend macht, die Gesellschafter der Beigeladenen hätten ohne Weiteres im Innenbereich jeweils für sich selbst drei kleine Güllebehälter statt einem großflächigen Folienerdbecken realisieren können, ist dem entgegenzuhalten, dass es stets auf das konkret beantragte Vorhaben ankommt. So kann auch bei nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genehmigten Anlagen zur Massentierhaltung nicht darauf verwiesen, dass statt einer großen Tierhaltung mehrere kleine Tierhaltungen im Innenbereich möglich gewesen wären. Die platzsparende gemeinsame Lagerung in einem Vorhaben entspricht im Vergleich zur gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB für jeden einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb der Gesellschafter ebenfalls möglichen Realisierung mehrerer einzelner Vorhaben samt Erschließungsanlagen im Außenbereich auch dem Grundsatz der größtmöglichen Schonung des Außenbereiches.
108
Jedenfalls aber auch konkret in Bezug auf die örtlichen Gegebenheiten ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass es möglich wäre, ein solches Vorhaben im Innenbereich der Klägerin zuzulassen. Die Klägerin als Trägerin der Planungshoheit wehrt sich hier gegen das Vorhaben, nicht weil, sondern obwohl es im Außenbereich ist. Sie hat auch nicht aufgezeigt, wo eine Realisierung des Vorhabens anderorts in ihrem Gemeindegebiet in Betracht käme. Vielmehr verhält sich die Klägerin insoweit widersprüchlich, als das sie einerseits geltend macht, eine Genehmigungsfähigkeit nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB komme nicht in Betracht, da die Geruchsbelästigung nicht so erheblich sei, als dass diese in einem Dorfgebiet nicht hingenommen werden könnte, anderseits aber vorträgt, der Abstand zur nächstgelegenen, ca. 600 m entfernten Wohnbebauung sei angesichts der Geruchsemmissionen nicht ausreichend.
109
d. Soweit man auf die besondere Zweckbestimmung – die gemeinsame Einlagerung von unvergorenen tierischen Exkrementen als Wirtschaftsdünger – abstellt, muss das Vorhaben zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich sein. Die Anforderung geht über das „Dienen“ i.S.d § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB graduell hinaus, wenngleich zur Erreichung des nach den vorstehenden Grundsätzen anzuerkennenden Vorhabens ein Beurteilungsspielraum zwischen Zweck und Zweckverwirklichung nicht außer Acht gelassen werden darf. Die Privilegierung setzt voraus, dass die Durchführung des Vorhabens im Außenbereich gerade durch die besondere Eigenart des Vorhabens erfordert wird. Erforderlich ist das, was getan werden muss, damit die privilegierte Tätigkeit ausgeübt werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.9.1999 – 4 B 74/99 – NVwZ 2000, 678; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 151. EL August 2023, BauGB § 35 Rn. 55g m.w.N.). Vergleichbar dem „Dienen“ bei der Nr. 1 ist zu prüfen, ob das Vorhaben auch in seinem Umfang, seiner konkreten Zweckbestimmung und seiner Einrichtung auf das beschränkt bleibt, was sich aus den unabweisbaren Bedürfnissen des erstrebten Zwecks ergibt (vgl. Achenpöler in Düsing/Martinez, 2. Aufl. 2022, BauGB § 35 Rn. 80).
110
Das Gericht geht in Anlehnung an die Rechtsprechung zum „Dienen“ davon aus, dass auch ein vernünftiger Betriebsinhaber – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Größe, Gestaltung und Ausstattung für die entsprechenden Standorte errichten würde (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2024 – 2 ZB 23.1711 – BeckRS 2024, 2084 Rn. 5). Insbesondere teilt das Gericht die von der Klägerin vorgebrachten Bedenken bzgl. dem zu großen Lagervolumen sowie der zu weiten Transportwege nicht. Die insoweit erfolgten Ausführungen in den Stellungnahmen des AELF sind insbesondere bei Berücksichtigung der Erläuterungen des Vertreters des AELF in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2024 überzeugend. Entgegen dem klägerischen Vorbringen bestehen an der Betriebseigenschaft und -größe der einzelnen Gesellschafter der Beigeladenen keine Zweifel. Unschädlich ist dabei angesichts der bisherigen Haltung, der Ausbildung, der Flächen- und Stallausstattung sowie den konkreten Planungen ein temporäres Aussetzen der Schweinemast beim Gesellschafter … Berechnungsgrundlage und -ergebnis des Lagerbedarfs sind nachvollziehbar dargelegt (vgl. 169 ff. der Behördenakte I) und überdies in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2024 erläutert worden. Auch wird dem AELF dahingehend zugestimmt, dass die reine Entfernung zu Hof und Stall nur teilweise von Bedeutung ist. Mindestens ebenso wichtig wie die Frage, wo die anfallende Gülle erst einmal deponiert werden kann, ist die davon zu trennende, wohin sie ver- und hernach ausgebracht werden kann. Die unternehmerische Entscheidung eines Landwirts, die Gülle statt bei den Stallungen direkt bei den Flächen zu lagern, kann für seinen Betrieb nicht nur lediglich „förderlich“ sein, sondern sogar (sehr) vernünftig (vgl. OVG NW, U.v. 16.02.2017 – 1 LB 70/16 – BeckRS 2017, 165207 Rn. 22). Dies gilt entsprechend für die hiesige unternehmerische Entscheidung mehrerer Landwirte, gemeinsam ein großes statt mehrere kleiner Vorhaben inmitten der Betriebe der einzelnen Gesellschafter zu realisieren. Insbesondere aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten, aber auch unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs, erscheint es daher auch für das Gericht durchaus vernünftig, einen solchen gemeinsamen Weg beim Betrieb des Gesellschafters … zu gehen. Diese vernünftige Entscheidung haben Bauaufsichtsbehörde, Standortgemeinde und Verwaltungsgericht zu akzeptieren. Das Gebot, den Außenbereich größtmöglich zu schonen, gibt ihnen nicht die Rechtsmacht, diese Entscheidung durch Aufzeigen räumlicher und/oder sachlicher Alternativen zu „überstimmen“ (vgl. OVG NW, U.v. 16.02.2017 – 1 LB 70/16 – BeckRS 2017, 165207 Rn. 24.). Überdies sind die klägerisch geltend gemachten Entfernungen von ca. 6,8 km bzw. ca. 4 km angesichts der heutigen Mechanisierung der Landwirtschaft auch tatsächlich keine übermäßig weiten Entfernungen. So ist auch bei Biogasanlagen anerkannt, dass ein Betrieb – zuvorderst Betriebsflächen und nicht Hofstelle – jedenfalls dann als „nahe gelegen“ anzusehen ist, wenn er nicht weiter als 15 bis 20 km von der Biogasanlage entfernt ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.2008 – 7 C 6/08 – NVwZ 2009, 585 Rn. 26).
111
e. Bestandteil der streitgegenständlichen Baugenehmigung in der Fassung vom 07.03.2024 ist gemäß § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB auch eine Rückbauverpflichtung.
112
3. Die ausreichende Erschließung ist unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Augenscheintermins vom 01.02.2024, der Lichtbilder und Pläne in den Akten sowie der im Internet einsehbaren Luftbildern gesichert, § 35 Abs. 1 BauGB. Davon geht auch die fachliche Stellungnahme der Kreisstraßenmeisterei des Landratsamts aus (vgl. Bl. 179 ff. der Behördenakte I), deren vorgeschlagenen Nebenbestimmungen im Bescheid enthalten sind. Die ursprünglichen Einwendungen gegen die Erschließung wurden klägerseitig in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2024 angesichts der geänderten Zu- und Abfahrt nicht mehr aufrechterhalten.
113
4. Schließlich stehen dem Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 BauGB keine öffentlichen Belange entgegen, insbesondere auch die in § 35 Abs. 3 BauGB genannten und geltend gemachten öffentlichen Belange nicht.
114
a. Das Vorhaben widerspricht nicht den Darstellungen des Flächennutzungsplans, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Der Flächennutzungsplan sieht für das Vorhabengrundstück „Flächen für die Landwirtschaft“ vor. Die Lagerung von Gülle stellt grundsätzlich auch eine landwirtschaftliche Nutzung dar, sie dient im konkreten Fall lediglich nur nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Überdies kommt der bloßen Darstellung „Flächen für die Landwirtschaft“ nicht ohne Weiteres eine Bedeutung für die Beurteilung von privilegierten Vorhaben zu, da diese Darstellungen grundsätzlich lediglich zum Ausdruck bringen sollen, dass insoweit die Gemeinde eine bauliche oder sonstige städtebauliche Entwicklung nicht beabsichtigt (vgl. BVerwG, U.v. 22.05.1987 – 4 C 57/84 – NVwZ 1988, 54; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 151. EL August 2023, BauGB § 35 Rn. 80 m.w.N.; Spieß in Jäde/Dirnberger, 9. Auflage 2018, BauGB § 35 Rn. 272 m.w.N.)
115
b. Das Vorhaben ruft keine entgegenstehenden (unzumutbaren) schädlichen Umwelteinwirkungen hervor, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Es liegen fachliche Stellungnahmen des AELF (vgl. Bl. 52 der Behördenakte I) und des Immissionsschutzes des Landratsamts (vgl. Bl. 177 f. der Behördenakte I) vor, die eine unzumutbare Geruchsbelastung ausschließen. Die vorgeschlagenen Nebenbestimmungen sind im Bescheid enthalten. Klägerseitig erfolgt mit dem bloßen Verweis darauf, dass sich nach Einholung eines Sachverständigengutachtens eine unzumutbare Geruchsbelastung herausstellen werde, ein lediglich pauschales Bestreiten der Richtigkeit dieser Stellungnahmen, ohne aber hiergegen konkrete inhaltliche Rügen vorzubringen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist bei dem unstreitig nicht dem vereinfachten Immissionsschutzgenehmigungsverfahren unterfallenden Vorhaben gesetzlich nicht vorgeschrieben und überdies mangels gerichtlicher Zweifel an der Richtigkeit der Stellungnahmen auch nicht erforderlich. Die Klägerin trägt selbst vor, dass der Abstand zum Ortsteil … ca. 600 m betrage. Der Außenbereich ist in erster Linie als Standort für stark emittierende Betriebe vorgesehen. Es muss gerade im landwirtschaftlich genutzten Außenbereich mit Lärm und Gerüchen gerechnet werden, der durch Tierhaltung, Dungstätten, Güllegruben und dergleichen üblicherweise entstehen. Sie sind dort typische Begleiterscheinungen, wobei nicht verlangt werden kann, hiervon völlig verschont zu werden (vgl. OVG NW, B.v. 14.1.2010 – 8 B 1015/09 – BeckRS 2010, 46563).
116
c. Es liegt auch keine entgegenstehende Beeinträchtigung des Naturschutzes, der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes oder Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes vor, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Entgegen der klägerischen Rechtauffassung ist dies nicht ohne Weiteres bei einer Güllelagune im Außenbereich der Fall. Der Augenscheintermin vom 01.02.2024, die Lichtbilder und Pläne in den Akten sowie die im Internet einsehbaren Luftbildern ergeben eine landsowie forstwirtschaftliche Nutzung der umliegenden Grundstücke. Die Lagerung von Gülle stellt grundsätzlich auch eine landwirtschaftliche Nutzung dar, sie dient im konkreten Fall lediglich nur nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Bei privilegierten Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 BauGB muss überdies in die Betrachtung eingestellt werden, dass bereits tatbestandlich Vorhaben einer bestimmten Größe und Ausgestaltung im Außenbereich bevorzugt werden, deren Einwirkung auf das Erscheinungsbild der Landschaft in einem gewissen Umfang als planungsrechtlich nicht durchgreifend hindernd hingenommen werden muss. Dies gilt umso mehr für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, die gerade wegen ihrer Umwelteinwirkungen privilegiert im Außenbereich zugelassen werden (vgl. Spieß in Jäde/Dirnberger, 9. Auflage 2018, BauGB § 35 Rn. 282 m.w.N.). Auch nach der fachlichen Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde (vgl. Bl. 176 der Behördenakte) gibt es nach Übernahme der vorgeschlagenen Nebenbestimmungen im Bescheid keine naturschutzrechtlichen Bedenken.
117
d. Ein entgegenstehender öffentlicher Belang ergibt sich auch nicht aus der geltend gemachten nicht ausreichenden Niederschlagswasserbeseitigung. Die pauschale Behauptung, es könnte bei singulären Starkregenereignissen zu einem Überlaufen des Beckens kommen, ist angesichts der Möglichkeit, in solchen Fällen das Becken notfalls abzupumpen, nicht nachvollziehbar. Überdies verhält sich die Klägerin insoweit widersprüchlich, als das sie einerseits geltend macht, das Folienerdbecken könnte überlaufen, anderseits aber vorträgt, es sei überdimensioniert. Inhaltlich wird die fachliche Stellungnahme der fachkundigen Stellungnahme der fachkundigen Stelle für Wasserwirtschaft des Landratsamtes (vgl. Bl. 173 ff. der Behördenakte I) nicht beanstandet; deren vorgeschlagenen Nebenbestimmungen sind im Bescheid enthalten.
118
e. Schließlich ergibt sich ein entgegenstehender öffentlicher Belang auch nicht aus einer etwaigen fehlenden Sicherheit für Mensch und Tier. Angesichts der bereits erfolgten Einzäunung der Güllelagune sind derartige Bedenken unbegründet. Die Verkehrssicherheit ist auch kein öffentlicher Belang i.S.d. § 35 BauGB, sondern eine rein bauordnungsrechtliche Frage, die überdies gemäß Art. 59 BayBO im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen ist. Der insoweit geltend gemachte § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB bezieht sich ausschließlich auf Aufwendungen der öffentlichen Hand (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 151. EL August 2023, BauGB § 35 Rn. 90).
III.
119
Als unterlegene Beteiligte hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene einen Sachantrag gestellt und sich damit auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass die Klägerin auch ihre außergerichtlichen Kosten trägt, §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
IV.
120
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Vollstreckung durch die Beigeladene ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO, hinsichtlich der Vollstreckung durch den Beklagten aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Die Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO hinsichtlich der Vollstreckung durch den Beklagten bedurfte es angesichts der allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.